Vortrag bei Radio Horeb am 13. Dezember 2011 um 16.30 Uhr „Wie hat sich Gott in der Weltgeschichte den Menschen zu erkennen gegeben?“ (SS. 53-56) „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten, in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, … durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens“ (Hebr 1,1f.). So hören wir es in der hl. Messe vom Tag am 1. Weihnachtstag in der 1. Lesung aus dem Hebräerbrief. In diesem allgemeinen Überblick über das Offenbarungsgeschehen durch Gott wird schon deutlich, dass alle Selbstoffenbarung Gottes gegenüber den Menschen auf ein einziges Ereignis zuläuft, nämlich auf die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus an Weihnachten, seine Epiphanie im sichtbaren Fleisch der menschlichen Natur. Die Selbstoffenbarungen Gottes verdichten sich in ihrer Intensität und Profilierung, bis Gott selbst mit einem menschlichen Gesicht auf Erden erscheint. Man könnte geradezu von einem Dopplereffekt der Selbstoffenbarung Gottes in der Heilsgeschichte sprechen. Aber obwohl Gott selbst in unserem menschlichen Fleisch und Blut sichtbar wird, so wird er doch immer nur im Glauben als Gott erkannt, ohne weiteres dagegen immer nur als Mensch, so dass der Unglaube jede göttliche Offenbarung als göttliche bestreiten und als bloß natürliches Phänomen behaupten muss. Der unsichtbare, transzendente Gott bleibt so auch unter seiner wahren menschlichen Natur verborgen, den Menschen entzogen und ihnen nicht einfach zuhanden. Gerade der menschgewordene Gott macht dem Menschen immer noch deutlich, dass man ihn als Gott nicht erkennen und haben kann, selbst wenn man ihm die Hand gibt oder ihn sogar in den Arm nimmt. Die Brücke zu Gott sind für den Menschen niemals das Fleisch und niemals die Sinne, sondern nur der Glaube. Gott kann niemals so intensiv sinnlich konkret werden, dass der Glaube des Menschen entbehrlich würde. „Halte mich nicht fest!“, sagt der Auferstandene zu Maria Magdalena. Nein, es ist unmöglich ihn festzuhalten, und was immer wir mit unseren Händen festhalten können, ist niemals Gott. Die unaufhebbare Transzendenz Gottes Zunächst ist ja schon die Frage, weshalb sich Gott den Menschen überhaupt offenbaren und sich ihnen somit bekannt machen muss, wenn ihn der Mensch kennenlernen soll. Das hat schon seinen Grund im Wesen Gottes selbst. Gott wohnt nämlich in einem unzugänglichen Licht, wie es im 1.Brief an Timotheus heißt (1Tim 6,16). Und Gott sagt schon zu Mose: „Du kannst mein Angesicht nicht sehen; denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Ex 33,20). Deshalb bedarf es auch unbedingt der Selbstoffenbarung Gottes an den Menschen, wenn dieser überhaupt etwas von Gott wissen soll. Zwischen Gott und dem Menschen liegt eine für den Menschen unüberschreitbare Kluft, nämlich seiner Transzendenz. Diese Kluft kann nur Gott von sich aus auf den Menschen hin überschreiten, aber niemals der Mensch auf Gott hin. Das kann man heute gar nicht deutlich genug sagen, weil ja auch viele Christen meinen, dem Herrn wie einen Kumpel behandeln und wie einem Kumpan auf Augenhöhe begegnen zu können. „Jesus, unser Bruder“ – das ist zwar an sich nicht falsch, aber er ist und bleibt doch trotzdem für alle der Heilige, der Herr, der Kyrios, dem vor allem Ehrfurcht und Anbetung gebührt und dem wir nicht auf Augenhöhe begegnen können und auch nicht dürfen wollen. Die Selbstoffenbarung Gottes in der Schöpfung – Die Erkenntnis Gottes durch die Vernunft Schon viele Male und auf vielerlei Weise hatte sich Gott den Menschen bis zur Menschwerdung seines Sohnes geoffenbart, wie es ganz am Anfang des Hebräerbriefs heißt. Dabei ist seine Offenbarung an die Väter oder auch an die Patriarchen, wie wir sagen, nämlich an Abraham, Isaak und Jakob, keineswegs