Erste Schritte eines Bakteriums in den Atemwegen

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Erste Schritte eines Bakteriums in den Atemwegen
Saskia Bermbach, Peter König, Jan Rupp
Institut für Anatomie & Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
[email protected]
Klinischer Hintergrund
Methodik I
Täglich atmet jeder Mensch 10.000 Liter Luft ein, die mit vielen Bakterien und
Partikeln angereichert ist. Trotzdem wird nur ein kleiner Prozentsatz krank und
bekommt beispielsweise eine Lungenentzündung.
Damit wir nicht krank werden, besitzen die Zellen unserer Atemwege, kleine Zilien
(Flimmerhärchen), die eingeatmete Bakterien und Partikel wieder aus der Lunge
transportieren. Obwohl bekannt ist, dass dieser Mechanismus uns schützt, ist bisher
nicht klar, wie genau der Abtransport funktioniert. Bisher geht man davon aus, dass
in den Atemwegen Mukus (Schleim) vorhanden ist, der Bakterien und Partikel bindet
und auf einer Flüssigkeit schwimmt, die den perfekten Abstand zu den Zilien
reguliert. Durch die Zilien wird der Mukus dann wie auf einem Förderband aus der
Lunge transportiert.
Problematisch wird es, wenn wir zu viel Mukus haben oder er zu zäh ist. Dabei wäre
es gut, wenn man in Zukunft die Menge des Mukus durch Medikamente und die zähe
Konsistenz durch Flüssigkeitszugabe reduzieren könnte. Stimmte allerdings die aktuelle Vorstellung des Bakterien- und Partikeltransports, schadeten diese Therapien.
Zu wenig Mukus und zu viel Flüssigkeit führten dann dazu, dass der Transport
zusammenbräche.
Für die Untersuchung der Fragen bietet sich das Mausmodell an, da die murine Trachea (Luftröhre der Maus) den Bronchien des Menschen vom Aufbau her stark ähnelt
und die Ergebnisse mit Einschränkung übertragbar sind. Die Methode eignet sich auch
dazu, diese Daten an menschlichem Lungengewebe (z.B. nach operativer Lungenlappenentfernung) zu verifizieren.
Methodik II: Vorbereitung der Trachea
Zugabe von
Partikeln
(Dynabeads)
1.
2.
Sicht auf die
Trachea (1.)
& Lunge (2.)
der Maus
Hochgeschwindigkeitsmikroskopie:
Blick auf Epithel
(oberste Zellschicht)
Trachea in Pufferlösung
aufgespannt & gespült
Methodik III: Gewinnung und Färbung der Bakterien
Fragestellung
1. Ist die Anwesenheit von Mukus essentiell für den Transport von Partikeln und
Bakterien aus den Atemwegen?
2. Muss für den effektiven Transport die Menge der periziliären (die Flimmerhärchen
umgebende) Flüssigkeit exakt kontrolliert werden?
3. Beeinflussen Bakterien die Transportleistung der Atemwege bzw. der Zilien?
In unserem Modell spielen Mukus (Schleim) und
die genaue Regulation der perizilliären Flüssigkeit (simuliert durch die Menge der Pufferlösung)
keine Rolle. Der Mukus wurde vor Beginn entfernt (Spülung) und die Trachea (Luftröhre) ist
im Vergleich zu ihrer natürlichen Umgebung in
extrem viel Pufferlösung gelagert.
4
1
3
Bakterienkultur
Wie kommt der Transport zustande?
Gibt es einen Flüssigkeitsstrom?
Nachweis eines Flüssigkeitsstroms über den
Zilien:
Geschwindigkeit [μm/s]
Welche Rolle spielt Mukus beim
Transport von Partikeln?
Fluo
Fluoreszenzfarbstoff
fa
blaues
Licht
180
Werden auch Bakterien
transportiert?
Nachdem gezeigt wurde, dass Partikel sogar auf
zwei verschiedene Arten transportiert werden, stellt
sich die Frage, ob auch Bakterien transportiert
werden.
