Aufklärung: Bewegung des 17./18. Jh., die sich gegen den

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Aufklärung:
Bewegung des 17./18. Jh., die sich gegen den Autoritätsanspruch von Kirche und
absolutistischem Staat wendet und alle Normen, Institutionen und Traditionen einer kritischen
Prüfung unterzieht. Die von England ausgehende, in Frankreich und Deutschland gereifte
Aufklärung beruft sich auf die autonome menschliche Vernunft, die als einzige Instanz über
theoretische Wahrheit und moralisches handeln des Einzelnen wie der Gesellschaft entscheiden
könne.
Charakteristisch für die Aufklärung, die in zahlreichen Zeitschriften popularisiert wurde(z.B.
von Voltaire und Lessing), waren Glaube und Fortschritt und Toleranz sowie Orientierung des
Denkens an den Naturwissenschaften (Rationalismus). Der gesellschaftliche Impuls der
Aufklärung
führte
zur
Französischen
Revolution,
zu
Liberalismus
Absolutismus.
Quelle: Harenberg Kompaktlexikon in 5 Bänden vom Harenberg Lexikon Verlag
und
aufgeklärtem
Die Legitimation des Absolutismus wird infrage gestellt – antifeudale geistige, weltanschauliche und
philosophische
Strömungen und Theoriekonzepte
I. Die Staatslehre des Absolutismus
entwickelt durch Bodin / Hobbes (Theoretiker)
II. „gemäßigte“ antiabsolutistische Lehren / Strömungen
Liberalismus/Aufklärung:
- Kant – (D)
- de Condorcel – (F)
- de Montesquieu – (F)
- Locke – (GB)
„Physiokraten“ – vor allem Fragen der Ökonomie:
- Smith – (GB)
„Enzyklopädisten“
- Voltaire – (F)
- Diderot – (F)
III. Die „radikale“ Gesellschaftskonzeption von Rousseau
I.
Jean Bodin:
- franz. Philosoph und Staatsrechtler
- geb. 1530; gest. 1596
- anfangs Mönch des Karmeliterordens
- seit 1560 Jurist in Paris
- 1572 Bartholomäusnacht – tödliche Bedrohung während der Religionskriege
- 1576 Deputierter des 3. Standes bei den Generalständen in Blois
- ab 1577 Kronanwalt in Laon
- Verfechter von religiöser Toleranz
- Begründer des „Souveränitätsbegriffes“
- Beschäftigung mit ökonomischen Grundfragen (z.B. Geldmenge – Preis)
Untersuchung T4 (s. 18)
1) Wie begründet Bodin die Notwendigkeit der Souveränität?
2) Kennzeichne den Souveränitätsbegriff Bodins!
3) Wieso ist es nicht berechtigt, Bodin als Begründer eines uneingeschränkten Absolutismus zu
deuten? (s. Schema S. 5)
1) - ein einziger souveräner Herrscher
- kann bei Streitigkeiten schlichten
- alle müssen ihm gehorchen, er sorgt für Recht und Ordnung
- sobald ein anderer in irgendeiner Sache die höhere Instanz ist, ist der Herrscher nicht mehr absolut
souverän
- es gibt nur eine Meinung über das Gesetz - keine Streitereien möglich
- Recht und Ordnung für alle
2) – Souveränität: alleinige Entscheidungskraft
- alleinige Herrschaft eines Einzelnen über alle Anderen
3) – Bodin wollte Gesetz und Ordnung (Herrscher oberster Richter, oberste Instanz)
- Bodin wollte einen gerechten Herrscher – Beschützer des Volkes und des Staates
- absolutistischer Herrscher preßt seine Untertanen aus – unterdrückt das Volk, regiert sie nicht nur
- Bodin wollte gleiches Recht für alle – Glaubensfreiheit – im absolutistischen Frankreich sind
Protestanten verboten, die Adligen sind vor dem Gesetz immer noch „gleicher“ als Menschen niederer
Stände – es herrscht Ungerechtigkeit
- Herrscher sollte auf Gesetz und Ordnung achten, nicht selbst Ungerechtigkeiten aufwerfen – sollte
„Aufpasser sein, aber ein absolutistischer Herrscher bringt sein Land durch Verschwendungssucht nur in
den Ruin.
- der Herrscher sollte für Bodin den göttlichen und den natürlichen Gesetzen Untertan sein – oftmals
sahen sich die Herrscher jedoch selbst als Gott, da sie sogar über der Kirche standen.
- „Der Herrscher hat das Recht, die obersten Behörden zu ernennen.“
- ernennen ja, er soll aber deren Handeln nicht beeinflussen
Thomas Hobbes:
- (geb. 5.4.1588 in Malmesbury, gest. 4.12.1679 in Hardwick), englischer Philosoph und Staatsmann
Werke: „Elements of Law Natural and Politic“ (1639), „Elementa philosophica de cive“ (1642), „De
homine“ (1655), „Leviathan or the Matter, Form an Authority of Government“ (1651)
- Studium in Oxford
- Arbeit als Hauslehrer
- Reisen nach Frankreich und Italien
- Bekanntschaft mit Galilei
- 1640 Flucht nach Paris
- unterrichtete den späteren König Karl II.
- 1651 Rückkehr nach England (gilt nun bei Royalisten als Verräter)
Seine Philosophie war geprägt durch die Erfahrungen der Revolutions- und Bürgerkriege in England
und Frankreich.
Er übertrug Erkenntnisse der Naturwissenschaft in die Philosophie und Gesellschaftslehre; lehnte die
(Philosophie)Theorie des griechischen Philosophen Aristoteles ab, der Mensch würde nach
Gemeinschaft streben, in seiner Theorie ist der Mensch ein nach Macht strebendes Einzelwesen, das von
Natur aus unsozial ist: „Der Mensch ist dem Menschen Wolf!“
Die Staatslehre des Thomas Hobbes
natürliche Leiden-schaften des
Menschen, Machttrieb
Widerspruch
„Kampf aller
gegen alle“
„Der Mensch ist dem Menschen
Wolf!“
Selbsterhaltungstrieb,
Wunsch nach einem
zufriedenen Leben
Notwendigkeit
„Wenn es keine übergeordnete Gewalt gibt ... so muß sich deshalb jeder ... zum Schutz vor seinem
nächsten auf seine eigene Kraft und Geschicklichkeit verlassen.“
- Gefahr einer Gesellschaftlichen Anarchie
Lösungsmöglichkeit
freiwilliger „Unterwerfungsvertrag“
„Jeder Einzelne sagt gleichsam: Ich gebe mein Recht, über mich selbst zu bestimmen, auf und übertrage
es diesem anderen Menschen oder dieser Versammlung – unter der alleinigen Bedingung, daß auch du
ihm deine Rechte überantwortest und ihn ebenfalls zu seinen Handlungen ermächtigst.“
- Geburt des „Leviathan“ – sterblicher Gott
- Staat als „Vereinigung der Menschen in einer Person“
II.
Die Epoche der Aufklärung
- geistlich – geschichtliche Epoche, beginnend im 17.Jh. abgeschlossen im 19. Jh.; Höhepunkt vor der
französischen Revolution (etwa 1780)
- prägende Richtung des Denkens, die dem Grundanliegen verpflichtet, seiner „selbstverschuldeten
Unmündigkeit“ (Kant) zu verhelfen
- Grundlage der Aufklärungsideologie ist die Vorstellung, daß der Mensch von Natur aus gut sei,
individuelle Schlechtigkeit die Folge schlechter politischer, gesellschaftlicher und religiöser
Verhältnisse sei, das kirchliche Weltbild (z.B. Erbsündigkeit des Menschen) wird abgelehnt
- Vernunfts- und Fortschrittsoptimismus der Aufklärung (z.B. Konfliktlösung in „Nathan der Weise“)
- Erziehung und Staat sollen Träger einer besseren Gesellschaft sein, in der der Einzelne in den Zustand
seiner ursprünglichen Natur zurückversetzt werden soll, in den Grundvorstellungen der Aufklärung sind
alle Menschen gleich (Egalitarismus)
- Hauptleistungen der Aufklärung im Bereich der Rechts- und Staatslehre
Positionen: - jeder Mensch ist frei geboren
- Herrschaftsverhältnisse beruhen auf einem Gesellschaftsvertrag (Konsens zwischen
Herrscher und Bürger)
- es gibt individuelle Menschenrechte, die der Staat zu schützen hat (Recht auf Leben,
Freiheit, Eigentum und Glück)
- es müsse religiöse Toleranz herrschen
- die Staatsgewalt müsse begrenzt und kontrolliert werden (Prinzip der Gewaltenteilung)
Skizzieren sie konkrete Positionen der Aufklärung!
Staatsrechtliche Vorstellungen von John Locke und Charles de Montesquieu (S. 13 & T6 & T7)
John Locke (geb. 29.8.1632 in Wrington/Bristol, gest. 28.10.1704 in Oates/Essex)
- englischer Philosoph, Pädagoge und Psychologe
- Hauptvertreter des Empirismus.
Werke: „An Essay Concerning Human Understanding“ (1690, dt. „Versuch über den menschlichen
Verstand“), „Two Treatises of Government“ (1690), „The Reasonableness of Christianity“ (1695)
- Locke´s Staatsaufbau gründet auf Naturrecht des Menschen auf Freiheit und Gleichheit
- er war indirekt am Sturz der Stuarts beteiligt
- Stammvater des Liberalismus
- „Die Gewalt der Gesellschaft oder der von ihr eingesetzten Legislative geht nicht weiter als das
gemeinsame Wohl.“
- Die Legislative „ist lediglich berechtigt, nach festen, stehenden Gesetzen zu regieren, die ...
bekanntgemacht wurden, und nicht nach Beschlüssen des Augenblicks; durch unparteiische und
aufrechte Richter, die Streitigkeiten nach jenen Gesetzen entscheiden müssen.“ – z.B.
Volksversammlung, Parlament als Legislative
- die Macht der Gesellschaft darf nur zur Vollziehung dieser Gesetze und „zur Verhütung und Sühne
fremden Unrechts und zum Schutz der Gemeinschaft vor Überfallen und Angriffen“ verwendet werden
- das alleinige Ziel jeder Tat des Staates ist Frieden, Sicherheit und öffentliches Wohl des Volkes
- um die Legislative am Mißbrauch ihrer Macht zu hindern, werden Beschlüsse, die sie verabschiedet
haben, von anderen ausgeführt; sie haben sich auch selbst an ihre Gesetze zu halten (nur wohlhabende
Familien wählen)
- eine weitere Gewalt – die Exekutive – soll auf „ die Vollziehung de erlassenen und in Kraft bleibenden
Gesetze“ achten
Charles de Secondat, Baron de la Nrède et de Montesquieu (geb. 1689, gest. 1755), französischer
Geschichts- und Rechtsphilosoph und politischer Schriftsteller
Werke: „Ursachen der Größe und des Verfalls der Römer“, „Vom Geist der Gesetze!“ (1748), u.a.
- Präsident am obersten Gerichtshof von Bordeaux
- entwickelte seine Staatstheorie unter dem Eindruck des Absolutismus
- vertritt seine politische Ordnungsvorstellung, die sich am englischen Modell des eingeschränkten
Königs durch die Exekutive orientierte
- wollte aber Rechtsprechung als eigenständige Gewalt im Gesetz verankern
- wollte die vollständige Gewaltenteilung (Judikative, Exekutive, Legislative)
- die demokratische Mitbestimmung des Volkes lehnte er ab; bei ihm überwog das monarchisch –
aristokratische Element
- auf seine Analysen greifen viele Verfassungen (u.a. USA) zurück
Smith – Wirtschaftsliberalismus
Die Wirtschaftslehre von Adam Smith
Adam Smith (geb. 1723, gest. 1790)
- englischer Volkswirtschaftler und Moralphilosoph
- Begründer der klassischen Nationalökonomie
Werke „An inquiry into the nature and the cause of the wealth of nations“ (Untersuchung über das
Wesen und die Ursachen des Volkswohlstands)
- entwarf die Theorie sozialen Handelns
- unterschied 3 elementare Tugenden:
1) das wohlverstandene Eigeninteresse
2) Gerechtigkeit (als Forderung an den Staat)
3) Güte
1776 „Untersuchung der Natur und Ursachen von Nationalreichtümern“
- Begründung der Nationalökonomie und des Wirtschaftsliberalismus
Quelle der volkswirtschaftlichen Entwicklung ist nicht der Geldvorrat und Außenhandel, sondern:
Arbeit und Arbeitsteilung
zunehmende Arbeitsteilung
Steuerung von Produkten und Verbrauch notwendig
Selbstinteresse als treibende Kraft in einer vom Staat nicht dirigierten Wirtschaft
freier wirtschaftlicher Wettbewerb führet zu einer Harmonie des wirtschaftlichen und sozialen Lebens
dank der freien Konkurrenz regulieren sich Preise Angebot und Nachfrage (Preisgesetze)
Absage an den Merkantilismus als Wirtschaftspolitik des Absolutismus
III. Die radikal – demokratische Gesellschaftskonzeption von
Jean Jaques Rousseau
Jean Jacques Rousseau (geb. 1712, gest. 1778)
- französischer Schriftsteller und Philosoph
Hauptwerke: „Emile oder Über die Erziehung“, „Bekenntnisse“, „Über den Gesellschaftsvertrag“ (1762)
- Konzeption des utopischen Zukunftsstaates
1. Kennzeichnen sie in Grundzügen das Modell des Zukunftsstaates „volonte´ generale“! beachten sie
im Ansatz Rousseaus Analyse der alten Gesellschaft!
2. Erörtern sie, wieso sich ihrer Meinung nach Rousseaus Staatsvorstellungen grundsätzlich von den
„gemäßigten“ antiabsolutistischen Theorien unterscheiden!
zu1.:
- Theorie der bürgerlichen Freiheit und Gleichheit – Freiheit und Gleichheit für alle – für jeden
einzelnen
- Die Sittlichkeit verlangt Tugend, die auf das Wohl des Ganzen gerichtet ist, von allen.
- Der Einzelne – Abgabe des Willens zu Besitz und Macht – in freier Übereinkunft – Gegenleistung ist
die bürgerliche Freiheit
- Gesetzgebung dem ganzen Volke vorbehalten – direkte Demokratie
- Vollstreckung durch nicht souveränen, jederzeit abrufbaren, zur Rechenschaft verpflichteten Vertreter
der Regierung
- Hauptproblem dabei:
- Identität von Einzel- und Gesamtwillen (-wohl)
- Aufgabe der Regierung „den Gesamtwillen ... zu artikulieren und zu stärken“
- Mittel zum Erlangen eines allgemeinen Willens ist die Abstimmung
- Sonderinteressen sind unvereinbar – deshalb auszuschließen – keine Verbände, Gewerkschaften,
Parteien, sonstige Gruppen - radikale Einstellung, die mißbrauchbar ist (z.B. – Hitler hatte auch die
Volksmeinung in sich versammelt – willenloses System, Führerkult,...)
- der höchste allgemeine Wille ist dann erreicht, wenn der „vom Egoismus befreite Bürger ... sich
gemeinsam eine politische Ordnung .. gibt“
- der Einzelne ist außerhalb des Willens – ist unfrei – er muß zu seiner Freiheit gezwungen werden –
Freiheit = Unterwerfung unter die Gesetze der souveränen Volksversammlung (Konsens- oder identitäre
Demokratie)
- „volonte´ generale“ setzt wohlerzogenen Menschen voraus
- alte Gesellschaft: (für Rousseau)
- gegeneinander gerichtete, feindselige Haltung der Menschen
- egoistisch, ungleich
- Trennung zwischen arm und reich, Herrscher und Beherrschte
- von Grund auf eigensinnig
zu 2.:
„Der Mensch wird frei geboren, und dennoch liegt er in Ketten.“ – „Sobald es [das Volk] sich befreit,
tut es noch besser daran“ – als sich dem Zwang zum Gehorsam zu beugen!
- Rousseau meint, daß man das Recht auf Freiheit mit den Mitteln, mit denen es genommen wurde,
zurückerobern sollte. Leicht radikal fordert er eine Gesellschaftsform, die mit der gemeinsamen Kraft
die Person und das Eigentum schützt und verteidigt. Trotz des Zusammenschlusses zur Gemeinschaft
soll der Mensch nur sich selbst gehorchen müssen und frei sein – gesetzliche Verankerung erforderlich
per Gesellschaftsvertrag – Bedingung: Hingabe jedes Mitgliedes mit all seinen Rechten an die ganze
Gemeinschaft.
Er sieht im Staatskörper die gesamte Gesellschaft, die in gemeinsamer Entscheidung aller im Sinne des
„volonte´ generale“ sich zu einer Republik zusammenschließt – keine einzelnen Gesetzgeber – direkte
Demokratie
- Vertrag bringt die Verpflichtung mit sich, die Gesellschaftsunfähigen- und verweigerer zur Freiheit zu
zwingen.
- Im Vergleich zu den vorherigen Einstellungen legt Rousseau die gesamte Macht in die Hand des
Volkes, das somit ohne Monarchen oder anderen Einzelherrscher sich selbst regiert. Die Freiheit steht
bei Rousseau an erster Stelle und soll deshalb mit allen Mitteln geschaffen und dann geschützt werden.
Diese Mittel scheinen jedoch eine gewaltsame Befreiung des Volkes nicht auszuschließen, dieser Weg
zur Freiheit wurde von seinen Vordenkern nicht in Betracht gezogen, eher gemieden. Er sieht in der
Errichtung eines allgemeinen Willens die höchste Erfüllung seines Freiheitsgedankens, den er um jeden
Preis erreichen will – diese radikale Verfolgung dieses Gedankens einer Republik ohne Herrscher ist die
Grundlage für die französische Revolution und für die Jakobiner.
- Locke sieht den Menschen als geselliges Wesen aber nicht als getreuen Beobachter der Gesetze.
Die wohlhabenden Klassen und Schichten werden nicht unbedingt gleichgesetzt, der Besitz ist ein
Grundrecht, das es zu schützen gilt.
- Smith fordert den Schutz der Besitztümer, ist für eine konstitutionelle Monarchie, räumt dem
Egoismus mit dem Streben nach Freihandel und Wirtschaftsliberalismus Raum zur Entfaltung ein.
- Montesquieu hat konkrete Gewaltenteilung im Gegensatz zur Lehre von Rousseau, der nur die
Regierung als unterstützende Einrichtung konkret erwähnt, sonst nur von Volkssouveränität spricht über
deren Durchsetzung er sich nicht äußert.
- Eine Volkssouveränität ist weder verwaltungstechnisch noch politisch umsetzbar. Die radikale
Verfolgung des Freiheitsgedankens schränkt die Menschenrechte des Einzelnen ein, da Freiheit für ihn
dem „volonte´ generale“ entspricht, wodurch Andersgesinnte ausgegrenzt werden. Außerdem ist der
Gedanke des allgemeinen Willens von diktatorisch ausgerichteten Personen dann leitbar und lenkbar.
Frankreich am „Vorabend“ der Revolution
Die bürgerliche Revolution in Frankreich 1789/1799
1. Phase:
1789 – 1792 – konstitutionelle Phase
2. Phase:
1793 – 1795 – radikale Phase der Jakobinerdiktatur
3. Phase:
1796 – 1799 – ergebnissichernde Phase
Die vorrevolutionäre Situation in Frankreich 1770 – 1789
- nach Jahrzehnten stürmischer wirtschaftlicher Entwicklung, seit etwa 1770 Stagnation, später
Rezession der Wirtschaft
- Kombination von Wirtschafts-, Gesellschafts- und Herrschaftskrise als Ausgangspunkt der Revolution
Wirtschaftskrise:
- rapide Steigerung der Lebenshaltungskosten (über 60%) bei fast gleichbleibenden Löhnen
- etwa 80% des Einkommens muß für Brot Aufgewandt werden
- 1788/89 akute Ernährungskrise aufgrund freizügiger Handelspolitik, von Mißernten und Viehseuchen
- Brotkrise (ständig steigende Brotpreise)
- durch seit 1786 einströmende englische, billigere Waren – Manufakturkrise – wachsende
Arbeitslosigkeit
- chronische Finanzkrise verschärft sich (1788 50% der Staatseinnahmen für Schuldentilgung)
Gesellschaftskrise:
Zusammensetzung der Gesellschaft:
Bürgertum
Großbürgertum
Bildungsbürgertum
Kleinbürgertum, Sansculotten
Triebkraft der revolutionären Politik
Adel
Geburtsadel
Landadel (meist verarmt)
Amtsadel
- Unzufriedenheit aller Stände mit dem absolutistischen ancien regime aus ganz unterschiedlichen
Gründen heraus
- Verelendung der Bevölkerungsmehrheit (Bauern, Handwerker, Lohnarbeiter [Opfer der englischen
Konkurrenz, des unmöglichen Landkaufs, der Arbeitslosigkeit])
- Differenzierungsprozeß des Adels (s.o.) – Amtsadel verdrängt Landadel; Teile des Adels von
Aufklärungsideen erfaßt
- restaurative und revolutionäre Tendenzen in der französischen Gesellschaft (restaurative Gruppen:
Landadel, Bauern, z.T. Kleinbürgertum – Angst vor der kapitalistischen Entwicklung)
Staatskrise:
- Gefahr des Staatsbankrotts (16.08.1788: Staatsbankrott Frankreichs – zahlungsunfähig)
Finanzminister fordern die Besteuerung aller Stände
Gerichtshöfe (Adelsgerichtshöfe) beharren auf Privileg der
Steuerfreiheit
Forderung nach Einberufung der Generalstände durch den König
- 5. Mai 1789: Einzug der Generalstände in Versailles (Januar 1789 gewählt)
(3. Stand = 600; 1. + 2: Stand jeweils 300 Vertreter)
Erwartungen des dritten Standes:
Gleichberechtigung der Stände
- gleiche Steuern für alle Stände
- Ausarbeitung einer Verfassung
- Beseitigung bzw. Milderung der feudalen Lasten
(Forderung der Bauern)
- König will nur über seine Steuerpläne diskutieren lassen
- Stände sollen einzeln beraten
17. Juni 1789: Abgeordnete des 3. Standes erklären sich zur Nationalversammlung
„Die Versammlung stellt fest, daß sie schon jetzt 96% der von der Nation direkt beauftragten Vertreter
vereinigt!“
- 20. Juni 1789: Abgeordnete des 3. Standes widersetzen sich der königlichen Auflösungsorder und
tagen im Ballhaus
- Ballhausschwur: „Wir schwören uns niemals zu trennen ... bis die Verfassung des Königreiches
ausgearbeitet ist ...“
Wertung der Beschlüsse vom August 1789
Die Nationalversammlung reagierte auf die wachsenden sozialen Unruhen im Sommer 1789
(Bauernaufstände in den Provinzen, Hungeraufstände in den Städten). Sie füllte damit das
Machtvakuum, das seit Juli bestanden hatte. In dieser Phase, Frankreich hatte noch keine Verfassung,
übte sie sowohl Exekutive als auch Legislative aus. Sie stützte sich dabei vor allem auf die
revolutionären neuen Stadtverwaltungen und die neu geschaffene Nationalgarde. Die ökonomischen und
gesellschaftlichen Grundlagen des Absolutismus wurden beseitigt, nach dem Vorbild der
nordamerikanischen Menschenrechtserklärung wurden in Europa erstmals, dem Grundgedanken der
Aufklärung folgend, Menschen- und Bürgerrechte gesetzlich fixiert.
Nicht soziale, sondern juristische Gleichheit wurde angestrebt. Im Interesse des Großbürgertums, aber
auch vieler Bauern wurden die Grundlagen für die Durchsetzung kapitalistischer Eigentumsverhältnisse
geschaffen. Die politischen und sozialen Interessen der städtischen Unterschichten blieben weitgehend
unberücksichtigt (sie bekommen z.B. kein Wahlrecht).