die erste Weise seiner Selbstoffenbarung. Denn bevor Gott noch zu irgendeinem Menschen gesprochen hatte, hatte er sich ihnen schon gezeigt, jedenfalls indirekt, nämlich in seiner Schöpfung. Die Werke seiner Schöpfung sind die allererste Selbstoffenbarung Gottes an die Menschen, und zwar an alle Menschen zu allen Zeiten. Sobald also Gott aus sich selbst heraustritt, so könnte man sagen, offenbart er sich schon. Allein das Wunder des geschaffenen Kosmos und die in ihm herrschende Ordnung, die für Menschen unergründliche Weisheit, die in der gesamten Schöpfung waltet und jedem Menschen auch erkennbar ist, ja geradezu in die Augen sticht, müsste allein schon jeden Menschen zu der unerschütterlichen Überzeugung gelangen lassen, dass das alles nicht bloß ein Zufall sein kann, auch nicht das Ergebnis einer Explosion, sprich Urknall, sondern dass sich hinter dieser wunderbaren Architektur eine unergründliche Weisheit verbirgt, nämlich die Idee eines noch viel großartigeren Architekten vom Kosmos und vom Menschen, die dann in der gesamten Schöpfungsordnung ihre Ausdrucksform gefunden hat. Alle Argumente dagegen sind vom Menschen auch nur behauptet, aber völlig unbewiesen. Sie können ja auch niemals bewiesen werden, weil sie schlicht und einfach falsch sind. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass solche weltlichen „Dogmen“ wie die Ewigkeit der Materie oder auch die Evolutionstheorie sowie auch die Urknallhypothese letztendlich überhaupt keinen anderen Zweck haben sollen als unter dem Deckmantel der sog. Wissenschaft genau diesen wunderbaren Architekten und Schöpfer, nämlich den einen dreifaltigen Gott, ins Reich der Mythen und der Unaufgeklärtheit zu verweisen und als eine bloße Hilfskonstruktion von unaufgeklärten, geistig Zurückgebliebenen und ewig Gestrigen auszublenden. Gott muss „wissenschaftlich“ beseitigt werden, egal wie. Gott ist der größte Feind des modernen Menschen. Denn der würde ja gerade seine Selbstherrlichkeit in Frage stellen. Tatsächlich sind aber die Argumente für einen Schöpfergott bei einer Betrachtung des Kosmos und der ihm innewohnenden kosmischen Ordnung überhaupt nicht von der Hand zu weisen, und alle Einwände dagegen wirken eher lächerlich. Nur Gott allein ist aus sich selbst, alles andere ist von Gott und durch ihn! Und wer sich von Gott abnabelt, wie das in unserer Zeit ja in beispielloser Weise geschieht, der macht sich von der einzigen absoluten, aber damit auch konstanten Größe überhaupt los. Da wird dann alles mit Notwendigkeit haltlos, orientierungslos, relativ und damit auch ganz und gar unverbindlich. Die Selbstherrlichkeit des Menschen hat einen für sie selbst exorbitanten und unerschwinglichen Preis, überhaupt nicht zu bezahlen. Die Schöpfungswerke sind schon eine Erkenntnisquelle für die menschliche Vernunft, dass es Gott als den alleinigen Schöpfergott gibt. Paulus sagt schon: „Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen (sc. den Heiden) offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit“ (Röm 1,20). Die Existenz Gottes kann also von jedem Menschen schon allein mit seiner natürlichen Vernunft erkannt werden. Dabei erfolgt diese Gotteserkenntnis methodisch in der Weise, dass wir von dem sichtbaren Schöpfungswerk auf dessen unsichtbaren Schöpfer schlussfolgern, weil das Schöpfungswerk sich nicht selbst ins Dasein gesetzt haben kann und schon gar nicht in dieser Ordnung. – Übrigens haben wir auch gerade im Evangelium vom 1. Adventssonntag gehört, dass Gott durch die Natur auch übernatürliche Ereignisse ankündigt, bspw. die kosmischen Ereignisse, die seine Wiederkunft ankündigen. Die Selbstoffenbarung Gottes in der Menschheitsgeschichte durch sein Wort Obwohl also schon die Vernunft jedem Menschen sagt, dass es