V I V A G A I A 2015 7 . – 10. M A I Ein Festival feiert das pure Leben P R O G R A M M LEBENSFREUDE. MIT MUSIK. ALLES DRIN. TT. Wir wissen, wo die Musik spielt. Darum sind wir beim Gaia-Musikfestival live dabei. Welche international bekannten Musiker hier auf welche Schweizer Künstler treffen und welches Konzertambiente dabei herauskommt, lesen Sie im TT Thuner Tagblatt – Ihrer Tageszeitung aus Thuner Sicht. Für alle, die Leidenschaft, Nähe und Austausch nicht nur beim Festival erwarten, sondern auch in der täglichen Regionalberichterstattung. abo.thunertagblatt.ch. 2 WILLKOMMEN zum siebten GAIA Musikfestival – und zugleich zum ersten GAIA Musikfestival Oberhofen Willkommen 4 Composer in Residence Interview mit Daniel Schnyder 6 KONZERTPROGRAMM 9 Freitag, 8. Mai, 20 Uhr Klösterli Oberhofen 10 Samstag, 9. Mai, 20 Uhr Klösterli Oberhofen 14 Sonntag, 10. Mai, 11 Uhr Klösterli Oberhofen 18 Sonntag, 10. Mai, 17 Uhr Schloss Oberhofen 22 K Ü N S T L E R P O R T R ÄT S 26 Elemente Freunde von GAIA 34 Das ist GAIA Impressum 35 Wir danken 36 3 V I VA G A I A Ein Hoch auf das Leben! GAIA stösst mit Ihnen auf Ihr Glück an und präsentiert ein Programm voller Leben – Musik, die Freude versprüht, den Alltag verblassen lässt, die zu Tränen rührt, zum Tanzen bewegt oder mit ihrem Lachen ansteckt, die die Möglichkeit bietet zu einer Reise durch Gefühle und Gedanken. Als ich die siebte Ausgabe des Festivals vorbereitete, dachte ich über Vergänglichkeit und Ewigkeit nach, und mich faszinierte die Verbindungen zwischen beiden. So kam ich auf die Idee, einen Komponisten einzuladen, der in seiner Musik Vergangenheit und Zukunft verknüpft. Dass dies Daniel Schnyder sein sollte, lag auf der Hand – ich musste nur mein Instrument anschauen, eine über 250 Jahre alte Violine, die von ihm in seinem Stück «STRAD» mit viel Witz beschrieben wird. Im selben Konzert wie dieses Stück und die Premiere von «Mensch Blue» hören Sie die berühmten Themen von Schuberts unsterblichem «Der Tod und das Mädchen». Geschrieben im 18. Jahrhundert, als die Haltung zum Tod optimistischer war als heute und er noch kein Tabu darstellte, wird der Tod als Freund gezeichnet, der keine Angst macht, sondern sie uns nimmt. Zum Leben gehört Lernen. Die russischen Komponisten, denen das SamstagabendKonzert gewidmet ist, hinterliessen uns nicht nur ihr Werk, sondern sie liessen auch ihr Licht in die Kompositionen ihrer Schüler weiterscheinen, in die kühlen Melodien aus Strawinskys «Feuervogel» ebenso wie in die Hitze von Skrjabins «Vers la flamme» – wobei das krönende Feuerwerk Sergei Tanejew überlassen bleibt, dem Lehrer von Medtner und Skrjabin. 4 Inspiration verbindet alle Komponisten unseres Sonntagmorgens. Dvořák flicht jüdische Volksmelodien in sein heiteres Trio ein; schwermütig tut dies auch Schostakowitsch, dessen Werk den Opfern des Holocaust ein tönendes Denkmal setzt. Piazzolla wuchs in einem jüdischen Viertel von Buenos Aires auf und liess diese Musikkultur in seine Tangos einfliessen; und der jüdische Gershwin inspirierte Schnyder zu seinem Arrangement von einem der berühmtesten Wiegenlieder des Jazz: «Summertime». Ist Elvis tot? «The King» und seine Kumpane leben auf jeden Fall weiter – am Sonntagabend, als treffender Abschluss für ein Festival, das das pure Leben zelebriert. Gwendolyn Masin, künstlerische Leiterin SAGEN SIE JA ZUR «SLOWDOWN»-IDEE von GAIA Musikfestival Oberhofen Ein Segelschiff auf eine verschneite Wiese zu setzen oder in der heutigen Zeit der Grossanlässe ein Kammermusikfestival zu organisieren, ist eine gewagte Idee. Erfolg ist: wenn die Ausführung der Idee Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Damit die Idee umgesetzt werden kann, braucht es ein positives Umfeld. Ich möchte der Gemeinde Oberhofen und unseren Partnern danken, dass sie uns von Anfang an ihr Vertrauen schenken und GAIA erlauben, für längere Zeit seinen Anker in Oberhofen auszuwerfen. In der heutigen Welt, in der die Ungleichheit zwischen Arm und Reich immer grösser wird, ist es beruhigend zu wissen, dass es ein Gut gibt, das allen Menschen unabhängig von Religion, Hautfarbe, Nationalität oder Wohlstand im gleichen Masse zur Verfügung steht: Die Zeit. Die Frage ist, wofür wir unsere Zeit verwenden. GAIA möchte mit der Idee eines «SlowDown»-Festivals entgegen der heutigen schnelllebigen Zeit ein Zeichen setzten. In- ternationale Musiker, deren Alltag vom Stress gezeichnet ist und die von einem Konzertsaal zum nächsten hetzen, sagen ja zur «SlowDown»-Idee von GAIA und freuen sich auf eine Probewoche ohne Zeitdruck, mit spannenden Gesprächen und einem zeitlosen musikalischen Austausch. Diese Musiker schenken sich und Ihnen, liebes Konzertpublikum, eine Woche ihrer Zeit. Somit wird jede Minute, die Sie als Konzertbesucher dem Festival schenken, zu einem einmaligen Erlebnis. Jacqueline Keller, Direktorin WILLKOMMEN ZUM SIEBTEN GAIA MUSIK-FESTIVAL – und zugleich zum ersten GAIA Musikfestival Oberhofen Bei uns steht der spannende Austausch der Musikerinnen und Musiker mit dem Publikum im Rampenlicht – und was uns am wichtigsten ist: Bekanntheit schliesst Herzlichkeit nicht aus. GAIA ist ein überschäumender Schmelztiegel von Ideen und Impulsen, der Musikern und Zuhörern eine grossartige Erfahrung schenkt. International bekannte Musiker treffen sich mit erstklassigen Musikern aus der Schweiz während einer Woche in Oberhofen um zu proben und sich kennenzulernen. Durch sorgfältige und intensive Vorbereitung entsteht ein Konzertambiente, in der Sie Musik miterleben und geniessen können. Die Besetzung der Musiker wird bei jedem Stück neu erfunden. Die künstlerische Energie, die so entsteht, wird Sie in ihren Bann ziehen. Christoph Ott, Präsident 5 « E IN WEG, EIN PROJEKT ÜBER DIE EIGENE ENDLICHKEIT HINAUS» Ein kurzes Gespräch mit GAIAs Composer in Residence, dem Komponisten und Saxophonisten Daniel Schnyder Das Gespräch führten Angela Beuerle und Jürgen Hartmann. Was bedeutet Musik für dich? Es ist eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, zum Ausdruck von Gefühlen und Ideen. Das gilt für das Komponieren ebenso wie für das Spielen. Ich wäre wahrscheinlich kein guter Schauspieler geworden, aber in der Musik kommt alles sehr natürlich. Es ist für mich ein grosser Spielplatz, auf dem ich ganz frei wirken kann. Gibt es da einen Unterschied zwischen Spielen und Komponieren? Ja, schon. Beim Spiel kommuniziert man mit anderen Musikern und dem Publikum, das Komponieren ist die reine Einsiedelei. Ich könnte mir nicht vorstellen, nur das eine oder das andere zu tun. Das Schöne an der Musik ist ja, dass es beide Komponenten gibt – und dass ich sie kombinieren kann, war immer mein Traum. 6 An GAIA kommen auch mehrere Stücke anderer Komponisten zur Aufführung, die du bearbeitet hast. Steht das sozusagen zwischen Komposition und Spiel? Ja, das ist eine Art von Extreminterpretation, wenn man so will. Mich interessiert es sehr, traditionelle Musik neu zu denken. Und ganz unterschiedliche Musik, ganz verschiedene musikalische Strukturen und Systeme zusammenzubringen … Doch das habe ich nicht erfunden. Heute sind, meine ich, 99 Prozent der Musik afroamerikanischen Ursprungs oder zumindest davon beeinflusst. Es war ein grosser Fehler der europäischen Kunstmusik, das auszuklammern oder gar für minderwertig zu erklären. Die Musik als solche hat dadurch viel Präsenz und Publikum verloren im Vergleich zum 19. Jahrhundert, wo klassische – also damals zeitgenössische – Musik ein absolutes Zentrum war. Heute ist die zeitgenössische «ernste» Musik eigentlich marginal. Ein Grund dafür ist sicher, dass wir uns mit sehr viel Musik unserer Zeit gar nicht auseinandergesetzt haben. Gleiches kann man von Bach oder Mozart nicht behaupten. Das 20. Jahrhundert war eben in allen Bereichen sehr ideologisch. In meinem bescheidenen Rahmen versuche ich, dieses Defizit etwas auszugleichen, also eine zeitgenössische Sprache in traditionelle Formen einzubringen, eine Perspektive des 21. Jahrhunderts darzustellen. Wenn man solche Versuche unternimmt, heisst das ja nicht, dass man alles vereinfacht oder sich anbiedert, im Gegenteil – die Musik wird oft komplizierter! Wird deine Musik anders rezipiert als die zeitgenössischer Komponisten, die einen eher engeren Begriff von Avantgarde haben? Ja, es gibt natürlich viele Leute, die das ablehnen, aber es werden immer weniger. Wenn man ein grosses Publikum erreicht und auch die Musiker ihre Freude haben, findet ein Kritiker das vielleicht anbiedernd oder gefällig. Aber mir geht es nicht darum, dem Publikum zu gefallen. Eigentlich will ich sogar Musik schreiben, die man nicht spielen kann! Wie meinst du das? Na ja, als lebender Komponist schreibt man etwas und dann dauert es ziemlich lange, bis es so umgesetzt wird, wie man es sich gedacht hat, oder vielleicht passiert das nie. Die Musik kann trotzdem erfolgreich sein, aber es gibt immer mehrere Entwicklungsphasen, bis man wirklich hört, was man sich ausgedacht hat. Das hat natürlich auch mit dem Notationsprozess zu tun, der immer nur einen Teil dessen darstellt, was schlussendlich passieren sollte. Ich will dem Musiker auch Freiheiten lassen. Hinzu kommt, dass ich selbst sowohl von der Klassik als auch vom Jazz komme. Es gibt viele hervorragende Musiker, die Jazz und Latin vom Hören kennen, aber nicht selbst gespielt haben und es stilistisch nicht sofort, ohne Weiteres umsetzen können. Diese Entwicklung, dieser Prozess hält die Musik aber auch lebendig. Genau – und das hat etwas sehr Befriedigendes. Man absolviert zusammen einen Weg und der Weg ist sehr wichtig. Ich glaube auch, dass die Komponisten der Vergangenheit ihre Musik nie so gehört haben, wie sie heute gespielt wird. Aufführungen der h-Moll-Messe oder der Brandenburgischen Konzerte, oder von Beethovens Werken, das waren im Vergleich zu heute ziemlich sicher Katastrophen. Die Komponisten haben sich ja auch ständig da­ rüber beschwert! So ist auch meine Musik ein Projekt, das über die eigene Endlichkeit hinweg noch ein Projekt bleibt. Sonst lohnt sich das Ganze eigentlich nicht! Vielen Dank für das Gespräch! Erläuterungen von Daniel Schnyder zu den von ihm gespielten Werken finden sich auf den entsprechenden Seiten im Programm. 