1. Session 2. Vortrag HÖREN UND GEHÖRORGAN OA Dr. Gerhard Moser Landeskrankenhaus Salzburg Müllner-Hauptstraße 48, 5020 Salzburg Tel.: 0662 4482 57409 E-Mail: [email protected] Gehör und Gehörorgan Klaus Albegger* und Gerhard Moser Prim.a.D.Univ.Prof.Dr.Klaus Albegger emeritierter Vorstand der Univ.HNO Klinik Salzburg Tel: 0043 664 4222 865 Email [email protected] Korrespondenzadresse: Adresse: Bis 29.10.2012 5020 Salzburg, Peregrinstr.9 Adresse ab 30.10.2012 8010 Graz, Wartingergasse 37-39/Top 14 Dr.Gerhard Moser Oberarzt der Univ.HNO-Klinik Salzburg (Vorstand: Univ.Prof.Dr.G.Rasp) 5010 Salzburg, Müllner Hauptstr.48 Tel.0043 662 4482 57409 Email: [email protected] Zusammenfassung: Im ersten Teil unseres Referates befassen wir uns mit der Frage, warum das Hören gerade für den heutigen Menschen so wichtig ist. Genauso wie der Hörsinn im Vergleich zum Sehsinn im allgemeinen unterschätzt wird, so wird auch in gleicher Weise die Bedeutung einer Hörbehinderung für den Menschen unterschätzt, außer man ist selbst davon betroffen. Die große epidemiologische Bedeutung wird klar, wenn uns die Statistiker mitteilen, dass heute die Generation 80 plus die mit Abstand am stärksten wachsende Bevölkerungsgruppe in Österreich ist, und daß fast eine halbe Million Österrreicher bald über 80 sein werden, wobei sicher dreiviertel von Ihnen von einer mehr oder weniger ausgeprägten (Alters-) Schwerhörigkeit betroffen sind. Im zweiten Teil befassen wir uns mit der Anatomie und Physiologie des Hörorganes. Das Hörorgan weist von allen Sinnesorganen die höchste Empfindlichkeit auf, fast bis in den atomaren Bereich. Erst in den letzten Jahren haben die Hörforscher herausgefunden, auf welche geniale, im Grunde recht einfache Weise, die Natur dieses Wunder vollbringen konnte. Gehör und Gehörorgan Prim. a. D. Univ.-Prof. Dr. Klaus Albegger Dr. Gerhard Moser Oberarzt an der Univ.-HNO-Klinik (Vorst.: Prof. Dr. G. Rasp) Salzburg „Im Anfang war das Wort“ Stimme Sprache Verstehen Hören Sender Empfänger Was bedeutet Kommunikation? Sender Geräusche, definiert nach Frequenz, Amplitute, Zeit (ms) Empfänger Schallaufnahme mechano-elektrische Umwandlung Verstehen Linguistische Kriterien lexikalisch-semantisch, Grammatik, Prosodie Erkennen Dekodieren Wahrnehmen Schall Frequenz: f= Schwingung/sec in Hz Tonhöhe Amplitude wird als Schalldruck in Pascal Pa = N/m2 oder Schalldruckpegel in dB SPL angegeben. Lautstärke Schallgeschwindigkeit c hängt vom Medium ab: In Luft 340m/sec Wasser? Metall? Vakuum? Hörbereich des Menschen Infraschall 16 - 20.000 Hz Ultraschall Hörschwelle = Der niedrigste hörbare Schalldruck Schalldruck leisester – lautester Ton 1:1.000.000 = 120dB Compact Disc 90dB ! Bei 4 kHz niedrigster Schalldruckpegel = höchste Empfindlichkeit unseres Gehörs. SPL (= sound pressure level) in dB = 20 x log ( P / P ref) 2x10-5 Pa Amplituden- Frequenz- und Zeit-Diskrimination Wichtig ist nicht nur der Frequenzumfang und der Dynamikbereich, sondern, vor allem für das Verstehen von Sprache, auch die Fähigkeit, Schallereignisse unterschiedlicher Frequenz und Intensität voneinander zu unterscheiden: Amplitudenunterschiedschwelle Lautheitsunterscheidungschwelle Bei 40 dB SPL: 1 dB Hörschwelle: 3-5 dB Frequenzunterscheidungsschwelle Bei 1 kHz 3 Hz, das sind also 0,3%! Die kleinste Tonhöheneinheit in der Musik Halbtonschritt entspricht 6%, also das 20fache der Frequenzauflösung des menschlichen Ohres. Zeitliche Auflösung: Ohr 20ms, Auge 40ms Anatomie des menschlichen Ohres Mikroskopische Untersuchung des Ohres Das normale Trommelfell M.Stapedius M.Tensor Tympani Gehörknöchelchen und Mittelohrmuskeln Funktionen des Mittelohres I. Schallübertragung Problem: höhere mechanische Impedanz (Schallwellenwiderstand) von Wasser gegenüber Luft Lösung: Impedanzanpassung durch Druckerhöhung der Schwingung a) Flächenverhältnis Trommelfell 90 mm2 ovale Nische 3 mm2 = Faktor 30 b) Hebelwirkung der Gehörknöchelchen Dadurch wird Schallreflexion von 99% auf 35% gesenkt ! II. Dämpfung der Übertragung Durch Kontraktion der Mittelohrmuskel M. stapedius M. tensor tympani III. Ausgleich des wechselnden äusseren Druckes Aufbau der Cochlea Längsschnitt durch die Cochlea Histologischer Querschnitt durch das Corti-Organ Aufsicht auf das Corti-Organ im Rasterelektronenmikroskop Das Corti‘sche Organ Äussere Haarzellen: • Hauptsächlich efferent innerviert durch olivo-cochleäre Nerven, die