Gott geben muss, er also ganz sicher existiert, so können wir doch deswegen noch keine Aussage über Gott selbst machen. Denn dass wir überhaupt wissen, dass etwas existiert, macht ja noch keine Aussage über dessen Beschaffenheit oder dessen Wesen. Immerhin ließe sich von Gott wohl noch sagen, dass er ein weiser Gott ist und auch ein vernünftiger, der dem Menschen offenbar auch unendlich überlegen ist, und auch ein Gott, der die Ordnung und das Schöne, ja sogar das Leben liebt und auch seine Freude daran hat und das Leben auch für alle will. Das alles ist übrigens schon gar nicht wenig. Um Gott aber etwas näher kennenzulernen, müssen wir gleichsam seine Innenseite oder, wie wir auch sagen, sein Wesen kennenlernen. Das tun wir mit den Werken der Schöpfung im Experiment. Mit Gott kann man aber nicht experimentieren. Gott ist transzendent. Er ist und bleibt uns bei all seiner Nähe doch entzogen und damit auch völlig unverfügbar. Gott ist und bleibt für den Menschen immer Mysterium – Geheimnis. Was wir deshalb von Gott über seine bloße Existenz hinaus noch wissen können, gerade über seine „Innenseite“ und sein inneres Wesen, kann immer nur das und auch immer nur so viel sein, wie er uns von sich aus zeigt oder, wie wir auch sagen, wie er sich aus der Freiheit seiner göttlichen Liebe uns Menschen offenbart. Und umgekehrt können wir das, was uns Gott von sich aus in der Geschichte offenbart, auch nur glauben und können es niemals wissen, jedenfalls nicht im Sinn der exakten Wissenschaften, weil wir es nicht verifizieren können, da es einmal unsere Vernunftkraft unendlich übersteigt und Gott auch Person ist, d. h. sich selbst ganz besitzt und ganz allein über sich selbst verfügt und wir darauf angewiesen sind, dass er uns die Wahrheit von sich offenbart und uns nicht zum Narren hält. Sobald die personale Freiheit ins Spiel kommt, ist es mit dem exakten Wissen aus, auch im zwischenmenschlichen Bereich! Die persönliche Selbstoffenbarung Gottes an die Menschen Im Paradies pflegte der Mensch ganz selbstverständlichen, vertrauten Umgang mit Gott. Dieser Zustand bestand so lange, bis die Schlange der Eva Misstrauen gegenüber der Liebe und Güte Gottes ins Herz säte, so als wolle ihnen Gott sein Gott-Sein vorenthalten, obwohl es ihnen zustünde, weshalb sie sich selbst damit bedienen sollten. So kam es zur Katastrophe der Ursünde und zum Verlust des Paradieses. Trotz der Trennung des Menschen von Gott in der Ursünde und seines Verlustes der Gottesgemeinschaft verlässt Gott den Menschen nicht. Der Mensch entfernt sich in der Sünde zwar von Gott, aber Gott nicht vom Menschen! Gott gibt den Menschen nicht auf und bleibt zugleich auch sich selbst und seinem Plan mit dem Menschen treu. Immer wieder sucht er den Menschen, was schon beinhaltet, dass die Initiative immer von Gott und niemals vom Menschen ausgeht. Der Mensch ist und bleibt auch nach der Ursünde zur Sohnschaft bestimmt, ja zur Einheit mit Gott, zur Vergöttlichung. Der Bund mit Noach Aus dem Verlust des Gnadenstandes und damit auch der Freundschaft mit Gott folgt schon zwangsläufig die Bluttat. Der Mensch wird des Menschen Wolf. Das ist die totale Perversion der guten Schöpfung Gottes. Das ist aber genau das, was der Mensch ohne Gott fertigbringt. Aus dem daraus folgenden Gericht der Sintflut werden dann nur der gerechte Noach und seine Familie, insgesamt 8 Personen, in der Arche, ein Vorausbild für die Kirche, gerettet. Mit diesen setzt Gott einen Neuanfang in Form eines erstmaligen, alle Menschen umfassenden Bundesschlusses. Gott verbündet sich mit dem Menschen und offenbart darin schon seinen Heilswillen für alle Völker und damit auch alle Menschen. Die Relevanz dieses Noach-Bundes wird bspw. gerade auch in dem Text des 2.Vatikanischen