Universität Fribourg, Theologische Fakultät, Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft Zyklus „Theologie der Mission“ (FS 2015) Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes 1. Einführung Mein Standort Studium der evangelischen Theologie in Basel und Zürich, Dissertation zu „Bestechung. Eine theologisch-ethische Untersuchung“ (1992). Zehn Jahre Dozent für Theologie in Lubango / Angola (Universitätsniveau; evangelischtheologisches Seminar verschiedener evangelischer Kirchen Angolas). Seit elf Jahren Dozent und seit neun Jahren Rektor des Theologisch-Diakonischen Seminars Aarau (Höhere Fachschule; Ausbildung zu Sozialdiakonie in den reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz sowie Pastoren in evangelischen Freikirchen). Exemplarische Entfaltung des Paradigmenwechsels in der Mission Paradigmenwechsel: Kategorie von Thomas Kuhn (Wissenschaftssoziologie, für Geschichte der Naturwissenschaften). Von David Bosch verwendet für Geschichte der Missionstheologie (Kirchen-/Missionsgeschichte) (Bosch, 2012). Nächste Woche. Vorgehen: Thematische Entfaltung des Themas mit Bezügen zu verschiedenen missionstheologischen Paradigmen bzw. theologischen (dogmatischen) Konzeptionen. 2. Das Verhältnis von Welt, Kirche und Reich Gottes Das Reich Gottes steht im Zentrum des Lebens und der Verkündigung von Jesus Christus. Wie verhält sich die Kirche dazu? Ist die Kirche eine Verkennung dessen, was Jesus wollte, oder dessen Verwirklichung? Oder etwas anderes? Das Reich Gottes im NT hat eine gegenwärtige und eine zukünftige Dimension. Spannung „schon“ / „noch nicht“ im NT: Mt 4.17/6.10 bzw. Lk 17.21/21.31 (Reich Gottes); Röm 3.24/8.23 bzw. Eph 1.7/4.30 (Erlösung). Historisch gesehen betonte Jesus das „schon“ gegenüber der jüdischen Erwartung (der „olam haba“ [hebräisch: der kommende Äon], die Endzeit, der Tag des Herrn ist angebrochen); vgl. Inkarnation, Leben, Tod, Auferstehung, Himmelfahrt und Geistausgiessung (in der Vergangenheit!!!) als Zentralaussagen des christlichen Glaubens und Mitte der Offenbarung. Aber Jesus / die frühe Kirche reduzierte die Zukunftshoffnung nicht auf die Gegenwart/Geschichte. Das ewige Leben, die neue Menschheit und Schöpfung hat schon begonnen und wächst auf ihr Offenbar-Werden in Herrlichkeit hin. Das Reich Gottes ist mit Jesu Christi Kommen in Niedrigkeit schon angebrochen und wird mit seinem Kommen in Herrlichkeit vollendet werden. In diese Spannung hinein lässt sich die Kirche einzeichnen und ihr Verhältnis zum Reich Gottes bestimmen, wobei man als dritte Grösse auch noch „die Welt“ bedenken muss. Oft wird die Kirche mit dem Reich Gottes identifiziert oder sehr eng aneinander gerückt: Augustin: „Civitas Dei“ (Gesellschaft Gottes). Reich Gottes sehr nahe mit der Kirche verbunden, in klarem Gegensatz zur Welt (civitas terrena). Weitere Entwicklung zum Corpus christianum im Mittelalter (Kirche und Staat zum Reich Gottes verbunden –entgegen Augustins ursprünglicher Stossrichtung!); als Reaktion darauf und Variante Luthers Zwei-Reiche-Lehre (Regiment Gottes „zur Rechten / zur Linken“). Grundlegend bleibt die enge Verbindung von Kirche und Reich Gottes in den Kirchen Europas. Gefahren des Corpus Christianum / Grosskirchen: (1) Mission verliert die Stossrichtung „nach aussen“ (von der Kirche zur Welt); (2) Reduktion auf zivilisatorische (ohne persönliche) Transformation; (3) Zwang. Gefahren