257 – Halsrippen; Form der Scapula; Besitz einer Interclavicula; Pro- und Metacoracoid relativ groß. Autapomorphien (Beispiel): – Fehlen des Lacrimale und Jugale. Ornithorhynchus anatinus (Schnabeltier). Guter Schwimmer, am und im Wasser. Zwischen den Zehen mit Schwimmhäuten, Schädel mit Hornschnabel. Die Eier werden in einem unterirdischen Nest abgelegt. Ost-Australien. Tachyglossus aculeatus (Schnabeligel, Ameisenigel, Echidna; Ostaustralien, Tasmanien und Neuguinea) und Zaglossus (Langschnabeligel; Neuguinea, 3 Arten). Mit Stachelkleid. Die Eier werden in einem Brutbeutel (Incubatorium) getragen, der sich während der Fortpflanzungsperiode ausbildet; er ist nicht dem Marsupium der Marsupialier homolog. Lange Schnauze mit kleiner Mundöffnung. 1.43 Theria = Marsupialia + Placentalia Apomorphien: Mehrere evolutive Neuerungen der Theria wurden bei der Schilderung der Evolution der Skelettelemente bereits genannt. Ergänzt sei, dass zumindest bei jüngeren Individuen der Monotremata die Halsrippen noch frei sind, während sie bei den Theria mit den Processus transversi verschmolzen sind. – Die Clavicula gelenkt beweglich in echten Gelenken mit dem Sternum und dem Acromion. – Die beiden Gehirnhälften sind durch eine Kommissur, den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden. – Die Molaren sind tribosphenisch. Sie weisen jeweils drei in einem Dreieck angeordnete Haupthöcker auf (auf den Oberkiefermolaren Paraconus, Metaconus und Protoconus, im Unterkiefer Paraconid, Metaconid und Protoconid), die durch Grate und weitere Höcker ergänzt werden. Die Molaren des Ober- und des Unterkiefers greifen beim Kieferschluss ineinander. – Plazenta. Die Prototheria haben poly- oder makrolecithale (dotterreiche) Eier, sodass mit dem Dotter eine lange Nährstoffversorgung des Keimlings gewährleistet ist. Die Metatheria und Eutheria haben sekundär oligolecithale (dotterarme) Eier. Dem Stoffaustausch mit der Mutter dient die Plazenta. Beuteltiere haben mit ihrer kurzen Tragzeit eine einfache Plazenta: Bei ihnen bilden Dottersack und Chorion eine Dottersackplazenta. Marsupialia mit längerer Tragzeit haben eine Chorioallantoisplazenta, bei der der Stoffaustausch durch die Gefäße erfolgt. Bei den Placentalia (= Eutheria) lassen sich verschiedene Plazentatypen unterscheiden. Sind alle Wandschichten ausgebildet, spricht man von einer Placenta epitheliochorialis. Es besteht eine Tendenz zur Reduktion der Zahl der Trennwände, sodass eine endothelio-choriale bzw. eine hämo-choriale Plazenta entsteht. Bei Meerschweinchen liegen die Gefäße des Embryos im mütterlichen Blutraum (Placenta haemo-endothelialis). Über die Plazenta wird dem Keimling das mit Nähr- 1 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1.43 Theria 1 1 Das System der Tiere stoffen und Sauerstoff beladene mütterliche Blut zugeführt, ohne dass es zu einem Übertritt von Blutkörperchen kommt. Außerdem ist die Plazenta Bildungsort von Hormonen. – Die Milchdrüsen liegen auf Zitzen. – Die Theria sind vivipar. Damit verbunden ist die Entwicklung schalenloser Eier. Jene Abschnitte der Ovidukte, in denen die Eier ihre erste Entwicklung durchlaufen, sind als Uteri ausgebildet, die Endabschnitte der Ovidukte als Vaginae. – Bei den Männchen ist ein Scrotum (Hodensack) ausgebildet, in den die Hoden aus der Bauchhöhle heraus einwandern (Descensus testiculorum). Beim Männchen sind Urogenitalsinus und Penis vom Darm getrennt. Während bei den Männchen der Monotremata nur das Sperma durch den Penis geleitet wird, bilden bei den Theria Samenröhre und Urogenitalkanal einen kontinuierlichen Schlauch. Der hintere Abschnitt der Kloake ist zurückgebildet, sodass die Öffnung der Penisscheide nicht mehr in der Kloakenwand, sondern an der Körperoberfläche liegt. Auch bei den Weibchen der Theria ist keine Kloake mehr vorhanden, das heißt, Urogenital- und Afteröffnung sind durch einen Damm (Perineum) voneinander getrennt. Die ältesten Nachweise eindeutiger Marsupialia stammen aus der Milk River Formation von Alberta, Kanada (70–80 Mio. Jahre alt, mindestens 7 Arten von der Größe einer Spitzmaus bis zu der eines Kaninchens). Die frühesten Placentalia stammen aus der Djadokhta-Formation der Mongolei, die wohl noch etwas älter ist. 1.43.1 Marsupialia (Beuteltiere, Beutelsäuger) 280 Arten. Die meisten Eigenschaften, in denen sich die Marsupialia von den Placentalia unterscheiden, sind Plesiomorphien. Als abgeleitete Grundmustermerkmale können genannt werden (Auswahl): – die Reduktion eines Praemolars sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer. Die Zahnformel