- Formierungsprozeß bürgerlicher Macht- und Besitzverhältnisse 1789/91
- vorläufiger Endpunkt: Verfassung 1791
Neuwahl der Nationalversammlung (01.10.1789)
2. Phase der Revolution 1792/94
- radikale Demokratie und Terror
Begründung des Terrors:
- Jakobiner:
radikale Demokratie („kein König“)
- Feuillants:
Großbürger – rechtsgerichtete Gruppe. die an der
konstitutionellen Monarchie festhalten
- Girondisten: Republikaner (anfangs König akzeptiert)
Rechts- und Chancengleichheit
Besitzbürgertum begünstigt
- Montaguards
- Sansculotten: 31.05. – 02.06.1793 – Aufstand der Sansculotten
radikale Jakobiner übernehmen die Macht
Konvent Revolutionsausschüsse
Wohlfahrtsausschuß
Beauftragte der
Armee
Revolutionstribunal
Bedrohung der Revolution
Kriege mit antirevolutionären
60 von 80 Departments –
Unzufriedenheit mit
Koalitionen
Aufstände
Versorgungslage
Ziele und Maßnahmen der Jakobiner:
- Besänftigung der Bauern durch entschädigungslose Aufhebung aller noch
verbliebenen Feudallasten
- bessere Versorgung der städtischen Bevölkerung, Stärkung der
Kriegswirtschaft
- Besteuerung und Zwangsanleihen gegen die Händleraristokratie zur Deckung der Staatsschulden,
Finanzierung des Krieges
- Festsetzung von Höchstpreisen (kleines Maximum) erst für Getreide, dann auch für Löhne (großes
Maximum) und Preise der Grundlebensmittel und der wichtigsten Güter
- allgemeine Wehrpflicht eingeführt, da die Verteidigung des neuen Staates Sache der ganzen Nation ist
- Volkssouveränität:
alle Bürger gleichberechtigt – bilden den Souverän
keine Beschränkung des Wahlrechts
Volk wählt Legislative und Exekutive
Allgemeinwohl im Zentrum der Verfassung
Recht der Armen auf Unterstützung
Recht auf Arbeit, Bildung
Terror als politisches Mittel
„Die Revolution frißt ihre Kinder“
- hohe Zivilstrafen
- Willkür der Justiz (Oktober 1793 – Mai 1794 – 11000 Tote)
- Einschüchterung und Kontrolle der Masse (s. Rousseau)
- Ziel: aufhalten der Bedrohung von innen und außen – Terror wird zum Selbstzweck – Stärke wird
demonstriert
unkontrolliertes Chaos wurde verhindert, Situation für Frankreich verbessert, es gab zu viele Tote
HA: Nenne Ursachen / Gründe für den Sturz der Jakobinerherrschaft! Gib eine Wertung über die
Jakobinerdiktatur ab!
Die Gründe für den Sturz der Jakobinerdiktatur sind vor allem, daß Robespierre seine Anhängerschaft
im Volk verlor als die Lebensbedingungen der Lohnarbeiter sich verschlechterten, die Kontrollen der
Lebensmittelpreise jedoch gelockert und die strengen Strafen für Warenhortung abgeschafft und
schließlich sogar streikende Arbeiter der staatlichen Rüstungsbetriebe als „Verdächtige“ verhaftet
wurden.
Auch versuchten die Jakobiner mehr und mehr den Selbstruin durch den Terror gegen abweichende
Mitglieder der Partei doch noch aufzuhalten. Als schließlich selbst das Revolutionstribunal und der
Wohlfahrtsausschuß von „Abweichlern“ gesäubert werden sollte, beschloß der Konvent am 27. Juli
1794 die Verhaftung und Hinrichtung Robespierres, womit die Jakobiner ihres Kopfes beraubt worden
waren und ihre Macht so vollständig zerbrach.
Die Jakobinerdiktatur war kurze Zeit erfolgreich, sie erreichte zum Beispiel die vorläufige
Zufriedenstellung der Bauern, die bessere Versorgung der städtischen Bevölkerung, die Stärkung der
Kriegswirtschaft, die Staatsschulden konnten getilgt werden. die Jakobiner führten auch die allgemeine
Wehrpflicht ein, sodaß es an Soldaten für die Regierung nicht fehlte. Doch die Begeisterung für die
Jakobiner war nur noch von kurzer Dauer, als sie begannen, ihre Feinde und schließlich sogar scheinbar
anders denkende Parteimitglieder aus dem Weg zu schaffen, verloren sie die meisten Sympathien des
gelehrten Volkes, also der politisch Aktiven. Die Sympathien des niederen Proletariats verloren sie dann
auch. Auf lange Sicht gesehen, konnte die Herrschaft der Jakobiner gar nicht bestehen, denn sie basierte
auf Terror.
Quellenuntersuchung und zusammenfassende Wertung
zu 1.:
- 17.06.1789 – 3. Stand erklärt sich zur Nationalversammlung
- 20.06.1789 – Ballhausschwur - >> sich niemals zu trennen, bis die Verfassung errichtet ist <<
- Der König erkennt die Nationalversammlung an und gibt damit die Gesetzgebung an sie ab.
- 14.07.1789 – Sturm auf die Bastille – das Volk siegt über den Absolutismus – das Heer löst sich auf
- politische Umgestaltung der Machtverhältnisse – der König hat seine absolute, souveräne Stellung
verloren
- Zusammenbruch der staatlichen Verwaltung, deshalb beschließt die Nationalversammlung am 4./5.
August 1789 die Abschaffung der Feudalordnung und damit die Bauernbefreiung
- aus dem Ständestaat wird nun ein Klassenstaat mit Ämter- und Gewerbefreiheit
- gesellschaftlichen Grundlagen des Absolutismus sind beseitigt
- 26.08.1789 – Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte – Proklamation von Freiheit, Gleichheit vor
dem Gesetz und Weltbürgertum
- gleichzeitige Entmachtung der Kirche durch Einzug ihrer Besitztümer durch den Staat und
Abschaffung des Zehnten
- neben Heer, der Gesetzgebung und der Verwaltung ist nun auch noch die absolutistische Machtstütze
>Kirche< weggebrochen – Frankreich wechselt vom Absolutismus zur konstitutionellen Monarchie
- Juli 1790 – endgültige Verstaatlichung der Kirche durch Aufhebung der Klöster und Orden und der
Einführung einer Priesterwahl – die meisten Geistlichen lehnen den Eid auf den Staat ab – Konflikt
>Kirche – Staat<
Im Juni 1791 versucht der König Ludwig XVI. zu fliehen, wird aber erkannt, nach Paris zurück gebracht
und daraufhin völlig entmachtet.
- 03. September 1791 – Verkündung der neuen Verfassung, die die konstitutionelle Monarchie durch die
starke Volksvertretung sichert
zu 2.:
Robespierre bezeichnet die Verfassung als Grundlage einer Aristokratie der Reichen. Er steht auf dem
Standpunkt, daß alle Menschen gleich und frei sind und die Souveränität auf dem Volk lasten solle. Er
will auch an den Grundsatz erinnern, daß alle Bürger ein Recht auf Mitwirkung an der Verfassung haben
sollen und jeder in ein öffentliches Amt gelangen können soll und nur nach Tugend und Talent bewertet
werden kann. Dies ist die Grundlage einer freien Nation für ihn. das vergleicht er nun mit der
Verfassung im einzelnen. Für ihn ist die Verfassung:
- undemokratisch, da nur wenige am Ausdrücken des freien Willens mitarbeiten können,
- eine Beraubung des Mitbestimmungs- und Wahlrechts eines jeden,
- unfair, daß die Tätigkeit in öffentlichen Ämtern von den gezahlten Steuern abhängig ist,
- eine nicht Souveränität demonstrierende Verfassung, da der Großteil seiner politischen Rechte beraubt
ist
Er bezeichnet die entstandene Nation als sklavisch, da die Freiheit darin besteht, sich von einer
Minderheit gemachten Gesetzen zu unterwerfen.
Deshalb sieht er sich gezwungen, die Sache der Nation und der Freiheit zu verteidigen.
zu 3.:
Ursache für die radikale Entwicklung ist die Machtübernahme der Jakobiner 1793 nach einem Aufstand
Sansculotten.
Bereits zuvor kommt es zum Krieg mit Österreich 1792 – Beginn der Koalitionskriege. Zu diesem
Zeitpunkt warnt Robespierre noch vor dem Krieg: „Der Krieg ist die größte Geißel, die unsere Freiheit
unter gegenwärtigen Umständen bedroht. Ein Krieg ermöglicht Terror und bringt Gefahren mit sich, ...
Verrat und schließlich Verluste. Am Ende wird man kapitulieren.“ Doch Brissot hält einen Krieg zur
Festigung der Freiheit als unumgänglich. Die Heere des Gegners (europ. Fürsten, die um ihre
Machtstellung bei Gelingen der Revolution fürchten) marschieren in Frankreich ein und verkünden, daß
sie den Schuldigen hinrichten würden. Doch diese Einschüchterung mißlang. Frankreich siegt sogar über
die preußische Armee und aus dem Verteidigungskrieg wird ein Eroberungskrieg Frankreichs.
Am 21.01.1793 wird Ludwig XVI. öffentlich hingerichtet und der Konvent erklärt Frankreich im
September zur Republik. Das Fallbeil wird zur Humanisierung der Hinrichtung dem Schwert
vorgezogen. Doch mit der Schaffung der Republik sind die inneren Probleme noch nicht überstanden.
Die exekutive Gewalt geht an den Nationalkonvent über. Hungersnöte und Inflation sowie erneute
Kriege gefährden die Republik. Die Staatsverschuldung steigt weiter. Mit der Machtübernahme der
Jakobiner im Jahre 1793 beginnt eine Schreckensherrschaft. Mit Fanatismus wir dem Staatsnotstand
begegnet. Im Juni wurde bereits die absolute Volksherrschaft verkündet, doch die militärischen
Mißerfolge der Girondisten werden zum Sturz durch die Jakobiner mit Unterstützung der Sansculotten
genutzt und Robespierre und seine „Schwertträger“ errichten eine Diktatur. Mittel zur Machtsicherung
sind Terror und Gewalt. Radikale Gesetze und Justizterror setzen die Menschenrechte nahezu außer
Kraft, die Gewaltenteilung ebenfalls und von Herbst 1793 – 1794 im Sommer sterben 40000 Menschen.
Der Terror gipfelt in der Reinigung der Jakobiner in den eigenen Reihen. Ein Ende findet die
Schreckensherrschaft in der Verhaftung und Anklage Robespierres und seiner Anhänger am 27.07.1794
und seiner Hinrichtung am 28.07.1794.
Gründe für das Scheitern der Jakobinerdiktatur
Der Sturz und die Hinrichtung Robespierres und einiger seiner Vertrauten am 28.07.1794 erfolgte, als
die Jakobinerherrschaft scheinbar gefestigt war. Sie erfolgte als Verschwörung im Konvent, viele
Verschwörer waren selbst „gemäßigte“ Jakobiner. In Paris regte sich kaum Widerstand in den Provinzen
fand der Sturz der radikalen Jakobiner Zustimmung.
1) Die radikalen Jakobiner hatten große Verdienste bei der Verteidigung Frankreichs 1793/94, in dieser
Rolle genossen sie Autorität, jetzt wünschte die Mehrheit eine Rückkehr zu verfassungsmäßigen
Verhältnissen.
2) Die Wirtschaftspolitik der Jakobiner (z.B. Gesetze über Lohn- und Preismaximum) verstieß gegen die
Eigentumsinteressen des Bürgertums und der Bauern, enttäuschte aber auch die Sansculotten, da sie dem
Prinzip der „sozialen Gleichheit“ nicht entsprach.
3) Der Staatsterror richtete sich zunehmend gegen Menschen, die bisher die Jakobiner unterstützt hatten.
4) Unter den führenden Jakobinern gab es 1794 tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten über den
weiteren Weg der Revolution. Doch die Hinrichtung des Führers der „radikalen“ Heberts und des
Führers der „gemäßigten“ Danton verlor der Wohlfahrtsausschuß die Unterstützung der Sansculotten
und die Duldung durch das Bürgertum.
Die dritte Phase der Revolution – Die Herrschaft des Direktoriums
Sturz der radikalen Jakobiner am 27.07.1794
- Großbürgertum wird wieder politisch dominierend
- Girondisten beherrschen Konvent
Hauptprobleme:
- wirtschaftliche Zerrüttung des Landes (Geldentwertung, Lebensmittelknappheit)
- Aufstände in einigen Provinzen dauern an
- Gefahr einer Gegenrevolution der Royalisten
- soziale Forderungen der Sansculotten
- Kriegszustand Frankreichs mit europäischen Feudalmächten
- liberale Wirtschaftspolitik (Aufhebung der jakobinischen Gesetze von Lohn- und
Preismaximum) löst soziale Probleme nicht
- ab 1795 Regierung eines aus 5 Mitgliedern bestehenden Direktoriums
HA: Kennzeichnen sie innere und äußere Krisenerscheinungen der Direktoriumsherrschaft bis zum
Staatsstreich Bonapartes am 09.11.1799!
- innere Krisen: Inflation und Spekulation, Hungersnöte, Korruption, soziale und politische Unruhen
halten an: 1795 Aufstand der Royalisten in Paris – niedergeschlagen von Napoleon Bonaparte, 1796 von
Babeuf angeführte „Verschwörung der Gleichen“ vom Militär zerschlagen
- allein Armee (Napoleon) ist fähig, die Lage und die Einigkeit der Nation zu sichern
- nur 2 Mio. Stimmen, 6 Mio. Enthaltungen bei Direktorialverfassungsabstimmung
- äußere Krisen: Ende des Krieges nicht abzusehen, Ablehnung des englischen Friedensangebots, vorher
alle Erfolge auf französischer Seite, nun wendet sich das Blatt – Nelson dringt ins Mittelmeer ein und
besiegt die französische Flotte am 01.08.1798 in der Bucht von Abuleir – Rückweg für Napoleons
Ägyptenfeldzugsheer abgeschnitten – kann erst 1802 zurückkehren, 2. Koalition gegen Frankreich:
England, Rußland, Portugal, Neapel und Türkei Koalitionspartner – Gefahr einer militärischen
Gesamtniederlage Frankreichs
Die Napoleonische Herrschaftsära in Frankreich
Aufstieg und Fall der „Grande Natione“
1799 – nach dem erfolglosen Ägyptenfeldzug entschließt sich General Bonaparte das „Direktorium“ zu
zerstören
- 09.11.1799 – Staatsstreich in Paris
Ergebnisse:
1) Sturz des Direktoriums
2) Entmachtung der 2 verfassunggebenden Kammern (Rat der 500, Rat der Alten)
3) Errichtung des Konsulats
Für die Masse der Bevölkerung scheint Bonaparte Garant für eine Verteidigung der
Errungenschaften der Revolution zu sein
Herrschaftsetappen:
1799/1802
Dreierkonsulat
1802/1804
Einerkonsulat
1804/1814
Bonaparte regiert nach seiner Krönung
als Kaiser Bonaparte von Frankreich
Napoleons Innenpolitik war geschichtlich gesehen widersprüchlich. Einerseits schaffte er wichtige
Errungenschaften der Revolution ab:
- Beseitigung der Republik und der parlamentarischen Ordnung
- Aufhebung wichtiger Bürgerrechte (Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Recht auf
politische Organisation)
Seine Herrschaftsweise war autoritär und undemokratisch, jede politische Opposition wurde verfolgt,
aber nicht mit den terroristischen Mitteln der Jakobinerdiktatur. Napoleon stützte sich dabei auf eine
starke Armee und ein perfekt aufgebautes Polizei- und Verwaltungssystem. Aus ihm ergebenen
Politikern, Offizieren, Beamten und Großbürgern formierte er einen „neuen Adel“.
Andererseits sicherte er wichtige Errungenschaften der Revolution ab:
- Abschaffung der feudalen Lasten
- Bestätigung der neuen Besitzverhältnisse
Napoleon förderte die kapitalistische Wirtschaftsordnung. Dies sicherte ihm die Unterstützung von
Bauernschaft und Bürgertum. mit dem „code civil“ schuf er ein neues modernes Zivilrecht, das im 19.
Jh. Vorbild für andere Staaten war (Trennung von Kirche und Staat, Einführung der Zivilehe,
Gewerbefreiheit, Gleichberechtigung der Juden, Religionsfreiheit)
„ ... Bürger, die Revolution ist zu den Prinzipien zurückgekehrt, von denen sie ausgegangen ist, sie ist
vollendet.“ (Napoleon Bonaparte 1799)
Der Einfluß des Napoleonischen Frankreich auf die Entwicklung von Staat und Gesellschaft in
Deutschland
1792 – 1797:
1. Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich
1795:
Preußen scheidet aus dem Krieg aus (Frieden von Basel)
Österreich und die anderen deutschen Staaten setzen den
Krieg fort, Frankreich bleibt Sieger und besetzt
linksrheinische Gebiete
1797:
Österreich schließt mit Frankreich Frieden (Frieden von
Campo Formio)
1797/98:
deutsche Reichsfürsten, die linksrheinische Gebiete
verloren haben, verhandeln mit Österreich und Frankreich
über territoriale Entschädigung, Kirchenbesitzungen sollten
säkularisiert werden, keine Beschlüsse (Konferenz von
Rastatt)
1798 – 1799:
2. Koalitionskrieg
wiederum militärischer Sieg des jetzt von Napoleon
beherrschten Frankreichs
Österreich bestätigt endgültig die französische Besetzung
der linksrheinischen Gebiete, die Entschädigung der vom
Gebietsverlust betroffenen Fürsten wurde vereinbart
(Frieden von Luneville)
1803:
Beschluß des Reichsdeputationsausschusses :
- Auflösung fast aller geistlichen Herrschaften,
Reichskirche, Reichsritterschaften, Reichsstädte ebenfalls
aufgelöst
4 neue Kurfürstentümer gebildet (Baden, Württemberg, Salzburg, Hessen –
Kassel)
Preußen, Baden, Bayern und Württemberg werden territorial erweitert
- Preußen gibt ca. 2000 km² ab (140000 Untertanen) und bekommt ca. 12000
km² (600000 Untertanen)
- 112 bisherige Reichsterritorien werden aufgehoben
- 3 Mio. deutsche kommen unter neue Herrschaftsverhältnisse
Folgen der „Säkularisation und der Flurbereinigung“
- Stärkung der Reichsfürsten und Schwächung des Kaisers Franz II.
- Zersplitterung Deutschlands stark verringert
- Napoleon gewinnt unter den süddeutschen Staaten starke Verbündete
Auswirkungen:
Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ steht vor dem Zerfall
Beleg: Franz II. proklamiert sich 1804 als Reaktion auf die Kaiserkrönung Napoleons unter Bruch der
Reichsverfassung zum „Kaiser von Österreich“.
Napoleon beginnt die innerdeutsche Entwicklung zu diktieren.
Die Ausschaltung Österreichs und die Zerschlagung des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher
Nation“
1805:
3. Koalitionskrieg gegen Frankreich (Österreich, England,
Rußland)
Trotz des britischen Sieges in der Seeschlacht bei Trafalgar verlor
die Koalition die entscheidende Auseinandersetzung in der
„Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz gegen Napoleon. Als
Österreich um Frieden bittet, bricht die Koalition auseinander.
- Bayern, Sachsen und Württemberg werden von Napoleon zu
Königreichen erhoben.
1806:
Gründung des Rheinbundes unter Napoleons Diktat (Anfang: 16
Staaten; bis 1811 36 Mitgliedstaaten, nur Preußen, Österreich,
Kurhessen und Braunschweig nicht)
weitere französische Umgestaltungen:
Annexionen: Hansestädte, Nordseeraum
Vasallenstaaten: Königreich Westfalen (Jerome [Bruder von N.]) – Musterland frz. Besatzungspolitik,
Großherzogtum Berg, Großherzogtum Warschau
1809 begehrt das Kaiserreich Österreich noch einmal gegen die französische Beherrschung Europas auf.
Verbunden mit patriotischen Bewegungen in einigen deutschen Ländern kämpfen österreichische
Truppen allerdings ohne Bündnispartner gegen die französischen Armeen. Nach Anfangserfolgen
(Schlacht bei Aspern) verliert Österreich die entscheidende Schlacht bei Wagram und muß sich
endgültig Napoleon unterordnen. Der Sachwalter dieser neuen Zusammenarbeit mit Frankreich ist der
neue österr. Staatskanzler – Fürst Metternich, der die 2. Heirat Napoleons mit der österreichischen
Kronprinzessin Luise organisiert.
Die Reformen in Preußen 1807 - 1812
Ausgangslage:
- Niederlage im Krieg 1806/07
- Verlust der Großmachtrolle Preußens (1807 - Tilsiter Frieden)
- Preußen im Zustand „tiefster Demütigung“ (Scharnhorst)
- tiefer gesellschaftlicher Rückstand
Möglichkeit von Reformen:
- Kriegsniederlage und Tilsiter Frieden machen Reformen notwendig
- einflußreiche Reformer besetzten wichtige Staatsämter
- preußischer König Reformen gegenüber aufgeschlossen
- internationale gesellschaftliche Entwicklung Frankreichs und Englands
Revolution von „unten“? - Revolution von „oben“!
- radikale Gesellschaftsformen
- nur Elite im „aufgeklärten“ Beamtenadel konnte Reformen durchführen
- Bürgertum in Preußen noch zu wenig profiliert
Preußen 1807/1808:
1) Preußen hatte den Status einer europäischen Großmacht verloren
2) P. litt unter der politischen Abhängigkeit, der militärischen Bedeutungslosigkeit
3) die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich unter den Bedingungen der Fremdherrschaft
und unter den Auswirkungen der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre weiter
4) die feudalen Macht- und Besitzverhältnisse haben sich als überholt erwiesen und tragen
Schuld an der Misere Preußens
5) Die Bevölkerung verharrte in Lethargie; ihre Hoffnungen auf eine Erneuerung des Staates
war verflogen
Gefahr eines weiteren Niedergangs Preußens
Notwendigkeiten:
1) Durchführung radikaler Reformen in der gesamten Gesellschaft
2) schrittweise Schaffung der Bedingungen für einen Befreiungskampf gegen Napoleon
Arbeitsblatt
Die preußischen Reformen
Thema: Die Reformen in Preußen (1807 - 1812) - eine „Revolution von oben“?
