4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und

Werbung
158
4 Behandlungsmethoden
•
•
•
•
•
•
•
•
Kontext- und Auftragsklärung: möglichst präzise Klärung von Problemdefinitionen, Erwartungen zu Veränderungsfolgen, Zeitvorstellungen, Vorerfahrungen, Erfolgskriterien
usw.
Hypothesengeleitetes Vorgehen: sämtliche Informationen (auch z. B. anhand eines Genogramms) werden zu ständig weiterer Ausdifferenzierung beziehungsdynamischer Hypothesen über das System als Ganzes und möglichst alle seiner Teile genutzt
→ Aufhebung der Trennung von Datenerhebung und Intervention
Positive Konnotation: Wertschätzung aller Verhaltensweisen im System als konstruktive
Beiträge und Signale für Wandel und Entwicklung („Krise als Chance“) – so konnotiertes
Verhalten kann leichter unterlassen, muss nicht länger verteidigt werden.
→ Kreative Umdeutung („Reframing“) einseitig negativer Problembewertungen („Probleme sind Lösungen“ – Mücke 2009)
Zirkuläres Fragen: Statt nach eigenen Motiven, Gefühlen, Positionen in der Beziehung zu
anderen wird nach den Vermutungen über diejenigen dieser anderen gefragt.
→ Aufschluss über Wechselwirkungen im Beziehungssystem
→ Einführung neuer Perspektiven und Bewertungsschemata
→ Umgehung des Widerstands
Ko-Therapie/reflektierendes Team: Etablierung einer Außenperspektive durch offene
Reflexion des Therapieprozesses durch die Therapeuten bzw. mit Beobachtern (ursprünglich Nutzung eines Einwegspiegels zwischen Therapie- und Beobachtungsraum in der
Mailänder Schule)
Familienskulpturen/-aufstellungen: Beziehungsstrukturen im Sinne von Nähe – Distanz, Hierarchien usw. werden durch Positionierung der Beteiligten, von Stellvertretern
oder Symbolen im Raum oft mit hohem emotionalem Erlebnisinhalt sichtbar gemacht,
verbalisiert, reflektiert und Lösungen erprobt.
Paradoxe Intervention/Symptomverschreibung: therapeutische Verwendung von
Double-Bind-Situationen, die zu „Lösungen zweiter Ordnung“ führen sollen, wenn die
„Lösung erster Ordnung“ (z. B. Kampf gegen das Symptom) selbst Teil des Problems geworden ist
Abschlussinterventionen: nach einer Reflexions-/Strategiepause im Team z. B. in Form
einer beziehungsdynamischen Hypothese, paradoxen Intervention oder eines Rituals,
die nicht mehr kommentiert werden
4.6
Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
Übergeordnetes Prinzip ist die Hilfe zur Selbsthilfe: Der Patient soll befähigt werden, wieder
selbst mit seinem Leben zurechtzukommen. Es geht hier in erster Linie um eine Erweiterung
der Handlungsfähigkeit (größeres Repertoire/Bandbreite, höhere Flexibilität) des Patienten. Dabei spielen Hausaufgaben (Transfer, Selbstwirksamkeit, Aktivierung und Verantwortungsübernahme des Patienten) eine entscheidende Rolle.
Ein wichtiges Element im verhaltenstherapeutischen Prozess ist der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung (therapeutische Allianz), in erster Linie durch:
die Basisvariablen: Echtheit (Kongruenz), bedingungsfreie Wertschätzung (uneingeschränkte Akzeptanz) und Empathie (vgl. Personzentrierter Ansatz nach Rogers),
die komplementäre (motivorientierte) Beziehungsgestaltung (nach Sachse, Grawe, Caspar): Verständnis für Bedürfnisse, Motive und Ziele des Patienten und die Anpassung des
therapeutischen Beziehungsangebotes daran.
•
•
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Spezielle Interventionstechniken in der systemischen Therapie
4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
159
Der Schwerpunkt liegt auf dem beobachtbaren Verhalten und dessen Veränderung. Entsprechend der Lerntheorie wird angenommen, dass Verhaltensweisen erlernt sind und
auch wieder verlernt werden können (das heißt jedoch nicht, dass genetische Unterschiede
verleugnet werden). Problematisches oder dysfunktionales Verhalten ist demnach das Ergebnis von Lernprozessen. Ausgehend vom SORKC-Modell (s. S. 36) wird jeweils an dem
durch die Anamnese/Exploration (s. S. 35) ermittelten relevanten Punkt der Verhaltenskette
angesetzt. Der verhaltenstherapeutische Prozess besteht aus verschiedenen Phasen, die aufeinander aufbauen.
Prozessmodell der VT nach F. Kanfer
Phase*
Wichtige Ziele
1.
Eingangsphase:
Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen
•
•
•
•
Rollenstrukturierung
therapeutisches Bündnis
Sammlung problembezogener Informationen
Gestaltung der äußeren Therapiesituation
2.
Aufbau von Änderungsmotivation und vorläufige
Auswahl von Änderungsbereichen
•
•
•
•
•
Nutzung inhärenter Motivationsbedingungen des
Selbstmanagements
Reduktion von Demoralisierung und Resignation
spezielle Motivierungsstrategien
erste Ziel- und Werteklärung
vorläufige Änderungsbereiche
3.
Verhaltensanalyse und
funktionales Bedingungsmodell
•
•
•
situative Verhaltensanalyse
kontextuelle Verhaltensanalyse
funktionales Bedingungsmodell
4.
Vereinbarung therapeutischer Ziele
•
•
gemeinsame Zielanalyse
Konsens über Zielperspektiven
5.
Planung, Auswahl und
Durchführung spezieller
Methoden
•
•
•
Planung spezieller Maßnahmen
Entscheidung über spezielle Interventionen
Durchführung der Maßnahmen
6.