die cochleäre Verstärkung hemmen. Dadurch Verbesserung des dynamischen Bereiches, der Schalldedektion in lauter Umgebung und Schutz der Cochlea. Innere Haarzellen: •10 - 20 primäre auditorische Neurone mit nur einem synaptischen Kontakt • Jedes dieser Neurone innerviert nur diese eine Haarzelle, so dass Prinzip der Tonotopie neuronal fortgesetzt wird. • Ca.30.000 Neurone bilden Ganglion spirale und deren Axone den Hörnerven. Aufbau des Hörorgans Funktionsweise der Cochlea -Signalverarbeitung Kochläre Mechanik I: Frequenzdispersion Wanderwelle Tonotopie Mechano-elektrische Transduktion durch Haarzelle Kochleäre Mechanik II: Der kochleäre Verstärker Synaptische Transmission an der inneren Haarzelle Prinzipien der Schallkodierung im Hörnerv Amplitude, Frequenz, Reizfolgepotentiale Architektur und Funktion der auf-u.absteigenden Hörbahnen Kochläre Mechanik I: Frequenzdispersion Wanderwellentheorie von Békésy an der toten Cochlea (Nobelpreis für Medizin 1961): Tonotopie, Die mechanischen Eigenschaften der Basilarmembran ändern sich systematisch von der Basis bis zum Apex: • Die Breite 5-fach • Sie wird dünner, die Steifigkeit nimmt ab • Die Schwingungsmasse nimmt zu • Das Amplitudenmaximum ist frequenzspezifisch: • Hochfrequente Schwingungen an der Schneckenbasis • Tieffrequente Schwingungen an der Schneckenspitze Wanderwelle in der Cochlea Frequenzdispersion durch die Cochlea a) Cochlea entrollt b) Zwei Flüssigkeitsräume werden durch die Basilarmemembran getrennt c) Durch Vibration des Stapes am ovalen Fenster bildet sich eine Wanderwelle mit Amplitudenmaximum d) Der Ort des Wanderwellenmaximums ist freqenzabhängig Mechano-elektrische Transduktion Auslenkung in Richtung auf die längsten Stereozilien dehnt die TipLinks, öffnet die Transduktionskanäle, die Zelle wird durch K+-Einstrom depolarisiert. Umgekehrt führt die Lockerung der Tip Links zum Schließen der Ionenkanäle und zur Hyperpolarisation. Ableitung des Rezeptorpotentials der inneren Haarzelle: die Amplitude steigt mit zunehmendem Schalldruck an. Aufsicht auf das Cortische Organ: Raster-Elektronen-Mikroskopie 1 = innere Haarzelle 2 = Ausschnittvergrößerung mit „tip links“ 3 = Stereozilien der 3 Reihen der äußeren Haarzellen Kochleäre Mechanik II: Der aktive kochleäre Verstärker Die exzellente Frequenzselektivität mit der Wanderwellentheorie von v. Békésy nicht erklärbar. a) Verstärkung und Verschärfung der Wanderwelle durch aktiven, mechanischen Verstärkermechanismus. b) De- und hyperpolarisierende Phasen des Rezeptorpotentials lösen schnelle Kontraktions- und Elongationszyklen der äußeren Haarzellen aus, die die Schwingungen der Basilarmembran verstärken. Die Elektromotilität wird durch das Membranprotein PRESTIN generiert. c) Beweis durch emittierte Töne, die von den äußeren Haarzellen stammen Æ die sog. otoakustischen Emissionen Kochleäre Mechanik II: Der aktive kochleäre Verstärker Inhibition der cochleären Verstärkung: Die Verstärkungen finden nur bei Schalldruckpegeln unterhalb von 80dB statt. Werden die äußeren Haarzellen zerstört, sinkt die Hörschwelle um 50-60 dB. Die Länge des säulenförmigen Zellkörpers ändert sich mit dem Membranpotential: Depolarisation führt zur Kontraktion, Hyperpolarisation zu Elongation. Die Elektromotilität ist so extrem schnell, dass sie jeder Schwingung der Basilarmembran folgt. Durch efferente olivo-cochleäre Nerven. Funktion: 1. Vergrößerung des dynamischen Bereiches 2. Verbesserte Schalldetektion in lauter Umgebung 3. Schutz der Cochlea vor zu lauten Geräuschen Aufbau des zentralen auditorischen Systems Aufsteigende und absteigende Bahnen Oliva Superior Der erste Kernbereich, der binauralen Input erhält, vor allem zur Schalllokalisierung Mediale superiore Olive: Laufzeitunterschied bei 90o ca. 600μs; Unterscheidung 10 μs=1o Voraussetzung präzise Phasenkopplung zwischen Schall und Aktionspotentialmuster, daher vorwiegend niedrige Frequenzen Laterale superiore Olive: Berechnung der Schallrichtung aus Intensitätsunterschieden. Schall an der abgewandten Seite um ca. 20 dB niedriger Hohe Frequenzen werden im Gewebe stärker absorbiert, deshalb verabeiten LSO Neurone vorwiegend hochfrequente Anteile des Schalles. Im Vertikalbereich spielt die Ohrmuschel eine wichtige Rolle. Die binaurale Signalverabeitung erhöht die selektive Wahrnehmbarkeit des Nutzsignals erheblich Zwei Ohren-ein Gehörorgan Afferentes und efferentes System