Heilige Schriften - Herbert-Quandt

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Lernen im Trialog
Heft 3
Clauß Peter Sajak (Hrsg.)
Heilige Schriften
Texte – Themen – Traditionen
Sekundarstufen I und II
Schulbuch

Lernen im Trialog
Heft 3
Heilige Schriften
Texte – Themen – Traditionen
Sekundarstufen I und II
Herausgegeben von:
Prof. Dr. Clauß Peter Sajak
Erarbeitet von:
Dorothee Herborn
Prof. Dr. Clauß Peter Sajak
Angela Legrum
Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke
Mit Beiträgen von:
Prof. Dr. Hanna Liss
Prof. Dr. Dr. Bernhard Lang
Bernd Ridwan Bauknecht
Prof. Dr. Lothar Kuld
Ein Projekt der Herbert Quandt-Stiftung

Bildquellenverzeichnis
Umschlag vorne, S. 64, S. 82, S. 84, S. 85: Heinrich Drescher/Verlagsarchiv Schöningh; S. 54 (beide): Dorothee Herborn/Verlagsarchiv
Schöningh; S. 63 Reinhild Kassing/Verlagsarchiv Schöningh; S. 68 (r.): © Jüdische Verlagsanstalt; S. 69 (l.): Nestle-Aland, Novum
­Testamentum Graece, 27., revidierte Auflage, hg. v. Barbara Aland, Kurt Aland, Johannes Karavidopoulos, Carlo M. Martini und Bruce M.
Metzger in Zusammenarbeit mit dem Institut für Neutestamentliche Textforschung, Münster, © 1993 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart;
S. 69 (r.): Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift © 1980 Katholische Bibelanstalt, Stuttgart; S. 70 (l.): Der Koran. Staatsdruckerei Bulaq,
Ägypten; S. 70 (r.): Der Koran. Vollständig und neu übersetzt von Ahmad Milad Karimi. Hrsg. von Bernhard Uhde © Verlag Herder GmbH,
Freiburg i. Br. 2014, S. 103; S. 74 (l.o.): Foto Herlich; S. 74 (r.M.): © Edmund Deppe; S. 74 (l.u.): © FRIEDRICH STARK; S. 75 (l.o.): Gustavo
Alabiso / VISUM; S. 75 (r.M.): Caro / Trappe; S. 75 (l.u.): www.roggenthin.de; S. 78: © JiSign - Fotolia.com; weitere: Verlagsarchiv Schöningh
Sollte trotz aller Bemühungen um korrekte Urheberangaben ein Irrtum unterlaufen sein, bitten wir darum, sich mit dem Verlag in Verbindung zu setzen, damit wir eventuell erforderliche Korrekturen vornehmen können.
In der Reihe „Lernen im Trialog“ ist bereits erschienen:
Heft 1: Gotteshäuser. Entdecken – Deuten – Gestalten.
Best.-Nr.: 053650
Heft 2: Feste feiern. Jahreszeiten – Mahlzeiten – ­Lebenszeiten.
Best.-Nr.: 053651
Die Reihe wird mit einem Heft zum Thema „Mensch und
Schöpfung“ fortgesetzt.
© 2015 Bildungshaus Schulbuchverlage
Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH
Braunschweig, Paderborn, Darmstadt
www.schoeningh-schulbuch.de
Schöningh Verlag, Jühenplatz 1 – 3, 33098 Paderborn
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Druck A 5 4 3 2 1 / Jahr 2019 18 17 16 15
Alle Drucke der Serie A sind im Unterricht parallel verwendbar.
Die letzte Zahl bezeichnet das Jahr dieses Druckes.
Umschlaggestaltung: Nora Krull, Bielefeld; Umschlagillustration: Heinrich Drescher, Münster
Druck und Bindung: westermann druck GmbH, Braunschweig
ISBN 978-3-14-053652-3

Inhaltsverzeichnis
Zum Schulenwettbewerb „Trialog der Kulturen“ Zur Heftreihe „Lernen im Trialog“ 4
6
I. Informationen für das trialogische Lernen 9
Unser Thema: Heilige Schriften. Texte – Themen – Traditionen 9
Zum Aufbau und zur Arbeit mit diesem Themenheft 13
Trialogische Perspektiven: Heilige Schriften 15
1. Die Heilige Schrift des Judentums: der TeNaK 15
2. Die Heilige Schrift des Christentums: die Bibel 20
3. Die Heilige Schrift des Islam: der Koran 26
4. H
eilige Schriften lesen: TeNaK, Bibel und Koran aus didaktischer Perspektive 33
II. Praxisbeispiele für die interreligiöse Projektarbeit 37
Standards und Kompetenzen für das trialogische Lernen 37
Zum Thema: Heilige Schriften. Texte – Themen – Traditionen 40
Baustein 1: Texte: Basiswissen zu Heiligen Schriften erschließen 40
Baustein 2: Themen: Gestalten aus Heiligen Schriften untersuchen 48
Baustein 3: Traditionen: Literatur zu Heiligen Schriften gestalten 55
Material:
M1: Lernstation: Heilige Schriften im Trialog 62
M2: Meditative Impulse aus den Heiligen Schriften 79
M3: Biblischen und koranischen Personen begegnen 82
M4: Mein Koffer 83
M5: Aufgabenkatalog „Lesetagebuch“ zu Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ 86
III. Glossar der wichtigsten Begriffe für den Trialog der Religionen IV. Empfohlene Literatur für das Lernen im Trialog 87
95
3
Zum Schulenwettbewerb „Trialog der K
­ ulturen“
Zum Schulenwettbewerb „Trialog der
­Kulturen“
Bernadette Schwarz-Boenneke
Die Thora, die Bibel und der Koran werden von den fundamentalistischen Angehörigen ihrer Religion verwendet, um damit eine bestimmte Position als die
einzig Wahre darzustellen. So finden christliche Kreationisten zum Beispiel in
der Bibel den – auch naturwissenschaftlich zu verstehenden – Beweis für eine
Schöpfung der Welt in sieben Tagen. In den anderen Religionen lassen sich dafür ähnliche und weitere Beispiele nennen. Das Grundprinzip ähnelt sich, denn
immer wieder wird die Heilige Schrift als unumstößliches und nicht mehr erklärungsnötiges Argument für das eigene Handeln oder die eigene Einstellung
genommen. Richtig ist, dass Heilige Schriften immer zugleich Ausdruck des eigenen Glaubens und Orientierung für das eigene Leben waren und sind. Diskutiert aber wurde und wird in allen Religionen, wie mit dem Text kritisch umgegangen und wie und ob er interpretiert werden kann und muss.