lautet damit im Grundplan der Marsupialia 5134 im Ober- und 4134 im Unterkiefer. – Ein eigenartiger Zahnwechsel vom Milchgebiss zum permanenten Gebiss: Gewechselt wird nur der 3. Praemolar = letzter oberer und unterer Praemolar). Die Milchzahnanlagen der Incisivi und Canini werden zwar entwickelt, aber zum Durchbruch kommen nur die Ersatzzähne. – Sinus vaginalis. Die beiden Müllerschen Gänge (embryonale Vorstufen des Eileiters) münden getrennt aus (Didelphie). Ihre Vaginalteile verschmelzen zum Sinus vaginalis. Dieser bricht nach hinten in den Sinus urogenitalis durch und bildet so einen Geburtskanal („dritte Vagina“). Weitere Eigenschaften: Scrotum vor dem Penis gelegen; Penis ohne Baculum (Penisknochen). Die Beuteltiere bringen ihre Jungen nach sehr kurzer Tragzeit zur Welt (12 Tage beim Opossum, 38 Tage beim Känguru). Diese kriechen mithilfe ihrer Vorderbeine Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 258 1.43 Theria 259 zum Zitzenfeld und werden anschließend in einem Brutbeutel (Marsupium) oder zwischen Bauchfalten genährt. Die Mundränder werden kurz vor der Geburt durch Gewebe bis auf eine kleine Öffnung, die die Zitze umfasst, verengt. Heute mit rund 190 Arten in Australien und Neuguinea, 90 Arten in Süd- und Mittelamerika und einer Art (Didelphis virginiana) in Nordamerika. Ameridelphia Die südamerikanischen Marsupialia (Caenolestoidea und Didelphoidea) scheinen ein Monophylum zu bilden, denn bei ihnen kommt eine Paarbildung der Spermien vor (mögliche Synapomorphie). Dabei sind jeweils zwei Spermien an den Köpfen oder seitlich miteinander verbunden. Teiltaxa: Didelphidae (Beutelratten, Opossums. Eckzähne als Fangzähne entwickelt. Beutel gut ausgebildet, nur aus zwei Hautfalten bestehend oder fehlend. Ca. 90 Arten, meist nachtaktiv). Caenolestidae (Opossummäuse. Ohne Beutel. 7 Arten, Anden). 1.43.1.2 Australidelphia Dromiciopsia. Nur Dromiciopsis gliroides (mausähnlich, Südamerika). Dasyuromorphia, Raubbeutler. Australische Region, ca. 70 Arten. Beispiele: Thylacinus cynocephalus (Beutelwolf), Beutel nach hinten geöffnet, ausgerottet. Sarcophilus laniarius (früher Dasyurus harrisii, Beutelteufel), Myrmecobius fasciatus (Ameisenbeutler), mit spitzer Schnauze. Notoryctidae (Beutelmulle, maulwurfähnlich, leben unterirdisch). Vombatoidea. Beutel nach hinten geöffnet. Beispiele: Vombatus ursinus, Nacktnasenwombat. Phascolarctos cinereus, Koala. An der Hand können die Finger I und II den übrigen gegenübergestellt werden. Phalangerida. Beutel nach vorn geöffnet. Beispiele: Macropodidae (Kängurus). Petaurus australis (Riesenflugbeutler). Unter den südamerikanischen und australischen Beuteltieren gab es mehrfach Parallelentwicklungen: Auf beiden Kontinenten entstanden große Carnivoren (†Borhyaena und Thylacinus), springende Formen (Argyrolagidae und Macropodidae) und wenig spezialisierte wiesel- und spitzmausähnliche Formen wie Caenolestes und die kleineren Vertreter der Dasyurinae. Andererseits entstanden aquatische Marsupialier (Chironectes) und ein säbelzahniger Carnivore (†Thylacosmilus) nur in Südamerika. Nur Australien wiederum beheimatete ein umfassendes Spektrum an Herbivoren, von kleinen arborealen Arten bis zu großen springenden Formen (Macropodidae) und quadruped sich fortbewegenden Vertretern (Phascolomidae, Diprotodontidae). 1.43.2 Placentalia (Plazentatiere) = Eutheria Apomorphien: – Reduktion mehrerer Zähne: Im Oberkiefer zwei Incisivi und ein Molar, im Unterkiefer ein Incisivus und ebenfalls ein Molar. Die Zahnformel (S. 665) beträgt damit im Grundplan der Placentalia im Ober- und Unterkiefer jederseits 3143 (insgesamt also 44 Zähne). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1.43.1.1 1 – Reduktion des Praepubis (Beutelknochens). (Das Fehlen des Beutels bei den Placentalia ist hingegen eine Plesiomorphie.) – Hoch differenzierte Plazenta (Allantois-Plazenta als Kontaktorgan zwischen dem Epithel des mütterlichen Uterus und der äußeren Embryonalhülle, dem Epithel des Chorions). Die Dottersack-Plazenta aus dem Grundplan der Theria ist noch vorübergehend als Austauschorgan aktiv und wird reduziert. – Die Endabschnitte der Eileiter (Ovidukte) bzw. der Müllerschen Gänge, die bei den Monotremata und Marsupialia noch getrennte Scheiden bilden, verschmelzen zu einer einheitlichen Vagina. – Verlängerte Entwicklung innerhalb des Uterus. 