7 PROGRAMM Schloss Oberhofen: Eine Serenade am See Mit dem imposanten mittelalterlichen Bergfried und den malerischen Türmchen lädt das Schloss ein, den Klängen vergangener Zeiten zu lauschen. Sonderausstellungen 2015 – « Schlossräume & Schlossträume» –K abinettausstellung «Anna Feodorowna, russische Grossfürstin» –K abinettausstellung «Mythos Orient - Ein Schweizer Architekt in Kairo» Angebote –W eitläufiger Park zum Träumen, Verweilen und Entdecken –R estaurant mit Panoramafenster und Terrasse direkt am See –R aumvermietungen für Konzerte, Feste, Hochzeiten – F ührungen auf Anfrage Geöffnet Mai - Oktober, Di - So, 11 - 17 Uhr Stiftung Schloss Oberhofen 3653 Oberhofen [email protected] www.schlossoberhofen.ch 8 9 Freitag, 8. Mai 2015, 20 Uhr Klösterli Oberhofen AUF DAS LEBEN! Life has a way of confusing us / Blessing and bruising us / It gives you something to think about / Something to drink about / May all your futures be pleasant ones / Not like our present ones / And if our good fortune never comes / Here‘s to whatever comes / LeChajim! LeChajim! To life! Erkenntnis – Überlegung – Wunsch – Realismus – das sind die Stationen, die in diesem Song aus dem Musical «Anatevka» zum jüdischen Trinkspruch «LeChajim! To Life» führen. Auf das Leben stösst GAIA 2015 mit seinem ersten Konzert an. Nostalgie – Sehnsucht – Wahnsinn – Vergänglichkeit: Aspekte des Lebens, ausgedrückt in Musik, die selbst seit zweihundert oder seit wenigen Jahren «lebt». Diese Musik ist unvergänglich. Deshalb: Auf die Vergänglichkeit müssen wir nicht unbedingt einen Trinkspruch aus­bringen – auf das, was wir aus dem Leben und seiner Musik machen, aber schon. VIVA / AVIV / Auf das Leben! Daniel Schnyder (*1961) ZOOM IN 4 The Island Aviv Quartett Saxophon D. Schnyder ZOOM IN 4 (The Island) – Das ist eigentlich die Insel Kuba. Das Ganze hat eine Art Rumba-Rhythmus und es hat etwas sehr Nostalgisches. Ein Rückblick auf eine vergangene Zeit. Das hat mit Kuba zu tun. Da ist eine Ästhetik und auch eine Schönheit dahinter, die sich auf einer Insel teilweise noch bewahrt, doch kaum ist die Insel nicht mehr Insel, gehen gewisse Sachen automatisch verloren. Das wird mit Kuba passieren in den nächsten Jahren, wenn es sich öffnet gegenüber Amerika, vielleicht wird es amerikanisiert wie Puerto Rico. Nostalgisch, melancholisch also, ein Rückblick. Mensch Blue (Uraufführung) Aviv Quartett Altflöte D. Schnyder Aviv Quartett (Violine Sergey Ostrovsky, Evgenia Epshtein Viola Noémie Bialobroda Violoncello Ofer Canetti) Violoncello Claudio Bohórquez Saxophon/Altflöte Daniel Schnyder Dies ist ein Teil aus meiner Oper, die im Juni 2015 in Philadelphia uraufgeführt wird. Eine Oper über den Jazzmusiker Charlie Parker, «Charlie Parker’s YARDBIRD». Das hier ist die Szene, wenn er im Irrenhaus ist. «Camarillo» heisst dieses Irrenhaus in Kalifornien. Er wurde dort eingewiesen, weil er in der Hotel-Lobby nackt rumgelaufen sei und sein Bett angezündet habe und einfach völlig crazy war, durch den Heroin-Entzug. Das Stück schildert die Atmosphäre von Zeitlosigkeit in einem Irrenhaus. Daraus entsteht eine gewisse Ästhetik, eine gewisse Orientierungslosigkeit. Aber man hört natürlich auch Charlie Parker, man hört den Blues. Ich spiele das auf einer Alt-Querflöte, einem ganz speziellen Instrument, das etwa auch bei Mahler vorkommt, grösser und tiefer als eine normale Querflöte. Charlie Parker spielte Alt-Saxophon, die Alt-Flöte liegt in derselben Lage. STRAD Aus dem Leben einer Strad Aviv Quartett 10 Stradivari, genannt «Strad». Die Geschichte der Musik aus der Sicht einer hölzernen Kurtisane: Gezupft, geklopft, bespannt, zerlegt, angestrichen, abgestrichen, aufgestrichen, lackiert, verleimt, vergriffen, begriffen, umfasst, umarmt, vibriert, geliebt, klebrig bestäubt, ins f-Loch gestossen, mit dem Handballen millionenfach an der Zarge berührt, milliardenfach polytaktil am schwarzen Ebenholz gedrückt – und das über hunderte von Jahren hinweg. Ein Schicksal einer hölzernen Kurtisane, die im Gegensatz zu ihren vergänglichen, menschlichen, fleischlichen Schwestern mit zunehmendem Alter immer begehrenswerter und schöner wird. – Es ist eine Liebeserklärung an eine Geige. Musikalisch ist es ein Variationssatz, der durch die verschiedenen Zeiten hindurchgeht. Der Anfang ist noch sehr traditionell geschrieben, klassisch, und dann geht es immer mehr in die heutige Zeit hinein. Die Idee ist, dass diese Geige über Jahrhunderte hinweg bespielt wird, aber mit verschiedener Musik aus verschiedenen Zeiten. 11 Alexander Glasunow (1865–1936) Franz Schubert (1797–1828) Allegro Scherzo. Allegro moderato Andante sostenuto Finale. Allegro moderato Allegro Andante con moto Scherzo – Allegro molto Presto Aviv Quartett Violoncello C. Bohórquez Aviv Quartett Streichquintett A-Dur op. 39 25 unruhige Jahre lang, von 1905 bis 1930, war Alexander Glasunow Leiter des Petersburger Konservatoriums. Er unterrichtete dort u.a. Schostakowitsch, dem er «manchmal kindisch und manchmal (als) grosser Weiser» erschien. Als Komponist, Pianist und Pädagoge hatte er auf das russische Musikleben enormen Einfluss, wobei er in seiner Verbindung von nationalrussischen Traditionen mit den Errungenschaften Tschaikowskis im Herzen ein Konservativer war. Schon als Achtjähriger war für ihn klar, dass die Musik um die Zentralgestirne Bach, Mozart, Beethoven und Mendelssohn kreise, und dies durchaus im Wortsinne: Von seinen Eltern mit einem Fernrohr beschenkt, teilte der kleine Sascha den Planeten die Namen von Komponisten zu: Mozart war die Sonne, Bach der Mond und Beethoven der Mars. Der Musikologe Rostislav Hoffmann nannte Glasunow 1956 den «würdigen Fortsetzer Beethovens; objektiver, klarer, konsequenter und umfassender als Tschaikowski». Dessen Stil – eine Verbindung russischer Tradition mit den in den Konservatorien gelehrten Techniken westeuropäischer Prägung – setzte Glasunow fort, und er konnte den Experimenten Strawinskys oder Prokofjews wenig abgewinnen. Der frühreife Komponist – die erste seiner neun Sinfonien schrieb er mit 16 – schien in seinen späteren Jahren wie aus der Zeit gefallen, was der ausserordentlichen Schönheit seiner Musik keinen Abbruch tut. Dass in dem 1891 entstandenen Streichquintett op. 39 die Viola eine herausgehobene Rolle spielt, ist leicht zu erklären: Glasunow komponierte das Werk für die Kammermusiksoiréen seines Mäzens Mitrofan Belajew, der die Bratsche spielte. So beginnt das Quintett mit einer ausgedehnten Melodie für die Viola. Aber auch aus seiner Vorliebe für das Cello macht Glasunow keinen Hehl, was man am Beginn des Andante hören kann. Dass der Komponist die Quintettbesetzung mit zwei Celli (und nicht etwa mit zwei Bratschen) wählte, geht auf Franz Schubert und Luigi Boccherini, den «Erfinder» dieser Besetzung, zurück. Der 27-jährige Glasunow integrierte in seinem Quintett die Elemente russischer Provenienz, also die tänzerischen, volkstümlichen Motive im Scherzo und im Finale, in den eher von Tschaikowski beeinflussten grossen Gestus des Werkes, der beispielsweise in der schrittweise dramatischeren Ausarbeitung im ersten Satz oder in der Melancholie des Andantes erkennbar ist. Die Charakteristika dieser Musik fasste der russische Musikologe Viacheslav Karatygin so zusammen: «Alles bei Glasunow ist so elegant gemacht, alles klingt so hell und saftig, alle Farben sind so satt und kräftig.» Pause 12 Streichquartett d-Moll D 810 «Der Tod und das Mädchen» Es mutet seltsam an, bei einem Komponisten wie Franz Schubert von einem «Spätwerk» zu sprechen. Als er sein d-Moll-Streichquartett