Die Heiligen Schriften der Religionen sind dokumentierte und durch die Zeit
tradierte Zeugnisse gelebten Glaubens. Mehr noch: Sie sind selbst Wort und
Offenbarung Gottes. Damit unterscheiden sie sich von allen anderen religiösen
Werken, die jede Tradition zu bieten hat. Die Bedeutung dieser Texte für Gläubige ist vielen Zeitgenossen heute fremd. Umso wichtiger ist es, diese Relevanz
zu erschließen, einen Umgang mit diesen Büchern zu vermitteln und eine kritische Auseinandersetzung damit zu ermöglichen.
Gerade die Schule ist ein Ort, an dem junge Menschen aus unterschiedlichen
Zusammenhängen tagtäglich miteinander lernen und leben. Sie bietet eine
gute Voraussetzung dafür, interkulturelle und interreligiöse Kompetenzen zu
fördern und eine gemeinsame Basis für unsere künftige Gesellschaft zu legen.
Wie aber kann man interkulturelles und interreligiöses Lernen spannend ins
Klassenzimmer bringen? Wie lassen sich Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulformen sowie Altersstufen ansprechen und für andere Religionen
und Kulturen interessieren?
Lernen im Trialog:
eine neues Konzept
Die Reihe „Lernen im Trialog“ bietet Ihnen Ideen für kreative und schülergerechte Projekte und Unterrichtseinheiten zu den drei Religionen Judentum,
Christentum und Islam. Das vorliegende Heft „Heilige Schriften. Texte – Themen – Traditionen“ widmet sich den Heiligen Schriften in Judentum, Christentum und Islam. Ein jüdischer, christlicher und muslimischer Experte stellt die
Bücher vor und erläutert den konkreten Umgang mit dem Buch in der Lebensund Glaubenspraxis. Alle Beiträge enden mit pädagogischen Hinweisen für die
schulische Arbeit.
Unterrichtsideen
aus der Praxis
Alle in diesem Heft vorgestellten Projektideen sind praxiserprobt. Schulen unterschiedlicher Schulformen und Jahrgangsstufen haben sie im Rahmen des
„Trialog der Kulturen“-Schulenwettbewerbs1 entwickelt. Seit 2005 haben an
die 200 Schulen aus verschiedenen Bundesländern an dem interkulturellen und
projektorientierten Wettbewerb teilgenommen. Ein Schuljahr lang beschäftigen sich die Teilnehmer mit Gemeinsamkeiten und Unterschieden der drei mo1
Weitere Informationen zum Wettbewerb und die aktuelle Ausschreibung finden Sie unter
www.trialog-schulenwettbewerb.de.
4
Zum Schulenwettbewerb „Trialog der K
­ ulturen“
notheistischen Kulturtraditionen. Die Projekte verbinden nicht nur die drei Religionen miteinander. Sie weiten den Blick über den Religionsunterricht hinaus,
finden z. B. Anknüpfungspunkte in Kunst-, Geschichts- oder Sprachenunterricht. Auch verbinden sie die Schule mit externen Lernorten und öffnen sie zum
Stadtteil hin. Aus diesem reichen Fundus erfolgreicher Wettbewerbsbeiträge
schöpft die Heftreihe „Lernen im Trialog“.
Doch aus den kreativen Leistungen der Schulen lassen sich nicht nur spannende
Unterrichtskonzepte gewinnen. Zusätzlich hat der Herausgeber dieser Reihe im
Auftrag der Herbert Quandt-Stiftung erstmalig interkulturelle und interreligiöse
Bildungsstandards aus den Schulprojekten abgeleitet.2 Die dabei definierten
Kompetenzen sollen interkulturelle Lerninhalte verstärkt auf die Agenda von
Bildungspolitik und Schulpraxis setzen. Noch mehr aber können sie Lehrerinnen
und Lehrern als Orientierungspunkt und Richtschnur dienen, welche Fähigkeiten ihre Schülerinnen und Schüler im Prozess des interkulturellen und interreligiösen Arbeitens erwerben sollten.