1.43.3 Edentata = Xenarthra + Pholidota Das Schwestergruppenverhältnis zwischen den Pholidota und Xenarthra ist umstritten. Mögliche Synapomorphien sind die Gebissreduktion und eine verfestigte Beckenregion. Xenarthra (Zahnarme, Nebengelenktiere). Autapomorphien: – Fehlen aller Incisivi, Praemaxillare klein. – Hintere Thorax- und Lendenwirbel mit zusätzlichen Gelenkapophysen und Gelenkflächen (xenarthrale Gelenke). Ansonsten erfolgt die Gelenkung (der „normarthralen“ Gelenke) über die Prae- und Postzygapophysen. – Die Uteri sind zu einem Uterus simplex verschmolzen. Xe na rt Ph hra ol id Lip ota ot y Ro phl de a n La tia go m M or p ac ro ha sc Sc e an lide de a n Pr im tia a De tes rm o Ch pte iro ra p Ca ter rn a iv Tu ora bu li Hy den t ra co ata id Si e re ni a a Pr ob o M scid es e ax a Ar oni tio a d Ce act ta yla ce a 1 1 Das System der Tiere Glires ? Tethytheria Volitantia Paenungulata Cetartiodactyla Pantomesaxonia ? Archonta ? Ungulata Edentata ? ? Epitheria Placentalia Abb. 1.128 Mögliche Verwandtschaftsbeziehungen unter den plazentalen Säugetieren. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 260 261 Vorkommen: Südamerika und südliches Nordamerika. Beispiele: Dasypodidae (Gürteltiere). Extremitäten zu Grabwerkzeugen spezialisiert. Oberseite von Kopf und Rumpf mit vielteiligem Hautknochenpanzer, der von Horn überlagert ist. Zunge weit vorstreckbar. 20 Arten, omnivor oder insectivor. Myrmecophagidae, Cyclopedidae (Ameisenbären). Schnauze röhrenförmig. 3. Finger stark vergrößert, Zunge sehr lang. Zahnlos. 4 Arten, Süd- und Mittelamerika. Myrmecophaga tridactyla, Großer Ameisenbär, Tamandua tetradactyla, Tamandua. Tardigrada (Faultiere). Blätter fressend, Baumbewohner. Schwanz zurückgebildet, Zehen mit langen Krallen (Kletterhaken). Körpertemperatur 18–35°. Kopf um 270° drehbar. 5 rezente Arten in Südamerika. Die miozänen bis pleistozänen Megatheriidae wurden bis elefantengroß. Pholidota (Schuppentiere). 7 Arten in Afrika und Asien. Kopf gestreckt, mit kleiner, terminaler Mundöffnung, Zunge lang (bis 40 cm bei Manis gigantea). Ohne durchgehenden Jochbogen. Zähne fehlen (Zahnanlagen treten aber in der Ontogenese vorübergehend auf). Panzer aus scharfrandigen Hornschuppen, die die Oberseiten aller Körperteile bedecken. Extremitäten mit kräftigen Krallen (Grabwerkzeuge und Kletterhaken). Ameisen- und Termitenfresser, terrestrisch oder baumbewohnend. 1.43.4 Epitheria (alle übrigen Placentalia) Die Monophylie ist nur schwer durch morphologische Strukturen nachzuweisen: – Bau der Zungenbein-(Hyoid-)Muskulatur. – Ausprägung der epaxonischen (Rumpf-)Muskulatur. 1.43.4.1 Lipotyphla (Insektenfresser im engeren Sinne) Über 400 Arten. Beispiele: Erinaceidae (Igel), bodenlebend und omnivor; Soricidae (Spitzmäuse), mit sehr beweglicher, langer Nase, meist insektivor; Talpidae (Maulwürfe), mit sehr kleinen Augen und rüsselförmiger Nase, bei den Talpinae mit ans Graben angepassten Vorderextremitäten; Tenrecidae (Tenreks), in Afrika und auf Madagaskar. Früher wurden die Scandentia und Macroscelidea (zusammen: Menotyphla, Arten mit Blinddarm) gegenüber den Lipotyphla (Arten ohne Blinddarm) in die Insektenfresser (Insektenfresser in weiterem Sinne) einbezogen (Abb. 1.128). 1.43.5 Glires = Rodentia (Nagetiere) + Lagomorpha (Hasenartige) – Nagezähne ständig im Wachstum begriffen, vergrößert. – Die Nagezähne sind persistierende Milchzähne (zweite Incisivi). – Vordergebiss mit Ausnahme der Nagezähne stark reduziert. – Caecotrophie. Lagomorpha (Hasenartige). 90 Arten. Mit langen Ohren (insbesondere in heißen Regionen, Thermoregulatoren) und verlängerten Hinterbeinen. Oberlippe gespalten (Hasenscharte). Die Leporidae sind seit dem Eozän fossil belegt. Zu ihnen gehö- 1 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1.43 Theria 1 Das System der Tiere 262 ren Lepus europaeus (Feldhase) und Oryctolagus cuniculus (Europäisches Kaninchen). Rodentia (Nagetiere). Ca. 2300 Arten. Beispiele: Sciuridae (Eichhörnchen), ernähren sich von pflanzlicher und tierischer Kost; Hystricidae (Stachelschweine), mit Rückenstacheln (umgewandelte Haare); Castoridae (Biber), mit zahlreichen Anpassungen an das Leben im Wasser; Cricetidae (Hamster), Arvicolidae (Wühlmäuse, mit kurzem Schwanz); Erethizontidae (Neuwelt-Stachelschweine); Caviidae (Meerschweinchen und Verwandte); Muridae (Mäuse), darunter Mus musculus (Hausmaus, Kulturfolger); Rattus rattus (Hausratte, aus Südasien stammend, bis 260 g schwer). Rattus norvegicus (Wanderratte, aus China, bis 500 g). Eine Reihe von Meriden sind Träger des Pestflohs Xenopsylla cheopis. 1.43.5.1 Macroscelidea (Rüsselspringer) 15 Arten in Afrika. Augen groß, Hinterbeine lang; mit Rüsselnase. 1.43.6 Archonta = Scandentia + Primates + Volitantia Mögliche Apomorphie: Penis frei hängend (plesiomorphe Ausprägung: in einer Integumenttasche ruhend). 