III: Die sechs großen Reformwerke in Preußen
Inhalte
1. Bauernbefreiung (1807 - 1811):
- Edikt zur Bauernbefreiung 1807: Abschaffung
der Erbuntertänigkeit, Garantie der Freiheit der
Person, des Besitzes, des Berufes und der
Rechtsgleichheit
- Ablösung der Frondienste durch Abgabe von 1/3
des Bauernlandes an den Herrn
2. Gewerbefreiheit (1810):
1810/11 Aufhebung des Zunftzwangs mit
eingeschränkter Gewerbefreiheit, viele Gesellen
selbständig
3. Städteordnung (1808): (Magistratsverfassung)
- Selbstverwaltung der Besitzbürger durch
Beamtenparlament
- gewählte Stadtverordnete durch Zensuswahlrecht
- Polizei- und Gerichtsbarkeit - staatliche Aufgaben
- Fürsorgeangelegenheiten und Schulwesen
städtisch
- Stadtparlament wählt Magistrat
4. Heeresreform (1811 - 1814):
- neue Kriegstheorie, Beförderung nach Verdienst,
Abschaffung entehrender Prügelstrafen
- Aufbau einer neuen Führung
- 1814 - allgemeine Wehrpflicht
5. Bildungsreform (1810 - 1814):
1810 Gründung der Berliner Uni, 1812 staatliche
Gymnasialordnung und das Prinzip der
allgemeinen Bildung; Pflege klassischer Sprachen,
Intentionen (Absichten, Ziele)
- Auflösung der Standesschranken
- Endzustand der Bodenverteilung Preußens 1869:
- selbsttätige Bauerngemeinden 49%
- Gutsbesitzer 45% des Grundes
- durch Sturz begünstigte Bauern 40%
- kleine Bauern auf schlechtes Land abgedrängt können Höfe nicht mehr halten - Landarbeiter
abgesunkene Handwerker, Verelendete zogen in
die Städte - arbeiteten in Manufakturen
Anstrebung eines gesamtstaatlichen Marktes,
breitere Basis der Wirtschaft - mehr
Steuereinziehungen
- viele Einmannbetriebe, Krise des Handwerkes
(Voraussetzung für Revolution 1848/49)
- Städte so gut wie möglich selbst verwaltet
- Finanzwesen städtisch
- Entwicklung eines patriotischen Volksheeres
- Bildung von Reserven, Modernisierung des
Heeres auf Napoleon - Standard
- Vorbereitung eines Befreiungskrieges
- freie Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen
sollte auch zur Verantwortung für die Nation
erziehen
Staatsprüfung der Schüler - Abitur, Reform der
Volksschule scheitert aber
- Staatsexamen für Gymnasiallehrer
6. Judenemanzipation (1812):
- jetzt gleichberechtigte preuß. Staatsbürger
nun auch für Staat verantwortlich
Wertung der Stein- Hardenbergschen Reformen
Die Zeit der politischen Veränderungen unter den Staatsministern Stein und Hardenberg gehörte zu den
fortschrittlichsten deutscher Geschichte, speziell der Preußens. Der gesellschaftliche Rückstand
gegenüber den bürgerlichen Nationalstaaten wurde verkleinert, aber nicht vollständig aufgeholt.
Vergleich zur französischen Revolution
- Preußen bleibt Monarchie ohne Verfassung und Parlament
- Adel behält politische und ökonomische Macht, ökonomische Macht des Landadels wächst sogar noch
mehr
- Preußen wird kein bürgerlicher Nationalstaat
- Bürgertum hat keine Möglichkeiten, über die zentralen Fragen der Politik mitzubestimmen
Nationalismus und Liberalismus - prägende Strömungen der bürgerlichen Ideologie des 19. Jh.
Stein (1807) über das Ziel der preußischen Reformen:
„Belebung des Gemeingeistes und Bürgersinns ... der Einklang zwischen dem Geist der Nation, ihren
Ansichten und Bedürfnissen, und denen der Staatsbehörden, die Wiederbelebung der Gefühle für
Vaterland, Selbständigkeit und Nationalehre“
Arndt (Patriot, Dichter und Berater Steins):
„Ein Volk zu sein, ist die Religion unserer Zeit.“
Nationalismus im 19. Jahrhundert
historische Wurzeln:
- Staat als „weltliche Machtorganisation der Nation“
- im absolutistischen Zentralstaat objektive Voraussetzungen für Entfaltung eines bürgerlichen
Nationenbegriffs (Zentralgewalt, Wirtschaftseinheit)
- Aufklärung und bürgerliche Staatslehre
- gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen in Frankreich, England, USA
(Herausbildung bürgerlicher Nationen)
- Gedankengut der französischen Revolution und Erfahrungen der Napoleonischen
Fremdherrschaft
- Nationalismus als Ausdruck einer stark emotional - völkischen Abwehrhaltung
1808: Volksaufstand in Spanien
1809: Aufstand in Preußen unter Major von Schill
Bauernaufstand in Tirol unter Andreas Hofer
Begriff Nationalismus:
Ideologie, die der Grundlage eines bestimmten Nationalbewußtseins den Gedanken der Nation militant
nach innen und außen vertritt. Sie versucht durch nationale Identifikation soziale Großtruppen zu einer
Einheit zu verbinden.
Belege nationalistischer Ideologien in Deutschland:
1813: „Für König, Gott und Vaterland“
1914: „Für Kaiser, Reich und Vaterland“
„Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“
(Wilhelm II. am 04.08.1914)
1939: „Für Führer, Volk und Vaterland“
Merkmale des (Nationalsozialismus) Nationalismus:
- höchster Wert der eigenen Nation
- Neigung zu Fremdenhaß und zur Geringschätzung anderer Völker
- nationale Interessen sind oft alleiniger Maßstab des Handelns
Historisch gesehen entsteht Nationalismus als Ideologie von Gesellschaftsschichten, infolge
wirtschaftlicher und sozialer Wandlungen (z.B. bürgerlicher Nationalismus) oder als Ideologie eines
Volkes im wirklichen oder vorgegebenen Widerstand gegen Fremdbestimmung (z.B. Befreiungskrieg
1813) (z.B. „Verteidigungs- bzw. Präventivkrieg“ 1939).
Besonderheiten des deutschen Nationalismus
Ausgangslage:
- zahlreiche Staaten unterschiedlicher Größe
- soziale Mißstände vorhanden, aber im Vergleich zu Frankreich geringer
- kaum revolutionäres Potential (politische und wirtschaftliche Schwäche des deutschen Bürgertums,
„aufgeklärter Absolutismus“ zeigt Reformfähigkeit von oben)
- gering entwickeltes Nationalgefühl bei der Masse der deutschen Bevölkerung
- im Bürgertum herrschte die aufgeklärte Vorstellung von Deutschland als „Kulturnation“
- Ablehnung der Revolution als politisches Ziel und Mittel durch das Bildungsbürgertum
Triebkräfte für Entwicklung des Nationalismus im 19. Jh. (Zeit bis 1815)
- Vorbild des französischen Nationalismus
- Belastungen der napoleonischen Fremdherrschaft
- antifranzösischer Fremdenhaß als Nährboden eines Abwehrnationalismus
- Ernst Moritz Arndt(1813):
„ ... Ich will den Haß gegen die Franzosen, nicht nur für diesen König, ich will ihn für lange Zeit, ich
will ihn für immer!“
- die Kulturströmung der Romantik fördert den Nationalismus, der Zustand vergangener „glorreicher
Zeiten“ des Mittelalters wird mystifiziert (s. „Deutschland - ein Wintermärchen“; H. Heine)
Der Konservatismus - herrschende Staatslehre des 19. Jh.
- politische und geistige Strömung, die sich in Philosophie und Staatslehre gegen Aufklärung,
Liberalismus und Sozialismus richtet
- Name historisch abgeleitet von der französischen Zeitschrift „Le Conservateur“ (1818 - 1820)
- entstanden als Reflexion der französischen Revolution, deren Auswirkungen bekämpft werden
- geistiges Verteidigungsbündnis der restaurativen Kräfte (Wiener Kongreß) für Thron und Altar
(Schock für Reformer)
- festgehalten werden soll an dem, was angeblich historisch und organisch gewachsen ist, vor allem an
der „von Gott gewollten“ Ordnung (Ständeordnung, Monarchie, Grundbesitz, Familie)
- Lehre von Patriachalismus:
„Wie der adlige Herr für seine Untertanen, so muß sich auch der Staat aus väterlicher Fürsorge für die
sozial Benachteiligten einsetzen.“
- lehnt nicht grundsätzliche Reformen ab, wendet sich aber strikt gegen eine radikale gesellschaftliche
Umwälzung
- in den deutschen Staaten wurde der Konservatismus vor allem vom preußischen Landadel, der
Beamtenschaft und der evangelischen Kirche getragen
- nach 1848 bzw. 1871 (Revolution, Reichseinigung) ging ein Großteil des liberalen Bürgertums auf
konservative Positionen über, der Konservatismus blieb dominierende Staatspolitik bis zur
Novemberrevolution 1918
Wesensmerkmale des Liberalismus
- ist vom Individuum und dessen Recht, eigenverantwortlich zu handeln verpflichtet
- tritt gegen jede Absicht ins Feld, die vorrevolutionären gesellschaftlichen Machtverhältnisse
wiederherzustellen
- auch gegen Versuche unmittelbarer frühsozialistischer Volksherrschaft
- gründet sein Programm in Sinne Kants auf die Vernunft (freie Entfaltung des Individuums und
Selbstbestimmung als Aufgabe) und das Naturrecht, das im Wesen des Menschen begründet liegt und
von jeder staatlichen Rechtsetzung unabhängig ist
- Wurzeln reichen bis in die Renaissance (15./16. Jh.)
- Begründer der politischen liberalen Theorie: John Locke
- tritt für eine vertragliche Sicherung des Privateigentums als Voraussetzung für die Entstehung des
Staates, für Gewaltenteilung und für die Unterstellung des Staates unter das Naturrecht ein
- Lessing, Kant, Schiller verbreiteten die liberalen Ideen im deutschen Bildungsbürgertum
- Einzelner sollte vor Übermacht des Staates geschützt werden
- darum spielt das Eintreten für Menschen- und Bürgerrechte, Presse- und Vereinigungsfreiheit, für den
Verfassungs- und Rechtsstaat eine große Rolle
- liberale Bewegung des aufsteigenden Bürgertums
Gesellschaftsideal: mittelschichtorientierte Gesellschaft der wirtschaftlich Selbständigen
- mit der Zeit aus Bürgern - Besitzbürger (Bourgeoisie)
- Bürgertum, für das Besitz und Bildung, Recht auf Freiheit zu herausragenden Werten wurde, entstand
mit der Entwicklung von Handel, Gewerbe und Industrie
- waren also ursprünglich selbständige Gewerbetreibende
- Kernpunkt war das gemeinsame Bekenntnis zu Kapitalismus, zum Konkurrenz- und Leistungsprinzip,
zum sozialen Aufstieg durch Bildung, zur Gleichheit vor dem Recht und Freiheit, zum vererbbaren
Eigentum, zur hierachisierten Ordnung der Gesellschaft
- diese bürgerliche Gesellschaft erst im 18. Jh. in England und Frankreich
- anfangs trotz der wirtschaftlichen Erfolge der politischen Macht des absoluten Monarchen unterworfen
- Revolutionen im 18. und 19. Jh.
- auf der Herrschaft auf Vertrag beruhende Verfassungsbewegung
- nach der französischen Revolution erklärten sich Bürger zu Volksvertretern
- durch Besitz neue Privilegien: Zensuswahlrecht
- in Deutschland zunächst Entwicklung des Liberalismus in den süddeutschen Verfassungsstaaten
- fünfzehnbändiges „Staatslexikon“ der Freiburger Professoren Rotteck & Welcker wurde klassisches
Handbuch des gebildeten Liberalismus in Süddeutschland
- Entstehung durch Anregungen des Reutlingers Friedrich List
- auch im Rheinland früh liberales Zentrum, in den 30ern großbürgerlicher Liberalismus entstanden, in
den 30ern - 40ern - Liberalismus dann politisch - bürgerliche Volksbewegung über Vereine, Feste,
Wahlen und Presse
- Verhältnis Bürger - Staat zwiespältig:
- Staat sollte sich nach den Liberalen aus Wirtschaft raushalten - freies Spiel der individuellen Kräfte
schützen aber nicht behindern
- dafür sollte der gesetzliche Rahmen in der Verfassung geschaffen werden
- Staatszweck nicht Macht oder Wohlfahrt, sondern Herrschaft nach Kant: „Vereinigung einer Menge
Menschen unter Rechtsgesetzen“
- neuer Staat: Rechtsstaat - Gegensatz „Polizeistaat“ (Verwaltungsstaat) - aber Veränderung der
traditionellen Staatsform nur durch Herrscher möglich - nach Kant
- durch Erziehung, als allmählichen Bewußtseinswandel und Verwirklichung des Sittengesetzes
zwischen Errichtung einer bürgerlichen Ordnung
- Freiheit des Bürgers als Fundament des Rechtsstaates
- Einzelmensch sollte nach Vernunft handeln
- soziale Rechte als Ansprüche an den Staat abgelehnt
- Streben des Einzelnen nach politischer und wirtschaftlicher Freiheitsrechtsnutzung
- geschriebene Verfassung als Grundlage des Lebens im Rechtsstaat
- u.a. Grundrechte & Gewaltenteilung; Staatsform zweitrangig (konstitutionelle Monarchie)
- Ideal des deutschen Liberalismus im 19. Jh.: parlamentarische Monarchie
- Representativsystem: Volksvertretung vertritt die Meinung aller - keine Stände oder Gruppen
- Trennung der Judikative und der verordnenden Gewalt
- bei parlamentarische Ministerverantwortlichkeit - Abgeordneter als Vertreter des Volkes
- Volksvertretung wollte vollständige Gewaltenteilung und Ministerverantwortlichkeit
- Monarch gegen Gesetzgebung mit Umsetzung
- Höhepunkt des Liberalismus während der Industrialisierung und dem Welthandel im 19. Jh.
- erster liberaler, demokratischer Staat war England - historisch bedeutend
- englische Theoretiker: John Locke, Adam Smith, John Stuart Mill
Die „Vormärzperiode“ 1815 - 1848
Die Neugestaltung Europas im Wiener Kongreß
- Ergebnisse der antinapoleonischen Befreiungskriege:
- Abdankung Napoleons 1814 und Festlegung der französischen Grenze auf den Stand von 1792
(Frieden von Paris)
- Bourbonendynastie kommt in Frankreich auf den Thron - Ludwig XVIII.
- Napoleon hatte Europa politisch und territorial umgestaltet - territoriale Neuordnung notwendig
- England und Rußland sind Hauptgewinner der Befreiungskriege
- England - unumstritten erste See- und Kolonialmacht
- Rußland - Hegemonie in Festlandeuropa
- der Sieg der Fürstenkoalition über Napoleon führte zur Wiederherstellung aller Rechts- und
Besitzverhältnisse
- erhalten bleiben Nationalismus und Liberalismus als starke politische Strömungen des europäischen
Bürgertums
- wesentliche Reformen bleiben erhalten
Ziele des Wiener Kongresses:
- Revision der durch Napoleon geschaffenen territorialen Veränderungen und Aufteilung der
territorialen Gewinne
- Wiederherstellung eines politischen Gleichgewichts in Europa
- Regelung der Verhältnisse in Frankreich
- Wiederherstellung der alten monarchisch - dynastischen Herrschaftsordnung in Europa durch
Stabilität, Kontinuität und Legitimität der Throne
- Positionen und Beschlüsse:
- geprägt durch Mächteinteressen und Gegensätze
- Versuch, ein Mächtegleichgewicht zu schaffen - Preußen - England - Habsburger Reich - Rußland Frankreich - soll Frieden sichern
- Gründung der „Heiligen Allianz“, Staatenbündnis, das sich verpflichtete, sich gegenseitig Beistand zu
leisten und die christlichen Gebote der Gerechtigkeit, Liebe und des Friedens zur Grundlage der Politik
zu machen, England nicht beigetreten, in der Folgezeit entwickelte sich die vom österreichischen
Staatskanzler Metternich geführte „Heilige Allianz“ zu einem fortschrittsfeindlichen Fürstenbündnis,
das die bestehenden, meist feudalen Machtverhältnisse erhalten wollte und nationale Bestrebungen der
Völker unterdrückte - „Restaurationspolitik“
Die politische Neuordnung Deutschlands
- Voraussetzungen:
1) Auflösung des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen“ 1806
2) Eliminierung der meisten deutschen Rheinstaaten durch die Reichsreform 1803
3) starkes deutsches Nationalgefühl infolge der Befreiungskriege gegen Napoleon
4) keine Bedingungen für einen deutschen Nationalstaat:
- ablehnende Haltung durch europäische Großmächte
- Gegensatz zwischen Preußen und Österreich
- antinationale partikularistische Haltung der meisten Fürsten
- deutsches Bürgertum politisch schwach
- im Rahmen des Wiener Kongresses wird der Deutsche Bund geschaffen
- Staatenbund ohne zentrale Exekutive
- kein einheitliches Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungssystem
- keine Triebkraft zum Nationalstaat, sondern im Sinne der „Erhaltung der inneren und äußeren
Sicherheit der deutschen Staaten“
- Mitglieder: 39 deutsche Staaten (395 Fürstentümer und 4 Stadtrepubliken)
- auch England, Niederlande und Dänemark sind Mitglieder im deutschen Bund, sie vertreten
Hannover, Luxemburg und Holstein (auch Schleswig ist dänisch)
Inhalt des Bundesvertrages festgelegt in der Bundesakte (in die Wiener Kongreßakte aufgenommen)
Deutscher Bund als:
- militärisches Defensivbündnis - keine Kriegsgefahr des deutschen Bundes
- gegenseitiges Garantieren der Souveränität
- Deutscher Bundestag (Frankfurt/Main) als beratender Ausschuß (17 feste gesandte unter Vorsitz
Österreichs)
- in allen wichtigen Angelegenheiten muß Einstimmigkeit vorliegen - nur wenig bedeutende Gesetze
- Ausführung der Beschlüsse des Bundestages bleibt den Einzelstaaten überlassen
- aus Einheiten der Einzelstaaten wird ein Bundesheer gebildet
- Empfehlung der Proklamation von Verfassungen (1815)
- in 18 Staaten Verfassungen, in 17 davon monarchisch, nur die württembergische mit Einfluß des
existierenden Bürgerparlaments - nur Badens und Württembergs Verfassungen - wirkliche Verfassungen
Der Kampf liberaler und nationaler Kräfte gegen die Restaurationspolitik im deutschen Bund
- Situation 1815:
- große Enttäuschung (dumpfe Resignation) im deutschen Volk über antinationale Beschlüsse
des Wiener Kongresses
- Mehrheit des deutschen Bürgertums resigniert, zieht sich aus politischem Leben zurück
- Minderheit versucht mit teils radikalen Methoden gegen Fürstenherrschaft und für den
Nationalstaat zu kämpfen
Träger: - akademische Jugend, liberale Teile des Bildungsbürgertums
Organisationsformen: - liberale Klubs und Vereine; - kleine radikale Zirkel
1815: Gründung der Burschenschaften als national gesinnte studentische Verbindung (Jena, Heidelberg,
Gießen, Halle, Erlangen)
Oktober 1817: ca. 500 Studenten und Professoren feiern das Wartburgfest
Anlaß: 300. Jahrestag der Reformation, 5. Jahrestag der Leipziger Völkerschlacht
- symbolische Verbrennung reaktionärer Schriften
1819: Ermordung des in russischen Diensten als Generalkonsul stehenden deutschen Schriftstellers
August von Kotzebue, der als Spitzel der „Heiligen Allianz“ gilt, durch den Studenten Karl Ludwig
Sand
- Sympathiebekundungen vieler liberaler Bürger
- Entsetzen bei den restaurativen Regierungen
Karlsbader Beschlüsse 1819
Anlaß: Ermordung des Schriftstellers Kotzebue
- auf Betreben des österreichischen Staatskanzlers Metternich
- Verabschiedung von Ausnahmegesetzen gegen demokratische und nationale Aktivisten Demagogenverfolgung
Beschlüsse des deutschen Bundes
- Verbot der Burschenschaften
- Entlassung vieler Professoren und strenge Kontrolle der Universitäten und Vereine
- scharfe Überwachung der Presse (Zensur)
- verbot der Symbole Schwarz - Rot - Gold
Die Karlsbader Beschlüsse blieben bis zur Revolution 1848 gültig, sie wurden 1831 weiter verschärft.
Die demokratische Opposition wurde zerschlagen, sie nahm aber nach der Julirevolution in Frankreich
einen erneuten Aufschwung (1830).
Der deutsche Bund wurde von Metternich im Sinne der Erhaltung feudaler Machtverhältnisse geführt,
auch Preußen nahm eine reaktionäre Entwicklung. Der für die Durchsetzung des Kapitalismus
notwendige Nationalstaat war in weite Ferne gerückt.
1. Skizzieren sie kurz die unterschiedlichen politischen Situationen in deren Rahmen die beiden
Verfassungen entstanden!
2. Beweisen sie, daß die badische Verfassung einerseits liberale Zugeständnisse aufzeigt, andererseits
vom Geist der Restauration geprägt ist!
3. Bewerten sie beide Verfassungsmodelle im Hinblick auf Gemeinsamkeiten, vor allem aber
grundsätzlichen Unterschieden!
zu 1.:
Die liberale Verfassung Badens im Vergleich zur Verfassung Frankreichs (1791)
In Frankreich hatte sich das Volk besonders der 3. Stand erhoben, sich aus den Generalständen gelöst
und am 17.Juni 1789 zur Nationalversammlung erklärt, die Bastille wurde gestürmt und das alte Heer
aufgelöst und zur Nationalgarde gebildet. Am 4./5. August 1789 wurde die Feudalordnung abgeschafft
und damit die Bauern befreit, aus dem Ständestaat wurde ein Klassenstaat mit Ämter- und
Gewerbefreiheit. Mit der Erklärung der Menschenrechte am 26.08.1789 wurde der Bürger frei, gleich
vor dem Gesetz und Weltbürger. Die Kirche wurde 1790 verstaatlicht. Der König flieht im Juni 1791
wird aber gefaßt, zurückgebracht und politisch völlig entmachtet. Erst in der Verfassung vom 3.
September 1791 bekommt er wieder eine politische Rolle als Oberbefehlshaber über das Heer, der
Ernennung der Minister und er hat ein suspensives Veto - ist exekutive Gewalt. Die Verfassung sollte
den sozialen Mißständen, Hungersnöten und der Wirtschaftsflaute entgegenwirken, die in Frankreich zu
dieser Zeit herrschte. Die Verfassung gibt sich das Volk in Form seiner Vertreter, der
Nationalversammlung selbst.
In Baden hingegen wurde dem Volk die Verfassung vorgesetzt. Um das Bürgertum milde zu stimmen
wurde der Aufforderung der Verfassungsgebung des deutschen Bundes folge geleistet.
Auf dem Wiener Kongreß wurde Einigkeit zur Erhaltung und Stärkung der Monarchie demonstriert, es
handelte sich um eine Restaurationspolitik, die dieser nationalen und liberalen Bewegung in
Deutschland entgegenwirken sollte. Europa ist gerade neu aufgeteilt worden. Nach dem Wiener
Kongreß verlor sich die Demokratiebewegung in einigen Gruppen aus der akademischen Jugend. Das
Wartburgfest zeigte kurzzeitig einen Neuansatz doch dieser wurde von Metternich im Keim erstickt. An
der Monarchie gab es zu dem Zeitpunkt keinerlei Zweifel, und eine Revolution war nicht in Sicht.
zu 2.:
Die Verfassung wird erstens vom Herzog und Großherzog Carl beschlossen. Sie beruht auf einer
restaurativ - absolutistischen Konzeption „Geschenk des Königs“.
Die Volkssouveränität wurde abgelehnt, das Zensuswahlrecht beibehalten und der Monarch somit in
seiner Position gefestigt. Alle Rechte der Staatsgewalt wurden dem Monarchen, in Baden dem
Großherzog zugesprochen. Er war die Legislative von Baden.
Er hat den Oberbefehl über das Heer, ernennt die Richter, ernennt und entläßt die Regierung, bestätigt
Gesetze, erläßt Verordnungen und beruft den Landtag ein, vertagt ihn oder löst ihn auf.
Somit vereinigt der Großherzog alle drei Gewalten (wenn auch nur indirekt) mittels ernennen und
entlassen von Handlangern in seiner Person.
