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AHZ 1971/4
BEUCHELT / Ambulante Diabetikerbehandlung
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Diese ersten mit Datisca gesammelten Erfahrungen sollen als Anregung
dienen, diese interessante Droge auch in anderen Praxen auf ihren therapeutischen
Wert zu prüfen. Vielleicht kann ich durch meine Ergebnisse dazu beitragen, eine
neue Pflanze für die Therapie nutzbar zu machen.
(Anseht, d. Verf.: Dr. med. Hellmuth Beuchelt, 4500 Osnabrück, Mittelstraße 7)
Toxikologische Beiträge zu den homöopathischen
Arzneimittelprüfungen Von WALTER PISCHEL
Innerhalb der homöopathischen Medizin ist von den Elementen der I. Ordnungsgruppe des periodischen Systems Kalzium (Ca) das meist angewandte. Barium spielt zumindest die gleiche Rolle wie Ca., wird aber nach meinen Erfahrungen allgemein weniger gekannt und somit auch weniger angewandt. Um den
Gebrauch der Barium-Salze zu beleben, dient die folgende Studie. Die umfassende
Erfahrung vieler Ärztegenerationen dient als Leitmotiv, von HUFELAND, über
HAHNEMANN, CRAWFORD, SCHEELE (1675 von ihm Ba. entdeckt), GMELIN,
VIRCHOW, SCHIMERT bis in die Neuzeit, die eine Menge Intoxikationsmaterial
liefert, welches als Indikations-Hinweise dienen kann und dient, allerdings zunächst nur von der grobtoxikologischen Seite her. Durch Empirie, Experimente an
Mensch und an Tieren, Intoxikationen an Mensch und Tier erhalten wir in abgegrenzten Gebieten Barium-Indikationen für unsere Patientenschaft. Die therapeutische Bariumanwendung in der allopathischen Zone ist relativ leicht, in der
homöopathischen Zone schwerer zu handhaben. Die beschriebenen Nebenwirkungen aus Barium-Vergiftungen geben den ersten Aufschluß, der im folgenden
näher belegt werden soll. Die Intoxikationsfolgen durch Barium (Ba) haben 6
umschriebene Syndrom-Gruppen.
Organotrope System-Affizierung durch Barium-Intoxikation
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Herz-Kreislauf-System
Gastro-Intestinal-Trakt
Muskelsystem (glatt und quergestreift)
Respirations-Trakt
Urogenital-System
Nerven-System
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Barium (I. Teil)
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PiscHEL / Toxikologische Beiträge
AHZ 1971/4
Bei den Intoxikationen beträgt die Latenzzeit bis zum Wirkungseintritt V2 bis
1 Std.; die toxische Dosis des lösl. Ba.-Salzes (Ba CI2 oder Ba CO3) setzt schon bei
0,2—0,5 g, die l e t a l e bei 3,0 bis 4,0 g ein.
18 Personen wurden anläßlich einer Magen-Diaskopie mit 150,0 Ba-Karbonat
vergiftet. 14 Personen starben trotz stationärer Therapie. In einem anderen Falle
starben von 8 Intoxikierten 6 Personen. Die registrierte Symptomatik während
des Krankheitsverlaufes und die Sektionsbefunde werden für diese beiden Beobachtungen im Folgenden subsumiert.
Cardio-Vasculäre System-Affektionen
In kleinen Dosen hatte Bα. eine digitalisähnliche Wirkung, es verstärkt die
Systole, a b e r im Gegensatz zu Digitalis nimmt die diastolische Erweiterung
des linken Ventrikels ab. Es entwickelten sich: B r a d y k a r d i e bis 48/Min.,
a b e r final bis 130/min. Tachykardie (muß dringend festgehalten werden, weil
innerhalb der Homöopathie immer nur vorwiegend die Bradykardie als Indikationsnotwendigkeit genannt wird), Bigeminie, absolute Arrhythmie, Extrasystolie. Puls war schwach, leicht unterdruckbar, kaum fühlbar, unregelmäßig, ungleichmäßig. Herztöne waren g e d ä m p f t (also nicht k l i n g e n d e Baryttöne, die erst in der Nachwirkung dominierend und doch wohl mehr eine Erfahrung am Krankenbett sind.)