Evaluation therapeutischer Fortschritte
•
•
•
therapiebegleitende Diagnostik
Prä-/Post-Evaluation
Zielabhängige Evaluation des Einzelfalls
7.
Endphase:
Erfolgsoptimierung und
Therapieabschluss
•
•
•
•
Stabilisierung und Transfer
Erlernen von Selbstmanagement
Bearbeiten neuer Ziele
Ausblenden der Kontakte, Abschlussfeedback
8.
Follow-up/Katamnese
* Diese Phasen sind im Therapieablauf nicht strikt voneinander getrennt, sie können vielmehr in
einem Rückkoppelungsprozess immer wieder von Neuem durchlaufen werden.
Quelle: Leibing et al. 2000
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Verhaltenstherapeutischer Prozess
4 Behandlungsmethoden
Übersicht über wichtige verhaltenstherapeutische Verfahren und
Techniken
→ Einzelne Interventionen sind keine lose Sammlung einzelner Techniken, sondern jede Methode stellt vielmehr eine Stufe im gesamten therapeutischen Prozess dar.
Operante Verfahren*, **
•
•
•
•
•
•
•
Verhaltensauf- und -abbau
Kontingenzmanagement (Verhaltensverträge)
Tokenprogramme (auch im Rahmen von Selbstmanagementverfahren)
Aufbau positiver Aktivitäten
Verhaltenstrainings
Biofeedback
Habit-Reversal-Training (Reaktionsumkehr)
Konfrontations- und
Bewältigungsverfahren
•
•
•
•
Expositionsverfahren mit Reaktionsverhinderung, z. B. Reizüberflutung (Flooding), massiert oder graduiert
systematische Desensibilisierung
Angstbewältigungstrainings
Selbstsicherheits/Sozial-Kompetenz-Training (s. S. 152)
Kognitive Verfahren
•
•
•
•
•
•
•
•
•
kognitive Umstrukturierung
kognitive Therapie nach A. T. Beck
rational-emotive Therapie (RET) nach A. Ellis
kognitive Verhaltensmodifikation nach Meichenbaum
Selbstmanagementtraining nach Kanfer
multimodale Verhaltenstherapie (BASIC-ID) nach Lazarus
Problemlösetraining nach D’Zurilla und Goldfried
paradoxe Ansätze
verdeckte Konditionierung
SelbstmanagementVerfahren
(enthalten sowohl operante
und kognitive als auch Elemente des Modell-Lernens)
•
•
•
•
•
integriertes Selbstmanagement-Modell nach Kanfer
Selbstkontrolle, Selbstregulation
Verfahren der Stimuluskontrolle
Kontingenzmanagement
Stressmanagement
Störungsspezifische und
achtsamkeitsbasierte Verfahren
•
•
•
•
•
Behandlungsstrategien bei Persönlichkeitsstörungen
dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) nach M. Linehan
CBASP (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy) nach J. McCullough
Achtsamkeitsbasiertes Stresstraining (MBSR) nach J. KabatZinn
Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach Hayes et al.
Weitere Elemente und Verfahren
•
•
•
•
Modell-Lernen
Rollenspiel
euthyme Methoden
Entspannungsverfahren (s. S. 177 ff.)
* Die Einteilung ist nicht immer ganz eindeutig, in manchen Trainings oder Verfahren ergänzen sich
verschiedene Methoden und Techniken.
** Die klassische Konditionierung ist hier nicht mehr gesondert erwähnt, da sie in der modernen VT
kein eigenes Verfahren mehr darstellt, sondern im Rahmen anderer Verfahren zum Einsatz kommt.
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160
4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
161
•
•
Verhaltensauf- und -abbau (s. S. 13 f.) durch:
– positive oder negative Verstärkung
– direkte oder indirekte Bestrafung
Arten von Verstärkung:
– primäre (angeborene) Verstärker, die die Grundbedürfnisse des Menschen befriedigen
– sekundäre (erlernte) Verstärker wie Geld oder Tokens
– kontinuierliche Verstärkung (Verstärkung jeder Zielreaktion)
– intermittierende bzw. Quotenverstärkung (Verstärkung nach einer bestimmten Anzahl
von Reaktionen oder einem bestimmten Zeitintervall)
Klassische operante Prinzipien
Shaping
schrittweiser Aufbau des Zielverhaltens mit Verstärkung jedes einzelnen
Lernschrittes
Chaining
analog zum Shaping, hier wird jedoch zunächst das erwünschte Zielverhalten verstärkt, dann die jeweils vorherigen Lernschritte
Prompting
Der Therapeut lenkt die Aufmerksamkeit des Patienten, z. B. durch
gezielte Hinweisreize (cues), auf das erwünschte Verhalten
Fading out
schrittweises Ausblenden der Hilfestellungen durch den Therapeuten
Stimuluskontrolle
Einsetzen bzw. Entfernen von auslösenden Reizen (Schlüsselreizen)
Löschung/Extinktion
Durch das Entfernen positiver Verstärker wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des unerwünschten Verhaltens reduziert (z. B. Nichtbeachtung)
Time out
indirekte Bestrafung durch Wegnahme angenehmer Reize bzw. potenzieller Verstärker (z. B. Time-Out-Raum bei aggressivem Verhalten
Jugendlicher oder bei Selbstverletzung)
Response cost
Bestrafung durch Entziehen bereits erhaltener sekundärer Verstärker
(wie Tokens)
Verhaltensverträge (Kontingenzverträge, Kontingenzmanagement)
Mündliche oder schriftliche Vereinbarung zwischen Therapeut und Patient, in denen (Verhaltens-)Aufgabe und Verpflichtungen sowie die einzusetzenden Verstärker von beiden Seiten explizit und operationalisiert festgelegt werden.
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4.6.1 Operante Verfahren
162
4 Behandlungsmethoden
Das Verhalten wird mittels konditionierter Verstärker („Tokens“, z. B. Münzen oder Punkte)
modifiziert. Diese können in primäre Verstärker eingetauscht werden. Heute werden diese
Verfahren kaum noch eingesetzt, früher v. a. in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen
oder Heimen bei schwer hospitalisierten und chronisch kranken Patienten.
