KOLUMNENTITEL RECHTS ISLAMISCHE ARCHITEKTUR Man kann nach ihren Funktionen sechs verschiedene Arten von muslimischen Bauten unterscheiden: Moschee, Ma- drasa, Mausoleum, Karawanserei, Palast und Wohnhaus. Diese Gebäude haben verschiedene Funktionen zu erfüllen, die unterschiedliche architektonische Erfordernisse erfül- len müssen. Je einfacher diese Funktionen sind, umso mehr Gestaltungsfreiheit haben Baumeister und Bauherren. 2 ||| KOLUMNENTITEL LINKS ||| 3 DIE ARABISCHE HOF- UND SÄULENMOSCHEE „Die Orte, die Gott in einer Stadt am meisten schätzt, sind die Moscheen, und die Orte, die er am meisten verabscheut, sind die Märkte.“ In der Regel findet man vor dem Eingang zur einen Lehrer, der mit dem Rücken an einer der Arka- Freitagsmoschee eine mehr oder weniger aufwendige densäulen lehnt, (Sitz-)Kreise (halqa) von Studenten, Waschanlage für die Beter. Diese muss eine entspre- die ihrem Lehrer aufmerksam zuhören. Die Arkaden chende Größe haben, um der Vielzahl der Gläubigen dienen aber auch dazu, sich zu vertraulichem Ge- Gelegenheit zur rituellen Reinigung zu bieten. Die spräch zurückzuziehen oder einfach nur auszuruhen. Freitagsmoscheen werden in vielen Fällen durch MI- Der Moscheehof selbst wird wie die Musalla während ergänzt. Ein Minarett ist jedoch kein konsti- des Freitagsgottesdienstes von den Betern genutzt. Bei Vom M I N A R E T T lässt der Muezzin tutiver Teil einer Moschee. Die frühesten Moscheen anderer Gelegenheit ist er nichts anderes als ein Kom- den Gebetsruf erschallen. hatten keine Minarette. Auch heute noch existieren munikationsort von Gläubigen und Verkehrsweg. NARETTE DIE MOSCHEE – ORT DES GEBETS Moscheen, bei denen der Gebetsruf von einem erhöh- Die ersten bedeutenden großen Moscheen wur- ten Teil des Bauwerks gerufen wird, der nicht als spe- den während der Dynastie der Omayyaden errichtet. zieller Turm zu erkennen ist. Die Zahl der Minarette Besonders hervorzuheben ist neben der Omayyaden- ist nicht durch rituelle Vorgaben festgelegt. Die Viel- moschee in Damaskus der Felsendom (Qubbat al- zahl von Minaretten, die an großen Moscheen zu be- Sahra) in Jerusalem. Er wurde über einem Felsbrocken obachten sind, hängt mit späteren Traditionen und errichtet, auf dem nach islamischer Tradition Abra- dem Prestigedenken der Bauherren zusammen. ham seinen Sohn Ismael opfern sollte. Die Verbindung Ausgerechnet das wichtigste religiöse Bauwerk des Bei der Größe vieler Städte in der islamischen Man hat für die Moscheebauten im nah- und zum Leben des Propheten Muhammad erfolgt durch Islams, die Moschee, bietet die meisten Freiheiten. Welt können selbst riesige Moscheebauten wie die mittelöstlichen Raum drei verschiedene Architektur- die Überlieferung, dass er nach der ‚Nachtreise’ von Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen von von Casablanca in Marokko mit 250 000 Plätzen nicht typen unterschieden: die arabische Hof- und Säulen- Medina nach Jerusalem von diesem Felsen aus seine muslimischen Gebetsbauten: Masjid, von dem sich der Gesamtbevölkerung Raum für das Gebet bieten. moschee, die persische Iwan-Moschee und die Himmelsreise (mi´raj) angetreten haben soll. Auf- versammeln sich alle Gläubigen auch das deutsche Wort Moschee ableitet, und J A M I ’ , In diesen Megalopolen finden sich daher zahlreiche türkische Kuppel-Moschee. grund dieser Berichte gilt den Muslimen dieser Platz zum freitäglichen Gemeinschafts- Freitagsmoschee. In der Regel handelt es sich um ein- Freitagsmoscheen. In der Moschee befindet sich der gebet. In der Regel gibt es in einer fache Gebäude, die sich nur durch eine architektoni- Besucher außerhalb der säkularen Welt. Schon wenn DIE ARABISCHE HOF- UND SÄULENMOSCHEE Überraschend ist die Innenausstattung des Fel- In der F R E I TA G S M O S C H E E als dritter heiliger Ort des Islams. MIHRAB. er durch das Tor den Moscheehof betritt, hat er diese Die arabische Hof- und Säulenhallenmoschee wird sendoms, zumal Teile noch aus der frühesten Entste- Diese Gebetsnische kann an der Außenwand wie eine verlassen und zieht die Schuhe aus. Das geschieht gemeinhin als Nachbildung des Wohnhauses des Pro- hungszeit stammen. Hier ist der formale Bezug zur M I H R A B nennt man die Apsis zu erkennen sein. Vielleicht finden sich vor dem auch, wenn er nicht hierhergekommen ist, um zu pheten Muhammad in Medina angesehen. Deutlich christlichen Kunst in Syrien und Palästina augenfällig. Gebetsnische, die die Gebäude Waschgelegenheiten für die rituelle Reini- beten. Die Trennung von säkularer und spiritueller sind die Bezüge auf die traditionellen mediterranen Geschaffen wurde die Innenausstattung wie die der Gebetsrichtung anzeigt. gung. Da viele Beter die Waschungen aber schon zu Sphäre beim Eintritt in die Moschee lässt sich auch vorislamischen Wohnhausformen. Der Gebetsraum großen Moschee von Damaskus durch die Hand von Stadt nur eine Freitagsmoschee sche Besonderheit auszeichnen, durch den Hause durchführen, ist diese Einrichtung nicht zwin- mit einem Ausspruch des Propheten Muhammad ver- besteht aus einer beliebigen Anzahl von Schiffen, die byzantinischen Handwerkern und Künstlern, die auf Der M I N B A R ist die Kanzel in gend erforderlich. Die Innenausstattung der Masjid deutlichen: „Die Orte, die Gott in einer Stadt am mei- parallel oder vertikal zur Gebetsnische angeordnet das Formenrepertoire ihrer eigenen Traditionen zu- der Moschee, befindet sich ist in der Regel einfach. Neben dem Mihrab gibt es sten schätzt, sind die Moscheen, und die Orte, die er sein können. Die so entstehende repetitive Struktur rückgreifen konnten. Viele Teile der Innenausstattung meist neben der Gebetsnische keine architektonischen Besonderheiten. Der Boden am meisten verabscheut, sind die Märkte.