des Täufertums / Freikirchen: (1) Tendenz zur Verteufelung der (verlorenen) Welt; (2) Gottes Wirken beschränken auf die Kirche; (3) Mission als Sammlung der Paul Kleiner ([email protected]) 3.3.2015 1/5 Universität Fribourg, Theologische Fakultät, Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft Zyklus „Theologie der Mission“ (FS 2015) Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes Heilsgemeinde aus der verlorenen Welt im Blick auf die Wiederkunft Christi – ohne Transformation der Welt; (4) Kirche für die Gegenwart und Reich Gottes für die Zukunft. Gefahren des liberalen Protestantismus: Auflösung der Kirche in das (gegenwärtige) Reich Gottes bzw. Engagement dafür (zusammen mit Gerechtigkeits-, Friedens- und ÖkoBewegungen). Gott wirkt in dieser Welt, um sein Reich aufzurichten (mit und ohne Kirche); daran soll sich die Kirche beteiligen (das ist ihre einzige Existenzberechtigung). Beziehung und Differenz von Reich Gottes und Kirche (vgl. Text von Newbigin): Das (in Jesus Christus gekommene) Reich Gottes ist Anfang und Grundlage der Kirche; zugleich ist das (in Herrlichkeit kommende) Reich Gottes Ziel der Kirche. In der Zwischenzeit ist die Kirche Zeichen und „Angeld“ des Reiches Gottes: - „Angeld“ (Anzahlung, erste Rate): Kirche ist die Gemeinschaft der Bürger des Reichs, ist Leib Christi (=Gegenwart Christi in der Welt), ist Tempel des Heiligen Geistes; in der Kirche ist Gott mit den Segnungen seines Reichs (Gerechtigkeit und Frieden) gegenwärtig und erfahrbar; zum Messias gehört die messianische Gemeinschaft. „Schon jetzt“. (Sakrament, Vorgeschmack, Transformation der Welt in das Reich Gottes) - Zeichen: Kirche weist über sich hinaus auf Christus, den Herrn der Welt (und nicht nur der Kirche!); Kirche ist nicht vollkommen („divine and dusty“; menschliche Institution und göttliche Wirklichkeit). „Noch nicht“. „Für einen Hungrigen erscheint eine gute Mahlzeit himmlisch, nach dem Essen weiss er, dass sie es nicht war.“ (Newbigin, 1988, S. 13). – „Zeichen“ impliziert auch, dass das Reich Gottes Kriterium für die Kirche ist: So lange und so sehr sie Zeichen ist, ist sie Kirche; sobald sie anderes zeigt (Irrlehre, Ungerechtigkeit, Unfrieden, …), entfernt sie sich von ihrem Kirche-Sein und damit von ihrer Mission. Im NT ist das „schon“ aus historisch-kontextuellen Gründen mehr betont als das „noch nicht“. Nach 2000 Jahren Kirchengeschichte („Mischmasch von Irrtum und von Gewalt“ [Goethe, Zahme Xenien]) ist das Bewusstsein für das „noch nicht“ gewachsen, aber das „schon“ darf nicht auf dem Altar der Erfahrung geopfert werden! Kirche und Welt sind als geistliche Realitäten zu unterscheiden (Reich des Lichts versus Finsternis, Kol 1.13; lebendig versus tot, Eph 2.1 usw.) und als soziale, geschichtliche Realitäten zu verbinden. Die Kirche ist nicht eine rein geistliche Grösse, sondern auch weltliche Institution. Gott kennt die Grenzen zwischen den geistlichen Realitäten Kirche und Welt; die kirchlichen Verwaltungen kennen die Grenzen der weltlichen Institution Kirche (die ihren Sinn hat, aber nicht mit der geistlichen Grösse identifiziert werden sollte). Gott wirkt in der Weltgeschichte und -erhaltung sowie in der Kirche seinem Reich in Herrlichkeit entgegen. Dabei ist die Kirche gegenüber der Welt Werkzeug, Vortrupp oder Avantgarde des Reiches Gottes bzw. Startrampe der neuen Menschheit und insofern besonderes