Gefäß-System-Affektionen
Initial starke V a s o k o n s t r i k t i o n das heißt direkte Giftwirkung auf
die g l a t t e Muskulatur der Gefäßwände, sowie auf die Gefäß-Inervation.
S p a s m e n an den Koronarien, den Leber- und Lungengefäßen. Obwohl oft
Blutdruckerhöhungen resultieren, konnten bei diesen Kranken keinerlei Druckerhöhungen beobachtet werden (Kurz-Wirkung der Intoxikation; Hypertonie Folge
der chronischen Intoxikation, als Nachwirkungs-Symptom, dann gibt es auch
die k l i n g e n d e n Baryt-Töne nach WAPLER-SCHOELER.
Elektrokardiographie
Bei den Überlebenden w a r 40 Stunden nach Intoxikation 1 E K G normal, im
anderen Fall fanden sich: B i g e m i n i e , E x t r a s y s t o l i e ohne vollständige kompensatorische Pause, ST-Senkungen in I u. IL
Gastro-Intestinal-Trakt-Affektionen
U n t e r den ersten Symptomen fanden sich: belegte Zunge (keine Beschreibung
der A r t des Belages); d a n n später s t a r k e m u s k u l ä r e
Kontraktionen
am M a g e n - D a r m - K a n a l mit erheblicher Spasmenbildung an der
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Barium-Vergiftungen aus der Neuzeit
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PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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g l a t t e n Muskulatur. Alle Patienten hatten einen druckempfindlichen Leib
und klagten über „Bauchkrämpfe". Die Stuhlentleerungen waren bei allen
p r o f u s , w ä ß r i g , später auch b l u t i g ! , und nach verdorbenen Eiern
riechend. — Der Brei wurde erst erbrochen, dann kam grünliches oder kaffeesatzähnliches Erbrechen. Die Schleimhautschädigungen gingen bis zur P e r f o r a t i o n (akut-grobtoxisch mit Letalausgang). 2 Kranke hatten Brennen im
Mund!; dies gilt als pathognomonsich (bei Zerebralsklerotikern).
D y s p n o e und f o r c i e r t e oberflächliche Atmung, die mit der AtemHilfsmuskulatur betätigt wurde. (Asthma-Typ). Dies wegen der auftretenden
Z w e r c h f e l l - Lähmung. Ferner eindeutig B r o n c h i t i s und B r o n chopneumonie.
Urogenital-System-Affektionen
Literaturmäßig t o x i s c h e Nephropathie beobachtet. Bei diesen Fällen nicht
registriert, da der Verlauf zu fudroyant war.
Nerven-System-Affektionen
Das Sensorium ist nicht stärker gestört. — Gleich bei den ersten digestiven
Symptomen traten P a r ä s t h e s i e n an Wangen, Händen und Füßen auf,
später s c h l a f f e Lähmungen der Extremitäten, Störungen des Schluckvorganges und Sprachstörungen vom b u 1 b ä r e n Typ. Ferner: Kopfschmerzen
(leider ohne sympt. Detailangabe), Schwindel (nicht gesagt, ob systematisch oder
unsystematisch), Schweiße, Zittern, abgeschwächte Reflexe und
weite,
schwach reagierende Pupillen (charakteristisch). Die beiden Überlebenden der
einen Gruppe hatten am zweiten Tage keine Parästhesien mehr. Beide hatten
noch nach 2 Tagen den Babinsky und den Chvosteck I. Grades positiv.
Laboratoriums-Ergebnisse:
Normal waren: BSG, Ery., Hgb., Urin-Status, Knochmarkpunktat, Leber-Tests
und Elektrolythaushalt (man achte später auf die unter Ba-Intoxikation oft auftretende Hypokaliämie).
Anfänglich: Leukozytose, Linksverschiebung, Aneosinophilie; mäßige Verminderung von Natrium und Chloriden.
Pathologisch-Anatomische Befunde
3 Fälle boten eine a k u t e D i l a t a t i o n des r e c h t e n Herzens. Allg.
parenchymatöse Degeneration (Herz-Leber-Niere).
