Turmalin – Mineralogie, Genese und Verwendung

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Turmalin – Mineralogie, Genese und Verwendung
Christine Wendler
Technische Universität Bergakademie Freiberg, 09599 Freiberg, Deutschland
Zusammenfassung. Die Komplexität der Mineralgruppe der Turmaline ist bis
heute nicht vollständig erforscht. Struktur und chemische Zusammensetzung
lassen zahlreiche Möglichkeiten der Bildung von Mischkristallen und Varietäten
zu. Zusätzlich haben die Genesebedingungen Einfluss darauf, welche Elemente im
Kristall eingebaut werden. Abhängig von diesen Faktoren werden die
Eigenschaften der einzelnen Turmaline beeinflusst. Sie weisen eine vielfältige
Farbgebung auf und sind piezo- sowie pyroelektrisch. Daraus ergeben sich für die
Praxis Anwendungsmöglichkeiten, die unter anderem von der Nutzung als
Edelstein
über
elektronische
Bauteile
bis
hin
zur
Stimulation
von
Mikroorganismen reichen. Auch als Geneseindikatoren können Turmaline genutzt
werden.
Mineralogie
Die Mineralgruppe der Turmaline wird den Ringsilikaten zugeordnet und stellt
eine der komplexesten gesteinsbildenden Mineralgruppen dar.
Generelle Eigenschaften sind die Härte von 7 bis 7,5 und eine Dichte von
3,02 bis 3,26 g/cm3. Turmaline weisen keine Spaltbarkeit auf. Sie sind dagegen
spröde und besitzen einen muschligen Bruch quer zur Längserstreckung. Die
Strichfarbe ist weiß und der charakteristische Glanz entspricht dem des Glasglanzes. Die Kristalle gehören der ditrigonal pyramidalen Klasse an und sind in
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verschiedensten Ausbildungsformen anzutreffen. Häufig zu finden sind lang
gestreckte prismatische und vertikal zur Längsachse gestreifte Exemplare. Ebenso
sind nadelförmige in radial- oder büschelförmigen Gruppen auftretende
Ausbildungen nicht selten. Diese sind als Turmalinsonnen bekannt. Weiterhin
kommen Turmaline in Form derber Massen oder mit gedrungenem Habitus vor.
Sie können sowohl auf dem Gestein auf-, als auch darin eingewachsen sein. Die
auffälligste Eigenschaft am Turmalin ist seine vielfältig verschiedene Farbgebung,
die über farblos, pink, gelb, hinzu blau, grün, braun und sogar schwarz reichen
kann. Dabei sind unzählige Farbübergänge und Farbmischungen möglich. Oft
treten diese konzentrisch oder aufeinander folgend auf, was sogar in
verschiedenen Richtungen unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Man spricht in
diesem Fall vom Pleochroismus der Turmaline (Drago, Boroli, 2003; Okrusch,
2005; Vinx, 2005; Schulz, 2008).
Die Ursache für diese Eigenschaft liegt in der chemischen Zusammensetzung eines Turmalinkristalls. Die allgemeine Formel der Turmalingruppe lautet
XY3Z6T6O18(BO3)3V3W. Dabei können sich auf der X-Position Na+, K+ und Ca2+
befinden. Die Position kann aber auch unbesetzt bleiben. Die Y-Positionen können
Li+, Mg2+, Zn2+, Ba2+, Mn2+, Fe2+, Fe3+, Al3+, Cr3+, V3+ und Ti4+ enthalten. Auf den
Plätzen der Z-Position kann man Mg2+, Al3+, Cr3+, V3+ und Fe3+ antreffen. Die
T-Positionen sind hauptsächlich von Si4+ besetzt, können aber auch selten Al3+
oder B3+ aufweisen. OH- und O2- können die V-Positionen bilden und OH-, F- und
O2- die W-Position (Deer et al., 1986; Babinska et al., 2008).