Standards für das
trialogische Lernen
Ein weiterer, aus der schulischen Praxis erwachsener Beitrag der Herbert QuandtStiftung für interkulturelles Lernen und Arbeiten ist das deutschlandweit erste
Kinderfunkkolleg3, produziert vom Hessischen Rundfunk. In zehnminütigen
Sendungen erklären Kinder zwischen sieben und dreizehn Jahren Gleichaltrigen, warum sie fasten, wieso sie glauben, wie sie beten und was es in einer Synagoge, Moschee oder Kirche zu entdecken gibt. Die Podcasts sowie begleitende Arbeitsmaterialien werden vielseitig im Unterricht eingesetzt.
Kinderfunkkolleg
„Trialog der Kulturen“
Nun aber wünsche ich Ihnen vielfältige Anregungen für Ihre Arbeit in der Schule. Ich hoffe, Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler mit diesem Heft neugierig
auf die verschiedenen Religion und Kulturen zu machen.
2
Siehe S. 8.
Die Podcasts, Arbeitsmaterialien und medienpädagogische Anregungen finden Sie unter
www.kinderfunkkolleg-trialog.de. [12.12.2014]
3
5
Zur Heftreihe „Lernen im Trialog“
Zur Heftreihe „Lernen im Trialog“
Clauß Peter Sajak
„Trialog der Kulturen“Schulenwettbewerb
Interreligiöse und interkulturelle Kompetenz zeigt sich nicht nur als Sachwissen
über den Glauben, die Religion und die Kultur von anderen Menschen, sondern
als Handlungsfähigkeit in der konkreten Situation der Begegnung mit Zeuginnen, Zeugen und Zeugnissen anderer Kulturen und Religionen. Der „Trialog
der Kulturen“-Schulenwettbewerb der Herbert Quandt-Stiftung hat sich zum
Ziel gesetzt, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, in angemessener Weise
mit dem Glauben, der Religion und der Kultur anderer umzugehen. In diesem
Themenheft der Publikationsreihe „Lernen im Trialog“ werden besonders gelungene Projekte aus dem Bereich des trialogischen Lernens vorgestellt und zur
Nachahmung empfohlen. Nachdem wir vor vier Jahren die ersten fünf Wettbewerbsrunden in der Publikation „Trialogisch lernen“1 dokumentiert haben, wollen wir in dieser Reihe gelungene Wettbewerbsbeiträge für die konkrete Arbeit
in der schulischen Praxis empfehlen und öffentlich zugänglich machen. Dabei
steht für uns die Frage im Mittelpunkt, an welchen Themen und Phänomenen
des religiösen Lebens sich Gespräche, Auseinandersetzungen und Lernprozesse
im Bereich interreligiöser Bildung entwickeln. Aus den Antworten wurden vier
Themenhefte konzipiert: Das erste Heft widmet sich den religiösen Gebäuden
der abrahamischen Religionen – Stichwort: Sakralbauten.2 Das zweite Heft befasst sich unter dem Titel „Feste feiern“ mit den Jahreszyklen im Judentum,
Christentum und Islam und den damit verbundenen Feste und Feiern.3 Das
vorliegende dritte Heft wendet sich nun den Heiligen Schriften der drei Religionen zu und will Schülerinnen und Schüler befähigen, sich in konstruktiver und
kreativer Weise mit den Offenbarungszeugnissen von Juden, Christen und Muslimen auseinanderzusetzen. Das vierte, noch ausstehende Themenheft wird
den Titel „Mensch und Schöpfung“ tragen und den Menschen sowie seinen
Umgang mit den Ressourcen aus Sicht der drei abrahamischen Religionen diskutieren. Damit sind nicht alle religionswissenschaftlich relevanten Themen angesprochen, aber die für Schülerinnen und Schüler bedeutsamen.
Prozess des Austauschs
und des Verstehens
Studien aus dem Bereich des interreligiösen und interkulturellen Lernens zeigen, dass eine angemessene Begegnung zwischen den Schülerinnen und Schülern verschiedener Religionen und Kulturen nur möglich ist, wenn das kulturell
oder religiös Trennende nicht aufgehoben oder aufgelöst wird, sondern als Unterscheidendes stehen bleibt. Nur so kann das Fremde zur Identitätsentwicklung der Schülerinnen und Schüler beitragen. Folglich gilt es, den Austausch
und das Verständnis zu fördern, welche den Umgang mit dem Neuen bzw.
Anderen im interreligiösen Lernprozesse ermöglichen. Ziel allen interreligiösen
und interkulturellen Lernens ist es, fremde Religionen in ihrer Andersartigkeit zu
akzeptieren, anzuerkennen und durch Begegnungen zu einem besseren Verständnis zu gelangen. Dieses Verständnis verändert den Standpunkt und die
Perspektive der Schülerinnen und Schüler, sodass sie ihre Unsicherheiten, Ängste und Aggressionen gegenüber anderen Religion und Kulturen ablegen und
1
Clauß Peter Sajak (Hg.): Trialogisch lernen. Bausteine für die interkulturelle und interreligiöse Projektarbeit,
Seelze 2010.
2
Ders. (Hg.): Gotteshäuser. Entdecken – Deuten – Gestalten (Lernen im Trialog. Bausteine für interreligiöse und
interkulturelle Lernprojekte), Paderborn 2012.
3
Ders. (Hg.): Feste feiern. Jahreszeiten – Mahlzeiten – Lebenszeiten (Lernen im Trialog. Bausteine für inter­
religiöse und interkulturelle Lernprojekte 2), Paderborn 2013.