Konzils deutlich, wonach auch Menschen, denen das Evangelium (noch) nicht verkündet wurde bzw. werden konnte und die deshalb überhaupt noch keine Gelegenheit hatten, den Glauben an Christus anzunehmen, trotzdem gerettet werden können, wenn sie ihrem Gewissen, in dem sich ja Gott jedem Menschen ganz persönlich offenbart, entsprechend leben, so wie etwa ein König Melchisedek, dessen Abstammung niemand kennt, oder auch der gerechte Abel, Hiob, Henoch u. a. Es zeigt sich aber, dass der verblendete und stolze Mensch immer wieder nur seine eigenen Ideen von Einheit und Erfüllung menschlichen Daseins zu verwirklichen sucht, aber ohne Rücksicht auf seinen Bundesgott! Das zeigt schon die Geschichte vom Turmbau zu Babel nur überdeutlich. Aber das führt die Menschen nur in das totale Chaos. Babel ist heute überall! Der Bund mit Abraham und den übrigen Patriarchen - Israel Mit Abraham schließt nun Gott einen ganz persönlichen und speziellen Bund, dessen Verheißung aber letztendlich auch alle Völker umfasst und der auf den absoluten Glauben an Gott, wie ihn Abraham, den Glaubensvater, auszeichnet, gegründet ist. Gott verheißt dem Abraham, ihn zum Stammvater einer Menge von Völkern zu machen (vgl. Gen 17,5), damit in ihm alle Völker der Erde gesegnet seien (vgl. Gen 12,3). Diese Offenbarung Gottes an Abraham ist schon eine sehr konkrete Aussage über seinen Heilswillen für alle Völker. Das aus Abraham und die Patriarchen aufgrund der Verheißung Gottes hervorgegangene 12Stämme-Volk Israel wird nun selbst nach seiner Befreiung aus dem Sklavenhaus Ägyptens und dem Bundesschluss am Sinai zum auserwählten Gottesvolk und zum Träger der Verheißungen an seinen Stammvater Abraham und die übrigen Patriarchen, Isaak und Jakob. Dieses alttestamentliche Bundesvolk Israel ist, wie dann Paulus in seinem Brief an die Römer (Röm 11,17ff.) sagt, der Wurzelstock für das neutestamentliche Israel, die Kirche, an dem alle die Reben sind, die ohne Unterschied ihrer natürlichen Abstammung, aber wie Abraham durch den Glauben an Jesus Christus an ihrem Herzen beschnitten sind, die also Abraham nicht unbedingt dem Fleische nach, aber immer dem Glauben nach zum Vater haben. Die Kirche ist nicht mehr das Israel dem Fleische nach, sondern das pneumatische Israel und das endzeitliche Gottesvolk. In der sog. Sinai-Theophanie offenbart sich Gott dem Volk Israel mit beängstigender Urgewalt im Feuer, Donner, Beben und Hörnerschall (vgl. Ex 19,18f.; vgl. auch Hebr 12,18-21). Am Berg Sinai übergibt Gott Mose, den er aus dem brennenden Dornbusch selbst als Führer seines Volkes und als Vermittler zwischen ihm und seinem Volk bestellt hatte, die Bundesurkunde auf zwei Steintafeln, nämlich die Zehn Gebote, in denen er seinen göttlichen Willen dem Volk offenbarte und zu deren Erfüllung sich das Volk auch ausdrücklich verpflichtete. Gott offenbart sich seinem Volk immer wieder als ein absolut treuer und zuverlässiger Bundesgott, der unerschütterlich und unbeirrbar zu seinen Selbstverpflichtungen steht und seine Verheißungen erfüllt. Gott nimmt den Bund und seine Verbündeten äußerst ernst. Dagegen lässt das Volk diese Treue und Zuverlässigkeit gegenüber Gott zunehmend mehr vermissen. Gott und seine ihm geschenkte Freiheit ist dem Volk schon von allem Anfang an eine Last, und es will das Joch seiner Auserwählung mit allen Mitteln abschütteln. Israel will seinen Bundesgott eigentlich los sein. Das Volk wird durch seinen sogar obrigkeitlich verordneten Götzendienst ehebrüchig. Hier greift Gott immer wieder durch seine Propheten ein. Die Offenbarungen Gottes durch die Propheten Die Offenbarungen Gottes durch die Propheten haben den Charakter der Mahn-, Schelt- und Gerichtsrede, aber auch Verheißung neuen Heils und letztendlicher Rettung. Gerade