DIFFERENZIERBARE MANNIGFALTIGKEITEN, TANGENTIALRAUM BERNHARD HANKE, 8. OKTOBER 2014 Wir bezeichnen mit Hn− := {(x1 , . . . , xn ) ∈ Rn | x1 ≤ 0} ⊂ Rn den linken Halbraum im Rn und mit ∂Hn− = {(x1 , . . . , xn ) ∈ Rn | x1 = 0} ⊂ Hn− dessen Rand. Diese Räume tragen die Teilraumtopologie von Rn . Definition 0.1. Es sei eine offene Teilmengen U ⊂ Hn− gegeben. Eine Abe ⊂ Rn sowie bildung f : U → Rm heißt glatt, falls es eine offene Teilmenge U e → Rm gibt eine glatte (also unendlich oft differenzierbare) Abbildung fe : U mit e ∩ Hn− = U , • U • fe|U = f . Das heißt, die gegebene Abbildung lässt sich zu einer glatten Abbildung im gewöhnlichen Sinne auf einer offenen Menge des Rn fortsetzen. Sind U ⊂ Hn− und V ⊂ Hm − offen, so ist ein Diffeomorphismus U → V eine umkehrbare und glatte Abbildung, deren Umkehrung wieder glatt ist. In diesem Fall gilt n = m, wie man mit dem Satz über die Umkehrfunktion aus der Analysis II beweist. Ist f : U → Rm glatt und p ∈ U , so ist die Jacobimatrix Df (p) ∈ Rm×n definiert. Dies ist klar, falls p im Inneren von Hn− liegt. Falls p ∈ ∂Hn− , so existiert nach obiger Definition eine Fortsetzung von f auf eine glatte Abbildung e → Rm . fe : U Die Einträge der Jacobimatrix Df˜(p) sind partielle Ableitungen der Komponenten von fe und diese Ableitungen sind bereits dadurch festgelegt, dass e ∩ Hn kennt. Wir können also man fe auf U = U − Df (p) := Df˜(p) setzen und diese Definition hängt nicht von der Auswahl von fe ab. Die Einträge der Jacobimatrix sind selbst glatt Funktionen auf U . 1 2 BERNHARD HANKE, 8. OKTOBER 2014 Wir bemerken, dass für einen Diffeomorphismus f : U → V zwischen offenen Teilmengen U, V ⊂ Hn− und alle p ∈ U die Jacobimatrix Df (p) invertierbar ist. Im folgenden identifizieren wir ∂Hn− mit Rn−1 vermöge der Abbildung Rn−1 → ∂Hn− , (t1 , . . . , tn−1 ) 7→ (0, t1 , . . . , tn−1 ) . Lemma 0.2. Sind U, V ⊂ Hn− offen und ist f : U → V ein Diffeomorphismus, so sind U ∩ ∂Hn− ⊂ Rn−1 und V ∩ ∂Hn− ⊂ Rn−1 offene Teilmengen, es gilt f (U ∩ ∂Hn− ) = V ∩ ∂Hn− , (das heißt Randpunkte werden auf Randpunkte abgebildet), und f |U ∩∂Hn− : U ∩ ∂Hn− → V ∩ ∂Hn− ist ein Diffeomorphismus.. Beweis. Die erste Aussage folgt aus der Definition der Relativtopologie. e → Rn eine Für die zweite Aussage sei p ∈ Hn− \ ∂Hn− . Es sei fe : U Fortsetzung von f zu einer glatten Abbildung wie in Definition 0.1. Nach Voraussetzung an f ist dann die Jabobimatrix Df˜(p) invertierbar, also bildet fe eine in Rn offene Umgebung W von p diffeomorph auf eine in Rn offene Umgebung von f (p) ab. Dies folgt aus dem Umkehrsatz aus der Analysis II. Wir wählen W so klein, dass W ⊂ U (dies geht nach Voraussetzung an p). Da nun einerseits f (W ) = fe(W ) ⊂ fe(U ) ⊂ V ⊂ Hn− und andererseits fe(W ) eine in Rn offene Umgebung von f (p) ist, muss f (p) ∈ / ∂Hn− gelten. Die letzte Aussage ist klar, da f |U ∩∂Hn− glatt ist, ebenso wie f −1 |V ∩∂Hn− . Definition 0.3. Es sei M ein topologischer Hausdorffraum und n ∈ N. Ist U ⊂ M eine offene Menge und φ : U → φ(U ) ⊂ Hn− ein Homöomorphismus von U auf eine offene Teilmenge von Hn− , dann nennt man das Paar (U, φ) eine n-dimensionale berandete Karte auf M . Eine