== cçêëÅÜìåÖëëÅÜïÉêéìåâíÉ=Ó=mêçÑÉëëçê=_ÉêåÜ~êÇ=hÉáãÉê= == Elektronische Korrelationen Die herkömmliche Theorie der Festkörper beruht auf der Annahme, dass sich die Leitungselektronen weitgehend unabhängig voneinander durch das Kristallgitter aus positiv geladenen Atomrümpfen bewegen. Diese Theorie erklärt die Eigenschaften von normalen Metallen sowie von Halbleitern und Isolatoren, in denen nur wenige bzw. überhaupt keine Leitungselektronen vorhanden sind. Schon seit den 1950er-Jahren sind allerdings auch Materialien bekannt, in denen die abstoßenden elektrischen Wechselwirkungen zwischen den Leitungselektronen (sogenannte „Korrelationen“) zu ungewöhnlichen Phänomenen wie z.B. der unkonventionellen Supraleitung führen. Neben ihrem Interesse für die Grundlagenforschung bieten solche Phänomene auch ein ungeheures Anwendungspotenzial. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, muss jedoch zunächst ein quantitatives Verständnis des Einflusses von Korrelationseffekten auf die Materialeigenschaften erarbeitet werden. Dies erfordert einen grundsätzlichen Neuansatz in der Festkörperphysik. Bernhard Keimer und seine Abteilung am MPI für Festkörperforschung tragen durch ihre Forschung an Materialien mit starken elektronischen Korrelationen zu dieser Entwicklung bei. Das Repertoire der Abteilung reicht dabei von der Herstellung hochwertiger Einkristalle und epitaktischer Schichtstrukturen über die Entwicklung neuer spektroskopischer Methoden bis hin zur theoretischen Beschreibung von Korrelationseffekten. Die Forschungsarbeit der Abteilung soll im Folgenden anhand zweier Forschungsprojekte verdeutlicht werden, die zum Ziel haben, die unkonventionelle Supraleitung quantitativ zu verstehen bzw. elektronische Korrelationen an Metalloxid-Grenzflächen zu kontrollieren. Unkonventionelle Supraleitung Der supraleitende Zustand, in dem sich die Leitungselektronen völlig ohne elektrischen Widerstand durch einen Festkörper bewegen können, wurde vor genau 100 Jahren entdeckt. Weitere 50 Jahre später folgte eine schlüssige Erklärung dieses Phänomens: Bei sehr tiefen Temperaturen, nämlich nur wenige Grade über dem absoluten Nullpunkt (-273°C), verbinden sich jeweils zwei Leitungselektronen zu einem sogenannten „Cooper-Paar“. Die anziehende Wechselwirkung zwischen den beiden Elektronen wird dabei durch die positiv geladenen Atomrümpfe vermittelt. Die Cooper-Paare bilden dann eine makroskopische quantenmechanische Wellenfunktion aus, die sich über den gesamten Festkörper erstreckt und somit widerstandsfreie elektrische Leitfähigkeit ermöglicht. Vor nunmehr 25 Jahren wurde eine Klasse von Kupferoxid-Materialien entdeckt, die bei weitaus höheren Temperaturen (bis zu ca. -140°C) supraleitend werden. Obwohl diese Materialien mittlerweile vielfältige technische Anwendungen gefunden haben, fehlt bisher eine quantitative Theorie dieser sogenannten cçêëÅÜìåÖëëÅÜïÉêéìåâíÉ=Ó=dçííÑêáÉÇ=táäÜÉäã=iÉáÄåáòJmêÉáë=OMNN= mêçÑÉëëçê=_ÉêåÜ~êÇ=hÉáãÉê= pí~åÇ=g~åì~ê=OMNN= DFG O= = Hochtemperatur-Supraleitung. Man weiß allerdings, dass elektronische Korrelationen in den Kupferoxiden eine sehr wichtige Rolle spielen, und dass die konventionelle Theorie der CooperPaarbildung daher keine Erklärung dieses Phänomens liefern kann. Bernhard Keimer und seine Mitarbeiter arbeiten an einer möglichst vollständigen experimentellen Beschreibung unkonventioneller Supraleiter. Besondere Schwerpunkte liegen dabei auf den Kupferoxiden sowie auf Eisenarsenid-Materialien, in denen vor kurzem ebenfalls ein hochtemperatursupraleitender Zustand entdeckt wurde. In beiden Materialklassen konnten Keimer und Mitarbeiter durch Spektroskopie mit Neutronen eine Nahordnung der Elektronenspins nachweisen, die durch elektronische Korrelationen verursacht wird und in konventionellen Supraleitern nicht auftritt. Prinzipiell ist bereits bekannt, dass eine solche kurzreichweitige magnetische Ordnung Cooper-Paarbildung verursachen kann. Zurzeit arbeiten Keimer und Kollegen daran, diese Erkenntnisse durch sorgfältige Analyse ihrer spektroskopischen Daten in ein Modell umzusetzen, das quantitative Vorhersagen der supraleitenden Eigenschaften erlaubt. Metalloxid-Grenzflächen Grenzflächen zwischen zwei Halbleitern sind eine wesentliche Grundlage der modernen Mikroelektronik. Für die Funktionalität der Grenzflächen ist deren strukturelle Qualität von entscheidender Bedeutung: In modernen Halbleiter-Bauelementen sind die Grenzflächen bis hin zum Niveau einzelner Atome hin scharf ausgeprägt. Jüngste Entwicklungen haben nun dazu geführt, dass Grenzflächen auch für komplexe Materialien, wie z.B. Metalloxide mit atomarer Präzision, hergestellt werden können. Aufgrund elektronischer Korrelationen zeigen Metalloxide bereits im Volumen eine Vielzahl ungewöhnlicher elektronischer Eigenschaften, die in normalen Halbleitern nicht vorkommen. Dazu zählen insbesondere der Magnetismus und die oben bereits erwähnte HochtemperaturSupraleitung. Daraus ergibt sich die Perspektive, diese Eigenschaften analog zu der bereits etablierten Halbleiter-Technologie gezielt zu manipulieren. Geleitet von dem an Volumenmaterialien erarbeiteten grundsätzlichen Verständnis von elektronischen Korrelationseffekten in Festkörpern verfolgen Bernhard Keimer und seine Mitarbeiter verschiedene Strategien, um dieses Potenzial zu nutzen. Zunächst entwickeln sie experimentelle Methoden, um das Verhalten von Elektronen an Metalloxid-Grenzflächen möglichst umfassend zu erkunden. Dazu gehören insbesondere die Synchrotron-basierte Röntgenstreuung zur Messung der Elektronendichteverteilung und die optische Spektroskopie zur Untersuchung der Transporteigenschaften. In einem weiteren Schritt werden dann verschiedene Parameter wie z.B. Schichtdicken und epitaktische Verspannungen durchstimmt, um die elektronischen Wechselwirkungen zu kontrollieren. Eines der Fernziele dieses Forschungsprogramms ist die Stabilisierung der unkonventionellen Supraleitung über einen weiteren Temperaturbereich. cçêëÅÜìåÖëëÅÜïÉêéìåâíÉ=Ó=dçííÑêáÉÇ=táäÜÉäã=iÉáÄåáòJmêÉáë=OMNN= mêçÑÉëëçê=_ÉêåÜ~êÇ=hÉáãÉê== pí~åÇ=g~åì~ê=OMNN= DFG