die beiden Formen der Selbstoffenbarung Gottes an Israel, nämlich Gesetz und Propheten, sind sozusagen die beiden Standbeine und der Inbegriff des Alten Bundes. Besonders signifikant sind vor allem die beiden Ankündigungen des Messias, nämlich die sog. Nathan-Weissagung an David (vgl. 2Sam 7,12-16) und die sog. Immanuel-Verheißung (vgl. Jes 7,14), aber auch schon der Jakobssegen (vgl. Gen 49,10) und das Bileam-Orakel (vgl. Num 24,17) seien in diesem Zusammenhang erwähnt Die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus Die Erfüllung dieser Verheißungen ist die Menschwerdung Gottes selbst in Jesus Christus. Er ist nicht mehr nur Wegweiser, sondern d e r Weg! Er ist wahrer Gott und wahrer Mensch, beide Naturen untrennbar geeint in seiner göttlichen Person. In Jesus Christus ist Gott selbst der Inhalt der Frohen Botschaft. Jesus Christus ist das Evangelium Gottes in Person. Seine gott-menschliche Person ist die Aufgipfelung der Selbstoffenbarung Gottes, die an Dichte, Qualität und Gehalt nicht mehr übertroffen werden kann. Im Unterschied zu allen bisherigen Formen göttlicher Selbstoffenbarung, die man als bloß mittelbare Offenbarungen bezeichnen könnte, ist diese Selbstoffenbarung in seinem Sohn und Ebenbild unmittelbare Selbstoffenbarung. Der Prolog des Johannes-Evangeliums, den wir an Weihnachten in der Messe vom Tage hören, sagt in mächtigen Sprache: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist. … Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. … Niemand hat Gott je gesehen. Der einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht“ (Joh 1,1-3.14.18). Und im Hymnus des Kolosser-Briefs heißt es: „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erst-geborene der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15). Jesus Christus ist d i e Offenbarung, die Apo-kalypse des Vaters. Die Menschwerdung Gottes ist als Offenbarung Theophanie, der noch in dieser Welt eine Einheit mit dem Menschen im Mysterium eingeht und dessen Macht und Herrlichkeit in dieser Welt nur verborgen bleibt und sich erst am Ende der Zeiten enthüllt. Die Fülle der Fülle der Zeit ist die Fülle schlechthin, Jesus Christus, der Kyrios, leibhaftig als Gottmensch, dann, nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt, als Pneuma im Mysterium in dieser Welt bis zu seiner äußersten Offenbarung in Herrlichkeit am Ende der Zeiten. So wie die göttliche Botschaft in ihm für uns Fleisch und damit mit ihm selbst eins wird, so wird er dann selbst mit uns eins im Allerheiligsten Sakrament, damit wir von seiner Botschaft, die nichts anderes als reine göttliche Liebe zu uns ist, auch selbst ganz durchdrungen und mit ihr eins werden. Die Menschwerdung Gottes ist also nicht mehr nur ein gesprochenes Wort Gottes, es ist das getane Wort Gottes. Gott offenbart sich also in Wort und Tat. Er ist sozusagen das sichtbare und damit auch das dichteste und ganz gefüllte, „lauteste“ und eindringlichste, das letzte und damit auch das absolut verbindliche Wort Gottes an die Welt. Dieses Wort muss sich des- halb auch jeder gesagt sein lassen. Wer sich dieses Wort nicht gesagt sein lässt, indem er ihm glaubt, dem ist absolut nicht mehr zu helfen. Es gibt also so etwas wie eine phasen- und stufenweise Selbstoffenbarung Gottes an den Menschen: zuerst in der Schöpfung, dann durch sein durch die Propheten vermitteltes Wort und schließlich durch sein leibhaftig fleischgewordenes, wesenhaftes Wort und Ebenbild, Jesus Christus. Christus ist die Fülle der Zeit Die Dichte der göttlichen Selbstoffenbarung in Jesus Christus begründet und bestimmt dann auch die Qualität der Zeit, nämlich die Dichte und Fülle der Zeit. „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn“ (Gal 4,4). Und wo die Offenbarung in der