4.6.2 Konfrontations- und Bewältigungsverfahren
in sensu
in vivo
massiert
(sofortige Konfrontation mit
der höchsten Angststufe)
Implosion
Reizüberflutung (Flooding)*
graduiert
(schrittweise bis zur höchsten
Angststufe)
systematische Desensibilisierung
Habituationstraining (Angstbewältigungstraining)
* Exposition in vivo sowie ein massiertes Vorgehen ist zu bevorzugen, da es in der Regel bessere,
raschere und stabilere Erfolge zeigt.
Indikationen:
Angststörungen (Phobien, soziale Phobien, spezifische Phobien, generalisierte Angststörung)
Zwangsstörungen
posttraumatische Störungen (cave: Der Patient darf sich niemals in realer Gefahr befinden)
Körperschemastörungen (Körperbildtherapie)
•
•
•
•
Konfrontationsverfahren mit Reaktionsverhinderung
•
•
Grundprinzip: bewusstes Erleben der angstbesetzten Situation und Verbleiben in der Situation, bis die Angst/Anspannung nachlässt.
– Erfahrung, die Angst, Anspannung, aversive Gefühle (auch Traumaerinnerung) aushalten zu können (Realitätstestung); emotionale Auseinandersetzung mit der Situation
– Überwindung von Vermeidungsverhalten
– Überwindung der Passivität (Handlungsinitiative)
– Neubewertung des Angsterlebens
Ablauf:
1. Kognitive Vorbereitung: Vermittlung des Störungs- und Erklärungsmodells und der
zentralen Wirkprinzipien der Reizkonfrontation (Habituation der Furchtreaktion, Extinktion und Hemmung der Furcht); Verdeutlichung der Rolle des Vermeidungsverhaltens; Erarbeiten einer Furchthierarchie; Erläuterung des Vorgehens während der
Konfrontation
2. Konfrontation: Der Patient setzt sich der (therapeutisch gut kontrollierbaren) angstbesetzten Situation aus, bis die Furcht nachlässt; Verstärkung des Patienten für die
Durchführung (Erfolgskriterium), nicht für Angstfreiheit
3. Aufrechterhaltung/Rückfallprophylaxe: Transfer in den Alltag durch Selbstexposition (Übungen als Hausaufgabe)
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Token-Programme (Token-Economy)
4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
163
•
•
Grundprinzip: die antagonistische Wirkung von Angst und Entspannung (Prinzip der reziproken Hemmung). Empirische Studien legen jedoch nahe, dass dieses Prinzip nicht für
den Therapieerfolg ausschlaggebend ist, sondern Mechanismen der Habituation, Löschung und Selbstwirksamkeitserfahrung. Heute vor allem Anwendung bei Kindern
und Jugendlichen, für die ein anderes konfrontatives Vorgehen zu belastend bzw. wenn
eine Exposition zu gefährlich wäre (z. B. Auto fahren).
Dreistufiges Vorgehen:
1. Erlernen einer Entspannungstechnik (z. B. PMR – s. S. 178)
2. Erstellen der persönlichen Angsthierachie
3. geleitetes, gedankliches Vorstellen der Angstsituationen, ausgehend von den am wenigsten angstbesetzten Reizen der Hierarchie bei gleichzeitiger Anwendung der Entspannung (mit der Angst inkompatibel), so lange, bis die Situation angstfrei „durchlebt“ werden kann
Angstbewältigungstraining
•
•
Grundprinzip: Kombination von aktiven Methoden der Angstbewältigung mit einer graduierten Konfrontation mit den angstbesetzten Stimuli.
Vorgehen:
1. Diskriminationstraining: frühzeitige Wahrnehmung der angstauslösenden Stimuli
2. Erarbeiten und Einüben von Strategien zur Angstbewältigung, v. a. kognitive Umstrukturierung und Selbstinstruktionen (als Handlungsauftrag oder als Reattribuierung des Stimulus)
3. ggf. aktiver Einsatz von Entspannungsübungen (z. B. PMR – s. S. 178)
4. Selbstverstärkung (z. B. Attribuierung)
5. Transfer in den Alltag
4.6.3 Kognitive Verfahren
Grundannahme
Wechselseitige Beeinflussung von Denken, Fühlen und Handeln. Nicht die konkreten Ereignisse bestimmen Emotionen und Verhalten, sondern die systematisch verzerrte Art und
Weise, wie die Situation interpretiert wird, also die Gedanken, inneren Dialoge, Bewertungen, Einstellungen, Gedächtnis, Ursachenzuschreibungen etc. Psychische Störungen beruhen
demnach im Wesentlichen auf dysfunktionalen Denkmustern.
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Systematische Desensibilisierung nach J. Wolpe, 1958
164
4 Behandlungsmethoden
Handeln
(z. B. • mehr arbeiten
• sich selbst antreiben
• eigene Belastungsgrenzen
nicht beachten
• sich zurückziehen
• gar nichts mehr tun)
Gefühle
(z. B. •
•
•
•
•
Unzulänglichkeit
Angst
Versagensgefühle
niedriger Selbstwert
Hoffnungslosigkeit)
RET (Rational-emotive-Therapie) nach A. Ellis
•
•
•
Grundelemente: Irrationale Überzeugungen (s. u.), die auf 4 (irrationalen) Glaubenssätzen (Grundannahmen) basieren, führen zu problematischem Erleben und Verhalten:
1. absolute Forderungen („Ich muss immer…“)
2. Globalisierungen („Ich bin ein Versager“)
3. Katastrophisieren („Wenn xyz eintrifft, ist das eine totale Katastrophe“)
4. niedrige Frustrationstoleranz („Ich kann es nicht aushalten, wenn…“)
ABC-Modell zur Erklärung menschlichen Verhaltens: Ein externes Ereignis („Activating
Event“) wird individuell bewertet („Belief“) und führt zu Verhaltensweisen und emotionalen Reaktionen („Consequences“). → Nicht die äußere Situation oder das Ereignis
sind entscheidend, allein die Bewertung („Belief“) macht aus einer normalen oder aversiven Erfahrung eine persönliche Katastrophe und führt zu unangemessenen Reaktionen.
