MEDIZIN ORIGINALARBEIT Schlaf, Muskelmasse und Muskelfunktion im Alter Querschnittsanalyse auf Basis der Daten der Berliner Altersstudie II (BASE-II) Nikolaus Buchmann, Dominik Spira, Kristina Norman, Ilja Demuth, Rahel Eckardt*, Elisabeth Steinhagen-Thiessen* ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Der Verlust von Muskelmasse kann insbesondere im höheren Lebensalter zu Mobilitäts- und Funktionseinschränkungen führen. Es wird angenommen, dass Schlafstörungen, die mit einer Prävalenz von 6–30 % in Deutschland häufig auftreten, eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung von Muskelmasse spielen. Die vorliegende Untersuchung basiert auf Daten der Berliner Altersstudie II (BASE-II) und analysiert Zusammenhänge zwischen Schlafeffizienz/-qualität und Muskelmasse/-funktion. Methoden: Querschnittsdaten von 1 196 Probanden (52,5 % Frauen; 68 ± 4 Jahre) lagen vor. Das Schlafverhalten wurde anhand von Fragen des Pittsburgh Schlafqualitätsindex, die appendikuläre Skelettmuskelmasse (ALM) mittels Dual-Röntgen-Absorptiometrie und die Muskelfunktion durch eine Handgreifkraftmessung sowie durch Fragebögen zu körperlichen Aktivität und Beeinträchtigung körperlicher Aktivitäten erfasst. Niedrige Muskelmasse wurde mit Hilfe der Body-mass-Index(BMI)-korrigierten Muskelmasse (ALM/BMI) bestimmt. Ergebnisse: Schlechte Schlafqualität berichteten 19,1 % der Frauen und 13,4 % der Männer. Männer unterhalb des ALM/BMI Cut-off-Werts erwähnten häufiger eine sehr schlechte Schlafeffizienz (9,1 % versus 4,8 % bei Frauen; p < 0,002). Die Odds Ratio, eine niedrige Muskelmasse aufzuweisen, lag nach Adjustierung für Männer mit schlechter Schlafqualität bei 2,8 (95-%-Konfidenzintervall: [1,1; 6,7]) und mit schlechter Schlafeffizienz bei 4,3 [1,2; 15,1]. Obwohl der Zusammenhang zwischen Schlafqualität/-effizienz und ALM/BMI Cut-off-Werten bei Frauen nicht statistisch signifikant war, zeigte schlechte Schlafqualität eine Assoziation mit verringerter Greifkraft (16,25 ± 2,33 kg versus 15,67 ± 2,38 kg; p = 0,009) und verringerter Muskelmasse (ALM: 16,25 ± 2,33 kg versus 15,67 kg ± 2,38 kg; p = 0,016). Schlussfolgerung: Die Analyse unterstützt die Annahme, dass Zusammenhänge zwischen Schlaf und Muskelmasse vorliegen. Inwiefern die Muskelmasse vom Schlafverhalten abhängt, muss in longitudinalen Studien festgestellt werden. ►Zitierweise Buchmann N, Spira D, Norman K, Demuth I, Eckardt R, Steinhagen-Thiessen E: Sleep, muscle mass and muscle function in older people—a cross-sectional analysis based on data from the Berlin Aging Study II (BASE-II). Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 253–60. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0253 * Die Autoreninnen teilen sich die Letztautorenschaft. Forschungsgruppe Geriatrie der Charité – Universitätsmedizin Berlin: Dr. med. Buchmann, Dr. med. Spira, Priv.-Doz. Dr. rer. medic. Norman, Priv.-Doz. Dr. rer. nat. Demuth, Dr. med. Eckardt*, Prof. Dr. med. Steinhagen-Thiessen* Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik, Berlin: PD. Dr. rer. nat. Demuth Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 on schlafbezogenen Beschwerden wird in Hausarztpraxen wie auch im Klinikalltag mit einer Prävalenz von 6–30 % oft berichtet. Insbesondere bei über 65-Jährigen sind Ein- und Durchschlafstörungen häufig (1, 2, e1). Mit zunehmendem Lebensalter ändern sich Schlafqualität, -quantität und -architektur (3–5): ● Abnahme von Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz und Schlafqualität ● Abnahme von „rapid eye movement“ (REM)Schlafzeit und Tiefschlafzeit ● Zunahme von Schlaflatenz und Wachliegezeit ● Zunahme von Leichtschlaf und Wachphasen ● Zunahme von Tagesschlaf und Tagesschläfrigkeit. Diese großteils physiologischen Schlafveränderungen besitzen nicht zwangsläufig Krankheitswert und unterliegen individuellen Schwankungen. Unzureichende körperliche Bewegung, fehlende kognitive Anreize, äußere Störfaktoren (zum Beispiel Lärm, fremde Umgebung, falsche Raumtemperatur), psychische Belastungen (wie Depressionen oder Angststörungen) sowie somatische Faktoren (beispielsweise Nykturie, Demenz, Schlafapnoe, kardiovaskuläre Erkrankungen oder Schmerzen) beeinträchtigen vor allem bei älteren Menschen den Schlaf (e2, e3, 6). Schlaf ist mit biologischen und psychischen Regenerationsprozessen assoziiert. Unzureichender oder unerholsamen Schlaf kann zu mangelnder Konzentrationsfähigkeit, kognitiver Verschlechterung, Leistungsminderung, Einschränkungen sozialer Kontakte, Abnahme der Lebensqualität oder einem erhöhten Sturzrisiko führen (e3, e4, 7–10). Tagesmüdigkeit sowie Konzentrationsstörungen können dazu beitragen, dass sich die Betroffenen weniger körperlich betätigen und somit Muskelmasse abgebaut wird (11). Des Weiteren werden bei beeinträchtigtem Schlaf und Schlafmangel metabolische, hormonelle und immunologische Veränderungen beobachtet (12). Die anabolen