Instrument Gottes in der Welt (analog Jesus Christus als Zentrum der Offenbarung / missio Dei). Aber Gott beschränkt sich weder auf die institutionelle Kirche noch auf die geistliche Grösse Kirche als Mittel, um in der Welt zu wirken! Die Kirche lebt solidarisch mit allen Menschen in der Welt, in der Geschichte, bis zur Vollendung. Illustrationen: Gott Gott Kirche Welt Kirche Welt Implikationen für die Mission der Kirche - Missionsziel: Seelen retten oder Kirchen gründen/bauen oder Gerechtigkeit + Frieden + Bewahrung der Schöpfung verwirklichen soll nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Shalom“ integriert: Versöhnung auf Grund von stellvertretender Wiedergutmachung. Teilhabe an „missio Dei“ als Transformation: Aufrichten des Reichs! - Kirche hat einen bleibenden Ort in Gottes Handeln bis zur Vollendung (und vielleicht darüber hinaus: Braut; herrschen [in der Offb]); gesundes Selbstbewusstsein / Identität im Gegenüber zur Welt. Neue transformierte Menschheit! Paul Kleiner ([email protected]) 3.3.2015 2/5 Universität Fribourg, Theologische Fakultät, Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft Zyklus „Theologie der Mission“ (FS 2015) Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes - Kirche soll sich selber transformieren lassen angesichts der ständigen Gefahr des Triumphalismus und Paternalismus (Umkehr von Gewalt und falscher Macht). Damit verbunden ist die Gefahr des Kreisens um sich selber, der Überbetonung des Seins der Kirche gegenüber Mission nach aussen (auch hier ist Paternalismus möglich!). - Kirche verkündigt der Welt das Kreuz Christi (Gericht und Gnade) und steht mit der Welt selber darunter („semper reformanda“ und Erfahrung der Versöhnung). - „BOLD HUMILITY“ (Bosch, 2012): Kühne, tapfere, kräftige Demut. Leidenschaftlicher, dringlicher Eifer mit grosser, vom Vertrauen in Gott gespiesenen Gelassenheit. Sehnsucht nach Vollendung mit ansteckender, dankbarer Zufriedenheit. Identität als Wirbeltier (schon begonnenes Reich, geistliche Wirklichkeit, ansteckende Heiligkeit) und nicht als Krustentier (menschliche Institution, abgrenzende Heiligkeit). 3. Die eine, missionarische Kirche Einführung: Die missionarische Dimension und Intention der Kirche Es besteht eine grundlegende theologische Einheit von Kirche und Mission: Die Sendung der Kirche gehört zu ihrem Sein, ihrem Wesen. Die Kirche ist berufen und erwählt, um an Gottes Mission teilzuhaben. Wenn die Kirche nicht missioniert, demissioniert sie. Newbigin unterscheidet zwischen der missionarischen Dimension (Sein und alles Tun!) und Intention (bestimmtes bewusstes, zielgerichtetes Tun) der Kirche. – Das Festhalten an „Intention“ beugt der Gefahr einer missionarischen Erschlaffung vor: Wenn alles (das ganze Sein) Mission ist, ist nichts mehr Mission. Die grundlegende Unterscheidung zwischen Kirche und Welt (Grenze der Kirche „nach aussen“, geistlich und nicht soziologisch festzumachen!) wird aus den Augen verloren. [Auch gegen die Gefahr der Reduktion des Wesens der Kirche auf Sendung in die Welt; daneben sind die Berufung zum Lob Gottes und zur Gemeinschaft miteinander weitere Wesensaspekten von Kirche. S.u.] Historische Entwicklungen: Missionarische Intention wurde delegiert an Mönche und Orden (Kath.) bzw. im Zug des Individualismus und Voluntarismus der Neuzeit entstanden Missionsgesellschaften neben den Kirchen. Wenn die