Entstehung und Aufrechterhaltung: Frühe Indoktrination durch Eltern, Familie und Gesellschaft, später ständig neue Selbstindoktrination. Die „Beliefs“ werden als Realität gesehen und wirken als Filter im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Behandlungsablauf
Analyse der
A-B-C-Schemata
(Assessment)
•
•
Wissensvermittlung über Grundlagen der RET (ABC-Modell etc.)
Erfassen des Belief-Systems des Patienten:
– Klärung von Problemsituationen (A), die schon oft unrealistisch und
verzerrt (d. h. falsch bewertet) wahrgenommen werden
– Klärung von Gefühlen und Verhalten (C) → v. a. Differenzierung von
Gefühlen und Gedanken
– Klärung von A-C-Zusammenhängen und der dazugehörigen irrationalen
Ideen (B) – orientiert an den Grundmustern (oft schwierig!)
↳
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Gedanke
(z. B. „Ich muss alles perfekt machen“)
4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
165
D – Disputation
•
•
•
•
E – kognitive
und VerhaltensEffekte
kognitive Techniken (z. B. Infragestellen der irrationalen Überzeugungen*
des Patienten im sokratischen Dialog, Konfrontation, Provokation, Widerlegen etc.)
emotive Techniken (z. B. Humor, Risiokoübungen „risk-taking“, Provokation)
behaviorale Techniken (z. B. konkrete Übungen auch als Hausaufgabe,
Rollenspiele)
Verhaltensexperimente, wie „risk-taking“ oder „shame-attacking-exercises”
(Eingehen von Risiken, Überwindung von Scham)
philosophische Neuorientierung des Bewertungssystems; Vermittlung von
Strategien zur Selbsthilfe
* Beispiele für Irrationale Überzeugungen s. S. 213
Kognitive Therapie nach A. T. Beck
Grundelemente
Beispiel*
Dysfunktionale
Grundannahmen
Überzeugungen über sich selbst,
die Umwelt und die Zukunft
„Ich bin ein Versager.“
⇓
Bedingte Annahmen
Bewertung konkreter Ereignisse;
Wenn-dann-Annahme
„Nur wenn ich alles perfekt
mache, bin ich akzeptabel.“
⇓
Automatische
Gedanken
v. a. in Belastungssituationen reflexhaft auftretender konkreter
Gedanke – „Trigger-Gedanke“
(Situation: In der Arbeit unterläuft
ein Fehler)
„Das schaffe ich nie – ich bin ein
Idiot!“
⇓
Reaktion
• Emotion
• Kognition
• körperlich
• Verhalten
• Niedergeschlagenheit, Angst
• „Ich kann das nicht aushalten.“
• Schwitzen, Herzklopfen, Enge
• Rückzug, Aufgeben
* Typische kognitive Verzerrungen (vgl. Beck 1996; Hauzinger 1998), s. S. 214 f.
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Behandlungsablauf
166
4 Behandlungsmethoden
Kognitive Triade: stellt die verzerrte Wahrnehmung (dysfunktionale Kognitionen bzw.
Grundannahmen) bei depressiven Erkrankungen dar:
negative Sicht des Selbst
(„Ich bin wertlos“)
•
negative Sicht der Zukunft
negative Sicht der Umwelt
(„Es wird nie wieder besser werden“)
(„Keiner mag mich“)
Behandlungsablauf:
1. Beobachten und Protokollieren negativ erlebter Situationen mit den dabei auftretenden automatischen Gedanken und den dazugehörigen Affekten in Häufigkeit und Intensität. Beispiel:
Situation
Gefühle
Automatische
Gedanken
Rationale
Antwort
Ergebnis
viele bevorstehende Aufgaben
niedergedrückt, hoffnungslos
Das schaffe ich
nicht! Mir geht
alles schief.
Ich habe schon
viele Aufgaben
gut bewältigt.
nachlassende
Verzweiflung
2. Identifizieren der dahinter stehenden dysfunktionalen Kognitionen (→ Trias)
3. Prüfung dieser Denkmuster und Bewertungen auf Denkfehler (Disputation, EvidenzGegenevidenz, Kosten-Nutzen …)
4. Aufbau und Training alternativer Konzepte
in Denken: Reattributierung, Zieladaptation (zeitlich, im Grad der Verallgemeinerung
und in der Gewissheit), kognitive Probe (Vorstellungen vs. Fakten, Prüfen von Beobachtungen)
und Verhalten: graduierte Aufgabenstellungen mit konkreten (operationalisierten)
Erfolgen, Planung und Durchführung angenehmer Eigenaktivitäten; Pflicht-Vergnügen-Protokoll, Spaltentechnik
Vergleich von RET und kognitiver Therapie
Störungsmodell
Kognitive Therapie (Beck)
Rational-emotive Therapie (Ellis)
funktionale vs. dysfunktionale
rationale vs. irrationale
Denk- und Verhaltensmuster
Therapiefokus
Untersuchung der konkreten Denkinhalte auf Denkfehler
(eher induktives Vorgehen)
Konfrontation mit den vom Patienten
benutzten irrationalen Ideologien
(eher deduktives Vorgehen)
↳
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•
Kognitive Therapie (Beck)
Rational-emotive Therapie (Ellis)
Therapeutische
Beziehung
gleichberechtigte Partner in der gemeinsamen Arbeit am Problem
direktiver, erzieherisch handelnder
Therapeut
Therapieziel
kognitive Umstrukturierung im Sinne
einer Korrektur falscher Annahmen
über sich, die Umwelt und Zukunft
Übernahme der lebensphilosophischen Einstellungen der RET („rationale Lebensführung“)
Kognitive Verhaltensmodifikation nach D. Meichenbaum
•
•
Eine wichtige Rolle spielt die Sprache in Form des inneren Dialogs (Selbstbewertung).