“ wird als Sinnbild für die Gemeinschaft der Gläubigen mussten aber immer wieder erneuert werden, da sie Mihrab an der Qibla-Wand. des Gebetsraumes ist mit Teppichen oder Matten aus Aus der Funktion der Freitagsmoschee als Platz interpretiert, die wie die Säulen die Glaubensgemein- durch Brände, Erdbeben und den allgemeinen Ver- Stroh oder Schilf ausgelegt. In einem Winkel steht für das Gemeinschaftsgebet ergibt sich ein wichtiges schaft der Muslime tragen. Bei diesen Hofmoscheen schleiß beschädigt worden waren. vielleicht ein Schrank mit einigen Koranexemplaren architektonisches Element. Eine Freitagsmoschee lassen sich unterschiedliche Teile feststellen, die eine Zu den besonderen Moscheen der Abbasiden- oder ein Koranständer. An den Wänden sind einfache muss eine beträchtliche Größe haben. Auch bei diesen bauliche Hierarchie verdeutlichen. Der wichtigste Teil zeit, die in Ursprüngen die Zeiten überdauert haben, Kalligraphie-Drucke angebracht. In manchen Mo- Großbauten ist ein Mihrab unabdingbar. Hinzu der Moschee ist die Mihrab-Wand. Sie befindet sich in gehört die große Moschee von Samarra, ca. 100 Kilo- scheen sind die Wände auch mit farbenfrohen Bema- kommt noch ein weiteres architektonisches Moment, Richtung Mekka gewandt in einem überdachten Be- meter nördlich von Baghdad. Bekannt ist sie vor allem lungen ausgestaltet. Dabei kann es sich um Blumen der M I N B A R . Diese ist seitlich in einem gewissen Ab- reich. Dieser Teil einer Moschee wird als Musalla (Ge- durch ein spiralförmiges Minarett (Malwiya), auf des- oder Ranken handeln, um eine Abbildung der Kaaba stand von der Gebetsnische positioniert. In einigen betsplatz) bezeichnet. Hier finden sich die Kanzel und sen Außenwand eine breite, ansteigende begehbare in Mekka, der al-Aksa-Moschee in Jerusalem oder großen Moscheen finden sich solche Kanzeln auch zu die Maqsura. Die den nicht überdachten Moscheehof Rampe bis zur Spitze führt. einer bedeutenden nationalen oder regionalen Mo- beiden Seiten der Gebetsnische. Schließlich ist noch umlaufenden Arkadengänge mit ihren Säulen sind in Der Kalif al-Mu´tasim (reg. 833 – 842) hatte seine schee. die M A Q S U R A zu nennen. der Hierarchie nachrangig. Hier versammeln sich um Residenz von Baghdad nach Samarra verlegt, um Die M A Q S U R A ist ein ursprünglich für den islamischen Herrscher oder den Statthalter abgetrennter Bereich. Sie befindet sich in der Regel neben dem Minbar. 4 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR ||| 5 DIE ARABISCHE HOF- UND SÄULENMOSCHEE ||| 7 Architektonisch ist der Felsendom ein einmaliges islamisches Bauwerk. Der imposante Bau auf dem Plateau des Tempelbergs ragt hervor durch eine Kuppel, die sich bis zu 30 Metern erhebt. Sie wölbt sich über einem zylindrischen Tambour, der von vier Pfeilern getragen wird. Zwischen diesen stehen jeweils drei Säulen. Um den Kuppelbau herum befindet sich ein achteckiges Untergeschoß, das durch acht Pfeiler in zwei Schiffe geteilt wird. Für diesen Grundriss haben christliche Bauten bis hin zu den Abmessungen als Vorbild gedient. Der Zugang in das Bauwerk wird durch vier Tore ermöglicht, deren Ausrichtung in die vier Himmelsrichtungen zeigt. Beleuchtet wird der Innenraum durch 16 Fenster im Tambour und durch 40 gleichmäßig angeordnete Fenster im Untergeschoss. oben: Eine der bekanntesten Moscheebauten im We- Die gewendelte Treppe des sten des mittelalterlichen muslimischen Kulturraums Minaretts der großen Moschee ist die Mesquita, die große Moschee von Cordoba, die in Samarra binnen eines Jahres von 785 – 786 unter dem andalusischen Omayyaden-Emir Abd al-Rahman I (731 – 788) errichtet wurde. Ihre architektonische Besonder- unten: heit ist der Säulenwald im Inneren des Bauwerks, der Hier steht eine ein- oder zweizeilige Bildunterschrift. Hier steht jeden Betrachter in seinen Bann schlägt. Im heutigen eine dreizeilige Bildunterschrift. Zustand sind es 19 Längsschiffe, die jeweils von einem Satteldach bedeckt sind. Sie verlaufen parallel zur Q I B L A -Wand. Zwei Jahrhunderte später wurde die Moschee unter al-Hakam II (961 – 976) von 962 – rechte Seite: Hier steht eine ein- oder zweizei- 966 um einen neuen prächtigen Mihrab, der von lige Bildunterschrift. Hier steht einem achteckigen, zeltförmigen Dach bekrönt wird, eine dreizeilige Bildunterschrift. erweitert. Der Herrscher veranlasste auch die Erweiterung der Säulenhalle. Die doppelgeschossigen Arkaden sind mit farblich alternierenden Wölbsteinen Die Q I B L A ist die vom Koran vorgeschriebene Gebetsrichtung der Muslime zur Kaaba in Mekka Konflikte zwischen seinen turkstämmigen Garden abgeschlossen, die immer wieder neue Durchblicke in und der Bevölkerung von Baghdad zu verhindern. die Moschee gestatten. Nach dem Sieg der Recon- Die Moschee, die sein Sohn al-Mutawakkil (reg. 847 – quista wurde in die Moschee vom 16. – 18. Jahrhun- 861) in Samarra bauen ließ, gehört mit einer Seiten- dert eine christliche Kathedrale eingebaut, die den länge von 239 x 156 Metern, zu den größten Moscheen faszinierenden Eindruck der ursprünglichen Moschee der islamischen Baugeschichte. Der eigentliche Bau aber nicht vollständig aufheben kann. war von einer Einfriedung umgeben, die eine Fläche von 17 Hektar ausmachte. Außer dem Minarett sind von der Moschee nur noch die durch halbrunde Türme verstärkten Außenmauern aus Backstein erhalten geblieben. Eine Säulenhalle mit einem Holzdach umgab einen zentralen Innenhof. Von der überaus prächtigen Innenausstattung der Moschee sind nur noch wenige Einzelstücke erhalten geblieben. Die Malwiya hat zu verschiedenen Theorien Anlass geboten. Man war der Meinung, dass der Turm mit seiner bis in die Höhe von 50 Metern reichenden spiralförmigen Rampe auf die alt-orientalischen Stufentempel, Ziggurat, zurückzuführen ist. Wahrscheinlicher aber ist wohl, dass europäische Maler das Minarett von Samarra als Vorbild für ihre Darstellungen des Turmbaus zu Babel benutzt haben. Die Malwiya hat ihre Betrachter so beeindruckt, dass nicht nur in Samarra selbst, sondern auch bei der Ibn Tulun-Moschee in Kairo (vollendet 879) ein spiralförmiges Minarett errichtet wurde. 8 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR D I E P E R S I S C H E I WA N - M O S C H E E reichenden Machtanspruch: Das Besondere an den Die persische Iwan-Moschee wird von Bauhistorikern Muqarnas-Feldern der Freitagsmoschee von Isfahan Hier steht eine ein- oder zweizei- in Zusammenhang mit den vorislamischen persischen ist es, dass sie durch Gefäße, aus denen sich Weinran- lige Bildunterschrift. Hier steht Feuertempeln gebracht, aber auch mit dem Grundriss ken erheben, andere durch Pfauen dekoriert sind. eine dreizeilige Bildunterschrift. ostpersischer Wohnhäuser oder nestorianischer oder Der Machtanspruch des Herrschers wird durch buddhistischer Klöster. Kennzeichnend für diese Mo- entsprechende Bauinschriften verdeutlicht: „Den Bau scheen sind vier I WA N E . Iwane finden sich auch in Pa- dieser Freitagsmoschee hat – aus eigenen Mitteln be- Unter einem I WA N versteht man lastanlagen. Bei Moscheenbauten können die vier stritten – der Vornehmste in der Nachkommenschaft eine gewölbte Halle, die nach drei Iwane und der in ihrer Mitte befindliche Hof insge- der Oberherren der Erde, der durch seine eigene Gel- Seiten geschlossen, nach einer aber samt überkuppelt sein. Es werden auch Teiche mit tung Ehrenwerte, der Bedeutende durch Rang und geöffnet ist. Iwane gehören in der ihren Spiegeleffekten integriert, die die Moschee als Stellung, der Ehrenwerteste und Stärkste in Beweis Regel zu einem größeren architek- ein Abbild des Paradieses symbolisieren. Als heraus- und