missionarische Intention aus der Kirche ausgelagert wird, besteht die Gefahr, dass die missionarische Dimension (und damit dieser Wesensaspekt) der Kirche verloren geht. Darum erfolgte 1961 die Integration des IMR (Internationaler Missionsrat) in den ÖRK (Ökumenischer Rat der Kirchen); im Nachgang Organisation evangelikal/pfingstlicher Strukturen und Konferenzen (LCWE, WEF MC, AD2000, ...), um die gemeinsame missionarische Intention zu organisieren und der missionarischen Erschlaffung (Kontrolle, Bürokratisierung) vorzubeugen. Das Problem der Professionalisierung der Mission besteht bis heute, trotz reformatorischem „allgemeinem Priestertum“ bzw. dem Slogan von Lausanne 1974 „durch das ganze Volk Gottes“. Sendung als Bestandteil des Wesens der Kirche zu bezeichnen, wird in den letzten 15 Jahren zum Teil als „missional“, öfters in Abgrenzung zu „missionarisch“ bezeichnet. Der Begriff stammt aus dem Englischen, wo es gemäss Oxford English Dictionary Synonyme sind. Er wird im Deutschen als Schlagwort verwendet, mit schillernder Bedeutung (Affinität zu ganzheitlicher Mission [ein weiteres Schlagwort], zu „emerging church“, zu Kontextualisierung, zur Mission der ganzen Kirche und nicht nur von Professionellen usw.). Zentral ist es, die Begriffe zu klären, meines Erachtens vor allem das Substantiv „Mission“; ob es dann das neudeutsche Kunstwort „missional“ wirklich braucht bzw. ob es sinnvoll neben „missionarisch“ gefüllt werden kann und soll, ist eine offene Frage. Die eine Kirche – notwendige Transformationsprozesse?! Herausforderung: „Solange die Kirche zufrieden ist, für sich selbst zu leben, der Welt den Rücken zu kehren und nach innen zu blicken, wird sie immer genügend Gründe dafür finden, dass sie gespalten ist. ... Aber in dem Moment, wo sich die Kirche hinaus, nach der Welt zu wendet und wo sie die Verantwortung ernst nimmt, die Gesandtschaft Christi an die Welt zu sein, da wird die Gespaltenheit unter den Boten zu einer unerträglichen Anomalie. Wie Paul Kleiner ([email protected]) 3.3.2015 3/5 Universität Fribourg, Theologische Fakultät, Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft Zyklus „Theologie der Mission“ (FS 2015) Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes könnten wir, unversöhnt untereinander, die eine Versöhnung für die Welt ausrufen? Wie können wir Herolde des einen Herrn sein, die alle Menschen dazu rufen, seine Herrschaft anzunehmen, wenn wir nicht selbst unter seiner einen Leitung zusammenleben können? ... Die Einheit, die Christus für uns will, ist mehr als Zusammenarbeit. Es ist eine Einheit des Seins, - des neuen Menschen in Christus. ... Wozu laden wir die Menschen aller Nationen ein, - zu einem neuen Komplex von Trennungen anstelle ihrer eigenen oder zu der einen Familie, wo sie sich am Ende in des Vaters Haus eins wissen können? ... Was mich betrifft, so glaube ich nicht, dass wir uns mit weniger zufrieden geben dürfen als mit einer Form der Einheit, die alle diejenigen, die Christus als den Herrn bekennen, an jedem Ort und an allen Orten als eine Familie erkennbar macht, vereint durch das sichtbare Band von Wort, Sakrament, Amt und gemeindlicher Bruderschaft, und durch das unsichtbare Band, das der Heilige Geist durch diese Mittel schafft.