A m M a g e n - D a r m - K a n a l fanden sich: h ä m o r r h a g i s c h e Infiltration der
Schleimhäute, seröse oder phlegmonöse E n t z ü n d u n g mit oberflächlichen N e k r o sen. — Pulmonal k o n n t e bei allen Fällen eine nodulär-hämorrhagische P n e u -
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Respirations-Trakt-Affektionen
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PiscHEL / Toxikologische
Beiträge
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m o n l e . i n 3 Fällen L u n g e n ö d e m , ferner teilweise pleurale, hämorrhagische Infiltrationen gefunden werden. Und zerebral hämorrhagische Infiltrationen der weichen Hirnhäute, Gehirn-Ödem, 1 Fall Ekchymosen im Thalamus
opticus und bei einem Fall Vakuolen um die Kerne des Nervus ischiadicus.
Eine 29jährige Frau
2 °/o Strontiumchlorid,
sich um Durferrit C 5
setzten sich die Zeichen
nahm in suizidaler Absicht ein Getränk, das 70 °/o BaCl 2 , 4 °/o BaCO 3 ,
10 °/o Natriumzyanid und 14 °/o Natriumchlorid enthielt. (Es handelte
von der Degussa und wird in der Eisenindustrie angewandt.) Klinisch
der Bariumintoxikation durch.
Aufnahmebefund :
Oberflächliche Atmung, Tachykardie, s c h n e l l wechselnder Blutdruck von RR 90/60 bis
RR 200/60 mm Hg. — Deutliche Schmerzreaktion bei Palpation der Bauchorgane (Spasmenbildung), S c h l a f f e Lähmungen der Extremitäten (bei den obigen Fällen wurden noch keine
Wirkungen auf die willkürliche Muskulatur berichtet).
Elektrokardiographie:
1. EKG: Sinusrhythmus von 95/min. (Abb. 1)
2. EKG: wenige Minuten nach der Aufnahme: der Sinusrhythmus ging in einen Kammereigenrhythmus über, Frequenz jetzt 120/min. (Abb. 2)
3. EKG: Tachykardie mit häufigem "Wechsel des Schrittmacherzentrums (Abb. 3)
4. EKG: Kammerflimmern nach 45 Min.
Wesentlich bei dieser Beobachtung war, daß der Versuch, diese Störungen durch Isoptin,
Xylocain und Elektroschocks n i c h t zu beseitigen war. Bα. setzte sich durch.
Abb. 1
Abb. 2
Abb. 1: EKG bei der Aufnahme (Geschwindigkeit: 25 mm-sec). Abi. I I : Frequenz: 95/min Sinusrhythmus, Q T = 0,52 sec (Soll: 0,32). — Abb. 2: (Geschwindigkeit 50 mm/sec) Kammereigenrhythmus von einer Frequenz von 120/min.
Abb. 3: (Geschwindigkeit 25 mm/sec) Abi. IL Spontan rasch wechselnde Schrittmacherzentren
bei ventrikulärer Tachykardie
Im weiteren Verlauf nach 20 mval Kaliumbicarbonat kam es zu einer pankardialen Asystolie
(Abb. 4).
Interkurrent folgte eine kurze Phase von Sinusrhythmus, der wenige Minuten später erneut
in Kammerflimmern überging. Regularisierung durch 80 mval Kaliumbicarbonat. Danach Bestimmung des Serum-Kalium-Wertes: mit 1,3 mval H y p o k a l i ä m i e ! ! (Ba-spezifisch) (Doppelbestimmung durch 2 Personen).
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Verlauf einer Barium-Vergiftung (Universitäts-Klinik Köln)
PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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Abb.4:
P a n k a r d i a l e Asystolie nach
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Der weitere Verlauf zeigte Wechsel von primärem und sekundärem Schrittmacherzentrum
(Abb. 5).
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Abb. 5:
S p o n t a n e r Wechsel v o n
primären u n d sekundären
Schrittmacherzentren.
