Kapitel 8 - Thieme Connect

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Thorax- und Abdominaltrauma
8.1
Rippenserienfraktur
104
8.2
Stumpfes Bauchtrauma
108
8.3
Perforierendes Abdominaltrauma
114
Schuss- und Stichverletzungen
117
8.4
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Kapitel 8
8 Thorax- und Abdominaltrauma
8 Thorax- und Abdominaltrauma
8.1 Rippenserienfraktur
●
Auskultation stellt präklinisch, als nicht in8 Die
vasive Untersuchungstechnik, die Methode mit
der höchsten Sensitivität zum Erkennen eines
Pneumothorax dar.
Frage 250 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
sind Zeichen einer respiratorischen Insuf6 Was
fizienz?
7
●
●
●
●
Das SAMPLE-Schema ergibt:
● Vorerkrankung: Vorhofflimmern, arterielle
Hypertonie
● Medikamente: Marcumar®, Bisoprolol
Frage 249 - Rettungsdienstliche Maßnahmen /
Gefahrenabwehr
der Erstuntersuchung entsprechend dem
6 Bei
ABCDE-Schema fällt Ihnen eine Thoraxinstabilität auf. Sie wollen nun die Belüftung der
Lunge beurteilen. Wie gehen Sie vor?
7
104
Integrale Bestandteile einer jeden Thoraxuntersuchung sind: Inspektion, Palpation,
Auskultation und Perkussion des entblößten
Thorax sowie die apparative SpO2-Messung.
Auskultationstechnik:
● Auskultation bei tiefer Atmung mit geöffnetem Mund in den apikalen und basalen
Segmenten.
● an jedem Punkt Auskultation eines kompletten Atemzyklus
● Abschnitte beider Lungen vergleichend
auskultieren
Wichtig: Vermeiden von Artefakten durch
kratzende Kleidungsstücke oder Schmuck
(Halsketten etc.)
Auskultation nur bei völlig entblößtem
Oberkörper
●
●
Dyspnoe
Zyanose
Unruhe
Verwirrtheit
Tachykardie
inadäquate Atemfrequenzen
Abhängigkeit von der Ursache können zu8 Insätzliche
Symptome, wie Stridor oder Rasselgeräusche, vorhanden sein. Bei schwerem Verlauf kann es zu Bewusstseinsstörungen, Blutdruckabfall und Bradykardie kommen.
Frage 251 - Rettungsdienstliche Maßnahmen /
Gefahrenabwehr
Basismaßnahmen eignen sich zur Ver6 Welche
sorgung einer respiratorischen Insuffizienz?
vom Verlauf und vom Verletzungs7 Abhängig
muster nach einem Trauma sollte eine Basistherapie folgende Maßnahmen enthalten:
● Sauerstoff (max. Flow)
● Intubation und Beatmung (bei drohender
Ateminsuffizienz)
● Kreislaufstabilisierung
● permissive Hypotension
● Wundversorgung
● Analgesie
● ggf. Thoraxpunktion oder Thoraxdrainage
● Lagerung: nach Immobilisation Oberkörperhochlagerung bei stabilem Kreislauf;
Flachlagerung bei Hypotension
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Fabian Gläser
Bei einer Geburtstagsfeier möchte der 69-jährige
Gastgeber Getränke aus dem Keller holen. Er stolpert auf der obersten Stufe, stürzt die gesamte
Steintreppe herunter und bleibt am Fuße der Treppe auf dem Betonboden liegen. Die Einsatzstelle
bietet wenig Raum für eine suffiziente Versorgung.
Sie stellen bei der Erstuntersuchung Folgendes
fest:
● Atemwege sind frei
● deutliche Prellmarke am Thorax rechts mit Instabilitätszeichen
● Thoraxexkursionen nicht seitengleich
● rechts basal abgeschwächtes Atemgeräusch
● pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung
(SpO2) 90 %
● Rekapillarisierungszeit < 2s
● Pupillen isokor und prompt
● keine weiteren Verletzungen
●
8 Thorax- und Abdominaltrauma
●
genden Indikationen:
○ Bewusstlosigkeit
○ keine Schutzreflexe
○ Atemfrequenz < 6/min bzw. > 30/min
Cave: Verstärkung oder Auslösung eines Spannungspneumothorax!
Frage 252 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Frage 253 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Gefahr besteht bei einem Trauma un6 Welche
ter der Einnahme von Marcumar ?
®
im Vorfeld angeordnete Therapie mit
7 Eine
Antikoagulanzien (z. B. Marcumar ) kann
®
die Gesamtsituation im Rahmen eines ohnehin schon ablaufenden Schockgeschehens
negativ beeinflussen, im Sinne einer forcierten Blutung und absolutem Verlust aller Gerinnungsfaktoren.
sollte eine suffiziente Untersuchung des
6 Was
beruflichen Selbstverständnis eines NotThorax neben der Auskultation noch enthal8 Zum
fallsanitäters gehört nicht nur die profunde
ten? Was könnten mögliche Untersuchungsbefunde sein?
7
●
●
●
●
Bei der Inspektion:
● Zyanose
● Hämatome, Prellmarken
● gestaute Halsvenen
● paradoxe Atmung
● äußere Blutungen
● geschwollenes Gesicht
Bei der Palpation:
● Knistern
● Krepitation
● instabiler Thorax
Bei der Auskultation:
● Seitendifferenz
● Rasselgeräusche
● Stridor
● Darmgeräusche im Thorax
Bei der Perkussion:
● Hypersonorer Klopfschall: Pneumothorax möglich
● Hyposonorer Klopfschall: Hämatothorax
möglich
respiratorische Insuffizienz in Kombina8 Eine
tion mit Krepitationen, geschwollenem Gesicht
und einem Hautemphysem lässt Rückschlüsse
auf eine Verletzung des Tracheobronchial-Systems zu.
Kenntnis diverser Medikamente der Präklinik,
sondern auch die der häufig verschriebenen
Medikamente in Deutschland. Die fundierten
Kenntnisse aus dem Bereich der Pharmakologie
stellen eine Novellierung im Bereich der nichtärztlichen Berufsbildentwicklung dar.
8
Frage 254 - Check Notfall- / Gefahrensituation
besteht die Gefahr ein stattgefun6 Präklinisch
denes Thoraxtrauma, bei ggf. noch fehlender
Klinik, in seiner Konsequenz zu unterschätzen. Die Suffizienz der Spontanatmung wird
hingegen oft überschätzt.
Welches sind häufig übersehene / unterschätzte Verletzungen?
7 Verletzungsmöglichkeiten
Sechs“:
●
●
●
●
●
●
– die „tödlichen
Spannungspneumothorax
Hämatothorax
offener Pneumothorax
Herzbeuteltamponade
Instabiler Thorax
Atemwegsverlegung
Verletzungsmöglichkeiten – die „verborgenen Sechs“:
1. Tracheobronchial-Ruptur
2. Lungenkontusion
3. stumpfe Herzverletzung
4. Zwerchfellverletzungen
5. Aortenruptur
6. Speiseröhrenruptur
105
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erweiterte Therapie umfasst:
8 Eine
Intubation und Beatmung, besonders bei fol-
8 Thorax- und Abdominaltrauma
®
Zahlen für das Thoraxtrauma sowie für Häufigkeit und Kombination.
● Die häufigste Thoraxwandverletzung ist die
Rippenfraktur, einzeln oder in Serie.
● Isolierte Thoraxtraumen sind mit 10–15 %
eher selten.
● 25 % aller traumatischen Todesfälle werden
durch ein Thoraxtrauma verursacht.
Frage 256 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Mechanismus liegt der Ausbildung
6 Welcher
eines Spannungspneumothorax zugrunde?
7
●
Frage 255 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Thoraxentlastungspunktion stellt eine
6 Die
vom Notfallsanitäter zu beherrschende, inva-
●
sive Maßnahme dar. Welche Indikation muss
gegeben sein? Wie erkennen Sie diese?
klinisch vermuteter Spannungspneumo7 Ein
thorax sollte umgehend entlastet werden.
Zeichen für einen ablaufenden Spannungspneumothorax können sein:
● abgeschwächtes Atemgeräusch
● Hypotonie
● ggf. gestaute Halsvenen
● u. U. Hautemphysem
● Beatmungsdruck steigt
● instabiler Thorax
● anfangs Tachykardie mit sich zunehmend
entwickelnder Bradykardie (final: pulslose, elektrische Aktivität)
● niederamplitudiges EKG
Verdachtsdiagnose Spannungspneumotho8 Die
rax sollte gestellt werden bei einseitig aufgehobenem Atemgeräusch bei der Auskultation der
Lunge (nach Kontrolle der korrekten Tubuslage)
und zusätzlichen, typischer Symptome – insbesondere bei Vorliegen von
● einer schweren respiratorischen Störung und
● einer oberen Einfluss-Störung in Kombination
mit einer arteriellen Hypotension.