Die Adelsprivilegien wurden somit durch die Vorherrschaft in der 1. Kammer gefestigt. Das
Zensuswahlrecht regelt die Ständegesellschaft. Damit waren alle restaurationspolitischen Ziele des
Wiener Kongresses umgesetzt. Liberale Züge weist die Verfassung in der Gleichsetzung der beiden
Kammern, Baden war das einzige Gebiet, in dem die II. Klasse keine ständische, sondern von Vertretern
der Bezirke besetzte ist. Weitere liberale Zugeständnisse sind die Mitspracherechte der Kammern bei der
Steuerbewilligung und beim Beschluß von Gesetzesentwürfen, wobei die Gesetzesinitiative weiter beim
Herzog bleibt.
zu 3.:
Beide Verfassungen basieren auf dem Zensuswahlrecht nach Besitz und Einkommen, schließen die
Frauen von der Wahl aus. In beiden wird den Wahlberechtigten nur die Wahl von Wahlmännern
zugesprochen. Diese wiederum wählen eine Art Parlament. in Frankreich die Nationalversammlung, in
Baden die Kammern des Landtages.
Doch in den Aufgaben unterscheiden sich die Parlamente erheblich. Während die Nationalversammlung
die zentrale Macht der Verfassung ist und die Legislative stellt, die Nationalgarde beaufsichtigt, hat der
Landtag keine zentrale Stellung, da der Monarch die Legislative und Exekutive direkt und die Judikative
über von ihm eingesetzte Richter in sich vereint. In Frankreich ist der Monarch der Führer der Exekutive
mit lediglich suspensivem Veto als mäßig wirksames Mittel der Einflußnahme auf die Gesetzgebung. In
Frankreich waren die Gewalten durch gegenseitige Kontrolle untereinander verschränkt, in Baden lag
die Kontrolle der Institutionen allein beim Großherzog. Auch waren die Mitglieder und Ämter in
Frankreich für jeden wahlberechtigten zugänglich. Die Verfassung in Baden war eine von oben
aufgesetzte restaurativ - absolutistische Verfassung in während die französische von der
Nationalversammlung und damit aus dem Bürgertum entstand. Die französische Verfassung wie auch
die badische gaben den Oberbefehl über das Heer in die Hände des Monarchen. Während in Baden alle
Gewalt zentral vom Großherzog ausging, wurde in Frankreich in sich selbst verwaltende Departements
unterteilt. In Frankreich herrschte zu diesem Zeitpunkt keine Feudalordnung mehr, welche in Baden die
Adelsprivilegien sichert. Die französische Verfassung legte außerdem die Wahl aller Beamten, Richter
und Geschworenen fest. Es handelte sich um eine konstitutionelle Monarchie mit garantierten
Menschen- und Bürgerrechten.
Die badische Verfassung verhinderte den anderen Institutionen die Kontrolle des Monarchen nahezu
vollständig. Es wurden lediglich das Petitionsrecht und Recht auf Bitte um Gesetz zugestanden.
Julirevolution in Frankreich 1830
politisches System unter Ludwig XVII.:
- Verfassungsurkunde 1814 „Charte constitutionelle“
- Vorbildcharakter für süddeutsche Verfassungen
- König gesamte Exekutive
- Stände politische Mitwirkung bei Gesetzgebung und Steuerbewilligung
- Grundrechte (Religionsfreiheit, Eigentumsschutzrecht)
- aber: indirektes Wahlrecht mit hohem Zensus
- nur König durfte Gesetze vorschlagen
- Forderung der Bürger: Stärkung des Parlaments in der Verfassung
Zielsetzung Karl X.:
- keinerlei Machteinschränkungen seiner Macht
- wollte konstitutionelles System aufheben
- änderte das Wahlrecht zu Ungunsten des Bürgertums
- antwortete mit Kammerauflösungen auf verstärkte Opposition
Anlaß der Julirevolution: - Juliordonanzen 1830
- Aufhebung der Pressefreiheit
Verlauf:
- in den letzten Julitagen Barikadenaufstände in Paris
- Trikolore taucht wieder auf
- königliche Soldaten solidarisieren sich zum Teil mit den Aufständischen
- König flieht nach England - Dynastie der Bourbonen geht zu Ende
Ergebnisse:
- Kammer berief Herzog Louis Phillipe von Orleans zum neuen „Bürgerkönig“
- mußte auf die revidierte Verfassung schwören:
- Verbot der Zensur
- Gesetzesinitiative durch das Parlament
- geringfügige Erweiterung des Wahlrechts und Trikolore wird Nationalflagge
neue Qualität der liberalen und nationalen Bewegung nach 1830:
- größere Massenbasis
- Rolle der Bauern und Industriearbeiter wächst
- radikaldemokratische und sozialistische Strömungen werden etwas stärker
- soziale Forderungen werden lauter (stärker vertreten)
Die Revolution von 1848/49
Die Februarrevolution in Frankreich
Anlaß:
- Unzufriedenheit mit Wirtschaftslage und Zensuswahlrecht
- Demonstrationen für allgemeines Wahlrecht (ohne Frauen) werden von Regierung am 22.02.1848
verboten
- Arbeiter und Studenten bauen Barrikaden, starke Rolle des Pariser Proletariats
- Nationalgarde unterstützt mehrheitlich den Aufstand
- Bürgerkönig Louis Phillipe dankt ab und flüchtet nach England
- Bildung einer provisorischen Regierung am 24.02.1848 aus Vertretern der Liberalen und
Radikalsozialisten, erstmals Vertreter von Arbeiterinteressen in Regierung (Blanc)
erste Maßnahmen der neuen Regierung:
- Garantie des allgemeinen Wahlrechts
- Einrichtung von Nationalwerkstätten, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen
- in den Folgemonaten wachsende Spannungen zwischen Besitzbürgertum einerseits und Proletariat
andererseits
22.06.1848: Junischlacht in Paris
Anlaß: Schließung der Nationalwerkstätten in Paris
- verzweifelte Pariser Arbeiter kämpfen gegen Regierungstruppen unter den Losungen der
sozialistischen Bewegungen „Abschaffung der Ausbeutung der Menschen durch die Menschen“; „Brot
und Freiheit oder Tod“
- der Aufstand der Pariser Arbeiter wurde mit blutiger Gewalt (etwa 3000 Tote) niedergeschlagen
Die Märzrevolution in den Staaten des deutschen Bundes
seit 1847: Formierung einer politischen Opposition in einigen deutschen Staaten
Hochburgen: Baden, Rheinland, Pfalz
Formulierung der „Märzforderungen“:
1. Wahl eines gesamtdeutschen Parlaments
2. allgemeines Wahlrecht
3. Presse- und Versammlungsfreiheit
4. Volksbewaffnung
5. Bildung eines Nationalstaates
6. Gewährung liberaler Verfassungen
- Führungsrolle des liberalen Bürgertums, aber auch aktive Teilnahme der Bauern und Arbeiter, die
ihrerseits soziale Forderungen stellten (Abschaffung aller feudalen Lasten, Recht auf Arbeit)
- in den süddeutschen Staaten rascher Erfolg der Märzrevolution, kein Widerstand der Dynastien,
Vertreter der liberalen und nationalen Opposition werden in Regierungen berufen („Märzminister“)
5. März 1848: politische Vertreter der Opposition versammeln sich in Heidelberg
Beschluß: Einberufung eines Vorparlamentes
- Vorbereitung von Wahlen einer Nationalversammlung
- heftige Auseinandersetzungen zwischen einer radikaldemokratischen Minderheit (Hecker, Struwe) und
einer liberalen Mehrheit:
Republik oder konstitutionelle Monarchie
Die Verfassungsdebatte der Frankfurter Nationalversammlung
April 1848: - Wahlen eines nationalen Parlaments (kein Zensuswahlrecht, ca. 80% der Männer
wahlberechtigt)
- Wähler wählen Wahlmänner - die wählen die Abgeordneten („Zwischenwahlrecht“)
18. Mai 1848: - feierliche Eröffnung in der Paulskirche in Frankfurt
- 573 Abgeordnete anwesend
Juni 1848:
- Erzherzog Johann wird zum „Reichsverweser“ ernannt
- aber ohne exekutive Vollmachten
März 1849:
- Verabschiedung eines Verfassungsentwurfes
- die einflußreichsten Staaten lehnen ab
der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnt die angebotene Kaiserkrone ab - die
Nationalversammlung beginnt sich im Frühjahr 1849 aufzulösen
- Mehrheit resigniert und beendet ihre Tätigkeit
- radikalrepublikanische Minderheit siedelt nach Stuttgart über (sog. „Rumpfparlament“) und setzt dort
Tätigkeit fort
- werden nach einiger Zeit ebenfalls auseinandergejagt
Probleme der Nationalversammlung:
Aufgabe: Erarbeitung einer Reichsverfassung als Grundlage für einen deutschen Bundesstaat
Belastungen durch:
1. widerstrebende Ziele in der Nationalversammlung
Mehrheit:
Minderheit:
konstitutionelle Monarchie
Republik
starke Zentralgewalt
starke Stellung der
Einzelstaaten
kleindeutsche Lösung
großdeutsche Lösung
dt. Staatenbund unter
dt. Nationalbund im
preuß. Führung unter
Territorium
des Deutschen
Ausschluß Österreichs
Bundes
gegen nationales Selbstfür nationale Autonomie
bestimmungsrecht der nationalen Minderheiten
2. sinkende Autorität der Nationalversammlung
- keine Parteien mit klarem Zielprogramm
- mangelnder Realitätssinn vieler Abgeordneter
- aufgrund nationalistischer Tendenzen Verlust der Sympathien in Frankreich und England
- bei den Volksmassen gilt die Nationalversammlung zunehmend als „Schwatzbude“
- Diskussionen über einen Reichsverfassungsentwurf ziehen sich bis 1849 hin
- Österreich - Ungarn verweigert seit Ende 1848 Teilnahme an der Reichsverfassung
Frankfurter Nationalversammlung Gewalt ohne Macht
„Zentralgewalt, Zentralgewalt, wie mächtig das und prächtig schallt, zum Unglück aber fehlt ihr halt
bis jetzt noch Zentrum und Gewalt“ (Dingelstedt)
- verfügte über keinen Verwaltungsapparat
- finanziell von Einzelstaaten abhängig
- keine Kompetenzen in der Außenpolitik
- Frankfurter „Reichsministerium“ wurde weder von den deutschen Einzelstaaten noch vom
Ausland anerkannt
- Annahme des Reichsverfassungsentwurfes am 27.03.1849 (267 - ja gegen 263 - nein Stimmen)
- Grundsätze des Entwurfes:
- weitgehende Umsetzung liberaler Rechtspositionen
- fortschrittliches Wahlrecht - Mitwirkung der Bürger würde wachsen
- Staatsform: konstitutionelle Monarchie
- Exekutive hat Schlüsselposition im Staat, Konzept des Erbkaisertums, keine wirkliche
Gleichheit der Gewalten
Die Ablehnung der Reichsverfassung und die Reichsverfassungskämpfe
Gründe für die Ablehnung:
- Preußen und Österreich schon auf dem Weg der Restauration
- nur 28 Fürsten stimmten zu; Österreich, Bayern, Hannover, Sachsen u.a. lehnten ab.
- Verfassungswerk gescheitert
- Volksaufstände in Sachsen, Baden (bayrische) Pfalz zumeist von März - Mai 1849 immer erfolglos vom Militär zerschlagen (Maiaufstand in Dresden 5. - 9. Mai 1849 großer Aufstand)
Gründe für die Ablehnung der Kaiserkrone Preußens
- Krone nicht von Gottes Gnaden
- sollte vom Volk gewählt werden - war nicht
- Mitzustimmung aller Fürsten nicht vorhanden (Ö)
- Angst vor einem Bruderkampf gegen Österreich und Verbündete (z.B. Bayern)
Mai - Juni: Kämpfe der badischen Revolutionsarmee
23.07. Fall der Reichsfestung Rastatt durch preußische Armeen - sehr blutig zur Kapitulation
gelangt
Die Bewertung der Revolution von 1848/49 in Deutschland
Verglichen mit der Revolution 1789 veränderte die Revolution in Deutschland die Verhältnisse nicht.
1. Die liberale Mehrheit des deutschen Bürgertums wollte keine radikalen Veränderungen: Angst vor
den Volksmassen trieb große Teile des Bürgertums in ein Bündnis mit dem Adel, dem Bürgertum war
die Freiheit des Eigentums wichtiger als die politische Freiheit
2. Bauern und Industrieproletariat nehmen nur teilweise aktiven Anteil an der Revolution
3. Die Revolution hatte zu wenig einheitliche Ziele
4. Die Revolution hatte keine einheitliche Führung und keinen koordinierten Verlauf, der provisorischen
Zentralgewalt er Paulskirche fehlten die Machtmittel, um ihre Beschlüsse umzusetzen.
Ergebnisse der Revolution in Deutschland:
1. Der demokratische Nationalstaat konnte nicht realisiert werden, der Adel hielt seine politische Macht
im Rahmen der Einzelstaaten.
2. Die überregionale Nationalbewegung war erstarkt, es bilden sich politische Parteien heraus.
3. Das restaurative System Metternichs war beendet, viele Ergebnisse des März 1848 blieben erhalten.
4. Die Form des deutschen Einheitsstaates, ein kleindeutsches Reich als Bundesstaat unter preußischer
Führung und als konstitutionelle Monarchie, war vorgezeichnet.
5. Eine absolutistische Fürstenherrschaft war nicht mehr möglich, die Einzelstaaten erhielten
Verfassungen.
Die Schaffung der nationalstaatlichen Einheit Deutschlands unter Führung Preußens
Situation 1848/66:
- Wiederbelebung des Deutschen Bundes (1850) unter Führung Österreichs, aber wachsender
Gegensatz zwischen Österreich und Preußen (preuß. - österr. Dualismus)
- stürmische Industrialisierung in den meisten deutschen Einzelstaaten
- 1852 Reaktivierung des deutschen Zollvereins
- Formierung eines wirtschaftlich starken, politisch selbstbewußten Bürgertums
- liberale Verfassungsmodelle werden durch rückschrittliche ersetzt
- wachsende außenpolitische Spannungen in Europa
1861/62: Staatskrise in Preußen:
- Wilhelm I. wird König
- plant Heeresreform (Erweiterung des Heeres, Einführung einer dreijährigen Wehrpflicht)
- bürgerliche Mehrheit im preußischen Landtag lehnt die Zustimmung zum Heeresstaat ab
- nach Auflösung durch den König kommt es zu Wahlen zum Abgeordnetenhaus 1861 und 1862
- Stärkung der liberalen Mehrheit, die bleibt unnachgiebig
- Wilhelm I. trägt sich mit dem Gedanken der Abdankung: „Ich lasse mich nicht zum Sklaven
des Parlaments machen!“
- Auf Vorschlag des Kriegsministers von Roon wird der als reaktionär geltende Bismarck zum
Ministerpräsidenten ernannt.
Otto Eduard Leopold Graf von Bismarck - Schönhausen
- Fürst von Bismarck (seit 1871)
- geb. am 01.04.1815 in Schönhausen; gest. am 30.07.1898 in Friedrichsruh
- 1832 - 1835 Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen und Berlin
- 1836 - 1838 Referendarzeit in Aachen
- 1839 - 1846 Bewirtschaftung seiner Güter in Pommern
- 1847 - 1848 als Mitglied des preußischen Landtages - Wortführer der reaktionären Kräfte
- 1848 - 1859 Gesandter Preußens im Deutschen Bund - entfacht gegenüber Österreich einen
Konfrontationskurs
- 1859 - 1862 im diplomatischen Dienst in Rußland und Frankreich
- 08.10.1862 Ernennung zum preußischen Ministerpräsidenten
Die Grundprinzipien der Staatspolitik Bismarcks
1. Staatsegoismus:
- Eigennutz ist die Grundlage eines gesunden, starken Staates
2. Unideologisches Zweckmäßigkeitsprinzip:
- Nicht weltanschaulich geprägter Liberalismus bzw. Konservatismus sollten Prinzip der Staatspolitik
sein, sondern programmatisches Denken. Ziel ist die Stärkung des Staates.
- Prinzip der vorteilsorientierten Realpolitik ohne moralisch weltanschauliche Grundsätze:
„Grundsätze wirft man, auf die Probe gestellt, weg, wie der Bauer die Pantoffeln und läuft, wie einem
die Füße gewachsen sind“ (Otto von Bismarck)
3. Ausgleichspolitik:
- Ziel der Außenpolitik ist ein stabiles Gleichgewicht der europäischen Mächte.
4. Nutzung der „Deutschen Frage“:
- Die nationale Idee in Deutschland soll Mittel sein, die preußische Vorherrschaft über Deutschland zu
realisieren und den preußisch - österreichischen Dualismus zugunsten Preußens zu lösen. Konzept der
Schaffung eines preußisch orientierten Nationalstaates durch den Weg von „oben“
- Bismarck 1862 zur Lösung der deutschen Frage:
„Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die Fragen der Zeit entschieden - das ist der
Fehler von 1848 und 1849 gewesen - sondern durch Eisen und Blut“
- Heeresreform wird 1862 auch ohne Zustimmung des Landtages durchgeführt
- Bismarck interpretiert die Verfassung im Sinne des Königs (Landtag muß nicht zustimmen)
- Lückentheorie der deutschen Verfassung
Der deutsch - dänische Krieg 1864
Ursache: Versuch Dänemarks, Schleswig einzuverleiben
- deutsche Öffentlichkeit fordert Unabhängigkeit für Schleswig - Holstein
Verlauf: verbündete preußisch -österreichische Truppen schlagen dänische Armee
Ergebnisse: Schleswig fällt unter preußische, Holstein unter österreichische Verwaltung
seit 1865: rapide Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Preußen und Österreich
- Bismarck steuert einen Konfrontationskurs, mit dem Ziel, den Dualismus zwischen beiden
Hauptrivalen durch einen Krieg zu lösen.
Der deutsche Krieg 1866
Ursache: Bestreben beider Großmächte den „deutschen Dualismus“ mit Waffengewalt zu lösen
Anlaß: Streit in der Schleswig - Holstein - Frage
- günstige äußere Bedingungen Preußens:
- Unterstützung Rußlands für die Position Preußens
- Italien bot Preußen militärische Unterstützung an
- Frankreich war an einer Schwächung Österreichs und Preußens interessiert und verhielt sich
neutral.
- England in seinen Interessen nicht berührt, erklärt Neutralität.
Verlauf:
- Österreich bringt Schleswig - Holstein - Frage vor den deutschen Bund
- Preußen reagiert mit der militärischen Besetzung Holsteins
- Deutscher Bund erklärt auf Antrag Österreichs Generalmobilmachung gegen Preußen
- Preußen tritt daraufhin aus dem deutschen Bund aus
- militärische Auseinandersetzung zwischen 13 bundestreuen Staaten unter Führung Österreichs
(süddt. Staaten, Sachsen, Hannover) und 18 Sezessionsstaaten unter Führung Preußens
- entscheidender militärischer Sieg in der Schlacht bei Königgrätz in Böhmen gegen das
österreichische Heer
Die Ergebnisse des Bruderkrieges:
- Preußen annektierte Hannover, Kurhessen, Nassau, Frankfurt, Schleswig - Holstein
- formale Auflösung des Deutschen Bundes
- Bildung eines norddeutschen Bundes
- Folgen des Krieges:
- kleindeutsche Lösung hatte sich endgültig durchgesetzt
- Preußen hatte seine Stellung als Großmacht gefestigt
- Österreich zieht sich aus Deutschland zurück, konzentriert sich auf Balkaninteressen (1867 K. u. K.
Monarchie)
- die deutsche Einheit wird gefördert durch einen feudalen Kabinettskrieg, die liberale Bewegung stand
dem ohnmächtig gegenüber
- Bismarcks erfolgreiche Politik festigt seine Autorität in Preußen (z.B. nachträgliche Bewilligung der
Heeresreform durch Landtagsmehrheit 1867)
Struktur und Organisationsformen des norddeutschen Bundes:
- Staatenbund unter Wahrung der einzelstaatlichen Souveränität
- gemeinsames Parlament
- Zusammenfassung der Armeen
- Bundespräsidium, Bundeskanzler, Bundesrat, gem. Reichstag
- Befugnisse gemeinsamer Organe (z.B. die Wirtschaftgesetzgebung)
- allgemeines, direktes Wahlrecht für Reichstag - Bestandteil der Reichsverfassung
- sollte Gegengewicht zu den zentrifugalen Kräften eines Staatenbundes bilden
- Elemente einer modernen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung:
- allgemeines, direktes Wahlrecht
- Verfassung
- allgemeine Gewerbefreiheit
Vorbereitung eines deutschen Einheitsstaates:
- hatte die Gestalt des kleindeutschen Reiches 1871
- gemeinsames Parlament
- gemeinsame Armee
- gemeinsame Verfassung
- Reichsvereinheitlichung durch gemeinsames Handels- und Strafgesetzbuch
- Freizügigkeit im gesamten Bundesgebiet
- Vereinheitlichung der Maße und Gewichte
- Währungsangleichung
Der Prozeß der Reichsgründung 1870/71
die Verfassung des norddeutschen Bundes:
preußischer König - Bundespräsident
Bundesrat der Fürsten, in dem Preußen 17 von 43 Sitzen hat und als einziger Staat Vetorecht besitzt
- gemeinsame Gesetzgebung mit dem Reichstag:
- aus allgemeinen, direkten und geheimen Wahlen hervorgegangenes Parlament
- Dominanz der liberalen Parteien
- Bismarck wird Bundeskanzler
- dem Reichstag nicht verantwortlich
1867/70: Prozeß der Anbindung der süd- und südwestdeutschen Staaten
- militärische Schutzbündnisse mit Preußen
- Heeresreform nach preußischem Vorbild
- Zollvereinsverträge mit dem norddeutschen Bund
Der wachsende Gegensatz zu Frankreich
- außenpolitische Konzeption Napoleon III:
- Hegemonialstellung in Europa
- Verhinderung einer kleindeutschen Lösung, um eine preußisch orientierte Großmacht zu verhindern
- Strategie der französischen Diplomatie: „Mainlinienpolitik“
- Österreich als Bündnispartner gewinnen
- harte Abwehr außenpolitischer Aktivitäten Preußens
- Unterstützung partikularistischer Bewegungen in Süd- und Südwestdeutschland
- Versuch, die süddeutschen Staate in seinem angestrebten Krieg mit Preußen zu neutralisieren
Schwachpunkte der aggressiven französischen Politik:
- Vorbehalte der deutschen Fürsten gegen einen deutschen Nationalstaat unter preußischer Führung
werden überschätzt
- anders als 1848 keine geschlossene Abwehrstellung der europäischen Großmächte gegen eine
Reichsgründung in Deutschland, England akzeptiert widerwillig, Rußland sieht im deutschen Reich
einen starken zukünftigen Verbündeten
- Österreich sucht keinen Revanchekrieg mit Preußen, orientiert langfristig auf ein Bündnis mit dem
kommenden Deutschen Reich (Balkaninteressen haben Vorrang)
- Napoleon III. überschätzt die Kampfkraft der französischen Armee - außenpolitische Isolierung
Frankreichs um 1870
Der deutsch - französische Krieg 1870/71
militärischer Verlauf:
18.07.1870: Kriegserklärung Frankreichs an Preußen (Emser Depesche*)
- alle süddeutschen Staaten erklären ihre Kriegsteilnahme auf Seiten Preußens und des norddeutschen
Bundes
- Österreich - Ungarn verhält sich neutral
- sofortige Initiative der deutschen Armee
- militärische Erfolge im August
- französische Rheinarmee unter Bezaine wird in der Festung Metz eingeschlossen
02.09.1870: Kapitulation der Armee Mc Matrons bei Sedan
- Napoleon III. gerät in deutsche Gefangenschaft
04.09.1870: Ausrufung der Republik in Paris
15.09.1870: beginnende Belagerung Paris
Dez. 1870/ Jan. 1871: Versuche der neu formierten französischen Armeen, im Süden und Norden die
Belagerung zu durchbrechen, scheitern
18.01.1871: Proklamierung des deutschen Reiches in Versailles
10.05.1871: Friedensvertrag in Frankfurt/Main
5 Mrd. Franc Kriegsentschädigung für Deutschland
Elsaß - Lothringen fällt an Deutschland
Die wichtigsten Schritte zur Reichsgründung 1871
Geheimverhandlungen mit den süddeutschen Staaten:
- Gewährung von Sonderrechten (Reservatsrechte) für süddeutsche Länder
- Mitsprache bei der Heeresorganisation
- Selbstverwaltung von Post und Bahn
- Bayern erhält Sonderrechte (z.B. Militärhoheit in Friedenszeiten)
- Abschluß von Novemberverträgen der süddeutschen Länder mit dem norddeutschen Bund
- Vorbehalte liberaler Kräfte im norddeutschen Bund
- gegen Sonderrechte der süddeutschen Staaten
- Bismarck orientiert auf Erneuerung des Kaisertums und auf die Erklärung eines deutschen Reiches
Dez. 1870: Der bayrische König Ludwig schlägt in einem von Bismarck formulierten Brief Wilhelm I.
als deutschen Kaiser vor (2 Mio. Bestechungsgelder an Bayern)
Die Proklamation des Deutschen Reiches 1871
1. Januar 1871: Reichsverfassung tritt in Kraft
- Großherzog von Baden rief Wilhelm I. als „Seine kaiserliche und königliche Majestät, Kaiser
Wilhelm I.“ aus
- feierliche Proklamation am 18.01.1871 in Versailles
- Huldigung des Kaisers durch die Landesfürsten
- patriotische Stimmung in der deutschen Bevölkerung
Die Reichsverfassung
Die wesentlichen Staatsorgane:
1. Der Monarch:
- auf immer der preußische König Kaiser
- Kaiser übt die exekutive Gewalt aus
- verantwortlich für alle Beschlüsse in der Außenpolitik
- er benennt Reichskanzler
- hat Oberbefehl über Heer und Flotte
- kann mit Zustimmung des Bundesrates Kriegserklärungen aussprechen
- ernennt und entläßt die Reichsbeamten
- beruft Bundesrat und Reichstag ein, kann Reichstag auflösen
2. Die Regierung:
- Reichskanzler allein vom Kaiser abhängig
- Reichskanzler ist immer in Personalunion mit dem preußischen Ministerpräsident, ihm
unterstehen die obersten Reichsbehörden, das Auswärtige Amt und das Reichskanzleramt
- Reichsämter werden von Staatssekretären geführt
- Regierung ist Reichstag gegenüber nicht verantwortlich
- Reichskanzler hat Vorsitz im Bundesrat
3. Der Bundesrat:
- Sitz der 25 Souveräne des reiches, insgesamt 58 Stimmen
- Preußen hat mit 17 Stimmen Sperrminorität
- zusammen mit Reichstag für Gesetzgebung verantwortlich
- kontrolliert Regierung über Ausschüsse
- Verfassungsänderungen können mit 14 Stimmen verhindert werden
4. Der Reichstag:
- verfassungsmäßige Vertretung des deutschen Volkes
- besteht aus 597 Abgeordneten, die erst auf 3, später auf 5 Jahre gewählt werden
- wird nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht gewählt (Wahlalter 25 Jahre, männlich)
- unterschiedliche Größenordnung der Wahlkreise; Direktwahlprinzip der Kandidaten, 1. und 2.