Durch diese vielfältigen Möglichkeiten der Besetzung der einzelnen
Positionen wird deutlich, dass die Eigenschaften, dabei besonders die Farbe, durch
die jeweiligen Elemente im Kristallgitter bestimmt werden. Dennoch spielt dabei
auch die strukturelle Anordnung der einzelnen Positionen eine Rolle. Diese
unterliegt komplexen Bedingungen, die Einfluss auf die physikalischen, optischen
und technischen Eigenschaften haben. Die ditrigonalen Si6O18-Ringe entstehen
dadurch, dass sechs SiO4-Tetraeder zwei Sauerstoffatome mit den Nachbarn
teilen, was in Bild 1a erkennbar ist. Die Ringe sind nun mit den Polyedern der
X-Position und den Y- und Z-Positionen verknüpft. Die Y-Positionen stellen drei
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große Oktaeder dar, die sich mit den sechs kleinen Oktaedern der Z-Positionen
senkrecht zur c-Achse Kanten teilen (Zhang et al., 2008). Jeder Y-Oktaeder
wiederum teilt sich Kanten mit zwei oder mehr anderen Y-Oktaedern ebenfalls
senkrecht zur c-Achse. Bei den Z-Oktaedern findet deren Teilung von zwei
Kanten dagegen parallel zur c-Achse statt (Ferrow E., 2009). Die drei planaren
BO3-Gruppen stehen über die Sauerstoffatome in Verbindung mit den Y- und
Z-Positionen (Bild 1b und c) und das Bor teilt sich weiterhin eine Kante mit dem
Sauerstoff der SiO4-Tetraeder (Deer et al.,1986; Bosi, Lucchesi, 2007).
a)
b)
c)
Bild 1. Turmalin.
a) Struktur der ditrigonalen Si6O18- Ringe bestehend aus SiO4-Tetraedern. (Deer et al.1986)
b) Struktur der Y-, Z-, V- und W-Positionen senkrecht zur c-Achse. (Ferrow E., 2009)
c) 3D Struktur eines Na-(Fe, Mg) Turmalins parallel zur c-Achse. (Burzo, 2005)
Da nun diese Oktaeder unterschiedliche Größen und Abweichungen in der
Symmetrie aufweisen, induzieren sich entlang der Kanten strukturelle
Spannungen. Jeder Kristall versucht diese Spannungen auszugleichen und
abzubauen. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste sieht eine Verkleinerung
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der Y-Oktaeder vor mit gleichzeitiger Vergrößerung der Z-Oktaeder. Somit tritt
eine Substitution ein, die durch die Größe der Ionenradien gesteuert wird. Die
zweite Möglichkeit liegt in der Anpassung der zu teilenden Kantengröße der
Oktaeder. Hierbei wird durch Elektronenaustausch zwischen der Y- und der
Z-Positionen die Elektronenteilung verändert, sodass es zu günstigeren
Valenzzuständen
kommt
(Ferrow
E.,
2009).
Hierbei
können
auch
Oxidationsvorgänge (zum Beispiel vom Eisen) eine Rolle spielen (Ferrow E.A.,
1994). Ebenfalls Einfluss auf die Anordnung der Kationen hat der Austausch von
OH- mit O2- auf entsprechenden Positionen. Oft werden auch OH-Gruppen zum
Ausgleich von freien Valenzen in die Struktur aufgenommen (Drago, Boroli,
2003).
Anhand der Formel und der Einflüsse der Struktureinheiten zueinander,
wird deutlich, dass die zahlreichen Möglichkeiten der chemischen Zusammensetzung zur Mischkristallbildung innerhalb der Mineralgruppe der Turmaline
führen. Dabei ergibt sich eine Vielzahl an Varietäten. Die wichtigsten sind Elbait,
Dravit, Schörl und Uvit. Bei Elbait handelt es sich um einen Turmalin, der
besonders durch die in Längsrichtung auftretenden gelben, grünen, blauen und
roten Farbzonen auffällt. Innerhalb der Elbaite gibt es ebenfalls Varietäten. Hier
zu erwähnen sind Verdelith, Paraibait, Rubellit und Indigolith (Okrusch, 2005).