6
Zur Heftreihe „Lernen im Trialog“
zu einem abgeklärten und reflektierten Standpunkt in Sachen Religion gelangen. Im Rahmen des „Trialog der Kulturen“-Schulenwettbewerbs haben Schülerinnen und Schüler in beeindruckender Weise gezeigt, wie sich interreligiöse
und interkulturelle Kompetenzen entdecken, zeigen und weiterentwickeln lassen.
In der wissenschaftlichen Nachbereitung der Wettbewerbsbeiträge haben wir
deshalb versucht, diese Kompetenzen zu sichten und zu kategorisieren: Was
genau haben die Schülerinnen und Schüler in den verschiedenen Projekten der
Wettbewerbsschulen gelernt? Was haben sie an Kompetenzen, also in der Sprache der Bildungswissenschaft, an Problemlösefähigkeiten im Bereich der abrahamischen4 Religionen und der mit ihnen verbundenen Kultursysteme hinzugewonnen? Im Gegensatz zu den katholischen, evangelischen, jüdischen und
muslimischen Standards religiöser Bildung lassen sich aus den „Trialog“-Schulen Standards für die interreligiöse und interkulturelle Bildung5 erheben, die
tatsächlich in der schulischen Praxis von Schülerinnen und Schülern erreicht
und erfüllt worden sind. Wir sind also den umgekehrten Weg gegangen.
interreligiöse und
interkulturelle
­Kompetenzen
Die im Folgenden ausgeführten Standards für das trialogische Lernen sind formale Beschreibungen von Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler der
Wettbewerbsschulen konkret und in einer für die Jury erkennbaren und überprüfbaren Weise gezeigt und ausgewiesen haben.
4
In der Diskussion um die genaue Definition des Begriff „abrahamisch/abrahamitisch/abrahamistisch“ folgen
wir auch in dieser Publikation Küng/Kuschel. Vgl. Hans Küng: Projekt Weltethos, München 1990 und
Karl-Josef Kuschel: Streit um Abraham. Was Juden, Christen und Muslime trennt – und was sie eint, Düsseldorf 2011.
5 Zur Begrifflichkeit: Interkulturelles wie interreligiöses Lernen sind nicht identisch, sie zielen aber beide auf eine
angstfreie, wertschätzende und reflektierte Auseinandersetzung mit dem Fremden, in der die eigene Identität
gestärkt und ein wirklicher Dialog mit dem anderen möglich wird. In diesem Lernzielhorizont richtet das
interreligiöse Lernen seinen Fokus auf das Feld der Religion (Jürgen Baumert: Modus der konstitutiven
Rationalität), während das interkulturelle Lernen seinen Blick auf das Feld der Kultur mit all seinen Phänomenen richtet (Jürgen Baumert: Modus der ästhetisch-expressiven Rationalität). In diesem Sinne verschränken
sich interreligiöses und interkulturelles Lernen, ohne dass das eine dem anderen unter- oder überzuordnen
wäre (vgl. Clauß Peter Sajak: Kippa, Kelch, Koran. Interreligiöses Lernen mit Zeugnissen der Weltreligionen.
Ein Praxisbuch, München 2010, S. 17 – 19).
7
Zur Heftreihe „Lernen im Trialog“
Kompetenzbereich 1: Die Relevanz erkennen
Kompetenz 1.1: Schülerinnen und Schüler stellen die Bedeutung der drei abrahamischen Religionen für die europäische Kulturgeschichte dar.
Kompetenz 1.2: Schülerinnen und Schüler nehmen Zeichen, Zeugnisse und
Zeugen der abrahamischen Religionen und Traditionen bewusst wahr.
Kompetenzbereich 2: Den Dialog fördern
Kompetenz 2.1: Schülerinnen und Schüler zeigen die Bedeutung von Religion als
grundlegendes kulturelles, gesellschaftliches Phänomen auf.
Kompetenz 2.2: Schülerinnen und Schüler nehmen konstruktiv am Dialog teil und
leisten einen Beitrag zur zwischenmenschlichen Verständigung.
Kompetenzbereich 3: Den Anderen anerkennen
Kompetenz 3.1: Schülerinnen und Schüler setzen sich mit Konfessionen, Religionen
und Weltanschauungen anderer Kinder und Jugendlicher auseinander.
Kompetenz 3.2: Schülerinnen und Schüler begegnen Menschen anderer kultureller
und religiöser Kontexte mit Respekt, Interesse und Wertschätzung.
Kompetenzbereich 4: Die eigene Identität weiterentwickeln
Kompetenz 4.1: Schülerinnen und Schüler setzen sich mit ihrem eigenen Glauben
und ihrer eigenen Weltanschauung auseinander.
Kompetenz 4.2: Schülerinnen und Schüler nehmen einen begründeten Standpunkt
in ihrer eigenen Konfession, Religion oder Weltanschauung ein.
Kompetenzbereich 5: Über die Schule hinaus wirken
Kompetenz 5.1: Schülerinnen und Schüler eröffnen Perspektiven des abrahamischen Trialogs für Schulprofil und -gemeinschaft.
Kompetenz 5.2: Schülerinnen und Schüler entwickeln Formen der Verständigung
und der Zusammenarbeit mit außerschulischen Institutionen und ihrem lokalen
Umfeld.