1.43.7 Scandentia + Primates – Schädel mit kompletter Postorbitalspange. – Ausbildung einer Sublingua. 1.43.7.1 Scandentia (Spitzhörnchen, Tupaias) 20 Arten. Baumbewohner, mit Insektenfressergebiss (Abb. 1.129). In den Tropen Südost-Asiens. Lendenwirbel Scapula Brustwirbel (Schulterblatt) Sacrum Femur (Oberschenkelknochen) Sternum Humerus (Oberarmknochen) (Brustbein) Ulna Patella (Kniescheibe) Tibia (Schienbein) Fibula (Wadenbein) (Elle) Radius (Speiche) Abb. 1.129 Tupaia (Spitzhörnchen), Skelett. Beispiel für ein in vieler Hinsicht ursprüngliches Säugetier. (Nach Romer, 1971 und Mickoleit, 2004.) Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1 1.43 Theria 1.43.7.2 263 Primates (Herrentiere) 1 = Strepsirhini + Haplorhini Ca. 260 Arten. Die Primaten zeichnen sich durch jederseits nur zwei Incisivi im Ober- und Unterkiefer aus (Autapomorphie). Strepsirhini (Nacktnasenaffen). Haplorhini (Haarnasenaffen, die weitaus meisten Primaten). Bei ihnen ist der primäre feuchte Nasenspiegel (Rhinarium), der sich noch bei den Strepsirhini findet, verloren gegangen. Stirnbein Jochbogen Nasenbein Oberkieferknochen Unterkieferknochen 7. Halswirbel Schlüsselbein Acromion 1. Rippe Schulterblatt Brustbein Oberarmbein 12. Rippe Ellenbogengelenk Elle (Ulna) Speiche (Radius) 12. Brustwirbel 1. Lendenwirbel Kreuzbein Steißbein Oberschenkelkopf Handwurzel Darmbein Mittelhandknochen Schambein Sitzbein Oberschenkelknochen Kniescheibe Schienbein Wadenbein Fußwurzel Mittelfußknochen Fersenbein Abb. 1.130 Primates. Skelett von Homo sapiens. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Teiltaxa: Lorisiformes (= Loriformes) mit den Loris und Buschbabies und die Lemuriformes (Lemuren), mit ca. 70 Arten auf Madagaskar. 1 1 Das System der Tiere Die nachtaktiven Tarsiiformes (Koboldmakis, in Südostasien, mit sehr großen Augen) bilden die Schwestergruppe der Simiiformes (= Anthropoidea), bei denen nur noch ein Paar Zitzen verblieben sind. Bei den Platyrrhini (Neuwelt- oder Breitnasenaffen, etwa 115 Arten) sind die Nasenöffnungen weit voneinander getrennt und zu den Seiten hin gerichtet (Beispiele: Kapuzineraffen; Callitrichidae, Krallenaffen; Atelidae, Brüllaffen und Verwandte). Deren Schwestertaxon sind die Catarrhini (Schmalnasen- oder Altweltaffen, mit eng beieinander liegenden Nasenöffnungen). Deren artenreichste Teilgruppe sind die Cercopithecoidea (etwa 100 Arten), zu denen unter anderen die Meerkatzen, Makaken, Paviane und Languren gehören. Nur knapp 20 rezente Arten machen ihre zweite Teilgruppe, die Hominoidea (Menschenartige) aus: die Gibbons (Hylobatidae), der Orang-Utan (Pongo pygmaeus, hierzu P. pygmaeus abelii von Sumatra) sowie die zumindest ursprünglich in Afrika beheimateten restlichen Arten: der Gorilla (Gorilla gorilla mit drei Unterarten), Schimpanse und Bonobo (Pan troglodytes und P. paniscus) sowie Homo sapiens (Mensch, Abb. 1.130). Beispiele für Stammgruppenvertreter des Menschen (und zum Teil Repräsentanten seiner Ahnenlinie) sind Ardipithecus ramidus, Australopithecus afarensis, Homo erectus und Homo habilis. Eine in vieler Hinsicht ursprüngliche Zwergform hat mit H. floresiensis zumindest bis vor 18 000 Jahren auf Flores überlebt. Ältester Menschenaffe ist Pierolapithecus catalaunicus (Iberische Halbinsel, ca. 13 Mio. Jahre). 1.43.8 Volitantia = Dermoptera + Chiroptera – Zwischen den Fingern mit Flügelhäuten (Chiropatagium). – Mit einem großen Handwurzelknochen (Verschmelzung von Centrale, Scaphoid und Lunatum) – Radius und Ulna distal fusioniert. – 4. und 5. Zehenstrahl verlängert. – Flexorsehnen der Fußzehen mit einem Sperrmechanismus zum kraftschonenden Aufhängen. Dermoptera (Pelzflatterer, Flattermakis). 2 Arten. Herbivore Gleitflieger mit Flughaut zwischen Hals, Vorder- und Hinterbeinen und Schwanz. Augen groß. Cynocephalus variegatus in Südostasien, C. volans auf den Philippinen. Chiroptera (Fledertiere). Ca. 1120 Arten. Aktiv fliegend, mit Flughäuten zwischen den verlängerten Fingern und den Hinterbeinen (sowie bei den Mikrochiroptera dem Schwanz) (Abb. 1.131d). Die eine Flügelspannweite von 1,7 m erreichenden Megachiroptera (Flughunde, in den Tropen der Alten Welt) ernähren sich von Früchten und Pollen, die Mikrochiroptera (Fledermäuse) mit der Hauptmasse an Chiropteren-Arten sind großenteils Insektenfresser. Zur Orientierung und zum Auffinden von Beutetieren wird Echoortung eingesetzt. Alternativhypothese: Ein Taxon Primatomorpha (= Dermoptera + Primates) wurde aufgrund von molekularen Untersuchungen angenommen. Morphologische Indizien für ein solches Verwandtschaftsverhältnis gibt es kaum. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 264 1.43 Theria 1.43.9 265 Tubulidentata (Röhrenzähner) 1 1 Art in Afrika: Orycteropus afer (Erdferkel). Schädel lang. Gebiss aus Röhrenzähnen (Zähne aus zahlreichen Dentinröhrchen). Ernährt sich von Ameisen und Termiten. Die Tubulidentata werden meist als stark abgeleitete Huftiere betrachtet. 1.43.10 Ungulata (Huftiere) Die vermutete Monophylie wird insbesondere mit dem offensichtlichen Zusammenlaufen der verschiedenen Evolutionslinien auf die „Condylarthra“ (Urhuftiere, Kreide-Alttertiär) begründet. 1.43.11 Cetartiodactyla Als Synapomorphien der Wale und Paarhufer gelten: – Drei primäre Lungenbronchien. – Die Erektion des Penis erfolgt vor allem durch Erschlaffen von Retraktormuskeln und weniger durch Schwellkörper. 1.43.11.1 Artiodactyla (Paarhufer) = Paraxonia 220 Arten. Der 3. und 4. Strahl der Extremitäten ist verlängert und trägt am Ende je eine Hornkappe (Abb. 1.131o–q). Die Symmetrieachse verläuft entsprechend zwischen den Digiti III und IV (paraxone Extremitäten). Innerhalb der Artiodactyla gelten die Suina (= Neobunodontia, Schweine und Flusspferde, mit verlängerten Eckzähnen) als Schwestergruppe aller übrigen Taxa (zusammen: Neoselenodontia). Molekularen Analysen zufolge aber sollen die Wale die Schwestergruppe der Flusspferde sein. Beispiele: Suidae (Schweine), Hippopotamidae (Flusspferde), Camelidae (Kamele), Giraffidae (Giraffen), Cervidae (Hirschartige), Moschidae (Moschustiere), Antilocapridae (1 Art: Antilocapra americana, Gabelbock), Bovidae (Hornträger, darunter Rinder, Gazellen, Saigas, Schafe und Ziegen [zu letzteren auch Ovibos moschatus, Moschusochse] sowie Gnus). 1.43.11.2 Cetacea (Wale) 80 Arten. Hinterextremitäten reduziert, Vorderextremitäten als Flosse (Flipper) entwickelt (Abb. 1.131j). Schwanz mit quer stehender „Fluke”. Ohrmuscheln reduziert. Halswirbel zum Teil miteinander verschmolzen. Teiltaxa: Odontoceti (Zahnwale). Adulte mit sekundär homodontem Gebiss, im vorderen Bereich des Kopfes mit „Melone”. Äußere Nasenöffnung unpaar. Hierzu unter anderem die Physeteridae (Pottwale) und Delphinidae (Delphine). Mysticeti (Bartenwale). Im Oberkiefer mit epidermalen Hornplatten (Barten) als Seihapparat (homodontes Gebiss nur noch im Embryonalstadium). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. = Cetartiodactyla + Mesaxonia + Paenungulata 1 Das System der Tiere 266 1 Pteroid 1.2.3. Ulna Pisiforme Metacarpalia 1. 1. 2. 2. 3. a 3. 5. 4. c 4. b 1. 4. e 3. f 2. d 3. Kralle 2. k j 5. 5. Pisiforme g 1. Sesambein 4. (”6. Finger”) Sichelbein 1. 5. h 2. i 1. 1. 2. 4. 5. Pisiforme 2 4. l 3. 5. Pisiforme 2. 5. 1. 3. 5. 2. m 3. 4 Pisiforme 3 2 4 5 2. 5. 4. n o 3. 4. p 3. 4. q 3. 4. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Radius 267 ◀ Abb. 1.131 Homologiebeziehungen in den Vorderextremitäten verschiedener Wirbeltiere. Blau: Humerus, grün: Radius (hell) und Ulna (dunkel), weiß: Handwurzelknochen (bei Ichthyosaurus auch ein Teil der zusätzlichen Fingerknochen), orange: Mittelhandknochen, rötlich: Fingerknochen. a Ophiacodon, Perm, ein früher Synapside, b Triturus cristatus (Kammmolch), c Pterosauria, Eudimorphodon (Trias), d Mammalia, Pteropus vampyrus, e–f Aves: Columba (Taube) und Dromaius novaehollandiae (Emu), g–q außer k: Mammalia: g Tupaia belangeri (Tupaia), h Talpa europaea (Maulwurf), i Ailuropoda melanoleuca (Großer Panda), j Globicephala melaena (Grindwal), k Ichthyosaurus (Sauropsida: Ichthyosauria, Lias), l Rhinoceros unicornis (Panzernashorn), m Tapirus (Tapir), n Equus ferus (Pferd), o Sus scrofa f. domestica (Hausschwein), p Lama guanicoe (Guanako), q Giraffa camelopardalis (Giraffe). (Nach Abel, 1912; Carroll, 1993; Starck, 1979; Heilmann, 1926; Parker, 1888 und Präparaten im Zoologischen Museum Göttingen.) 1.43.12 Pantomesaxonia = Mesaxonia + Paenungulata Autapomorphien: – Mehr als 17 Thorakalwirbel. – Penisspitze mit einer Grube (Fossa glandis), aus der ein stielähnlicher Harnröhrenfortsatz ragt. 1.43.12.1 Mesaxonia (Unpaarhufer) = Perissodactyla 17 Arten. Die charakteristische Betonung des mittleren (3.) Strahles der Vorderund Hinterextremität (Abb. 1.131l–n) findet sich auch bei den Hyracoidea und ist damit möglicherweise nicht als Autapomorphie zu interpretieren. Teilgruppen: Rhinocerotidae (Nashörner, 5 Arten), Tapiridae (Tapire, 4 Arten), Equidae (Pferdeartige, 6 Arten, mit nur noch einer Zehe an jeder Extremität). Die Evolution der Pferde. Seit der oberen Kreide gab es pflanzen- und fleischfressende