160
0s
140
10 μm
100
Zugabe von ATP
80
x
40
n=5
= Standardfehler
20
0
50
100
150
200
250
300
350
20 μm
0,75 s
1s
400
25 μm
25 μm
0,6 s
Mehrere hundert μm über dem Epithel (oberste
Zellschicht) kann man noch Partikeltransport
messen.
Nach Zugabe eines Stoffes (Adenosintriphosphat) zur Erhöhung der Schlagfrequenz der Zilien
verdoppelt sich die Transportgeschwindigkeit sowohl auf Höhe der Zilien als auch über ihnen.
Dadurch lässt sich beweisen, dass der Partikeltransport in den oberen Schichten auch von den
Zilien ausgelöst wird. Es muss einen Flüssigkeitsstrom geben, der seinen Beitrag zur Transportleistung der Trachea beiträgt.
1s
Ergebnis
Der Transport von Partikeln erfolgt sowohl
mit dem Flüssigkeitsstrom (1.) als auch
durch direkte Interaktion (2.) mit den Zilien*
x
25 μm
Unterschiedlich schneller Transport von Dynabeads
1. Einzelne Dynabeads (gelbe Kreise) - schnell
2. Dynabeads haften an Mukusresten (orange Kreise) – langsam
3. Bildmittelpunkt (rotes Kreuz)
Mukus ist nicht erforderlich für den Transport
von Partikeln. Partikel und Mukusreste werden
auch transportiert, wenn zu viel Flüssigkeit vorhanden ist. Mukus scheint die Transportgeschwindigkeit der Partikel herabzusetzen.
x
Zilientragende Zelle
*
20 μm
Um den Transport von Bakterien (grüne Kreise) zu bewerten, wurden
sie mit den Dynabeads (gelbe Pfeile) parallel eingesetzt um einen
direkten Vergleich zu ermöglichen. Der markierte Bildmittelpunkt
(rotes Kreuz) dient zur besseren Sichtbarkeit der zurückgelegten
Strecke.
Vergleich der Transportgeschwindigkeit
von Dynabeads und Bakterien
400
300
200
100
0
Maus 1
Maus 2
Dynabeads
1.
2.
x
20 μm
relative Geschwindigkeit
0,3 s
x
25 μm
20 μm
10 μm
0s
x
x
keine ATP-Zugabe
60
0
Blick auf die gespülte Innenfläche der Trachea. Nach Entfernung
des Mukus durch Spülung wird geprüft, ob entgegen der Lehrmeinung trotzdem ein Partikeltransport möglich ist.
1. Zellen mit Zilien (Flimmerhärchen) zum Partikeltransport
2. Zellen, die Proteine sezernieren (freisetzen)
3. verbliebene Mukusfäden, an denen
4. Dynabeads (kleine synthetische Partikel, Ø4,5 μm) hängen
x
0,25 s
120
Abstand zum Epithel [μm]
2
Nach Anfärbung der Bakterien sind sie unter blauem
Licht sichtbar. Dadurch kann
ihr Transportverhalten besser
beobachtet werden.
Maus 3
Bakterien
Fazit
Die gewählten Bakterien werden genauso gut
transportiert wie Dynabeads. Unklar ist, warum
einige wenige Dynabeads und Bakterien nicht
transportiert werden und liegen bleiben.
bekannt aus hier nicht gezeigten Versuchen
Schlussfolgerungen
1. Zilien-vermittelter Transport funktioniert im Mausmodell unabhängig von Mukus.
2. Eine exakte Regulation der periziliären Flüssigkeit ist für den
Transport nicht zwingend erforderlich.
3. (Bestimmte) Bakterien wie auch synthetische Partikel werden
transportiert.
4. Der Transport erfolgt einerseits durch direkten Kontakt mit den
Zilien, andererseits durch den Flüssigkeitsstrom.
Offene Fragen
1. Wenn der Transport so gut funktioniert, warum werden wir trotzdem krank?
2. Wie können lungenpathogene (krankmachende) Bakterien das
Transportsystem überlisten?
3. Wie wehren sich die Zellen der Atemwege, wenn es doch mal ein
Bakterium schafft, nicht transportiert zu werden?
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