Der Entlastung eines Spannungspneumothorax
durch Nadeldekompression muss die definitive
Anlage einer Thoraxdrainage (nur vom Notarzt) folgen.
●
●
8
●
●
Als Folge dieses obstruktiven Schockgeschehens treten als späte Symptome Bradykardie
(als Zeichen der verminderten Koronarperfusion) und Hypotonie auf.
Erfolgt keine Entlastung, drohen PEA (pulslose
elektrische Aktivität) und Tod.
Frage 257 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Punkte muss ein möglicher Algorith6 Welche
mus (eine mögliche SOP) „Thoraxpunktion“
beinhalten?
7
●
●
●
●
●
●
●
●
Ist die Maßnahme erforderlich?
Gibt es sinnvolle Alternativen?
Ggf. Aufklärung des Patienten/ Einverständnis des Patienten
Gibt es Kontraindikationen?
Durchführung der Maßnahme
Erfolgskontrolle
Verlaufskontrolle/konsequente Re-Evaluation
Ggf. erneute Punktion bei wiederauftretender Klinik
Mögliche Kontraindikationen:
Pneumothorax ohne Dyspnoe und hämodynamischer Instabilität
● Normopnoe
● keine akut vital bedrohliche Situation
●
106
Ein Spannungspneumothorax (traumatischer, idiopathischer oder spontaner Genese) entsteht aufgrund der fortschreitenden
Anhäufung von intrapleuralem Gas in der
Brusthöhle.
Durch Ventilwirkung während der Inspiration / Exspiration steigt der intrathorakale
Druck.
Eine Mediastinalverschiebung mit Verlagerung und Kompression der Thoraxorgane,
inkl. der Vena cava inferior / superior, sind
die Folge.
Die Vorlast am Herzen sinkt ebenso wie
die Ejektionsfraktion.
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Konsultiert man das
8 Thoraxverletzungen:
„TraumaRegister DGU “, findet man stabile
8 Thorax- und Abdominaltrauma
definitive, notärztlich kausale Therapie ist
/ Gefahren sind:
8 Die
7 Komplikationen
die Thoraxdrainage. Die Anlage einer Thoraxsubkutane, intrapulmonale bzw. intra●
Frage 258 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Sie die Durchführung einer Not6 Beschreiben
fall-Entlastungspunktion in „Monaldi-Position“.
7
●
●
●
●
●
●
●
●
●
Punktionsort: 2. ICR, medioklavikular, am
Oberrand der 3. Rippe, im Abstand von 3
Querfingern lateral vom Sternalrand
(Schonung der Arteria thoracica interna)
Desinfektion
Nutzung der größtmöglichen Venenverweilkanüle
Die Punktionskanüle sollte eine Mindestlänge von 5 cm haben, besser 8 cm.
hintere Verschlusskappe der Venenverweilkanüle entfernen
Punktion (Stichtiefe 5–6 cm)
Entfernen des Stahlmandrins
Fixierung der Venenverweilkanüle (Cave:
Abknicken des Lumens)
Erfolgskontrolle / Auskultation
der Entlastungspunktion:
8 Validität
Die Nadeldekompression wird als ein unsi●
●
●
cheres Verfahren zur Entlastung eines Spannungspneumothorax angesehen
Es werden eine hohe Rate an misslungenen
Pleura Entlastungen nach Nadeldekompression und Komplikationen als Gründe angeführt.
Die Nadeldekompression bleibt also häufig ineffektiv, weshalb eine Minithorakotomie bzw.
Thoraxdrainage folgen muss.
Frage 259 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Sie mögliche Gefahren einer Entlas6 Nennen
tungspunktion / Thoraxdrainage.
●
●
abdominelle Fehllagen
Verletzung intrathorakaler oder intraabdomineller Strukturen und Organe
Wundinfektion
Hämatothorax: Ist eine Sonder8 Komplikation
form des Pleuraergusses mit Blutansammlung.
Häufig liegt eine Kombination in Form eines
Hämatopneumothorax vor.
● Ein Hämatothorax kann entstehen durch:
Trauma (mit Ruptur intrathorakaler Gefäße)
im Rahmen invasiver Maßnahmen.
● Organperforationen (z. B.) gelten als weitere
Ursache.
● Im Gegensatz zum Pneumothorax ist die
spontane Genese eher selten.
● Eine Entlastung erfolgt bei bestehender Dyspnoe und Instabilitätszeichen des Kreislaufs.
8
Frage 260 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
begegnen Sie den o. g. Komplikationen
6 Wie
einer Entlastungspunktion / Thoraxdrainage?
vermeiden durch:
7 Komplikationen
striktes Einhalten der entsprechenden
●
●
●
Technik
keine Trokare verwenden oder diese deutlich im Drainageschlauch zurückziehen
Verliert der Patient über die Thoraxdrainage viel Blut, muss ein Abklemm-Versuch
erfolgen (Cave: mögliche Entstehung eines
Hämatopneumothorax mit Spannungscharakter).
der Notfallsanitäterin /
8 Assistenzmaßnahmen
des Notfallsanitäters bei Anlage einer Thoraxdrainage:
● Lokalanästhetikum (z. B. 20–40 ml Lidocain
2–4 %), steriler Kittel,
● sterile Handschuhe, Haube, Mundschutz,
sterile Abdecktücher, Skalpell, Schere,
● Thoraxklemme, Nahtmaterial und ein nach
dem Wasserschlossprinzip funktionierender
Auffangbehälter, Sogeinrichtung.
● Wahl der Drainage: Pneumothorax: Drainagengröße 24–28 Ch. Pleuraerguss/Hämatothorax: Drainagengröße 28–32 Ch.
● Rückenlage, Arm abduziert
● Sterile Bedingungen einhalten
107
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drainage gehört nicht zum Katalog der vom
Bundesverband der Ärztlichen Leiter empfohlenen invasiven Maßnahmen von Notfallsanitätern.
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Fabian Gläser
Ein 10-jähriges Kind fährt mit dem Fahrrad und
stürzt, als es den Bordschein hochfahren will, dabei fällt es so, dass es den Lenker in den Bauch bekommt.
Sie treffen mit dem RTW an der Einsatzstelle ein
und finden ein Kind mit starken Schmerzen
(NAS 8) im rechten und linken oberen Quadranten
vor. Das Kind zeigt ein aschfahl, grau marmoriertes
Hautkolorit und reagiert verzögert.
Frage 261 - Rettungsdienstliche Maßnahmen /
Gefahrenabwehr
beginnen Sie mit der Untersuchung des
6 Wie
Kindes und was veranlassen Sie weiter?
Untersuchung nach dem ABCDE-Schema
7 Die
stellt auch bei Kindern im Rahmen der
strukturierten Untersuchung eine gute Möglichkeit dar, die kardinalen Probleme zu erkennen und strukturiert zu therapieren. Es
beinhaltet nach dem Betreten der Einsatzstelle die primäre Bewertung des Kindes
(kritisch / unkritisch) und das Nachalarmieren des Notarztes.
bei Kindern: Ähnlich wie
8 Abdominaltrauma
beim Thoraxtrauma wird durch den elastischen
Thorax oder die unzureichend dünne Bauchdecke die Energie direkt an die Abdominalorgane weitergeleitet. Aber auch das Fehlen äußerer
Verletzungen oder die Überlagerung anderer
Verletzungen kann die Diagnose eines akuten
Abdomens erschweren. Wegweisend kann ein
geäußerter Schulterschmerz sein, der durch die
Reizung des Zwerchfellnerves entsteht und auf
eine Milz- oder Leberverletzung deutet. Beim
klassischen Fahrradsturz sollte immer an eine
Verletzung des Pankreas gedacht werden und
mit dem Unfallmechanismus abgeglichen werden.
Frage 262 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
6 Wie gehen Sie weiter vor?
der Patientenuntersuchung und dem
7 Nach
Nachalarmieren des Notarztes folgen das
Komplettieren des Monitorings, die Analgosedierung, die Immobilisation, eine konsequente Re-Evaluation, sowie eine an das
Kind adaptierte, angemessene psychologische Betreuung während des gesamten anstehenden Transports.
stellen im Rettungsdienst eine besondere
8 Kinder
Herausforderung dar. Es gilt nicht nur, die Besonderheiten der kindlichen Anatomie / Physiologie zu berücksichtigen, sondern auch aus psychologischer Sicht angemessen auf das Kind zu
reagieren.