komponierte, war er im gleichen Alter wie Alexander Glasunow bei der Komposition seines Quintetts. Erst im Rückblick mag man Schuberts Werk als «spätes» deuten – hatte der Komponist doch nur noch wenige Jahre zu leben, während Glasunow, um beim Beispiel zu bleiben, seine eigentliche Karriere noch vor sich hatte. Und doch: So wie Mozart in seinen «späten» Werken, mit Mitte dreissig, eine neue Stufe seiner Kunst erreichte, markiert auch und gerade Schuberts Streichquartett D 810 einen solchen Sprung in der Entwicklung. Denn der dramatische Tiefgang, wie ihn Schubert hier ausdrückt und in vielen Dimensionen gestaltet, war in seinen Werken bis dahin nicht zu finden gewesen – und auch die Ausdehnung, ja Strapazierung der kammermusikalischen Form ist hier schon zu ahnen, wie sie Schubert später in seinem geradezu radikalen C-Dur-Streichquintett erprobte. Nicht ohne Grund hat Gustav Mahler, der auf dem Gebiet der Sinfonie ebenfalls die Grenzen zu sprengen suchte, das d-Moll-Quartett für Orchester bearbeitet. Im Nachhinein ergibt es auch Sinn, dass diese Werke zu Schuberts Lebzeiten gar nicht oder nur in privatem Kreis gespielt und erst recht nicht gedruckt worden sind. Das d-Moll-Streichquartett erschien erst 1829 im Druck, die öffentliche Uraufführung erfolgte weitere vier Jahre später. Seinen Beinamen «Der Tod und das Mädchen» hat das Quartett vom zweiten Satz, der das Vorspiel bzw. den Gesang des Todes in dem gleichnamigen, 1817 von Schubert komponierten Lied auf einen Text von Matthias Claudius verwendet und variiert. «Gib deine Hand, du schön und zart Gebild!», lautet die entsprechende Textzeile, und das Gedicht setzt fort: «Bin Freund, und komme nicht, zu strafen: / Sei gutes Muts! ich bin nicht wild, / Sollst sanft in meinen Armen schlafen.» Das musikalische Thema hat, zumal in den weitreichenden Variationen, die Schubert im Quartett komponiert, bei aller gemessen schreitenden Würde und Ambivalenz in der harmonischen Ausgestaltung auch etwas Tröstliches. Diese Auffassung spiegelt sich im Schlusssatz des Quartetts – nach einem zwiespältigen Scherzo – wider, einer durchaus munteren Tarantella, die zwar von einem choralähnlichen Einschub gebremst wird, aber schnell zurück zum tänzerischen Kehraus findet. Texte: Angela Beuerle/Jürgen Hartmann; die Kommentare zu Daniel Schnyders Werken sind einem Gespräch mit ihm entnommen. 13 Samstag, 9. Mai 2015, 20 Uhr Klösterli Oberhofen VERMÄCHTNIS So, und jetzt kommt das letzte Rätsel: Was ist Schönheit? Und der Soldat antwortete wieder unbeirrt: «Das Brot», sagte er, «ist die Schönheit.» – «Falsch, Kamerad. Schönheit – das ist das Feuer.» Ein russisches Volksmärchen erzählt diese Weisheit; eine ursprüngliche Weisheit und ein Wissen, die uns Märchen, Dichtung, Malerei und eben auch Musik vermitteln. Solcherlei Weisheit ist das Vermächtnis, das die Kunst uns Menschen gibt, immer wieder neu, womit sie glänzend, strahlend und wärmend unser Leben bereichert. Dass gerade auch aus Russland ein reiches Vermächtnis solcher Musik stammt, macht dieses Konzert klingend erfahrbar. Dabei wird deutlich, welch Vermächtnis nicht nur Künstler ihrem Publikum, sondern auch Lehrer ihren Schülern überlassen: So haben Strawinsky und Prokofjew beide bei Rimsky-Korsakow in St. Petersburg studiert, während Medtner und Skrjabin am Moskauer Konservatorium nicht nur den gleichen Klavierlehrer, Wassili Safonow, hatten, sondern beide ausserdem, gemeinsam mit Rachmaninow, von Sergej Tanejew – selbst ein Schüler Pjotr Tschaikowskis – in Komposition unterrichtet wurden. Daniel Schnyders Werke wiederum erinnern daran, dass ein Vermächtnis nicht immer von früherer auf heutige Zeit, sondern auch innerhalb der Gegenwart wirksam werden kann. Alexander Skrjabin (1871–1915) Vers la flamme op. 72 Klavier A. Beatson Nikolaj Medtner (1880–1951) Novelle op. 17 Nr. 1 «Daphnis et Chloë» Klavier A. Beatson Violine Evgenia Epshtein, Gwendolyn Masin, Sergey Ostrovsky, Tatiana Samouil Viola Gábor Homoki Violoncello Claudio Bohórquez, David Pia Klavier Alasdair Beatson, Simon Bucher Daniel Schnyder (*1961) Trio für Violine, Violoncello und Klavier «ad parnassum» (Uraufführung) Violine G. Masin Violoncello D. Pia Klavier S. Bucher 14 Dies ist die Erstaufführung dieser Version. Ich habe das Stück mit meinem Trio gespielt, Bassposaune, Sopransaxophon und Klavier, und bin jetzt sehr gespannt, wie es mit Geige und Cello klingt. Der Unterschied zwischen Blasund Streichinstrumenten ist beträchtlich. Ein Blasinstrument nimmt man an den Mund, beim Spielen ist auch die Zunge dabei, das heisst, man kann direkt damit reden. Beim Streichinstrument braucht es immer die Übersetzung mit der rechten Hand, man braucht also sehr viel Übung, bis man das mit dem Bogen machen kann, was der Bläser mit der Zunge macht. Aber dann ist beinahe alles möglich. Ich persönlich finde beides toll, klar. «Ad parnassum» – «zum Berg hin»: Es ist dieser Musenberg, und diesen Berg zu erklimmen ist eine schwierige Aufgabe. Wenn etwas technisch anspruchsvoll ist, oder musikalisch, oder rhythmisch oder in irgendeiner Weise trickreich ist, hat das etwas von so einem Berg, den es zu bewältigen gilt. Alexander Skrjabins Poème «Vers la flamme» entstand in seinen letzten Lebens- und Schaffensjahren. Skrjabin hatte sich in dieser Zeit der Theosophie und dem Mystizismus zugewandt, die auch sein Denken über Musik und Kunst wesentlich beeinflussten. Eine besondere Rolle spielten für ihn dabei Farben und das Element des Feuers. In einem «Feuersturm» sollte das künstlerische Erleben gipfeln und die Menschen zur Erlösung führen. Eine Bewegung «der Flamme zu» zeichnet auch dieses programmatische Klavierstück nach, das verhalten beginnt und, begleitet von Vortragsbezeichnungen wie «mit aufblühender Emotion», «mit verhaltener Freude», «mit immer stürmischerer Freude», «prangend, hell» schliesslich in einer Art leuchtender Ekstase mündet – ein Stück, in dem, wie Skrjabin selbst schrieb, «alles allmählich aufblüht … aus dem Nebel zum blendenden Licht». Keiner Gruppierung oder Schule zugehörig war und blieb der Pianist und Komponist Nikolaj Medtner, obgleich geliebt und geschätzt von vielen seiner Zeitgenossen, ein wenig bekannter unter seinen berühmten russischen Kollegen. «Ich glaube nicht an meine Maximen über Musik, aber an die Musik selbst. Ich möchte nicht meine Gedanken über die Musik kundtun, aber meinen Glauben an die Musik …», schrieb er selbst, und genuin musikalisch erscheinen seine Werke, die alle das Klavier einschliessen und häufig in hervorragenden eigenen Einspielungen überliefert sind. Seine «Novellen» schrieb er 1908. Ohne dass es im engeren Sinne Programmmusik ist, meint man beim Hören Bilder des bukolischen Paares Daphnis und Chloé, die sanft-lockende Stimmung dieser berühmten antiken Hirtendichtung, vor dem inneren Auge erstehen zu sehen. Sergej Prokofjew (1891–1953) Sonate für zwei Violinen C-Dur op. 56 Andante cantabile Allegro Commodo (quasi Allegretto) Allegro con brio Violine T. Samouil S. Ostrovsky «Schlechte Musik zu hören ruft manchmal gute Ideen hervor … Nachdem ich einmal ein erfolgloses Stück für zwei Violinen ohne Klavierbegleitung gehört habe, wurde mir deutlich, dass man ein solches Duo, trotz seiner offensichtlichen Begrenzungen, interessant genug machen könnte für zehn oder 15 Minuten.» So erinnert sich Prokofjew in seiner Autobiographie an die Entstehung seiner Sonate für zwei Violinen. Er schrieb sie 1932 während 15 seiner Zeit im französischen Exil, als Auftragswerk für ein Konzert der mit neuer Kammermusik befassten Gesellschaft Triton. Die Sonate, so Prokofjew weiter, «wurde bei der offiziellen Eröffnung von Triton vorgestellt, die zufällig zusammenfiel mit der Premiere meines Ballettes «Sur le Borystène». Glücklicherweise begann das Ballett eine halbe Stunde nach Ende des Konzerts, so dass wir direkt nach der Sonate zur Grand Opéra hinüberrannten – Musiker, Kritiker, Komponist, alle zusammen.» Viersätzig folgt die Sonate dem Schema der barocken Sonata da chiesa, in der auf eine Satzfolge langsam-schnell-langsam am Ende ein furioses Finale folgt. Ganz unterschiedliche Facetten seines Komponierens kommen in diesem Stück organisch zusammen, das Lyrische mit slawischem Einschlag, wie es etwa am Stückbeginn zu hören ist, das markant Rhythmische, wie es den zweiten Satz dominiert, elegisch-klassizistische Anklänge, allerdings in beinahe freitonaler Fügung im dritten Satz und ein rondoartiger, tänzerischer Schlussteil, der nach einem Zitat des Anfangsthemas in einer feurigen Coda mündet. Igor Strawinsky (1882–1971) Berceuse aus «L’oiseau de feu» Violine G. Masin Klavier S. Bucher 1909 beauftragte der grosse Theatermann Sergei Djagilew den unbekannten jungen russischen Komponisten Igor Strawinsky für seine Kompagnie, die «Ballets Russes», eine Ballettmusik zu schreiben. Das Libretto erzählte vom Prinzen Iwan Zarewitsch, dem