ORT HO PT IK Demenz und Orthoptik Von Mag. Ruth E. Resch BEDEUTUNG DER DEMENZ Die Bedeutung des demografischen Wandels und das Ausmaß der zu erwartenden Veränderungen der Alterspyramide stellen eine große Herausforderung für die tägliche Arbeit in der Orthoptik dar. Die World Health Organisation geht von einer Verdoppelung der Anzahl der Über-60-Jährigen zwischen 2000 und 2050 aus. derung, z.B. durch AMD stellen besondere Anforderungen an die UntersucherInnen. Die Wichtigkeit der Augenversorgung dementer Personen durch ein Eye-CareTeam aus OphthalmologInnen und OrthoptistInnen liegt auf der Hand. Es gilt, bisher unentdeckte Sehprobleme aufzudecken und durch Anpassung adäquater Sehhilfen der für die Lebensqualität und auch Lebenserwartung so bedeutsamen Sturzge- langsamten und verzögerten Sakkaden sowie reduzierten Folgebewegungen. Es können auch Wahrnehmungsstörungen, z.B. Störungen der Bewegungswahrnehmung auftreten, die einer gezielten Diagnostik und einer umfassenden Beratung, vor allem der Angehörigen, bedürfen. Der Ophthalmologie fällt nach Angaben einiger AutorInnen bei der AlzheimerDiagnosestellung eine bedeutende Rolle Die Anwendung von verordneten Hilfen vorzeigen bzw. selbst ausprobieren lassen. Die Prüfung des Kontrastsehens wird leider nach wie vor nicht routinemäßig durchgeführt. Kantenfilter werden nach den individuellen Bedürfnissen angepasst und können helfen, das Sturzrisiko bei Störungen des Kontrastsinns zu minimieren. Nach österreichischen Erhebungen leiden sechs bis sieben Prozent der Menschen über 65 Jahren an einer Demenz, bei den Über- 85-Jährigen sind es 10 bis 15 Prozent (BMG, 2012); weltweit muss sogar von höheren Prävalenzzahlen ausgegangen werden (25 bis 30 Prozent der Über-85-Jährigen). Die WHO zählt Hörprobleme, visuelle Beeinträchtigungen und Demenzen zu den Erkrankungen mit dem massivsten Einfluss auf den Alltag der Betroffenen. Die Befunderhebung bei PatientInnen mit Demenz und Zusatzbeeinträchtigungen wie Hörminderung bzw. Sehmin- fahr Einhalt zu gebieten. Hier ist vor allem auf die Verordnung von Einstärkengläsern zum Ausgleich von Sehfehlern zu achten, da Mehrstärkengläser beim Gehen im Abblick eine zusätzliche Visusminderung und Gangunsicherheit bedingen können. Häufig tritt auch eine Kontrastsinn-Minderung auf, deren Folgen sich durch kontraststeigernde Maßnahmen (Kantenfilter, Adaptierung des Umfeldes durch Markierungen oder Ausleuchtung) reduzieren lassen. Doppelbilder, die durch allfällige Augenbewegungsstörungen bedingt sind, können durch Prismen oder Okklusion eines Auges ausgeglichen werden. Ophthalmologische und orthoptische Interventionen zur Minderung des Sturzrisikos Mag.a Ruth E. Resch Orthoptistin / Psychologin Fachhochschule Salzburg Leitung Ressort Bildung und Forschung orthoptik austria 28 Visus, Refraktion Einstärkengläser Kontrastsinn Kantenfilter, Umfeld-Adaptierung Diplopie, Prismen, Motilitätsstörungen Okklusion ALZHEIMER DEMENZ Bei der Alzheimer Demenz findet sich eine veränderte zentrale Okulomotorik mit ver- MEDICAL NETWORK 2015 ÄRZTE SPECIAL p www.medical-network.at zu. So werden typischerweise normal weite, aber nicht maximal eng werdende Pupillen beschrieben. Auch sollen frühe Veränderungen bei elektrophysiologischen Befunden (ERG, VEP) eine Differentialdiagnose zwischen Alzheimer und anderen Demenzformen erlauben. Nicht zuletzt können visuelle Probleme bei der visuellen Alzheimervariante (posteriore kortikale Atrophie) deutlich vor dem Beginn von Gedächtnisproblemen auftreten. Diese können sich in Form von Beeinträchtigungen beim Schreiben oder Zeichnen aufgrund von Störungen im Bereich des räumlichen Vorstellungsvermögens äußern. BESONDERER UMGANG Dieses Wissen um Veränderungen visueller Parameter im Rahmen von dementiellen Erkrankungen muss begleitet sein vom Wissen um die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen während der Diagnostik und Beratung. Einfache Dinge, die im Umgang mit jedem Patienten / jeder Patientin wichtig sind, wie das persönliche Vorstellen, einfache Wortwahl und vor allem Geduld, sind für desorientierte Menschen besonders