“ (Newbigin, 1959, S. 50-52) Einheit der Kirche ist ein zentrales Anliegen von Jesus (Joh 17) und im ganzen NT (z.B. Eph 2). Sünde = Sund: Trennung, Abgrund. – Erlösung / Heil: Versöhnung, Gemeinschaft, Einheit. Einheit der Kirche grundlegend für die Glaubwürdigkeit der Sendung der Kirche (Botschaft von der Versöhnung! Beginn der neuen Menschheit [Adam // Christus]). Das Wesen der Kirche, die Einheit der Kirche und die Sendung der Kirche hängen unmittelbar zusammen. Einheit vor allem geistlich / Glaubensbekenntnis [„faith ...“] (evangelikale/pfingstliche Teile der Kirche; pragmatische lokale Zusammenarbeit und internationale Kooperationsnetzwerke) oder auch institutionell / strukturell [„ ... and order“] (ÖRK; Kath. Kirche)??? Ekklesiologien: Betonung der unsichtbaren oder sichtbaren Kirche („Der Herr kennt die Seinen“ [2.Tim 2.19] versus „wer glaubt und getauft wird“ [Mk 16.16] / „Wer mit dem Mund bekennt“ [Röm 10.9]), der göttlichen Setzung oder menschlichen Institution (und in der Moderne: Individualismus/Voluntarismus Institution als privater Verein Gleichgesinnter!). Historische Entwicklungen Die protestantische missionarische Bewegung ab dem 18. Jh. (Herrnhuter, Pietismus, Carey usw.) ist Wegbereiter der ökumenischen Bewegung: a) Betonung der individuellen Frömmigkeit und Heil (versus orthodoxes Bekenntnis und Kirchenzugehörigkeit) sowie Aufklärung (Religion als Privatsache im Gefühlsbereich) ermöglicht neue Allianzen „zuhause“ (Unierte Kirche, Allianz, interdenominationelle Missionsgesellschaften); b) Arbeit „draussen“ angesichts nicht-christlicher Religionen lässt das Verbindende wichtiger als das Trennenden erscheinen und erhöht die Einsicht, dass für die Weitergabe des Glaubens (Mission) die Glaubwürdigkeit (Einheit der Kirche) grundlegend ist. Neue Sachlage: Globale Kirche - Stichwort „junge Kirchen“: Paternalistisch, westliche Dominanz, einseitige Ekklesiologie (menschlich-historisch-institutionelle Seite). Dagegen Balz: „Junge Kirchen sind solche, denen der Blick auf ihren neuzeitlich geschichtlichen menschlichen Anfang transparent ist.“ (2010, S. 44) In ÖRK: Zwischenkirchliche Hilfe ersetzt Mission?! Hilfe zur Selbsthilfe wird einmal überflüssig! - Stichwort „Partnerschaft“: Pragmatisch; Materielles im Vordergrund oder Untergrund; westlich-kulturelles Vorverständnis / Kontext. - Mission vor der Haustür und „am Ende der Erde“ ist Auftrag für ganze Kirche = für alle Lokalgemeinden. Nicht Territorialdenken, sondern Wahrnehmung des Auftrags a) Reihenfolge von Apg 1.8, b) nach Gaben, c) nach Führung (der Gemeinde, nicht des Einzelnen), d) nach Ressourcen, e) im Rahmen einer globalen Ekklesiologie. Die Kirche begann in Jerusalem; Mission beinhaltete eine geografische Grenzüberschreitung. Institutionelle Trennung (Lokal-)Kirche und Mission (Gesellschaft / Orden / Missionar / Station). Bis ins 20. Jh. machte für viele ein geografisches Verständnis das Wesen der Mission aus („gehet hin“, Mt 28.19). Heute Mission von sechs Kontinenten zu sechs Kontinenten hin (ÖRK in New Paul Kleiner ([email protected]) 3.3.2015 4/5 Universität Fribourg, Theologische Fakultät, Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft Zyklus „Theologie der Mission“ (FS 2015) Mission als Transformation: Kirche und Reich Gottes Mexico, 1963; WEF MC in Iguaçu, 1999). Kirche ist Mission. Auf allen Kontinenten existieren Kirchen (lokale Gemeinden, „Jerusalem“) mit einer Mission „bis an die Enden der Erde“. Es wird deutlicher, dass Mission die Grenzüberschreitung zwischen