Letzterer wird aufgrund seiner blaugrünen Farbe als kostbarster Turmalin
angesehen. Dravit, Schörl und Uvit dagegen sind dunkelbraun bis schwarz, was
durch den Eisen- bzw. Magnesiumgehalt verursacht wird. Als Besonderheit besitzt
Schörl statt Glasglanz Metallganz (Drago, Boroli, 2003). Die genannten und
weitere Turmaline befinden sich mit ihren Formeln in Tabelle 1.
Tabelle 1. Formeln der wichtigsten und bekanntesten Turmaline (nach web1, 2009)
Name des Turmalins
Formel *
Elbait
Na (Li,Al)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Na-
Dravit
Na Mg3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Turmaline
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Chromdravit
Vanadiumdravit
Na Mg3 (Cr,Fe3+)6 (BO3)3Si6O18 (OH)4
Na-
Na (Mg,V3+)3 (V3+,Al,Cr3+)6 (BO3)3 (Si6O18)
Turmaline
(OH,O)4
Schörl
Na Fe2+3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Olenit
Na Al3 Al6 (BO3)3 (Si6O18) (O,OH)4
Buergerit
Na Fe3+3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (O, F)4
Povondrait
Uvit
5
(Na,K) (Fe3+,Fe2+)3 (Fe3+,Mg,Al)6 (BO3)3 Si6O18
(O,OH) 4
(Ca,Na) (Mg,Fe2+)3 Al5Mg (BO3)3 Si6O18 (OH,F)4
Ca-
Feruvit
(Ca,Na) (Fe,Mg,Ti)3 (Al,Mg,Fe)6 (BO3)3 Si6O18
Turmaline
(OH)4
Liddicoatit
Ca (Li,Al)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (O,OH,F)4
Rossmanit
Na<0.5 (Al,Li,Mn2+)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Foitit
Na0,5 (Fe2+,Al,Mn2+,Li)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Magnesiofoitit
Na<0,5 (Mg,Fe2+,Al)3 Al6 (BO3)3 Si6O18 (OH)4
Turmaline
mit
gering oder
unbesetzter
X-Position
* Die V3- und die W-Position wurden zusammengefasst.
Zu beachten ist, dass keine unbegrenzte Mischbarkeit zwischen allen Turmalinen
vorhanden ist, denn zwischen Exemplaren, die Li und Mg enthalten, existiert eine
Mischungslücke. Somit trifft das unter anderem auf das System Elbait-Dravit zu
(Deer et al., 1986).
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Genese
Die Zusammenhänge zwischen Struktur und chemischer Zusammensetzung
bestimmen die Eigenschaften der Turmaline. Doch welche Elemente zur
Verfügung stehen und generell in einem Kristall eingebaut werden, ist von den
Bildungsbedingungen und -milieus abhängig. Turmaline können in den
verschiedensten Bildungsbereichen entstehen und treten dadurch in vielfältiger
Form auf. Die wichtigsten Bildungsbereiche werden hier aufgegriffen und
erläutert.
Im magmatischen Bereich assoziiert man Turmaline mit sauren Tiefenund Ganggesteinen. Somit sind sie häufig akzessorisch im Mineralbestand von
Graniten neben Quarz, Biotit und Muskovit vertreten. Das heißt bei Temperaturen
von 600 bis 1100 °C können Turmalinkristalle gebildet werden. Diese enthalten
somit hauptsächlich Fe, Mg, Cr, und Ti, wie zum Beispiel Schörl und Dravit, was
besonders an der Farbe erkennbar ist (Deer et al., 1986; Seifert, Sandmann, 2008).
Doch auch aus den wässrigen Silikatrestschmelzen der Granitbildung
können Turmaline durch extreme Differentiation oder Anataxis auskristallisieren.