es mit Hilfe des mythologischen Feuervogels gelingt, die Prinzessin Zarewna aus den Fängen des bösen Zauberers Kastschej zu retten. Die Uraufführung 1910 in Paris war ein überwältigender Erfolg, die Verbindung der spätromantisch-impressionistischen Musik mit der slawischen Märchenwelt und der künstlerisch eindrücklichen visuellen Gestaltung traf den Nerv der Zeit. Sie bedeutete nicht nur den Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Djagilew und Strawinsky, sondern markierte für Strawinsky auch den Beginn seiner Karriere als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. In vielerlei Varianten und Bearbeitungen liegt diese berühmte Ballettmusik heute vor, hören Sie hier eine Kammermusikversion des Wiegenliedes des Feuervogels. Daniel Schnyder (*1961) Donne Variations Klavier S. Bucher 16 Dies Stück beschreibt verschiedene Gemütszustände von Frauen – «le donne». Es ist kein Variationensatz wie der Variationensatz von «STRAD» (vgl. Programm 1), bei dem das gleiche Thema, die gleiche Geige durch die Jahrhunderte geht. Denn hier ist es nun nicht unbedingt die gleiche Frau, sondern es sind gewisse Gemütszustände oder Portraits verschiedener Frauen. Das Stück ist sehr elegant, es ist zugleich auch schlicht – doch nicht einfach zu spielen, im Gegenteil – viele Teile sind zweistimmig, das heisst durchsichtig und auch melodiös. Allerdings kommt bei mir meistens die Musik zuerst und nachher suche ich einen Titel, den ich mit der Musik assoziiere. Ich schreibe Musik, dann schaue ich sie an und sage «was ist jetzt das? Was könnte das für ein Titel sein?» Das ist normalerweise der Prozess. Also wie schon Schopenhauer sagt: «Musik gibt die universalia ante rem», sie steht also vor der Sache oder dem Begriff.» Pause Sergej Tanejew (1856–1915) Klavierquintett g-Moll op. 30 Introduzione: Adagio mesto Die Musik von Sergei Tanejew dürfte für viele Musikfreunde zumindest in Westeuropa noch immer eine grosse Überraschung sein. Der 1856 in der Grossstadt Wladimir knapp 200 km östlich von Moskau Geborene konnte Allegro patetico auf Grund seines besonderen Talents bereits als Zehnjähriger am dortigen Presto Konservatorium sein Studium aufnehmen. Er wurde von Rubinstein und Largo Tschaikowski unterrichtet und brachte 1875 ein Klavierkonzert von Brahms Allegro vivace zur russischen Erstaufführung. Später folgte Tanejew seinem Lehrer Tschaikowski, dem er inzwischen ein wichtiger musikalischer Berater geworden Violine war, als Professor, und von 1885-89 war er Direktor des Konservatoriums. T. Samouil Tanejew wurde vor allem für seine präzise und dabei genau durchdachte E. Epshtein Kompositionskunst berühmt. Nicht nur der Umfang seiner Skizzen war beViola rüchtigt, er erläuterte seine Grundsätze auch in einem grossen Buch. Was G. Homoki auf den ersten Blick «verkopft», ja bürokratisch wirkt, erschliesst sich beim Violoncello Hören seiner Musik als besonders sorgfältige Vorbereitung – es nimmt nicht C. Bohórquez Wunder, das Tanejew zu seiner Zeit auch ein bewunderter Pädagoge war. Klavier Er komponierte zwischen 1902 und 1911 drei kammermusikalische Werke A. Beatson mit Klavier, von denen das 1910/11 entstandene g-Moll-Quintett mit rund 45 Minuten Spieldauer das längste und beeindruckendste ist. In den Erläuterungen zur eigenen Arbeitsweise betonte Tanejew auch, dass er bei mehrsätzigen Kompositionen grundsätzlich das Finale als erstes ausarbeitete – «damit es nicht schwächer als die anderen Sätze ausfällt und mit frischer Kraft geschrieben wird, ferner auch, um klarer zu sehen, wo die übrigen Sätze hinzuleiten sind». Man darf annehmen, dass das Klavierquintett in etwa so entstanden ist – jedenfalls sind im kraftvollen, mit überwältigenden Glockenklängen endenden Finale einige Elemente enthalten, die weniger als ein Reflex auf die vorhergehenden Sätze wirken als vielmehr wie deren Quellen. Enorme Kraft entfaltet indes auch der erste Satz, der in seiner Abfolge zwischen Einleitung und Stretta fast wie ein eigenständiges, mehrsätziges Werk erscheint. Die sehr ernste Anmutung dieses zwanzigminütigen Satzes wird durch das vitale, abwechslungsreiche Scherzo konterkariert, während das feierliche Largo, als Passacaglia gestaltet, Verbindungslinien zu Bach oder auch dem späten Beethoven zieht. Sergei Tanejew, der 1915 nur kurz nach seinem früheren Schüler Skrjabin starb, wurde später in der Sowjetunion für mangelnde Volksnähe kritisiert. Glücklicherweise ist die Zeit dieser Ideologien vorbei, und der Blick kann sich nun unbeirrt auf das Vermächtnis eines grossen Komponisten richten. Texte: Angela Beuerle/Jürgen Hartmann; die Kommentare zu Daniel Schnyders Werken sind einem Gespräch mit ihm entnommen. 17 Sonntag, 10. Mai 2015, 11 Uhr Klösterli Oberhofen Mit der Charakterisierung seines neuen Werks als Verbindung von Gegensätzen hatte Dvořák zugleich die «Dumka» als solche beschrieben, zeichnet sich doch diese Gattung durch ihre schnellen Wechsel in Charakter und Tempo aus. Insofern ist es konsequent, dass Dvořák zwecks Schilderung dieser Gegensätze sein Klaviertrio sechssätzig gestaltete, jedoch nicht ohne die traditionelle viersätzige Form zumindest anzuspielen. Die ersten drei Sätze sind nämlich vom Komponisten zur pausenlosen Abfolge (also mit attacca-Übergängen) vorgesehen und vertreten auf diese Weise einen ausgedehnten, vielfältigen Eröffnungssatz. So gesehen, schliessen sich logisch ein langsamer Satz, ein Scherzo und ein Rondofinale an. Dass man das «Dumky»-Trio so oder so betrachten kann, macht indes seinen eigentlichen Reiz aus – es bietet sozusagen intelligente Unterhaltung in zeitgemässer Form, aber inspiriert von uralten Vorlagen. Dass nicht nur das Publikum, sondern auch Dvořák selbst gerade dieses Werk sehr liebte, kann man daraus schliessen, dass er es als Pianist über vierzig Mal musizierte, mit der Uraufführung beginnend, während eines Galakonzerts anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Prager Universität. Heute zählt es zu den meistgespielten kammermusikalischen Stücken Dvořáks. Was macht es also schon, dass der notorisch hochnäsige Satiriker George Bernard Shaw nach der englischen Erstaufführung 1894 über das «Dumky»-Trio schrieb, es sei «hinreissend hübsch, aber nicht viel mehr als das»? I N S P I R AT I O N Auf der anderen Seite des Monds / gehen / in goldene Kleider gehüllt / deine wirklichen Tage / sie wohnen / wie sonst du / in Helle / verscheucht von hier / weggescheucht / wandeln sie dort / du weisst es sind deine. So schrieb die deutsch-jüdische Dichterin Hilde Domin. Die Sehnsucht in diesen Zeilen, ein Gefühl der Gespaltenheit, die Vorstellung eines anderen Ortes, an den man gehört, an dem man sein möchte, aber auch das Wissen darum, dass es einen solchen Ort gibt – all dies ist sicherlich eine zentrale Quelle künstlerischer Inspiration. Hören Sie, wie in diesem Konzert die Musikstücke in ganz unterschiedlicher Weise ihre Inspiration aus Orten, Menschen oder Stimmungen beziehen, in denen sich die Komponisten in irgendeiner Weise wiederfanden, nach denen sie sich vielleicht auch sehnten, in deren «goldene Kleider» sie ihre Musik hüllten. Violine Gwendolyn Masin Violoncello David Pia Klavier Simon Bucher Saxophon Daniel Schnyder Antonín Dvořák (1841–1904) Daniel Schnyder (*1961) Klaviertrio Nr. 4 e-Moll op. 90 «Dumky-Trio» Tales from Another Time Lento maestoso – Allegro quasi doppio movimento Poco adagio – Vivace non troppo Andante – Vivace non troppo Andante moderato – Allegretto scherzando Allegro Lento maestoso – Vivace Violine G. Masin Violoncello D. Pia Saxophon D. Schnyder Violine G. Masin Violoncello D. Pia Klavier S. Bucher 18 «Ich habe gerade jetzt lauter grosse Ideen im Kopfe; ich werde tun, was mir der liebe Gott beschert», schrieb Antonín Dvořák im Herbst 1890 an seinen Verleger Fritz Simrock, dem er gerade böse war, weil dieser keine Sinfonie verlegen wollte, sondern etwas «Kleines» bestellte, das der Komponist jedoch nicht liefern mochte. Dvořák konnte sich starkes Selbstbewusstsein leisten – jene Jahre verschafften ihm Erfolg auf Erfolg und machten ihn im Grunde zum «Weltstar»: In Cambridge verlieh man ihm einen Ehrendoktor und New York wollte ihn als Leiter eines neu gegründeten Konservatoriums, ganz zu schweigen von Österreich, Deutschland und seiner tschechischen Heimat, wo Dvořák schon längst zu den ganz Grossen zählte. Mit Schwung ging er also ein neues Werk an – «glücklich und traurig zugleich, manchmal wie ein melancholisches Lied, manchmal wie ein fröhlicher Tanz» – und kam dabei auf die «Dumka» (Mehrzahl «Dumky») zurück; eine ukrainische Liedform, derer er sich schon mehrfach in kleineren Werken bedient hatte, ebenso wie zuvor und später Tschaikowski, Janáček und Martinů. Dvořák liess darüber hinaus Motive aus der jüdischen Volksmusik in sein Trio einfliessen. «Tales from Another Time» ist arabisch beeinflusste Musik, es ist ursprünglich Teil