Familie (Ui , φi )i∈I von n-dimensionalen berandeten Karten auf M heißt n-dimensionaler berandeter glatter Atlas auf M , falls: S • M = i∈I Ui . • Sind i, j ∈ I, so ist die Übergangsabbildung φj ◦φ−1 φji : Hn− ⊃ φi (Ui ∩ Uj ) −→i φj (Ui ∩ Uj ) ⊂ Hn− ein Diffeomorphismus. Man sagt auch, die Karten (Ui , φi ) sind glatt kompatibel. Falls U = (Ui , φi )I ein n-dimensionaler berandeter Atlas auf M ist und M das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt (also eine abzählbare Basis der Topologie besitzt), so nennt man das Paar (M, U) eine n-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit mit Rand. Es sei M n eine Mannigfaltigkeit mit Rand. Wir nennen p ∈ M einen Randpunkt von M , falls es eine Karte (U, φ) um p gibt mit φ(p) ∈ ∂Hn− . DIFFERENZIERBARE MANNIGFALTIGKEITEN, TANGENTIALRAUM 3 Nach Lemma 0.2 ist diese Eigenschaft unabhängig von der Wahl der Karte. Die Menge der Randpunkte von M bezeichnen wir mit ∂M . Es kann durchaus vorkommen, das ∂M = ∅. In diesem Fall sprechen wir von einer Mannigfaltigkeit ohne Rand. Auf Mannigfaltigkeiten ohne Rand gibt es also Atlanten, so dass die Bilder aller Kartenabbildungen offen in Rn sind. Eine kompakte Mannigfaltigkeit ohne Rand nennen wir geschlossen. Ist M ein topologischer Hausdorffraum, ist U ein n-dimensionaler glatter Atlas auf M und ist (U, φ) eine lokale Karte auf M , so heißt diese mit U kompatibel, wenn U ∪ (U, φ) wieder ein glatter Atlas ist. Dies impliziert, dass (U, φ) ebenfalls n-dimensional ist, denn sind U ⊂ Rn und V ⊂ Rm offene Teilmengen und ist φ : U → V ein Diffeomorphismus, so gilt n = m. Indem wir zu einem gegebenen Atlas U auf M sämtliche dazu kompatible Karten hinzunehmen sehen wir, dass U in einem eindeutig bestimmten maximalen Atlas enthalten ist, d.h. einem Atlas, zu dem nicht weitere kompatible Karten hinzugenommen werden können. Wir können daher im Folgenden annehmen, dass die Atlanten glatter Mannigfaltigkeiten M n maximal sind. Insbesondere gibt es für jeden Punkt p ∈ M und jede Umgebung U ⊂ M von p eine lokale Karte φ : V → φ(V ) ⊂ Hn− mit p ∈ V und V ⊂ U . Satz 0.4. Es sei M m eine glatte Mannigfaltigkeit mit Rand. Dann trägt ∂M in kanonischer Weise die Struktur einer (m − 1)-dimensionalen glatten Mannigfaltigkeit ohne Rand. Beweis. Es sei p ∈ ∂M und (Up , φp ) eine Karte von M um p. Nach Lemma 0.2 gilt φp (x) ∈ ∂Hm − für alle x ∈ ∂M . Wir setzen nun m−1 Up0 := Up ∩ ∂M , φ0p := φp |Up ∩∂M : Up ∩ M → ∂Hm . − =R Dies führen wir für alle p ∈ ∂M durch und behaupten, dass die so definierte Familie (Up0 , φ0p )p∈∂M einen (m − 1)-dimensionalen glatten Atlas auf ∂M definiert. Offensichtlich sind alle Up0 ⊂ ∂M und alle φ0p (Up0 ) ⊂ Rm−1 offen und die Abbildungen φ0p : Up0 → φ0 (Up0 ) sind Homöomorphismen. Die Eigenschaft ∂M = ∪p∈∂M Up0 ist klar. Nun zu den Übergangsfunktionen: Für alle p, q ∈ ∂M ist die Übergangsfunktion φ0q ◦ (φ0p )−1 : φ0p (Up0 ∩ Uq0 ) → φ0q (Up0 ∩ Uq0 ) glatt, denn diese Abbildung ist ja Einschränkung der glatten Abbildung φq ◦ (φp )−1 : φp (Up ∩ Uq ) → φq (Up ∩ Uq ) m zu einer Abbildungen Up ∩ ∂Hm − → Uq ∩ ∂H− . Damit ist alles gezeigt. Die einzelnen Karten eines Atlas beschreiben eine glatte