Bei
dem Sinusrhythmus besteht
ein AV-Block I . Grades
sowie eine deutliche V e r längerung d e r Q T - Z e i t auf
0,38 sec (Soll: 0, sec)
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PiscHEL / Toxikologische
Beiträge
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Abb. 6: (Papiergeschwindigkeit 25 mm/sec). Übergang in einen regelmäßigen Sinusrhythmus nach
Anlegen einer Kaliumdauertropfinfusion
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. 7: Kammerflimmern durch den Einfall einer Extrasystole in die vulnerable Phase
Abb. 8: Papiergeschwindigkeit 50 mm/sec. Das EKG hat sich 48 Stunden nach der Aufnahme
wieder normalisiert. Frequenz: QT = Soll =
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PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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48 Stunden später war das EKG wieder ohne Schädigungszeichen. W i c h t i g für die bestehende Hypokaliämie war, daß die Patienten k e i n e gastro-intestinalen Störungen hatten
(insbesondere k e i n e profusen Diarrhöen).
Barium-Vergiftung durch Bariumnitrat
Ebenfalls in suizidaler Absicht nahm eine 16jährige Schülerin 1 Eßlöffel. Zu
achten ist besonders auf die deutliche Wirkung an der willkürlichen (quergestreiften) Muskulatur.
S y m p t o m a t i k in der Klinik.
Krampfartige Wadenschmerzen, A p a t h i e , Nichtreaktion auf Schmerzreize, weite Pupillen, träge Lichtreaktion, Convergenzschwäche, Sehnenreflexe nicht
auslöbar, unkoordinierte Muskelkontraktionen am ganzen Körper. Puls: u n r e g e l m ä ß i g , 96/Min. RR 150/90 mm Hg.! (Hypertonie).
Labor-Befunde bei der Aufnahme:
L e u k o z y t e n : 67 500, Linksverschiebung = 17 % Stabkernige, Thrombopenie von 160 000,
n u r 2 % Lymphozyten, demnach eine lymphopenische Leukozytose mit Thrombopenie. Die
Erythropoese war nicht gestört. — Katheter-Harn: spez. Gew. 1026, Eiw.: +, (Esbach 0,08
0/00), Ubg. (+); Sediment: Ery ++, Leuko. ++. (keine Zahlenangabe fürs Blickfeld.)
Serumkalium: 2,6 mg°/o
EKG: (3 Std. nach Giftaufnahme) Massive Deformierung des Kammeran'teLles. Negative TWelle in der Wilson-Abltg., dabei Verschmelzung mit der U-Welle. Polytope, ventrikuläre
Extrasystolen.
EKG: (7 Stunden nach der Intoxikation) Sinusrhythmus, 85/min., QT-Dauer von 0,52 („vorher
0,7") St in II und III im Anfangsteil gesenkt, T-Wellen abgeflacht und TU-Verschmelzungswellen. Keine E. S. mehr.
Nach 48 Stunden waren die EKG-Zeichen verschwunden. Insgesamt wieder: Hypokaliämie,
Reizbildungs- und Reizleitungsstörungen am Herzen und lähmende Wirkung auf die quergestreifte Muskulatur (Adynamie, leichte Hypertonie infolge Vasokonstriktion).
In der medizinischen Poliklinik der Universität München wurden experimentelle Barium-Vergiftungen vorgenommen, um einen adrenergenen Beta-Rezeptorenblocker zu testen (DOCITON). Die dabei gefundenen Barium-Intoxikationszeichen sind typisch. In niedriger Konzentration wirken Ba-Ionen positiv inotrop
und steigern im Myocard die nomo- und heterotope Reizbildung. Früher wurde
deswegen Bα. bei Asystolien und bei Herzinsuffizienz eingesetzt. Wegen seiner
erheblichen Toxizität war Bα. jedoch als Therapeutikum wieder abgeschafft wor-
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Erst nach kontinuierlicher Zufuhr von 120 mval Kalium/Stunde als Tropfinfusion entwickelte
sich wieder ein Sinusrhythmus. Es verblieb aber die Paralyse der willkürlichen Muskulatur bei
stabilem Blutdruck. Nur einmal noch kam es in der vulnerablen Phase durch Einfall einer Extrasystole zu Kammerflimmern (Abb. 6).
Weitere Kalium-Zufuhr von insgesamt 220 mval erhöhte den Serum-Kali-Spiegel auf 2 mval.
In Weiterführung der Kalium-Behandlung kam es dann endgültig wieder zur Regularisierung
der Herzaktion (Abb. 9). (Bei Bariumvergiftung gilt nicht die Faustregel für die Kalium-Zufuhr
40 mval/Injektion.) Die Zeichen der Hypokaliämie aber konnten im Bereich der Kammerendwerden.