Wahlgang sogenanntes Stichwahlprinzip - bevorzugt bestimmte Kandidaten und gibt
Wählerwillen nicht wieder
- zusammen mit Bundesrat Einfluß auf Reichsgesetzgebung
- Einfluß auf Reichshaushalt, aber nicht auf sonstige Exekutive
- Reichskanzler ist dem Reichstag nicht verantwortlich
Das Reich und die Einzelstaaten
Deutsches Reich:
- förderativer Staat entstanden als Bundesvertrag von 85 souveränen Einzelstaaten
weitgehende Rechte der Einzelstaaten:
- eigene Verfassungen
- eigene Gesetzgebung
- eigene Verwaltung
- Kulturhoheit und Steuerhoheit
- doppelte Staatsangehörigkeit
Die Parteien im Deutschen Reich 1871 - 1918
- Organisatorische Zusammenschlüsse zur Durchsetzung politischer Gruppeninteressen oder zur
Vertretung politisch weltanschaulicher Positionen. Hohes Maß an Organisiertheit und Disziplin der
Parteimitglieder (z.B. Parteistatut, Parteiprogramm, Parteitage als höchstes Gremium der
Beschlußfassung). Meist geschlossenes politisches Auftreten der Parteien im Parlament, Organisation in
Parlamentsfraktionen. Im Zuge der Industrialisierung Deutschlands seit der Mitte des 19. Jh. rasche
Formierung politischer Parteien, liberaler, konservativer und etwas später sozialistischer
Grundrichtungen.
Parteien im Reichstag
I. liberale Parteien:
- Deutsche Fortschrittspartei
- 1861 in Preußen gegründet - 1866 Spaltung
Träger: Besitz- und Bildungsbürgertum
- für liberale Wirtschaftsordnung
- Anhänger der kleindeutschen Lösung
- Kampf für Stärkung der Parlamentsrechte
- Ablehnung Bismarcks
ab 1880: Deutsche Freisinnige Partei
- Nationalliberale Partei
- rechtsliberale Partei; Abspaltung von der Deutschen Fortschrittspartei
Träger: Großbürgertum, protestantisches Bildungsbürgertum
- für liberale Wirtschaftsordnung
- gegen staatliche Sozialpolitik
- gegen Eingriffe in Freihandel
- für Erweiterung der Reichtagsrechte
- bis 1879 unterstützen der Politik Bismarcks, dann aufgrund der Bismarckschen Wirtschaftsund Sozialpolitik Distanz
- 1879 Abspaltung des linken Flügels
- einflußreichste bürgerliche Partei im Deutschen reich
Politiker: Rudolph von Benningsen
II. konservative Parteien:
- Freikonservative Partei (seit 1871 dt. Reichspartei)
- gegründet 1867
Träger: protestantische Geistliche, Beamte, Offiziere, preußischer Landadel, reiche Bauern
- Wahrung der kulturpolitischen Interessen Preußens, der wirtschaftlichen Interessen der
Großagrarier
- vorbehaltlose Unterstützung Bismarcks
für Erhaltung feudaler Machtstrukturen
- Gegner eines allgemeinen Wahlrechts
- soziale Fragen im Sinne des Konservatismus lösen
- gegen Wirtschaftsliberalismus
- Deutsch - Konservative Partei (seit 1876)
- 1861 als „Preußischer Volksverein“ gegründet
- 1867 Trennung von den Freikonservativen
Träger: preußische Großgrundbesitzer, Gruppen des ostpreußischen Bürgertums
- reaktionäre innenpolitische Grundsätze
- grundsätzliche Gegner der Reichseinigung
- starke Vorbehalte gegen Bismarck und sein Paktieren mit den Nationalliberalen
III. Parteien in Opposition:
- Deutsche Zentrumspartei (Zentrum)
Vorläufer:
- katholische Abgeordnetengruppen in Preußen
- badische katholische Volkspartei
- bayrische Patriotenpartei
- als Zentrumspartei Dezember 1870 entstanden
- konfessionell orientiert, vertrat die Interessen der katholischen Bevölkerungsminderheit
- sehr stabile Wahlergebnisse
Träger: Katholiken aller sozialen Schichten
- Sammelbecken des politischen Katholizismus
- erbitterter Kampf gegen Liberalismus und Sozialismus
- für eine staatliche Sozialpolitik
- Kampf für Konfessionsschulen
- bis 1879 grundsätzliche Opposition zu Bismarcks Politik
- seit 1879 zunehmende Entspannung
Politiker: Windhorst, Erzberger
- Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands
- 1875 in Gotha als Vereinigung entstanden
Vorläufer: Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein unter Ferdinand Lasalle 1863
- Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands unter August Bebel und Wilhelm
Liebknecht 1869
Träger: vor allem Industriearbeiter, später zunehmender Einfluß von kleinbürgerlichen
Schichten
- für Verstaatlichung des Privateigentums an Produktionsmitteln
- Bekenntnis zum Internationalismus
- Bejahung des Nationalstaates, aber grundsätzliche Opposition zu Bismarck und das
Staatssystem
- für eine sozialistische, demokratische Republik
- Kampf gegen Liberalismus und Konservatismus
- in der Zeit des Sozialistengesetzes (1878 -1890) nicht formal verboten aber polizeistaatlich
bekämpft
- ständig wachsender Masseneinfluß, enge organisatorische Verbindung zu Gewerkschaften
- hohes Maß an Organisiertheit und Parteidisziplin, aber auch starke Richtungskämpfe zwischen
revolutionären Linken und gemäßigten Revisionisten
- nur gering entwickelte Revolutionsbereitschaft
Parteitheoretiker: Bernstein, Luxemburg, Kautsky
Politiker: Bebel, Liebknecht, Singer, , Zetkin
nach 1900: Ebert, Scheidemann, Legien Auer, Haase, Karl Liebknecht
Im deutschen Kaiserreich hatten nach der Reichsverfassung die politischen Parteien keinen Zugriff auf
die Regierungsbildung. Deshalb war ihr Einfluß begrenzt, ihr indirekter Einfluß auf die Innenpolitik des
Kaiserreiches wuchs jedoch in der Ära unter Wilhelm I. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches
waren die politischen Parteien jedoch vorbereitet in einem bürgerlich - parlamentarischen System eine
Hauptrolle zu spielen.
Bismarck und die Reichsfeinde - Grundzüge der Innenpolitik von 1871 - 1890
Prinzip des „laissez - faire“ keine Festlegung auf bestimmte Parteien, Versuch mit wechselnden
Mehrheiten und Koalitionen innenpolitische Entscheidungen zu treffen
Grundsätze:
- Ablehnung des Parlamentarismus
- möglichst geringe Kompetenzen für den Reichstag
- Ausspielen der Gruppeninteressen zugunsten der Reichsexekutive
Der Kulturkampf 1871 -1878
Ursachen: seit Mitte des 19.Jh. versuch der katholischen Kirche, ihr Kräfte im Kampf gegen
Liberalismus und revolutionäre Strömungen zu bündeln
1870: Vatikanisches Konzil beschließt unter Papst Pius IX. das Dogma von der Unfehlbarkeit des
Papstes in ethisch - moralischen Fragen
Wirkung: Auseinandersetzung in der katholischen Kirche - Abspaltung der „altkatholischen Kirche“
- heftiger Protest der Liberalen und der Protestanten (sahen in der Haltung der katholischen Kirche eine
Gefahr für den Nationalstaat und für ein modernes Geistesleben)
Beginn: Forderung der katholischen Kirche an den Staat „abtrünnige“ Geistliche(Theologen,
Militärgeistliche) aus dem Staatsdienst zu entlassen
Bismarck zunächst neutral, sah jetzt Hoheitsrechte des Staates (Familie, Schule) bedroht. Sein Ziel war
die Unterordnung der Kirche unter den Staat. In den Vertretern des politischen Katholizismus sah
Bismarck „Reichsfeinde“:
- aufgrund ihrer engen Bindung an den Vatikan
- aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit dem polnischen Klerus, der oppositionell eingestellt war
1872: Schulaufsichtsgesetz (preußisches Landesgesetz):
- Staat Oberhoheit über Schulwesen
1871: Kanzelparagraph:
- Verbot politischer Predigten
1872: Jesuitengesetz (zuerst in Bayern, dann im Gesamtreich):
- Verbot des einflußreichen Jesuitenordens
1873: Maigesetze:
- Staat muß geistlichen Würdenträgern zustimmen (deutsches Staatsexamen notwendig)
1874: Expatrierungsgesetz:
- Ausweisungsmöglichkeit für katholische Geistliche
1874/75: Zivilehe:
- Standesamt
1875: Brotkorbgesetz:
- Einstellung aller staatlichen Zahlungen an die katholische Kirche
1875: Klostergesetz (Landesgesetz Preußens):
- Auflösung aller katholischen Ordensgemeinschaften in Preußen
1875 fordert Papst Pius IX. alle deutschen Katholiken zur Ignoranz der Reichsgesetze auf.
- seit 1880 deutliche Entschärfung des Kulturkampfes
Hauptgründe:
- Bismarck sieht 1778 den Hauptfeind des deutschen Reiches nicht mehr in der katholischen
Kirche, sondern in der Sozialdemokratie
- der politische Kampf gegen die Zentrumspartei blieb erfolglos
1886/87: nach Verhandlungen mit dem Papst werden die meisten antikirchlichen Maßnahmen des
Kulturkampfes wieder aufgehoben (Friedensgesetze)
Ergebnisse und Auswirkungen:
bis 1876 Ausweisung aller katholischen Bischöfe aus Preußen, ein Viertel der Pfarrstellen blieb
unbesetzt
- der politische Katholizismus stärkte und festigte sich und seinen Zusammenhalt, zahlreiche
neue Vereine entstanden, das Zentrum erlangte große Wahlerfolge bei den preußischen
Landtagswahlen 1873 und den Reichstagswahlen 1874
- die liberalen Parteien unterstützten den Kulturkampf nur halbherzig
- Teile der deutschen Bevölkerung gerieten in einen tiefen Gegensatz zum deutschen Staat
- Bismarcks Ansehen, 1870/71 auf dem Höhepunkt, hatte durch den Kulturkampf innenpolitisch
Schaden genommen
Bismarcks Politik gegenüber der Arbeiterschaft - „Zuckerbrot und Peitsche“
Das Sozialistengesetz (Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie)
1878: 2 Attentatsversuche auf Kaiser Wilhelm I.
Anlaß für Bismarck, im Reichstag Ausnahmegesetze gegen die Sozialdemokratie durchzusetzen.
Ziel:
- Zurückdrängen des sozialdemokratischen Einflusses auf die Arbeiterschaft
- Einschüchterung der demokratischen Kräfte des Bürgertums
Maßnahmen:
1. Verbot aller sozialdemokratischen Organisationen
2. Verbot aller sozialdemokratischen Zeitungen
3. Ausweisung sozialdemokratischer Funktionäre aus ihren Wohnorten oder auch
Aberkennung der Reichsbürgerschaft
aber: kein Gesamtverbot sozialdemokratischer Aktivitäten
z.B. behalten Sozialdemokraten ihre Reichstagsmandate und können als Einzelperson
kandidieren
1.Kennzeichnen sie die Gründe, die Bismarck zum Kampf gegen die Sozialdemokratie veranlaßten!
2. Beweisen sie in Auswertung der Quellen 5 + 7a,b,c, daß das Sozialistengesetz in der Praxis des
politischen Kampfes scheitern mußte!
3. Begründen sie, warum das Reichstagswahlergebnis von 1890 als Ausdruck der Niederlage Bismarcks
gewertet werden kann!
4. Welche weiteren Gesichtspunkte waren für den erzwungenen Rücktritt Bismarcks ausschlaggebend?
zu1.:
Grundsätze der SAP, die sich gegen Bismarcks Politik wandten:
- Ziel der Abschaffung der Monarchie und Aufbau einer Republik
- Schaffung eines sozialistischen Staates - gegen Kapitalismus - Anlehnung der Politik an Pariser
Komune
- Verstaatlichung der Produktionsmittel
- Außerdem hatte die SAP in Deutschland eine Sonderstellung neben der Zentrumspartei: sie war
Interessenfilter- und vertreter für eine gesamtdeutsche Anhängerschaft, der Arbeiter.
Sie war also die Vertretung der stärksten Bevölkerungsschicht dieser Zeit. Ihr Einfluß wuchs und ihre
Wahlergebnisse mußten gesetzlich behindert werden, um sie von der Machtzunahme im Reichstag
fernzuhalten. Nicht zuletzt störte der Grundsatz der SAP der Gleichberechtigung aller Bürger. Die
straffe Organisation und die Verbreitung über das gesamte Reichsgebiet bedeutete Gefahr für die
Bismarck am nächsten stehenden Konservativen. Außerdem befürchtete Bismarck eine Politik wie in
der Pariser Komune.
zu 2.:
Bismarck erwartete vom Sozialistengesetz eine solche Schwächung der Sozialdemokratie, daß diese in
Deutschland ihre Rolle als Arbeitervertretung verliert. Doch schon August Bebel erkannte, daß die
Illegalität eine Neugierde und einen Reiz darstellt, der bewirken wird, daß die Sozialdemokratie viel
mehr publik wird und eher einen Anstieg erfahren wird. „ ... die Leute, die noch keine Sozialdemokraten
sind, werden es dann sicher werden. Wir sind in wenigen Jahren stärker als je zuvor.“
zu 3.:
Die Reichstagswahl 1890 brachte in aller Deutlichkeit das Scheitern des Sozialistengesetzes zum
Vorschein, denn die Sozialdemokratie verdoppelte ihre Stimmenanzahl im Vergleich zur Wahl 1887 und
wurde somit stärkste Fraktion. Das Sozialistengesetz wurde daraufhin nicht mehr verlängert. Anhand
dieses Erfolges wird die intensive Arbeit der Sozialdemokraten in der Zeit des Verbotes deutlich, denn
sie konnten die Zahl ihrer Anhänger verstärken, Widerstand gegen Bismarcks Politik leisten und haben
Bismarcks Ziel, die Sozialdemokratie zu schwächen, verhindert. Das Bürgertum auf
sozialdemokratischer Seite ließ sich während der Illegalität auch nicht einschüchtern, sondern stellte
weitere Mitglieder und Wähler neben der Arbeiterschaft. Alles in allem war das Wahlergebnis
Bismarcks endgültiges Scheitern.
zu 4.:
Nach dem Tod Wilhelm des I., der Bismarck unterstützte, und des Thronfolgers Friedrich, kam der von
Bismarck feindlich, weil selbst machtsüchtig, gesinnte Wilhelm II. an die Macht und es kam rasch zu
sich immer mehr verschärfenden Spannungen zwischen Bismarck und Wilhelm II. Wilhelm wollte einen
neuen Kurs durchsetzen, der aber in fragen wie beim Arbeiterschutzprogramm auf schroffe Ablehnung
beim Kanzler traf, da dieser seinen antisozialdemokratischen Kurs weiterverfolgte. Bismarck verwies
auf die Order, daß der Kanzler in alle (außer Krone und Krieg betreffenden) Angelegenheiten
einzubeziehen sei. Dies wurde als ein Versuch der Machtaneignung von Wilhelm betrachtet. Die
Parteiunterstützung ging nach dem Scheitern des Kulturkampfes und des Sozialistengesetzes stark
zurück, so daß der Entlassung Bismarcks nur noch das Zentrum entgegenstand.
Die Außenpolitik Bismarcks 1878 - 1890
Europa nach 1871: relatives Mächtegleichgewicht zwischen Frankreich, Großbritannien, Rußland,
Österreich - Ungarn und Deutschland
nach 1814/15:
- Führungsrolle Rußlands
- Heilige Allianz sichert eine reaktionäre Friedensordnung
nach 1871:
- keine eindeutige Führungsmacht
- internationale Konfliktbereitschaft größer, viele Spannungspunkte
- kein Friedensinstrumentarium vorhanden
Positionen Bismarcks: 1877 im „Kissinger Diktat“ formuliert
- Bewahrung eines „labilen“ Mächtegleichgewichts in Europa - nicht unbedingt dauerhaft
- Deutsches Reich sollte „Vermittlerposition“ zwischen den Mächten einnehmen
- Strategie der „schwelenden Konflikte“ bei gleichzeitiger Verhinderung eines bewaffneten
Konfliktes in Zentraleuropa
Das Bismarcksche Bündnissystem
I. Beziehungen mit Österreich und Italien
1879: Zweibund mit Österreich
Inhalt: Mittelpunkt des Bismarckschen Vertragssystems - gegenseitiger militärischer Beistand im Falle
eines Angriffs von Rußland
1882: Abschluß eines Dreibundes - Deutschland - Italien - Österreich
Inhalt: Im Falle eines französischen Angriffs auf Italien sichern beide anderen Staaten Beistand zu wohlwollende Neutralität bei einem Angriff von dritten Staaten
Die Berliner Konferenz 1878 - Fallbeispiel der Bismarckschen Außenpolitik
Der Balkan- Konfliktregion in Europa:
- beginnender Zerfall des Osmanischen Reiches
- Konflikte zwischen Großmächten verschärfen sich
Rußland:
Versuch, einen Staatenbund unter russischer Führung aufzubauen (Serbien, Bulgarien) Panslawismus
Österreich/
Furcht vor russischem Machtstreben
Ungarn:Angst vor Selbständigkeitsbestrebungen im eigenen Territorium
Machtbereich auf Balkan erweitern
England:
gegen Zugang der russischen Schwarzmeerflotte zum Mittelmeer - will eigene
Mittelmeerherrschaft behaupten
Italien/
Frankreich:
Streben nach Kolonien in Nordafrika
Bismarck, der keine spezifischen Balkaninteressen verfolgt, tritt in dieser Situation als Vermittler
zwischen den Großmächten auf.
13.6. - 13.7.1878 „Berliner Kongreß“
Tagung führender Staatsmänner Europas und des Osmanischen Reiches zur endgültigen Lösung der
Balkanfrage
Beschlüsse:
- Bulgarien wird geteilt und bleibt vom Osmanischen Reich abhängig
- Rußland muß auf seinen Anspruch auf Bulgarien verzichten
- Rußland erhält Teile Bessarabiens (Moldawiens) von Rumänien
- Österreich/Ungarn erhält Mandat zur Besetzung Bosniens und der Herzegowina
- Großbritannien erhält Zypern
- Rumänien, Serbien und Montenegro werden als selbständige Staaten anerkannt
Wertung:
Die Berliner Konferenz erhöhte die internationale Autorität Bismarcks, da er die akuten
Konflikte auf dem Balkan beseitigte.
aber: keine Dauerlösung der Konflikte
nationale Interessen der Balkanvölker bleiben unberücksichtigt
Rußland akzeptiert nur widerwillig die Beschlüsse der Berliner Konferenz.
Die Bündnisse Bismarcks mit Rußland
1873: Dreikaiserbündnis (D - Ru - Ö/U)
- Rußland lehnte sich eng an das Deutsche Reich an.
1878: Rußland interemiert einen Krieg zwischen der Türkei und Serbien und schlägt die Türkei
militärisch
- im Frieden von San Stefano setzt Rußland gegenüber der Türkei seine Positionen durch (Zugriff auf
die Dardanellen), Schaffung Großbulgariens
- heftiger Widerstand Englands und Ö., die gegenüber Rußland mit Krieg drohen
- Rußland hofft auf deutsche Unterstützung beim Berliner Kongreß, sieht sich aber getäuscht
- Bismarcks „status quo“ - Politik ging zu Lasten Rußlands
1879: Zar Alexander II. kündigt im „Ohrfeigenbrief“ an Wilhelm I. die Freundschaft Rußlands auf
- Bismarck orientiert Wilhelm I. auf die Notwendigkeit eines Defensivbündnisses mit Österreich
/Ungarn, versucht aber weiterhin, Rußland zu neutralisieren
1881 Dreikaiservertrag (D- Ru - Ö/U):
Inhalt: Im Falle eines Angriffs einer 4. Macht sichern sich die 3 Mächte wohlwollende Neutralität zu,
aber 1887 aufgrund der sich wieder verschärfenden Konflikte zwischen Österreich und Rußland in der
Balkanfrage nicht mehr verlängert
1887 Rückversicherungsvertrag (D - Ru):
Inhalt: Deutschland sagte im Falle eines österreichischen Angriffs auf Rußland, Rußland im Falle eines
französischen Angriffs auf Deutschland Neutralität zu.