Besonderheiten des kindlichen Kreislaufs
sind:
● Blutmenge 80–90 ml/kgKG
● Herzminutenvolumen (HMV) ausschließlich
über die Herzfrequenz (HF)
● zunächst bessere Kompensation von Blutverlusten durch periphere Vasokonstriktion und
Steigerung der Herzfrequenz
● Frühphase des Schocks ist schwer zu erkennen
● bradykarde Kinder sind hochkritische Patienten
● Cave: Blutdruck- und Pulsmessung liefern nur
unsichere Hinweise auf einen beginnenden
Schock und sollten deshalb nicht alleine verwendet werden.
Frage 263 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Sie die Untersuchung des Bau6 Beschreiben
ches und welche Organe diesem zugeordnet
sind.
strukturierte Untersuchung des Abdo7 Die
mens über allen 4 Quadranten sollte die Inspektion und Palpation der beschriebenen
Gebiete umfassen.
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8.2 Stumpfes Bauchtrauma
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Palpation:
● Abwehrspannung meist bei Entzündung
des Peritoneums (viszerosensible Leitung)
● Klopfschmerz
● Loslass-Schmerz
● Resistenzen (Tumor, pulsierend beim
Bauchaortenaneurysma (BAA))
Differenzierte Schmerzanamnese:
● Wie begann der Schmerz?
● Ging dem Schmerz eine Ursache voraus?
● Wann und wo begann der Schmerz?
● Wo ist der Schmerz aktuell lokalisiert?
Schmerzcharakter:
● dumpf, viszeral (von parenchymatösen
Organen ausgehend)
● spastisch, kolikartig (von muskulären
Hohlorganen ausgehend)
● brennend, schneidend (vom Peritoneum
ausgehend)
Frage 264 - Check Notfall- / Gefahrensituation
Organe
6 Welche
zugeordnet?
sind den Bauchqaudranten
linke obere Quadranten projiziert auf:
7 DerLeber
●
●
●
●
●
Gallenblase
Pankreaskopf
Magen
links paravertebrale, in der Tiefe liegende
Leitungsbahnen
Der obere Quadranten projiziert auf:
Pankreas
● Magen
● Milz
● Niere
● über und rechts paravertebral gelegene
Leitungsbahnen
●
8
Der untere rechte Quadrant projiziert auf:
aufsteigender Teil des Dickdarms
● Harnleiter
● Ovar
● anteilig Blase
●
Der untere linke Quadrant projiziert auf:
absteigender Teil des Dickdarms
● Appendix
● Meckel-Divertikel
● Harnleiter
● Ovar
● anteilig Blase
●
Head-Zonen bezeichnet man die Hautareale
8 Als
Kleinkinder ab etwa 4 Jahren, des Lesens
8 Für
(Dermatome) des sogenannten „übertragenen
Unkundige oder demente Patienten ist die Smiley-Analogskala (SAS) besonders gut geeignet,
weil hier die Schmerzintensität anhand einer
Auswahl von unterschiedlichen Smiley-Mimiken angezeigt werden kann. Die modifizierte
Schmerzskala Faces Pain Scale-Revised nach
Hicks (FPS-R) verwendet ebenfalls sechs Gesichter, vermeidet aber Gesichter mit Tränen, da
diese von Jungen auch bei starken Schmerzen
meistens nicht gewählt werden; denn „Jungen
weinen nicht“.
Schmerzes“. Dabei handelt es sich um Hautabschnitte, die eine nervale Beziehung zu bestimmten inneren Organen besitzen. Die Erkrankung des betreffenden Organs führt zu
Schmerzen im korrespondierenden Hautgebiet.
Frage 265 - Check Notfall- / Gefahrensituation
der Ersteinschätzung nach dem ABCDE6 Bei
Schema stellen Sie bei Punkt C eine verlängerte Rekapillarisierungszeit fest. Wie wird diese
Untersuchung durchgeführt und wie können
sie das Ergebnis verwerten / interpretieren?
109
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Die weiterführende klinische Untersuchung umfasst das Erkennen von:
● Narben
● Vorwölbung der Flanken bei Pankreatitis
● Blaufärbung um Nabel (Cullen Phänomen),
z. B. bei abdomineller Blutung, Extrauteringravidität, manchmal auch bei Pankreatitis
● Bläschen (Herpes Zoster)
● Hinzu kommen eine differenzierte
Schmerzanamnese, ein Erfassen des
Schmerzcharakters und eine Bruchpforteninspektion.
8 Thorax- und Abdominaltrauma
verwendet wird, um die periphere Durchblutungssituation festzustellen und zur
orientierenden Einschätzung der Kreislaufsituation des Patienten. Neben der Bestimmung der Reperfusionszeit (= Rekapillarisierungszeit) sollte im Rahmen der Ersteinschätzung die Pulsfrequenz bestimmt
werden. Physiologisch gilt eine Reperfusionszeit von < 2 s. Eine Rekapillarisierungszeit
von > 2 s sind somit als pathologisch zu interpretieren. Verlängerte Rekapillarisierungszeiten gehen einher mit systolischen
Blutdruckwerten von < 90 mmHg.
Bestimmen der Reperfusionszeit dient dem
8 Das
Erfassen einer unzureichenden Mikrozirkulation bei Verdacht auf Zentralisation (z. B. Schock,
großer Blutverlust) oder bei Verdacht auf
Durchblutungsstörungen der Extremitäten.
Frage 266 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
●
Bei Dekompensation entsteht ein hypovolämisch Schock (Volumenmangelschock).
Rahmen des dekompensierenden Schocks
8 Im
kommt es neben der Störung von Makro- / und
Mikrozirkulation zu folgenden eskalierenden
Prozessen:
● Hypoxie und Azidose mit resultierender Dilatation der Kapazitätsgefäße und Zellnekrosen
(Myokardschäden!)
● erhöhte Blutviskosität und Zunahme der intravasalen Gerinnung
● Kapillarwandschäden und zusätzlicher Plasmaverlust (Abnahme der Vorlast und damit
weitere Abnahme des HZV)
● disseminierte intravasale Gerinnung (traumaassozierte Verbrauchskoagulopathie)
● Multi-Organ-Versagen (MODS)
Frage 267 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
sind
6 Was
Schocks?
Anzeichen
eines
beginnenden
Sie die Pathophysiologie des Vo6 Beschreiben
7 Frühphase:
lumenmangelschocks.
blasse, kühle Extremitäten
●
7
●
●
●
●
●
●
●
●
110
Ein vermindertes Kreislaufvolumen führt
zu kompensatorischen Gegenregulationen
des Organismus in der Frühphase des
Schocks.
Eine Abnahme der zirkulierenden Blutmenge führt zu einer Reduktion des HerzMinuten-Volumens mit konsekutivem
Blutdruckabfall.
Die Messung des zirkulierenden Blutvolumens findet u. a. in den Barorezeptoren
des Herzvorhofs und der herznahen Blutgefäße sowie im juxtaglomerulären Apparat der Niere statt.
Einleitung der sympathoadrenergen Gegenregulation (Renin-Angiotensin-Aldosteron-System / Sympathikusaktivierung)
Vasokonstriktion
Zentralisierung des Kreislaufs mit ungleichmäßiger Blutversorgung des Körpers
und peripherer Minderperfusion
Die Mechanismen der Gegenregulation
dienen der Stabilisierung des Blutdrucks
und können eine Hypovolämie mit Verlusten von etwa 20–25 % des Blutvolumens
kompensieren.
●
●
●
●
Blutdruck systolisch normal bis erniedrigt
Herzfrequenz meist tachykard
Atemfrequenz normal bis leicht erhöht
Bewusstsein normal bis leicht getrübt
Stoffwechsel: leichte Azidose
Frühphase des Schocks ist bei Kindern
8 Die
schwer zu erkennen. Kinder können Blutverluste durch eine deutlich bessere Vasokonstriktion
und Erhöhung der Herzfrequenz zunächst besser kompensieren und fallen nicht über einen
geänderten Blutdruck auf. Allerdings können
Kinder bei anhaltender Blutung schlagartig dekompensieren und akut vital gefährdet sein.
Frage 268 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Medikamente können Anzeichen
6 Welche
eines beginnenden Schocks verschleiern?
verschriebene Medikamente, wie β7 Häufig
Blocker, Vasopressoren und deren Derivate,
können die Frühphase eines beginnenden
Schocks maskieren und die Diagnostik erschweren.
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Fingernagelprobe ist eine diagnostische
7 Die
Methode, die häufig in der Notfallmedizin
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Vasopressoren:
werden eingesetzt, um den Blutdruck zu
heben und zu stabilisieren
● Der Wirkmechanismus liegt meist in der
Aktivierung von Rezeptoren des sympathischen Nervensystems.
