Sonographische Bestimmung der Milzgröße Bedeutung und

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Thieme-Verlag
Frau Holzer
Sommer-Druck
Feuchtwangen
Seitz/Schuler/Rettenmaier
Klinische Sonographie
TN 126452 – 1. DR
WN 17419/1/02/1
6.5.2008
Kap-09
Critical Comment
Fragen für die Differenzialdiagnostik
bei „Splenomegalie“
Sonographisch ist die Milzgröße einfach und sicher zu
bestimmen. Die alte Pathologenformel „4711“, die
„Richtgröße“ der Milz mit 11 × 7 × 4 cm ist damit objektiv überprüfbar. Die alte hierarchische Ermittlung
der Milzgröße in der aufsteigenden Kaskade: Assistenzarzt – Oberarzt – Chefarzt bis zur klinischen Festlegung
gilt schon lange nicht mehr. Auch sollte die Milzgröße
in Beziehung zum Konstitutionstyp des Patienten gesetzt werden. Asthenische Menschen haben oft lange
und dünne Milzen im Vergleich mit einem Pykniker.
■ Bedeutung und Differenzialdiagnostik
der Splenomegalie
Der Begriff Splenomegalie beschreibt wertfrei die Vergrößerung der Milz, aber nicht deren Ausmaß. Leider
denken viele unwillkürlich an eine „Riesenmilz“. Nicht
selten finden sich bei Erwachsenen leichtgradige Milzvergrößerungen, die bei asymptomatischen Patienten
und unauffälligem Basislabor keiner weiteren Diagnostik bedürfen. Es ist erwiesen, dass in solchen Fällen der
leicht- bis mäßiggradigen Milzvergrößerung (Länge
bis 14 cm, Dicke bis 6 cm) die reflektorische Veranlassung einer Knochenmarksbiopsie zu keiner Diagnose
führt und überflüssig ist. Bei hämatologischen Systemerkrankungen mit Milzbeteiligung liegen die Milzgrößen (auch ohne Nachweis fokaler Veränderungen) oft
bei 16 × 8 cm und höher.
„Erhebliche“ und „extreme“ Splenomegalie sind immer Ausdruck „relevanter“ Krankheitsbilder und bedürfen daher der intensiven Ursachenforschung. Allerdings sollte die Größenangabe immer in Klammern der
Diagnose Milzvergrößerung beigefügt werden, denn
diese ist mit guter Messgenauigkeit nachvollziehbar
und so lassen sich Missverständnisse vermeiden.
Vergrößerte, wie auch verkleinerte oder Milzen mit diffus inhomogener Struktur geben jedoch immer Anlass,
an Systemerkrankungen zu denken. Die Zahl der möglichen Differenzialdiagnosen ist enorm, deren Relevanz
sehr unterschiedlich.
Bei der Differenzialdiagnostik gilt es als erstes
nach einer Beziehung zwischen Milzgröße und aktueller Anamnese zu suchen.
Normvarianten sowie Nebenmilzen (bis zu 10 %) sind
vergleichsweise häufig und harmlose Befunde, sie erfordern keine weitere Diagnostik.
■ Ätiologie einer größenveränderten Milz
und entsprechende Diagnostik
Ätiologische Hinweise ergeben sich nur bei portaler
Hypertension und Lymphom. Die meisten Ursachen einer größenveränderten Milz lassen sich sonographisch
alleine nicht klären, einige jedoch mit hoher Zuverlässigkeit ausschließen. Zirkulationsstörungen des Pfortader-/Milzvenenkreislaufs und relevante Leberveränderungen sind sonographisch gut fassbar, hier ist der
Farbdoppler sehr hilfreich. In Zusammenschau mit
dem Basislabor (mäßige Thrombozytopenie) lässt sich
häufig ein Hyperspleniesyndrom als Ursache einer
Milzvergrößerung diagnostizieren, weitere Diagnostik
ist dann meist entbehrlich.
Naturgemäß bedürfen systemische Infektionen der
mikrobiologischen bzw. (infektions-)immunologischen
Diagnostik, ebenso wie Autoimmunkrankheiten. Hämatologische und maligne Systemerkrankungen
erfordern spezialisiertes Labor und histologische Diagnostik. Mit Ultraschall wird man sorgfältig alle sonographisch darstellbaren Lymphknotenstationen untersuchen, sowie auf fokale Prozesse achten. Hierbei
ergibt sich die Möglichkeit der sonographisch gezielten
Materialgewinnung für mikrobiologische, zyto- und
histologische Analysen.
Bei geringer bis mäßiger Splenomegalie als Zufallsbefund findet sich in der Regel keine erkennbare Ursache, hier wird man sich bei unauffälliger bzw. plausibler Klinik und blandem Labor wenn überhaupt auf die
Verlaufskontrolle beschränken.
Die septische Milz ist meist nur gering vergrößert.
Makropathologisch ist sie an der Konsistenz und der
Schnittfläche erkennbar. Daher finden wir keine ultraschalltypischen Kriterien. Sonographisch sollten infarktverdächtige Areale und Status febrilis an eine Endokarditis denken lassen, deren morphologischer
Nachweis am besten mit der transösophagealen Echokardiographie gelingt.
Die funktionelle Asplenie bzw. funktionelle Autosplenektomiesyndrome werden sicher noch zu selten
diagnostiziert. Die sonographischen Befunde sind unspezifisch, (szintigraphische) Funktionsuntersuchungen bei foudroyantem Verlauf in der Regel nicht möglich.
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■ Sonographische Bestimmung der Milzgröße
A Bestehen Hinweise auf eine aktuelle, kurz zurückliegende
oder rezidivierende Infektion?
A Besteht eine B-Symptomatik?
A Hatte der Patient eine Mononukleose? Bei der EBV-Infektion kann selbst nach einem Jahr noch eine signifikante
Milzvergrößerung nachweisbar sein.
A Liegt tatsächlich eine Größenveränderung vor, ist sie
objektivierbar und reproduzierbar?
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Klinische Sonographie
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WN 17419/1/02/1
6.5.2008
Kap-09
■ Verlaufskontrolle
■ Fieber unklarer Genese
Verlaufs- oder Kontrolluntersuchungen der Milz bei
Systemerkrankungen und im Rahmen systemischer
Therapien sind eine Domäne der Sonographie. Hierbei
sind jedoch die interindividuellen Streubreiten der
Messgenauigkeit (Milzgröße) verschiedener Untersucher zu berücksichtigen, eine Rundung auf halbe oder
ganze Zentimeterangaben ist zu empfehlen. Eine sorgfältige Dokumentation ist essenziell.
Bei Fieber unklarer Ursache gehört die Ultraschalluntersuchung des hämato-immunologischen „Signalorgansystems“ Milz-Lymphknoten bereits zur apparativen Basisdiagnostik. Nachschauen lohnt sich, da die
Sonographie ungleich genauere Informationen des
„vergessenen Organs“ als die klinische Untersuchung
liefert.
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