Probe, der, der am glücklichsten Gerechtigkeit tonischen Komplex. ragende Beispiele dieses Stils gelten zwei Moscheen und Wohltätigkeit vereinigt, Staub der geheiligten in Isfahan, die Freitagsmoschee und die Scheich-Lut- Schwelle des Propheten, Kehricht auf dem reinen Hof fallah-Moschee. des Heiligtum Alis, Abu l-Muzaffar, Abbas al-Husaini, Die Freitagsmoschee steht an der Stelle eines al-Musawi al-Safawi Bahadur Khan befohlen, auf dass Vorgängerbaus aus der Abbasidenzeit. Der Bau die Nacken der Groß-Khane demütig an seiner Pforte wurde von Abbas I (1571 – 1629) 1611 begonnen, aber seine und die Stirnen der angesehensten Sultane vom erst unter seinem Nachfolger Safi (reg. 1629 – 1642) Staub dieser Schwellen gezeichnet sein mögen. Die fertiggestellt. Die Moschee erhebt sich am Hauptplatz Seele seiner edelsten Vorfahren, der gelehrteste und Isfahans, dem Maidan. Da der Platz aber ungünstig ruhmreichste Schah Tamasp ist seiner Belohung zu- lag, musste die Moschee um 45° gedreht werden, um geführt worden. Gott verbreite über seinem Grab den die korrekte Gebetsrichtung herzustellen. Das Ge- Regen der Genugtuung und möge ihn an einem bäude zeichnet sich durch seine perfekte Symmetrie hohen Platz im Paradies Wohnung nehmen lassen.“ aus. ((ABB: Hattstein/Delius S. 508)) Die Moschee be- Die nach einem bedeutenden schiitischen Rechts- steht aus einem von Arkaden umstandenen Innenhof, gelehrten benannte Scheich-Lutfallah-Moschee wurde an dessen vier Seiten sich je ein Iwan befindet. Hinter von Schah Abbas ebenfalls am Maidan in Isfahan plat- dem Iwan an der zur Qibla gewandten Seite befindet ziert. Sie wurde 1619 fertiggestellt. Auch bei ihr war sich ein überkuppelter Gebetssaal. Auch die übrigen eine Verschiebung der Achsen zum Platz hin erforder- Seiten-Iwane führen in Kuppelsäle. Daneben gibt es lich, um die Gebetsrichtung einrichten zu können. Die weitere Räume, die im Winter als Orte des Gebets, Moschee zeichnet sich durch einen einzigen überkup- aber auch als Unterrichtsräume dienen können. pelten Raum aus. Vom Eingang aus werden die Mo- Die Moschee erregte auch wegen ihrer kostbaren scheebesucher um zwei Seiten des Bauwerks geführt, Innenausstattung große Bewunderung. Herausragend um endlich an der dem Mihrab gegenüberliegenden ist das Fliesendekor des Eingangsportals in seinem Seite den Moscheeraum zu betreten. Die Lutfallah- unvergleichlichen Farbenreichtum. Es finden sich Moschee ist auch und vor allem wegen ihres überwäl- reichhaltig gestaltete Schriftbänder in der komplizier- tigenden Innendekors berühmt. Die Fähigkeit der ten Thuluth-Schrift. Die Halbkuppeln der Iwane wer- safawidischen Fliesenkünstler war zur Zeit dieses den durch Muqarnas-Ausschmückungen akzentuiert. Baus auf ihrem künstlerischen Höhepunkt. Um den „Strukturell handelt es sich um eine Vervielfachung Scheitel der Moscheekuppel ist eine große Sonne plat- der Wölbung, kulturell steingewordene Extase als ziert, an die sich zuspitzende Medaillons mit floralen Ausdruck der Teilhabe an göttlicher Mächtigkeit.“i Motiven auf monochromem Untergrund anschließen. Eine Bauinschrift verdeutlicht diesen ans Göttliche 10 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR DIE TÜRKISCHE KUPPELMOSCHEE ||| 13 Der Bauplatz der Süleymaniya-Moschee am Hang des Goldenen Horns musste zunächst aufwendig terrassiert und planiert werden, ehe man mit dem eigentlichen Bau beginnen konnte. Architekt Sinan übernahm das Kuppelsystem der Hagia Sophia mit einer großen Hauptkuppel, zwei flankierenden Halbkuppeln, kleinen Eckkuppeln und seitlichen Schildwänden. Die zweifarbig gestalteten Bogen heben die Kuppel deutlich aus dem Raum heraus. Die Baumassen türmen sich von der herausgehobenen Eingangskuppel über die Halb- und Eckkuppeln bis zu der großen Hauptkuppel. Galerien und Fenster gliedern die Außenwände. 12 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR Während die Süleymaniye in einer Distanz zur DIE TÜRKISCHE KUPPELMOSCHEE Die türkische Kuppelmoschee wird von Bauhistori- Hagia Sophia die Dominanz des Islams gegenüber kern in Beziehung zu den großen byzantinischen Kir- dem byzantinischen Christentum leichter verkünden chenbauten, vor allem zur Hagia Sophia, gesetzt. kann, ist dieser Anspruch für die andere berühmte Typisch für diese türkischen Moscheen sind die Moschee Istanbuls, die Sultan-Ahmed-Moschee, auch schlanken Minarette, vor allem aber ihre übereinander Blaue Moschee genannt, wegen ihre Lage gegenüber geschichteten Kuppeln, „eine Art wogendes Kuppel- der christlichen Zentralkirche am Meidan ungleich Hier steht eine ein- oder zweizeilige meer und eine hierarchische Struktur; denn die große schwieriger. Architekt war nicht Sinan, sondern Meh- Bildunterschrift. Hier steht eine drei- Hauptkuppel ruht auf einer Reihe kleinerer überein- met Aga, der für seinen überbordenden und extrava- zeilige Bildunterschrift. ander gesetzter Halb- und Viertelkuppel, ein schönes ganten Stil bekannt ist. Symbol für Teilhabe und Unterwerfung“. 2 Der Innenraum der Blauen Moschee wird durch Während man nur in den seltensten Fällen die vier kannelierte Rundpfeiler von je fünf Meter Durch- Namen der Baumeister der arabischen oder irani- messer bestimmt. Daneben legte man großen Wert auf schen Moscheen kennt, ist der wichtigste Architekt die Inneneinrichtung. Der Raum wird durch 260 Fen- türkischer Moscheen bekannt. Yusuf Sinan (gest. ster beleuchtet. Das Glas wurde aus Venedig impor- 1588) ist ein aus Griechenland stammender christli- tiert. Der Bauherr erließ einen Befehl, dass die cher Knabe, der im Zug der Knabenlese nach Istanbul gesamte Fliesenproduktion von Iznik, dem wichtig- kam. Er erhielt neben seiner militärischen auch eine sten Produktionsort des Osmanischen Reiches, für die Ausbildung als Zimmermann und wurde der bedeu- Ausstattung dieser Moschee verwendet werden sollte. tendste Baumeister der osmanischen Architekturge- Die Fliesen und die blaue Ausmalung ließen die ei- schichte. Man schätzt die von ihm entworfenen und gentlichen Bauformen verschwinden. Der Bau der realisierten Gebäude auf ca. 477, von den 204 erhalten Sultan-Ahmed-Moschee blieb übrigens nicht ohne geblieben sind. Seine bedeutendste Moschee ist wohl Kritik vonseiten der hohen osmanischen Rechtsge- die 1557 fertiggestellte Süleymaniya-Moschee, mit der lehrten. Sie monierten, dass der Sultan diese Moschee Sultan Süleyman, der Prächtige, (reg. 1520 – 1566) sei- erbaute, obwohl das Recht nur einem Herrscher zu- nen politischen Anspruch als Herrscher eines Welt- stand, der erfolgreich Krieg geführt und das Reich reichs zum Ausdruck bringen wollte. durch Beute und die Erweiterung des Herrschaftsge- Ursprünglich war die Moschee blau