Auferstehung auf ihrem Höhepunkt angekommen ist, weil sie in ihrem Gehalt nicht mehr überboten werden kann, da ist es auch die Zeit. Wir leben also heute nicht etwa 2000 Jahre nach Christus, sondern schon 2000 Jahre mit Christus. Mit Christus leben wir nicht nach der zeitlichen Dauer, sondern nach der Qualität der Zeit, nämlich in der Endzeit. Man könnte fragen, warum sich denn Gott nicht auf einmal in seiner ganzen Fülle offenbart, sondern sukzessiv, peu à peu. Dahinter steckt offenbar eine feine Pädagogik des Vaters, der die durch die Erbsünde gebrochene Natur des Menschen genau kennt und weiß, wie viel er ihm zumuten kann. Gott mutet dem Menschen nicht mehr zu, als er verkraften kann. Er überfordert ihn nicht und stülpt ihm nicht zwangsweise etwas über. Wie ein kleines unmündiges Kind muss er den Menschen geduldig in die göttlichen Geheimnisse einführen und hineinwachsen lassen. Der Kirchenvater Irenäus sagt, Gott habe den Menschen erst wieder an sich gewöhnen müssen. Mit unserer gegenwärtigen Kirchenjahreszeit könnten sie auch sagen, dass Gott sukzessiv seinen Advent bei uns Menschen vorbereitet. Der Inhalt der göttlichen Offenbarungen und die Voraussetzungen für ihr richtiges Verständnis Inhalt der Wortoffenbarung Gottes ist nicht nur, dass es ihn überhaupt gibt, sondern sein Heilsplan mit den Menschen, warum er den Menschen überhaupt erschaffen hat und was Sinn und Ziel seines Lebens ist sowie seine Liebe zu den Menschen und auch was Liebe überhaupt ist. Aus sich selbst kann das der Mensch nicht wissen. Es muss ihm erst von Gott gesagt, ja sogar von dem, der die Liebe i s t, überhaupt erst beispielhaft vorgelebt werden. Von der göttlichen Offenbarung zu unterscheiden ist aber die Einsicht in die offenbarte Botschaft, nämlich ihr richtiges Verstehen. Nicht jeder, der die göttliche Offenbarung empfängt, hat sie ja damit auch schon verstanden. Schon beim Propheten Jesaja lesen wir: Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen, sehen sollt ihr, sehen, aber nicht erkennen, denn ihr Herz ist hart geworden (vgl. Jes 6,9f.; Mt 13,15). Die Heilige Schrift ist vom Heiligen Geist inspiriert und deshalb kennt auch nur der Heilige Geist ihren richtigen und eindeutigen Sinn. Deshalb versteht auch nur der das Wort Gottes der Heiliger Schrift richtig, der sich ihr Verständnis vom Heiligen Geist schenken lässt. Das Verstehen der Botschaft ist also noch einmal ein Werk Gottes, vorausgesetzt, der Mensch ist dazu auch entsprechend disponiert. Kein Wort macht das deutlicher als das Herrenwort: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; nie-mand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will“ (Mt 11,25-27). Die Selbstoffenbarung ist ein freies, unge-schuldetes Geschenk Gottes an den Menschen. Sie wird nur mit dem Herzen durch den Glau-ben im Licht des Heiligen Geistes erkannt. Ihre Erkenntnis ist deshalb auch keineswegs bloß den Theologen vorbehalten, sondern jedem Menschen angeboten. Schon die Wortoffenbarung macht deutlich, dass wir es bei Gott mit einer Person bzw. mit einem personalen Wesen zu tun haben. Ein unterpersonales Wesen kann nicht sprechen und kommunizieren oder sich mitteilen, sondern höchstens Laute ausstoßen. Das klingt banal, ist aber überaus bedeutsam. Wenn Gott zu den Menschen spricht, dann behandelt er sie nämlich auch als Personen und nicht als bloße Objekte und Gegenstände oder sogar als Spielzeuge. Aber auch der Mensch muss zu Gott sprechen und keineswegs nur theologisch über ihn. Auch Gott darf für den Menschen kein Spekulations- oder Forschungsobjekt sein. Gerade darin muss sich auch die Theologie ganz wesentlich und grundsätzlich von jeder anderen Wissenschaft unterscheiden. Theologie kann man nur auf der personalen Ebene betreiben. Ein