- im „geheimen“ Zusatzprotokoll bestätigte das deutsche reich dem Zaren Bulgarien und das Schwarze
Meer als russische Einflußsphären
- nach dem Sturz Bismarcks 1890 nicht verlängert
Bismarcks Politik gegenüber England und Frankreich
- seit der Berliner Konferenz 1878 hohes Ansehen Bismarcks in englischer Öffentlichkeit, England war
trotz vieler Konfliktpunkte mit Frankreich (Kolonialpolitik) und Rußland (Mitelmeervorherrschaft) zu
einem direkten Bündnis mit dem Deutschen Reich nicht bereit.
1889: Kolonialabkommen mit Großbritannien (Sansibar - Helgoland)
- Das französische Revanchestreben versuchte Bismarck durch folgende Strategie zu neutralisieren:
- Abschreckung Frankreichs durch Defensivbündnisse
- Sicherung der Neutralität Rußlands
- Unterstützung der französischen Kolonialpolitik in Afrika und Asien
- um die Konfliktpunkte zwischen England und Frankreich zu verschärfen
- um die französische Außenpolitik von Europa abzulenken
Tendenzen in der deutschen Kolonialpolitik
Bismarck 1881: „Solange ich Reichskanzler bin, treiben wir keine Kolonialpolitik“
Förderung des privaten Erwerbs überseeischer Gebiete, aber keine staatliche Verwaltung
seit 1884/85 Übergang zu einer aktiven Kolonialpolitik
Gründe:
1. entspannte außenpolitische Situation des Deutschen Reiches 1884 - 1887
2. erfolgreiche Wirkung der Propaganda der Kolonialverbände bei der deutschen Bevölkerung
(Deutscher Kolonialverein: 15000 Mitglieder 1885)
„Es gilt das Versäumnis von Jahrhunderten gutzumachen“ (Carl Peters)
3. die Gründung von Kolonien entsprach vermeintlichen Wirtschaftsinteressen
4. soziale Spannungen sollten kanalisiert werden, vor allem die Arbeiter sollten für angeblich
gesamtnationale Kolonialinteressen gewonnen werden.
„Der Kolonialenthusiasmus läßt sich auch als eine spezifische Kriegsideologie begreifen,
welche die emotionalen Spannungen ... auf außenpolitische Ziele hin umlenkte“ (Wehler)
Kolonialerwerbungen bis 1890:
1884 Deutsch - Südwestafrika (Namibia)
1885 Deutsch - Ostafrika (Tansania, Togo und Kamerun)
1885 Kaiser Wilhelms - Land; Bismarck - Archipel
Unter Wilhelm II. wird die Kolonialpolitik ein fester Bestandteil der Weltmachtpolitik.
- offene Brüskierung englischer und französischer Kolonialinteressen
- Schaffung organisatorischer Strukturen zur Verwaltung und wirtschaftlichen Ausbeutung der
Kolonien
1907: Schaffung eines Reichskolonialamtes
aber: „Deutsche Kolonialpolitik blieb auch unter Wilhelm II. im wesentlichen ein rhetorischer Kraftakt“
- im Vergleich zu den anderen Kolonialmächten nur geringe Siedleraktivität in den Kolonien
- relativ geringer Einsatz von Kolonialbeamten
- geringer wirtschaftlicher Nutzungsgrad der Kolonien
„Die deutsche Kolonialherrschaft blieb ... eine bloße Episode. Mit der Niederlage im 1. Weltkrieg hat
Deutschland seine nicht viel mehr als 30 Jahre früher gewonnen Kolonien wieder verloren“
Ausarbeitung (Aufgaben 1 - 4 siehe Quellen)
5. Ziehen sie einen Vergleich zwischen dem Gründungsaufruf des „Altdeutschen Verbandes“ von 1891
und der Schrift des nationalistischen Ideologen Kurt Riezler und arbeiten sie gemeinsame bzw. ähnliche
Positionen heraus!
6. Welche weltanschaulichen, politischen Positionen der deutschen Kolonialpropagandisten stehen in
einer Traditionslinie mit der späteren faschistischen Ideologie Hitlers?
zu 1.:
Die deutschen Kolonien hatten eine Fläche, die sechsmal so groß war wie die des Deutschen Reiches,
aber nur ein Sechstel der Bevölkerung aufwies. Zu den deutschen Kolonien gehörten ab 1884 Deutsch Südwestafrika, ab 1885 Deutsch - Ostafrika, Togo und Kamerun, ab 1885 das Kaiser - Wilhelms - Land
und das Bismarck - Archipel (Neuguinea), 1898 Kiantschou, 1899 Marshall - Inseln und 1900 Samoa.
Die Gesamtlandfläche betrug 25 Mio. km² auf der aber nur 12 Mio. Menschen lebten. 1912 wurden
dabei im Handel Deutschlands mit seinen Kolonien Güter im Wert von 53 Mio. Mark importiert und für
57 Mio. Mark exportiert. In diesen Mengen zeigt sich, daß erstens die Handelsbilanz nur minimale
Gewinne aufzuweisen hat. Beim Handel mit anderen Ländern waren sogar Handelsdefizite zu verbuchen
(1,7 Mrd. Mark = Handelsdefizit). Im Jahr 1913 änderte sich die Bilanz im Handel mit den Kolonien
nicht, während im Handel mit anderen Ländern ein sprunghafter Anstieg der Exportzahlen für eine
deutlich verbesserte Handelsbilanz spricht und die Wichtigkeit des Handels mit anderen Ländern zeigt.
Die Bilanz mit den Kolonien machte nur 0,005% der gesamten Bilanz aus und zeigt, mit den anderen
Kolonialmächten verglichen, die wirtschaftlich unbedeutende Rolle der deutschen Kolonien. Grund
dafür ist sicher auch die geringe Menge an Investitionen in die Kolonien von nur 2% der
Gesamtinvestitionen in andere Länder. Das Sparen an Investitionen in die Industrialisierung und
Produktionssteigerung sowie der mit 31386 Deutschen gering gehaltene Verwaltungsaufwand zeigt
sogar ein gewisses Desinteresse an der wirtschaftlichen Nutzung der Kolonien. Andere Länder förderten
ihre Kolonien, trieben Wirtschaft und Bildung voran. So kann man von einer sehr geringen bis fast
keiner Bedeutung des deutschen Kolonialbesitzes sprechen.
zu 3.:
Der Altdeutsche Verband wollte dem Deutschen Reich eine „wie es seinem Rang als europäische
Großmacht entspricht“ Weltstellung von großer Bedeutung zuführen. Folgende Ziele haben sie sich
dabei gesetzt:
1. Belebung des deutschen Nationalbewußtseins und Bekämpfung aller die nationale Entwicklung
hemmenden Einflüsse. >> Heimatbewußtsein<<
2. Sicherung und Unterstützung aller deutschen Gebiete und deren Ziele im Ausland und
„Zusammenfassung aller deutschen Elemente auf dieser Erde“, um diese Ziele zu verwirklichen - damit
ist eine weltweite Expansion Deutschlands gemeint.
3. Fortführung und Förderung der Kolonialpolitik und der europäischen Interessenpolitik, um tatkräftig
Ergebnisse für das Deutsche Reich zu schaffen.
zu 4.:
Der Altdeutsche Verband vertritt die Meinung, daß Deutschland ein großes Interesse an seinen Kolonien
und deren Entwicklung hat, wogegen aber die unter erstens genannten wirtschaftlichen Fakten eindeutig
sprechen. Die Kolonien wurden annektiert, um den anderen Kolonial- und Großmächten in nichts
nachzustehen, hatten aber keine Bedeutung in wirtschaftlicher Hinsicht. Auch spricht der Altdeutsche
Verband von der Zusammenführung der Kräfte in den Kolonien, doch waren nur 32000 Deutsche, die
meiner Meinung nach nicht als „Kraft“ zu bezeichnen sind, in deutschen Gebieten angesiedelt, so daß
eine deutsche Expansion in diese Richtung keinerlei Chancen hatte, solange kein tatsächliches Interesse
an diesen gebieten bestand. Desweiteren überschätzt der verband die wahre „Stärke“ Deutschlands im
Verhältnis zu den anderen europäischen Großmächten.
Allerdings klingen schon erste der Gewalt nicht abgeneigte Töne an, z.B. tatkräftige Förderung - zu
praktischen Ergebnissen. Nicht zuletzt kommt ein total übersteigertes Nationalbewußtsein durch. Die
Haltung des Verbandes ist auf keinen Fall mit der tatsächlichen Interessenlage und der deutschen
Außenpolitik zu vergleichen.
zu 5.:
Beide erkennen Deutschlands geographische Lage im Zentrum Europas und eingeschlossen von den
anderen Großmächten als bedrohlich an. Auch vertreten beide die Ziele kolonialer, deutscher Expansion,
die Notwendigkeit der militärischen Sicherung Deutschlands und Konzentration und Zusammenführung
der deutschen Kräfte. Sie sehen beide die Notwendigkeit einer stärkeren Kolonialpolitik. Außerdem
sehen sie bei mangelnder Zusammenarbeit und Unterstützung mit den Kolonien eine negative
Rückwirkung auf das deutsche Reich. Doch die Weltpolitik wird als unbedingt notwendig betrachtet.
Die wirtschaftliche Entwicklung in außerdeutschen Gebieten (Kolonien) ist erforderlich, denn: „die
wirtschaftliche Expansion und der Lebenswille des [deutschen] Volkes drängen hinaus!“
Kurt Riezler sieht die deutsche Politik in einem Teufelskreis und erkennt, daß die Bewegungsfreiheit
Deutschlands von der innereuropäischen Mächtekonstellation eingeschränkt wird und man eine
Unabhängigkeit von dieser Mächtekonstellation erreichen muß, um die nötige Ausbreitung des
deutschen Volkes zu fördern. Interpretiert sagt er, daß Deutschland seine interkontinentale
Großmachtstellung (durch Eroberungen, Annexionen, Krieg,...) erweitern soll und so einer
Unabhängigkeit des Deutschen reiches von den anderen europäischen Mächten entgegenstreben soll.
„Die Chancen des Sieges“ sind nur nötig wenn ein Krieg geführt werden würde. Und auch der
Mehrfrontenkrieg wird schon angedeutet. Wenn, so sieht es auch der altdeutsche Verband, die
interkontinentale Lage gesichert ist, kann man sich dann weltpolitisch orientieren, z.B. Expansion des
deutschen Volkes.
zu 6.:
Sowohl Riezler als auch später Hitler haben von einer Expansion des deutschen Volkes gesprochen.
Beide sehen als einziges Mittel die kriegerische Machterweiterung in Europa und dann in der Welt. Mit
diesen Zielen und Vorstellungen räumen beide dem deutschen Volk eine besondere , bessere Stellung
ein (Herrenvolk). Auch das Streben nach Erweiterung der deutschen Gebiete in der ganzen Welt und die
territoriale Vergrößerung Deutschlands innerhalb Europas sind Ziele beider gewesen. Die geographisch
und somit politisch ungünstige Lage Deutschlands ist eine weitere Begründung beider. Aber die Gefahr
der Rückwirkung von weltpolitischen Unternehmungen auf Deutschland hat Hitler nicht mehr
berücksichtigt. Auch Hitler wollte alle Deutschen „Heim ins Reich“ holen. Alles in allem treten die stark
nationalistischen Denkweisen Riezlers in Traditionslinie mit Hitler.
Die Industrielle Revolution in Europa
Def. des Begriffs „Industrielle Revolution“:
- tiefgreifende Umwälzung in Produktion sowie in Arbeiter- u. Lebensverhältnissen
- 18. Jh. Einführung technischer Neuerungen (speziell in England) – schnelleres
bewältigen von Arbeit bei größerer Intensität
- technische Neuerungen – Veränderungen im politischen und sozialen Bereich (Arbeits- u.
Lebensverhältnisse änderten sich in kurzer Zeit)
- im Zeitraum der „Industriellen Revolution“ setzte die Massenproduktion ein, gab es einen Anstieg der
Produktivität, Nutzen größerer Rohstoffmengen – Landflucht der Bevölkerung
- Beginn der „Industriellen Revolution“ kann nicht an einem bestimmten Jahr oder Ereignis festgemacht
werden – Bezug auf lang wirkende Bedingungsfaktoren
Bedeutung der „Industriellen Revolution“
- sie bewirkt einen beständigen, starken und sich tragenden technischen Fortschritt – Auswirkungen sind
bestimmend in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
Bsp.: Entwicklung des kapitalistischen Wirtschafts- u. Gesellschaftssystems
neue Organisationsform (Arbeitgeber, Arbeitnehmer)
Probleme dabei sind:
- ökologische Belastung – Ausbeutung begrenzter Ressourcen
- Arbeitslosigkeit
- Veränderungen der Produktionsweise, der Regierungsweise und der sozialen und politischen Ordnung
Bsp.: Differenzierung der Gesellschaft (Arbeiterschaft in Schichten)
Bürokratisierung der Gesellschaft
Industrielle Revolution/Industrialisierung
- unterschiedliches Verwenden – zum einen in Bezug auf längeren Zeitraum (technisch – wirtschaftliche
Revolutionierung der Produktionsweise), zum anderen in Bezug auf wenige Jahrzehnte
(Wachstumsprozesse eines Landes)
- zweite Begriffsform – „Industrielle Revolution“ wird mit „Take – Off“ – Phase von Rostow
gleichgesetzt (Take – Off – Phase ist Periode des beschleunigten Wirtschaftsaufschwungs)
Die Industrialisierung
- betont evolutionären, vielseitigen Entwicklungsprozeß über Jahrzehnte hinweg – „Industrielle
Revolution“ ist Teil davon
- kann nicht zeitlich und inhaltlich eng begrenzt werden
- begann etwa zw. 1770 – 1780 in England – ist auch heute noch nicht abgeschlossen
Industrialisierung und soziale Frage in Europa im 19. Jh.
- Voraussetzungen für den Wandel vom Agrar- zum Industriestaat (die Fallbeispiele Deutschland und
England)
Die Industrielle Revolution im Königreich England – Voraussetzungen der Industriellen Revolution
- gesellschaftliche und Bewußtseinsfaktoren als Voraussetzungen der Industriellen Revolution in
England 1640/88
- „Glorreiche Revolution“ – England wird konstitutionelle Monarchie – Auflösung der feudalen Besitzund Ständeordnung
- 1688 „Bill of Rights“ – erstes modernes Verfassungswerk – neue Sicht der Eigentumsordnung
- Puritanismus und Calvinismus
- neues Verhältnis zur Arbeit und zum Eigentum
Bedingungsfaktoren für die „Industrielle Revolution“ – politisches System Englands
- konstitutionelle Monarchie gewährt politische und wirtschaftliche Rechte für den Adel und das
Bürgertum
- führende Rolle der landbesitzenden Aristokratie (Gentry) und des städtischen Großbürgertums – beide
investieren große Kapitalsummen in die Wirtschaft
- englische Außenpolitik ist im Prinzip der wirtschaftlichen Nützlichkeit untergeordnet
- im 18. Jh.: Aufstieg Englands zur führenden Handels- und Kolonialmacht
- 1750: England in Besitz von 6000 Handelsschiffen – Import von billigen Rohstoffen und
schwunghafter Sklavenhandel
Europa
Amerika
Afrika
- Anhäufung von Kapital u. Investitionen des Kapitals in die Produktion
- Bevölkerungswachstum
1750: 6,5 Mio.
1820: 12,2 Mio.
1800: 9,2 Mio.
1850: 18,0 Mio.
- stark wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen und gewerblichen Produkten (Getreide, Wolle,
Leder, Stoffe)
- Zwang zur Entwicklung der Produktionswirtschaft – Erfindung neuer Maschinen
- Umstrukturierung der Landwirtschaft
- Schaffung eines breiten Reservoirs an Fabrikarbeitern
Soziale Mobilität
- keine ständischen Beschränkungen (z.B. Leibeigenschaft, Schollengebundenheit, u.a.)
- frühzeitiger Abbau hemmender, feudalistischer Vorschriften (z.B. Zunftzwang)
- „Durchlässigkeit“ der sozialen Gruppen
- Industrialisierung bot Chance des gesellschaftlichen Aufstiegs
- Anreize für Unternehmergeist
- reiche Bürger können in den Adel aufsteigen
- Herausbildung einer neuen Geldaristokratie – Trägerschicht der „Industriellen Revolution“
Ökonomische Grundbegriffe
Kapital:
- Geldkapital, Produktionskapital (PM) – Ertrag der Arbeit, der nicht zum Leben gebraucht wird
- Vermögen, das der Besitzer des Kapitals (Kapitalist) so im Wirtschaftsprozeß einsetzt, daß es sich
möglichst schnell und stark vermehrt (Akkumulation)
- Anhäufung, Anwachsen des Kapitals in der Hand des kapitalistischen Unternehmers
- Der Mehrwert wird zur Verbesserung des Betriebes genutzt, wodurch der aus dem Arbeitsprozeß
gezogene Mehrwert immer stärker wächst
Der Wirtschaftsliberalismus – Ideologie der „Industriellen Revolution“
Begründer: Adam Smith (1723 – 1790) schottischer Philosoph und Ökonom
1779: „Über die Natur und Ursachen des Wohlstandes der Nationen“ – Freihandel
Untersuchungsgegenstand:
- Verhältnis von Arbeit – Lohn – Kapital – Grundbesitz
Position:
- 3 Faktoren müssen zur Hervorbringung von Reichtum zusammenkommen: Boden – Arbeit – Kapital
- 2 Vorbedingungen:
1. freier Konkurrenzkampf
2. Egoismus des Einzelnen im Wirtschaftsprozeß
- Grundgedanken Smith:
Auf er Erde besteht eine natürliche Ordnung, die im positiven Sinne regulierend einwirkt.
Das Gemeinwohl ergibt sich aus einer Summierung von Einzelinteressen
Das Eingreifen des Staates ist schädlich, der Staat hat nur die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für eine
ungehinderte Entfaltung der Produktivität zusetzen (z.B. Schutz des Eigentums) Auf dem freien Markt
reguliert sich der Preis der Ware durch ein Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.
Wirkung der politischen Theorien für die „Industrielle Revolution“
- ergibt sich aus Zusammentreffen mit calvinistischer Wirtschaftsethik mit den wirtschaftlichen
Möglichkeiten des 18. Jh.
Smith bietet Erklärungsmodelle für ein kapitalistisches Wirtschaftsverhalten, das freie
Marktmechanismen fordert und in der Profilmaximierung durch Produktionsfortschritt sein Hauptziel
hat.
Die Wirtschaftsethik rechtfertigt den Wirtschaftserfolg, der Wirtschaftsliberalismus wird zur Ideologie
des aufstrebenden Bürgertums, das wirtschaftliche und politische Macht miteinander verbindet.
- in England in der politischen und wirtschaftlichen Praxis umgesetzt
- äußerte sich im Verzicht auf staatliche Eingriffe - Politik des „laissez faire“ – Prinzips
Die Bedingungen der industriellen Revolution in Deutschland
Bevölkerungsexplosion
- seit 1780 – Zunahme der Bevölkerung
Gründe:
- Verbilligung der Lebenshaltung
- verbesserter Lebensstandard
- medizinische Versorgung
- - - Sterblichkeitsrate sank um 42%
Auswirkungen auf die „Industrielle Revolution“:
- Anzahl der Arbeitsplätze wuchs
- Auflockerung von feudalen Heiratsbestimmungen
- Nachfrage nach lebensnotwendigen Waren und Gütern stieg
- in Industriegebieten wuchs die Bevölkerung doppelt so schnell, als auf dem Land
Pauperismus – vorindustrielle Verelendung
- seit dem 18. Jh.:
- kontinuierliche Verelendung, riesige Massenarmut
- 60% lebten unter dem Existenzminimum
Ursachen:
- Bauernbefreiung
Gewerbefreiheit
- Ablösung der Heimarbeit durch Fabrikarbeit
- Formen der sozialen Sicherheit existierten nicht.
- 1850 – rasche Abnahme der Verelendung aufgrund wachsender Arbeitsplatzangebote
Beispiele:
Bergbau:
durch Dampfmaschine wurde Kohle billiger (Schlesien, Ruhr, Saargebiet)
Textilindustrie:
- größte Beschäftigungszahl
- 1786 – erste Spinnmaschine – mehr Garn – sie haben sich 1835 durchgesetzt – Preisverfall, Krisen
- 1844 – Schlesischer Weberaufstand
- Seide, Kammgarn, Baumwolle
Hüttenwesen, Metallerzeugung:
- 1796 Koksöfen – Gleiwitz
- 1804 – 1849 – Kokshochöfen
- 1853 – Überschuß der Produktion
Metallverarbeitung:
- Maschinen aus England ab 1850
- 1852 – 180 Maschinenfabriken in Preußen, 1875 – 1196 Maschinenfabriken
- Eisenbahn – stärkster wirtschaftlicher Impuls
- Dienstleistungen
- Verkehrswesen, Straßenbau, Kanalbau, Flußregulierung – schnellerer Transport, vor allem durch
Eisenbahn – Kommunikation, Post,...
- Schiffsbau
1814 60000t Kohle konnten transportiert werden
- führte zu Wettbewerbs- und Gewerbefreiheit, begünstigte die Entwicklung der Geldwirtschaft und die
Gründung von Handelsgesellschaften
Sozialökonomische Gründe für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in der Phase der
„Industriellen Revolution“
Faktoren für die rasche Wirtschaftsentwicklung nach oben der deutschen Wirtschaft in der
Aufbruchsphase der Industrialisierung 1800 – 1873
Vorphase:
1800 – 1834
1. Phase:
1834 – 1850
2. Phase:
1850 – 1873
1) geschlossenes Wirtschaftsgebiet, das durch den „Deutschen Zollverein“ 1834 und seine völlige
Vereinheitlichung durch die Reichsgründung 1871 erreicht wurde.
2) ein vergleichsweise niedriges Lebenshaltungs- und Lohnniveau in Deutschland, das die
Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt begünstigte.
3) reiche Eisenerz- u. Kohlevorkommen (in Oberschlesien, Ruhrgebiet, Elsaß – Lothringen ab 1871)
4) großes Potential gut ausgebildeter Facharbeitskräfte
5) starke Verflechtung von Bank- und Industriekapital
6) stärkere Konzentration des Kapitals und der wirtschaftlichen Macht im Vergleich zu anderen Staaten
7) Förderung der Wirtschaft durch aristokratische Machteliten einiger deutscher Einzelstaaten vor allem
in Preußen
8) staatlich betriebener Wirtschaftsliberalismus fördert kapitalistische Produktionsweise
Besonderheiten und Schwerpunkte der deutschen Entwicklung
seit Mitte des 19. Jh. entwickelte sich die deutsche Wirtschaft sprunghaft – Schrittmacherfunktion haben
Eisenbahnbau und Schwerindustrie
- Herausbildung regierender Zentren der Industrie (Ruhrgebiet, Saarland, Chemnitzer Raum,...)