ausgemalt biets bereichert hatte. Aus der Staatskasse dürften öf- und sollte an den Himmel erinnern. Der Innenraum fentliche Bauten, selbst wenn es Moscheen wären, der Moschee wird durch vier mächtige Vierungspfei- nicht finanziert werden. Die Kosten des Baus waren ler gegliedert. Die Innenwände und Kuppeln sind, im immerhin beträchtlich. Man schätzt sie auf 50 Millio- Vergleich zu anderen Sakralbauten, eher sparsam de- nen Akce, was damals dem halben Jahrestribut der koriert, sodass die Kuppelkonstruktion auch von wohlhabenden Provinz Ägypten entsprach. innen ihre Faszination nicht verliert. Zur Geschichte 14 ||| des Baus sei noch hinzugefügt, dass ein von mehreren M O S C H E E N I N L E H M BAU W E I S E Männern getragenes Modell der Süleymaniye bei Neben den drei angesprochenen Moscheetypen fin- einem der zahlreichen Festumzüge durch Istanbul ge- den sich noch zahlreiche andere Formen. Eine Beson- tragen wurde. Im Verlauf der Baumaßnahmen kamen derheit sind am südwestlichen Rand des muslimi- Gerüchte auf, dass Sinan nicht in der Lage sei, das schen Kulturraums die Moscheen in der westafrika- Werk zu vollenden. Unter Todesdrohung durch den nischen Sahelzone, die durch ihre Lehmbauweise eine Sultan konnte er den Bau zum Abschluss bringen, der besonders kennzeichnende Form erhielten. Die größte durchaus als muslimisches Gegenstück zur christli- dieser Moscheen steht in Jenne in der Republik Mali. chen Hagia Sophia verstanden werden kann. Der muslimische Geschichtsschreiber al-Sa´di meinte, ISLAMISCHE ARCHITEKTUR KOLUMNENTITEL RECHTS dass die Moschee um 1180 gegründet wurde, als der schule des Islams entspricht. Wegen der starken Tem- Herrscher zum Islam konvertierte und seinen Palast peraturschwankungen zwischen Tag und Nacht, vor zur Moschee umfunktionierte. Aus politischen Grün- allem aber wegen der teilweise sehr heftigen Regen- den und wegen der besonderen Konstruktionsweise fälle ist die Bausubstanz der Moschee einem hohen als Lehmbau wurde die Moschee immer wieder zer- Verschleiß ausgesetzt. Immer wieder entstehen Risse, stört und neu aufgebaut. Die derzeitige Moschee und ganze Bauteile werden durch heftige Regenfälle wurde um 1910 fertiggestellt. Die verschiedenen Mo- in Mitleidenschaft gezogen. Um die entstandenen scheebauten wurden unterschiedlich groß konstruiert Schäden zu beheben, treffen sich junge Männer der und immer wieder erweitert. In ihrer Grundsubstanz, Stadt zu einer gemeinsamen Reparaturarbeit, die ihrer Bautechnik wie ihrer architektonischen Form durch die Verteilung von Speisen und Getränken, bleiben sie aber gleich. aber auch durch Musik und Tanz einen Festcharakter Hier steht eine ein- oder zweizeilige erhält. Auch ältere Männer und die Frauen von Jenne Bildunterschrift. Hier steht eine tragen ihren Teil zu Reparatur der Moschee bei. dreizeilige Bildunterschrift. Die heutige Moschee kann 2000 Gläubigen als Betplatz dienen. Die einzelnen Bauteile erhalten als Gerüst ein Netzwerk aus Palmbaumstämmen, die mit Lehmmauern verbunden werden, die aus einzelnen M O S C H E E BAU T E N I N I N D I E N Lehmziegeln gebaut und mit Lehm verputzt werden. Die Eroberung Indiens durch muslimische Truppen Dabei reichen die zahlreichen Außenbalken deutlich war zunächst vergleichbar mit den Kriegszügen über die Lehmwände hinaus, sodass der Eindruck (ghazu), die auch in anderen Teilen der islamischen von Stacheln erweckt wird. Diese Holzstücke dienen Gebiete benachbarten Welt typisch waren. Die Mus- gleichzeitig als eine Art von Gerüst, das bei den zahl- lime gelangten mit ihren Truppen weit in die benach- reichen witterungsbedingten Reparaturen des Bau- barten Gebiete und zogen sich nach erfolgreichen werks benutzt werden kann. Zudem können sie bis Schlachten wieder in ihre Herkunftsregionen zurück. zu einem gewissen Maß die Veränderungen der ein- Es waren strategische Entwicklungen in einem großen zelnen Bauteile infolge von Temperatur- und Feuch- regionalen Rahmen, wie die wachsende Bedeutung tigkeitsschwankungen ausgleichen. Über der nach des mongolischen Einflusses in Zentralasien, die mus- Mekka, also in diesem Fall nach Nordosten gerichte- limische Dynastien zwangen, sich auf Dauer im Sub- der indo-muslimischen Architektur sind die große M O S C H E E BAU T E N I N C H I NA U N D S P O L I E N sind Bauteile und ten Gebetsnische erheben sich drei Minarette und 18 kontinent festzusetzen. Erst im Lauf der Zeit ent- Moschee in Gulbagar, fertiggestellt um 1370, die Sidi- S Ü D O S TA S I E N andere Überreste wie Teile von kleine Kuppeln. In jedem Minarett gibt es eine spiral- wickelte sich daher eine spezifische indo-muslimische Sayid-Moschee in Ahmadabad aus dem Jahr 1572 und Aus europäischer und nahöstlicher Sicht erstaunlich Reliefs oder Skulpturen, Friese, förmige Treppe, die zur konischen Spitze führt. Diese Architektur, die im Sakralbau wie in den profanen Ge- das Mausoleum Taj Mahal in Agra. stellen sich die Moscheebauten in China und Südost- Säulen- oder Kapitellreste, die aus wird durch ein Straußenei abgeschlossen. Die Mo- bäuden sichtbar wird. Bauten älterer Kulturen stammen schee erinnert insofern an die arabischen Hofmo- und in neuen Bauwerken scheen, als das Bauwerk von einer hohen Lehmmauer wiederverwendet werden. umgeben ist, die von zahlreichen kleinen spitzen Erhebungen markiert werden. Das älteste Dokument indo-muslimischer Archi- asien dar. Wie wir schon aus vor-islamischen archäo- Der Einfluss persischer wie türkisch-zentralasia- tektur ist die Quwwat-ul-Islam-Moschee (Moschee logischen Funden wissen, war den Bewohnern der tischer Bautraditionen wirkt sich hier ebenso aus wie der Kraft des Islams) in Delhi, das unter den soge- Handelsstädte auf der Arabischen Halbinsel China die Bedeutung der langen vor-islamischen indischen nannten Delhi-Sultanen gebaut worden ist. Von dem keine terra incognita. Der internationale Fernhandel Bautraditionen, die nicht nur in den zahlreichen S P O - prächtigen, unter ausgiebiger Verwendung von Spo- der Antike hatte Porzellan und Seide über die ver- der muslimischen Bauten Verwendung finden. lien aus Hindu-Tempeln errichteten Bau sind nur schiedenen Handelswege auch nach Mekka gebracht Gebetshalle oder einem offenen Hof. Das Dach der Kennzeichnend für die Moscheebauten im südasiati- noch wenige Überreste erhalten geblieben. Typisch ist und dortige Zwischenhändler sorgten für einen Wei- Gebetshalle wird von 90 Holzsäulen abgestützt. Für schen Raum sind spezielle Formen von Moschee- der Arkadenstil der Moschee mit seinen überborden- tertransport in den Mittelmeerraum. Vom Propheten diese Gebetshalle bemerkenswert sind zahlreiche Kuppeln, die sich in anderen Baustilen der isla- den, in Stein gehauenen Inschriften und Pflanzenor- Muhammad ist ein Satz überliefert, der verdeutlicht, Luftschlitze, die in der Regel durch Keramikziegeln mischen Welt nicht finden. Viele der Moscheen wur- namenten an den Bogenreihen. An der Qualität dieser dass ihm ‚das Reich der Mitte’ nicht unbekannt war: abgedeckt werden. Falls sich die Hitze in der Halle den in der Folge über buddhistischen oder hinduisti- Steinmetzarbeiten orientierten sich zukünftige Gene- „Suchet Wissen, selbst wenn es in China wäre.