Alle Wettbewerbsbeiträge, auf die die Projektideen dieser Publikationsreihe zurückgehen, haben sich als in besonderer Weise geeignet gezeigt, Schülerinnen
und Schüler beim Erwerb dieser Kompetenzen zu unterstützen.
8
I. Informationen für das trialogische Lernen 
I
Informationen für das trialogische Lernen
Unser Thema: Heilige Schriften.
Texte – Themen – Traditionen
Clauß Peter Sajak
Der vorliegende dritte Band unserer Reihe „Lernen im Trialog“ ist den sogenannten Heiligen Schriften in den abrahamischen Religionen gewidmet. In Anlehnung
an die klassische Definition von Gustav Mensching verstehen wir dabei Heilige
Schriften als die „zu einem Kanon zusammengefassten religiösen Schriften mit
religiöser Autorität“1, die in Judentum, Christentum und Islam jeweils zu einem
Heiligen Buch zusammengefasst worden sind: die hebräische Bibel, die christliche Bibel und der Koran. Auch wenn sich die Definition Heiliger Schriften durchaus variieren und ausweiten lässt, hat Mensching doch in seiner klassischen Formel den Kern und das Wesen einer Heiligen Schrift genau getroffen. Es geht um
Bücher, in denen die religiösen Traditionen einer Glaubensgemeinschaft dokumentiert, überliefert und verpflichtend gemacht worden sind. Dabei lassen sich
in den Heiligen Schriften aller Religionen bestimmte Kategorien einer so tradierten Autorität wiederfinden, z. B. Mythen und Sagen über die Schöpfung der
Welt, Legenden über die Gründergestalten der Religionsgemeinschaft, zentrale
Texte über die Offenbarung Gottes gegenüber ausgewählten Personen, aber
auch Formeln und Gebete sowie gesetzliche Vorschriften für Kult und Ritus.2
Heilige Schriften sind
religiöse Schriften mit
normativer Autorität
Im Islam, der als jüngste der drei abrahamischen Religionen erst im Laufe des 7.
Jahrhunderts nach christlicher Zeitrechnung entstanden ist und der in der Heiligen Schrift des Koran auf die jüdische und christliche Bibel zurückgreift, werden Juden und Christen deshalb als „Menschen der Schrift“ (Sure 5:44 – 48)
bezeichnet. Damit bringt der Koran zum Ausdruck, dass sich Juden, Christen
und Muslime auf die Offenbarungen des einen Gottes berufen, der sich im Laufe der Jahrhunderte verschiedenen ausgewählten Menschen gezeigt und zu
ihnen gesprochen hat. Entsprechend verstehen Muslime den Propheten Muhammad, dem Gott über zwei Jahrzehnte in verschiedenen Offenbarungen seine Weisungen in Visionen kundgetan haben soll, als Abschluss einer langen
prophetischen Tradition. Dies ist der Grund, warum sich in den 114 Suren des
Korans, auf den sich die Muslime als ihr Offenbarungsdokument beziehen, eine
Vielzahl von Geschichten und Personen vorkommt, die sich so auch in der jüdischen wie christlichen Bibel finden lassen. Ein noch engerer Zusammenhang
besteht zwischen der hebräischen und der christlichen Bibel. Als hebräische Bibel wird die Zusammenstellung der fünf Bücher Mose, der Prophetenbücher
und der sogenannten Weisheitsschriften im Judentum verstanden. Juden selbst
sprechen vom sogenannten TeNaK, ein Akronym, das für die Kombination von
Thora (das Gesetz Mose), Nebiim (die Propheten) und Ketubim (die Weisheitsschriften) steht. Das Christentum wiederum, dessen Ursprünge in der Samm-
Die Schriften der
Buchreligionen
1
2
Gustav Mensching: Das heilige Wort. Eine religionsphänomenologische Untersuchung, Bonn 1937, S. 79.
Udo Tworuschka: Vom Umgang mit heiligen Schriften, in: ders. (Hg.), Heilige Schriften. Eine Einführung,
Frankfurt a. M./Leipzig 2008, S. 11 – 49, hier: S. 15 f.
9
I. Informationen für das trialogische Lernen 
lungsbewegung des jüdischen Wanderpredigers Jesus von Nazareth liegen, hat
entsprechend diese jüdische Bibel als ursprüngliche Heilige Schrift und als Referenzdokument für die jesuanische Lehre verstanden. So ist die Verkündigung Jesu,
die wir heute als sogenannte Reich-Gottes-Botschaft bezeichnen und aus der
dann in den folgenden Jahrhunderten die christliche Kirche und die Weltreligion
des Christentums entstanden ist, nur zu verstehen, wenn die ständigen Bezugnahmen und Auslegungen Jesu zu den Texten des TeNaK in den Blick genommen
werden. Erst später, nämlich ungefähr 100 Jahre nach dem gewaltsamen Tod des
Jesus von Nazareth am Kreuz in Jerusalem und dessen von seinen Anhängern
verkündeten wundersamen Auferstehung, sind weitere Schriften zum Korpus der
jüdischen Bibel hinzugetreten, die für Christen normativen Charakter bekommen
haben. Hier sind vor allem die vier sogenannte Evangelien (von griech. eu angelion = frohe Botschaft) zu nennen, die bis heute den gewichtigsten Teil der christlichen Bibel ausmachen. Diese Evangelien versuchen aus einer nachösterlichen
Perspektive das Leben des Wanderpredigers Jesus von Nazareth als die Menschwerdung Gottes in dieser Welt zu deuten und zu bezeugen. In den Evangelien
erscheint Jesus von Nazareth als der Christus (= der Gesalbte), also jener jüdische
Messias, dessen Kommen in den Schriften der jüdischen Bibel verheißen worden
ist. Neben den Evangelien umfasst die christliche Bibel vor allem Briefe aus der
Zeit der frühen Gemeindebildung. Diese Briefsammlung wird als Corpus Paulinum bezeichnet, weil sie sich maßgeblich aus Briefen des Apostels Paulus bzw.