Huftier-Verwandte („Condylarthra“). Die Extremitäten von Phenacodus (Eozän) hatten fünf Zehen; die 3. war die kräftigste und längste. Das Gebiss umfasste 44 niedrigkronige Zähne. Ihm müssen die Vorfahren der Pferde ähnlich gesehen haben. Die Pferdeartigen im weiten Sinne (Hippomorpha) enthalten neben den alttertiären Pachynolophoidea die Equoidea mit den Palaeotheriidae (Eozän – Oligozän) und den Equidae (Eozän – heute, Pferde im engeren Sinne). Die meisten Pferdearten lebten in Nordamerika und Eurasien. Die ältesten Formen waren Waldbewohner und Laubfresser, die jüngeren Bewohner offener Steppenlandschaften und ernährten sich überwiegend von Gräsern. Als ältester Vertreter der Pferde gilt gemeinhin Hyracotherium (= Eohippus, Eozän, mehrere Arten von Katzengröße bis ca. 50 cm Widerristhöhe). Hyracotherium hatte einen 4-zehigen Vorder- und einen 3-zehigen Hinterfuß (vorn war die erste Zehe reduziert, im Hinterfuß waren nur noch die 2., 3., und 4. Zehe vorhanden). Der Rücken war hochgewölbt, der Schwanz lang und kräftig, die Augenhöhle hinten nicht durch eine Knochenspange verschlossen, die Schnauze nicht länger als der Hirnschädel. Es waren wie bei Phenacodus noch 44 Zähne vorhanden (bei Equus normalerweise 40 bei Hengsten und 36 bei Stuten). Da die Zähne niedrigkronig waren und eine starke Abnutzung nicht ertragen hätten, muss sich Hyracotherium von saftigen Blättern und Früchten ernährt haben. Möglicherweise sind einige der Hyracotherium-Arten näher mit den Palaeotherien verwandt als 1 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1.43 Theria 1 1 Das System der Tiere mit der Evolutionslinie zu den echten Pferden (Abb. 1.132). Hyracotherium wäre demnach nicht monophyletisch. Einige Artengruppen haben heute keine Nachfahren mehr, so die Palaeotheriidae (Eozän – Oligozän, vor allem in Europa). Nachdem die Palaeotherien und Hyracotherium in Europa erloschen waren, gab es lange Zeit keine eurasiatischen Pferdeartigen mehr. Evolution von Schädel und Gehirn. Bei Mesohippus war der vordere Gesichtsschädel gegenüber dem bei Hyracotherium verlängert, bei Merychippus war die Augenhöhle hinten erstmals durch eine Knochenspange geschützt. Aus Ausgüssen des Schädelinnenraumes fossiler Pferde konnte man sogar die Evolution des Gehirns nachvollziehen. Auffällig ist die Entwicklung der äußeren Schichten des oberen Großhirnteiles (Neocortex). Bezahnung. Mit der Zunahme der Körpergröße wurden an den Kauapparat neue Anforderungen gestellt, denn ein großes Tier braucht mehr Nahrung als ein kleines, ist meist langlebiger. Die Zähne müssen also nicht nur mehr Nahrung in einer bestimmten Zeit verarbeiten, sondern auch über längere Zeit funktionsfähig sein. Bei Hyracotherium waren die Praemolaren noch sehr von den Molaren verschieden. Bei Orohippus (mittleres Eozän) waren der letzte (4.) Praemolar, bei Epihippus (oberes Eozän) auch die beiden letzten Praemolaren (3. und 4.) den Molaren ähnlich. Dies begünstigte das Aufschließen der Nahrung. Noch Mesohippus (Oligozän) hatte niedrigkronige Zähne, die nicht für die harten Gräser geeignet waren. Allerdings war bei ihm ein weiterer Praemolar, der 2., den Molaren ähnlich geworden. Im mittleren Tertiär nahmen Gräser mehr und mehr einen Großteil der Floren ein. Dass die Zähne die intensive Nutzung von Gras leisten konnten, wurde möglich unter anderem durch eine stark gefurchte Mahlfläche (Erhöhung der Mahlkraft) und eine höhere Zahnkrone (Hypsodontie, dadurch konnten die Zähne länger in Gebrauch bleiben). Zunehmend hochkronig wurden die Zähne bei Parahippus und Merychippus. Außerdem entwickelte sich eine neue Zahnsubstanz: Ursprünglich waren nur eine harte Schmelzschicht vorhanden, die die Krone bedeckte, und darunter das etwas weichere Dentin. Bei Grasfressern bestand die Gefahr, dass aus Schmelz bestehende hervorragende Teile der Mahlfläche splittern könnten. Dies wurde durch die Ablagerung von Zement außen am Schmelz behoben. Er begann als dünner Film bei Parahippus aufzutreten. Bei Merychippus stellte es bereits einen großen Teil des Zahnes. Extremitäten. Wie Hyracotherium hatte auch Orohippus vier Zehen am Vorder- und drei am Hinterfuß. Die frühesten Pferde mit drei Zehen am Vorderfuß gehören zu Mesohippus (Oligozän). Anschließend erfuhren die beiden Seitenzehen eine starke Größenreduktion. Mit den dreizehigen Anchitheriinae (Abb. 1.132) verließen zum ersten Mal Pferde Nordamerika. Im Anschluss an eine Wanderung über die Bering-Straße nach Eurasien vor ca. 24 Mio. Jahren waren sie hier weit verbreitet und erreichten auch Afrika. Die ebenfalls dreizehigen