“ staut, können diese Schlitze geöffnet werden. Das In- schen Tempeln errichtet, was bis heute zu Konflikten rationen von Handwerkern. Beeindruckend ist auch In intensiveren Kontakt mit China kamen Mus- nere der Moschee ist ohne jeden Schmuck, was durch- zwischen der hinduistischen und der muslimi- das Minarett der Moschee, das derzeit noch das höch- lime aber vor allem in der 2. Hälfte des 13. Jahrhun- aus der strengen Auffassung der malikitischen Rechts- schen Bevölkerung in Indien führt. Bedeutende Werke ste der islamischen Welt ist. derts, als der Mongolenherrscher Kublai Khan China Die Beter versammeln sich in einer überdachten 16 ||| ||| 17 ISLAMISCHE ARCHITEKTUR LIEN zu erobern begann. Unter seinen Soldaten war eine große Zahl von Muslimen, und in wichtige Positionen der von ihm begründeten Yuan-Dynastie setzte er einige von ihnen ein ein. Architektonisches Zeugnis dieser politischen Entwicklungen ist die große Moschee von Xi’an, die um 1392 fertiggestellt wurde. Hauptbaumaterial der älteren Moscheen war Holz. Ihre Baustruktur entspricht der traditioneller chinesischer Tempel mit geschwungenen, mit Ziegeln gedeckten Dächern und mehreren aufeinander folgenden Torkonstruktionen. Der vierte Hof dieser Anlage war der Bereich für das Gemeinschaftsgebet. Er soll bis zu tausend Betern Platz geboten haben. In der Mitte des dritten Hofes erhebt sich eine Pagode, die in die MingZeit (1368 – 1644) datiert wird und die Funktion eines Minaretts hat. Auch die Innenausstattung entspricht chinesischen Vorbildern. So zieren die Gebetsnische zwar arabische Schriftbänder mit Koranzitaten. OberHier steht eine ein- oder zweizeilige Bildunterschrift. Hier steht eine dreizeilige Bildunterschrift. halb des Mihrab befindet sich aber ein Quadrat, das einem Mandala ähnelt und durch Lotosblüten Bezug auf chinesische Bautraditionen nimmt. Auch in der chinesischen Hauptstadt Peking befindet sich eine große Moschee, die aus dem 14. Jahrhundert stammt. Die Niujie-Moschee weist in ihrer Innenausstattung manche Ähnlichkeiten mit dem Pekinger Himmelstempel auf. Am gleichen Platz war schon im 10. Jahrhundert eine Moschee errichtet worden. Wie chinesische Tempel hat die Moschee drei aufeinander folgende Höfe, die jeweils von Räumen umschlossen sind. Hervorzuheben ist ein spezielles Gebäude, das für astronomische Beobachtungen zur Festsetzung der Gebetszeiten und der Fastenmonate und -tage genutzt wurde. Auch hier diente eine zweigeschossige Pagode als Minarett. Die Innenräume sind in einer deutlichen chinesischen Bemalung gehalten, bei der die flachen Kassettendecken in Blautönen gehalten sind und den Himmel symbolisieren. Gold auf blauem Grund sind dort auch arabische Schrifttafeln angebracht. Wände und tragende Holzsäulen sind dagegen überreich mit goldfarbigen Chrysanthemenblüten und -ranken auf einem kräftigen roten Untergrund gehalten. In der gleichen Farbkombination finden sich arabische 18 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR MODERNE MOSCHEEBAUTEN Schriftbänder über den geschwungenen Durchgän- Bemerkenswert ist auch die große Moschee von gen. Bemerkenswert ist die Vielzahl der Uhren, die Banten aus dem Jahr 1565. Sie entspricht zwar, was sich im Inneren der Moschee befinden. Diese chinesi- ihren Hauptbaukörper angeht, den anderen älteren schen Moscheen unterscheiden sich von den Mo- Moscheen auf Java, zeichnet sich aber zugleich durch scheen in Westchina. Dort herrscht ein türkisch- ihre aufeinander abgestimmten Proportionen aus. Sie zentralasiatischen Moscheestil vor. verfügt über ein erstaunliches fünfgeschossiges Dach, dessen Höhe durch die enorme Breite der beiden un- MOSCHEEN IN DER MALAIISCH- teren Geschosse ausgeglichen wird. Davor steht ein I N D O N E S I S C H E N I N S E LW E LT campanileartiges Minarett, das von dem niederländi- Die ersten Muslime kamen im 9. Jahrhundert nach schen Abenteurer und Renegaten Lucazoon Cardeel Südostasien als Flüchtlinge aus China, wo es vor entworfen worden sein soll. Ob er diese Art von Turm allem in den chinesischen Hafenstädten zu Ausschrei- vergleichbaren Kirchenturmbauten in Italien nach- tungen gegen diese Religionsgruppe gekommen war. empfunden hat, muss offen bleiben. Die eklektische Im 15. Jahrhundert waren es dann muslimische Händ- Form der Moschee, die aus verschiedenen architekto- ler aus Iran und aus Indien, die den Islam in die ma- nischen Grundformen zusammengesetzt ist, wird als laiisch-indonesische Inselwelt brachten. Aktiv waren typisch für die symbiotische Architektur der muslimi- auch die mystischen Orden bei der Verbreitung des schen Bauformen in Südostasien angesehen. Islams. Erster geographischer Schwerpunkt der Islamisierung war die Insel Sumatra. Mit der chinesi- M O D E R N E M O S C H E E BAU T E N schen Zuwanderung nach Südostasien kamen auch Moscheebauten, die seit der Mitte des 19. Jahrhun- Hier steht eine ein- oder zweizei- chinesische Muslime in die Region, die ihre eigenen derts entstanden sind, zeigen einige Elemente, die sie lige Bildunterschrift. Hier steht religiösen Traditionen mitbrachten. Insofern ist der von der Architektur klassischer Moscheen unterschei- eine dreizeilige Bildunterschrift. Islam Südostasiens eine Symbiose aus verschiedenen den. Rituell unabdingbare architektonische Charakte- Formen des Islams, der auch durch die Vorgängerre- ristika wie die Gebetsnische, Kanzel oder Waschvor- ligionen mit geprägt wurde. richtungen sind selbstverständlich weiterhin vorhan- 20 ||| Die Moscheen in Südostasien zeichnen sich den. Neue Materialien und Bautechniken bieten den durch einen quadratischen Grundriss aus und werden Architekten aber eine größere Gestaltungsmöglich- von mehrstöckigen Pyramidendächern gedeckt. Eine keit. Vor allem in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts Besonderheit des Moscheerituals war, dass mit Trom- haben auch europäische, nicht-muslimische Architek- meln zum Gebet gerufen wurde und nicht durch die ten Entwürfe für Moscheen erstellt und die Bauten Stimme des Muezzins. Die Gebetstrommeln waren realisiert. Grundsätzlich kann man zwei gegenläufige entweder ebenerdig platziert oder auf einem Mina- Tendenzen in der Gestaltung