Modelle der Informationsverarbeitung - Heinrich-Heine

Werbung
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Sozialwissenschaftliches Institut
Kernkurs: Social Campaigning
Dozentin: Dr. Susanne von Roehl
Referat: Modelle der Informationsverarbeitung
17.5.05
Gliederung
1.
1.1
1.2
Wirkungen auf Einstellungen
Die Einstellungsbildung
Typen von Eistellungsänderungen
2.
2.1
2.2
2.3
Informationsverarbeitungsmodelle
MODE-Modell
Elaboration-Likelihood-Modell
Heuristisch-Systematisches-Modell
3.
Quellenangaben
1. Wirkungen auf Einstellungen
Social Marketing Kampagnen verfolgen häufig das Ziel einer direkten oder indirekten
Einstellungsbildung oder -änderung ihrer Zielgruppe. Da eine Informationsverarbeitung des
Kampagneninhalts zu einer eben solchen Einstellungsbildung oder -änderung führen kann, werden die
Bedeutung der Medien in diesem Prozess sowie mögliche Typen einer Einstellungsänderung zu
Beginn kurz erläutert.
1.1 Die Einstellungsbildung
Einen Einfluss auf Einstellungen üben die direkten und indirekten Erfahrungen aus. Direkte
Erfahrungen entstehen in Sozialisationsprozessen, also direktem personalem Kontakt, was ihre
Bedeutung im Kontext von Social Marketing Kampagnen eher gering erscheinen lässt. Indirekte
Erfahrungen hingegen werden überwiegend medial vermittelt und sind somit für soziale Kampagnen
im Hinblick auf eine Einstellungsbildung oder -änderung interessant.
Im öffentlichen Bereich sind die Massenmedien als Informationsquelle von großer Bedeutung. Durch
sie kann eine Vermittlung eines ersten Eindrucks entstehen und die Medien sind es, die Inhalte und
kognitive Strukturierungen beeinflussen. Eine soziale Kampagne, die eine Einstellungsbildung oder änderung erreichen will, kommt an den Massenmedien demnach nicht vorbei.
1.2 Typen von Einstellungsänderungen
In der Literatur werden vier Typen von Einstellungsänderungen beschrieben: eine Meinungsbildung,
eine Verstärkung bereits bestehender Einstellungen, eine Abschwächung bereits bestehender
Einstellungen sowie eine Änderung bestehender Einstellungen.
Eine Meinungsbildung äußert sich in einer Neubildung von Einstellungen gegenüber
Einstellungsobjekten, für die bisher noch keine Einstellung verfestigt war. Eine Verstärkung bereits
bestehender Einstellungen kann auf eine Informationsaufnahme, die zu vorhandenen Einstellungen
konsistent ist, folgen. Dadurch entsteht eine Aktivierung und Verfestigung vorhandener Einstellungen.
Eine Abschwächung bereits bestehender Einstellungen kann hingegen entstehen, wenn sich
wiederholende Medienaussagen die Erwartungen des Rezipienten nicht in vollem Maße erfüllen. Dies
führt zu einer Differenzierung vorhandener Kognitionen durch die neuen Informationen. Eine
Änderung bestehender Einstellungen stellt schließlich die stärkste Einstellungsänderung dar. Hierbei
wird die vorhandene Einstellung völlig verworfen und möglicherweise durch eine andere ersetzt. Eine
solche Änderung ist allerdings eher selten und durch Medienaussagen kaum herbeizuführen.
2. Informationsverarbeitungsmodelle
2.1 MODE-Modell
Das MODE-Modell von Russell H. Fazio befasst sich mit den Modi der Wahrnehmung und der
Informationsverarbeitung. Es versucht zu erklären, wann ein Akteur dem einen oder dem anderen
Modus folgt und in welcher Situation er sich nach dem Konsistenzmodell, der Theorie des geplanten
Verhaltens oder einer spontanen Reaktion verhält. Mögliche Modi sind in diesem Fall: mit oder ohne
Aufmerksamkeit, mit oder ohne Bewusstsein sowie mit oder ohne besonderer Suche nach neuen
Daten.