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PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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den!! sie! — (Einseitige Betrachtung des Pharmakons und Nichtkenntnis der
Simileregel HAHNEMANNS.)
1.
2.
3.
4.
5.
Stimulation der glatten Muskulatur
Intestinale Krämpfe
A u f s t e i g e n d e Lähmungen
Hypokaliämie
C a r d i a l e S y m p t o m a t i k wie bei Digitalis-Intoxikation.
a) Sinusbradykardie, auch Tachykardie!!
b) AV-Überleitungsstörungen
c) IV-Reizleitungsstörungen
d) ventrikuläre und supraventrikuläre Extrasystolie
e) Tachykardien bis zum Kammerflimmern
Die folgenden Tierversuche erhellen wiederum die typischen Ba-IntoxikationsFolgen. Insgesamt wurden diese zur Aufhellung der Pathogenese der Extrasystolien durch Bα. durchgeführt. (Es wurden Ratten, Kaninchen und Hunde benutzt.)
Ratten-Versuche
In Abständen von 2 Minuten wurden je 0,0025 bis 0,1 einer 2°/oigen Ba.-Lösung i. v. gegeben.
Ergebnisse (nach 1,14—6,1 mg BaCl2).
1. Phase:
Frequenzsteigerung des Herzens um 35 °/o des Ausgangswertes
Verlängerung der PQ-Dauer
Intraventrikuläre Reizleitungsstörungen
Schenkelblockbildungen
Ventrikuläre Tachykardie
2. Phase:
Kammerflimmern und Hypokaliämie.
Ferner kam es zu Allgemeinerscheinungen: generalisierte Krämpfe, Defäkation, Miktion. Alle
Tiere kamen im Kammerflimmern und an Asystolie ad exitum.
Für die Rhythmusstörungen bei Ba.-Intoxikation könnte eine vermehrte adrenergene Stimulation, direkte Membraneffekte sowie sekundäre Elektrolytstörungen ursächlich verantwortlich gemacht werden; nicht jedoch ist in wesentlicher
Weise eine Catecholamin-Freimachung aus dem Myokard beteiligt. Bα. hat eine
Eigenwirkung auf das Myokard, wirkt kontraktilitätssteigernd. Die Sinus-Bradykardie wird durch Änderung des Schwellenwertes in den Schrittmachern erklärt,
denn eine vagale Stimulation konnte ausgeschaltet werden. Die heterotope Extrasystolie wird dadurch erklärt, das Bα. auch auf das Arbeitsmyokard wirkt, wo
ebenfalls Schrittmacherzentren vorhanden sind. Auch die Ba.-induzierte Hypokaliämie wirkt dysrhythmisch. Sie wirkt dem Bα. gleichsinnig. Es liegt nahe, daß
unter Ba.-Einwirkung ein Kaliumverlust der Myokardzelle stattfindet.
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Intoxikations-Zeichen während der Versuche an Tieren
PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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e)
; Ratte, Gewicht 270,0 g; Narkose: 8,3 mg/100 g KG Na-Pentobarbital intraperitoneal,
a): EKG vor Bariumgabe; b): sofort nach Injektion von insgesamt 2,92 mg/ICO g KG Bariumchlorid; Auftreten von K a m m e r f l a t t e r n ; anschließend intravenöse Gabe von 0,0037 mg/1 CO g
KG Propranolol; d): 30 sec. nach Propranololgabe: ventrikuläre Extrasystolie; d): 30 sec. nach
Propranololgabe: Sinusrhythmus, A-V-Überleitungsstörung, ST-Senkung; nochmals intravenöse
Injektion von 0,00185 mg/100 g KG Propranolol; e): 10 sec. nach Propranololgabe: regelmäßiger
Sinusrhythmus; Normalisierung des ST-T-Verlauf es.