● Die Folgen sind ein erhöhter Gefäßtonus
und ein erhöhtes kardiales Pumpvolumen
durch Steigerung der:
○ Inotropie (die Kraft des Herzens betreffend)
○ Chronotropie (die Schlagfrequenz des
Herzens betreffend)
○ Dromotropie (die Erregungsleitung des
Herzens beeinflussend)
○ Bathmotropie (die Reizschwelle des Herzens beeinflussend)
○ Lusitropie (die Relaxationsfähigkeit des
Herzens beeinflussend)
●
natürlich vorkommender, im Hypothalamus
8 Ein
gebildeter Vasopressor ist das antidiuretische
Hormon (ADH, Vasopressin).
Frage 269 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Krankenhaus
6 InKindwelches
bringen?
sollte man dieses
empfiehlt sich, unter Berücksichtigung
7 Es
der Transportzeit, eine Klinik der maximalen Versorgungstufe (regionales Traumazentrum) anzufahren.
Im beschriebenen Fall liegt ein akutes
(und damit zeitkritisches) C-Problem vor.
Der Zustand des Patienten lässt die Diagnose
„dekompensierter, hypovolämischer Schock“
zu. Der verzögerte Bewusstseinszustand
kann als unmittelbare Folge des Primärtraumas im Sinne einer schlechten zerebralen
Perfusion interpretiert werden, lässt aber
auch die Differenzialdiagnose „begleitendes
SHT“ zu. Einsatztaktisch muss der Patient
schnellstmöglich in einer chirurgischen Klinik (Damage Control Surgery“, DCS) zugeführt werden, es besteht Transportpriorität.
Bei schlechter regionaler Anbindung und damit verbundenen langen Transportzeiten, ist
ggf. das näher liegende Haus der Basis- / Regelversorgung zu präferieren.
8
8 Versorgungsstufen:
Einrichtungen der Basisversorgung stellen die
●
●
●
Behandlung von Schwerverletzten im Rahmen der chirurgischen Notfallversorgung sicher und übernehmen im Verbund mit regionalen und überregionalen Traumazentren die
Mit- und Weiterbehandlung bei geeigneten
Verletzungsformen und Behandlungsphasen.
Regionale Traumazentren übernehmen regelhaft die umfassende Notfallversorgung mit
Vorhaltung einer entsprechenden Anzahl spezieller Fachdisziplinen zur definitiven Versorgung von Schwerverletzten. Sie sind Bestandteil von Einrichtungen der Maximal- oder
Schwerpunktversorgung.
Überregionale Traumazentren haben die besondere Aufgabe und Verpflichtung der interdisziplinären Behandlung aller Schwerverletzten, insbesondere solcher mit speziellen
Verletzungsmustern und –folgen. Die zeitgerechte Verfügbarkeit aller für die Versorgung
von Schwerverletzten notwendigen Fachdisziplinen inkl. komplexer Wiederherstellungsverfahren ist gewährleistet. Die Traumazentren sind eingebunden in die Fort- und Weiterentwicklung des Katastrophenschutzes zur
Bewältigung von Großschadensereignissen
und des Massenanfalls von Verletzten.
111
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β -Blocker:
● können selektiv oder unselektiv β-Adrenozeptoren des menschlichen Organismus
blockieren
● wirken als Gegenspieler natürlicher oder
synthetischer β-Sympathomimetika (Adrenalin / Noradrenalin)
● Je nach Selektivität gegenüber den verschiedenen β-Rezeptoren unterscheidet
man verschiedene Gruppen:
○ β1-Blocker: selektive Blockade der Adrenozeptoren des Herzens (z. B. Metoprolol)
○ β2-Blocker: Blockade von Adrenozeptoren außerhalb des Herzens (z. B. Blutgefäße)
○ unselektive β-Blocker: Blockade von β1und β2-Adrenozeptoren (z. B. Propranolol)
8 Thorax- und Abdominaltrauma
6 Welche Erstmaßnahmen führen Sie durch?
der Einsatzstelle, Nachforde7 Absicherung
rung weiterer Kräfte, Unfallkinematik klä●
●
●
●
●
●
●
●
ren, Rückschluss auf potenzielle Verletzung anhand der Kinematik
Ersteindruck: zeitkritischer Patient
A – HWS-Immobilisation, manuelle InlineStabilisation, abhängig vom Bewusstseinszustand Einlegen eines Guedel-Tubus
B – High-Flow Sauerstofftherapie (15l), abhängig von der Atemfrequenz ggf. assistierte Beatmung, Intubationsbereitschaft,
ggf. RSI (Rapid Sequence Induction) durch
den Notarzt
differenzierte Volumentherapie
D – Lagerung nach Blutdruck
E – Wärmeerhalt, strukturierte Patientenanamnese, Lagerung, Immobilisation
Zielkrankenhaus definieren (Transportpriorität), Abfrage des Bettenstatus durch
die Leitstelle, abhängig von der Transportzeit ggf. Nachalarmierung eines RTH / ITH
wird empfohlen, dass die Zeitspanne zwi8 Es
schen der Verletzung und der Operation bei Patienten, die eine dringende chirurgische Blutungskontrolle benötigen, minimiert wird. Weiterhin wird empfohlen, dass Patienten im
schweren Schock, bei denen die Blutungsquelle
identifiziert wurde, unverzüglich Maßnahmen
zur chirurgischen Blutungskontrolle zugeführt
werden müssen, außer die initiale Behandlung
ist erfolgreich.
Frage 271 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Wie sieht die differenzierte Volumentherapie
6 aus?
7
●
●
●
112
2 großlumige i. v. Zugänge
500–1000 ml balancierte Vollelektrolytlösung (besser 20 ml Boli über eine Perfusorspritze)
Zieldruck 120 mmHg (110 mmHg) bzw.
MAD 50 mmHg
Volumentherapie:
8 Differenzierte
Bei schwer verletzten Patienten sollte eine
●
Volumentherapie eingeleitet werden, die bei
unkontrollierbaren Blutungen in reduzierte
Form durchgeführt werden sollte, um den
Kreislauf auf niedrigstabilem Niveau zu halten und die Blutung nicht zu verstärken.
● Bei unkontrolliertem hämorrhagischem
Schock bzw. einer nicht beherrschbaren chirurgischen Blutung ist eine permissive Hypotonie (systolischer arterieller Blutdruck 80–
90 mmHg) zu erwägen (Ausnahme: Schädelhirntrauma), um die Blutung nicht durch den
hydrostatischen Druck und Nebenwirkungen
der Volumengabe zu verstärken.
● Hämodilution und Coating sollte vermieden
werden.
Definition: Hämodilution
Therapeutische Verminderung des Erythrozytenvolumens (Hämatokrit) im Verhältnis zum Plasmavolumen.
Definition: Coating
Stärkepräparate tragen pharmakologisch zur Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit bei, indem sie
sich an die Zelloberfläche der Thrombozyten anlagern („Coating“).
● Bei hypotensiven Patienten mit begleitendem
SHT empfiehlt sich eine Volumentherapie mit
dem Ziel der Normotension.
Frage 272 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Besonderheiten
6 Welche
SHT dar?
stellt das kindliche
und physiologisch gibt es Be7 Anatomisch
sonderheiten die im Rahmen der Diagnostik
bzw. einer anstehenden Therapie Berücksichtigung finden müssen. Insgesamt lässt
sich sagen, dass die Diagnose des kindlichen
SHT oftmals schwer zu stellen ist.
Pathophysiologische Besonderheiten:
● dünne Kalotte
● Kopf / Hirn überproportional groß
● Fontanellen
● keine Abfangbewegungen
● kein Gefahrenbewusstsein
● hohe Sturzgefahr (z. B. Hochbett / Kinderwagen / Balkon)
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Frage 270 - Rettungsdienstliche Maßnahmen /
Gefahrenabwehr
8 Thorax- und Abdominaltrauma
den noch sehr elastischen Thorax wird
8 Durch
die kinetische Energie an die darunter gelegenen Strukturen weitergegeben. Folgen können
eine (schwere) Lungenkontusion, aber auch ein
Hämatopneumothorax bei intaktem Thorax
sein.
Durch den elastischen Thorax oder die unzureichend dünne Bauchdecke kann die Energie
auch direkt an die Abdominalorgane weitergeleitet werden.
Das Fehlen äußerer Verletzungen oder die
Überlagerung anderer Verletzungen kann dabei
die Diagnose eines akuten Abdomens erschweren. Wegweisend kann ein geäußerter Schulterschmerz sein, der durch die Reizung des
Zwerchfellnervs entsteht und auf eine Milzoder Leberverletzung hindeutet.
zum erwachsenen Patienten muss man
8 Analog
folgendes zwingend vermeiden:
●
●
●
●
Hypoxie
Hypo- / Hyperventilation
Hypoxie
hypotone Schockphase
Bei einem SpO2 < 90 % oder einer GCS < 9 sollte
als Standardvorgehen intubiert werden. Gleiches gilt für Kinder, die altersgemäß adaptiert
ineffektiv hohe oder niedrige Atemfrequenzen
zeigen.