der modernen Moschee- rett. Die Innenräume der älteren Moscheen waren bauten erkennen. Einerseits finden sich traditionali- schlicht und weisen kaum Verzierungen auf. Man fin- stische Formen eines neomaurischen oder neoos- zu lassen und so den Anspruch auf Teilnahme der is- bad weist mit ihren vier auf die architektonische det nur einige Holzschnitzereien, die an vorislamische manischen Stils, bei denen moderne Materialien wie lamischen Welt an der Moderne zu verdeutlichen. Grundform reduzierten Minaretten zwar noch auf os- buddhistische oder hinduistische Einflüsse erinnern. Stahlbeton durch traditionelle Dekorformen verdeckt Diese modernen Moscheen drücken neben ihrem manische Moscheen hin. Der Zentralbau verwendet Eine Ausnahme bildet ein Tor der Sedang-Duwwur- werden. Ein Beispiel ist die Große Moschee in Medina religiösen Anliegen zugleich auch säkulare Botschaf- in seinen Seitenwänden und der Dachkonstruktion je- Moschee auf Java. Die Holzarbeiten an einem der Tore oder die Hassan-II-Moschee in Casablanca. Auch et- ten aus. Dies ist deutlich bei der Istiqlal-Moschee im doch Dreiecksformen. Der Betrachter fühlt sich an ein dieser Moschee zeichnen sich durch stilisierte Vögel liche der in Westeuropa von muslimischen Einwan- indonesischen Jakarta zu erkennen, bei der das Mina- Zelt erinnert. Der Bau könnte auch als Sport- oder Ver- und Flügel aus. Allerdings ist nicht bekannt, ob die derern errichteten Moscheen tendieren zu diesem rett und die Hauptkuppel auf die Moscheefunktion anstaltungshalle dienen. Ob es dem türkischen Archi- Schnitzereien speziell für diese Moschee angefertigt Traditionalismus. Dem stehen Bestrebungen gegen- des Gebäudes hinweisen. Der übrige Baukörper ent- tekten Vedat Delakoy darum ging, einen Übergang wurden oder ob sie als eine Art von Spolien aus älte- über, moderne westliche Formen und architektoni- spricht einem modernen Verwaltungs- oder Univer- zwischen einer religiösen und einer säkularen Archi- ren nicht-islamischen Bauwerken stammen. sche Überzeugungen in den Moscheebau einfließen sitätsgebäude. Die König-Feisal-Moschee in Islama- tektur zu schaffen, mag dahingestellt bleiben. ISLAMISCHE ARCHITEKTUR ||| 21 KOLUMNENTITEL RECHTS DIE MADRASA – ORT DES LEHRENS UND DES LERNENS Neben den Moscheebauten sind vor allem die Schul- Daneben gab es große Vorlesungshallen, die über gebäude muslimischer Lehreinrichtungen Ausdruck zwei Stockwerke reichten. Durch die geschickte An- muslimischer religiöser Baukunst. Einige kulturge- ordnung von Arkaden, Korridoren und Zugängen schichtliche Theorien führen diese Einrichtun- konnte Luft so in das Gebäude geleitet werden, dass gen auf buddhistische Vorbilder aus Zentralasien zu- selbst bei geringem Wind eine leichte Luftbewegung rück. Hier sollen die ersten Lehrgebäude dieser Art entstand, die im heißen Baghdader Sommer Erleich- im 9. Jahrhundert entstanden sein. In der Regel ist die terung brachte. Am Haupteingang zu dem Gebäude Madrasa (Ort des Lehrens) eng mit einer Moschee soll sich eine Uhr für die Beachtung der Gebets- und verbunden. Bieten Moscheen auch Unterrichtsräume Fastenzeiten befunden haben, die ständig gewartet für die Schüler an, versammeln sich einzelne Lern- wurde. gruppen um einen Gelehrten in einem Sitzkreis Die architektonischen Formen der Madrasa wei- (khalqa). In diesem Fall leben die Studierenden in ei- sen zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den Moschee- gens für sie errichteten Internatsgebäuden in der un- bauten der entsprechenden Regionen der islamischen mittelbaren Nähe der Moscheen. Hier finden sich Welt auf. Als Beispiel sei auf die Attarin-Madrasa im auch die entsprechenden Küchen und Speiseräume. Markt der Drogisten (Attarin) im marokkanischen Fez Ist dagegen die Moschee Teil der Madrasa, stehen die verwiesen, die 1325 fertiggestellt wurde. Die Anlage Unterkunftsmöglichkeiten und speziellen Lehrlokale des Baus zielte darauf ab, den Studierenden trotz der im Mittelpunkt des Gebäudekomplexes, während die zentralen Lage ihres Unterrichtslokals Ruhe und Ab- Moschee eher als eine Art von Annex verstanden wer- geschiedenheit zu gewährleisten. Dieser Zweck wur- den kann. Bei der Madrasa handelt es sich in der de durch einen versetzt platzierten, abgewinkelten Regel um eine Einrichtung, die durch eine fromme Zugang erreicht, der einen direkten Blick ins Innere Stiftung finanziert wird, die auch für den Lebensun- verwehrt. Von einem Vorraum aus führt eine Treppe terhalt der Studenten und die Entlohnung des Lehr- in eine obere Etage mit den kleinen Zimmern für die personals aufkommt. Studenten, eine andere Tür zu einem Bad für die ritu- Eine der größten bekannten Lehreinrichtungen ellen Waschungen. ist die Mustansiriya-Madrasa in Baghdad, die 1234 Der Hof der Madrasa wird von Galerien umge- von einem der letzten Abbasidenkalifen, al-Mustansir ben, die durch Säulen und Stuckornamente gegliedert Hier steht eine ein- oder zweizei- bi-llah (1192 – 1242), in Auftrag gegeben wurde. Das sind. Schmale Säulen tragen reich geschmückte Stuck- lige Bildunterschrift. Hier steht Bauwerk liegt am linken Tigrisufer im Stadtteil Ru- bogen. Der Fußboden ist von farbig glasierten Fliesen eine dreizeilige Bildunterschrift. safa. Um einen langgestreckten recheckigen Hof mit bedeckt. Das Zentrum des Hofs markiert ein Brunnen. einem Wasserbecken ordnen sich in zwei Etagen über- Der Unterrichtsraum, der zugleich als Moschee für dachte Vorhallen, die auf jeder Seite von einem Iwan das Gebet genutzt wurde, hat einen hohen farbigen unterbrochen werden. Von diesen gibt es Zugänge zu Keramik-Sockel, der dem Raum eine besondere Note je zwei Unterrichtsräumen und zu den Studentenräu- verleiht. men, die sich Parterre und im ersten Stock befanden. 