Hormone IGF-1 und Testosteron, die eine wichtige Rolle bei der Proteinsynthese und damit Aufrechterhaltung von Muskelmasse spielen, werden durch Schlafdefizit herunterreguliert (12). Auf der einen Seite gilt die damit assoziierte Insulinresistenz als wesentlicher Risikofaktor für den Verlust an Muskelmasse und -funktion im Alter (13). Auf der anderen Seite begünstigt verringerte Muskelmasse selbst Insulinresistenz, da V 253 MEDIZIN Mögliche Zusammenhänge zwischen Schlafqualität/ -effizienz und Muskelmasse (modifiziert nach [16]) HOMA-IR, Homöostase-Modell der Insulinresistenz; CRP, C-reaktives Protein; IGF-1, „insulin-like growth factor-1“; TSH, Thyreoideastimulierendes Hormon GRAFIK 1 schlechte Schlafeffizienz/ -qualität – Depression Insulinresistenz (HOMA-IR) körperliche Leistungsfähigkeit Inflammation (CRP) körperliche Aktivität Hormone (Kortisol) Hormone (IGF-1, Testosteron) Komorbiditäten – Schilddrüsenfunktionsstörung (TSH) – Alkoholkonsum – Nikotinkonsum – Schmerzen – schlafstörende Ereignisse niedrige Muskelmasse Muskulatur der Hauptwirk- und Hauptspeicherort für Glukose ist. Schlaf und Muskelmasse stehen somit in wechselseitiger Beziehung (Grafik 1). Insbesondere im höheren Lebensalter kann muskulärer Funktionsverlust zur frühzeitigen Einschränkungen bei Alltagsaufgaben und letztendlich früheren Pflegebedürftigkeit führen. Unter der Annahme, dass Schlaf und Muskelmasse miteinander in Verbindung stehen, wurden Daten der Berliner Altersstudie II (BASE-II) zu Schlafqualität sowie -effizienz von selbstständig und zu Hause lebenden Senioren ausgewertet sowie mögliche Assoziationen mit Muskelmasse, Greifkraft und körperlicher Aktivität untersucht. (ALM/BMI), die 2014 durch das Foundation for the National Institutes of Health (FNIH) Sarcopenia Project definiert wurden, bestimmt (15–17). Die Methoden werden im eKasten detailliert beschrieben. Methoden Schlafcharakteristika Insgesamt 16,4 % der Studienteilnehmer (19,1 % der Frauen und 13,4 % der Männer) bezeichneten die subjektive Schlafqualität als ziemlich schlecht oder sehr schlecht, 16,2 % (19,6 % der Frauen und 12,5 % der Männer) gaben eine schlechte Schlafeffizienz (< 85 %) an. Frauen berichteten somit häufiger als Männer von einer schlechten Schlafeffizienz und schlechten Schlafqualität. Die mittlere Schlafdauer war bei Frauen statistisch signifikant kürzer als bei Männern (6,9 ± 1 Stunden versus 7,1 ± 1 Stunden; p < 0,001), bei längerer selbstberichteter Einschlafdauer (21 ± 25 Minuten versus 15 ± 18 Minuten; p < 0,001). Für die aktuelle Datenanalyse lagen Querschnittsdaten zu Schlafverhalten (Pittsburgh Schlafqualitätsindex), appendikulärer Skelettmuskelmasse (ALM) und Muskelfunktion (Handgreifkraftmessung und Fragebögen zu körperlichen Aktivitäten) von 1 196 Probanden (52,5 % Frauen; 68 ± 4 Jahre) der BASE-II vor. BASE-II ist eine epidemiologische Kohortenstudie, die vorrangig das Ziel verfolgt, Mechanismen von Krankheitsentstehung im Kontext des Alterungsprozesses zu untersuchen (14). Niedrige Muskelmasse wurde anhand der Cut-off-Werte für Body-mass-Index(BMI)-korrigierte Muskelmasse 254 Ergebnisse Insgesamt lagen komplette Querschnittsdaten zu Schlafeffizienz und -qualität sowie zu ALM und BMI von 1 196 Studienteilnehmern (52,5 % Frauen; 68 ± 4 Jahre) vor. Der BMI wurde benötigt, um ALM/BMI zu kalkulieren. Die deskriptive Statistik klinischer Charakteristika und Schlafcharakteristika der Probanden findet sich geschlechtergetrennt in Tabelle 1. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 MEDIZIN Zusammenhang zwischen Cut-off-Werten für Body-mass-Index-korrigierte Muskelmasse und Schlaf Klinische Charakteristika und Schlafcharakteristika der Probanden finden sich geschlechtergetrennt und aufgeteilt auf ALM/BMI Cut-off-Werte in Tabelle 2. Insgesamt unterschritten 77 Frauen (12,3 %) und 106 Männer (18,7 %) die geschlechtsspezifischen ALM/BMI Cut-off-Werte. Der Vergleich zwischen Männern und Frauen in Tabelle 2 ergab, dass Männer signifikant häufiger niedrigere BMI-korrigierte Muskelmasse aufwiesen (< ALM/BMI Cut-off-Werte). Einzelne Schlafcharakteristika wie Einschlafdauer, Aufstehzeit, Bettliegezeit oder Schlafdauer waren weder bei Männern noch bei Frauen mit niedriger Muskelmasse (< ALM/BMI Cutoff-Werte) assoziiert. Lag eine niedrige Muskelmasse vor, berichteten Männer und Frauen häufiger über Beeinträchtigungen bei körperlichen Aktivitäten. Dazu zählten Probleme bei moderaten körperlichen Aktivitäten, beim Treppensteigen und beim Überqueren von Kreuzungen. Ferner ergaben sich bei Probanden beider Geschlechter verringerte Werte für die maximale Handgreifkraft. Insbesondere das Homöostase-Modell der Insulinresistenz (HOMA-IR) als Surrogatmarker für Insulinresistenz, aber auch C-reaktives Protein (CRP) als Inflammationsmarker zeigten erhöhte Werte, wenn ALM/BMI Cut-off-Werte unterschritten wurden und somit eine niedrige Muskelmasse