wichtig. Es geht darum, Sicherheit zu geben, sodass FORTSETZUNG > ORTHO P TI K Beispiel Validation nach Naomi Feil Die Patientin möchte die Untersuchung unterbrechen und rasch nach draußen gehen um „die Kühe zu melken, da diese schon so schreien“. Die Therapeutin ­bietet an, das für die Patientin zu er­ledigen. Die Patientin beruhigt sich und die Untersuchung wird fortgesetzt. Eine gute ­Vertrauensbasis zu schaffen ist ­besonders wichtig Vertrauen aufgebaut werden kann und die bestmögliche Untersuchung ermöglicht wird. So kann auf demenzbedingte nicht situationsadäquate Aussagen oder Handlungen mit validierendem Verhalten (Naomi Feil) reagiert werden. Die Be­ troffenen erleben sich so als „in Ordnung“ und werden nicht weiter verunsichert. FAZIT Vor dem Hintergrund des 2. Rahmengesundheitsziels („Für gesundheitliche Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und sozioökonomischen Gruppen, unabhängig von Herkunft und Alter, sorgen“) und der aktuellen demografischen Entwicklung hat die Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Soziales im Jänner 2015 einen umfassenden Demenzbericht erstellt, bei dem auch die orthoptische Versorgung der Betroffenen dargestellt worden ist (www.goeg.at/de/ GOEG-Aktuelles/Neu-OesterreichischerDemenzbericht-2014.html). Die Bedeutung der adäquaten visuellen Versorgung, vor allem von mehrfach beeinträchtigten Personen, liegt auf der Hand. Wir dürfen nicht müde werden, das von der WHO geforderte besondere Augenmerk auf die gute Versorgung der älteren Bevölkerung – auch in der primären Gesundheitsversorgung (Stichwort Primary Health Care) – zu fordern. Dies gilt besonders für demente Personen, die ihre Bedürfnisse und Beschwerden nicht mehr ausreichend artikulieren können. Mit Blick auf die erhöhte Sturzhäufigkeit und deren Folgen können neben der bestmöglichen individuellen Versorgung auch ökonomische Komponenten ins Spiel ­gebracht werden.w Bundesministerium für Gesundheit: Demenzformen, 2012 (www. gesundheit.gv.at/ Portal.Node/ghp/public/content/demenz-formen.html, am 8.7.2014) S. Höfler, T. Bengough, P. Winkler, R. Griebler (Hg.): Österreichischer Demenzbericht 2014. Bundesministerium für Gesundheit und Sozialministerium, Wien 2015. 5. OphthalNet Hinterabschnittskurs 20. Juni 2015 Das Kursprogramm mit einer Reihe von OCT-zentrierten Präsen­­tationen aus ­verschiedenen Subdisziplinen der ­Ophthalmologie richtet­sich an Kolleginnen und Kollegen, die Interesse an der Anwendung dieser Bildgebungs­ technologie und am O ­ phthalNet haben. OphthalNet ist ein Netzwerk der Uni­ ver­­si­­­tätsklinik für Augenheilkunde­ und ­Optometrie der Medizinischen Uni­ versi­tät Wien und niedergelassenen ­Augenfachärztinnen und -ärzten mit der Zielsetzung, P ­ atientinnen und Patienten mit häufigen Diagnosen, die ­mittels OCT gestellt und im Verlauf kontrolliert ­werden, gemeinsam zu betreuen. PROGRAMM 1. Vorstellung OphthalNet 2. OCT-Grundlagen, Geräte und techno­logischer Ausblick 3. Normalstrukturen im OCT 4. Diagnostische Anwendung des OCT für die okuläre Hypertension und das Glaukom TERMIN: 20. Juni 2015 REGISTRIERUNG: Ab 8 Uhr BEGINN: 9 Uhr TEILNAHMEKOSTEN: Keine 5. Diagnostische Anwendung des OCT für die altersbedingte ­Makuladegeneration 6. Diagnostische Anwendung des OCT für die diabetische Retinopathie und das diabetische Makulaödem 7. Chorioretinopathia centralis ­serosa, Netzhaut- und Makula-Dystrophien im OCT 10. Anwendung des OCT für die ­chirurgische Behandlung ­retinaler ­Erkrankungen: Indikationsstellung und ­postoperative Betreuung Pause 11. Falldiskussionen Pause ORT: Schloss Hetzendorf Hetzendorfer Straße 79 1120 Wien-Meidling 9. Pharmakotherapie in der ­Retinologie Pause 8. Retinale Gefäßverschlüsse im OCT 12. OphthalNet – Abläufe und ­Adressen ANMELDUNG UND KONTAKT: Esther-Natascha Kulovits [email protected] Tel.: +43 1 40400 79400 (Mo-Fr 8–15 Uhr) Fax: +43 1 40400 79120 Wir bitten um Voranmeldung! DFP-PROGRAMM: Die OphthalNet-Kurs­reihe ­wurde DFP-­approbiert. Für die Teilnahme ­werden 6 DFP-Punkte angerechnet. p www.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2015 ÄRZTE SPECIAL 29