DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. Nr. 33 Eine neue Kriegsspitalsform. Von k. u. Hofrat Prof. L. y. Liebermann in Budapest. Das österreichisch-ungarische Kricgsministerium hatte schon bald nach Kriegsbcginn die Absicht, für die an Rheumatismus, Gicht usw. erkrankten sowie auch einer Nachbehandlung bedürftigen verwundeten Krieger im Bad Pöstyón ein Baracken spital (Holzbaracke) an errichten. Man kam aber alsbald zu der Ueberzeugung, daß es richtiger wäre, ein solchen Zwecken dienendes stabiles Krankenhaus zu bauen, das während des Krieges allerdings ausschließlich Kriegsspital witre, in welchem aber in Friedenszeiten außer Militär- auch Zivilpersonen, insbesondere Mitglieder von Arbciterkrankenkasscn, Aufnahme finden könnten. So entstand durch Zusammenwirken des Kricgsministeriums, des Ungarischen Vereins vom Roten Kreuze und der Badedirektion mit einem Kostenaufwand von 114 Million Kronen, einem Belegrauin für 600 Kranke, auf einem Grundstück von 6000 qm in etwa neun Monaten das neuartige Kriegsapitul ,,I'ro Patria", das vor kurzem eröffnet wurde und dem Fachmann in bezug auf Anlage, Bauart und innere Einrichtung muiiches Interessante bietet, wovon in dieser flüchtigen Skizze nur einiges hervorgehoben werden soll. Das Spital wurde unmittelbar über einer der heißen Schiammquellen (eigentlich Schlammvulkane, denn dieser niineralische Schlamm von einer der Lava ähnlichen Zusammensetzung wird durch vulkanische Tätigkeit ununterbrochen aus großer Tiefe ausgeworfen) errichtet, so also, daß sich diese Schlammquellen mit den anschließenden Baderäumen (Schlamm- und Thermalbiider) im Gebäude selbst befinden und so gut wie unverändert zur Verwendung kommen können. Um einen zentralen Kuppelbau, der diese Badeanlage umschließt, gruppierell sich als Radien eines Halbkreises sämtliche Krankeii- und Speisesäle sowie 'Pages- und WTirtschaftsräume derart, daß sieh die Kranken stets in geschlossenen, his-sharers Räumen bewegen können (die Heizung geschieht überall mit dem Thermalwasser) und das Haus nie zu verlassen brauchen, denn sämtliche großen Krankensäle sowie zwei in den beiden Flügeln der Hauptfront befindliche Gebäude für sind al Strahlen des Einzelzimmer, Aerzte- und Aufsichtspersonal Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1008 17. August 1916. DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 1009 Halbkreises an der Peripherie des Gebäudes angeordnet, und ihre Eingänge miinden in einen ebenfalls halbkreisförmigen Korridor, der sich stellenweise zu Tagesräuinen, an zwei Stellen zu großen Speiseräumen erweitert. Aus diesen Räumen führen Türen direkt in die Bade- und Einpackräume. Die Küchen- und sonstigen Wirtschaftsräume bilden den mittleren Radius des Halbkreises. Vier innere Höfe zwischen Korridor und Badeanstalt spenden auch diesen Räumen reichlich Luft und Licht. Das Gerippe des Baues ist Eisenkonstruktion, die Wände und Decken sind aus einem ganz neuen, bisher noch unbekannten Material hergestellt, nämlich aus in Portlandzementbrei getauchten Buchenholzspänen, die, noch feucht festgestampf t, in wenigen Tagen zu einer festen und gut isolierenden Masse erhärten. Denn obwohl die Wandstärke nur 15 cm beträgt, scheinen sie - wie Heizungsversuche ergeben haben - Backsteinwänden vbn etwa 45 cm Dicke gleichwertig zu sein. Der Verputz hält sich daran mit besonderer Festigkeit, nur von außen wurde Portlandzementverputz verwendet. Die Fußböden bestehen aus mehreren Schichten, nämlich Beton, darauf Zeresit (gegen Feuchtigkeit), dann IIolzwolle.Isolation (Kälteschutz) und obenauf der bekannte waschbare l{olzzement- oder Xylolithbelag. Für Ventilation ist ausreichend gesorgt (Kippfenster sowie auch Bemerkenswert sind noch unter den Wirtschaftsräumeri zweckmäßig konstruierte Kühlanlagen für dem Verderben unterliegende Nahrungsmittel; diese Anlagen sind von einer reichsdeutschen Firma in Frankfurt a. M. eingerichtet. Von sonstigen Einrichtungen sei ein heilgymnastischer Saal mit sehr einfachen, billigen und praktischen Apparaten für physikalische Heilmethoden erwähnt. Eine Desinfektionsanstalt für frisch ankommende Patienten ist in einem Nebenhause eingerichtet. Im Gegensatz zu den vielen provisorischen Baracken ist also hier durch das einträchtige Zusammenwirken aller Faktoren ein wohldurchdachter, stabiler Bau entstanden, der nicht nur dem Bedürfnis des Augenblicks entspricht, sondern in kluger Voraussicht auch gewissen Ansprüchen in Friedenszeiten genügen will. Bemerken will ich noch, daß laut Verfügung des Kriegsministeriums daselbst auch kranke Soldaten der verbündeten Armeen ohne Ausnahme Aufnahme finden sollen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Aspirationsanlage).