vorlag (Tabelle 2). Zudem konnte bei männlichen Studienteilnehmern mit niedriger Muskelmasse eine signifikant verringerte Schlafeffizienz beziehungsweise Schlafqualität gesehen werden. Diese Ergebnisse zeigten sich auch nach Bonferroni-Korrektur. Zudem war bei Männern das anabole Hormon Testosteron bei niedriger Muskelmasse signifikant verringert. Diese Ergebnisse konnten bei Frauen nicht beobachtet werden. Zusammenhang zwischen Schlafqualität/-effizienz und Muskelmasse, Greifkraft sowie körperlicher Leistungsfähigkeit Im Weiteren wurden mögliche Zusammenhänge zwischen ALM, ALM/BMI, Greifkraft, körperlicher Leistungsfähigkeit und Schlafqualität beziehungsweise -effizienz untersucht (eTabelle). Männer mit subjektiv schlechtem Schlaf beziehungsweise schlechter Schlafeffizienz hatten sowohl eine signifikant geringere ALM als auch eine geringere BMI-korrigierte Muskelmasse (Grafik 2). Die Greifkraft war hingegen weder bei Männern mit schlechter Schlafeffizienz noch mit schlechter Schlafqualität statistisch signifikant verringert. Lediglich selbstberichtete Probleme bei mittelschweren körperlichen Aktivitäten zeigten sich häufiger, wenn eine schlechte Schlafeffizienz vorlag. Frauen mit subjektiv schlechtem Schlaf beziehungsweise schlechter Schlafeffizienz wiesen keine geringere BMI-korrigierte Muskelmasse auf (Grafik 2). Bei schlechter Schlafqualität war jedoch ALM, die nicht auf BMI-korrigierte Muskelmasse, statistisch signifikant verringert. Im Gegensatz zu den männlichen Probanden zeigten sich hierbei jedoch statistisch signifiDeutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 kante Zusammenhänge zwischen schlechter Schlafeffizienz beziehungsweise schlechter Schlafqualität und niedriger Greifkraft (eTabelle). Subgruppenanalyse In der Subgruppenanalyse von 259 Probanden, bei denen zusätzlich Fragen bezüglich schlafstörender Ereignisse (zum Beispiel Schmerzen, Wärme, Kälte, Lärm oder Nykturie) und Schlafmittelkonsum erhoben wurden (62,2 % Männer; 68 ± 4 Jahre), gaben 19,7 % der Probanden Schmerzen, 24,3 % Wärme, 11,2 % Kälte, 15,8 % Husten und 6,7 % Atembeschwerden als Grund für Störungen oder Unterbrechungen des Schlafes mindestens einmal pro Woche an. Frauen berichteten dabei häufiger von Schmerzen als Männer (27,5 % versus 14,9 %; p = 0,016) sowie die Einnahme von Schlafmitteln (12,2 % versus 4,3 %; p = 0,025). Weitere Gründe für Schlafunterbrechungen waren geschlechterunabhängig verteilt. Studienteilnehmer mit niedriger Muskelmasse (< ALM/BMI Cut-off-Werte) und Probanden oberhalb der ALM/BMI Cut-off-Werte litten vergleichbar häufig an schlafstörenden Ereignisse wie beispielsweise Nykturie oder Schmerzen und zeigten ähnliche Beeinträchtigungen bei körperlichen Aktivitäten oder Greifkraft (Daten nicht gezeigt). Die Einnahme von Schlafmitteln war ebenfalls weder mit Greifkraft noch mit Muskelmasse assoziiert. Jedoch war die selbstberichtete körperliche Leistungsfähigkeit bei Frauen deutlich vermindert, wenn Schlafmedikamente verwendet wurden. Eine statistische Signifikanz ergab sich bei der Fähigkeit, mittelschwere Tätigkeiten auszuüben (p = 0,032; Daten nicht gezeigt). Regressionsanalyse Zuletzt wurden Regressionsmodelle berechnet, um die Odds Ratio (OR) von schlechter Schlafqualität (schlecht oder sehr schlecht) und schlechter Schlafeffizienz (< 85 %) bezogen auf ALM/BMI Cut-off-Werte zu bestimmen. Die Ergebnisse der männlichen Studienteilnehmer sind in Tabelle 3 abgebildet. Das Modell mit der aufwendigsten Adjustierung (Modell 3; adjustiert für Alter, Größe, Gewicht, körperliche Aktivität, Komorbiditäten, Depression, Alkoholkonsum, Raucherstatus, Thyreoideastimulierendes Hormon [TSH], Testosteron, HOMA-IR und CRP; R2 nach Nagelkern = 0,581) ergab für Männer eine OR von 2,8; 95-%-Konfidenzintervall [1,1; 6,7] bei schlechter Schlafqualität und eine OR von 4,3 [1,2; 15,1] bei schlechter Schlafeffizienz, unterhalb der ALM/BMI Cut-off-Werte zu liegen. Bei Frauen hingen diese zwei Schlafcharakteristika nicht statistisch signifikant zusammen. Modelle 1–3 wurden erneut mit Greifkraft anstelle von ALM/BMI Cut-off-Werten berechnet (Daten nicht gezeigt). In Modell 1 (p = 0,003) und Modell 2 (p = 0,045) war bei den weiblichen Probanden der Einfluss von schlechter Schlafeffizienz auf Greifkraft signifikant. Diese Ergebnisse wurden im Modell 3 nicht beobachtet (p = 0,084). Schlechte Schlafqualität und Greifkraft waren in keinem Modell signifikant assoziiert. 