Klassenzugehörigkeiten

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Klassenzugehörigkeiten
Wie unschwer zu registrieren ist hat in der politisch medialen Landschaft das
Klassendenken zu einem Ende gefunden. Zumindest glaubt eine nicht
unbedeutende Gruppierung der Medienschreiber dieses in dieser Form einem
breiten Publikum mit Erfolg verkaufen zu können. Sie könnten zum Teil Recht
behalten. Denn in Wirklichkeit ist es genau anders herum wie früher, als eine
organisierte Arbeiterschaft gegen einzelne Unternehmer zu kämpfen begann und
als Mittel der Auseinandersetzung die organisierten Formen erfand:
Gewerkschaften, linke Parteien, Räte und Vereinigungen. Heute sind die
Unternehmer organisiert, bilden für sich ein Klassenbewusstsein und haben mit
großem Einsatz und viel Geld ihre Organisationen aufgebaut. Aber deren
Motivation geht viel weiter. Es genügt ihnen nicht, sich selbst zu
organisieren, sondern sie zerstören und vereinzeln mit großem Erfolg die
Organisationen ihrer widerstrebenden Belegschaften.
Auch das alte Rechts-Links Schema der politischen Auseinandersetzung beruhte
auf dem heute schon in Vergessenheit geratenen Klassenbewusstsein der
Arbeitnehmerschaften und dem Konkurrenzdenken der Arbeitgeber [1. Wie schon
die Definition der Begriffe zeigt, hat hier eine Umdeutung stattgefunden,
denn der Arbeitnehmer von heute gibt bzw. verkauft seine Arbeitskraft,
während der heutige Arbeitgeber diese Leistung annimmt und daraus Profite
generiert. Durch die Umdeutung wird suggeriert, dass man als Nehmender dem
Gebenden dankbar sein müsse. Das verhindert die Herausbildung einer
kämpferischen Arbeiterschaft.] untereinander. Heute sind die politischen
Sektionen in einer anderen Ausprägung vorhanden, da in der zunehmend
arbeitsteiligen Lebenswelt keine einfachen Positionierungen mehr möglich
sind. Die Menschen in ein einfaches Schema pressen zu wollen geht nicht mehr.
Deshalb ist auch die Rechts-Mitte-Links-Einteilung von Parteien oder
Gruppierungen vollkommen unsinnig. Auch Populismus und Nicht-Populismus ist
hier kein passendes Schema.
Wir müssen uns heute mit politischen Sektionen und deren Zielrichtungen
beschäftigen. Die erste Sektion, die Wirtschaftspolitik, zeigt am Beispiel in
Deutschland in verschiedenste Ausrichtungen: Da sind mehrere polare Paare zu
erkennen:
Protektionistisch versus Globaler Markt und/oder regulierter versus
deregulierter Markt
Angebot oder Nachfrage orientiert; Konsum versus Exportorientierung
Nachhaltige Systeme mit festen Angestellten oder kurzfristige
Profitorientierung mit vielen Zeit- und Leiharbeitnehmern.
Die nächste Sektion, die Sozial- und Gesundheitspolitik, beschäftigt sich mit
Systemen, mit denen Kinder, alte Menschen, kranke und arbeitslos gewordene
Menschen so versorgt und aufgefangen werden können, das ihnen eine definierte
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Hier stehen zwei große
Richtungen in der Diskussion:
Wer scheitert, krank wird oder arm ist, ist selbst schuld und bekommt
lediglich eine minimale Versorgung. Mit Förderung, Forderungen und
Sanktionen wird versucht, diese Menschen zu beschäftigen. Dem gegenüber
steht die Idee, alle Bürger mit einer ausreichenden Versorgung zu
versehen mit dem Ziel, Prekariatbildungen zu vermeiden.
Eine weitere sehr wichtige Sektion ist die Außen- und Bündnispolitik. Hier
gehen die Ansichten in Deutschland auf sehr vielen Wegen:
Da ist der große Punkt NATO, deren Mitgliedschaft und die Beteiligung an
Kriegseinsätzen
Dann gibt es rein europäisch ausgerichtete Friedensordnungen, die
Russland oder auch die Türkei mit ein- oder auch ausschließen, welche,
die sich rein Atlantisch denken (EU plus Amerika plus GB) und andere,
die zur alten Ordnung früherer Zeiten (Völker) zurückstreben.
Und dann gibt es die einfachen Gemüter, die „Wir sind die Guten, wir
dürfen alles“ gut finden und andere ansehen als „die Bösen, die an allem
Schuld sind“.