Entscheidend für den Prozess der Informationsverarbeitung im MODE-Modell sind zunächst
bestimmte Objekte oder Symbole (bei Fazio: cues) in der spezifischen Situation. Verbindet der Akteur
mit diesen cues bestimmte Einstellungen, ist als weitere Variable die Zugänglichkeit dieser
Einstellungen (attitude accessibility) in Verbindung zu den cues von Bedeutung. Der weitere Prozess
hängt vom Grad der attitude accessibility ab. Gibt es eine Übereinstimmung (Match) der cues mit
einer gut zugänglichen Einstellung des Akteurs, kommt es zu einer automatisch-spontanen, affektiven
Reaktion des Akteurs nach dem Konsistenzmodell.
Gibt es keinen Match zwischen cues und attitude accessibility sucht der Akteur nach Hinweisen, wie
er sich der Situation entsprechend verhalten sollte. Dabei spielen vordergründige Eindrücke, wie etwa
zuerst gesehene Dinge oder besondere Hervorhebungen, eine große Rolle. Es findet eine Interpretation
der Situation durch den Akteur statt, die zwei mögliche Ausprägungen kennt. Entweder gibt sich der
Akteur mit den vordergründigen Informationen zufrieden und handelt im Sinne spontaner
Interpretation oder er versucht verschiedene Aspekte der Situation zu beurteilen und auch eventuelle
Konsequenzen seines Verhaltens zu bewerten und handelt demnach mit überlegter Interpretation.
Entscheidend für die Wahl zwischen spontaner Interpretation und überlegter Interpretation sind die
drei Variablen Motivation, Aufwand und Opportunitäten. Die überlegte Interpretation erfolgt nur,
wenn alle drei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind, also eine hohe Motivation, ein geringer Aufwand
und genügend Möglichkeiten der Reflexion und Kalkulation.
Das MODE-Modell stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer „General Theory of Action“ dar,
die sämtliche Aspekte menschlichen Handelns (Vernunft, Werte, Gefühle, Leidenschaften und
Neigungen) berücksichtigt.
Kritisiert wird am MODE-Modell die fehlende funktionale Beziehung zwischen den unabhängigen
Variablen (Match, Motivation, Aufwand und Opportunitären) und der abhängigen Variable (Geltung
des Konsistenzmodells oder der Theorie des geplanten Verhaltens).
2.2 Elaboration-Likelihood-Modell (Petty/ Cacioppo 1986)
Wichtiger Begriff im ELM-Modell ist die Persuasion, was soviel bedeutet wie Überredung. Die
Persuasion bezieht sich auf Situationen, in denen Verhalten durch Botschaften modifiziert wird.
Personen können unterschiedlich motiviert sein über persuasive Botschaften nachzudenken. Bei
großer Motivation ist die Informationsverarbeitung elaboriert und eingehend und bei geringer
Motivation eher flüchtig. In diesem Sinn lassen sich zwei Wege der Informationsverarbeitung
unterscheiden: die zentrale und die periphere Route. Mit beiden Wegen sind jeweils unterschiedlich
tiefe Elaborationsprozesse gemeint.
Die zentrale Route der Persuasion setzt aktive gedankliche Bemühungen der Person voraus. Sie wägt
aufgrund ihres Vorwissens alle relevanten Inhalte der Botschaft sorgfältig ab, welche den Standpunkt
den die Botschaft einnimmt, untermauern. Hierbei sind an den Kommunikationsinput (Botschaft)
besondere Anforderungen zu stellen, um persuasive Wirkungen entfalten zu können: Qualität der
Argumentation, bei Vorwissen des Rezipienten über betreffendes Thema erhöhen starke Argumente
die Überzeugungskraft. Mit Texten können Argumentationen demnach besonders deutlich gemacht
werden, was einen Vorteil der Printmedien für die Nutzung der zentralen Route zeigt.
Resistenz gegenüber persuasiven Botschaften ist besonders ausgeprägt, wenn die Botschaften auf
Einstellungen treffen, die dem Rezipienten persönlich besonders wichtig sind. Die zu solchen
Einstellungen gegenläufigen Botschaften verlieren häufig deshalb ihre Überzeugungskraft, weil sie
beim Rezipienten negative affektive Reaktionen hervorrufen. Gelingt der Botschaft jedoch auf
zentraler Route eine Einstellungsänderung ist diese gefestigt. Die Motivation sich mit Botschaften
eingehender auseinander zu setzen hängt ab von der persönlichen Relevanz des Themas und dem
Involvement (das Orientierungsbedürfnis des Rezipienten, Stimmung bei Kontakt mit Botschaft).