255 MEDIZIN TABELLE 1 Charakteristika der Studienteilnehmer nach Geschlecht Frauen (n = 628) Männer (n = 568) p Alter (Jahre) 68 ± 4 69 ± 4 0,005 BMI (kg/m2) 26,4 ± 4,6 27,1 ± 3,6 < 0,001 Schlaf Einschlafdauer (min) 21 ± 25 15 ± 18 < 0,001 Aufstehzeit (Uhrzeit ± SD in min) 07:18 ± 59 07:18 ± 63 n. s. Bettliegezeit (Std.) 8,15 ± 0,97 8,11 ± 1,07 n. s. Schlafdauer (Std.) 6,9 ± 1 7,1 ± 1 < 0,001 sehr gut 136 (21,7) 163 (28,7) ziemlich gut 372 (59,2) 329 (57,9) ziemlich schlecht 111 (17,7) 67 (11,8) Schlafqualität (n [%]) sehr schlecht Schlafeffizienz (n [%]) 0,005 9 (1,4) 9 (1,6) sehr gut 386 (61,5) 412 (72,5) ziemlich gut 119 (18,9) 85 (15,0) ziemlich schlecht 66 (10,5) 44 (7,7) sehr schlecht 57 (9,1) 27 (4,8) 86 (87,8) 154 (95,7) 0,025 kein regulärer Schlafmittelkonsum (n [%])* 0,002 Lebensstil/Komorbiditäten (n [%]) regelmäßiger Zigarettenkonsum 50 (8,0) 66 (11,6) < 0,001 regelmäßiger Alkoholkonsum 560 (89,2) 522 (91,9) n. s. Depression 85 (14,4) 49 (9,4) 0,006 Herzinsuffizienz 16 (2,5) 15 (2,6) n. s. koronare Herzkrankheit 17 (2,7) 31 (5,5) n. s. Diabetes mellitus 55 (9,4) 88 (17,6) < 0,001 COPD 36 (5,7) 26 (4,6) n. s. 270 (43,0) 276 (48,6) n. s. ALM (kg) 16,14 ± 2,35 23,93 ± 2,88 < 0,001 ALM/BMI 0,62 ± 0,10 0,89 ± 0,12 < 0,001 max. Handgreifkraft (kg) arterielle Hypertonie Muskelmasse und körperliche Leistungsfähigkeit 26,81 ± 4,94 41,87 ± 6,79 < 0,001 Probleme bei moderater körperlicher Aktivität (n [%]) 150 (24,7) 83 (15,8) < 0,001 Probleme beim Treppensteigen (n [%]) 205 (33,7) 131 (25,0) 0,006 59 (9,7) 34 (6,5) n. s. Probleme beim Überqueren einer Kreuzung (n [%]) Laborparameter TSH (mU/L) 2,1 ± 1,1 1,7 ± 0,58 < 0,001 CRP (mg/L) 2,06 ± 2,82 1,83 ± 2,40 n. s. HOMA-IR 2,15 ± 1,85 2,96 ± 5,59 < 0,001 Testosteron (µg/L) 0,57 ± 0,48 16,49 ± 7,15 < 0,001 SD, Standardabweichung; COPD, chronisch obstruktive Lungenerkrankung; ALM, appendikuläre Skelettmuskelmasse; BMI, Body-mass-Index; ALM/BMI, BMI-korrigierte Muskelmasse; TSH, Thyreoidea-stimulierendes Hormon; CRP, C-reaktives Protein; HOMA-IR, Homöostase-Modell der Insulinresistenz; n. s., nicht signifikant * Daten für 269 Probanden vorhanden; Angaben als Mittelwert ± Standardabweichung oder absoluter und prozentualer Anzahl Diskussion In der aktuellen Analyse einer Gruppe von 1 196 selbstständig und zu Hause lebenden Senioren der BASE-II wurden Zusammenhänge zwischen Muskelmasse und 256 Schlaf gesehen. Die OR, unterhalb der ALM/BMI Cutoff-Werte zu liegen, ergab im Modell 3 bei Männern mit schlechter Schlafqualität 3,64 [1,43; 9,31] und mit schlechter Schlafeffizienz 4,23 [1,20; 14,88]. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 MEDIZIN TABELLE 2 Charakteristika der Studienteilnehmer nach Geschlecht und Cut-off-Werten für Body-mass-Index-korrigierte Muskelmasse Frauen (n = 628) ALM/BMI > 0,512 (n = 551) Männer (n = 568) ALM/BMI < 0,512 (n = 77) p ALM/BMI > 0,789 (n = 462) ALM/BMI < 0,789 (n = 106) p Alter (Jahre) 68 ± 4 69 ± 4 0,050 69 ± 4 69 ± 4 n. s. BMI (kg/m2) 25,7 ± 4,1 31,2 ± 4,8 0,001 26,4 ± 2,9 30,2 ± 4,5 0,001 Einschlafdauer (min) 22 ± 26 17 ± 18 n. s. 14 ± 15 20 ± 28 n. s. Aufstehzeit (Uhrzeit ± SD in min) 07:18 ± 58 07:17 ± 60 n. s. 07:17 ± 60 07:19 ± 75 n. s. Bettliegezeit (Std.) 8,16 ± 0,95 8,03 ± 1,12 n. s. 8,07 ± 1,05 8,27 ± 1,16 n. s. n. s. n. s. Schlafdauer (Std.) 7±1 7±1 131 (28,4) 32 (30,2) 282 (61,0) 47 (44,3) 43 (9,3) 24 (22,6) 1 (1,3) 6 (1,3) 3 (2,8) 340 (61,7) 46 (59,7) 341 (73,8) 71 (67,0) 105 (19,1) 14 (18,2) 66 (14,3) 19 (17,9) ziemlich schlecht 54 (9,8) 12 (15,6) 38 (8,2) 6 (5,7) sehr schlecht 52 (9,4) 5 (6,5) 17 (3,7) 10 (9,4) 67 (84,8) 19 (100,0) n. s. 121 (96,0) 33 (94,3) n. s. 46 (8,3) 4 (5,2) n. s. 59 (12,8) 7 (6,6) 0,024 494 (89,7) 66 (85,7) n. s. 424 (91,8) 99 (92,5) n. s. max. Handgreifkraft (kg) 27,1 ± 4,9 24,7 ± 4,8 < 0,001 42,6 ± 4,8 38,8 ± 6,6 < 0,001 Probleme bei moderater körperlicher Aktivität (n [%]) Schlafqualität (n [%]) 7±1 7±1 sehr gut 121 (22,0) 15 (19,5) ziemlich gut 323 (58,6) 49 (63,6) ziemlich schlecht 99 (18,0) 12 (15,6) 8 (1,5) sehr gut ziemlich gut sehr schlecht Schlafeffizienz (n [%]) kein regulärer Schlafmittelkonsum (n [%])* n. s. n. s. 0,001 0,017 Lebensstil (n [%]) regelmäßiger Zigarettenkonsum regelmäßiger Alkoholkonsum körperliche Leistungsfähigkeit 119 (22,3) 31 (41,7) < 0,001 60 (14) 23 (24,5) < 0,001 Probleme beim Treppensteigen (n [%]) 165 (31) 40 (54,5) < 0,001 92 (21,4) 39 (41,6) < 0,001 Probleme beim Überqueren einer Kreuzung (n [%]) 41 (7,7) 18 (24) < 0,001 23 (5,3) 11 (11,7) 0,026 TSH (mU/L) 2±1 2±4 n. s. 2,2 3,6 n. s. CRP (mg/L) 1,9 ± 2,8 3,2 ± 2,6 < 0,001 1,7 ± 2,5 2,3 ± 2,1 < 0,001 2,0 ± 1,9 3,0 ± 1,9 < 0,001 2,5 ± 3,4 4,8 ± 10,5 < 0,001 0,57 ± 0,48 0,56 ± 0,48 n. s. 16,84 ± 7,04 14,96 ± 7,45 0,014 Laborparameter HOMA-IR Testosteron (µg/L) SD, Standardabweichung; ALM, appendikuläre Skelettmuskelmasse; BMI, Body-mass-Index; ALM/BMI, BMI-korrigierte Muskelmasse; TSH, Thyreoidea-stimulierendes Hormon; CRP, C-reaktives Protein; HOMA-IR, Homöostase-Modell der Insulinresistenz; n. s., nicht signifikant * Daten für 269 Probanden vorhanden; Angaben als Mittelwert ± Standardabweichung oder absoluter und prozentualer Anzahl Bei Frauen hingen schlechte Schlafqualität und ALM ebenfalls zusammen, ALM/BMI oder ALM/BMI Cut-off-Werte waren jedoch nicht mit Schlafqualität oder -effizienz assoziiert. Greifkraft als Maß der Muskelkraft war aber