aus Briefen von Paulusschülern besteht und zusammensetzt. Die vier Evangelien,
das Corpus Paulinum, die Apostelgeschichte sowie eine apokalyptische Endzeitdichtung, die sogenannte Offenbarung des Johannes, bilden zusammen den
zweiten Teil der christlichen Bibel. In der christlichen Tradition hat sich die Bezeichnung Altes Testament für diesen ersten, mit der jüdischen Bibel identischen
Teil und Neues Testament für die hinzugekommene christliche Sammlung von
Schriften durchgesetzt. Der Begriff „Testament“ leitet sich vom lateinischen Wort
Testamentum ab, das als Übersetzung des hebräischen Begriffes Berit (Bund) zu
verstehen ist. Dabei wird auf die sogenannten Einsetzungsworte Jesu Bezug genommen, die in allen vier Evangelien und im 1. Korintherbrief des Apostels Paulus
überliefert sind. Jesus spricht hier von einem Neuen Bund, den er durch seinen
Tod und seine Auferstehung stiften will. Er soll auf dem Alten Bund, den der Gott
Israels mit Abraham und Mose geschlossen hat, aufbauen. Inzwischen hat sich in
der christlichen Theologie auch die Rede von dem sogenannten Ersten und Zweiten Testament etabliert, um die Kontinuität zwischen jüdischen und christlichen
Schriften im Korpus der christlichen Bibel zu betonen und einer etwaigen Deutung des Alten Testaments als überholt oder überkommen entgegenzutreten.
Heilige Schriften
im Kontext von
heiliger Lehre und
heiligen Personen
Der enge historische wie inhaltliche Zusammenhang zwischen TeNaK, Bibel und
Koran ist einer der Gründe, warum Judentum, Christentum und Islam nicht nur
als sogenannte abrahamische Religionen zusammengefasst (alle drei Religionen
gründen sich auf Abraham als ihren Stammvater), sondern auch als kontinuierliche auslegende Fortschreibung der hebräischen Bibel gelesen werden. Aus dieser Perspektive kann dann die Ausdifferenzierung der asiatisch-weisheitlichen
Religionen von Buddhismus, Konfuzianismus und Taoismus analog als Entfaltung
des buddhistischen Tripitaka verstanden werden kann.3 Dabei ist zu beachten,
dass die Heiligen Schriften in den weisheitlichen Religionen des Fernen Ostens
eher eine untergeordnete Rolle spielen. Hier steht die Lehre selbst im Zentrum
des religiösen Traditionsprozesses. Auch zwischen den drei abrahamischen Religi3
10
Carsten Colpe: Sakralisierung von Texten und Filiationen von Kanons, in: Aleida und Jan Assmann (Hgg.),
Kanon und Zensur, München 1987, S. 80 – 92.
I. Informationen für das trialogische Lernen  
onen gibt es einen bedeutsamen Unterschied: Während Juden und Muslime ihre
Heiligen Schriften, also den TeNaK und den Koran als offenbartes Wort und Weisung Gottes an ausgewählte Menschen, nämlich die Propheten, verstehen, hat
das Christentum insofern einen besonderen Akzent, als dass in seinem Heiligen
Buch von Jesus, dem Christus, berichtet wird. Dieser ist als Mensch gewordener
Gottessohn die Offenbarung Gottes selbst und erhält damit einen offenbarungstheologischen Status, der dem wortwörtlichen Wort Gottes im Koran entspricht.
Dies hat den evangelischen Theologen und Religionswissenschaftler Nathan Söderblom zu der einschlägigen Formel angeregt: „Was die Lehre für den Buddhismus und der Koran für den Islam ist, das ist die Christiperson für das Christentum.“4
Gerade der Vergleich mit den fernöstlichen Weisheitsreligionen macht deutlich,
welche besondere Bedeutung die Heiligen Schriften in den sogenannten Buchreligionen besitzen. Will man Kinder und Jugendliche also befähigen, sich in angemessener Weise mit Judentum, Christentum und Islam auseinanderzusetzen, so
ist es unabdingbar, dass sie lernen, die Heiligen Schriften aller drei Religionen in
ihren Gemeinsamkeiten, aber auch in ihren entscheidenden Unterschieden wahrzunehmen, aufzunehmen und zu reflektieren. Dies ist das Thema dieses Heftes.