Selbstinstruktionstraining (Einsatz in erster Linie bei Kindern und Jugendlichen):
→ Fähigkeiten, das eigene Verhalten in bestimmten Situationen selbst zu kontrollieren
– Der Therapeut spricht laut eine Selbstinstruktion, während er eine Aufgabe erledigt
(Modell-Lernen).
– Der Patient übernimmt die Selbstinstruktion mit Unterstützung des Therapeuten.
– Die Selbstinstruktion wird automatisiert (wiederholtes Üben).
– Die Selbstinstruktion wird zunächst nur noch leise gesprochen, dann nur noch gedacht.
– Transfer der Selbstinstruktion in Alltagssituationen
Stressimpfungstraining:
→ bessere Bewältigung von Stresssituationen („Immunisierung gegen Stress“)
– Informationsphase: Analyse der persönlichen Stressreaktion des Patienten, Sensibilisierung für die Früherkennung von Stresssymptomen
– Übungsphase: Vorbereitung auf die Stresssituation, Vermittlung von kognitiven Strategien zum Umgang mit Stress, Entwicklung hilfreicher Selbstverbalisationen, Konfrontation mit dem Ereignis, Auseinandersetzung mit den Gefühlen (Ohnmacht, Überwältigung, Angst etc.), Selbstverstärkung zur Stabilisierung des Verhaltens („Ich habe es
geschafft!“)
– Anwendungsphase: Transfer des Erlernten in die Alltagssituation, Erprobung in konkreten Stresssituationen
•
Multimodaler Ansatz (BASIC-ID) nach A. A. Lazarus
Grundprinzip: Verhaltensmodifikationen sollen auf verschiedenen Ebenen wirken:
B
“Behavior”
Verhalten
A
“Affect”
Gefühle
S
“Sensation”
Empfindungen
I
“Imagery”
Vorstellungen
C
“Cognition”
Denken
I
“Interpersonal Relations”
soziale Beziehungen
D
“Drugs”
Medikamente und biologische Faktoren
167
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4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
168
4 Behandlungsmethoden
•
•
•
Ist-Zustand (Problem) → Soll-Zustand (erwünschter Zielzustand)
3 Ebenen des Problemlösens (Kanfer et al. 2000):
– Therapieprozess als Problemlösen
– Problemlösen als Interventionsmethode im Therapieprozess
– Problemlösen als Hilfe für den Therapeuten (bei Problemen, die den Therapiefortschritt
behindern, z. B. „Verweigerung“ von Hausaufgaben)
Problemlöseschema (D’Zurilla u. Goldfried 1971):
1. Situationsanalyse: Identifikation und Beschreibung des Problems und des erwünschten Zielzustandes (möglichst konkret, auf Verhaltensebene)
2. Sammlung von Lösungsmöglichkeiten: z. B. Brainstorming, ohne jegliche Bewertung
3. Diskussion und Bewertung der Lösungsmöglichkeiten: Vor- und Nachteile, Durchführbarkeit, Auswirkungen auf das Umfeld etc.
4. Auswahl der besten Lösungsmöglichkeit(en)
5. Handlungsplan: Planen konkreter Schritte zur Umsetzung und Umsetzung an sich
6. Erfolgskontrolle: Überprüfung, inwieweit die Schritte umgesetzt werden konnten
Kognitive Techniken im Einzelnen
•
•
•
•
Psychoedukation: Vermittlung von Informationen über Krankheitsentstehung, Verlauf
und Behandlungsmöglichkeiten. Die Vermittlung eines plausiblen Erklärungsmodells
hat oft an sich schon therapeutische Wirkung durch: Entpathologisierung, Entlastung,
Motivation, Einordnung der Erkrankung in die eigene Lebens- und Lerngeschichte.
Sokratischer Dialog: diskursiver Gesprächsstil mit offenen, gelenkten Fragen. Damit soll
eine innere Verwirrung erzeugt werden, damit der Patient selbst Widersprüche, Zielkonflikte etc. erkennen und zu alternativen, adäquateren Denkmustern gelangen kann. Normative Diskurse bei Moral- und Zielkonflikten (Sammlung von positiven und negativen
Aspekten und Vergleich mit persönlichen Normen, Werten oder Zielen), geleitetes Entdecken, auch Suche alternativer Erklärungsmöglichkeiten.
Gedankenprotokoll: Beobachten und Aufzeichnen von automatischen Gedanken, hier
besonders die Spaltentechnik (z. B. Gedankenprotokolle, Pflicht-Vergnügen-Technik etc.)
Kognitive Umstrukturierung: Modifikation von Wahrnehmungs- und Denkmustern zur
Verhaltensänderung, beinhaltet verschieden Techniken und Vorgehensweisen, z. B.:
– Entkatastrophisieren, z. B. durch Worst-Case-Szenarien
– Aufdecken logischer Fehler, z. B. durch Erweiterung der Datenmenge aus denen der
Patient seine Schlüsse zieht
– Realitätsprüfung: Aufdecken von Verzerrungen im Denken, Vergrößerung der Datenbasis für Schlussfolgerungen (auch Realitätstests bei Exposition oder in Rollenspielen)
– Reattribuierung: Zusammentragen von Fakten konkreter Erfahrungen des Patienten
bezüglich des problematischen Themas und Analyse der Verantwortlichkeit
– Kosten-Nutzen-Analyse: Durch Erarbeiten der Vor- und Nachteile des Problemverhaltens werden einerseits die Kosten für den Patienten aufgezeigt (was die Veränderungsmotivation steigert), zum anderen werden auch Aspekte wie die Funktionalität deutlich.