Mannigfaltigkeit in der Regel nur lokal. Die globale Struktur einer Mannigfaltigkeit wird hingegen durch die Gesamtheit der Karten und Übergangsfunktionen kodiert. Wollen wir globale Objekte (wie glatte Abbildungen, Vektorfelder oder Differentialformen) auf einer Mannigfaltigkeit definieren, so geschieht 4 BERNHARD HANKE, 8. OKTOBER 2014 dies zunächst lokal über Karten. Es sind dann aber zusätzlich Kompatibilitätsbedingungen erforderlich, die beschreiben, wie sich die lokal definierten Objekte bei Koordinatenwechsel verhalten. Man beachte, dass bei einer glatten Mannigfaltigkeit der Atlas zur Struktur dazugehört und eigentlich immer (explizit oder implizit) angegeben werden muss. Der Kürze wegen unterdrücken wir aber oft den Atlas in unserer Notation. Beispiel. Es sei U ⊂ Rn offen. Dann ist (U, idU ) ein glatter Atlas auf U . Wir nennen dies die kanonische glatte Struktur auf U . Wir konstruieren einen glatten Atlas auf der Sphäre S n ⊂ Rn+1 wie folgt. Wir definieren offene Teilmengen auf S n durch U1 := {(x1 , . . . , xn+1 ) ∈ S n | xn+1 = 6 −1} ⊂ S n U2 := {(x1 , . . . , xn+1 ) ∈ S n | xn+1 = 6 +1} ⊂ S n und lokale Karten durch stereographische Projektion: φ 1 : U1 → R n , φ2 : U2 → Rn , (x1 , . . . , xn ) 1 + xn+1 (x1 , . . . , xn ) (x1 , . . . , xn+1 ) 7→ . 1 − xn+1 (x1 , . . . , xn+1 ) 7→ Es gilt φ1 (U1 ∩ U2 ) = φ2 (U1 ∩ U2 ) = Rn \ {0} und die Übergangsfunktion φ21 = φ2 ◦ φ−1 1 : φ1 (U1 ∩ U2 ) → φ2 (U1 ∩ U2 ) ist gegeben durch (x1 , . . . , xn ) 7→ (x1 , . . . , xn ) , x21 + . . . + x2n also glatt. Die Übergangsfunktion φ1 ◦ φ−1 2 hat die gleiche Form. Definition 0.5. Es seien M m und N n Mannigfaltigkeiten (eventuell mit Rand). Eine stetige Abbildung f : M → N heißt glatt, falls folgendes gilt: Es sei x ∈ M ein beliebiger Punkt, (U, φ) eine Karte von M um x und (V, ψ) eine Karte um f (x) von N mit f (U ) ⊂ V (diese Karte um p existiert, da wir Kartengebiete beliebig einschränken können). Dann ist die Abbildung Rm ⊃ φ(U ) ψ◦f |U ◦φ−1 −→ ψ(V ) ⊂ Rn glatt (also unendlich oft differenzierbar). Diese Bedingung hängt nicht von der speziellen Wahl der Karten (U, φ) und (V, ψ) ab, da die Übergangsabbildungen in den Atlanten alle glatt sind. Die Abbildung f ist ein Diffeomorphismus, falls f glatt, umkehrbar und die Umkehrung von f wieder glatt ist. DIFFERENZIERBARE MANNIGFALTIGKEITEN, TANGENTIALRAUM 5 Nach dieser Definition sind alle Kartenabbildungen φ : U → φ(U ) ⊂ Hn− einer n-dimensionalen glatten Mannigfaltigkeit M glatt (wobei wir natürlich auf Hn− die kanonische glatte Struktur, bestehend aus einer Karte, verwenden). Hier benutzen wir die Tatsache, dass jede offene Teilmenge einer glatten Mannigfaltigkeit (hier U ⊂ M ) in kanonischer Weise wieder eine glatte Mannigfaltigkeit ist: Ist (Ui , φi ) ein glatter Atlas auf M , so ist (Ui ∩ U, φi |Ui ∩U ) ein glatter Atlas auf U . Da die Komposition zweier glatter Abbildungen und die Identitätsabbildung glatt sind, bilden die glatten Mannigfaltigkeiten zusammen mit den glatten Abbildungen eine Kategorie. Diffeomorphe Mannigfaltigkeiten werden als im Wesentlichen gleichartig angesehen. In der Differentialtopologie versucht man zu entscheiden, ob