Zukunftsvisionen werdender Hebammen

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Zukunftsvisionen – Geburtshilfe
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Zukunftsvisionen werdender Hebammen
Hebammenklasse H09, Magdeburg
Zukunftstraum 2022
Tür zu, Licht an. Erst mal alles weg von
mir. Gedanken, Gefühle, nicht zu zu­
ordnen. Setze mich. Lärm in meinem
Kopf …
Regelmäßiges Tönen, rhythmische Bewegungen, das Paar im Einklang mit
sich selbst. Das wichtigste Utensil an
diesem „Geburtstag“ war vor allem der
Stuhl zum Warten bis das Neugeborene
seine Eltern begrüßte. Beim Betrachten
des kleinen Wunders und der Familie
geriet ich ins Schwärmen bis ein leichtes Tippen auf meine Schulter und ein
Lächeln der Hebamme mich zurück­
holte.
Gemeinsam ließen wir die Geburt Revue passieren und reflektierten unser
Handeln im Team. Während die Hebamme mich bei der Dokumentation unterstützte, betrat die leitende Oberärztin beschwingt den Raum. Euphorisch
teilte sie uns mit, dass die Sectiorate in
diesem Jahr (2022) auf 13,3 % gesenkt
werden konnte.
In diesem Moment wurde mir wieder
bewusst, dass sich das vierte Studienjahr dem Ende neigt und schon bald die
Examensprüfungen anstehen. Doch ich
fühlte mich gestärkt, denn in der Ausbildung konnte ich originäres Hebammenwissen in unserem hebammen­
geleiteten Kreißsaal sowohl mit viel
Hingabe erleben als auch umsetzen.
­ eben der Unterstützung der Praxis­
N
anleiterinnen, Mentoren und Lehrerinnen waren die evidenzbasierten Standards im Kreißsaal sehr hilfreich beim
Erlernen einer sicheren und zugleich
individuellen Begleitung der Frauen/­
Eltern.
Doch viel Zeit bleibt mir nicht, um weiter in Gedanken zu schwelgen, denn es
ist Freitag – der Tag der wöchentlichen
Supervision. Das ist immer etwas ganz
Besonderes für mich, denn hier bleibt
für Ärzte, Hebammen und Hebammenstudentinnen Raum für Reflektionen,
eventuelle Kritik und vor allem für das
Setzen neuer Ziele. Ich bin erfreut als es
heißt, dass die Geburtenzahlen in diesem Jahr deutlich gestiegen sind. Aus
Befragungen wird ersichtlich, dass
unsere Klientinnen vor allem die
­
­kompetente Eins-zu-eins-Betreuung im
Kreißsaal und die weiterführende, umfassende Unterstützung auf der integrativen Wochenstation durch Hebammen
schätzen.
In diesem Moment bemerke ich ein leises Tuscheln direkt neben mir. Es sind
zwei Hebammen, die seit vielen Jahren
in unserer Klinik tätig sind und sich angeregt über die neuen Entwicklungen
der Haftpflichtversicherung unterhalten: „Es hat sich wirklich viel getan in
den letzten Jahren. Wenn ich da an die
Vergangenheit denke. In wenig Zeit soviel wie möglich schaffen zu müssen.
Endlich kann ich wieder von der Arbeit
leben.“ Ein Lächeln schleicht mir über
das Gesicht …
Ein plötzlicher Knall. Ich erschrecke,
meine Augen öffneten sich schlagartig.
Das Fenster vom Windstoß zugeklappt.
Alles ein Traum. Ich versuchte einen
klaren Gedanken zu fassen. Das erste,
was mir in den Sinn kommt, ist: „Wie
wird meine Zukunft wirklich aus­
sehen?“
Ich denke an die jetzige Situation: Haftpflichtprämien steigen ins Unermess­
liche, eine Eins zu Eins Betreuung ist
mit dem akuten Personalmangel kaum
vereinbar, Toleranz in allen Bereichen –
Fehlanzeige.
Trotzdem ich blicke hoffnungsvoll in die
Zukunft, denn in der Vergangenheit hat
sich vielfach bewiesen „Die Zukunft
bauen, heißt an der Gegenwart
­bauen.“ Denn die Geschichte der Hebammen soll nicht wie einst im Märchen
mit „Es war einmal“ enden.
Hebammen­
schülerinnen 2012
Diese Geschichte haben wir nach 2,5
Jahren Hebammenausbildung am Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe des Universitätsklinikums Magdeburg A. ö. R. geschrieben. In einer
Reflektionsrunde mit unseren Lehrerin-
Schultz, Zukunftsvisionen werdender Hebammen | die hebamme 2012
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Nach 2,5 Jahren Hebammenausbildung formulierten 12 werdende Hebammen ihre
Wunschvorstellungen für die Hebammenarbeit und die Praxiseinsätze während der Aus­
bildung in 10 Jahren.
Zukunftsvisionen – Geburtshilfe
nen für Hebammenwesen ließen wir
unsere aufregende Ausbildungszeit
Revue passieren und trugen unsere
­
vielschichtigen Gedanken zusammen.
Die Teilnahme am Nationalen Heb­
ammenkongress, den WeHe-Treffen
und zahlreichen berufspolitischen Aktionen eröffneten uns einen realistischen, aber auch hoffnungsvollen Blick
auf unsere Hebammenzukunft.
Das Erlebnis, als Teil einer
­Gemeinschaft für unsere Träume zu
kämpfen, hat uns Mut gemacht.
Auch wenn manche Entscheidungen
der Politik uns traurig und wütend machen. Kurz vor dem Examen können wir
sagen: wir haben zusammen geträumt,
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diskutiert, gelacht, gefeiert, gelernt, die
Achterbahn unserer Gefühle besprochen und uns nicht entmutigen lassen.
Wir haben viel über uns selbst erfahren
und sind daran gewachsen. Wir haben
begonnen, unsere (Hebammen-)Gefühle zu reflektieren, den Frauen und uns
zu vertrauen und die Verantwortung
als Hebamme langsam, aber sicher anzunehmen.
Ganz klar ist uns noch nicht, wie wir
unsere Hebammenträume mit der Realität der klinischen Geburtshilfe und
den hohen Versicherungsprämien für
die außerklinische Geburtshilfe in
Deutschland sowie unseren individuellen Lebensvorstellungen als Frau und
Mutter in Einklang bringen. Es stellt
sich nicht nur die Frage: Welchen Weg
Schultz, Zukunftsvisionen werdender Hebammen | die hebamme 2012
wollen wir als Hebamme gehen? sondern auch: Was können wir uns leisten?
Auf jeden Fall wollen wir gemeinsam weiter für das Recht der
Frauen, selbstbestimmt zu gebären
und dabei eine individuelle Begleitung
von Anfang an zu erfahren, eintreten,
damit die Hebammengeschichte nicht
mit „es war einmal“ endet.
Anschrift der Autorin:
Hebammenklasse H09
Alexandra Schultz
Ausbildungszentrum für Gesundheitsfachberufe am Universitätsklinikum
Magdeburg A. ö. R.
Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg
E-Mail: [email protected]
21.05.12 20:00
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