Dabei geht es uns nicht nur darum, im Sinne eines Bibelwissens bzw. bibel- oder
korankundlichen Wissens Informationen aus dem Bereich der sogenannten Einleitungswissenschaft oder Bücherkunde an Schülerinnen und Schüler zu vermitteln. Vielmehr soll es in den hier vorgestellten Unterrichts- und Projektvorschlägen darum gehen, sie zu befähigen, sich in einer produktiven und kreativen
Weise mit den Glaubensurkunden auseinanderzusetzen, um so zu verschiedenen,
für die religiöse Entwicklung bedeutsamen Kompetenzen und Haltungen zu gelangen. Um deutlich zu machen, dass es nicht nur um die Rezeption biblischer
und koranischer Texte in ihrer überlieferten Gestalt geht, sondern um eine schülerbezogene kreative Erschließung dieser Schriften sowie um eine Auseinandersetzung mit Traditionen und Rezeptionen biblischer und koranischer Gestalten,
haben wir unser Themenheft in drei große Abschnitte gegliedert.
Heilige Schriften lesen
und verstehen
1. Basiswissen zu Heiligen Schriften erschließen: Im Projekt der Augustinerschule Friedberg, das den Titel „Wurzeln im Garten der Welt“ trägt, haben
Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines klassischen Stationen-Lernens die
wichtigsten Informationen zu den Heiligen Schriften in den abrahamischen Religionen selbst zusammengestellt und aufgearbeitet, um so Fähigkeiten und
Fertigkeiten im Umgang mit den Heiligen Schriften zu entwickeln sowie die
unterschiedlichen Offenbarungsverständnisse im Spannungsfeld von Inkarnation und Inlibration zu verstehen, exegetische und hermeneutische Methoden
der Bibelinterpretation einzuüben und trialogische Bezüge zwischen TeNaK,
Bibel und Koran herzustellen. Ergänzt wird dieses materialreiche Projekt durch
die „Schüler-Ethikkommission“ der Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg,
die eine synoptische Zusammenschau der Urgeschichten in TeNaK, Bibel und
Koran zum Thema Menschenbild erarbeitet und präsentiert hat, in der vor allem
die Texte zur Schöpfung der Welt, der Sündenfall und die Sintflut-Erzählung
entsprechend untersucht wurden. Außerdem finden Sie in diesem ersten Baustein das Projekt der August-Bebel-Gesamtschule in Wetzlar, das unter dem Titel
„Miteinander auf dem Weg“ Jugendliche zu einem multireligiösen Pilgerweg
ermutigt hat, der auf dem traditionellen Jakobsweg angesiedelt worden ist und
bei dem die Jugendlichen Geschichten aus Bibel, TeNaK und Koran in einer
performativ-existenzialen Auseinandersetzung erschlossen und interpretiert ha-
Texte
4
Nathan Söderblom: Einführung in die Religionsgeschichte, Leipzig 21928, S. 124.
11
I. Informationen für das trialogische Lernen 
ben. Dabei steht vor allem der Aspekt des „In die Fremde gehen …“ im Mittelpunkt, der auch mit Hilfe eines Lerntagebuchs entfaltet und meditiert wird.
12
Themen
2. Gestalten aus Heiligen Schriften untersuchen: Im Mittelpunkt dieses
Bausteins steht das Projekt der Ketteler-La Roche-Schule in Oberursel, in dem
sich Schülerinnen und Schüler mit den zentralen Gestalten in den Heiligen
Schriften von TeNaK, Bibel und Koran auseinandergesetzt haben. Dabei haben
die Jugendlichen die wichtigsten Gemeinsamkeiten von Josef, Mose, Adam, den
klassischen Propheten, Hiob, Maria und Jesus zusammengestellt, um dann an
der Zentralgestalt Abrahams die Verbindung der drei monotheistischen Religionen ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit zu rücken. Dabei kommen vor allem
bibliodramatische Methoden zum Einsatz, mit deren Hilfe das Thema Vorbildlernen für den schulischen Kontext entfaltet worden ist. Ergänzt wird dieses Projekt
durch einen Beitrag des Gymnasiums Traben-Trarbach, in dem das Buch Ruth
aus der hebräischen Bibel als Migrationsgeschichte gelesen wird, um so Verknüpfungen mit den aktuellen Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern heute herzustellen. Außerdem findet sich in diesem Baustein der Beitrag des Christian-von-Mannlich-Gymnasiums in Homburg an der Saar, der den Titel „Arche
Noah – Gemeinsam in einem Boot“ trägt. Hier geht es um kreative Erschließung
und Vertiefungsmethoden ausgehend von der Noah-Erzählung in TeNaK, Bibel
und Koran. „Meine Arche“ regt dazu an, Dinge, die Schülerinnen und Schülern
wertvoll sind, mit auf eine lange Reise zu nehmen und Perspektiven für das gelingende Miteinander der verschiedenen Religionen zu entwickeln.