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Problemlöseverfahren
•
•
•
Gedankenstopp: Dient zur Unterbrechung unerwünschter und belastender Gedankenketten, Sorgenkreisläufe, Grübeleien und Katastrophenvorstellungen.
– Hervorrufen der unerwünschten Gedanken durch den Patienten und Signal an den
Therapeuten
– Unterbrechen der Gedanken durch lautes „Stopp“ des Therapeuten (oder anderes Signal wie in die Hände klatschen etc.)
– mehrmaliges Wiederholen
– Einsatz des „Stopp“-Signals durch den Patienten selbst und Automatisierung
Grübelstuhl: Der Patient wählt einen Grübelstuhl aus. Nur auf diesem Stuhl darf gegrübelt werden. Es werden mit dem Patienten „Grübelzeiten“ ausgemacht und eine Vereinbarung getroffen, dass z. B. die ersten 5 Minuten jeder Stunde „Grübelzeit“ seien. In dieser
Zeit soll auf dem Grübelstuhl intensiv gegrübelt werden, die restliche Zeit ist grübelfrei.
Sollten in der übrigen Zeit entsprechende Gedanken auftreten, muss sich der Patient sofort für 5 Minuten auf den Grübelstuhl zurückziehen.
Paradoxe Intervention (Frankl 1947): Anregung von Denk- und Verhaltensmustern, die
dem Problemverhalten des Patienten diametral entgegengesetzt sind, z. B. Humor, Übertreibung, Rückfallvorhersage, Symptomverschreibung („Verordnung“ des Symptoms, z. B.
Patient mit einer Schlafstörung ist gehalten, eine bestimmte Zeit wach bleiben).
4.6.4 Selbstmanagement-Verfahren
In seinem Selbstregulationsmodell beschreiben Kanfer et al. (1991) verschiedene Determinanten des menschlichen Verhaltens auf 3 Verhaltensebenen:
α-Variablen: motorisch-beobachtbare Ebene (beobachtbares Verhalten, wie Gestik,
Mimik, aber auch Einflüsse der physikalischen Umgebung, wie Wetter etc.)
β-Variablen: subjektiv-kognitive Ebene (Gedanken, innere Bewertungen, Erwartungen,
Schemata etc.)
γ-Variablen: somatisch-physiologische Ebene (automatisch ablaufende körperliche Reaktionen, z. B. Herzfrequenz, Blutdruck, aber auch Einflüsse durch Ernährung, Medikamente, hormonelle Schwankungen bei Stress etc.)
•
•
•
Grundannahmen
•
•
Verhalten ist ein Resultat eines komplexen, dynamischen Interaktionsprozesses der α-, βund γ-Variablen.
Therapieziel ist eine Modifikation des Selbstregulationssystems (v. a. Kontrolle der β-Variable, z. B. durch Bewusstmachen von automatisch ablaufenden Prozessen).
→ Hilfe zur Selbsthilfe, Stärkung der Eigenverantwortung, Kompetenzerweiterung, Selbstwirksamkeitserfahrung.
•
•
•
•
Selbstregulation: Interaktionsprozesse einzelner Variablen zur Steuerung menschlichen
Verhaltens (bei kognitiven Ansätzen Betonung der β-Variable)
Selbstkontrolle (Spezialfall der Selbstregulation): das Unterbrechen eines automatisierten Verhaltensablaufs (z. B. Rauchen) durch den Einsatz von Selbstkontrollmethoden, wie
Selbstverstärkern
Selbstwirksamkeit (self efficacy nach Bandura): das Maß, in dem eine Person davon
überzeugt ist, die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu haben, um ein bestimmtes Verhalten
ausführen zu können
Kontrollüberzeugung (Bandura): die generelle Überzeugung einer Person, das eigene
Leben selbst bestimmen und beeinflussen zu können
169
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4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
170
4 Behandlungsmethoden
(nach dem Integrierten Modell der Selbstregulation von Kanfer und Karoly, 1979)
1. Selbstbeobachtung: Verhaltenstagebücher oder Protokolle (z. B. Gedankentagebücher,
Schmerz und Essprotokolle), Strichlisten (besonders bei „automatischem“ Verhalten,
wie Rauchen), graphische Schemata – oftmals allein dadurch bereits Veränderung (reaktiver Effekt)
2. Selbstbewertung: Vergleich mit bestimmten Standards (z. B. eigene kognitive Maßstäbe)
3. Selbstverstärkung/Selbstbestrafung (Kontingenzkontrolle): operante Selbstkonditionierung mit positiven bzw. negativen Verstärkern
Weitere Methoden der Selbstkontrolle
•
•
•
Stimuluskontrolle: Nach der Analyse der externen und internen Reize, die problematische Verhaltensweisen beeinflussen (z. B. zu viel Süßes essen beim Fernsehen), werden
diese systematisch aufgesucht bzw. vermieden. Parallel dazu werden erwünschte Verhaltensweisen (z. B. Sport) durch positive Verstärker aufgebaut.
Kognitive Verfahren: verdeckte (= in der Vorstellung – in sensu) Konditionierung (z. B.
Sensibilisierung, Verstärkung, Löschen, Modell-Lernen) und kognitive Umstrukturierung
Therapieverträge: schriftliche Festlegung von Zielverhalten, Verstärkern und Konsequenzen bei Erfüllung und Nichterfüllung (auf genaue Formulierungen und Operationalisierbarkeit achten)
Kontingenzmanagement
Systematische Darbietung bzw. Entfernung positiver oder negative Stimuli – hier kommen
viele operante Methoden zum Einsatz, z. B.: Token-Programme und Verhaltensverträge
(s. S. 161 f.).