- im Zusammenhang mit der unterschiedlich schnellen und intensiven industriellen Entwicklung
entstanden Ballungsräume und rasch wachsende Großstädte
- die Sogwirkung von Industriegebieten führte zu einer Binnenwanderung (Ost – West)
- rasche Entwicklung der elektrotechnischen und chemischen Industrie
- die enge Verflechtung von Groß- u. Industriebanken mit Wirtschaftsunternehmen entwickelte sich zu
einer deutschen Besonderheit
Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands 1871 – 1914
Deutschlands Weg zu einer führenden Industriemacht
- Gründerjahre und Gründerkrach (-krise)
- Bismarcks Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik vom Wirtschaftsliberalismus zum
Neomerkantilismus
Die „Soziale Frage“ im Zuge der „Industriellen Revolution“ und Lösungsversuche
Veränderungen der Sozialstruktur (siehe Arbeitsblatt)
Auswirkungen der „Industriellen Revolution“ auf die arbeitende Schicht
Arbeit
Leben
Recht
- keine Sozialgesetzgebung
- Zahl der Arbeitnehmer stieg –
- kärgliche Ernährung
- keine Arbeitsrechte/Gesetze
Überangebot - Löhne sinken
- Alkoholsucht
- Mietrechte beim Hausbesitzer
- 14 – 18 Std. Arbeit/Tag
- gesellschaftliche Verachtung
- keine Gewerkschaften
- Kinderarbeit bis zu 15 Std. am
Tag – körperliche Schäden
- wachsende Abhängigkeit vom
Unternehmer
(Betriebswohnsiedlungen)
- wachsende Geldabhängigkeit
- Schichtarbeit
- kein Urlaub
- 7 – Tage – Woche
- keine Arbeitszeitregelung
- Abhängigkeit von Konjunktur
(Armut = Faulheit, Glück dem
Tüchtigen,...)
- Unterbringung in Wohnhöhlen
- zu wenig Wohnungen – Willkür
der Mietpreise
- Herdfeuer als einzige Heizung
- Krankheitsrate stieg
20% des Lohns für Miete
- Wohnasyle
- Armenspeisung
- niedrige Lebenserwartung
- keine Entschädigung bei
Arbeitsunfällen
- keine Renten
- Bindung an den Arbeitgeber
Deutscher Zollverein
- war die Gründung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes
- Deutscher Bund bis 1866 in 39 souveräne Wirtschaftsgebiete geteilt
- jeder souveräne Staat hat eigene rechtliche Bestimmungen beim:
> Warenvertrieb und der Warenherstellung
> Zollgrenzen
> Durchgangszölle
- Ein-, Aus- und Durchfuhrzölle und auch Ein- und Ausfuhrverbote dienten zum Schutz der
einheimischen Produktion - Grundlage des Merkantilismus
- Auswirkung: geringer Handel
1815: Aufhebung der Kontinentalsperre - Stagnation der Wirtschaft durch Dumpingpreise englischer
Waren
1818: > Wirtschaftsliberalismus
> Aufhebung der Binnenzölle
> Marktvereinheitlichung
> Einfuhrzoll
- Preußen übernahm fortschrittliche Technik aus England, Frankreich und Belgien - Beschleunigung des
Wechsels
1819: Deutscher Handels- und Gewerbeverein gegründet, mit dem Ziel der Aufhebung der
wirtschaftlichen Schranken
- Gründung von 3 Zollvereinen 1828:
- preußisch hessischer Zollverein
- bayrisch - württembergischer Zollverein
- mitteldeutscher Zollverein - gegen Preußen gerichtet
- Österreich zunächst abseits:
- wollte einem von Preußen initiierten Zollverein nicht beitreten, aus Sorge Preußen zu stärken, selbst
aber keine Zollvereinigung innerhalb des Gebietes des Deutschen Bundes schaffen konnte oder wollte.
1834: Gründung des Deutschen Zollvereins - langsam volle Zollunion, das heißt keine Zollschranken
zwischen den Gebieten der Mitglieder
- Grundlage zum Aufstieg zur Industrienation
Voraussetzungen für den Deutschen Zollverein:
- Fortschritt im Bildungswesen - Humboldts Bildungsreform zwischen 1825 - 1836
- Hochschulen in München (1827), Dresden (1828), Stuttgart (1829)
- Handwerksausbildung für 15 - 17jährige
- Bauwerksschulen
- innerdeutscher Verkehrsnetzausbau
- aber noch keine gleiche Währung!
- wichtige Vorentscheidung zugunsten der kleindeutschen Lösung
- erfüllte politische Wünsche des Bürgertums
- doch innenpolitische Verhältnisse blieben weiter starr, deshalb wuchsen politische Spannungen weiter
Bankwesen
- Banken dienten in erster Linie zur Finanzierung des staatlichen oder kommunalen Kreditbedarfs
- Deutsche Bank = Handelsbank, Wertpapiertreuhänder, Ablagebank
Banktypen:
- einige Notenbanken
- Sparkassen
- Privatbanken
- Kreditanstalten
- 1876 - Reichsbank, 1870 Deutsche Bank, 1834 Bayrische Staatsbank, 1872 Dresdner Bank gegründet
- Deutsche Banken waren als Finanzierungsinstitute für Industrie gedacht
- mit Hilfe der internationalen Beziehungen der Banken, weitete sich der Außenhandel aus
- Verschmelzung von Bank und Industrie
1880: 4. Exportplatz, bald darauf nur noch hinter der USA
- nur geringe Investitionen in Kolonien - 2% - für Kautschuk und Diamanten
- die wichtigsten Bank- und Finanzplätze:
- London, Köln, Frankfurt, New York, Hamburg, Berlin
Geldwesen
- in Deutschland 2 Münzgebiete:
- Taler im Norden
- Gulden im Süden und Osten
- Papiergeld
Gründerjahre/Gründerkrach- und Krise: Die Bismarcksche Wirtschaftspolitik
1. Die Krisenanfälligkeit des neuen Wirtschaftssystems
- Deutschland entwickelte sich zum Industriestaat
- auf konjunkturelle Hochphasen folgten regelmäßig Depressionen
- Depressionen wurden gesteigert durch:
- Produktionsbereich
- Fabrikwesen
- Entwicklung des freien Wettbewerbs (Weltmarkt)
- Folgeerscheinungen der Depressionen waren Konkurs, sinkende Preise, Zahlungseinstellungen,
Geldmangel, Schließung von Unternehmen
- zyklischer verlauf von konjunkturellen Hochphasen und Depressionen im Rhythmus von etwa 10
Jahren
2. Die wirtschaftliche Entwicklung der Gründerjahre
- 1871: Reichsgründung
1871 -73: Firmengründungen, vor allem Einmannbetriebe
- vertrauen in wirtschaftlichen Aufschwung und französische Reparationszahlungen schufen Grundlage
für sprunghaftes und ungesundes Wirtschaftswachstum
- Investitionen der Reparationszahlungen in Schwer- und Bauindustrie und in die Staaten des deutschen
Reiches
- Juli 1870:
- Aufhebung der staatlichen Konzessionen für Gründungen von Aktiengesellschaften
- Spekulationen
- zwanghafte Expansion - Geldsucht
- Die Wirtschaft befand sich in einer konjunkturellen Hochphase
Merkmale: - stark steigende Investitionen
- Liquidität des Kapitalmarktes
- neue Eisenbahnlinien
- Einbeziehung der Industrie von Elsaß - Lothringen
- vereinheitlichter Wirtschaftsraum
- Ausweitung des Binnen- und Kapitalmarktes
3. Auslösende Faktoren für die Gründerkrise (1873 - 1879)
- Gründerkrise entwickelte sich zu einer Weltwirtschaftskrise
- Krisenerscheinungen erfaßten viele Länder
- zu starke Ausweitung der Produktion verhinderte Problemabbau durch Export
- wachsende Spekulationen
1870/71: Investitionen setzten nach Vernachlässigung im Krieg ein
- Spekulationen wurden verstärkt durch Abschaffung der Konzessionen für AG´s und großzügige
Handhabung von Gründungen von AG´s
- Investitionen eines Teils der französischen Reparationszahlungen
- Investitionen noch bis 1874
4. Verlauf und Auswirkungen der Gründerkrise
- Verlauf: - 1873
Mai/Oktober: Zahlungsunfähigkeit von Banken und an Börsen
September: Schließung der New Yorker Börse - überhöhte Spekulationen von Eisenbahnaktien
Oktober: Berliner Börse hat große Verluste
> Arbeitslosigkeit, Produktionsrückgang, Inflation, Preissturz
- Auswirkungen
- Ausmaß der Gründerkrise relativ gering
- Abkehr vom Wirtschaftsliberalismus - Schutzzölle gefordert
- Organisation der Arbeiter und Unternehmer in Parteien und Gewerkschaften
- Wirtschaftswachstum geht zurück
- starke Verluste im Kapital- und Börsenbereich
- Zuwachsraten (Volkseinkommen und Beschäftigtenquote)
- steigendes Produktionsvolumen bis 1880
- normaler Preisrückgang
5. Bismarcksche Wirtschaftspolitik - „Schutzpolitik“
- Protektionismus vor Billigimporten aus GB
- Neomerkantilismus
- Bismarck ergriff staatliche Schutzmaßnahmen, die als Schutzpolitik, Protektionismus und
Neomerkantilismus bezeichnet wurden.
Maßnahmen:- 1877 - ausländische Eisenerzeugnisse mit Zöllen belegt
- 1879 - auch auf Roheisen erweitert
- hinzu kommen eigene Maßnahmen der betroffenen Wirtschaftsbereiche
- Kartelle, Interessenverbände zum vertreten der Interessen gegenüber der Regierung
Folgen und Auswirkungen:
- Lebenshaltungskosten stiegen, Exportverschlechterung (Elektro- und Maschinenbau), Post, Telefon,
Eisenbahn und Telegraphen werden verstaatlicht
Kartell: Zusammenschluß juristisch und wirtschaftlich weitgehend selbständig bleibender Unternehmen
der gleichen Wirtschaftsstufe zur Marktbeherrschung durch Wettbewerbsbeschränkungen und
Preisabsprachen
Syndikat: höchste Form der Kooperation von Kartellen, gemeinsame Vertretung nach außen, als
Zusammenschluß gegen den weiteren Preisverfall
Versuche zur Lösung der sozialen Frage
I. sozialistische Lösungsversuche
- gemeinsame Prinzipien aller sozialistischen Lehren und Richtungen bei der Lösung der sozialen Frage
1. Ursache der materiellen, politischen und gesellschaftlichen Ungleichheit ist die Industrialisierung, die
zu Arbeitsteilung, Ausbeutung und Unterdrückung geführt hat.
2. Eine grundlegende Änderung dieser Verhältnisse ist nur durch die Schaffung wirtschaftlicher
Gleichheit erreichbar durch Gemeinschaftsgeist und Solidarität anstelle von Konkurrenz.
3. Privateigentum an Produktionsmitteln reizt zur Ausbeutung, dient nur der individuell – egoistischen
Nutzung.
4. An die Stelle des Ungleichheit erzeugenden Privateigentums muß gemeinsames Eigentum treten.
I.1. Die Frühsozialisten – „utopische Sozialisten“
- Gruppe von englischen und französischen Wissenschaftlern und Unternehmern, die schon in der
Frühzeit der industriellen Revolution nach einer Alternative zur bestehenden bürgerlichen Gesellschaft
und ihrer ausbeuterischen Wirtschaftsform suchten
- im Unterschied zu späteren sozialistischen Theoretikern blieben sie in Ansätzen stecken und waren
noch nicht mit Organisationsformen der Arbeiterbewegungen vertraut
Hauptvertreter und Inhalte des utopischen Sozialismus
Charles Fourier (1772 – 1837)
- sah in der Großindustrie und in der Konkurrenzwirtschaft die Ursache des sozialen Unrechts
- die Alternative sah er in der Errichtung agrarischer und handwerklicher Wirtschaftsgemeinschaften
Henri de Saint Simon (1760 – 1825)
- forderte die Beseitigung der bestehenden Besitzordnung, die Schaffung eines neuen Staatswesens und
die gesetzliche Gleichstellung der Arbeiterklasse mit der Besitzklasse
Robert Owen (1771 – 1858)
- englischer Fabrikant
- forderte genossenschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln als Lösungsansatz für die soziale Frage
an die Herstellung sozialer Gleichheit
Pierre Joseph Prouelhou (1809 – 1865)
- lehnte radikal die bestehende Wirtschaftsordnung ab, bezeichnete Eigentum als Diebstahl, untersuchte
die Ausbeutungsverhältnisse, forderte eine gerechte Umverteilung des Besitzes, Arbeiter sollten
„besitzende und produzierende Klasse“ werden
Louis Blanc (1811 – 1882)
- französischer Radikalsozialist
- wollte die „Anarchie der Produktion“ durch die „Organisation der Produktion“ überwinden um zu
gerechteren Besitzverhältnissen zu kommen
Wilhelm Weitling (1808 – 1871)
- erster Organisator deutscher Arbeiter in Paris „Bund der Gerechten“ von den Ideen Saint Simons
beeinflußt, entwickelte er eine erste Theorie eines utopischen Kommunismus, Modell einer „materiellen
und politischen Gleichheitsgesellschaft“
Moses Heß (1812 – 1875)
- Hauptvertreter eines „philosophischen Sozialismus“, zunächst Mitstreiter von Karl Marx, wandte sich
später der Idee eines „religiös geprägten Gleichheitsstaates“ zu
Verdienste und Grenzen des utopischen Sozialismus
- erkannten als 1. Gruppierung das Problem der sozialen Frage und suchten nach Lösungsmöglichkeiten,
ihre Theorien waren nicht wissenschaftlich ausgereift, waren keinesfalls einheitlich und enthielten
teilweise Widersprüche (z.B. Rolle des Staates)
- ihr Wirken stand im Widerspruch zu den wirtschaftlichen und politischen Interessen des Bürgertums,
die utopischen Sozialisten fanden kaum gesellschaftliche Resonanz
- die Arbeiterklasse war entwicklungsmäßig noch nicht ausgereift
- die utopischen Sozialisten sahen die Arbeiter als Objekt ihrer Bemühungen, sie erkannten nicht, daß
die Arbeiterklasse selbst für ihre Interessen kämpfen muß. Die Ideen der utopischen Sozialisten waren
jedoch eine Grundlage auf der die Lehren des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx und Engels
später aufbauten, der modernen Arbeiterbewegung gaben sie wichtige Impulse
I.2. Der wissenschaftliche Sozialismus
Die Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels
- in Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Lehren der Zeit konzipierten sie eine Theorie, die
ein Entwurf einer besseren Gesellschaft sein sollte
Wissenschaftliche Quellen des Marxismus
- Philosophie des deutschen Philosophen Hegel
- Ideologien des utopischen Sozialismus
- britische Nationalökonomie (Smith, Picard)
Die Hegelsche Philosophie – eine der Hauptquellen des Marxismus
I. biographische Angaben
Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 in Stuttgart – 1831 in Berlin)
- bedeutender deutscher Philosoph des 19. Jh.
- im Sinne der humanistischen Aufklärung erzogen
- 1788/93 – Studium der Philosophie und der Religion
- 1793/1800 – Arbeit als Hauslehrer in Bern, Frankfurt/Main
- seit 1801 Lehrtätigkeit an der Universität in Jena
- seit 1805 Professur
- 1802/03 – Herausgabe „Kritisches Journal der Philosophie“
- 1807 – Redakteur der Bamberger Zeitung
- 1808 – Gymnasialrektor in Nürnberg
- 1816 – Philosophievorlesungen in Heidelberg
- 1817 – als Philosophieprofessor nach Berlin berufen
- 1826/31 – Herausgabe der „Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik“
- 1830 – als Rektor der Berliner Universität berufen
Bedeutung:
Hegel prägte bis in die 40er Jahre dominierend die Philosophie in Deutschland in den Bereichen
Religions-, Rechts-, Geschichtsphilosophie. Er entwickelte mit der Dialektik eine wissenschaftliche
Methode der Untersuchung.
Die Hegelsche Untersuchungsmethode
Hegel begreift Geschichte und Gesellschaftsentwicklung als einen gesetzmäßigen Prozeß in der Einheit
um den Kampf der Gegensätze.
Dialektik: philosophische Wissenschaft von den allgemeinen Bewegungs- und Entwicklungsgesetzen
der Natur, der Gesellschaft und des Denkens. Sie ist nach den Gesetzen der Logik begründet.
3 Stufen der Negation
Kerngedanke:
z.B.
Feudalismus
Kapitalismus
feudale Machtverhältnisse
Negation
Kapitalistische Produktionsweise
Negation der Negation
- für Hegel ist die Dialektik Einheit von Analyse und Synthese
- 3 Grundformen der Dialektik:
- Dialektik des Seins
- Dialektik des Wesens
- Dialektik des Begriffs
1) Wie analysiert Hegel die wirtschaftliche Entwicklung in der bürgerlichen Gesellschaft?
2) Welche Folgen dieser Entwicklung sieht Hegel?
3) Welche Aufgabe ergibt sich für die Gesellschaft?
4) Untersuchen Sie die vermeintlichen Lösungsvarianten Hegels und seine Sicht der Realisierbarkeit!
5) Ziehen Sie einen Vergleich zu den utopischen Sozialisten in puncto Lösung der sozialen Frage!
(Gemeinsamkeiten und Unterschiede)
Subsistenz: Fähigkeit, für sich selbst zu sorgen und selbst zu bestehen
zu 1.:
- ungehinderte Wirksamkeit
- Wachstum der Bevölkerung und der Industrie
- Zusammenhang der Bedürfnisse und deren Drang nach Befriedigung – gedoppelte Allgemeinheit –
größter Gewinn
zu 2.:
Folgen sind:
Bereicherung – geistige Vorteile der bürgerlichen Gesellschaft gegenüber der Arbeiterklasse –
Empfindung des Genusses - dem gegenüber Abhängigkeit und Not – führt zum Verlust des Gefühls von
Recht, Ehre – nicht bestehen können durch eigene Arbeit – Armut – Pöbel ist gegen Reiche,
Gesellschaft, Regierung – er ist arbeitsscheu, leichtsinnig
- Armut bewirkt das Böse – Subsistenz nicht durch Arbeit sondern durch mangelnde Ehre – Kriminalität
- Mangel an Rechten ist zugleich Unrecht der Arbeiterklasse
zu 3.:
Aufgabe der Gesellschaft muß es sein, eine Gleichstellung aller zu erreichen, damit der Arbeiterklasse
die Möglichkeit zur Subsistenz und das Gefühl der Ehre zurückzugeben um so die Situation zu
verbessern.
zu 4.:
- sozialer Ausgleich
- Arbeitsplätze – Produktion steigt – bewirkt das reicher werden der Reichen und durch weitere
Ausbeutung das ärmer werden der Armen – das soziale Gefälle wächst
- genug Reichtum – zu sehr auf zu wenige konzentriert – zu wenig Reichtum
zu 5.:
Beide sehen den Ansatz an lohnender Arbeit
aber: die utopischen Sozialisten sehen Ansatz am ändern des Systems und dann evtl. Realisierbarkeit
besserer Arbeit.
Staatliches Eigentum an Produktionsmitteln – alle gleich reich- kein soziales Gefälle – utopisch – kein
reales Menschenbild
Die utopischen Sozialisten haben der gesellschaftlichen Schicht des
(Groß-)Bürgertums die Verantwortung für die soziale Frage gegeben, auch Hegel erkennt die Ursache
im Bürgertum, hält aber die Arbeiterklasse für noch zu schwach, weil unorganisiert, außerdem setzt er
voraus, daß es zum derzeitigen Zeitpunkt keine Lösungen sind.
Ergebnisse der Gesellschaftsanalyse Hegels
Die bürgerliche Gesellschaft erzeugt notwendiger Weise die soziale Frage. Sie kann diese nicht lösen,
ohne ihr eigenen Grundsätze zu verletzen. Sie kann diesen Widerspruch nicht mit den ihr eigenen
Mitteln und innerhalb ihrer Ordnung lösen. Für Hegel gibt es folglich keine Möglichkeit die soziale
Frage zu lösen. Anders als die utopischen Sozialisten sieht er keine Alternative außerhalb der
bürgerlichen Wirtschaftsordnung, der Gedanke der gewaltsamen Beseitigung der bestehenden Ordnung
ist Hegel fremd.
Marxismus
Die grundlegenden Thesen der Theorien von Marx und Engels
1) die bisherige Geschichte ist die Geschichte von Klassenkämpfen
2) der Klassenkampf ist die bewegende Kraft – „Lokomotive der Gesellschaft“
3) in der Epoche des Kapitalismus spaltet sich antagonistisch
(direkt-)gegenüberstehend „Bourgeoisie und Proletariat“
4) die Bourgeoisie hat kein anderes Bande zwischen Mensch und Mensch übriggelassen, als das Prinzip
der „baren Zahlung“, die Ausbeutungsverhältnisse sind direkter, sachlicher und brutaler als je zuvor
5) das Prinzip der Dialektik (dialektischer Materialismus) bestimmt den Ablauf der Geschichte, den
Ablauf von Klassenkämpfen. In revolutionären Sprüngen vollzieht sich der Übergang zu höheren
Gesellschaftsordnung
6) die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft verläuft nach bestimmten wissenschaftlich erfaßten
Prinzipien(Determinismus der Geschichte), sie endet nach der proletarischen Revolution im
Kommunismus
7) der Kommunismus ist eine klassenlose Gesellschaft in der es keine Ausbeutung gibt, die Funktion des
Staates wird überflüssig
Die soziale Frage bei Karl Marx
anschauliche Kenntnis der Lage der Arbeiter in England – niedergeschrieben in „Das Kapital“,
charakterisiert in folgenden Grundtheorien:
1. Entfremdungstheorie:
Marx sieht 4 Bereiche er Entfremdung des Menschen:
- Entfremdung vom Produkt der Arbeit
- die Selbstentfremdung (Arbeit wird nicht mehr als Menschenbedürfnis, sondern nur als Mittel zum
Zweck der Selbsterhaltung angesehen)
- Entfremdung von der menschlichen Natur
- Entfremdung des Menschen vom Menschen
2. Mehrwerttheorie:
Der Wert jeder Ware ist durch die angewandte Arbeit bestimmt. Auch die menschliche Arbeitskraft ist
eine Ware, die der Arbeiter um existieren zu können, verkauft. Da der Unternehmer dem Arbeiter
weniger bezahlt als dieses an Werten schafft, ergibt sich der Mehrwert. Der Profit ist der gestohlene
Mehrwert.
3. Akkumulationstheorie:
Den Mehrwert wandelt der Kapitalist in zusätzliches Kapital um. Das führt zur Konzentration des
Kapitals in den Händen weniger (Akkumulation des Kapitals)
4. Verelendungstheorie:
Nach Marx ist die „allgemeine Tendenz der Kapitalisten, den durchschnittlichen Lohnstandard aus
Gewinnsucht nicht zu erhöhen, sondern viel mehr zu senken oder den Wert der Arbeit bis an die
Minimalgrenze zu drücken. Dies geschieht durch Rationalisierung und führt zu einer wachsenden
Verelendung der Arbeiterklasse.“
5. Konzentrations- und Zentralisationstheorie:
Im Verlauf der Entwicklung des Kapitalismus unterliegen die meisten kleinen und mittleren
Unternehmen im Konkurrenzkampf.
Folgen:
- Konzentration der Produktion und des Kapitals
- Konzentration der Gesellschaft in eine kleine Kapitalistenklasse und in ein zahlenmäßig immer stärker
werdendes Proletariat.
6. Krisentheorie:
Der Kapitalismus führt zu zyklischen Wirtschaftskrisen, an denen später zwangsläufig das
kapitalistische System zugrunde geht.
7. Zusammenbruchstheorie:
Aufgrund der sich zuspitzenden Krisen wird der Gegensatz zwischen Großkapitalisten und Proletariern
so groß, daß es zu einer Revolution kommt. Der Sozialismus (Diktatur des Proletariats) führt schließlich
zur klassenlosen, kommunistischen Gesellschaft.