Diese Schmelzen sind mit leichtflüchtigen Stoffen wie H2O, HCl, HF, H2S, SO2
und CO2, sowie an inkompatiblen Spurenelementen angereichert. Das sind
Elemente, die aufgrund ihres Ionenradius zu groß oder klein zum Einbau ins
Kristallgitter während der magmatischen Bildungsphase sind (Hiller, 1962). In
Bezug auf Turmaline trifft das meist auf Li und B zu. Aufgrund von
überkritischen Fluiden bei Temperaturen von 400 bis 700 °C und Fluiddrücken
über 2 kbar, können Kristallisate von einigen cm-Größe entstehen (Seifert,
Sandmann, 2008). Die so genannten Pegmatite sind meist gangförmig oder
linsenförmig aufgebaut und beinhalten hauptsächlich neben anderen Li-Mineralen,
Quarz, Beryll und Feldspat die vielfarbigen Varietäten des Turmalins (zum
Beispiel Elbait) (Rothe, 2005). Diese besitzen häufig Edelsteinqualität (Okrusch,
2005). Je nach Position im Pegmatit kann die Zusammensetzung der
Turmalinkristalle variieren und eine Zonierung hervorrufen (Deer et al., 1986).
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Die pneumatolytische Entstehung der Turmaline beruht auf ähnlichen
Prozessen. Hier sind metallführende Restfluide (H2O, HCl, HF, H3BO4) das
Medium aus denen die Turmaline auskristallisieren. Sie sind ebenfalls an
granitische Intrusionen gebunden. Durch den Transport auf Mikrorissen und
Spalten bilden die turmalinführenden Gesteine Gänge und Trümerzonen.
Zusätzlich werden aufgrund der hohen Aggressivität der Fluide feldspatführende
Gesteine metasomatisch alteriert und die Feldspäte durch freies HF in andere
Minerale umgewandelt. Auch in solchen so genannten Greisenzonen ist der
Turmalin (zum Beispiel Schörl und Dravit) ein charakteristisches Mineral.
Turmalinhornfelse an der Kontaktzone stehen mit pneumatolytischen Bildungen
ebenfalls häufig in Verbindung. Dabei werden auch aus dem Nebengestein
Elemente entzogen (Schulz 2008; Seifert, Sandmann, 2008).
Weiterhin kommt es in Kontaktbereichen von granitoiden Intrusionen
mit kalkigen Sedimenten zu Umwandlungsprozessen. Diese Erscheinung nennt
man Skarn. Bei Temperaturen von 400 bis 650 °C werden durch Zufuhr von F und
B neben Fluorit und Topas auch Turmaline gebildet (Seifert, Sandmann, 2008).
Diese enthalten einen hohen Anteil an Fe und Cr, wie zum Beispiel Chromdravit.
Das benötigte B stammt aus den Sedimenten selbst, wird durch die hohen
Temperaturen der Intrusion flüchtig und trägt somit zur Turmalinbildung bei (ElEnen, Okrusch, 2007).
Alle metasomatischen Prozesse, bei denen durch Zufuhr von B-, Al-, Feoder Mg-haltigen Fluiden Turmaline gebildet werden, werden unter dem Begriff
Turmalinisierung zusammengefasst. Dabei werden Feldspäte aber auch Biotit
durch die Fluide angegriffen und „aufgezehrt“ (Vinx, 2005; Schulz, 2008).
Durch Magmatismus, Aufheizung von meteorischen Fluiden, Diagenese
und Metamorphose entstehen hydrothermale Lösungen, die beim Aufstieg an
Rissen und Spalten durch Abkühlung und Druckabfall auskristallisieren. Dabei
werden bei mesothermalen Bedingungen (200 bis 300 °C) Ganglagerstätten
gebildet, die ebenfalls Turmaline enthalten können. Aufgrund der damit
verbundenen Paragenese mit polymetallischen Sulfidlagerstätten weisen die
Turmaline Fe, Zn, Mn aber auch F auf. Gesondert zu nennen sind extrem saure
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und häufig mit porphyrischen Cu-Lagerstätten assoziierte hydrothermale
Lösungen, die zur Au-Lagerstättenentstehung führen. Durch Auslaugung der
vulkanischen Nebengesteine bilden sich bei 300 °C in einem oxidierenden Milieu
neben Quarz, Alunit, Kaolinit und Hämatit als Alterationsminerale auch
Turmaline, vor allem Dravit und Schörl (Oliveira, 2002; Seifert, Sandmann,
2008).