22 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR ||| 23 MAUSOLEEN – ORTE DER TOTENRUHE UND -VEREHRUNG MAUSOLEEN – ORTE DER TOTENRUHE UND -VEREHRUNG 24 ||| Grabmal des jeweiligen Heiligen. Es besteht aus gänzen die Wanddekorationen. Im Mausoleum beein- einem großen Sarkophag, der von einem hohen Holz- drucken der Sichtschirm aus durchbrochenen Marmo- gitter umgeben ist. Die sich darüber erhebenden Kup- rarabesken und der Kenotaph von Mumtaz Mahal mit peln sind von tausenden von Kristallspiegeln seinen Inschriften und der Kenothaph von Schah ausgekleidet. Jehan selbst mit den eleganten Pietre-Dure-Arbeiten. Um die Grabstätten herum ist ausreichend Platz, Überall in der islamischen Welt findet man klei- sodass die Gläubigen sie umwandeln können. Ver- nere, häufig unauffällige Grabbauten dort, wo die storbene, die in Kerbela oder Najaf bestattet werden, Volksreligion und volkstümliche Mystik eine Rolle Zu den religiösen Bauwerken im islamischen Kultur- geschmückt sind. Die Bogen sind farbig alternierend werden in den Särgen von Angehörigen um das Grab- spielen. Die Gebäude entsprechen häufig den übli- raum gehören auch verschiedene Grabbauten, die als abgesetzt und erinnern an das Vorbild der Moschee mal herumgetragen. Die prächtigsten Moscheen sind chen regionalen Bauweisen. Bei nahezu allen aber Mausoleen für bedeutende geistliche oder politische in Cordoba. Schriftbänder mit Koranzitaten und dem die von Kerbela und Najaf, in ihrem baulichen Auf- handelt es sich um Kuppelbauten, die über einem Persönlichkeiten errichtet wurden. Daneben gibt es islamischen Glaubensbekenntnis krönen die Fenster, wand gefolgt von denen im nördlichen Baghdader rechtwinkligen, häufig quadratischen Grundriss er- Heiligengräber in Erinnerung an Personen von loka- die betont schlicht gehalten sind. Stadtteil Kazimiyya und in Samarra. Für die Ausstat- richtet sind. Immer wieder finden sich auch mehrere ler oder regionaler Prominenz. Um die Frage, ob Men- Im Gegensatz zu der strengen sunnitischen Auf- tung der Moschee des Imam Reza im iranischen Grabbauten gleicher Form in unmittelbarer Nachbar- schen nach ihrem Tod durch umfangreiche Grab- fassung über Grabbauten haben die Vertreter der Maschhad haben Mäzene und herrscherliche Bauher- schaft zu einander. Manches Mal befinden sich die bauten geehrt werden sollten, hat es in der islami- Schia stets die Meinung vertreten, dass die Bedeutung ren keine Kosten gescheut. In diesem Zusammenhang Grabbauten in einem umfriedeten Bezirk, in anderen schen Rechtsgelehrsamkeit heftige Debatten gegeben. ihrer Toten sich auch durch entsprechende Bauwerke muss auch auf die Grabmoschee des iranischen Revo- Fällen stehen sie unvermittelt in der Landschaft. Dann Herrscher und wohlhabende private Bauherren scher- ausdrücken sollte. Die großen Gestalten der schiiti- lutionsführers, Ayatollah Khomeini hingewiesen wer- wird auf ihre religiöse Bedeutung durch einfache, ten sich häufig nicht um die juristischen Debatten und schen Religionsgeschichte wie Ali, Hussein und die den, die in der Anlage und in ihrer Größe mit den nicht selten schon zerfetzte Fahnen und Banner hin- gedachten ihrer Verstorbenen mit aufwändigen Bau- ihnen folgenden Imame finden ihre letzte Ruhe in gro- Moscheen der großen schiitischen Heiligen verglichen gewiesen. ten. Im Volksislam spielen die Grabbauten über den ßen Grabmoscheen, die sich vornehmlich in den schii- werden kann. Gräbern von muslimischen Heiligen eine gesellschaft- tischen Wallfahrtsstätten im Irak befinden. Diese Die berühmteste Grabmoschee für eine Person, Tür und Fenstern, in deren Innerem sich das Grab liche wichtige Rolle. Die entsprechenden Gebäude Moscheen wurden ebenfalls immer wieder zerstört die nicht wegen ihrer religiösen Bedeutung bekannt eines Heiligen befindet. Die Innenausstattung ist sehr sind in der Regel sehr einfach gehalten, werden von und neu aufgerichtet. Nur der Imam Reza ist im ira- ist, ist das Taj Mahal im indischen Agra. Die Anlage einfach. Die Wände sind weiß gekälkt, eine Arbeit, die den Anhängern der Heiligen aber in Ehren gehalten. nischen Maschhad in einer großen Grabmoschee be- wurde auf Befehl des Moghul-Herrschers Schah Jehan häufig wiederholt werden muss. Es finden sich einfa- Zahlreich sind auch einfache Kuppelbauten mit Der wichtigste Grabbau für Muslime ist sicher- stattet. Auch die schiitischen Grabmoscheen in den zunächst für das Grab seiner Frau Mumtaz Mahal che Öllampen, Wachslichter, manchmal ein Teppich lich die Grabmoschee des Propheten Muhammad in irakischen Städten Kerbela, Najaf, Kazimiyya und zwischen 1632 und 1643 errichtet. Architekt war ein oder Vasen mit Blumen aus Kunststoff. Der Aufwand Medina. Dies Bauwerk hat im Laufe der Jahrhunderte Samarra sind Gebäude, die dem iranischen Moschee- Mann namens Ahmad Lahori, von dem bekannt ist, für diese Grabanlagen ist abhängig vom ‚Erfolg’ der so viele Umbauten, Erweiterungen und Veränderun- bautyp zuzuordnen sind. Die Höfe, auf denen die ei- dass er auch Astronomie, Geometrie und Mathematik Heiligen. An Gräbern, denen eine starke Wunderkraft gen erlebt, dass es inzwischen in seiner ursprüngli- gentlichen Grabmoscheen errichtet sind, sind von studiert hatte. Später wurden in der Anlage auch wei- zugesprochen wird, finden sich Grabwächter, die die chen oder auch nur einer mittelalterlichen Form nicht hohen Mauern umgeben. Im Fall der Moschee von tere Frauen des Herrschers bestattet. Anlage ständig pflegen und erhalten. Gräber von Hei- mehr zu erkennen ist. Es beeindruckt vor allem durch Kerbela findet sich ein nach Außen offener Iwan, der Koranverse in schwarzem Marmor umrahmen seine Größe von 82 Tausend Quadratmetern und Mi- als ‚goldene Halle’ bezeichnet wird. Weithin sichtbar die hohen Portale. Bei der Ausstattung stechen zwei narette, die 90 Meter hoch sind. Auch die Technologie beeindrucken vor allem die vergoldeten Kuppeln der Schmuckelemente besonders hervor. Das Blumende- der Neuzeit hat Einzug gehalten. Die große Moschee Moscheegebäude auch Nicht-Muslime, die die Mo- kor ist sehr naturalistisch gestaltet und befindet sich ist voll klimatisiert und mit einer enormen Audio- scheen selbst nicht betreten dürfen. Im Übrigen sind in einem Rahmen aus geometrischen Ornamenten. und Videoanlage ausgestattet. Links neben der Ge- die Außenwände in der Regel schmucklos. Umso Die Paneele zeigen Tulpen, die überreich aus Vasen betsnische befindet sich das Grab Muhammads, un- mehr ist der Besucher beeindruckt von den reichen hervorwachsen. Auch die Außenwände sind mit mittelbar davor das seiner Tochter Fatima. Der Stil der mit Kacheln ausgestatteten Innenhöfen und den pflanzlichem Dekor in Halbrelief verziert. Des Weite- Moschee ist eine Mischung aus neo-maurischen und prächtig von Fayencen mit Schriftbändern ge- ren fallen die aufwendigen Pietre Dure – Einlegear- neo-mamlukischen Elementen. Der Innenhof ist um- schmückten Außenwänden der Moscheen. In den Mo- beiten unter der Verwendung von Halbedelsteinen – geben von doppelten Arkadenbögen, deren Säulen scheen findet sich neben verschiedenen Neben- auf. Für diese Arbeiten wurden Spezialisten aus Flo- mit aufwändig verzierten und vergoldeten Kapitellen räumen ein großer Hauptraum mit dem prächtigen renz angeworben. Schriftbänder mit Koranzutaten er- ISLAMISCHE ARCHITEKTUR ligen, die in Vergessenheit geraten sind, sind dagegen nicht selten dem Verfall preisgegeben. ||| 25 KOLUMNENTITEL RECHTS Das Taj Mahal liegt am Rand eines ummauerten großen Parks oberhalb des YamunaFlusses. Der Garten besteht aus vier Teilen, in deren Mitte sich ein Wasserbecken befindet. Vier Kanäle laufen auf dieses Becken zu. Das Grabmal mit seinem achteckigen Grundriss wird von einer Moschee und einem Gästehaus flankiert. Auch neben diesen Bauten wurden Wasserläufe angelegt. Man betritt die Anlage durch ein großes Torhaus mit Räumen für Personal. Vier frei stehende Minarette an den Ecken der gesamten Anlage können als architektonische Wächter angesehen werden. Besonderer Wert wurde auf die Dekoration und die Materialien verwendet. Der weiße Marmor zeichnet sich durch seine Haltbarkeit und seine lichtdurchlässige Wirkung aus. Er reflektiert und absorbiert das sich verändernde Licht im Verlauf des Tages und bewirkt eine fortwährende Änderung des optischen Eindrucks. 