Stressmanagement
→ Adäquate Reaktion auf belastende Reize (Stressoren) und Reduzierung schädigender Konsequenzen
Ansatzmöglichkeit an jeder Komponente des SORKC-Schemas (s. S. 36):
Situation: z. B. Stimuluskontrollle
Person: z. B. Stärkung der protektiven Faktoren: Änderung von Einstellungen, Erwartungen, Persönlichkeitsstrukturen (Typ-A-Persönlichkeit), Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten (z. B. soziale Kompetenzen), Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit
Reaktion: z. B. Erlernen alternativer Verhaltensweisen
Konsequenz/Kontingenz: z. B. operante Verstärkung (Selbstbelohnung bzw. -bestrafung)
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3 Schritte der Selbstkontrolle
Kurzfristige Methoden
Langfristige Methoden
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• systematische Entspannung (z. B. Autogenes Training,
PMR)
• Aufbau ausgleichender Aktivitäten (z. B. Hobbys, regelmäßiger Sport, soziale Kontakte)
• Einstellungsänderung (kognitive Umstrukturierung,
Reattribuierung)
• Zeitmanagement (auch Work-Life-Balance)
• Erlernen von Problemlösemethoden
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Verlassen der Situation
Abreagieren (Sport, Spazieren
gehen)
Methoden der Spontanentspannung (Atemübung, Ruhewort)
Aufmerksamkeitslenkung
positive Selbstinstruktionen
4.6.5 Störungsspezifische und achtsamkeitsbasierte Verfahren
Behandlungsstrategien bei Persönlichkeitsstörungen
Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Behandlung der Störung an sich, sondern auf den sich
daraus ergebenden Folgen.
Eine tragende Rolle kommt der Gestaltung der therapeutischen Beziehung zu:
Komplementäre Beziehungsgestaltung: Durch Befriedigung zentraler Beziehungsmotive des Klienten erhält der Therapeut einen „Beziehungskredit“, auf dem aufgebaut werden kann (nach dem Modell der doppelten Handlungsregulation, Sachse 2004)
Keine Konfrontation zu Beginn der Behandlung, Vermeiden von “Machtkämpfen“
Gleichgewicht zwischen Akzeptanz und Veränderung (DBT – s. u.)
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Therapeutisches Vorgehen:
Struktur und Transparenz
zu Therapiebeginn v. a. Bearbeitung konkreter Problemsituationen (Aufbau von Fertigkeiten, Selbstwirksamkeitserfahrung)
genaue Betrachtung der biografischen Entwicklung (Lebens- und Lerngeschichte)
Einsatz kognitiver Techniken: Modifikation dysfunktionaler Schemata, Reattribuierung,
Verhaltensexperimente, Realitätstestung etc.
Training von Fähigkeiten und Fertigkeiten (z. B. Social Skills, Problemlösetraining etc.)
ggf. Einbeziehung des Umfeldes, Modifikation ungünstiger Umweltbedingungen (z. B. bei
familiären Konflikten)
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Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) nach M. Linehan, 1993
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Konzeption in 4 Modulen: Einzeltherapie, Fertigkeiten-(„Skills“)-Training in der Gruppe,
Telefonkontakt im Notfall und Intervision der Therapeuten
Grundsätze und Elemente:
– Balance zwischen Akzeptanz (von aktuellem Verhalten, Gefühlen, Situationen) und
Veränderung (Therapieziel)
– Betonung dialektischer Prozesse: Aushalten und Integrieren von Widersprüchen als
Gegenstück zu dichotomen Denkmustern der Patienten
– Einsatz verschiedener Elemente aus der kognitiven VT, der Zen-Philosophie, Techniken der Gestalt- und Körpertherapie
171
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4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
172
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Behandlungsablauf: Es wird aktuell der Problembereich der jeweils vorherrschenden
Symptomatik behandelt (Hierarchie nach Dringlichkeit):
1. Suizidalität und parasuizidales sowie selbstverletzendes Verhalten
2. therapiegefährdendes Verhalten (z. B. wiederkehrende Abbruchtendenzen)
3. die Lebensqualität beeinträchtigende Verhaltensweisen (z. B. Drogen- oder Alkoholmissbrauch, destruktives Agieren, dissoziale Tendenzen)
4. Verbesserung von Verhaltensfertigkeiten („Skills Training“ – s. S. 207 f.) mit den Modulen:
○ innere Achtsamkeit
○ zwischenmenschliche Fähigkeiten
○ bewusster Umgang mit Gefühlen/Emotionsregulation
○ Erhöhung der Stresstoleranz
○ Selbstwert
Besonderes Gewicht kommt dabei der therapeutischen Beziehung zu (Therapeut in HilfsIch-Funktion, z. B. bei Entwicklung der Selbstdisziplin, Wertschätzung erreichter Fähigkeiten
etc.)
CBASP (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy)
nach J. McCullough, 2007
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Grundannahme: Das Denken chronisch depressiver Patienten ist in sog. präoperatorischen Mustern verhaftet (im Sinne Piagets).
Ziele:
– das Erkennen der Konsequenzen des eigenen Verhaltens
– der Erwerb von authentischer Empathie
– das Erlernen von sozialen Problemlöse-Fertigkeiten (formal operatorische Problemlösung im Sinne Piagets)
– interpersoneller Heilungsprozess bezüglich früherer Traumata
Grundelemente:
– Situationsanalyse: Der Patient lernt eine kausale Beziehung zwischen seinen Verhaltens- und Denkmustern und den jeweiligen Konsequenzen herzustellen.
– Verhaltenstraining
– Interpersonelle Strategien zur Gestaltung der therapeutischen Beziehung: Der Therapeut hilft dem Patienten zwischen altvertrauten dysfunktionalen Beziehungsmustern
und dem Verhalten des Therapeuten oder anderer Personen zu unterscheiden und dadurch negative Interaktionsmuster zu verändern.
Achtsamkeit („dritte Welle“ der Verhaltenstherapie)
= Aufmerksamkeitslenkung (gedankliche Prozesse, physiologische Prozesse, Stimuli der Umgebung) auf den unmittelbaren Augenblick in einer nur beobachtenden, nicht wertenden,
annehmenden Haltung.