bei Frauen mit schlechter Schlafeffizienz oder Schlafqualität statistisch signifikant verringert. Ergebnisse bezüglich der Greifkraft wurden nicht im Regressionsmodell 3 gesehen. In die Kalkulation der Regressionsmodelle wurden Einflussvariablen beziehungsweise Störgrößen aufgenommen (Tabelle 3, Grafik 1), die sowohl Schlafverhalten als auch Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 Muskelmasse beeinflussen können (26). Muskelmasse nimmt mit zunehmendem Alter ab und ist von Körpergröße sowie -gewicht abhängig (Modell 1). Daneben beeinflussen auch erhöhtes Lebensalter und erhöhter BMI das Schlafverhalten. Körperliche Aktivitäten zählen zu den protektiven, Lebensstilfaktoren wie Alkoholkonsum und Rauchen sowie Komorbiditäten zu den negativen Einflussfaktoren für Muskelmasse/-funktion und Schlaf (Modell 2). Im Modell 3 erfolgte eine Kontrolle auf metabolische (Insulinresistenz; HOMA-IR) und hormonelle Parameter (Testosteron und TSH; Modell 3) (27). 257 MEDIZIN GRAFIK 2 a) Frauen Männer 1,50 p = 0,001 Frauen Männer 1,30 1,30 1,10 1,10 ALM/BMI ALM/BMI 1,50 0,90 0,90 0,70 0,70 0,50 0,50 b) 0,30 „schlechte“ oder „sehr schlechte“ Schlafqualiät „gute“ oder „sehr gute“ Schlafqualität p = 0,017 0,30 Schlafeffizienz ≥ 85 % Schlafeffizienz < 85 % Abhängigkeit der Muskelmasse (ALM/BMI) von Schlafqualität (a) und Schlafeffizienz (b) bei Männern und Frauen ALM, appendikuläre Skelettmuskelmasse; BMI, Body-mass-Index; ALM/BMI, BMI-korrigierte Muskelmasse; Schlafqualität, selbstberichtete Schlafqualität; Schlafeffizienz, prozentualer Anteil der Schlafenszeit an der im Bett verbrachten Zeit Die unterschiedlichen Ergebnisse zwischen Männern und Frauen können aufgrund des Querschnittdesigns nicht eindeutig geklärt werden. Insulinresistenz, die sich insbesondere bei Männern mit verringerter Schlafdauer entwickelt, aber auch andere metabolische und hormonelle Veränderungen könnten eine wichtige Rolle spielen (28, 29). Zudem existieren Hinweise, dass der BMI infolge einer verringerten Schlafdauer zunehmen kann. Die Erhöhung des BMI zeigt sich bei Männern als monotoner Trend (erhöhter BMI bei verringerter Schlafdauer), wohingegen bei Frauen ein U-kurveförmiger Zusammenhang mit der Schlafdauer vorliegt (29). Da sich unsere Ergebnisse auch auf die BMI-korrigierte Muskelmasse beziehen, könnte dies zu den unterschiedlichen Werten zwischen Männern und Frauen beigetragen haben. Auch die Ergebnisse der Handgreifkraft, die positiv mit dem BMI assoziiert waren, können dementsprechend beeinflusst worden sein (30, 31). Männer hatten einen signifikant höheren BMI als Frauen (Tabelle 1). Die aktuelle Datenanalyse von selbstständig und zu Hause lebenden Senioren mit wenig Komorbiditäten basierend auf Einzelfragen des standardisierten Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI)-Schlaffragebogens zeigt jedoch, dass schlechte Schlafeffizienz und/oder schlechte Schlafqualität im höheren Lebensalter häufig berichtet werden (schlechte Schlafqualität bei 16,4 %; schlechte Schlafeffizienz bei 16,2 %). Eine Subgruppenanalyse von 269 Probanden, bei denen zusätzlich Daten zu Schlafmittelkonsum und schlafstörenden Ereignissen (Fragen aus dem PSQI-Fragebogen) erhoben wurden, ergab zudem, dass schlafstörende Ereignisse, nächtliche Wachphasen und regelmäßiger Schlafmittelkonsum ernstzunehmende Probleme sind. Diese Tatsa- 258 che spielt insbesondere in Hinblick auf die Hauptergebnisse der Studie eine wichtige Rolle: Schlechte Schlafqualität und -effizienz sind mit verringerter Muskelmasse beziehungsweise verringerter Greifkraft assoziiert. Die Ergebnisse der Auswertung stehen dabei im Einklang mit aktuellen Arbeitshypothesen. Studienteilnehmer mit verringerter Schlafzeit oder ineffizientem Schlaf, insbesondere im Rahmen der Schlafapnoe, weisen hormonelle oder metabolische Veränderungen auf (e7–e10, 12, 28, 32, 33). Hormone wie Testosteron oder IGF-1 werden hierbei herunter- und Kortisol heraufreguliert (e10, 33). Dabei ist insbesondere IGF-1 ein zentraler Faktor bei der Proteinsynthese im Muskel. Ein IGF-1-Mangel enthemmt die Wachstumshormonsekretion und fördert eine Insulinresistenz. Diese gilt als wichtiger Mediator für den Verlust von Muskelmasse und Muskelkraft beziehungsweise die Entwicklung von funktionellen Einschränkungen im Alter (34, 35). Auch in der vorliegenden Analyse waren die Werte von HOMA-IR als Marker für Insulinresistenz bei Probanden unterhalb des ALM/BMI Cut-off-Wertes angestiegen. Der Inflammationsparameter CRP, der auch in unserer Auswertung bei Probanden unterhalb des ALM/BMI Cut-off-Wertes erhöht war, wird ebenfalls im Kontext von Muskelabbau diskutiert (36). Bei Studienteilnehmern unter Schlafentzug wurde bereits beobachtet, dass sich die Muskelmasse verringert und die Muskulatur abbaut (37, 38). Analysen unserer Arbeitsgruppe belegten, dass die ALM/BMI Cut-off-Werte auch im Zusammenhang mit Frailty und körperlicher