26 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR ||| 27 ISLAMISCHE GÄRTEN KLOSTERBAUTEN – ORTE DER RELIGIÖSEN VERSENKUNG Vor allem in Perioden, in denen die mystischen Orden Wohlhabende und mächtige Mäzene veranlass- Wie im Judentum und Christentum spielt der haltskasse einmal ganz abgesehen. Leider ist Hanglagen angelegt, weil auf diese Art die Be- das Leben in der islamischen Welt stark beeinflussten, ten den Bau großer Klosteranlagen und sparten dabei Garten Eden auch im Islam eine wichtige über diese einfacheren Gärten kaum etwas wässerung durch Quellen oder durch verschie- gab es Bauwerke, die den Mystikern zeitweilig oder nicht mit Geld für die Ausstattung. Sie hatten dabei Rolle. Für den Islam ist der Garten des Para- bekannt. Es ist jedoch bekannt, dass diese Gar- dene Formen der künstlichen Wasserversor- auf Dauer als Unterkunft dienten. Die Benennung ist im Sinn, dass die Anlage auch ihr eigenes Mausoleum dieses, in dem die Seligen ewig verweilen, eine tenanlagen durch ein System von Wasser- gung einfacher zu bewerkstelligen war. War nach Regionen unterschiedlich. In Nordafrika spricht beherbergen sollte. Andere Klosterkomplexe waren zentrale Lehre. Daher kann es nicht verwun- gräben mit der notwendigen Feuchtigkeit ver- ein größerer Wasserlauf vorhanden, wurde man von Zawiya oder Ribat, in Ägypten und den Re- dagegen sehr viel einfacher. Beeindruckende Bau- dern, dass Gärten einen wichtigen Aspekt der sorgt wurden. Nach einem ausgeklügelten auch dieser in den Kontext der Bewässerung gionen östlich davon von Khanqah und in der Türkei werke sind kaum erhalten geblieben. Hingewiesen sei islamischen Kultur ausmachen. Diese Gärten System organisierten dafür verantwortliche eingebunden. Diese Bewässerungsregelungen und Zentralasien von Tekke. In der Regel handelt es auf die Zawiya des Mamluken-Sultan Faraj ibn Bar- sind in ihrer Anlage und in ihren Strukturen in Offizielle die Zuteilung des kostbaren Nass. werden in einigen Oasen und traditionellen sich um multifunktionale Bauten, zu denen eine Mo- quq in Kairo, die um 1411 fertiggestellt wurde. Die hohem Maße abhängig von den geografischen Diese großen Gartenanlagen verfügten nicht Städten bis heute praktiziert und gehen auf schee oder ein Betraum ebenso gehören wie Ver- Anlage ist quadratisch konzipiert. Eine zentrale Ge- und klimatischen Verhältnissen. In der Ebene selten über größere oder einfachere Unter- eine lange, oft in vorislamische Zeit zurückrei- sammlungsraum, Unterkunfts- und Versorgungs- betshalle wird von zwei Mausoleen flankiert. Im Ein- gibt es andere Möglichkeiten der Gartengestal- kunftsmöglichkeiten, in denen die Besitzer die chende Überlieferung zurück. Die im Schahar- möglichkeiten wie Küchen, Brunnen und Bäder, Bi- gangsbereich ragen zwei Minarette empor. Um einen tung als an gebirgigen oder auch nur hügeli- heiße Sommerzeit verbringen konnten. Im Üb- Bagh-Garten erkennbare Bedeutung von Brun- bliotheken, ferner Grabstätten und Mausoleen. Man- zentralen Innenhof sind Wohn- und Funktionsräume gen Standorten. In Regionen, die ausreichend rigen unterscheidet das Arabische sprachlich nen, Wasserläufen und Teichen wird oft in Zu- che Einrichtungen verfügten auch über eine Armen- angesiedelt. Mit dem Bau der Mausoleen, die auch als mit Wasser versorgt werden, kann man andere verschiedene Gartenformen. So versteht man sammenhang mit dem Vorbild des Paradies- küche, in der täglich Bedürftige verköstigt wurden. Gebetsstätten genutzt werden können, treten die klö- Arten von Gärten anlegen als in trockenen Ge- unter Bustan einen großen Nutzgarten oder garten gebracht. Auch in diesem spielen ja Die Einrichtungen konnten sich in Form und Aufgabe sterlichen Funktionen der Anlage in den Hintergrund. bieten. eine Plantage. Hadiqa oder Rauda meint dage- Flüsse mit Wasser, Milch, Honig und anderen gen einen Zier- und Erholungsgarten. Flüssigkeiten für das Löschen des Durstes der unterscheiden. Es gab Klostergebäude, die darauf ein- Auch wirtschaftliche und soziale Ge- gerichtet waren, ihren Bewohnern auf Dauer Unter- sichtspunkte spielen bei der Anlage von Gär- Gemeinhin werden zwei islamische Gar- kunft und Unterhalt zu bieten. Bei anderen wohnte ten eine Rolle. Ein herrschaftlicher Garten tenformen unterschieden. Die erste wird als Eine andere Form der Gartenanlage ist nur eine geringe Zahl von Personen, in der Art einer muss den Prestigeinteressen seines Besitzers Schahar-Bagh-Form bezeichnet. Die Benen- die, die sich nach und nach im Osmanischen Herberge für durchreisende Sufis, die sie für eine be- Rechnung tragen. Bürger und Handwerker in nung stammt aus dem Persischen und bedeu- Reich durchsetzte. Nur in seltenen Fällen fand grenzte Zeit versorgten. islamischen Städten nutzten ihre vor der Stadt tet ‚vier Gärten’. Es handelt sich um eine Art sich die Vierteilung der Schahar-Bagh-Gärten. liegenden Gärten im Sommer nicht nur als der Gartenanlage, die auf vorislamische acha- Stattdessen hatte man weniger deutlich struk- Möglichkeit, der Hitze ihrer engen Wohnquar- mänidische Gartenformen zurückgeht. Sie fin- turierte Gärten, die auch bei den Gärten, die tiere zu entkommen, sondern sie bauten auch det sich in unterschiedlichen Formen in den zum Herrscherhaus gehörten, teilweise als die verschiedensten Früchte und Gemüse an andalusischen Palastanlagen ebenso wie bei Nutzgärten konzipiert waren. Daneben gab es und ergänzten so den manchmal eintönigen den Schlössern der Moghul-Herrscher in In- die unterschiedlichsten Kioske und Garten- Küchenzettel, von der Entlastung der Haus- dien. Trotz verschiedener Variationen handelt häuser, die den Erholung und Entspannung es sich um eine Gartenanlage, die durch plat- Suchenden zur Verfügung standen. tierte Wege und durch Wasserläufe in vier Rechtecke aufgeteilt wird. Die von den Wegen und Wasserläufen eingegrenzten Gartenstücke werden mit Blumen und Büschen bepflanzt. Die Schahar-Bagh-Gärten wurden gern in 28 ||| ISLAMISCHE ARCHITEKTUR Seligen eine besondere Rolle.