Glauben an Jesus als Herrn und Glauben an andere(s) im Blick hat und nicht wesenhaft geografische Grenzüberschreitung ist. - Die Geschichte lässt sich nicht ungeschehen machen: Expansion des Christentums in der Neuzeit vom Westen aus, parallel zum Kolonialismus (wirtschaftlich-militärische Dominanz). - Globale Kirche hat Anteil an der grösser werdenden Kluft zwischen (materiell) Reichen und Armen in der Welt. „Globale Kirche“ nur ein Schlagwort oder eine Realität? Wie wird diese Wirklichkeit („Leib Christi“) fassbar – oder ziehen wir uns zurück aufs NicänoKonstantinopolitanum: „Wir glauben die eine, heilige, katholische, apostolische Kirche“?! Die missionarische Kirche: Kirche als Akteurin von Transformation Mission als Wesen der Kirche bzw. die missionarische Dimension der Kirche führt dazu, dass nicht nur besondere Aktivitäten (Evangelisationsveranstaltung, Diakonie usw.) oder Strukturen (Missionsgesellschaft, -departement, christliche Schulen, Spitäler, Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen usw.) missionstheologisch bedacht werden. Vielmehr ist –analog zur missionarischen Theologie im Gegensatz zu einer Missionstheologie– die missionarische Kirche, die Kirche als „agent of change“ ins Bild zu setzen: - Missionarische Spiritualität, Lebensstil und Seelsorge: Liebe zu Gott; Gebet („Before ‚give’ and ‚go’ comes ‚pray’. This is the divine order.“ [John Mott in Jongeneel, 1997, S.31]; Leben mit Heiligem Geist (Frucht, Gaben, Kampfführung); Meditation; Umgang mit Heiliger Schrift; Nachfolge Christi / Heiligung / Selbstverleugnung / Disziplin / Verzicht / einfacher Lebensstil / Märtyrertum; soziale Kompetenz / gelebte Liebe. – Transformation des Einzelnen und der Gemeinschaft in Christi Bild. - Missionarische Bildungsarbeit: Sonntagschule; Glaubenskurse; Reich-Gottes-Horizont versus Kirchenzentrierung; Wertevermittlung; Spiritualität- und Lebensstil-Training. – Transformation des Einzelnen und der Gemeinschaft in Christi Bild. - Missionarischer Gottesdienst: Verständlich, ansprechend, usw.; heidnische Feste „taufen“; nicht-christliche Texte, Akteure usw. im Gottesdienst; Form und Stil, Architektur, Musik, Tanz, Kunst usw.; Predigt. – Transformation des Einzelnen und der Gemeinschaft in Christi Bild. - Missionarische Strukturen (Ämter und Dienste): “Laien”; Geistesgaben; Frauenfrage; Organisation; Infrastruktur; Budget. – Transformation der Ordnung auf Grund der Inhalte. - Missionarische Gemeinschaft: Gelebte Liebe, gemeinschaftliches Ringen um Wahrheit (Mt 18), Vergebung und Versöhnung (Mt 6; Eph 2), Vielfalt und Einheit (1Kor 12), Wahrheit und Liebe (Eph 4.15). – Gemeinde als Modell einer transformierten Welt. Verweise Balz, H. (2010). Der Anfang des Glaubens. Theologie der Mission und der jungen Kirchen. Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene. Bosch, D. (2012). Mission im Wandel. Paradigmenwechsel in der Missionstheologie. (Englisches Orginal: Transforming Mission. Maryknoll: Orbis, 1991) Giessen: Brunnen. Jongeneel, J. A. (1995 / 1997). Philosophy, Science and Theology of Mission in the 19th and 20th centuries (Bd. 2). Frankfurt: Peter Lang. Newbigin, L. (1959). Die eine Kirche, das eine Evangelium, die eine Welt. Stuttgart: Evangelischer Missionsverlag. Newbigin, L. (1988). Mission in der Nachfolge Christi. Hamburg: Evangelisches Missionswerk. Paul Kleiner ([email protected]) 3.3.2015 5/5