meiner «Oriental Suite» für Orchester und arabische, türkische Musiker. Ich habe sehr viel Musik gemacht, die Elemente aus dem Nahen Osten miteinbezieht und mit Musikern u.a. aus dem Libanon zusammengearbeitet. Wir als Europäer haben ja lange gedacht, dass der Nahe Osten mit uns nichts zu tun hat und jetzt merken wir, dass es eine gesellschaftliche, politische Kernfrage ist – wie schaffen wir die Integration dieser Kultur? Und ein Weg ist, dass man in einem Konzertsaal Instrumente oder Klänge reflektiert, die nicht aus einem europäischen Urgrund kommen, sondern andere Bevölkerungsgruppen unserer Gesellschaft repräsentieren. Das Merkmal dieser Musik ist, dass sie rhythmisch und mit ihren Skalen andere Elemente einfliessen lässt, die man mit unserer Musik, unserer Idee von Harmonie, kombinieren kann. Es ist eine Kultur, die sehr entwickelt ist, aber eine andere Richtung genommen hat. Also nicht das grosse Symphonieorchester, die Polyphonie. In der arabischen Musik gibt es viel mehr Tonleitern als bei uns. Und was das Metrum angeht, haben wir uns, vereinfacht gesagt, auf 4/4 und 3/4 beschränkt, während in diesen Kulturen 11/8 oder 7/4 nichts ungewöhnliches ist, auch auf 9 oder 10 geht sehr viel. – Zugleich hat «Tales from Another Time» auch etwas Nostalgisches an sich, etwas, was einen in eine andere Zeit versetzt, ein Märchen, vielleicht aus 1001 Nacht. 19 George Gershwin (1898–1937) «Summertime» aus «Porgy and Bess» (Bearbeitung: Daniel Schnyder) Violine G. Masin Violoncello D. Pia Saxophon D. Schnyder Wie ein roter Faden zieht sich das Wiegenlied «Summertime» durch George Gershwins Oper «Porgy and Bess», viermal insgesamt ist es zu hören, gesungen von verschiedenen Protagonisten. Es war das erste Stück, das Gershwin für die Oper fertiggestellt hatte und es ist das Musikstück, das jeder kennt, auch wenn er die Oper nie gesehen hat. Ein Evergreen mit Tausenden von Coverversionen. Offensichtlich hatte Gershwin, der sich sowohl vom Spiritual als auch, so heisst es, von ukrainischen Liedern inspirieren liess, mit diesem Musikstück, das so viel mehr einem ursprünglichen Volkslied als einer Opernarie entspricht, einen Ton getroffen, der, jenseits von Zeit und Stil, die Hörer berührt. «Summertime, / And the livin’ is easy /Fish are jumpin’ / And the cotton is high …» Astor Piazzolla (1921–1992) Verano Porteño aus «Cuatro Estaciones Porteñas» Violine G. Masin Violoncello D. Pia Klavier S. Bucher Von «Hafen» leitet sich das Adjektiv «porteño» ab und bezeichnet in dieser Bedeutung im argentinischen Spanisch die Bewohner von Buenos Aires, zum grossen Teil europäische Immigranten, die in dieser Hafenmetropole Zuflucht und ein besseres Leben suchten. Unter dem Namen «Vier Jahreszeiten von Buenos Aires» fasste der grosse Komponist des Tango nuevo, Astor Piazzolla, vier in den Jahren 1965–70 entstandene Tangos zu einer Suite zusammen, von der hier nun der «Sommer» zu hören ist. Die unmittelbare Assoziation des Titels mit dem berühmten Vorgängerwerk Vivaldis zeigt auch in der Musik ihre Spuren. So mischt sich hier, wie auch in anderen Werkes Piazzollas, der Tango, selbst aus einem Amalgam verschiedenster europäischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Musikstile entstanden, erneut mit Einflüssen aus der europäischen Kunstmusik. Eine kunstvolle, verführerische Hommage an das Leben in seiner Uneindeutigkeit und Vielstimmigkeit! Pause Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Klaviertrio Nr. 2 e-Moll op. 67 Andante – Moderato – Poco più mosso Allegro con brio Largo Allegretto – Adagio Violine G. Masin Violoncello D. Pia Klavier S. Bucher Anhand von Dmitri Schostakowitschs e-Moll-Klaviertrio kann man sich über das Konzertthema «Inspiration» in mehrfacher Hinsicht Gedanken machen. Es gab hier einen aussermusikalischen, gleichsam biografischen Anlass, den als Inspiration zu bezeichnen allerdings unangemessen wäre; ebenso ist es denkbar, dass sich der Komponist durch die politischen Verhältnisse seiner Zeit anregen liess. Die eigentliche Inspiration jedoch im Sinne der Duden-Definition («erhellende Idee, die jemanden, besonders bei einer geistigen Tätigkeit, weiterführt») führte zur Gestaltung besagter Ereignisse und Vorgänge – und machte aus blosser Betroffenheit wahre Kunst. Schostakowitsch hatte im Februar 1944 gerade die Instrumentierung der Oper «Rothschilds Geige» beendet, die sein drei Jahre zuvor gefallener Lieblingsschüler Benjamin Fleischmann unvollendet hinterlassen hatte. Wenige Tage danach starb völlig überraschend sein guter, wenn nicht bester Freund Iwan Sollertinski, ein Musikwissenschaftler und Autor, der den Komponisten mehr als einmal gegen ideologisch bedingte Kritik verteidigt hatte. «Meine ganze Entwicklung verdanke ich ihm», schrieb Schostakowitsch an Sollertinskis Witwe, «ohne ihn zu leben, wird mir unerträglich schwerfallen». Das bereits begonnene 2. Klaviertrio (eine Gattung, die auch Tschaikowski und Rachmaninow für «Gedächtnisstücke» verwendeten) setzte der Komponist im Gedenken an den Freund fort und widmete ihm das im November 1944 in Leningrad uraufgeführte Stück. Im ersten Satz komponierte Schostakowitsch gleichsam ein eisiges Schweigen, die Instrumente sind klanglich «ausser sich», bevor eine stockende Klangrede beginnt. Das Scherzo erinnerte die Schwester Sollertinskis an den Verstorbenen: «Wenn ich diesen Satz des Trios höre, steht mein Bruder leibhaftig vor mir», kommentierte sie. Diese beiden Sätze enthalten aber – wahrscheinlich bewusst – auch deutliche Anklänge an die Musik Gustav Mahlers, die Sollertinski als Dramaturg der Leningrader Philharmonie in Russland bekannt gemacht hatte. Der dritte und vierte Satz sind – wie überraschend viele Werke Schostakowitschs – von jüdischen Einflüssen durchzogen, was vermutlich Sollertinski würdigte und gleichzeitig die beginnende Entlarvung der Nazi-Verbrechen an den Juden verarbeitete. Der stoische Klagegesang der Streicher in der Passacaglia (Largo) und der von der ostjüdischen Volksmusik beeinflusste Totentanz des Finales sind erschütternde Dokumente persönlicher Trauer und historischen Unglücks, aber auch des gefahrvollen Gegensatzes zwischen Individuum und Kollektiv, von dem Schostakowitsch wahrlich ein Lied zu singen wusste. Texte: Angela Beuerle/Jürgen Hartmann; die Kommentare zu Daniel Schnyders Werken sind einem Gespräch mit ihm entnommen. 20 21 Sonntag, 10. Mai 2015, 17 Uhr Schloss Oberhofen stellato soglio», was heute zu den berühmtesten Passagen des Stückes gehört: «Von Deinem Sternenthron/Herr, wende Dich zu uns/habe Mitleid mit Deinen Kindern/mit Deinem Volk habe Mitleid!» singen Moses und die Israeliten, bevor sie sich über den Meeresboden auf den Weg ins Gelobte Land machen. Hier ist diese inständig bittende Melodie, die sich im Lauf des Stückes vom düsteren Moll zum strahlenden Dur entwickelt, in der Fassung für zwei Violoncelli zu hören. LANG LEBE DER KÖNIG Froh zu sein bedarf es wenig, / und wer froh ist, ist ein König. Einfacher und zugleich anspruchsloser als in diesem Kanon und Kinderlied lässt sich die Königswürde kaum definieren. Und doch – ist nicht eine Menge Wahrheit darin? Froh macht sicherlich dieses Konzert, das ein Feuerwerk musikalischen Virtuosentums entfacht, eine Schmuckschatulle von teils selten gespielten Werken in jeweils ungewöhnlichen Besetzungen präsentiert. Ein Konzert, das keine Grenzen kennt zwischen «E» und «U», zwischen Klassik und Jazz, zwischen notiert und improvisiert, sondern einfach nur – Musik! Seien wir froh, lang lebe der König! Violine Evgenia Epshtein, Gábor Homoki, Gwendolyn Masin, Sergey Ostrovsky, Tatiana Samouil Viola Noémi Bialobroda, Gábor Homoki Violoncello Claudio Bohórquez, David Pia Saxophon Daniel Schnyder Daniel Schnyder (*1961) Streichtrio: 3. Satz (Schweizer Erstaufführung) Violine G. Homoki Viola N. Bialobroda Violoncello D. Pia Manuel de Falla (1876–1946) Danza ritual del fuego aus «El amor brujo» (Bearbeitung: Daniel Schnyder) 1914 schrieb der berühmte spanische Komponist Manuel de Falla seine «GiVioline tanería» «El amor brujo», zu Deutsch «Der Liebeszauber»; eine Folge von T. Samouil Liedern und Tänzen, bei denen schon die zugrundeliegende Sprache, ein E. Epshtein andalusischer Gitano-Dialekt, auf die Sphäre der Gitano-Kultur verweist. Viola Sie handeln von dem Mädchen Candela, das versucht, den Geist ihres verN. Bialobroda storbenen Ehemanns mit Hilfe von Tänzen zu bannen, um frei zu werden Violoncello für ihre eigentliche Liebe, Carmelo – am Ende gelingt es ihr. Auch der «riC. Bohórquez tuelle Feuertanz» («Dansa ritual de fuego»), bei dem man die Flammen, in Saxophon deren Mitte Candela tanzt, schon in den ersten Takten züngeln hört, gehört D. Schnyder dazu. Manuel de Falla hat seine Suite für unterschiedlichste Instrumentalgruppen bearbeitet. Diese Version von Daniel Schnyder mit Saxophon lässt das berühmte Musikstück nochmals neu