Im Hinblick auf das homöopathische Arzneibild sind die folgenden Symptome
äußerst wichtig, wenn sie auch an Katzen und Meerschweinchen festgestellt
wurden. Man fand: T r e m o r , Hinterbeinschütteln, jähe Sprünge. P a r e t i s c h e Gangart bei schlaffen Lähmungen spez. H i n t e r b e i n ! D y s p n o e , Zwerchfell-Lähmung, Betätigung der Auxiliar-Atemmuskulatur, S a l i v a t i o n , D i a r r h ö e n , Z y a n o s e . Überlebende Tiere bleiben noch
lange mager (Baryt.-Marasmus). Überzeugend waren ebenfalls die schon oben
genannten Herz-Kreislauf-Störungen, wobei hier lediglich das Auftreten eines
atrioventrikulären Blockes neu war.
REUTER betont in dem Buch „Giftmord und Giftmordversuch", daß die profusen Barium-Diarrhöen denen der Metallvergiftungen von Arsenik, Thallium
und Wismut ähneln.
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PISCHEL / Toxikologische Beiträge
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Sömm/sec.
0; Kaninchen, Gewicht 3650 g, Narkose 1,04 g Urethan/kg KG i. v. a): EKG vor Bariuminjektion; b): 30 sec. nach Injektion von 4,1 m g / k g K G B a r i u m c h l o r i d : ventrikuläre
Extrasystolie, Kammerflattern; daraufhin intravenöse Gabe von 0,83 mg/kg KG Propranolol;
c): 1 min. 10 sec. nach Propranololgabe: regelmäßiger Rhythmus supraventrikulären Ursprungs;
d): 7 min. 10 sec. nach Propranololinjektion: regelmäßiger Sinusrhythmus.
Im Handwörterbuch für gerichtliche Medizin sind noch andere Ba.-Intoxikations-Symptome genannt, die für die homöopathische Arzneibild-Gestaltung eine
Rolle spielen, zum Beispiel:
Starke Herzoppression verbunden mit Erbrechen (digitalisähnlich), heftige
kolikartige
Diarrhöen, Blutdrucksteigerungen,
Sehstörungen,
O h r e n s a u s e n ! ! (Otosklerose), Vertiginess, Sprachstörungen und Schluckbeschwerden. Das Bewußtsein bleibt fast immer erhalten. Bei den chronischen
Vergiftungen als Folge kumulativer Wirkung treten auf: Abmagerung, Hauterosionen, Schleimhaut-Ödem, Stomatitis, Konjunktivitis, Rhinitis, starker Durst,
Blutungen im Magen (s. o.), alle kardio-vaskulären Symptome wie oben.
Interessante Sektionsbefunde:
Akute Gastro-Enteritis mit Schwellung und starker Rötung, sowie Blutaustritte in die Schleimhaut, Blutungen auch in die Lunge, Leber und Niere (End-
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Abb. 11: Hund, Gewicht 25 kg, Narkose 30 mg/kg KG Na-Pentobarbital. a): Registrierung sofort nach Injektion von insgesamt 15,56 mg/kg KG Bariumchlorid: Sinusrhythmus, ST-Hebung
mit angedeuteter monophasischer Deformierung; b): 1 min. nach Injektion in Salvenform auftretende v e n t r i k u l ä r e E x t r a s y s t o l e n ; 2 min. nach Injektion intravenöse Gabe von
0,2 mg/kg KG Propranolol; c): 2 min. nach Propranololgabe: polytope ventrikuläre Extrasystolen ohne Rückleitung auf den Vorhof, Übergang in Sinusrhythmus; d): 8 min. nach Propranololgabe: Sinusrhythmus mit ventrikulären Extrasystolen in Bigeminusform; e): 12 min. nach Propranololgabe: regelmäßiger Sinusrhythmus: ST-AnheLung, angedeutete TU-Verschmelzungswellen.
zustand). LUBARESCH zeigte die gefäßangreifende Eigenschaft des BaCb, die
sich in Aortensklerose und aneurysmatischen Erweiterungen zeigte. An der
großen Kurvatur Ätzwirkungen („als wenn die Speise über eine wunde Stelle
kommt"), auch im Duodenum und bei den Payerschen Haufen. Zeichen der allg.
Vergiftung: Parenchymverfettung, Protoplasmaaufquellung (Glykogenablagegerung) und L e b e r s c h ä d i g u n g .
(Forts, folgt)
(Anschr. d. Verf.: Dr. med. W. Pischel, Facharzt für Innere Krankheiten und prakt. homöopath.
Arzt, 2800 Bremen, Schifferstr. 21)
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