Dann gibt es noch die große Sektion Innen-, Sicherheits- und Rechtspolitik,
in der wiederum unversöhnliche Positionen gefunden werden können:
Die Freiheit des Einzelnen kann für das kollektive Sicherheitsbestreben
mehr oder weniger weit eingeschränkte und beschnitten werden mit den
Bestrebungen zu mehr Überwachung, mehr Kontrolle und weitere
Reglementierungen. Dem gegenüber steht eine mehr liberale Position, die
Einschränkungen der persönlichen Freiheit grundsätzlich ablehnt.
Weiterhin sind wichtige Felder die Einwanderungs- und Asylpolitik, die
jeweils pro oder kontra sein kann.
Als großes Feld stellt sich immer mehr heraus die Ungleichheit vor dem
Gesetz (arm-reich) sowie die gesellschaftliche Positionierung der
Angestellten dieser Sektion, die sich relativ oft an bürgerlichen und
nationalistischen Gedankengut zu orientieren scheinen.
Ein weiteres Feld ist die Einbindung sogenannter moderner Systeme ins
Rechtsgefüge wie Sozialmedia, wirtschaftliche Internetaktivitäten und
international agierende Konzerne. In diesen Feldern ist ein Schema
bisher nicht zu erkennen.
In diesen vier Sektionen ist eine einheitliche politische Eingruppierung
nicht möglich. Am Beispiel der FDP wird deutlich, welche Facetten schon eine
kleine Partei auf sich vereinigen kann: Da stehen neben der neoliberalen
Ausrichtung der Wirtschaft (mehr rechts) und einer eher repressiven
Sozialpolitik (deutlich rechts) durchaus linke Positionen in der innen- und
außenpolitischen Ausrichtung gegenüber. In den großen Parteien sind durch
Flügelbildungen und Gesprächskreise nahezu alle Varianten in Gestalt
einzelner Mitglieder vorhanden. Hier einen Versuch zu starten, ob eine Partei
links oder rechts ausgerichtet sei, ob sie Arbeitnehmer- oder
Arbeitgeberpositionen vertritt oder ob sie sich für den Frieden sinnvoll
einsetzt ist erst auf den x-ten Blick zu erkennen. In manchen politischen
Feldern steht die SPD recht von der CDU, steht die Linkspartei (besonders in
östlichen Bundesländern) auf einer Stufe mit der SPD, ist die AfD keine
Alternative zu bestehenden Parteien, sondern eine zusätzliche
rechtskonservative Partei und könnte dort auf einer Stufe mit der CSU
gefunden werden.
Wo kann sich also der Bürger noch politisch einordnen? Ihm wird nichts
anderes übrigbleiben als sich gut und umfassend (bedeutet immer über pro und
kontra-Positionen) zu informieren [2. Eine Liste alternativer
Informationsquellen erarbeite ich gerade. Sie kommt nach Fertigstellung
unverzüglich als Blogbeitrag.] und sich so in die Lage zu versetzen, das
Dunkel zu lichten. Und er wird sich an die Vorgehensweise gewöhnen müssen,
das immer wiederkehrende „kleinere Übel“ zu wählen. Und die Auswahl dazu
sollte jeder für sich selbst und aus seiner Situation heraus vornehmen. Und
natürlich spielt auch ein wie immer vorhandenes Gewissen mit in die Wahl
hinein.
Ich für meinen Teil als fest angestellter Arbeitnehmer und kurz vor dem
Renteneintritt wähle keinen, der meine künftige Rente kürzt, wähle keinen,
der Menschen in den Krieg schickt, auf der Flucht ertrinken oder in der Wüste
verhungern lässt. Und ich bin für viel Gerechtigkeit in der Fassung unseres
Grundgesetzes: Jeder Mensch besitzt Würde und ist wie alle anderen vor dem
Gesetz gleich! Und ich bin ein großer Fan der UN-Charta. Und sollten dann bei
der Überprüfung der Parteien für meine Wunschvorstellung nur noch die
„Violetten“ übrigbleiben, dann wähle ich halt diese Partei. Wenn viele so
denken, dann kommen auch bisher unbekannte Gruppen zu mehr Einfluss. Ich
fände das gut, denn mit den Etablierten ist heute bezüglich Verbesserungen
nur noch wenig zu holen. Im Gegenteil: Es kann mit denen nur schlechter
werden.
Nehmen Sie bitte Ihr Wahlrecht sehr ernst. Ihre Gegner tun es auch.
Zu sagen, da passiert eh nichts und dann nicht wählen gehen spielt ihren
Gegnern in die Hände. Sie beschließen nach der Wahl Gesetze, die gegen die
Mehrheit der Bevölkerung gerichtet sind, also genau gesagt: gegen Sie.
Schauen Sie daher genau hin…
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