In hypotonen Phasen sollte die sofortige Volumengabe (balancierte VEL 10–20 ml/kgKG i. v.)
erfolgen. Als Richtwert gilt, bezogen auf den
systolischen Blutdruck, die Formel 70 + (Alter x
2).
Zielblutdruckwerte sind:
● 1–5 Jahre: mindestens systolisch
70–80 mmHg (vermutlich 90 mmHg besser)
● 6–10 Jahre: mindestens systolisch
80–100 mmHg
● ab 10 Jahre: mindestens systolisch
110 mmHg
Frage 273 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Thorax- oder Abdominaltraumata
6 Isolierte
sind selten bei Kindern. Mit welchen Komplikationen müssen Sie rechnen und welche Besonderheiten halten Sie für relevant?
7
Frage 274 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
8
wurde ein Notarzt alarmiert, dieser ist auf
6 Es
der Anfahrt und kommt aus der entgegengesetzten Richtung vom Krankenhaus. Der
Notarzt benötigt noch 15 min bis zum Eintreffen. Die Fahrstrecke bis zum nächsten geeigneten Krankenhaus beträgt ebenfalls 15 min.
Wie gehen Sie unter Berücksichtigung einer
geeigneten Zielklinik einsatztaktisch vor?
Welcher Informationsfluss muss gewährleistet
sein?
7
●
●
●
Es empfiehlt sich, unter Berücksichtigung
der Transportzeit, eine Klinik der maximalen Versorgungstufe (regionales Traumazentrum) anzufahren.
Sollte diese zu weit entfernt sein, ist das
näher liegende Haus der Basis- / Regelversorgung zu präferieren.
Der Transport erfolgt im Rendezvousverfahren.
8 Transportzeitpunkt:
Transport so früh wie möglich – i. d. R. aber
●
●
●
●
●
Energie wird leichter auf innere Strukturen übertragen
Gefahr der Lungenkontusion
Hämatopneumothorax bei intaktem Thorax möglich
Häufig sind Milz-, Nieren- und Leberverletzungen zu erwarten.
●
erst nach Abschluss der erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.
Situationen, in denen ein vorzeitiger Transport zur sofortigen operativen Behandlung
nötig ist, sind insbesondere:
○ zunehmende Hirndruckzeichen (weite
Pupille(n))
○ nicht zu stabilisierender Kreislauf bei Körperhöhlenverletzung
113
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Durch geringere Hirndurchblutung und größere Reserveräume entwickeln sich Hirndrucksymptome oftmals erst verzögert und
gehen häufig einher mit ersten Abklemmungszeichen.
Wichtige Hinweise auf einen gesteigerten
Hirndruck sind z. B. eine nach außen gewölbte, große Fontanelle oder ein unruhiges,
apathisches Kind mit Übelkeit und Erbrechen.
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Frage 275 - Arbeitsorganisation im Rettungsdienst
6
7
der Grube mithilfe der Kollegen scheitert aufgrund
starker Schmerzen (NAS 8).
Bei Ihrem Eintreffen finden sie einen blassen,
kaltschweißigen Patienten vor. Er zeigt eine deutlich hörbare Tachypnoe, der Radialispuls ist flach
und tachykard, die Rekapillarisierungszeit ist deutlich verzögert (> 3s). Der Transport aus der Baugrube stellt sich als schwierig dar. Eintreffen des Notarztes in 7 min.
Frage 276 - Check Notfall- /Gefahrensituation
müssen Sie beim Betreten der Einsatz6 Was
stelle beachten?
7
●
●
Welcher Informationsfluss muss gewährleistet
sein?
●
●
●
frühzeitige Kommunikation, ggf. via Rettungsleitstelle, mit dem aufnehmenden
Krankenhaus
direkte Kommunikation mit dem Krankenhaus, Traumazentrum
ggf. telemedizinische Übertragung des
Monitorings und der visuellen Daten
den Traumazentren lassen sich unterschei8 Bei
den:
●
●
●
Einrichtungen der Basisversorgung von
Schwerverletzten innerhalb des Traumanetzwerkes
Regionales Traumazentrum als Bestandteil
einer Einrichtung der Maximal- oder Schwerpunktversorgung
Überregionales Traumazentrum als Bestandteil einer Einrichtung der Maximalversorgung
●
●
●
●
●
Faktoren beim Arbeiten in Hoch-Risi8 Kritische
ko-Bereichen:
●
●
●
●
8.3 Perforierendes Abdominaltrauma
Fabian Gläser
Beim Sturz in eine ca. 4 m tiefe Baugrube fällt ein
Arbeiter auf ein Moniereisen und erleidet eine
1 cm breite, scharf begrenzte Perforations- / Pfählungsverletzung im oberen linken abdominalen
Quadranten. Der Versuch, sich selbst von dem Moniereisen zu befreien, ist erfolgreich. Ein Verlassen
114
Gefahren an der Einsatzstelle: Einsturz der
Baugrube, Absturzrisiko, freiliegende
Stromkabel, Gasrohre o. ä.
Ohne technische Hilfe ist eine Rettung des
Patienten nicht möglich.
Das Tragen der kompletten persönlichen
Schutzausrüstung ist obligat.
Es handelt sich um einen Sturz aus großer
Höhe. Bis zum Beweis des Gegenteils ist
von einem polytraumatisierten Patienten
auszugehen.
Der Sturzmechanismus lässt Sie an weitere, begleitende Verletzungen denken.
Eine Transportpriorität ist bei einer vermutlich stark blutenden, abdominalen
Verletzung anzunehmen.
erschwerte Kommunikation durch unterschiedliche Berufsgruppen mit unterschiedlichen einsatztaktischen Prioritäten
●
●
●
Kommunikation
situationsgerechte Wahrnehmung
Stress
Fehlermanagement
Teamführung
Entscheidungsfindung
Kooperation der Teampartner
Frage 277 - Gruppen / Teams
anderen Einsatzkräfte, neben dem
6 Welche
Rettungsdienst, werden an der Einsatzstelle
benötigt / zugegen sein?
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Auswahl des Zielkrankenhauses anhand folgender Kriterien:
● Entfernung zum Traumazentrum
● Wetterlage und damit einsetzbares Rettungsmittel
● das nächste geeignete Krankenhaus, möglichst mit unfallchirurgische Abteilung
● bevorzugt Traumazentrum mit:
○ 24 h einsatzbereitem Schockraum-Team
○ Labor (24 h einsatzbereit)
○ Blutbank (24 h einsatzbereit)
○ Computertomografie (24 h einsatzbereit)
○ Möglichkeit zu neurochirurgischen Notfalleingriffen
○ fakultativ Kernspintomograf (einsatzbereit)
8 Thorax- und Abdominaltrauma
●
●
●
●
●
NEF-Besatzung
ggf. RTH- / ITH-Besatzung
Feuerwehr (BF, FF, Werkfeuerwehr) zur
technischen Rettung
Polizei
Arbeitsschutzbeauftragter
●
besteht die Gefahr der fehlerhaf8 Grundsätzlich
ten Kommunikation am Einsatz beteiligter
Kräfte in Hochrisikobereichen. Möglichkeiten
der Fehlerreduktion durch kommunikative
Kompetenzen sind:
● Informationstransfer sichern durch:
● Vermeidung von Kanalproblemen
● Vermeidung von Missverständnissen
● Schließen von Kommunikationsschleifen
Frage 278 - Check Notfall- / Gefahrensituation
wichtigen Punkte sollten grundsätz6 Welche
lich bei penetrierenden Abdominalverletzun-
Frage 279 - Kommunikation / Interaktion /
Beratung
sollte die Kommunikation an den Schnitt6 Wie
stellen ablaufen?
7
●
●
●
●
gen beachtet werden?
7
●
●
●
●
●
●
●
●
Auf keinen Fall darf der penetrierende Gegenstand entfernt werden (dies würde
einem Aufheben der gefäßkomprimierenden Wirkung gleichkommen).
Grundsätzlich sollte der penetrierende Gegenstand, falls er z. B. vom Patienten entfernt wurde oder es sich um eine Straftat
handelt, begutachtet werden, um die
Stichtiefe abschätzen zu können.
Gründliche Inspektion des gesamten Körpers, um weiter Verletzungen sowie Einund Austrittswunden zu erkennen.
Oftmals kann der Stichkanal anhand der
Ein-und Austrittswunden ermittelt werden.
Handelt es sich ggf. um eine 2-Höhlen-Verletzung?
Handelt es sich um einen Einsatzort oder
Tatort?
ggf. Nachforderung der Polizei beim Verdacht auf eine Straftat
8 Merke:
Grundsätzlich kann bei jeder Verletzung vom
●
Rücken (unterhalb des Schulterblatts) bis
zum unteren Rand der Glutealmuskulatur
eine begleitende abdominale Verletzung vorliegen.