Theologe ist deswegen auch nur dem Maße Theologe, wie er auch in einer ganz persönlichen, lebendigen Christusbeziehung steht und sich nicht nur auf die wissenschaftliche Komponente beschränkt. Ein Theologe, der deshalb nicht mehr ist als ein Wissenschaftler, ist letztendlich eigentlich unfruchtbar. Er kann bestenfalls nur vorgeben und behaupten, Erkenntnisse an seinem Gegenstands- und Forschungsobjekt gefunden zu haben. Wer könnte von sich aus, auch bei höchster Intelligenz, erkennen, dass die höchste und durch eine göttliche Tat vollzogene Offenbarung des herrlichen und allmächtigen Gottes sein ohnmächtiges Leiden und sein Kreuzestod sind, durch die er die Welt erlöst hat. Für die Juden ein Ärgernis, für die philosophisch „belasteten“ Griechen eine Torheit, für die Berufenen aber, d.h. für die, die Gott dazu berufen und nicht etwa die Welt bloß für weise und gescheit erklärt hat oder sie sich vielleicht überhaupt auch nur selbst, Christus, Gottes Weisheit und Gottes Kraft. Denn die Dummheit Gottes, wie es die Welt auch nur verstehen kann, ist doch immer noch ein bisschen gescheiter als alle Weisheit und Gescheitheit der Welt, wie schon der Apostel Paulus sagt (vgl. 1Kor 1,23-25). Auch wir sollten lieber mit Gott dumm als mit der Welt gescheit sein wollen. Genau darin scheint mir auch die Crux der sog. Theologie in Deutschland schon seit Jahrzehnten zu bestehen. Theologie ist geisterleuchtete Erkenntnis der Selbstoffenbarung Gottes und nicht bloße Entdeckung göttlicher Geheimnisse durch den Menschen, auch wenn man sie als Theologen bezeichnet. Und was wird da heute unter dem Deckmantel der Wissenschaft und Theologie nicht alles zum Besten gegeben! Der Logos tou Theou offenbart sich als Person nun einmal nur personal und nicht gegenständlich. Diese Erkenntnis göttlicher Dinge muss erbetet und erfleht werden. Gesunde und seriöse Theologie geschieht auf Knien und mit dem Herzen und nicht nur im Kopf und auf dem Hintern. Wer stünde dafür überzeugender als die wunderbaren Lehren der Kirchenväter und die großen Kirchenlehrer durch alle Jahrhunderte. Gesunde Theologie ist eine Frucht des Betens, der Meditation und der Anbetung, und weder ausschließlich noch zuerst der natürlichen Vernunft und der akademischen Disputation. Alle Offenbarungen Gottes können nur durch den Glauben verstanden werden und nicht durch Denken und natürliche Einsicht. Einem Wort, das ja nur eine mit Freiheit begabte Person sprechen kann, kann man entweder glauben oder aber den Glauben verweigern. Da unterscheidet sich das Wort Gottes auch überhaupt nicht von dem Wort irgendeines Menschen. Nichts zeigt das auch deutlicher als unsere moderne Zeit, in der die allermeisten Menschen ja meinen, gar keiner Offenbarung Gottes zu bedürfen. Und sie kennen sie auch kaum noch. Da strickt sich dann jeder seinen eigenen, ganz privaten Gott und „glaubt“ dann, was zu seinem selbstgestrickten Götzen passt. Und was dem widerspricht, darf auch die Kirche nicht mehr verkünden, und sie tut es auch oft nicht mehr. „Das kann man heute nicht mehr so sagen“, heißt das dann. Das alles ist aber nichts anderes als Unglaube und Atheismus im religiösen oder sogar theologisch-wissenschaftlichen Gewand. Es gibt ja auch Glaubenswahrheiten, die so ausdrücklich nicht in der Heiligen Schrift stehen, zu deren Erkenntnis die Kirche auch erst im Laufe der Jahrhunderte gelangt ist, wie z. B. die unbefleckte Empfängnis Mariens und ihre Himmelfahrt mit Leib und Seele oder auch die Unfehlbarkeit des Papstes. Hierbei handelt es sich durchaus um Wahrheiten, die nicht etwa außerhalb der Schrift stehen, sondern in ihr analytisch enthalten sind. Hier zeigt sich, dass die Heilige Schrift eben lebendiges Wort Gottes ist und nicht bloß geduldiges, bedrucktes Papier.