Leistungsfähigkeit für die Gruppe der BASE-II Probanden anwendbar sind (22). Eine Korrektur auf Körpergröße und -gewicht, wie Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 MEDIZIN TABELLE 3 Relatives Risiko für geringe Muskelmasse in Abhängigkeit von Schlafqualität und -effizienz bei Männern Modell 1 OR, 95-%-KI p-Wert Modell 2 OR, 95-%-KI p-Wert Modell 3 OR, 95-%-KI*3 p-Wert schlechte Schlafeffizienz*1 3,6 [1,2; 10,1] 0,021 3,7 [1,1; 12,1] 0,031 4,3 [1,2; 15,1] 0,025 schlechte Schlafqualität*2 2,6 [1,3; 5,4] 0,007 2,4 [1,1; 5,2] 0,034 2,8 [1,1; 6,7] 0,026 KI, Konfidenzintervall; OR, Odds Ratio; TSH, Thyreoidea-stimulierendes Hormon; HOMA-IR, Homöostase-Modell der Insulinresistenz; CRP, C-reaktives Hormon *1 Schlafeffizienz < 85 %; *2 subjektive Schlafqualität ziemlich schlecht oder sehr schlecht; *3 R2 (nach Nagelkern) = 0,581 Modell 1: Alter, Größe, Gewicht Modell 2: Model 1 + körperliche Aktivität + Komorbiditäten (Morbiditätsindex) + Lebensstilfaktoren (Alkoholkonsum und Raucherstatus) Modell 3: Model 2 + Depression, Laborparameter (TSH, Testosteron, HOMA-IR und CRP) McLean et al. und andere vorgenommen haben, spiegelt Limitationen bei körperlicher Leistungsfähigkeit sowie die Handgreifkraft besser wieder und ist somit ein geeigneterer Marker für klinisch relevant niedrige Muskelmasse (15, 16, 39). Dennoch muss bedacht werden, dass der Einsatz fester Cut-off-Werte für ALM/ BMI im Einzelfall auch die Ergebnisse verzerren kann, da ein identischer BMI bei verschiedenen Phänotypen – in Bezug auf Größe, Gewicht und Muskelmasse – auftreten kann. Bei identischem BMI mit stark abweichenden Körpergrößen treten unterschiedliche BMIgewichtete ALM-Werte auf. Dementsprechend wurden in unserer Analyse auch unabhängig von diesen festen Cut-off-Werten Assoziationen zu Muskelmasse und Greifkraft untersucht. Eine verringerte Muskelmasse spielt im höheren Lebensalter eine entscheidende Rolle und ist nicht nur mit der Bewältigung von Alltagsaktivitäten, sondern auch mit geriatrischen Syndromen wie Frailty oder Sturz assoziiert. Somit nimmt die verringerte Muskelmasse ein zentrales Themengebiet der Altersmedizin ein (22, 40). Inwiefern sich der Schlaf auf die Aufrechterhaltung von Muskelmasse auswirkt, ob die Muskelmasse den Schlaf beeinflusst beziehungsweise eine positive Beeinflussung des Schlafverhaltens zur Aufrechterhaltung von Muskelmasse beiträgt, kann aufgrund der aktuellen Querschnittsuntersuchung nicht eindeutig geklärt und sollte an longitudinalen Untersuchungsergebnissen verifiziert werden. Schlafqualität entscheiden. Somit ist möglich, dass die tatsächliche Schlafqualität über- oder unterbewertet wurde. Gleiches gilt für die Fragen nach körperlichen Aktivitäten und körperlicher Leistungsfähigkeit. Die körperliche Aktivität wurde lediglich durch Befragung analysiert, aber nicht durch andere Messinstrumente, zum Beispiel Aktinograph, objektiviert. Schlafstörende Ereignisse und Schlafmittelkonsum konnten nur mittels der Daten einer Teilstichprobe von 269 Probanden ermittelt werden. Somit war es nicht möglich, für die gesamte Studienpopulation die PSQI Cut-off-Werte auszuwerten. Werden diese schlafstörenden Ereignisse in unsere Berechnungen einbezogen, ändern sich die Ergebnisse jedoch nicht. Zuletzt handelt es sich bei BASE-II nicht um eine Zufallsstichprobe der Bevölkerung: Die Befragten sind im Durchschnitt gesünder und gesundheitsbewusster als die allgemeine Bevölkerung (14). Erkrankungen wie die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und die koronare Herzkrankheit sind unterrepräsentiert, wodurch die Ergebnisse dieser Studienpopulation nicht uneingeschränkt auf die Gesamtbevölkerung übetragen werden können. Aus unserer Sicht wäre zu erwarten, dass in einer Kohorte mit mehr Komorbiditäten die Prävalenz für Funktionseinschränkungen steigt und die in der vorliegenden Studie gefundenen Zusammenhänge tendenziell ausgeprägter sind. KERNAUSSAGEN Limitationen Unsere Ergebnisse unterliegen einigen Limitationen. Die Daten der Schlafqualität sowie -effizienz sind selbstberichtete und damit subjektive Informationen aus einem Fragebogen. Durch die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten zu Schlafqualität konnten Studienteilnehmer nur zwischen den folgenden Kategorien entscheiden: ● sehr schlecht ● ziemlich schlecht ● ziemlich gut ● sehr gut. Die Gruppe der Probanden, die zwischen den Kategorien ziemlich schlecht und ziemlich gut schwankte, musste sich somit für die Kategorie schlechte oder gute Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 ● Die Prävalenz von schlechter Schlafqualität und verminderter Schlafeffizienz im fortgeschrittenen Lebensalter (> 60 Jahre) ist hoch. Frauen sind dabei stärker betroffen als Männer. ● Schlechte Schlafqualität und geringe Schlafeffizienz sind bei älteren Menschen nicht nur mit Funktionseinschränkungen wie Verminderung von Greifkraft und körperlicher Aktivität, sondern auch mit Muskelmasse und -funktion assoziiert. ● Unerholsamer Schlaf ist genauso wie verringerte Muskelmasse mit metabolischen (Insulinresistenz) und hormonellen Veränderungen assoziiert. 