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4 Behandlungsmethoden
4.6 Verhaltenstherapeutische Elemente und Verfahren
173
= Kombination klassisch verhaltenstherapeutischer Techniken mit achtsamkeits- und akzeptanzbasierten Strategien auf der Basis der Relational Frame Theory (Bezugsrahmentheorie)
unter Einsatz unterschiedlicher Techniken, z. B. aus der Meditation oder Gestalttherapie.
Grundgedanke: Psychische Probleme basieren im Wesentlichen auf:
– experienzieller Vermeidung: Vermeidung des Erlebens aversiver emotionaler Zustände
– kognitiver Fusion: Gedanken, Emotionen, innere Bilder, Erinnerungen werden mit der
Realität verwechselt und es kommt zu entsprechendem Verhalten (z. B. „Ich denke, sie
wird mich zurückweisen, also ist es wahr.“)
Behandlungsgrundlagen: Der Patient wird dabei unterstützt, seine dysfunktionalen
Kontrollstrategien aufzugeben und die Bereitschaft zu entwickeln, aversive Gefühlszustände auszuhalten („acceptance“). Einen großen Teil der Therapie nimmt die Arbeit an
Werten und Lebenszielen ein, die in konkrete Handlungsabsichten münden („commitment“).
Einsatzbereiche: verschiedene Studien zur Behandlung von Depressionen, Ängsten, Psychosen, Borderline-Störungen, Ess-Störungen, Schmerzstörungen, PTBS und Diabetes
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Achtsamkeitsbasiertes Stresstraining (Mindfulness Based Stress
Reduction – MBSR) nach J. Kabat-Zinn
= ganzheitlicher Ansatz, Kombination aus achtsamkeitsbasierten praktischen Übungen zur
Stressreduktion.
Grundübungen: „Body Scan“ (Körperwahrnehmungsübung zur Aufmerksamkeitslenkung, Fokussierung und Entspannung), verschiedene Formen der Achtsamkeitsmeditation im Sitzen und Gehen sowie eine einführende Yoga-Übungsreihe (achtsame Wahrnehmung des Körpers in Bewegung)
Weitere Elemente:
– Vermittlung von Hintergrundwissen zur Stressentstehung
– Anleitungen zur Selbstbeobachtung in belastenden Situationen
– Übungen zur Förderung der Selbstreflexion, d. h. zum Erkennen von Zusammenhängen
zwischen eigenem Verhalten und den daraus resultierenden Konsequenzen
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4.6.6 Weitere Elemente und Verfahren
Modell-Lernen nach Bandura, 1969
= Verhaltensmodifikation durch Beobachten und Nachahmen des Verhaltens anderer.
Vermittlung und Erlernen „neuen“ Verhaltens (Aufbau komplexer Verhaltensweisen)
Stärkung oder Abschwächung vorhandener Verhaltensweisen (Modifikation)
Einsatz im Rahmen anderer Therapieverfahren (z. B. Rollenspiele in Selbstsicherheitstrainings oder Therapeutenmodell bei Konfrontationsverfahren)
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Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach S. Hayes et al., 2004
174
4 Behandlungsmethoden
Im Sinne des „Probehandelns“ können im geschützten Rahmen Verhaltensweisen ausprobiert werden, die zu neuen Erfahrungen führen, ohne dass irreversible Konsequenzen entstehen.
Beschreibung des Problems
„Drehbuch“ der Situation (ggf. mit verschiedenen Handlungsalternativen)
Durchführung des Rollenspiels
Rückmeldung durch Therapeuten/Gruppenmitglieder
ggf. erneute (modifizierte) Durchführung des Rollenspiels
Transfer in die reale Situation
→ Entwicklung, Überprüfung, Übung und Verfestigung erwünschten Verhaltens
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Euthyme Methoden
Betonung positiver Lebensaspekte durch Übungen zu angenehmen Sinneserfahrungen (Aufmerksamkeitsfokussierung) und positiven Gefühlen, wie Stolz und Freude. Vermittlung
angenehmer Zustände, wie Wohlbefinden, Genuss, und Aufbau von Verhaltensweisen zur
Selbstfürsorge (z. B. Annehmen von Lob, Einsatz positiver Selbstgespräche, „freundlicher
Begleiter“).
4.7
Körperorientierte und künstlerische Therapien
4.7.1 Körperorientierte Verfahren
Oft kommen im Rahmen körperorientierter Psychotherapie Emotionen schneller und
heftiger zum Ausdruck als in verbalen Therapieverfahren, da mit dem sensomotorischen
Erleben verknüpfte emotionale Inhalte aus dem implizit-prozeduralen Gedächtnis („Körpererinnerungen“), auch aus der Zeit vor dem Spracherwerb, zugänglich und integriert
werden können (→ Struktur- und Trauma-Pathologie).
Bioenergetik – nach W. Reich und A. Lowen, 1979
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Verständnis neurotischer Entwicklung als Hemmung des Flusses der Bioenergie, z. B. in
Form eines ängstlich unterdrückten emotionalen Ausdrucks
Abwehrvorgänge bilden sich im Körper als muskuläre Verkrampfung, Atemeinschränkungen usw. ab → „Muskel- und Gewebepanzerung“ (Boadella)
Bioenergetische Körperübungen setzen die gestauten Energien frei und bringen die bisher
unterdrückten Emotionen zum Ausdruck (bisweilen auch zum Ausbruch!).
Analytische Körperpsychotherapie – nach T. Moser, P. Geißler u. a., 2008
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„Erweiterung der psychoanalytischen Assoziationstechnik auf die Ebene der Körperimpulse und Körperwahrnehmungen“ (Geißler) → szenische und körperbezogene Angebote
(„Handlungsdialog“, „Enactment“) im freien Wechsel mit verbalen Therapiephasen
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Rollenspiele (→ Modell einer realen Problemsituation)
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