erleben. Gioacchino Rossini (1792–1868) «Dal tuo stellato soglio» aus «Mosè in Egitto» (Fassung für zwei Violoncelli) Violoncello D. Pia C. Bohórquez 22 Oper in der Fastenzeit war in Italien verboten – ausser sie verhandelte einen biblisch-religiösen Inhalt. So entstand u.a. Rossinis «Mosè in Egitto», eine azione tragico sacra, die vom Auszug des israelischen Volkes aus ägyptischer Gefangenschaft erzählt. «Mit Sicherheit schreibe ich keine ähnliche Musik mehr, weil ich nicht mehr die Geduld aufbringen werde, die ich dieses Mal hatte», so Rossini nach der Uraufführung des Werkes am 5. März 1818. Und er arbeitete weiter daran. Für eine Aufführung im folgenden Jahr etwa fügte er dem 3. Akt eine wesentliche Szene bei, das Gebet «Dal tuo Das Streichtrio ist so traditionell wie der Titel klingt. Ein 22-Minuten-Werk im Ganzen. Durch den Namen weiss man, was es ist. Wenn man einen Kuchen backt, will man auch, dass die Leute wissen, dass es ein Kuchen ist und kein Fisch. Und Streichtrio heisst: Es muss ungefähr 20 Minuten sein, ein grösseres Werk. Es ist «Musik per se», nicht Filmmusik, Theatermusik oder Ballettmusik. Zentrum der Kammermusik, in seiner ganzen Komplexität. Es ist kompliziert, alle Instrumente sind gleichberechtigt und es steht in dieser europäischen Tradition. Dazu kommen hier dann jedoch rhythmische Sachen aus dem 21., 20. Jahrhundert, die nicht der klassischen Musik entstammen. Es ist ein sehr fetziges Stück, ein Knaller. Intensiv, virtuos und rhythmisch anspruchsvoll, aber für die Hörer nicht schwer nachzuvollziehen. Diese Musik, bei der die Schwierigkeit beim Publikum liegt, versuche ich nicht zu machen. Es ist der Interpret, der sich mit dieser Musik auseinandersetzen muss, und wenn er es dann kann, präsentiert er es und die Zuhörer sollen es geniessen. Und auch, wenn sie die Einzelheiten und Schwierigkeiten nicht unbedingt hören, bekommen sie doch die Idee und die Energie mit. Ludwig van Beethoven (1770–1827) Duett mit zwei obligaten Augengläsern WoO 32 Allegro Allegretto Viola G. Homoki Violoncello C. Bohórquez In einem Skizzenbuch Beethovens, aufbewahrt in einer englischen Biblio­thek, fand man den Eröffnungssatz eines Duos für Bratsche und Cello. Weiter hinten ein Menuett in der gleichen ungewöhnlichen Besetzung, weshalb anzunehmen ist, dass beide Bruchstücke als Teile eines entweder nicht vollendeten oder aber teilweise verlorenen viersätzigen Werkes zusammengehören, das, so lassen es weitere Skizzen auf der Rückseite schliessen, aus dem Jahr 1796 stammt. Melodisch-rhythmisch sind beide Stimmen voll notiert, die ansonsten von Beethoven vorgenommene artikulatorische Ausarbeitung fehlt jedoch und ist ganz den Interpreten überlassen. Überschrieben ist der Eingangssatz mit dem bekannten auffälligen Titel – wobei wir nicht wissen, um welche zwei Brillenträger es sich bei der Widmung handelt. Eine naheliegende Vermutung ist, dass der Cellopart Beethovens Freund Nikolaus von ZmeskallDomanovetz zugedacht war, einem fähigen Cellisten, dem Beethoven an anderer Stelle schrieb: «Liebster Baron Dreckfahrer je vous suis bien obligé pour votre faiblesse de vos yeux.» Der Bratschenpart könnte dann von dem notorisch kurzsichtigen Beethoven selbst übernommen worden sein. 23 Horace Silver (1928–2014) «Peace» (Bearbeitung: Daniel Schnyder) Horace Silver, der mit Saxophon begann und später hauptsächlich als PiaVioline nist zu hören war, gehört zu den Musikern, die den Jazz prägten wie wenig T. Samouil andere. Seit seinem Debut 1950 bis kurz vor seinem Tod im vergangenen E. Epshtein Jahr spielte er zusammen mit den Jazzlegenden seiner Zeit und förderte Viola und entdeckte neue Talente. Er prägte Richtungen wie den Hard Bebop und N. Bialobroda den Soul Jazz, viele seiner Kompositionen, oft gespielt und häufig neu arVioloncello rangiert, avancierten zu Jazzstandards. So auch «Peace», eine Ballade, die C. Bohórquez sich von einer in immer wieder neue Tonarten gerückten ausdrucksvollen Saxophon Melodie aus entfaltet und viel Raum für Improvisation und rhythmische D. Schnyder Raffinesse lässt. Ganz wie der Titel verspricht, ist «Peace» vielleicht die sanfteste, friedvollste Komposition aus Silvers Œuvre. Die Bearbeitungen in diesem Konzert reflektieren verschiedene Gebiete, Europa und auch den Jazz. Eigentlich ist es unüblich, dass Duke Ellington und Horace Silver in einem klassischen Programm gespielt werden. Ich habe nun versucht, für diese Stücke Arrangements zu schreiben, die sehr polyphon sind, bei denen aber ansonsten die Musik klar erkennbar ist, so dass das Original in einem europäischen Spiegel reflektiert wird. (Daniel Schnyder) Henryk Wieniawski (1835–1880) Étude-Caprice für zwei Violinen op. 18 Nr. 4 Violine T. Samouil G. Masin Der polnische Komponist Henryk Wieniawski gehört zu den grossen Geigenvirtuosen des 19. Jahrhunderts. Sein kompositorisches Schaffen besteht ausschliesslich aus Werken für Violine, die er für seine eigenen Auftritte schrieb. Wir hören darin die romantisch-virtuose Musik seiner Zeit, in der sich polnische Klangidiome mit der Kunstmusik des 19. Jahrhunderts verbinden. Seine «Étude-Caprice» ist ein technisch hochanspruchsvolles Virtuosenstück, das, zu schade allein für Technik-Übungen, ein Feuerwerk violinistischen Könnens auf dem Konzertpodium entfalten lässt. Häufig mit Solovioline und Klavier aufgeführt, hören Sie das Werk hier in seiner originalen Fassung für zwei Violinen. Duke Ellington (1899–1974) «In a Sentimental Mood» (Bearbeitung: Daniel Schnyder; Schweizer Erstaufführung) Violine T. Samouil E. Epshtein Viola N. Bialobroda Violoncello C. Bohórquez Saxophon D. Schnyder 24 Angeblich ist ein Streit schuld an der Entstehung eines der bekanntesten Jazzstandards überhaupt – als auf einer Party ein Freund in Zwist mit zwei Frauen geriet, setzte Duke Ellington sich ans Klavier, um die Stimmung zu beruhigen, und improvisierte. Heraus kam «In a Sentimental Mood», welches Ellington 1935 zunächst als Instrumental für Orchester einspielte. Wenig später beauftragte Ellingtons Produzent einen seiner Büroangestellten, einen Text dazu zu schreiben. Von verschiedensten Jazzgrössen in unterschiedlichsten Versionen interpretiert und eingespielt, wurde das Lied zu einer der Melodien der 1930er Jahre. Und noch heute erkennt jeder die bekannte aufsteigende Linie des Liedbeginns dieses «Stücks über seine eigene Melancholie», wie Ellington es selbst beschrieb. Zoltán Kodály (1882–1967) Serenade op. 12 Allegramente Lento ma non troppo Vivo Violine T. Samouil E. Epshtein Viola G. Homoki Wenn das Wortspiel mit dem Konzerttitel erlaubt ist: Ungarn hatte zur Zeit der klassischen Moderne in der Musik mindestens drei Könige – Bartók, Kodály und von Dohnányi. Von heute aus scheint es zwar, als sei Béla Bartók der eigentliche König gewesen, aber gerade dieser zog vor seinem Kollegen Zoltán Kodály den Hut: Wenn ein Komponist die perfekte Verkörperung des ungarischen Geistes sei, dann Kodály, soll Bartók einmal gesagt haben. Dieser war, wie Bartók, stark an der ungarischen Volksmusik interessiert und erforschte diese auch wissenschaftlich. Die Serenade für zwei Violinen und Viola entstand 1919/20, in einer für Ungarn sehr problematischen Zeit: Auch Kodály hatte sich für die nach dem Untergang der Habsburgermonarchie ausgerufene Räterepublik stark gemacht und wurde nach deren Sturz kaltgestellt. Man hört dies alles dem Werk nicht an. Bartók lobte es vielmehr als Beispiel dafür, dass die Zukunft der Musik nicht unbedingt in der Atonalität liege – Kodálys Serenade stehe fest auf dem Boden der Tonalität und enthalte doch zahlreiche harmonische Überraschungen. Antonio Vivaldi (1678–1741) «Agitata da due venti» aus «Griselda» (Bearbeitung: Daniel Schnyder; Schweizer Erstaufführung) Die «Vier Jahreszeiten» kennen wir, vielleicht auch ein paar InstrumentalVioline werke des italienischen Komponisten Antonio Vivaldi. Dass er einstmals T. Samouil als einer der berühmtesten Komponisten Europas gefeiert wurde und sich E. Epshtein unter seinem Œuvre auch mindestens 50 Opern befanden, weiss man heute Viola hingegen kaum noch. Von der 1735 uraufgeführten Oper «Griselda», die, N. Bialobroda mit einem Libretto von Carlo Goldoni auf eine Geschichte aus Boccaccios Violoncello «Decamerone» zurückgreift, sind uns nurmehr hauptsächlich zwei Arien C. Bohórquez bekannt, eine davon die hochvirtuose «Agitata da due venti». Mit ihrem Saxophon musikalisch ausgemalten Text erscheint sie als typisch barocke GleichnisaD. Schnyder rie: Auf dem von zwei Winden aufgewühlten Meer steht das Schiff kurz vor dem Schiffbruch – so wie das Herz, hin- und hergerissen zwischen Pflicht und Neigung, in Verzweiflung untergehen will. Gábor Homoki (*1989) «Elvis Lives» (Improvisation) The King is alive – Elvis lebt! Violine, Viola G. Homoki Wiedergeboren, neu interpretiert, hier und jetzt: Violoncello Pia Lassen Sie sich überraschen! D. Saxophon D. Schnyder Texte: Angela Beuerle/Jürgen Hartmann; die Kommentare zu Daniel Schnyders Werken sind einem Gespräch mit ihm entnommen. 