zwei gegebene Mannigfaltigkeiten diffeomorph sind oder nicht. Ist f : M → N ein Diffeomorphismus, so erhalten wir nach Lemma 0.2 einen induzierten Diffeomorphismus f |∂M : ∂M → ∂N . Proposition 0.6. Es seien M m und N n diffeomorphe Mannigfaltigkeiten (d.h. es existiert ein Diffeomorphismus f : M → N ). Dann ist m = n. Beweis. Es seien (U, φ) und (V, ψ) Karten von M und N mit f (U ) = V . Dann erhalten wir einen Diffeomorphismus Rm ⊃ φ(U ) ψ◦f |U ◦φ−1 −→ ψ(V ) ⊂ Rn . Nach Voraussetzung ist die Jacobimatrix dieser Abbildung an jedem Punkt invertierbar. Daher gilt m = n. Das Grundproblem der Bordismustheorie kann man wie folgt formulieren: Es sei M n eine geschlossene (also kompakte und unberandete) ndimensionale glatte Mannigfaltigkeit. Existiert eine kompakte Mannigfaltigkeit W n+1 , so dass ∂W und M diffeomorph sind? Eine hinreichende und notwendige Bedingung an M wurde in grundlegenden Arbeiten von René Thom (1954) und C.T.C. Wall (1960) gegeben. Wir kommen nun zur Definition des Tangentialbündles einer glatten Mannigfaltigkeit. Es sei M n eine glatte Mannigfaltigkeit und p ∈ M \ ∂M . Es sei S(p) die Menge der glatten Abbildungen γ : (−, ) → M mit γ(0) = p, dabei ist > 0 beliebig. Wir nennen γ, η ∈ S(p) infinitesimal gleich um p, falls folgendes gilt: Es sei (U, φ) eine Karte um p. Dann gilt d d |t=0 (φ ◦ γ) = |t=0 (φ ◦ η) dt dt Dies ist unabhängig von der Wahl der Karte (U, φ) und definiert eine Äquivalenzrelation ∼ auf S(p). Wir setzen Tp M := S(p)/ ∼ . Dies ist der Tangentialraum von M im Punkt p. Ein Element in diesem Raum ist also eine Äquivalenzklasse von glatten Kurven durch p, wobei zwei solche Kurven äquivalent sind, wenn (in irgendeiner Karte) die Ableitungen 6 BERNHARD HANKE, 8. OKTOBER 2014 im Punkt t = 0 übereinstimmen. Wir interpretieren die Elemente in Tp M als Richtungen, in die wir glatte Abbildungen M → R ableiten können: Definition 0.7. Es sei U ⊂ M eine offene Teilmenge und f : U → R eine glatte Abbildung. Es sei p ∈ U und v ∈ Tp M . Wir setzen dann d(f ◦ γ) |t=0 ∈ R dt wobei γ : (−, ) → M eine glatte Kurve durch p bezeichnet mit [γ] = v. Dies ist die Richtungsableitung von f in p in Richtung v. ∂v f := Man sieht leicht, dass diese Definition nicht von der Auswahl von γ abhängt, so lange [γ] = v gilt. Wir definieren auf Tp M die Struktur eines n-dimensionalen reellen Vektorraumes wie folgt: Es sei (U, φ) eine Karte um p. Dann definiert d |t=0 (φ ◦ γ) ∈ Rn dt eine Bijektion von Mengen β(U,φ;p) : Tp M ∼ = Rn . Injektivitiät folgt aus der Definition der Äquivalenzrelation ∼ und für die Surjektivität transportiert man affine Kurven in Rn mit vorgegebener Geschwindigkeit zur Zeit 0 mittel φ−1 auf M ). Wir erklären eine Vektorraumstruktur auf Tp M dadurch, dass wir fordern, dass β(U,φ;p) ein Vektorraumisomorphismus ist. Die so erhaltene Vektorraumstruktur auf Tp M hängt nicht von der Wahl von (U, φ) ab, denn ist (U 0 , φ0 ) eine weitere Karte um p, so gilt [γ] 7→ β(U 0 ,φ0 ;p) = Dφ(p) (φ0 ◦ φ−1 ) ◦ β(U,φ;p) . d.h. die Bijektionen β(U,φ;p) und β(U 0 ,φ0 ;p) sind durch eine lineare Bijektion Rn → Rn (nämlich die Jakobimatrix der Koordinatentransformation) miteinander