Weiterhin tritt Turmalin im sedimentären Bereich auf. Durch Erosion und
Transport von turmalinführenden Gesteinen (Graniten, Granitpegmatiten) in
Flüssen und Bächen, wird dieser bei Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit
aufgrund seiner Dichte und Verwitterungsbeständigkeit abgelagert. Gemeinsam
mit anderen Mineralen ähnlicher oder höherer Dichte entstehen dadurch
Flussseifen. In diesem Fall sind die Turmaline wie zum Beispiel Liddicoatit
detritische Überreste von Gesteinen. Sie können aber auch in Sedimenten
diagenetisch rekristallisieren (Okrusch, 2005; Seifert, Sandmann, 2008).
Selbst die Druck- und Temperaturbedingungen bei der Metamorphose
sind für die Turmalinbildung nicht störend. Diese ist von der Grünschiefer- bis zur
Amphibolitfazies stabil. In der Granutlitfazies geht der Großteil dann in Schmelze
über, in der sich nur noch vereinzelt Turmalinkörner befinden (El-Enen, Okrusch,
2007). Generell kann man Turmalin als Durchläufer in Metamorphiten ansprechen
(Schulz, 2008). Dravit und magnesiumhaltige Exemplare sind dafür typisch.
Werden Sedimentgesteine metamorph umgewandelt, werden die darin enthaltenen
Elemente in das Kristallgitter eingebaut und Turmaline kristallisieren als neue
Minerale aus. Sedimente enthalten eine ausreichende Menge an B (zum Beispiel
in Tonmineralen), welches bei der Metamorphose aufgebraucht wird (El-Enen,
Okrusch, 2007). Bei Metakalksteinen ist häufig Uvit aufgrund des Ca- und
Mg-Gehaltes des Ausgangsgesteins vorhanden. In kristallinen Schiefern dagegen
bildet sich eher Dravit aus. Durch den Einfluss von Oxidationen, durch den hohen
Salzgehalt und B-haltige Fluide, rekristallisieren Turmaline wie Dravit, Schörl
und Uvit sogar in Metaevaporiten (Henry, 2008). Bei steigenden Druck- und
Temperaturbedingungen nehmen Turmalinkristalle an Größe zu, aber an
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Häufigkeit ab (El-Enen, Okrusch, 2007). Der B-Gehalt dagegen ist am höchsten
bei niedrigen Temperaturen (Ertl, 2008).
Da Turmaline in fast allen geologischen Formationen vorkommen und
über weite Bereiche stabil sind, drücken sie in ihrer Zusammensetzung und in
ihren Eigenschaften die herrschenden Bildungsbedingungen aus (Zhang et al.,
2008).
Verwendung
Aufgrund der komplexen Struktur und den zahlreichen Möglichkeiten der
chemischen Zusammensetzung, besitzen Turmaline optische, physikalische und
technische Eigenschaften, die in der Praxis Verwendung finden.
Als erstes sei die Verarbeitung zum Edelstein genannt, die durch die
speziellen Farbgebungen der Kristalle begründet wird (Okrusch, 2005). Die
verschiedensten
Schliffformen
werden
eingesetzt
um
die
Lichtreflexe
hervorzuheben. Daher werden Turmaline in der Schmuckindustrie verwendet. Ein
besonderes Bespiel ist die Meisterschale der Fußballbundesliga, die mit 16
Turmalinen besetzt ist (web2, 2009). Auch für Gravurarbeiten wird der Turmalin
aufgrund seiner Härte benutzt.
Turmalinkristalle gehören der ditrigonal pyramidalen Kristallklasse an
und besitzen kein Symmetriezentrum. Das führt bei Druckbelastung zum
piezoelektrischen Effekt. Bei Wärmezufuhr tritt zusätzlich Pyroelektrizität auf.
Somit kann man elektrische Energie erzeugen und nutzen. Diese Erscheinungen
funktionieren auch umgekehrt. Unter entgegengesetzt geladener elektrischer
Aufladung der Kristallenden, dehnt sich ein Turmalinkristall aus bzw. gibt Wärme
ab. Dieses Verhalten kann in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Uhren,
Drucksensoren, Frequenzstabilisatoren und akustoelektronische Geräte wie
Lautsprecher sind nur einige Anwendungen, die auf diesem Prinzip basieren
(web3, 2009). Auch Präzisionstemperaturmessungen in einem breiten Temperaturstabilitätsfeld sind möglich (Drago, Boroli, 2003).