Die periphere Route der Persuasion wird bei geringer Motivation sich mit Botschaften eingehender zu
befassen sowie fehlenden kognitiven Fähigkeiten gewählt. Dabei werden einfache Hinweise zu Rate
gezogen. Dies geschieht ohne größere gedankliche Aktivität und geistige Anstrengung (häufig in der
Werbung zu beobachten). Man verlässt sich auf Sympathie und Attraktivität der Quellen und
Expertenurteile. Wichtig ist hierbei die Zahl der gebrachten Argumente, die Länge der Botschaft
(Stärke), die Mehrheitsmeinung, die Lebendigkeit der Botschaft, die Stimmung des Rezipienten, die
Häufigkeit des Kontaktes mit der Botschaft sowie die Bildkommunikation (Bilder erleichtern die
gedankliche Verarbeitung, ermöglichen schnelle und bequeme Informationsaufnahme, rufen
emotionale Wirkungen hervor). Hierfür sind nun audiovisuelle Medien am geeignetsten.
Einstellungsänderungen, die über die periphere Route zu Stande kommen, haben einen eher
kurzfristigen Charakter.
Kritisiert wird an diesem Modell, dass Vorhersagen aufgrund der vielen verschiedenen Variablen
kaum möglich sind.
2.3 Heuristisch-Systematisches-Modell (Chaiken 1986)
Das HSM-Modell besitzt Elemente des ELM-Modells. Es kennt eine zentrale Route, nämlich die
systematische Informationsverarbeitung und eine periphere Route, die auf Heuristiken beruhende
Informationsverarbeitung. Ein Unterschied ist dabei, dass die heuristische Verarbeitung auch bewusst
ablaufen kann, während im ELM-Modell die periphere Route unbewusst abläuft. Außerdem können
die heuristische und die systematische Verarbeitung auch gemeinsam auftreten.
Ein wichtiger Begriff im HSM-Modell ist Sufficiency principle, was beduetet, dass der Rezipient die
Balance zwischen dem Prinzip des geringsten Aufwandes und der Motivation, eine korrekte
Einstellung bzw. Urteilssicherheit zu besitzen, sucht. Die Hinlänglichkeitsschwelle bedeutet, dass
wenn heuristische Verarbeitungsweisen ausreichend sind um Urteilssicherheit zu erreichen, nicht
systematisch verarbeitet wird. Weitere Begriffe im Modell sind Concern for accurancy, also der
Wunsch Urteilssicherheit zu erlangen, Self-relevance, also selbstrelevante Einstellungen wie Werte
oder soziale Identität und Personality factors, also persönliche Merkmale wie etwa Intelligenz.
Informationen werden im HSM-Modell strategisch verarbeitet in Übereinstimmung mit aktuellen
Motiven zur Erreichung bestimmter Ziele. Diese Ziele können die Korrektheit der eigenen Einstellung,
die Verteidigung wichtiger Einstellungen und die sozialen Konsequenzen einer Selbstdarstellung sein.
Accurancy motivation meint also ein bewusstes Motiv, während Defence motivation und Impression
motivation unbewusste Motive meinen. Die Accurancy motivation kann mit mehr aber auch mit
weniger systematischer Verarbeitung befriedigt werden. Bei der Defence motivation, wird hingegen
mit selektiver Wahrnehmung verarbeitet. Bei der Impression motivation, werden schließlich die
Einstellung anderer bei der Informationsverarbeitung relevant.
3. Quellenangaben
-
Bonfadelli, Heinz (1999): Medienwirkungsforschung I. Konstanz: UVK
Brosius, Hans Bernd (2003): Medienwirkung, in: Bentele, Günter/ Brosius, Hans-Bernd/
Jarren, Otfried (Hrsg.): Öffentliche Kommunikation. Wiesbaden: Westdeutscher
Esser, Hartmut (2001): Soziologie, spezielle Grundlagen - Band 6: Sinn und Kultur.
Frankfurt/ New York: Campus
Rosenstiel, Lutz von/ Neumann, Peter (2002): Marktpsychologie. Darmstadt: Primus
ELM-Modell online unter: http://psychonomie.de/sozialpsychologie/elablik.htm [Stand
vom 13.5.2005]
HSM-Modell online unter: http://www.unibielefeld.de/psychologie/ae/AE05/LEHRE/WS200405/Persuasion/Strauss.ppt [Stand vom
13.5.2005]
Herunterladen