Traditionen
3. Literatur zu Heiligen Schriften gestalten: Im Zentrum dieses Bausteins
steht die Rezeptionsgeschichte wichtiger biblischer Personen sowie Erzählungen im Verlauf der abendländischen Kulturgeschichte. Dabei ist es vor allem
die Figur des Nathan, die Gotthold Ephraim Lessing in seinem Theaterstück
„Nathan der Weise“ unsterblich gemacht hat, die die Schülerinnen und Schüler
auch heute noch beschäftigt. „Lessing in Lamboy“, ein Theaterstück der Tümpelgarten-Schule in Hanau, versucht genau das: Aufbauend auf der Lektüre von
Lessings Nathan-Drama erarbeiten Schülerinnen und Schüler ein breites Grundwissen über die drei abrahamischen Religionen und gestalten in der 8. Klasse
gegenwartsbezogene kurze Theaterstücke. Diese greifen die Fragestellung nach
Integration und Chancengleichheit ebenso auf wie die Herausforderung der
interreligiösen Begegnung, der Toleranz und des Miteinanders. Ergänzt wird
dieses Projekt durch einen Baustein aus der Oberstufe, den die Richard-MüllerSchule in Fulda vorgestellt hat: „Metamorphosen – Grenzüberschreitungen“
heißt das Projekt, in dem ausgehend von Lessings „Nathan der Weise“ nun
unter Einbezug anderer interkulturell relevanter Texte drei Dichter, nämlich ein
Jude, ein Christ und ein Muslim, in einem vielgestaltigen Theaterstück in ein
anspruchsvolles Gespräch gebracht werden. Außerdem findet sich in diesem
Baustein ein Projekt des Kollegs Schöneberg in Berlin, in dem unter der Überschrift „Bilder der anderen – der Umgang mit dem Fremden“ kulturelle und
religiöse Konflikte aufgenommen, dargestellt und diskutiert werden. Dabei wird
eine ganze Reihe von bedeutenden Texten der Gegenwartsliteratur und Auszügen aus zeitgenössischen Dramen integriert (z. B. „Verminte Zone“ von Pamela
Dürr und Max Frischs „Andorra“), aber auch Literatur des 19. Jahrhunderts, wie
Auszüge aus Goethes „West-östlichem Divan“ oder Gedichte von Heinrich
Heine. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Texten sollen Perspektiven für
ein friedliches Miteinander entwickelt und ein literarischer Kanon geschaffen
werden, in den Traditionen aus allen drei abrahamischen Religionen einfließen.
I. Informationen für das trialogische Lernen  
Zum Aufbau und zur Arbeit mit diesem
Themenheft
Alle Themenhefte unserer Reihe „Lernen im Trialog. Ideen für interreligiöse und
interkulturelle Lernprojekte“ richten sich an Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler, die lebendig, handlungsorientiert und lebenspraktisch
den drei Religionen begegnen wollen. Entsprechend sind alle Hefte analog aufgebaut:
In einem Theorieteil stellen jüdische, christliche und muslimische Wissenschaftler das Thema des Heftes aus der ihnen eigenen theologischen Perspektive
vor. Für die Anordnung der Beiträge haben wir die chronologische Entstehungsreihenfolge der drei Religionen als Schema verwendet. Grund dafür ist, dass die
christliche Bibel und der Koran auf der hebräischen Bibel aufbauen. Deswegen
eröffnet unser Themenheft ein Beitrag der Heidelberger Theologin Hanna Liss,
der sich der Vorstellung des jüdischen TeNaK widmet. Ihm folgt der Paderborner Bibelwissenschaftler Bernhard Lang, der in seinem Beitrag Aufbau und Inhalt der christlichen Bibel beschreibt. Der Bonner Religionspädagoge Bernd
Ridwan Bauknecht stellt den Koran als Offenbarungsurkunde des Islam vor.
Den Schlussstein bildet ein Beitrag von Lothar Kuld, Religionspädagoge an der
Pädagogischen Hochschule Weingarten, in dem aus religionsdidaktischer Perspektive der Stand der Debatte um TeNaK-, Bibel- und Korandidaktik referiert
wird.
Die theologisch-­
wissenschaftliche
Perspektive
Der Praxisteil bietet dann drei ausgewählte Beispiele zum Thema des Heftes,
die sich im Schulenwettbewerb der Herbert Quandt-Stiftung bewährt haben
und entsprechend ausgezeichnet worden sind. Diese bilden die Bausteine für
das interreligiöse und interkulturelle Lernen. Vorweg geschickt werden in der
Regel die didaktischen Ziele der Beiträge sowie eine Einordnung der Beispiele in
exemplarische Ländercurricula. Es folgen schließlich die einzelnen Bausteine
selbst, die im Folgenden ausführlich dargestellt und zur Nachahmung empfohlen werden. Dabei werden die Basisinformationen zum Best-Practice-Beispiel in
einem Kasten (Projekt) ausgewiesen:
Die praktische
­Umsetzung
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⦁⦁
Schulform
Beteiligte Fächer
Größe der Lerngruppe
Dauer des Projekts
Vorbereitungszeit
Methodische Großformen
Projekt
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I. Informationen für das trialogische Lernen 
Tipp
Idee
Achtung
Info
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Im Baustein selbst finden Sie an verschiedenen Stellen weitere Hinweiskästen, in
denen Sie Empfehlungen auf der Grundlage der Erfahrungen der Wettbewerbsschulen (Tipp), Anregungen für die Weiterarbeit über die Best-Practice-Beispiele
hinaus (Idee), Warnungen vor Fallstricken, Schwierigkeiten und Konflikten
(Achtung) sowie schließlich Ideen für die vertiefende Lektüre bzw. für Materialsammlungen und Online-Plattformen (Info) finden. Zur besseren Handhabung
haben wir die Projekt- und Tipp-Kästen in den Text integriert, Idee-, Achtungund Info-Kästen finden sich dagegen am Seitenrand. Am Ende der Bau­
steinbeschreibungen sind Materialien wie Arbeits- und Aufgabenblätter.
Die Arbeitshilfe selbst schließt mit einem umfangreichen Glossar, in dem die
wichtigsten Begriffe der Arbeitshilfe erklärt und aufgelistet sind, und mit einem
Literaturverzeichnis, das die wichtigsten einschlägigen Publikationen zum interreligiösen Lernen ausweist.
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