Hipparionini (= Hippotheriini) tauchten, nachdem auch sie die Bering-Straße gequert hatten, vor 11,5 Mio. Jahren in Europa auf, im späten Miozän auch in Afrika. Die pleistozänen Hipparionen Afrikas waren die letzten dreizehigen Pferde. Equini. In der Entwicklungslinie zu den heute noch lebenden Pferden erfolgte im Miozän der Verlust der äußeren Zehen. Damit waren die einzehigen (monodactylen) Pferde entstanden – wieder in Nordamerika. Als am Ende des Miozäns Nord- und Südamerika miteinander verbunden wurden, gelangten zahlreiche Tiere nach Südamerika, darunter auch Pferde: Onohippidum und Hippidion. Vor ca. 3 Mio. Jahren, überquerte Equus von Nordamerika aus die Beringsstraße nach Asien. Im Pleistozän erreichte Equus auch den südamerikanischen Kontinent, starb dort aber noch vor Ankunft des Menschen wieder aus. Die jüngsten radiometrisch datierten Pferdefossilien aus Nordamerika stammen aus Rancho la Brea in Kalifornien (Alter rund 10 940 Jahre). Equus ist heute ein rein eurasiatisch-afrikanisches Taxon und umfasst sechs Arten: Equus ferus, das echte Pferd einschließlich der Hauspferde) in Eurasien; E. africanus (= E. asinus, Esel, Nordafrika), die Halbesel Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 268 1.43 Theria 269 1 E. zebra Equus grevyi E. quagga E. hemionus Stylohipparion Equus asinus Equus ferus PLEISTOZÄN 2 Mio J. Hipparion PLIOZÄN Nannippus Anchitherium Cormohipparion Dinohippus Neohipparion, Pseudohipparion Astrohippus Pliohippus Hypohippus MIOZÄN Kalobatippus Sinohippus Protohippus Megahippus HIPPARIONINI (= HIPPOTHERIINI) Equina "Merychippus" Parahippus 23,5 "Mesohippus" KREIDE Miohippus assiniboiensis Haplohippus Epihippus "Orohippus" PACHYNOLOPHOIDEA H. leporinum 65 Mioh. sp. Mioh. obliquidens Mesohippus celer PALAEOTHERIIDAE PALEOZÄN "Miohippus" Mesoh. Mesoh. sp. Mesohippus barbouri westoni M. bairdi 36 56,5 Desmatippus Mioh. annectens EQUINAE Mioh. Mioh.equinanus Mioh. gidleyi intermedius OLIGOZÄN EOZÄN Protohippina EQUINI Cremohipparion Archaeohippus ANCHITHERIINAE Calippus "Hyracotherium" EQUIDAE H. sandraeH. index H. vasacciense Pliolophus Systemodon Cymbalophus "Phenacodontidae" H. angustidens EQUOIDEA HIPPOMORPHA Grasfresser Laubfresser Abb. 1.132 Perissodactyla. Stammbaum und System der Pferde. Nicht monophyletische Taxa in Anführungszeichen. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 5,1 Hippidion, Parahipparion 1 1 Das System der Tiere (Equus hemionus, Asien) mit E. hemionus kiang (Kiang), E. h. onager (Onager), E. h. hemionus (Kulan) sowie drei Zebra-Arten (Afrika): Equus grevyi (Grevy-Zebra), E. zebra (Bergzebra) und E. quagga granti (Grant-Zebra, = E. burchelli, Burchell-Zebra). Bei den Pferden im engeren Sinne lösten in Folge der Klimaschwankungen im Quartär kleine und große Formen einander ab. Diese Vielfalt hat zu einer enormen Zahl benannter Arten geführt (über 200!), die aber nichts mit natürlichen Arten zu tun haben – es sind lediglich Bezeichnungen für (manchmal ungenügend erhaltene) Fundstücke. Vermutlich haben in Eurasien nie mehr als vielleicht acht bis zehn Equiden-Arten gleichzeitig gelebt. Schon früh wurden Mensch und Pferd geradezu eine Schicksalsgemeinschaft: Die tierischen Reste in den ca. 40 000 Jahre alten Siedlungsabfällen der Vogelherd-Höhle in Württemberg bestehen großenteils aus Resten relativ kräftiger Pferde. Spektakulär sind die Pferdefunde von Schöningen/Harzrand, einer etwa 400 000 Jahre alten Jagdstation. Die Vorgeschichte des echten Pferdes (Equus ferus) ist schwer nachzuvollziehen, da sich viele Formen in ihrem riesigen Areal von Nordamerika und Asien bis nach Südwesteuropa immer wieder vermischten. Der Fund eines 26 000 Jahre alten Pferdes im Permafrostboden Alaskas hat gezeigt, dass es damals bereits Pferde mit einer Hängemähne gab. Dies ist also nicht notwendigerweise Kennzeichen des Hauspferdes, wie oft vermutet. Andererseits zeigen fast alle Pferdedarstellungen des Jungpaläolithikums in Mittel- und Südeuropa eine Stehmähne. Equus ferus trat und tritt in mehreren Unterarten auf. Am ursprünglichsten ist das Przewalski-Pferd. Es hat im diploiden Satz 66 Chromosomen, die übrigen Pferde haben 64, Mischlinge 65. Über die unterartliche Gliederung und Verbreitung in Eurasien weiß man wenig. Ganz grob lässt sich sagen, dass im Osten (mongolischer Raum) das PrzewalskiPferd lebte, im Westen anschließend bis nach Osteuropa der meist als maus- oder aschgrau beschriebene Tarpan und auf der Iberischen Halbinsel eine ramsköpfige Form, die heute im Sorraia-Pferd nahezu unverändert überlebt hat. Auf vielen Höhlendarstellungen des südlichen Mitteleuropa findet man Pferde, die dem Exmoor-Pony Südwest-Englands weitgehend gleichen. 