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Weiterhin erzeugen die piezo- und pyroelektrischen Effekte ein
elektrostatisches Feld auf der Oberfläche der Turmalinkristalle. Das führt dazu,
dass anorganische Ionen und kleine Partikel adsorbiert werden können. Somit
findet der Turmalin Anwendung in der Reinigung von Wasser, Luft und toxischen
Abwässern. In der Fischindustrie wird er gegen Bakterien, Viren und andere
Verunreinigungen im Wasser verwendet, indem nm-große Turmalinkristalle in
Brunnen eingesetzt werden (Li, 2008). Aber auch für verfahrenstechnische
Zwecke scheint Turmalin geeignet zu sein. H2O, CO2, O2 und N2 Moleküle
kondensieren auf der Oberfläche des Turmalinkristalls aufgrund der zusätzlich
Wärmeabgabe durch den pyroelektrischen Effekt. Daraufhin werden die Pole des
Kristalls neutral und es tritt eine Wirkung ähnlich eines gaschromatischen
Adsorbens ein (Yamaguchi, 1983).
Aber auch ohne äußere Einwirkungen erzeugt ein Turmalinkristall einen
Strom von 0,06 mA, was als Bioelektrizität bezeichnet wird (web3, 2009). Diese
Eigenschaft und die Abgabe von Wärme als Infrarotstrahlung werden genutzt um
den Stoffwechsel von Lebewesen zu stimulieren und dessen Größen- bzw.
Zellwachstum
anzuregen.
Dadurch
kann
der
Gärungsprozess
von
Mikroorganismen beschleunigt werden. In der Praxis werden dazu so genannte
ceramic balls hergestellt. Diese stellen ein großes Potential für die Alkohol-,
Milch- und Sojaindustrie dar (Li, 2008).
Eine
besondere
Bedeutung
kommt
dem
Turmalin
in
geowissenschaftlicher Hinsicht zu. Neben der Verwendung als Borerz bzw.
-mineral (Heide, 2006/2007) ist, wie schon im Abschnitt Genese beschrieben, die
chemische Zusammensetzung der Turmaline stark abhängig von den jeweiligen
Bildungsbedingungen. Somit können Turmaline als Indikatoren verwendet
werden. Man kann zum Beispiel anhand des Eisens in Eisenturmalinen Aussagen
zum Oxidationszustand machen, das heißt die Oxidationsbedingungen zur Zeit der
Entstehung genau untersuchen. Weiterhin gibt der Eisengehalt generell Auskunft
darüber, auf welcher Entwicklungsstufe vom magmatischen zum hydrothermalen
Stadium der Turmalin gebildet worden ist (Zhang et al., 2008). Auch die
verschiedenen
Kristallisationsstadien
in
Pegmatiten
werden
in
den
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Turmalinkristallen festgehalten, da sich die chemische Zusammensetzung in Form
von
Zonierungen
an
diese
anpasst
(Oliveira,
2002).
Vergleiche
von
Strukturdefekten in einzelnen Zonen können als Wachstumsmarken ebenfalls
Aussagen über die Entstehung liefern (Agrosi et al., 2006). Da der pyroelektrische
Effekt in Begleitung von Ladungstrennung bei Temperaturänderung auftritt, ist
eine
Verwendung
als
Geothermometer
eine
weitere
gute
Möglichkeit
Genesebedingungen zu untersuchen. Selbst in der Chronologie finden Turmaline
Verwendung. Da sie zu kleinen, aber definierten Anteilen K enthalten, sind sie in
der Lage Ar aufzunehmen. Das Isotopenverhältnis von beiden (K/Ar) wird zur
Datierung benutzt (Deer et al., 1986).
Aufgrund dessen, dass Struktur und Zusammensetzung noch ein weites
Untersuchungsfeld liefern, sind weitere Anwendungsmöglichkeiten des Turmalins
möglich.
Literaturangabe
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