Stichverletzungen haben nach außen oft nur
eine wenig beeindruckende Wundfläche, können aber schwere innere Traumata verursachen, die von außen kaum abschätzbar sind –
abhängig von der betroffenen Körperregion,
der Länge des penetrierenden Objektes, oder
eventuellen Dreh- oder Kippbewegungen mit
dem Gegenstand im Körper (z. B. Stich von
unten in den Mittelbauch via Magen /
Zwerchfell nach oben ins Herz).
Missverständnisse vermeiden
eindeutige Wortwahl
keine Alltagssprache verwenden
Deckungsgleichheit der verbalen und nonverbalen Kommunikation
keine Feststellungen machen, sondern Fragen stellen, um Konflikte zu vermeiden
8
Kommunikationsschleifen schließen
(„closed loops“)
● Gesagtes ist nicht gleich Gehörtes und Gehörtes ist nicht gleich Verstandenes
● „Speakback“ (aktives Wiederholen des Gehörten)
● aktives Zuhören
Anbieten von Ressourcen (Kompetenzen,
8 Das
Verfügbarkeit freier Kräfte etc.) gehört zu den
Schlüsselkompetenzen eines Teams in kritisch
komplexen Situationen. Um stringentes Arbeiten zu ermöglichen, ist eine gemeinsame Sicht
und Kongruenz der Lage essentiell.
„shared situation awareness“:
● Teilen einer gemeinsamen Perspektive zwischen mehreren Individuen bezüglich aktueller Ereignisse in der Umwelt, ihrer Bedeutung
und ihrer zukünftigen Entwicklung.
● Geteiltes Verständnis und eine geteilte Perspektive ermöglichen es dem Team, durch organisierte und übereinstimmende Erwartungen eine hohe Leistung zu erzielen.
115
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7
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Frage 280 - Kommunikation / Interaktion /
Beratung
der Anfangsphase des Einsatzes müssen
6 Inwichtige
Entscheidungen getroffen werden.
Wie lassen sich dabei essentielle Fehler vermeiden?
eine fulminante Sepsis. Somit bedarf eine sekundäre Peritonitis immer der operativen Sanierung.
Frage 282 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
welcher Form des hypovolämischen
6 Mit
Fehlervermeidung eignet sich das „10Schocks rechnen Sie? Nehmen Sie die Eintei7 Zur
Sekunden-für-10-Minuten-Prinzip“.
Grob
Auftreten von Problemen oder beim Stel8 Beim
len einer neuen Diagnose wird das Team zu
einer kurzen Unterbrechung fast aller Tätigkeiten aufgefordert. Alle hören kurz zu, alle Informationen werden zusammengetragen, Ideen
vorgebracht und etwaige Bedenken geäußert.
Danach wird ein Plan für die nächsten 10 min
aufgestellt und die Ressourcen verteilt.
Frage 281 - Check Notfall- / Gefahrensituation
lung des hypovolämischen Schocks nach der
interdisziplinären Arbeitsgruppe (IAG) Schock
der DIVI 2014 als Grundlage.
7 Es liegt ein hämorrhagischer Schock vor.
Schock
8 Hämorrhagischer
Beispiel: Schnittverletzung Arteria radialis,
●
○
●
Organe sind im Rahmen von penetrie6 Welche
renden Abdominalverletzungen häufig betroffen? Mit welchen Komplikationen muss man
im weiteren klinischen Verlauf rechnen?
penetrierenden Abdominalverletzungen
7 Bei
sind häufig große, parenchymatöse Organe
●
wie Leber und Milz, aber auch muskuläre
Hohlorgane des Gastrointestinaltrakts betroffen. Verletzungen in diesem Bereich gehen zum einen mit i. d. R. großen Blutverlusten einher, zum anderen bedingen z. B.
Darmverletzungen ein hohes Infektionsrisiko (Peritonitis).
8 Peritonitis:
Grundsätzlich lässt sich eine primäre (ohne
entsprechende Vorerkrankung) von einer sekundären Peritonitis unterscheiden. Kommt es
durch eine perforierende Verletzung zu einer
Ansiedlung von pathogenen Darmbakterien in
der freien Bauchhöhle, kann sich eine eitrige
Peritonitis entwickeln.
Typisches Symptom ist die Abwehrspannung
als Ausdruck eines viszerosomatischen Reflexbogens. Wird klinisch keine zeitnahe Therapie
in Form einer Peritoneallavage eingeleitet droht
116
Stichverletzung A. carotis
Therapie: fehlendes Blut sollte mit „Volumen“ ersetzt werden, hypovolämischer
Schock im engeren Sinne
○ Beispiel: Patient mit massiver Diarrhö
○ Therapie: fehlende extrazelluläre Flüssigkeit
sollte mit Flüssigkeit ersetzt werden
traumatisch-hämorrhagischer Schock
○ akute Blutung mit ausgedehnter Gewebeschädigung und Mediatorenfreisetzung
○ Beispiel: Polytrauma
○ Therapie: am wichtigsten ist, fehlendes Blut
durch „Volumen“ zu ersetzen
○ zusätzliche Ursachen behandeln
traumatisch-hypovolämischer Schock
○ kritische Abnahme des Plasmavolumens
ohne akute Blutung mit ausgedehnter Schädigung des Gewebes und Mediatorenfreisetzung
○ Beispiel: Verbrennung
○ Therapie: Bei Verbrennungen ohne weitere
Begleitverletzungen fehlt extrazelluläre
○ Flüssigkeit, die ersetzt werden muss; Kristalloide bevorzugen
○
Frage 283 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
gehört zur sog. „tödlichen Trias“ beim
6 Was
polytraumatisierten Patienten?
tödliche Trias besteht aus:
7 DieHypothermie
●
●
●
Koagulopathie
Azidose
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gesagt nimmt man sich in einer solchen Situation 10 s Zeit um die Lage suffizient zu
beurteilen und ein einsatztaktisches Vorgehen für die nächsten 10 min festzulegen.
8 Thorax- und Abdominaltrauma
rung des Gerinnungssystems, konsekutiver Antikoagulation und Fibrinolyse kommen. Die
Kombination aus Thrombozytendysfunktion,
Dilution, Gerinnungsproteasemangel bedingt
durch die disseminierte intravasale Gerinnung,
Gewebeminderperfusion mit folgender metabolischen Azidose und Hypothermie bedingen die
„traumaassozierte Koagulopathie“.
Frage 284 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Beurteilen penetrierender Bauchverlet6 Zum
zungen hat sich die Einteilung des Bauches in
5 Zonen etabliert. Benennen Sie diese und geben Sie die anatomischen Landmarken an, die
diese begrenzen.
Brustbereich:
7 1. unterer
intermammilare Linie
●
epigastrischer Winkel
untere Rippenbögen
vorderer Bauchbereich:
● epigastrischer Winkel
● Symphyse
● Spinae iliacae anteriores superiores
(vordere, obere Darmbeinstacheln)
seitlicher Bauchbereich (Flanke):
● Bereich zwischen vorderer und hinterer
Axillarlinie
● Rippenbogen
● Beckenkamm
oberer rückwärtiger Bauchbereich:
● Unterrand der Schulterblätter
● Beckenkämme
● iliosakraler Übergangsbereich
Glutealregion:
● transversale Achse in Höhe von Th 10
● untere Gesäßfalte
●
●
2.
3.
4.
5.
8 Merke:
Bei Kindern haben die Rippen – im Gegensatz
zum Erwachsenen – einen nahezu horizontalen
Verlauf. Während beim Erwachsenen somit die
unteren Rippenbögen einen natürlichen, knöchernen Schutz bei Krafteinwirkung von
ventral und lateral der Oberbauchorgane darstellen, liegen diese bei Kindern nahezu ungeschützt im Oberbauch. Bei entsprechender
Kinematik (Sturz über Fahrradlenker) kommt
es zu typischen Verletzungen.
Frage 285 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Besonderheiten ergeben sich durch
6 Welche
die penetrierende Bauchverletzung hinsichtlich Versorgungsstrategie und Wahl der Zielklinik?
jedem Patienten mit Zeichen eines hypo7 Bei
volämischen Schocks nach penetrierendem
Trauma muss man von einer Organ- oder
Gefäßverletzung ausgehen. Durch Mangel an
kausalen therapeutischen Optionen während der präklinischen Phase und der imperativen Notwendigkeit einer definitiven chirurgischen Intervention, hat sich die einsatztaktische Herangehensweise der Damage
Control Surgery etabliert.