25 P O R T R ÄT S Künstlerinnen und Künstler GWENDOLYN MASIN Gründerin & künstlerische Leiterin, Violine Die Virtuosität der als «Naturbegabung mit einer Autorität, um die sie die meisten Violinisten beneiden müssten» (The Irish Times) beschriebenen Geigerin ist kein Zufall: Gwendolyn Masin entstammt einer traditionsreichen Musikerfamilie aus Mittel- und Osteuropa. Im Alter von fünf Jahren gab sie ihr Debüt an der Franz-Liszt-Akademie in Budapest. Seitdem erhielt sie bei ihren zahlreichen Auftritten als Konzertviolinistin mit hochkarätigen Orchestern, bei Konzertvorträgen und als Solistin viel Beifall – und bei jedem Auftritt ist ihre Liebe zur Bühne förmlich greifbar. Kammermusik gehört zu ihren frühesten musikalischen Erfahrungen, und wann immer es ihr möglich ist, kehrt sie zu dieser zurück. «Sie umgeht die Fallstricke des WunderkindStatus», schrieb The Sunday Business Post, und sie war bereits in jungen Jahren regelmässig in Fernseh- und Radiosendungen zu Gast. Ihre Auftritte als Solistin mit bekannten Orchestern sowie als Kammermusikerin in Europa, Russland, Südafrika und im Mittleren Osten wurden von den Kritikern gelobt. Gwendolyn Masin schloss ihre Studien an den Royal Schools of Music in London, an der Hochschule der Künste in Bern sowie an der Musikhochschule in Lübeck mit Auszeichnung ab. Zu ihren Lehrern gehörten Herman 26 Krebbers, Igor Ozim, Ana Chumachenco, Zakhar Bron und Shmuel Ashkenasi. Masin wird nicht nur als Solistin und Kammermusikerin geschätzt – sie komponiert und transkribiert auch und berät andere Komponisten. Die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstlern nimmt einen grossen Anteil ihrer Arbeit ein. Im Bestreben, Musik leichter zugänglich zu machen, beauftragt Masin Künstler, arbeitet eng mit diesen zusammen und führt deren Musik auf oder integriert deren Kunst in ihre Interpretationen. Die Forschung und Anwendung im Bereich der Musikmethodik sind untrennbarer Bestandteil von Gwendolyn Masins Schaffen. Ihre Promotionsarbeit am Trinity College untersucht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Violinpädagogik des 20. Jahrhunderts. 2009 wurde das preisgekrönte Werk «Michaela’s Music House, The Magic of the Violin» bei Müller & Schade veröffentlicht. Das von Masin verfasste Buch ist eine Violinschule für Anfänger. Es wird 2015 ins Deutsche übersetzt und enthält persönliche Übungen und Kompositionen der Autorin. Gwendolyn Masin erteilt derzeit Violin- und Kammermusik-Meisterkurse an Instituten und bei Festivals in Europa und Nordamerika und gibt dort auch Gesprächskonzerte. Seit September 2013 ist sie Professorin für Violine an der Musikhochschule Genf. 27 DANIEL SCHNYDER Composer in Residence Saxophon und Flöte AVIV QUARTETT Violine Sergey Ostrovsky, Evgenia Epshtein Viola Noémie Bialobroda Violoncello Ofer Canetti Der 1961 in Zürich geborene Komponist Daniel Schnyder, zugleich Saxophonist und Flötist, lebt seit 1992 in New York City. Der weltweit agierende Künstler war häufig als «Composer in Residence» bei Festivals und Orchestern eingeladen. Daniels Werk ist eine Musik der Integration und spiegelt die urbane Realität unserer multikulturellen Gesellschaft wider. Er beschäftigt sich zu gleichen Teilen mit Jazz, klassischer und improvisierter Musik. Sein Personalstil nimmt Einflüsse der Neuen Musik ebenso auf wie alte Musik, ethnische Musik, multimediale Konzepte und Crossover. Meisterwerke von der Renaissance bis zum Jazz bearbeitet er und integriert sie in neuartige Programmkonzepte, die oft in einen aussermusikalischen Kontext gestellt sind. Daniels «klassisches» Œuvre umfasst Sinfonien, Streichquartette, Opern, Konzerte sowie Kammermusikwerke. Als Jazzmusiker spielte er mit P. D’Rivera, L. Konitz, R. Anderson, A. Ibrahim, L. Soloff, V. Lewis und H. Laws, was auf mehr als zwei Dutzend CDs dokumentiert ist. Seine Werke für Blechblasinstrumente wurden als wegweisend anerkannt. Daniel wurde für einen Grammy (2000) sowie für den Deutschen Musikautorenpreis (2010) nominiert. 28 Das Aviv Quartett ist Preisträger beim 3. Internationalen Kammermusikwettbewerb (Melbourne 1999) sowie weiterer Wettbewerbe in den Niederlanden, Österreich, Frankreich und Tschechien. Es ist weltweit auf wichtigen Konzertpodien aufgetreten, z.B. Carnegie Hall und Alice Tully Hall New York, Kennedy Center und Library of Congress Washington, Oper Sydney, Kölner Phiharmonie, Konzerthaus Wien, Wigmore Hall und Royal Festival Hall London, Louvre Auditorium, Théâtre du Châtelet und Théâtre de la Ville Paris sowie im Beethoven-Haus Bonn. Ausserdem trat das Ensemble in Brasilien, China, Australien, Irland, den Niederlanden, Italien, Schweden, Kroatien, Portugal, Spanien, Südafrika, Kanada, Lettland, Estland, Litauen, Belgien und der Schweiz auf. Aviv bedeutet in Hebräisch «Frühling», als Symbol für Neubeginn, Geburt und frische Gedanken – dies erfasst die künstlerische Philosophie des Aviv Quaretts: Unechte Deckschichten verschwinden zu lassen, um wahre Natur, schärfere Konturen und erhöhtes Bewusstsein zu erreichen. Die Aufnahmen für Naxos, u.a. mit Werken von F. A. Hoffmeister, E. Schulhoff und E. v. Dohnányi wurden für ihre Frische, Lebendigkeit und Qualität gelobt. ALASDAIR BEATSON Piano Alasdair ist einer der meistbeschäftigten Kammermusiker Grossbritanniens und zugleich ein Solist mit breitem und ungewöhnlichem Repertoire. Höhepunkte der Saison 2014/15 sind u.a. Tourneen als Solist mit dem Scottish Ensemble (Konzerte von Mozart und Haydn) und der Britten Sinfonia (Doppelkonzert von Abrahamsen) sowie Konzerte mit dem AdèsKlavierquintett, dem Konzert für Klavier und Bläser von Strawinsky, dem Horntrio von Ligeti und der kompletten Kammermusik von Fauré. Kammermusik machte Alasdair gemeinsam mit A. Brendel, P. Graffin, E. Höbarth, P. Kuusisto und P. Wispelwey. Seine Diskografie enthält Musik für Klavier solo von Mendelssohn und Thuille sowie die opp. 1 von Schumann, Grieg, Berg und Brahms. Kürzlich gab Alasdair Konzerte mit dem Scottish Chamber Orchestra, dem Royal Scottish National Orchestra (als Solist in Messiaens «Oiseaux exotiques», dirigiert von G. Benjamin) und Auftritte bei Festivals in Aldeburgh, Bath, Ernen, Delft, beim International Musicians Seminar Prussia Cove, beim Festival Resonances (Belgium), Oxford Chamber Music Festival und Plush Festival. Alasdair ist Künstlerischer Direktor des Kammermusikfestivals «Musique à Marsac» (Südwest-Frankreich). 29 30 NOÉMIE BIALOBRODA Viola CLAUDIO BOHÓRQUEZ Violoncello SIMON BUCHER Piano EVGENIA EPSHTEIN Violine 1988 in Paris geboren, studierte Noémie bei N. Imai und M. Da Silva an der Musikhochschule Genf und bei J. Sulem am Pariser Konservatorium. Sie hat Preise und Stipendien bei zahlreichen Wettbewerben gewonnen (u.a. Internationaler Beethoven-Violawettbewerb 2010, Fondation Hirschmann, Schweiz, und Fondation Meyer, Frankreich). Als leidenschaftliche Kammermusikerin hat sie mit L. Claret, B. Garlitsky, F. Guye, P. Müller, T. Papavrami, J. Sulem, J. P. Wallez und dem Rosamonde String Quartet bei Konzerten in Frankreich, Deutschland, Spanien, China, Österreich, Israel, den USA sowie in der Schweiz musiziert. Seit 2014 ist sie Mitglied des Aviv Quartetts. Noémie ist sehr aktiv in der zeitgenössischen Musik und arbeitet regelmässig mit dem Ensemble Modern in Frankfurt und dem IRCAM in Paris zusammen. Zwei neue Stücke für Viola und Elektronik wurden für sie komponiert und von ihr am IRCAM uraufgeführt. Ihre erste CD unter dem Label «jeunes solistes» der Fondation Meyer enthält Werke von L. Berio, B. A. Zimmermann, S. Sciarrino, G. Grisey und P. Hindemith. Sie ist Professorin am Konservatorium Genf seit 2010 und am Konservatorium Lausanne seit 2014. Seit ihm die Jury des internationalen PabloCasals-Wettbewerbs der Kronberg Academy im Jahr 2000 gleich drei Auszeichnungen verlieh, ist Claudio jedem Cellofreund ein Begriff. Der in Deutschland geborene Cellist peruanischer Abstammung zählt seither zu den gefragtesten Interpreten seines Instrumentes. Seit dem Wintersemester 2011 lehrt er als Professor an der Musikhochschule Stuttgart. Höhepunkte der Saison 2014/2015 sind mehrere Konzerte in den USA, etwa mit dem National Symphony Orchestra unter C. Eschenbach in Washington oder dem Los Angeles Philharmonic unter C. Dutoit. Im Kontrast dazu stehen Konzerte in Finnland mit der Kymi Sinfonietta unter A. Delfs. Gemeinsam mit dem Maler K.