259 MEDIZIN Interessenkonflikt PD Dr. Norman bekam Studienunterstützung (Drittmittel) von Nutricia, einer spezialisierten Healthcare-Sparte des Nahrungsmittelkonzerns Danone. Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. Manuskriptdaten eingereicht: 24. 6. 2015, revidierte Fassung angenommen: 7. 12. 2015 LITERATUR 1. Foley DJ, Monjan AA, Brown SL, Simonsick EM, Wallace RB, Blazer DG: Sleep complaints among elderly persons: an epidemiologic study of three communities. Sleep 1995; 18: 425–32. 2. 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Nikolaus Buchmann Forschungsgruppe Geriatrie Charité – Universitätsmedizin Berlin Reinickendorfer Str. 61 13347 Berlin [email protected] Zitierweise Buchmann N, Spira D, Norman K, Demuth I, Eckardt R, Steinhagen-Thiessen E: Sleep, muscle mass and muscle function in older people—a cross-sectional analysis based on data from the Berlin Aging Study II (BASE-II). Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 253–60. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0253 @ The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.de Zusatzmaterial Mit „e“ gekennzeichnete Literatur: www.aerzteblatt.de/lit1516 oder über QR-Code eKasten, eTabelle: www.aerzteblatt.de/16m0253 oder über QR-Code Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 MEDIZIN Zusatzmaterial zu: Schlaf, Muskelmasse und Muskelfunktion im Alter Querschnittsanalyse auf Basis der Daten der Berliner Altersstudie II (BASE-II) Nikolaus Buchmann, Dominik Spira, Kristina Norman, Ilja Demuth, Rahel Eckardt*, Elisabeth Steinhagen-Thiessen* Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 253–60. DOI: 10.3238/arztebl.2016.0253 eLITERATUR e1. Schlack R, Hapke U, Maske U, Busch M, Cohrs S: Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2013; 56: 740–8. e2. Mazza M, Della Marca G, De Risio S, Mennuni GF, Mazza S: Sleep disorders in the elderly. Clin Ter 2004; 155: 391–4. e3. Cooke JR, Ancoli-Israel S: Normal and abnormal sleep in the elderly. In: Vinken PJ, Bruyn GW (eds.): Handbook of clinical neurology. Amsterdam: Elsevier B. V. 2011; 98: 653–65. e4. Goel N, Rao H, Durmer JS, Dinges DF: Neurocognitive consequences of sleep deprivation. 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Bei einer Untergruppe von 269 Probanden (62,2 % Männer; 68 ± 4 Jahre) waren zudem Informationen zu schlafstörenden Ereignissen, unter anderem Schmerzen, Hitze, Kälte und Lärm, sowie zur Einnahme von schlaffördernden Medikamenten vorhanden. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Charité – Universitätsmedizin Berlin genehmigt (Zulassungsnummer EA2/029/09). ● Schlafverhalten Um das Schlafverhalten zu erfassen, wurden Fragen aus dem Pittsburgh Schlafqualitätsindex (PSQI) verwendet (18, 19). Der PSQI erfasst über den Zeitraum der letzten vier Wochen, wie die Probanden die Schlafqualität (sehr gut, ziemlich gut, ziemlich schlecht, sehr schlecht), gewöhnliche Schlafzeiten, Schlafdauer, Einschlafdauer und Aufstehzeit einschätzen. Die Schlafeffizienz wurde definiert als der Anteil der Schlafenszeit (Zeit, in der geschlafen wurde) während der nächtlich im Bett verbrachten Stunden (Zeit vom „ins Bett gehen“ bis zum Aufstehen inklusive geschlafener und wach im Bett verbrachter Zeit). Über 85 % der Probanden bewerteten die Schlafeffizienz als schlecht (e5, e6, 20). Die PSQI-Komponenten Schlafqualität, Schlafeffizienz, Schlaflatenz und Schlafdauer wurden bei allen untersuchten Teilnehmern erfragt. Einer Untergruppe von 269 Probanden wurde der komplette PSQI-Fragebogen mit zusätzlichen Informationen zu Schlafstörungen (Schmerzen, Lärmbelästigung, Kälte, Wärme, nächtliches Husten, häufiges Aufwachen oder Atembeschwerden), Schlafmittelkonsum und Tagesschläfrigkeit vorgelegt. ● körperliche Aktivität Wir verwendeten den Rapid Assesment of Physical Activity (RAPA)-Fragebogen, um die körperliche Aktivität zu bestimmen (21). In diesem Fragebogen wird erfasst, wie häufig pro Woche und wie lange (mehr/weniger als 20/30 Minuten/Tag) leichte, mittelschwere oder schwere körperliche Aktivität durchgeführt wird. Falls mehrere Fragen bejaht wurden, wurde die höchstmögliche Gruppe ausgewählt. Die Probanden wurden zudem nach Einschränkungen bei mittelschweren körperlichen Anstrengungen, beim Steigen mehrerer Treppenstufen, beim Überqueren mehrerer Kreuzungen, beim Heben und Tragen oder beim Beugen und Knien befragt, damit auch Beeinträchtigungen bei körperlichen Aktivitäten ermittelt wurden. Als Antwortmöglichkeiten konnten keine, leichte oder schwerwiegende Beschwerden angegeben werden. Als Maß für die Muskelkraft wurde die maximale isometrische Handgreifkraft mittels eines Smedley Dynamometers gemessen (Scandidact, Dänemark). ● Körperzusammensetzung Die Körperzusammensetzung wurde mittels Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DXA) bestimmt. Für die Messung und Analyse der röntgendiagnostisch erhobenen Daten wurde das Gerät Hologic QDR DiscoveryTM und die Software APEX Version 3.0.1 verwendet. Durch diese Messmethode kann Fett- von Magermasse (Muskel- und Knochenmasse) unterschieden werden. Als Maß für die Muskelmasse wurde die appendikuläre Skelettmuskelmasse (ALM) in Kilogramm als die Summe der Magermasse von Armen und Beinen (ohne Knochenmasse) berechnet. Um die BMI-korrigierte Magermasse zu ermitteln, wurde der Quotient aus ALM und BMI (ALM/BMI) gebildet. Ein Wert von ALM/BMI < 0,512 bei Frauen und ALM/BMI < 0,789 bei Männern galt als niedrige Muskelmasse, die mit einem erhöhten Risiko für Funktionseinschränkungen (verminderte Greifkraft beziehungsweise Ganggeschwindigkeit) einhergehen kann (nach Foundation for the National Institutes of Health [FNIH]) (15, 22). Da diese Cut-off-Werte nicht für jüngere Personen validiert sind, wurden lediglich die Daten der älteren BASE-II-Probandengruppe herangezogen. ● laborchemische Untersuchungen Nach einer mindestens achtstündige Fastenperiode erfolgte eine umfangreiche laborchemische Blutuntersuchung. Der Glukosespiegel wurden mittels photometrischer Messmethode und HbA1c mittels Ionenaustausch-Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) bestimmt. Das Thyroideastimulierende Hormon (TSH) und Testosteron wurden durch Elektro-Chemilumineszenzimmunoassay (ECLIA) erfasst. Die Insulinresistenz wurde über den Nüchtern-Glukose- und Insulinspiegel im Homöostase-Modell der Insulinresistenz (HOMA-IR) als Nüchtern-Glukose (mg/dL) × Nüchtern-Insulin (mU/mL)/405 berechnet. Die Konzentration des C-reaktiven Proteins (CRP) wurde in Serumproben mit einem Immunoassay-Test bestimmt. ● Alkoholkonsum, Rauchverhalten und Komorbiditäten In der ärztlichen Anamnese wurden Alkoholkonsum (Menge und Häufigkeit) und Rauchgewohnheiten (aktuell/Ex-Raucher/nie) ermittelt. Die Diagnose eines Typ-2-Diabetes konnte durch Laboruntersuchungen und bei Studienteilnehmern ohne bekannte Diagnose eines Typ-2-Diabetes mittels eines oralen Glukosetoleranztests (oGTT) nach den Vorgaben der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) objektiviert werden (Nüchtern-Blutzuckerwerte von > 126 mg/dL; 2-Stunden-Werte > 200 mg/dL oder HbA1c-Level > 6,5 %) (23). Die Prävalenz von weiteren Erkrankungen wie zum Beispiel Depression, koronare Herzkrankheit, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder bösartige Erkrankungen wurde durch eine ärztliche Anamnese anhand eines Prüfbogens bestimmt. Um diese und andere Krankheiten in den Analysen zu berücksichtigen, wurde ein Morbiditätsindex verwendet, der auf Kategorien des Charlson-Komorbiditätsindex basiert und schon früher von uns beschrieben wurde (24, 25). Außerdem wurde eine anamnestische Depression, die sowohl Schlaf als auch Muskelmasse beeinträchtigen könnte, in die Berechnungen aufgenommen. II Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 | Zusatzmaterial MEDIZIN ● statistische Auswertung Die statistische Auswertung erfolgte mit IBM SPSS Version 21 (Armonk, NY: IBM corp.). Zunächst wurde eine deskriptive Datenanalyse durchgeführt (Tabelle 1). Mittels Kolmogorov-Smirnov-Test wurde überprüft, ob die involvierten Variablen normalverteilt sind. Die weitere explorative Auswertung normalverteilter Variablen wurde durch parametrische Tests (t-Test), die nicht normalverteilter Variablen mit Hilfe nichtparametrischer Tests (Mann-U-Test) durchgeführt. Ein p-Wert < 0,05 wurde als signifikant gewertet. Bei mehrfachen Vergleichen derselben Probandengruppe (Tabelle 2) erfolgte für die Hauptzielkriterien Schlafqualität und Schlafeffizienz eine Bonferroni-Korrektur, woraufhin ein p-Wert < 0,025 als statistisch signifikant galt. Die Ergebnisse des Mann-U-Tests sind im Boxplot (Grafik 2) bezüglich des Mittelwertvergleichs von BMI-korrigierter Muskelmasse für die Hauptzielkriterien Schlafqualität und Schlafeffizienz grafisch abgebildet. Der Chi²-Test wurde verwendet, um Gruppenunterschiede in Häufigkeitsverteilungen zu bestimmen. Hierauf wurden binär logistische Regressionsmodelle berechnet, um die Odds Ratio für Probanden mit schlechter Schlafeffizienz (Schlafeffizienz < 85 %) oder schlechter Schlafqualität (ziemlich schlecht oder sehr schlecht) zu ermitteln, eine niedrige Muskelmasse (< der geschlechtsspezifischen ALM/BMI der FNIH) aufzuweisen. Die Modelle wurden für Alter, Größe, Gewicht, körperliche Aktivität, Komorbiditäten, Depression, Alkoholkonsum, Raucherstatus, TSH, Testosteron, HOMA-IR und CRP adjustiert (Tabelle 3) (Modell 3). Zuletzt wurden Modelle 1–3 erneut mit Greifkraft als abhängige Variable berechnet (lineare Regressionsmodelle). Deutsches Ärzteblatt | Jg. 113 | Heft 15 | 15. April 2016 | Zusatzmaterial III