1.43.13 Paenungulata = Uranotheria; = Hyracoidea + Tethytheria Autapomorphie: Tarsalia dorsoventral komprimiert. 1.43.13.1 Hyracoidea (Schliefer) 4 Arten in Afrika und Asien. 1.43.13.2 Tethytheria = Sirenia + Proboscidea Apomorphien: – Herzspitze gegabelt und mit getrennten Ventrikelspitzen. – Mit einem Paar brustständigen Zitzen. Sirenia (Seekühe). 6 Arten. Hinterextremitäten restlos reduziert, am Körperende mit querstehender Schwanzflosse (Fluke). In marinen und großen limnischen Gewässern. Beispiele: Hydrodamalis gigas (Stellersche Seekuh, im 18. Jahrhundert ausgerottet), Dugong dugong (Dugong). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 270 1.43 Theria 271 Proboscidea (Rüsseltiere). 3 oder 4 rezente Arten. Zahl der Zähne reduziert, der 2. Schneidezahn ist als ständig wachsender Stoßzahn entwickelt. Backenzähne aus zahlreichen Querlamellen bestehend. Der namengebende Rüssel ist eine Verlängerung des Rhinarium. 1 Beispiele: Elephas maximus (Indischer Elefant), Loxodonta africana (Afrikanischer Steppenelefant). Um 4000 v. u. Z. erloschen: Mammuthus primigenius (Mammut). Carnivora (Raubtiere) 290 Arten. Mit einer Brechschere, gebildet aus den Reißzähnen (dem 4. Praemolar im Oberkiefer und dem 1. Molar im Unterkiefer). Primär Fleisch fressend. Möglicherweise mit den zwei Teiltaxa Feloidea (Katzen, Schleichkatzen, Hyänen u. a.) und Canoidea (= Arctoidea) (Hundeartige, Bären, Robben, Marder, Stinktiere u. a.). Feloidea. Beispiele: Viverridae: Genetta genetta (Kleinfleck-Ginsterkatze), Afrika und südliches Europa. Herpestes edwardsi (Indischer Mungo). Hyaenidae: Hyaena hyaena (Streifenhyäne, Afrika, Südwestasien, Anatolien). Felidae (Katzen): Felis sylvestris (Wildkatze), Stammform der Hauskatze. Felis lynx (Europäischer Luchs). Panthera tigris (Tiger, Asien); P. leo (Löwe, Afrika, Asien, in Europa ausgerottet [in Griechenland vor ca. 2100 Jahren]). P. onca (Jaguar, in Mittel- und Südamerika). Arctoidea. Beispiele: Canidae (Hundeartige): Canis lupus (Wolf, Stammform der Haushunde), Vulpes vulpes (Rotfuchs). Mustelidae (Marder): Martes foina (Steinmarder), Gulo gulo (Vielfraß), Meles meles (Dachs), Mephites mephites (Streifen-Stinktier), Lutra lutra (Europäischer Fischotter). Procyonidae (Kleinbären): Procyon lotor (Waschbär). Ursidae (Bären): Ursus arctos (Braunbär), U. maritimus (Eisbär), Ailuropoda melanoleuca (Großer Panda, spezialisierter Pflanzenfresser). Pinnipedia (Robben): Zalophus californianus (Kalifornischer Seelöwe), Odobenus rosmarus (Walross), Phoca vitulina (Seehund), Mirounga leonina (See-Elefant, bis 5 m lang). Beutelknochen: Paarige Knochen der Monotremata und Marsupialia, dem Grundmuster der Mammalia angehörend. Sitzen dem Pubis (Schambein) auf und dienen als Muskelansatz. Incus (Amboss): mittlerer Gehörknöchelchen der Säugetiere, aus dem Quadratum hervorgegangen. Stapes (Steigbügel): Gehörknöchelchen der Säugetiere, aus dem Hyomandibulare hervorgegangen. Malleus (Hammer): Gehörknöchelchen der Mammalia. Quadratum: Bildet im primären Kiefergelenk der Wirbeltiere den Oberkiefer, wird bei den Säugetieren zum Incus (Amboss). Hyomandibulare: Das dorsale Stück des Zungenbeinbogens, wird bei den Tetrapoden zur Columella bzw. zum Stapes (Steigbügel). Akromion: Fortsatz des Schulterblattes. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 1.43.14 1 Das System der Tiere 1 Incisivi 1. – 3. Schneidezahn Praemaxillare (= Intermaxillare) (Zwischenkiefer) Nasale (Nasenbein) Maxillare (Oberkieferbein) Praemaxillare Caninus (Eckzahn) Dentes praemolares 1. – 4. Praemolar Maxillare Dentes molares 1. – 2. Molar Palatinum (Gaumenbein) Lacrimale (Tränenbein) Frontale (Stirnbein) Vomer (Pflugscharbein) Os zygomaticum (Jochbein) Praesphenoid Jochbogen Pterygoid (Flügelbein) Basisphenoid Processus zygomaticus des Squamosum Squamosum (Schuppenbein) Basioccipitale Parietale (Scheitelbein) Bulla tympanica Crista sagittalis Exoccipitale Alisphenoid Frontale Orbitosphenoid Jugale Parietale Lacrimale Nasale Maxillare Praemaxillare Squamosum Exoccipitale Processus jugularis Basioccipitale Bulla tympanica Alisphenoid Palatinum Pterygoid 1. – 3. Molar Foramen infraorbitale Caninus 1. – 4. Praemolar 1. – 3. Incisivus Dentale Foramen mentale Abb. 1.133 Mammalia. Vulpes vulpes (Rotfuchs), Kopfskelett dorsal und ventral (oben, ohne den Unterkiefer) sowie lateral (unten). (Original nach Präparaten im Zoologischen Museum Göttingen.) Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 272