verbunden. Falls p ∈ ∂M , kann man Tp M analog definieren, wenn wir mit glatten Abbildungen γ : [0, ) → M , mit γ(0) = p, arbeiten. Sind M m und N n glatte Mannigfaltigkeiten und ist f : M → N eine glatte Abbildung, so erhalten wir eine lineare Abbildung Tp f : Tp M → Tf (p) M , Tp f ([γ]) := [f ◦ γ] . Man prüft leicht, dass diese Abbildung wirklich linear ist: Sind (U, φ) und (V, ψ) Karten um p, bzw. um f (p), so ist Tp f vermöge der oben definierten Identifizierungen β(U,φ;p) und β(V,ψ;f (p)) durch die lineare Abbildung Dφ(p) (ψ ◦ f ◦ φ−1 ) : Rm → Rn gegeben. Insbesondere gilt folgendes: Fassen wir Rm und Rn als glatte Mannigfaltigkeiten auf und ist f : Rm → Rn eine glatte Funktion, so gilt für p ∈ Rm die Gleichung Tp f = Dp f , DIFFERENZIERBARE MANNIGFALTIGKEITEN, TANGENTIALRAUM 7 d.h. die lineare Abbildung Tp f : Tp Rm → Tf (p) Rn ist einfach durch die Jacobimatrix Dp f : Rm → Rn gegeben (hier benutzen wir die Identifikationen β(Rm ,id;p) : Tp Rm ∼ = Rm und β(Rn ,id;f (p)) : Tf (p) Rn ∼ = Rn ). Obige Konstruktion verallgemeinert also die Jacobimatrix auf glatte Abbildungen zwischen beliebigen Mannigfaltigkeiten. Es sei M eine n-dimensionale glatte Mannigfaltigkeit. Wir setzen (zunächst als Menge) [ ˙ Tp M , T M := p∈M die disjunkte Vereinigung der Tangentialräume Tp M . Wir machen T M auf folgende Art und Weise zu einer glatten (2n)-dimensionalen Mannigfaltigkeit: Es sei (Ui , φi )i∈I ein glatter Atlas von M . Die Topologie S auf T M definieren wir als die gröbste Topologie, so dass alle T Ui := p∈Ui Tp M ⊂ T M offene Teilmengen sind und so dass die Abbildungen Ψi : T Ui → φi (Ui ) × Rn , Tp M 3 v 7→ (φi (p), β(Ui ,φi ;p) (v)) Homöomorphismen sind. Man überzeugt sich, dass diese Topologie wieder Hausdorffsch ist und (ebenso wie die Topologie auf M ) das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt. Außerdem definiert die Familie (T Ui , Ψi ) eine glatte Struktur auf T M : Sind i, j ∈ I, so ist die Übergangsabbildung Ψi (T Ui ∩ T Uj ) → Ψj (T Ui ∩ T Uj ) gegeben durch −1 φi (Ui ∩ Uj ) × Rn → φj (Ui ∩ Uj ) × Rn , (x, v) 7→ (φj ◦ φ−1 i (x), Dx (φj ◦ φi )(v)) und somit eine glatte Abbildung. Es folgt direkt, dass die kanonische Abbildung π : T M → M , v 7→ p falls v ∈ Tp M glatt ist. Anschaulich ordnet diese jedem Tangentialvektor den Fußpunkt zu (also denjenigen Punkt in M , so dass v tangential an p“ ist). ” Weiterhin ist für alle p ∈ M π −1 (p) = Tp M und diese Menge ist mit einer R-Vektorraumstruktur versehen. Wir können daher T M auch als Vereinigung von Vektorräumen (den Tangentialräumen) auffassen, die über die Punkte p ∈ M parametrisiert sind. Daher nennt man auch T M das Tangentialbündel von M und Tp M = π −1 (p) die Faser von π über p ∈ M . Proposition 0.8. Es sei f : M → N glatt. Dann ist die induzierte Abbildung T f : T M → T N , T f |Tp M := Tp f : Tp M → Tf (p) N ebenfalls glatt. Ist f ein Diffeomorphismus, so auch T f . 8 BERNHARD HANKE, 8. OKTOBER 2014 Wir erinnern daran, dass für alle p ∈ M die Einschränkung T f |Tp M = Tp f : Tp M → Tp N linear ist. Insofern kodiert T f nicht nur die Funktion f selbst, sondern für jedes p ∈ M auch ihre lineare Approximation Tp f .