Control Surgery:
8 Damage
Dies ist eine Therapieoption bei hämodyna-
8
misch instabilen Patienten mit multiplen Verletzungen, mit dem Ziel einer Kreislaufstabilisierung auf niedrig stabilem Niveau als Minimalziel. Die Damage Control Surgery wird in 3
Phasen unterteilt:
1. Phase 1:
● Kontrolle über die primäre Blutungsquelle
mittels „wound / abdominal packing“
● Übernähen oder Klammern von Hohlorganverletzungen
2. Phase 2:
● intensivmedizinische Behandlung mit dem
Ziel der Stabilisierung aller relevanten Parameter (v. a. Optimierung der Oxygenierung), der Gerinnungssituation; Normotonie
3. Phase 3:
● definitive chirurgische Sanierung
8.4 Schuss- und Stichverletzungen
Fabian Gläser
Sie werden gegen 1.30 Uhr zu einer unklaren Familienstreitigkeit in ein Mehrfamilienhaus gerufen. Die Wohnung liegt im 2. OG. Nach Aussage
eines Nachbarn sind mehrere Schüsse gefallen und
der Täter sei definitiv geflüchtet. Bei unklarer Lage
warten Sie das Eintreffen der ersten Polizeibeamten ab. Nachdem diese die Wohnung als sicher eingestuft haben, betreten Sie die Einsatzstelle. Sie
finden einen ca. 30-jährigen, ca. 100 kg schweren
117
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durch ein Trauma kann es im Rahmen
8 Bedingt
von Gewebeverletzungen zur massiven Aktivie-
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Frage 286 - Rettungsdienstliche Maßnahmen /
Gefahrenabwehr
grundsätzlichen Überlegungen sind
6 Welche
bei derartigen Einsatzlagen zu berücksichtigen?
einer derart unklaren Lage empfiehlt
7 Bei
sich eine abwartende einsatztaktische Herangehensweise. Dem Eigenschutz beim Betreten der Einsatzstelle kommt eine besondere Bedeutung zu man sollte ggf. das Eintreffen spezialisierter Kräfte abwarten.
Falls das Betreten sicher gewährleistet ist,
gilt zu bedenken, dass es sich um einen Tatort handelt und jede Veränderung im Raum
eine Verfälschung des primären Spurenbilds
darstellt. Die Sicherung der Tatwaffe, falls
möglich, erfolgt durch die Polizei. Jedoch
kann die Kenntnis, um welche Art von Waffe
es sich gehandelt hat, entscheidend beim
Einschätzen der Verletzungsschwere bei ggf.
noch fehlender Klinik sein.
GAMS-Regel: Die aus dem Brandschutz
stammenden Einsatzgrundsätze sollten auch
jedem Notfallsanitäter geläufig sein und sein
Handeln entsprechend bestimmen.
● G – Gefahr erkennen / Erkundung
● A – Absperrung durchführen / Absichern
● M – Menschenrettung
● S – Spezialkräfte anfordern
wenn die GAMS-Regel ursprünglich eine
8 Auch
einsatztaktisch Matrix für Gefahrguteinsätze
darstellt, findet Sie auch in der Notfallmedizin
ihre Berechtigung.
Frage 287 - Kommunikation / Interaktion /
Beratung
sieht Ihr weiteres Vorgehen bei diesem
6 Wie
hochkritischen aber indolenten Patienten
aus? Wie erreichen Sie eine Kooperationsbereitschaft?
geschilderten Fall handelt es sich mit
7 Im
großer Wahrscheinlichkeit um einen Mehrfachverletzten mit multiplen Organverletzungen. Das beschriebene Geschehen lässt
den Rückschluss einer Transportpriorität
unter Berücksichtigung des Faktors Zeit zu.
Sollte der psychologische Zugang zum Patienten dem Rettungsdienstpersonal verwehrt bleiben, könnte man eine primär medikamentöse Therapie erwägen. Eine potente Analgosedierung (Patienteneinwilligung
vorausgesetzt) könnte u. U. eine Kooperationsbereitschaft schaffen.
ist eine entsprechende Analgose8 Grundsätzlich
dierung über 2 Verfahren möglich: Über einen
i. v. Zugang oder via MAD® (Mucosal Atomization Device).
Bei vermutlich bestehender Indolenz bezüglich der Maßnahmen und schlechten venösen
Verhältnissen bei angenommener Hypovolämie
empfiehlt sich die nasale Gabe von Midazolam
und Ketamin.
● Dormicum®: nasale Gabe > 50 kgKG: 4 mg
beidseits (Repetitionsdosis: 4 mg)
● S-Ketamin®: nasale Gabe 0,25–0,5 mg/kgKG,
(Repetitionsdosis in 0,25 mg Einzeldosen)
(SOP 24d)
Der Patient könnte bei einem angenommenen
Gewicht von 100 kg initial bis zu 25 mg S-Ketamin® und 4 mg Dormicum® erhalten. Eine
Verdopplung der Gesamtdosis ist möglich.
Frage 288 - Check Notfall- / Gefahrensituation
grundsätzlichen Aussagen kann man
6 Welche
zu Projektilen bezüglich ihrer Frontfläche und
ihrer Form machen?
118
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Mann vor, der sich vor Schmerzen krümmend am
Boden windet und nicht kooperativ ist. Er ist deutlich agitiert. Eine in der Wohnung befindliche Frau
gibt an, dass es sich um einen Streit zwischen 2
Männern im Rahmen eines Eifersuchtsdramas gehandelt hat. Der Verletzte hat nach ihren Angaben
mehrere Stich- und Schussverletzungen (Thorax
und Abdomen) während einer handfesten Auseinandersetzung erlitten.
8 Thorax- und Abdominaltrauma
größer die Frontfläche
7 Jeumso
größer ist:
●
●
●
eines Projektils,
die Anzahle der erfassten Partikel des Ziels
die übertragene kinetische Energie auf das
Ziel
die sich bildende Höhle innerhalb des erfassten Ziels
Frage 290 - Ablaufstrukturen / Algorithmen /
Einsatzkonzepte
Sie Ihr strukturiertes Vorgehen
6 Beschreiben
im Rahmen der Untersuchung. Welche therapeutischen Prioritäten setzen Sie?
●
je
●
●
●
länger der Projektilkörper,
kleiner seine Frontfläche und
stromlinienförmiger seine Form ist.
Hohlspitzgeschosse haben eine nahezu ideale
Flugbahn, verformen sich während des Fluges
nicht und kommen nicht ins Taumeln. Beim
Aufprallen auf ein potenzielles Ziel pilzt jedoch
die Frontfläche auf. Mit der Konsequenz, dass
● die Frontfläche sich vergrößert,
● sich die Anzahl der erfassten Partikel des Ziel
steigt,
● die übertragene Energie größer wird und
● die sich bildende Höhle und die damit einhergehende Verletzung größer werden.
●
●
●
●
Frage 289 - Check Notfall- / Gefahrensituation
6 Was versteht man unter Fragmentierung?
Fragmentierung eines Geschosses ver7 Unter
steht man den Zerfall der Integrität der ehemals konischen Geschossform in kleine Teile, die in ihrer Summe mit einer höheren
Energie auf das Ziel einwirken. Es besteht
die Möglichkeit, dass ein Projektil während
des Fluges oder erst nach Eintreten in das
Ziel fragmentiert.
8
●
●
Aktive Fragmentierung liegt vor, wenn ein
Geschoss explosiven Inhalt enthält, der nach
Auftritt auf eine Oberfläche zündet und so die
Frontfläche massiv und mit hoher Energie
vergrößert.
Passive Fragmentierung liegt vor, wenn Geschossformen Änderungen aufweisen. Projektile mit weichem Geschosskopf, Einkerbungen
der Geschossspitze, Bleikern oder schrappnellartigem Inhalt brechen bei Aufprall auf das
Ziel auseinander.
In beiden Fällen wird die erreicht, dass die Verletzung in Umfang und Intensität zunimmt.
●
●
●
Einsatzstelle: sicher, Spezialkräfte vor Ort,
Täter flüchtig
Ersteindruck: kritischer Patient, ggf. Versorgung kritischer Blutungen, im Rahmen
seiner Verletzungen besteht vermutlich
Transportpriorität
Analgosedierung nasal über MAD® (bei
primär unkooperativen Patienten) nach
Einwilligung
A – Inspektion der Mundhöhle; Verzicht
auf HWS-Immobilisation bei multiplen,
perforierenden Stich-und Schussverletzungen im Bereich des Thorax und des Abdomens
B – Inspektion, Palpation, Auskultation
und Perkussion des entblößten Thorax;
hochdosiert Sauerstofftherapie 15 l über
Maske; ggf. assistierte Beatmung bei respiratorischer Insuffizienz; Thoraxentlastung
bei Verdacht auf Spannungspneumothorax; Intubationsvorbereitung
C – Inspektion und Palpation des Abdomens, Beckens und beider Oberschenkel
sowie die Bestimmung der Pulsfrequenz
und der Rekapillarisierungszeit am Nagelbett; Bewertung; Anlegen von 1–2 großlumigen Zugängen; effiziente, differenzierte Volumentherapie abhängig vom Zieldruck (Cave: eventuell abdominale Blutung); Hämodilution vermeiden
D – Inspektion des Schädels, Beurteilung
der GCS und des Pupillenstatus sowie Untersuchung der oberen / unteren Extremitäten hinsichtlich sensomotorischer Defizite
E – ggf. vollständiges Entkleiden des Patienten, Suche nach begleitenden Verletzungen, Wärmeerhalt, Lagerung in Abhängigkeit vom Blutdruck
therapeutische Maßnahmen in Abhän8 Weitere
gigkeit vom Verletzungsmuster vor Ort oder auf
der Fahrt. Ggf. Verzicht auf nicht lebensrettende
Maßnahmen vor Ort, zu Gunsten des Faktors
Zeit bei Transportpriorität. Wahl der Zielklinik
abhängig von den regionalen Strukturen.