-P. Kirchner entwickelte Claudio das Installations-Projekt «Raum für Pablo Casals» als Hommage an diesen grossen Cellisten. Neben zahlreichen CD-Einspielungen, Rundfunkaufnahmen und Fernsehauftritten wirkte Claudio als Interpret für den Soundtrack von P. Englishby zum Film «Ten Minutes Older – The Cello» mit, der weltweit in den Kinos zu sehen war. Er spielt ein Violoncello von G. B. Rogeri, das ihm von der Landeskreditbank Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt wird. 2014 hat Claudio die künstlerische Leitung der Konzerttage Winnenden bei Stuttgart übernommen. Als Solist, Improvisator, Kammermusiker und Liedbegleiter ist Simon gern gesehener Gast an internationalen Musikfestivals wie dem Carinthischen Sommer, Klavierfestival Ruhr, Freunde des Liedes Zürich oder Murten Classics. Nach Studien an der Hochschule der Künste Bern bei E. Radermacher und T. Herbut vervollständigte er seine Ausbil­dung bei I. Gage an der HMT Zürich. Der mehrfache Preisträger und Stipendiat wichtiger Wettbewerbe und Institutionen ist ein gefragter Liedpartner von Sängerinnen und Sängern wie M. Boog, C. Skerath, D. Wörner, R. Adams oder R. Rosen. Als Solist arbeitet er mit Dirigenten wie D. Klajner, T. Kaljuste, M. Sanderling und K. Zehnder. Neben seinen klassischen Tätigkeiten widmet sich Simon leidenschaftlich dem Jazz, spielt improvisierte Solorezitale und ist Mitbegründer des Crossover-Duos «Petting goes Classic». Viele seiner Konzerte wurden vom Rundfunk ausgestrahlt. Bei ARS und Carus entstanden mehrere CDs. Von 2008 bis 2010 hatte Simon einen Lehrauftrag an der Hochschule der Künste Bern inne. Er ist ausserdem künstlerischer Leiter der Konzertreihe Liederstunde Bern. In Russland geboren, zog Evgenia 1990 nach Israel und studierte bei A. Zisserman, Y. Kless und I. Svetlova an der Musikhochschule in Tel Aviv sowie bei B. Shamir an der Königlichen Musikhochschule Rotterdam, wo sie ihren Masterabschluss erhielt. Während ihres Studiums gewann sie mehrere Preise bei Violin- und Kammermusikwettbewerben. Sie besuchte ausserdem Meisterklassen bei I. Stern, H. Mayer und Z. Bron. Als Solistin trat sie mit folgenden Orchestern auf: Reconsil Sinfonietta Vienna, Bucharest Philharmonic Orchestra, Zadar Chamber Orchestra; ausserdem mit zahlreichen israelischen Orchestern, darunter das Ashdod Symphony Orchestra, das Ashkelon Chamber Orchestra, die Tel Aviv Soloists und das Ramat Gan Symphony Orchestra. Sie musizierte auf allen wichtigen Konzertpodien Israels sowie im Rundfunk. Internationale Verpflichtungen führten sie nach Stockholm, Paris, Toronto, Ottawa, Guadalajara, Lagos, Wien, Zagreb, Varazdin, Split und Prag. Evgenia ist zweite Geigerin im Aviv Quartett. 31 32 GÁBOR HOMOKI Violine und Viola SERGEY OSTROVSKY Violine DAVID PIA Violoncello TATIANA SAMOUIL Violine Gábor wurde 1989 in Budapest geboren und wurde ab 2002 am Béla-Bartók-Konservatorium bei L. Dénes ausgebildet. Seit 2008 studiert er an der Franz-Liszt-Musikhochschule in der Klasse von K. Kokas und B. Kelemem, außerdem Jazzgesang an der Musikakademie. Gábor spielte sowohl Violine als auch Viola im Kelemen-Quartett, das in Ungarn ein führendes Ensemble und auch international sehr gefragt ist und mehrmals erfolgreich in den USA auf Tournee war. Gemeinsam mit M. Kaneko (Klavier) und B. László (Violoncello) gewann Gábor den Grand Prix des nationalen Kammermusikfestivals in Székesféhervár (Ungarn) sowie bereits als jugendlicher Solist mehrere Preise bei Wettbewerben in Ungarn und der Slowakei. Seit 2010 hat der Geiger mit namhaften Kolleginnen und Kollegen wie A. Ibragimova, J. Cohen, M. Ovrutsky, M. Ábrahám, J. E. Gustafsson, A. Vigh, K. E. Sundquist, M. Rysanov, L. Fenyő, N. Altstaedt, L. Fertschman und A. Rudin an internationalen Festivals in Ungarn, Frankreich und den Niederlanden teilgenommen. Gábor ist Konzertmeister des Barockorchesters Concerto Armonica Budapest und spielt eine Violine von Januarius Gagliano (1771) und eine Viola von Luigi Fabris (1862). Sergey hat sich eine erfolgreiche Laufbahn als Primarius des Aviv Quartetts, Solist, 1. Konzertmeister des Orchestre de la Suisse Romande und Professor an der HEM Neuchâtel aufgebaut. Mit der Geige begann er als Sechsjähriger, inspiriert durch seinen Vater Valery Ostrovsky. Er studierte zunächst bei D. Lapidus und trat mit 13 erstmals mit einem Orchester auf. Seine Ausbildung setzte er bei L. Gantman, Y. Gluchovsky, Y. Kless und I. Svetlova fort. Sein Master Degree Diploma legte er bei N. Morozova in Amsterdam ab. Als Solist ist er mit namhaften Orchestern in Genf, Jerusalem, Johannesburg, New York und Moskau unter Dirigenten wie Z. Mehta, Y. Levi, H. Wolff, B. Guller, U. Segal und M. Vengerov aufgetreten. Für EMI Classics spielte er mit Vengerov und dem Verbier Festival Chamber Orchestra das Concertone für zwei Violinen von Mozart ein. 2010 nahm er für Naxos Konzerte von Arensky und Conus sowie als Weltersteinspielung das Concertino op. 42 von Weinberg auf. Sergey unterrichtet Kammermusik und ist als Dirigent von Jugend- und professionellen Orchestern aktiv. Er spielt eine Violine von Grancinno (1716), deren Erwerb durch die grosszügige Unterstützung von James Mayer und «Tzfonot Tarbut» ermöglicht wurde. David ist in Basel aufgewachsen. Er studierte bei A. Meneses an der Musikhochschule Basel und bei C. Hagen an der Salzburger Universität Mozarteum. 2007 ging er als Preisträger aus dem Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau hervor und wurde dort zusätzlich für die beste Interpretation des Auftragswerkes prämiert. Seit 2010 ist David Dozent an der Hochschule der Künste Bern als Assistent von A. Meneses und ist inzwischen selbst ein gefragter Lehrer. Er unterrichtete bei Meisterklassen an der bekannten «Kronberg Academy», an der Hochschule für Musik in Freiburg i. B. sowie an Festivals in Kasachstan, Rumänien, Spanien und der Schweiz. 2012 führte ihn eine Konzerttournee mit der Geigerin S. Chang und dem Moskow Virtuosi Chamber Orchestra durch die grossen Konzertsäle der Schweiz. Solistisch konzertierte er u. a. mit dem Basler und Berner Sinfonieorchester, der Camerata de Lausanne und P. Amoyal, den Essener Philharmonikern, dem Orchester der Gustav Mahler Akademie oder dem Menuhin Academy Orchestra. Als Duopartner von Jazzsänger B. McFerrin trat er mit dem Münchner Rundfunkorchester auf und debütierte 2010 beim renommierten Lucerne Festival. David spielt das Stradivari-Cello «De Kermadec Bläss» von 1698. Tatiana stammt aus Sankt Petersburg. Ihre wichtigsten Lehrer in Moskau waren S. Fatkulin und M. Glezarowa, die Tatiana zum Solistendiplom des Tschaikowski-Konservatoriums führte. Tatiana lebt in Belgien, seit I. Oistrach sie 1997 an die Musikhochschule in Brüssel holte. Bald danach begann ihr Aufstieg, nachdem sie Preisträgerin von sieben internationalen Wettbewerben (darunter Königin-Elisabeth-, Tschaikowski- und Sibelius-Wettbewerb) wurde. Sie trat u.a. mit wichtigen Orchestern in Russland, Belgien, der Türkei, Deutschland, den Niederlanden, Italien, der Ukraine, Portugal und Argentinien auf. Auf CD veröffentlichte sie sämtliche Kammermusikwerke von C. Franck (mit D. Lively und dem Malibran String Quartet). Weitere CDs von Tatiana enthalten u.a. Stücke von S. Prokofjew (mit P. Mangova) und die Kammermusikwerke von G. Enescu mit C. Bara, G. Caussé und J. Grimm. Die Geigerin hat seit 2005 einen Lehrauftrag bei der Chapelle Musicale Reine Elisabeth inne und ist auch Professorin an der Artesis-Hochschule in Antwerpen. Dank eines anonymen Mäzens spielt Tatiana eine Violine von Stradivari von 1714, die einst dem legendären Fritz Kreisler gehörte. 33 ELEMENTE Das Forum für Gönner und Freunde mit zahlreichen Vorteilen DAS IST GAIA Impressum LEITUNG Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, GAIA heisst Musik erleben – GAIA feiert das pure Leben Möchten Sie Ihre Begeisterung, Ihre Erlebnisse oder Ihre Verbundenheit mit GAIA teilen? Sie haben die Möglichkeit dazu: Werden Sie ein Gönner oder ein Freund von GAIA. Sie lassen GAIA auf diese Weise weiter aufblühen – ein Festival, bei dem Freude und Spannung in der Musik nicht nur gehört, sondern erlebt werden und dessen inspirierende Konzerte das Publikum noch lange weiter bewegen, nachdem der Schlussakkord vergeklungen ist. Sie haben verschiedene Möglichkeiten: WASSER CHF 150.– bis 300.– (inkl. Freikarten für OpeningNight 2016) LUFT CHF 450.– bis 1 000.– (Eintrittskarten für ein Konzert 2016 nach Wahl) ERDE CHF 900.– bis 2 000.– (Eintrittskarten für ein Konzert 2016 nach Wahl und Eintrag Ihres Namens bei der Partnerliste) FEUER CHF 2 250.– bis 5 000.– Sie sind der persönliche Gönner eines Künstlers und lernen diesen bei einem Treffen kennen. (Eintrittskarten für ein Konzert 2016 nach Wahl und Eintrag Ihres Namens bei der Partnerliste) GAIA ist ein steuerbefreiter Verein. Sie können Ihren Beitrag bei Ihren Steuern abziehen. Wir freuen uns über eine E-Mail von Ihnen oder einen Anruf, damit wir Ihnen unverbindlich die Details zuschicken können. 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Mai 2016 statt. Wir freuen uns jetzt schon auf Ihren Besuch. w w w . g a i a - f e s t i v a l . c o m Gestaltung: www.neidhart-grafik.ch | Photos: Balázs Böröcz Restaurant Schloss Oberhofen Schloss Oberhofen