119
8
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strukturierte Patientenuntersuchung er7 Die
Projektil verhält sich während seiner Flug8 Ein
gibt in diesem Fall:
bahn umso stabiler und behält seine Form bei,
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Frage 291 - Check Notfall- /Gefahrensituation
Was verstehen Sie unter den Begriffen „per6 manente
und temporäre Wundhöhle“
Eintritt eines Projektils in ein Ziel hin7 Nach
terlässt das Geschoss als Zeichen der Gewebedestruktion in Verlaufsrichtung des
Schusskanals, sog. eine „permanente Wundhöhle“. Das Ausmaß dieser permanenten
Höhle ist abhängig von Form, Kaliber und
den Flugeigenschaften (z. B. taumelnde Geschosse) des Projektils.
Abhängig von der Geschwindigkeit des Geschosses und der davon direkt abhängig einwirkenden kinematischen Energie im Ziel
bildet sich um den Schusskanal eine sog.
„temporäre Wundhöhle“ (Kavitation) aus.
Ihr Ausmaß ist abhängig von der Elastizität
des umliegenden Gewebes und der Geschossgeschwindigkeit.
8 Hochgeschwindigkeitsgeschosse:
Während
Niedriggeschwindigkeitswaffen
eine 3–6-fach größere temporäre Höhle um den
Geschossverlauf ziehen, ist die Wirkung bei
Hochgeschwindigkeitswaffen um ein Vielfaches
größer.
● Die temporäre Höhle und die Gewebszerstörung dehnen sich weit über die Geschossbahn
aus. Durch das entstehende Vakuum werden
Kleidung und andere Bestandteile in den
Wundkanal gezogen.
● Diese temporären Ausdehnungen verursachen in Verbindung mit der entstehenden
Schockwelle und der direkten Gewebezerstörung die tatsächlichen Verletzungen.
120
Frage 292 - Check Notfall- / Gefahrensituation
welchen Merkmalen unterscheiden sich
6 InNiedrigenergiewaffen
von Waffen mit mittlerer und hoher Energie?
Waffen wie Messer und Beile
7 Handgeführte
etc. sind Niedrigenergiewaffen. Waffen mit
Mündungsgeschwindigkeiten von 300 m/s
(i. d. R. Handfeuerwaffen) sind Waffen mit
mittlerer Energie, und solche mit Mündungsgeschwindigkeiten von 600 m/s (Gewehre / Hochgeschwindigkeitswaffen) sind
Waffen mit hoher Energie.
8 Verletzungsmuster:
Niedrigenergiewaffen hinterlassen i. d. R. Verletzungen ohne nennenswerte Kavitation. Falls
Stoß- / Schlagwinkel und Länge dieser Waffen
bekannt sind, können Verletzungen zu einem
gewissen Grad vorhergesagt werden.
Eine große Gefahr droht, wenn eine klein erscheinende Einstichverletzung in ihrem Ausmaß
unterschätzt wird, denn die Waffe kann nachträglich gedreht, nachgestoßen oder gekippt
werden. Ein sicherer Rückschluss auf potenzielle Verletzungen ist somit nicht möglich!
Frage 293 - Gruppen / Teams
es einen geschlechtsspezifischen Unter6 Gibt
schied in der Handhabung eines Messers als
Stichwaffe zwischen Mann und Frau?
Frauen tendieren dazu, mit einem von
7 Ja.
oben nach unten / seitlich gerichteten Stich
auf einen Gegner einzuwirken, während
Männer einen von unten nach oben gerichteten Stich bevorzugen. Entsprechend unterschiedlich fallen Einstichhöhe, Tiefe und der
Verlauf des Stichkanals aus. Daher sollte
man im Rahmen einer zielorientierten
Anamnese und Bewertung der Einsatzstelle
sich der geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Führen eines Messers bewusst sein.
gehören in Deutsch8 2-Höhlen-Verletzungen
land, im Vergleich zu angloamerikanischen
Ländern, eher zu den seltenen Verletzungen in
der präklinischen Praxis. Jedoch lassen sich steigende Fallzahlen bei zunehmender Gewaltbereitschaft konstatieren.
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Therapieoptionen:
● sofortige Stillung kritischer Blutungen mittels
spezieller Systeme: Tourniquet, Hämostyptika
etc.
● Einlegen von Atemwegshilfen: Guedel-,
Wendl-Tubus
● Re-Punktion bei persistierendem Spannungspneumothorax; Thoraxdrainage durch
den Notarzt; endotracheale Intubation oder
alternatives Atemwegsmanagement
● Einsatz von Kolloidalen; Katecholamintherapie durch den Notarzt
● steriles Abdecken der Wunden, ggf. Verwendung von speziellen Systemen (Chest Seal®)
8 Thorax- und Abdominaltrauma
Für die Praxis gilt demnach: Beim Vorliegen
einer einseitigen Stichverletzung und Unkenntnis der Form und Länge der Waffe ist bis zum
Beweis des Gegenteils von einer 2-Höhlen-Verletzung auszugehen.
Frage 294 - Check Notfall- / Gefahrensituation
7 Eintrittswunde:
Geschoss reißt Gewebeteile und Kleidung
●
●
●
Kontraindikationen von Dormicum®:
Myasthenia gravis
● Ataxie
● akutes Glaukom
● Schwangerschaft (v. a. 1. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon))
● Vorsicht in der Stillzeit
● akute respiratorische Insuffizienz
● Schlaf-Apnoe-Syndrom (OSAS)
● Vorsicht bei Kombination mit Alkohol oder
anderen zentral wirkenden Medikamenten
mit in den Wundkanal
Wundrand meist rund bis oval
zentraler Defekt
Abstreifring (Übertragung von Waffenöl,
Schmauchresten und Metallspuren) auf
den Wundrändern
von Ketamin :
8 Wirkungsweise
komplexer Wirkmechanismus an unter®
●
Austrittswunde:
● meist größer als die Eintrittswunde
● oft sternförmig
● Wundränder lassen sich adaptieren (kein
Substanzdefekt)
●
●
●
potentieller Verletzungen: Die Be8 Abschätzung
gutachtung von Schussverletzungen kann wichtige Hinweise zur Einschätzung der Verletzungsschwere liefern:
● Anzahl der Einschusslöcher ( Einschuss- oder
Austrittsstelle)?
● Überschreitung der Körpermittellinie?
● Welche Organe liegen innerhalb der Geschossbahn?
8
schiedlichen Rezeptoren
nicht kompetitiver Antagonismus am NMDARezeptor
wirkt auf Opiatrezeptoren
zentrale und periphere Sympathikusaktivierung und weitere Mechanismen
Wirkungsweise von Dormicum®:
Bindung an α-Untereinheit des GABA-Rezeptors, dadurch verstärkte Wirkung des inhibitorischen ZNS-Transmitters GABA
● anxiolytisch („Tranquilizer“)
● sedativ / hypnotisch
● muskelrelaxierend (zentral)
● antikonvulsiv
●
Frage 295 - Medizinische Diagnostik und Therapie / Lebensrettung
Rahmen der Analgosedierung haben Sie
6 Im
dem Patienten S-Ketamin und Dormicum
®
®
nasal verabreicht. Nennen Sie die wichtigsten
Kontraindikationen beider Medikamente.
von S-Ketamin
7 Kontraindikationen
akutes Koronarsyndrom
®:
●
●
●
●
koronare Herzkrankheit
bei nicht beatmeten Patienten:
○ Schädelhirntrauma
○ perforierende Augenverletzungen
Präeklampsie, Eklampsie, Uterusruptur,
Nabelschnurvorfall
121
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den?
●
●
Schwangerschaft (es liegen keine ausreichenden Daten vor)
psychiatrische Erkrankungen
bekannte Epilepsie (Ketamin kann
Krampfschwelle herabsetzen)
●
lassen sich Eintritts- und Austrittswunde
6 Wie
bei einer Schussverletzung i. d. R. unterschei-
●
●
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