Marx Vorstellungen von der Lösung der sozialen Frage
Marx sieht die Ursachen aller negativen ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen
Auswirkungen in der Klassengesellschaft. Folglich besteht seine Lösung in ihrer Aufhebung durch
Revolution und in der Schaffung einer klassenlosen, kommunistischen Gesellschaft. Diese ist im
wesentlichen gekennzeichnet durch:
- Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln
- Verstaatlichung aller Produktionsmittel
- Abschaffung aller Klassen (Vereinheitlichung des Überbaus)
- Schaffung einer Nationalbank (Kreditwesen in den Händen des Staates)
- Produktion in den Nationalwerkstätten auf der Grundlage der Planwirtschaft
- späteres Absterben des Staates und Führung des Volkes durch das Proletariat
Die Kritik an der Lehre des Marxismus
- zunächst große Wirkung der Gesellschaftstheorie von Marx und Engels
- aber bereits Ende des 19. Jh. wachsende Distanz zu den Theorien von Marx und Engels auch innerhalb
der Arbeiterbewegung
Kritikpunkte:
- die Marxsche Analyse der sozialen Verhältnisse seiner Zeit war zutreffend, viele seiner Theorien
wurden jedoch da spekulativ angelegt, in der gesellschaftlichen Praxis nicht bewiesen
- die wissenschaftliche Theorie des Marxismus widersprach in seiner Unversöhnlichkeit dem Bestreben
vieler Arbeiterorganisationen nach einer reformistischen, einen Ausgleich mit dem Staat suchenden
Politik
- die Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit des kapitalistischen Systems wurde unterschätzt, die Rolle
der Arbeiterklasse stark idealisiert.
- die Zielvorstellung einer klassenlosen Gesellschaft wies utopische Züge auf, Grundeigenschaften der
menschlichen Natur wurden negiert. (Besitzstreben, Individualität)
Die englische Arbeiterbewegung war nur in sehr geringem Maße vom Gedankengut des Marxismus
geprägt. Ihre sozial reformerischen Tendenzen führten zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenslage
der englischen Abreiter in der 2. Hälfte des 19. Jh. Es begann eine Verbürgerlichung der englischen
Arbeiter.
Die Entwicklung der Arbeiterbewegung in Deutschland
1834: „neues Deutschland“ in Bern
1834: „Bund der Geächteten“ in Paris
1837: „Bund der Gerechten“ in Paris
1847: „Bund der Kommunisten“ in London
- geringe Wirksamkeit dieser Organisationen
- bestanden fast nur aus Emigranten
- territoriale Zersplitterung Deutschlands
Ansätze einer gesamtnationalen Arbeiterbewegung während der Revolution 1848/1849
Sept. 1848: Gründung der „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverbrüderung“ unter Stephan Born –
Zusammenschluß von 30 Arbeiterorganisationen
Forderungen:
- Errichtung eines parlamentarisch – demokratischen Staates
- allgemeines Wahlrecht und Koalitionsrecht
- Bildung von Produktionsgenossenschaften
diese Interessen werden jedoch in der Frankfurter Nationalversammlung nicht verstanden
1854: Verbot aller Arbeiterorganisationen durch den Deutschen Bund
Die Formierung von Arbeiterparteien in Deutschland
„Der Allgemeine deutsche Arbeiterverein“ (ADAV)
- gegründet am 23. Mai 1863 in Leipzig vom Schriftsteller und Rechtsanwalt Ferdinand Lasalle
- vertrat eine sozial – reformerische Richtung
- sah in der Gewährung des allgemeinen, direkten und gleichen Wahlrechts das Hauptziel des Kampfes
- Lasalle orientierte auf einen parlamentarischen Kampf für die Überwindung der Klassengegensätze
- Der Staat sollte durch Gesetzgebung und finanzielle Hilfe diesen Prozeß fördern (Idee vom
Staatssozialismus)
- starke Orientierung auf Preußen und der Politik Bismarcks
- Lasalle, der in den Liberalen den Hauptfeind sah, bot Bismarck Unterstützung im preußischen
Verfassungskonflikt an.
- Unterredungen mit Bismarck blieben jedoch ergebnislos
- in vom Staat unterstützten Genossenschaften sah Lasalle eine Alternative zum bestehenden
kapitalistischen Wirtschaftssystem
- Theorie der „reaktionären Masse“
- Bürgertum und Bauern - keine Bündnispartner der Arbeiter
Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP
- 1868 als Verband Deutscher Arbeitervereine entstanden
- Beitritt zur „Internationalen Arbeiterassoziation“ (1864 in London durch Engels entstanden – „1.
Internationale“)
- 1869 Formierung zu einer Partei in Eisenach unter August Bebel und Wilhelm Liebknecht
- im Unterschied zum ADAV Bekenntnis zum Marxismus und zum proletarischen Internationalismus
- Ablehnung der Vorherrschaft Preußens und der Politik Bismarcks
- Bekenntnis zur Pariser Kommune
- für die Überwindung der Klassengegensätze auf revolutionärem Weg
- nach der Reichseinigung 1871 – Annäherungsprozeß der beiden Arbeiterparteien
1875 Vereinigung der beiden Parteien in Gotha
Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands
Formulierung des „Gothaer Programms“:
Hauptforderungen:
- Einrichtung eines freien Volksstaates
- allgemeines, direktes, gleiches und geheimes Wahlrecht für alle Deutschen
- Entscheidung über Krieg und Frieden durch das Volk
- eine Volkswehr anstatt des Heeres
- die Rechtsprechung durch das Volk
- unbeschränktes Koalitionsrecht der Arbeiter
- 1875: starke Aggressionen gegen die sozialdemokratische Bewegung
- Stärkung der Sozialdemokratie in der Zeit des Sozialistengesetzes
- 1890: Umbenennung auf Parteitag in Halle zu Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
- 1891: Ablösung des Gothaer Programms durch das Erfurter Programm (bis 1925)
- nach 1891 weiterer quantitativer Aufschwung der sozialdemokratischen und der
Gewerkschaftsbewegung
Gewerkschaften:
Mitgliederzahlen sozialdemokratischer Gewerkschaften
1892 – 237000
1900 – 680000
1908 – 1800000
1912 – 2000000
1913 – 2525000
Revisionismus
- um 1900 in der internationalen Arbeiterbewegung sich verbreitende Strömung, die die Gedankengänge
des Sozialreformismus theoretisch untermauert
- unterzog die Marxistische Theorie einer kritischen Analyse und kam zu der Feststellung, daß sich
einige Theorieansätze in der Entwicklung nicht bewahrheitet hätten. (z.B. Verelendungstheorie)
- das Mittel der Revolution wurde aufgegeben – die Arbeiterbewegung sollte sich im rahmen der
bestehenden Ordnung auf den parlamentarischen Kampf konzentrieren, die Bedeutung der
sozialreformerischen Tätigkeit der Gewerkschaften wurde betont
- Das Ziel einer demokratischen, sozialistischen Gesellschaft sollte auf reformerischem Weg erreicht
werden.
- zunächst heftig umstritten, setzte sich der Revisionismus in der SPD etwa ab 1905 durch
- 1925 wurden im Heidelberger Programm die Grundauffassungen des Revisionismus in der SPD
offiziell übernommen und damit viele Grundpositionen des Marxismus. die im Erfurter Programm 1891
formuliert wurden, revidiert.
Das Erfurter Programm 1891
1. Worin sieht die SPD den Grundgegensatz der Gesellschaft?
2. Welche Aussagen macht das Erfurter Programm zur Lösung der sozialen Frage?
3. In welchem Verhältnis sieht die SPD die Kategorien politischer und ökonomischer Kampf?
4. Kennzeichnen Sie die zentralen Aufgaben, die das Erfurter Programm für die Sozialdemokratie
formuliert!
zu 1.:
Privateigentum an Produktionsmitteln zur Sicherung des Eigentums des Produzenten an seinem Produkt
– „heute“ Mittel zur Ausbeutung der Bauern, Handwerker und Kleinhändler
- die „Nichtarbeiter“ – die Kapitalisten – setzen sich in den Besitz des Produkts des Arbeiters
zu 2.:
- Unentgeltlichkeit der ärztlichen Hilfeleistung einschließlich Geburtshilfe und Heilmittel
- Unentgeltlichkeit der Totenbestattung
- Weltlichkeit der Schule
- Unentgeltlichkeit der Schule, des Rechtsbeistandes sowie der Rechtspflege
- stufenweise steigende Einkommens- und Vermögenssteuer zur Deckung staatlicher Kosten
- Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln in gesellschaftliches
Eigentum
- Umwandlung der Warenproduktion in sozialistische; für und durch die Gesellschaft betrieben
zu 3.:
- ohne politische Rechte keine Entwicklung der ökonomischen Organisationen und des ökonomischen
Kampfes – ökonomischer Kampf – politischer Kampf
- ohne politische Macht keine Durchsetzung der Forderungen der SPD – Arbeiterschaft
zu 4.:
- Leitung des „Kampf[es] der Arbeiterklasse zu einem ... einheitlichen ... naturnotwendigen Ziel...“
- Kampf „für die Abschaffung der Klassenherrschaft und der Klassen selbst“
- Kampf „für gleiche Rechte und gleiche Pflichten aller ohne Unterschied des Geschlechts und der
Abstammung“
- Bekämpfung der Ausbeutung und Unterdrückung
- Forderung eines allgemeinen gleichen Wahlrechts und Stimmrechts mit geheimer Stimmabgabe aller
20jährigen Reichsangehörigen ohne Unterschied des Geschlechts; Verhältniswahlsystem
- direkte Gesetzgebung durch das Volk (Vorschlags- und Verwerfungsrecht)
- Selbstbestimmung und -verwaltung des Volkes
- Wahl der Behörden durch das Volk
- jährliche Steuerbewilligung
- Forderungen weiterer politischer Ziele:
z.B. allgemeine Wehrpflicht statt stehendes Heer
- Volksvertretung entscheidet über Krieg und Frieden
- freies Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsrecht
- Gleichstellung der Frau
- Religionsfreiheit
„Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Zeiten führe ich euch noch entgegen“
(Wilhelm II)
Gesellschaftliche Situation
> geprägt von wachsender Wirtschaftskraft
> Bevölkerungswachstum
>wachsendes Nationalgefühl durch alle Schichten
„Neuer Kurs“ - dank der Abdankung Bismarcks
> Forderung einer imperialistischen Weltmachtstellung Deutschlands
> Verzicht auf Bündnissysteme Bismarcks
> Vertrauen auf eigene politische Stärke
> Flotten- und Heeresaufrüstung
> neuer Reichskanzler: Leo Graf von Caprivi
Außenpolitik in Europa
> anstreben einer Weltpolitik
> 1890 - Nichterneuerung des Rückversicherunsvertrages mit Rußland
> 1892 Rußland - Frankreich Militärkonvention - Gefahr des Zweifrontenkrieges
> abhängig vom Dreibund
> 1904 Entente cordiale - Frankreich - England
> 1907 Triple Entente - Frankreich - Rußland - England
Folge: Deutschland außenpolitisch isoliert
Kolonialpolitik
Vergangenheit:
- Kolonien keine wichtige Rolle
- Bismarck wollte sich nur auf Europa und Deutschland konzentrieren
Situation Ende des 19. Jh.:
- wollte deutsche Ideen über das Meer hinaustragen
- Aufteilung Afrikas fast vollständig abgeschlossen
Gebietseroberungen:
- Togo, Kamerun, Deutsch - Südwestafrika, Deutsch - Südostafrika
> Kolonien aber wirtschaftlich, politisch, militärisch unwichtig
1897 - 1898
> Einrücken deutscher Truppen in China (99 Jahre Pachtvertrag) - Teilbesetzung
1900 Aufstand der Bevölkerung - Boxeraufstand - Hunnenrede
- verhalten stieß internationale Ablehnung und Unverständnis
1904 - 1911
> 1. und 2. Marokkokrise (Frankreich wollte Marokko besetzen, Deutschland wollte Konferenz gegen
Frankreich mit anderen Großmächten, Deutschland jedoch außenpolitisch isoliert
> Vertiefung der Entente - Einigung Frankreichs, Englands und Rußlands
> Osmanisches Reich
> Annäherung (Besuch 1899)
> Bahnbau (Bagdadbahn) quer durch Türkei - nur Vorteile für deutsche Firmen
> Deutschland beutete die Bodenschätze der Türkei aus - Türkei sollte deutsche Kolonie werden
> Bahn wegen 1. Weltkrieg nie fertiggestellt
Wettrüsten
> Ziel: Nacheiferung der englischen Flotte
> 1893 Landwehr auf 84000 Mann verstärkt
> Wehrdienst auf ein Jahr heruntergesetzt - Bevölkerung trotzdem solide militärisch ausgebildet
> 1912 stärkste Landstreitmacht Europas
> 1897 Alfred von Tirpitz - Staatssekretär des Reichsmarineamtes, und war damit verantwortlich für das
Militär
> 1898/1900
> 1. u. 2. Flottengesetz (Vergrößerung der Flotte - zum Einsatz in China)
> Lage zu England verschärft sich
- damit immer wieder indirekte Angriffe auf England (Versuch der Provokation)
> selbstgeschaffenes Feindbild England
Fehler der Wilhelminischen Außenpolitik
> völlige Überschätzung (Flotte viel kleiner als Englands Flotte), der eigenen Macht und der Rivalität
der anderen Mächte
> klares Freund - Feind - Bild: Deutschland abhängig von Bündnispartnern
> Zick - Zack - Politik: Irrationalität der Außenpolitik Deutschlands
Ausbruch und Verlauf des I. Weltkrieges
Der Weg in den I. Weltkrieg
18. Juni 1914: Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinands und seiner Frau in
Sarajevo durch den serbischen Nationalisten Princip, wahrscheinlich mit Unterstützung der serbischen
Regierung
„Das Attentat von Sarajevo war die dramatische Zuspitzung des seit langem schwelenden Konfliktes
zwischen der Donau – Monarchie und der südslawischen Nationalbevölkerung.“
29. Juni – 1. Juli 1914: heftige Diskussionen in der politischen und militärischen Führung Österreich –
Ungarns über die Art der Reaktion
- Kriegspartei plädiert für militärische Strafaktion, zunächst Unklarheiten über die Reaktion Rußlands
und die Haltung des Deutschen Reiches
4. – 6. Juli 1914: nach intensiven Beratungen entschließt sich die deutsche Regierung Österreich
gegenüber Serbien bedingungslos zu unterstützen, das Ergebnis ist die sogenannte Blankovollmacht
Wilhelm II. an Österreich, er versichert militärischen Beistand
„... in Einklang mit seinen Bündnispflichten und seiner alten Freundschaft...“
7. Juli 1914: der österreichisch – ungarische Ministerrat entscheidet sich für ein scharfes Ultimatum an
Serbien mit dem Ziel, eine militärische Auseinandersetzung zu beginnen
10. – 19. Juli 1914: österreichisch – ungarische Regierung erarbeitet ein Ultimatum an Serbien,
Befürchtung in der deutschen Regierung wächst, daß Österreich vor einem Krieg mit Serbien
zurückschrecken würde
21. Juli 1914: anläßlich eines Staatsbesuches in Petersburg richtet der französische Präsident Poncaré
heftige Warnungen an Österreich, Rußland und Frankreich sichern sich militärischen Beistand zu.
22. Juli 1914: der englische Außenminister Greg rät Serbien zur Annahme eines österreichisch –
ungarischen Ultimatums „falls dies gemäßigt sei“
23. Juli 1914: das auf 48 Stunden festgelegte Ultimatum Österreichs an Serbien stößt dort auf
Widerstand, auch die Ententestaaten lehnen Ultimatum ab – Verschärfung der Julikrise
25. Juli 1914: Serbien akzeptiert die meisten Forderungen Österreichs, Österreich betrachtet jedoch die
serbische Antwort als unbefriedigend, in Österreich wird die Teilmobilmachung angeordnet, Rußland
beschließt, Serbien im Falle eines österreichisch – ungarischen Angriffs (militärisch) zu unterstützen
28. Juli 1914: Österreich – Ungarn erklärt Serbien den Krieg
29. Juli 1914: Rußland führt Teilmobilmachung durch
Der Chef des deutschen Generalstabs Helmuth von Moltke fordert Österreich zur Generalmobilmachung
auf und sichert eigenmächtig die „unbedingte Unterstützung“ des Deutschen Reiches zu
- der österreichisch – serbische Konflikt weitet sich aus zum Konflikt zwischen Rußland und
Deutschland
31. Juli 1914: Generalmobilmachung in Österreich – Ungarn
- Deutschland richtet ein mit 12 Stunden befristetes Ultimatum an Rußland die Mobilmachung
aufzuheben
- Forderung Deutschlands an Frankreich (Ultimatum von 18 Stunden), im Falle eines deutsch –
russischen Konfliktes Neutralität zu üben
1. August 1914: Deutschland verkündet Mobilmachung und erklärt Rußland den Krieg
3. August 1914: Frankreichs Ablehnung des deutschen Ultimatums wird mit der deutschen
Kriegserklärung beantwortet
4. August 1914: nachdem deutsche Truppen die Neutralität Belgiens gebrochen haben, erklärt auch
Großbritannien Deutschland den Krieg
- widersprüchliche Position der SPD: - Zustimmung zur Bewilligung der Kriegskredite – Hugo Haase
dazu: „Wir haben alles getan diesen Krieg zu verhindern!“ – will aber zum Vaterland stehen aus Angst
vor dem russischen Zarrismus und Despotismus – Aufbau der Legende vom Verteidigungskrieg für das
deutsche Vaterland
Die deutsche Militärstrategie im I. Weltkrieg
„Alles war bewußt auf eine Karte gesetzt worden. Diese Karte war der Sieg des Deutschen Reiches über
Frankreich. Auf diese Aufgabe waren Rüstungspolitik, Ausbildung und Bewaffnung des deutschen
Heeres ausgerichtet!“ (Schulte)
„Deutschlands Feldzugsplan, Deutschlands Siegeschancen beruhten auf der Voraussetzung, daß
Rußland nach Kriegsausbruch nicht gleich in voller Stärke werde antreten können“ (Graf Kielmansegg)
Der Schlieffenplan
1905 – vom damaligen Chef des deutschen Generalstabes Graf Alfred von Schlieffen entworfenes
Konzept der Kriegführung
Ziel: Vermeidung eines Zweifrontenkrieges durch einen konzentrierten, schnellen Angriff auf
Frankreich, bevor Rußland angriffsbereit ist
Planung der ersten Phase
Eindringen starker deutscher Truppen über Belgien und Luxemburg unter Umgehung der nördlichen
Grenzbefestigungen Frankreichs
- rasche Umschließung der Hauptstadt Paris
- Abdrängen der französischen Hauptstreitkräfte ins Moselgebiet, an die Schweizer Grenze
- Abschneiden von der Versorgung vom Hinterland
- Suchen nach einer militärischen Entscheidungsschlacht
- nach dem erwarteten militärischen Sieg in Frankreich konzentrierter militärischer Einsatz deutscher
Armeen im Osten
- bis zu diesem Zeitpunkt sollen 40 deutsche und österreichische Divisionen die Grenzen gegen 90
russische Divisionen verteidigen
Mängel des Schlieffenplans
- Berechnungen nach dem Stand von 1905:
- falsche Einschätzung der russischen Truppentransportfähigkeiten und des Zeitfaktors bei der
Generalmobilmachung Rußlands
- in der Entwicklungsrate 1905 – 1914 bleibt Rußland unbeachtet
- politische Entwicklungen 1905 – 1914 bleiben ebenfalls unberücksichtigt
- der Schlieffenplan rechnete fest mit der Neutralität Großbritanniens, da 1905 der Interessenausgleich
mit Rußland noch nicht erfolgt war
- das Ablaufschema des Schlieffenplans erforderte die deutsche Initiative beim Beginn der
Kriegshandlungen
- das deutsche Reich befand sich in der Rolle des Angreifers (Kriegsschuldfrage)
- die deutsche Flotte hatte im Schlieffenplan keinerlei Funktion, eine mögliche Blockade der deutschen
Nordseehäfen durch Großbritannien war nicht einkalkuliert, weder 1905 noch 1914 verfügte die
deutsche Armee über die im Schlieffenplan vorgesehene Heeresstärke
- zu der im Schlieffenplan vorgesehenen Strategie gab es keine Alternative für den Fall eines
gescheiterten Durchmarschs durch Belgien und Frankreich – es waren keine Vorkehrungen getroffen
- keine konkrete zeitliche und inhaltliche Planung des Ostfeldzuges
Die gefährlichen Konsequenzen des Schlieffenplans wurden in der Julikrise deutlich. Militärstrategische
Überlegungen zwangen die deutschen Politiker zu überstürzten Ultimaten und Kriegserklärungen
„So kam es zu der ungeheuren politischen Torheit ... daß Deutschland an Rußland und Frankreich den
Krieg erklärte. Denn der Kanzler (Bethmann Hollweg) war den Generälen unterlegen, die klare
Verhältnisse schaffen wollten.“
Der Verlauf des 1. Weltkrieges
1. Phase: Vom Bewegungskrieg zum Stellungskrieg 1914 – 1915
2 .Phase: Stellungskrieg, Erschöpfungsstrategien, Suche nach Bundesgenossen 1915 – 1917
3. Phase: uneingeschränkter U – Boot – Krieg und Kriegseintritt der USA 1917
4. Phase: Friedensbemühungen, Entscheidungskampf im Westen, Waffenstillstand 1918
Der Krieg im Westen
8. – 12. September 1914: Schlacht an der Marne
- erster Rückzug des deutschen Heeres (bis Sept. hatte der rechte Flügel der deutschen Heeresordnung
50% seines Bestandes verloren)
- Schlieffenplan gescheitert
Februar – Juli 1916: Schlacht um die Festung Verdun
- größte Materialschlacht des I. Weltkriegs
Juni – November 1916: Schlacht an der Somme
- mißlungener Durchbruchsversuch englischer und französischer Verbände
1918: fünf Großoffensiven der deutschen Verbände scheitern
8. August 1918: „Schwarzer Freitag des deutschen Heeres“ – Durchbruch britischer Tanks bei Amiens
- in den folgenden Wochen drohender Zusammenbruch der deutschen Stellungen an der Westfront
- Oberste Heeresleitung (Hindenburg, Ludendorff) fordern Aufnahme von
Waffenstillstandsverhandlungen (29.9.1918)
Erklärung der Obersten Heeresleitung am 3. Oktober 1918:
„infolge der Unmöglichkeit die in den Schlachten der letzten Tage eingetretenen sehr erheblichen
Verluste zu ergänzen, besteht nach menschlichem ermessen keine Aussicht mehr, dem Feinde den
Frieden aufzuzwingen ... “
Im I. Weltkrieg war die Westfront der entscheidende Hauptkriegsabschnitt. Hier entschied sich das
Schicksal der deutschen Militärstrategie (Schlieffenplan). Obwohl die deutschen Armeen bis in die
Endphase des I. Weltkriegs die territorialen Stellungen vom Herbst 1914 hielten, war spätestens mit dem
Kriegseintritt der USA die geringe Chance auf einen militärischen Erfolg nicht mehr gegeben. Im
Spätsommer 1918 drohte der völlige Zusammenbruch der demoralisierten deutschen Armeen an der
Westfront, die materielle und zahlenmäßige Überlegenheit der Entente wurde erdrückend.
Der Krieg im Osten
„Die Ostfront war für Deutschland zunächst Nebenkriegsschauplatz“ (Graf Kielmansegg)
1914: im August rasches Eindringen russischer Armeen in Ostpreußen, sie werden jedoch durch
Hindenburg und Ludendorff in 2 Schlachten (August bei Tanneberg und September an den Masurischen
Seen) geschlagen und zur Räumung Ostpreußens gezwungen
1915: zunächst erfolgreiche Offensiven an der Ostfront
- deutsche Truppen besetzen große Teile Polens, Galiziens und Estlands, Bewegungskrieg erstarrte bald
zum Stellungskrieg
1916/1917: erfolglose russische Großoffensiven (Brussilow- und Kerenski – Offensiven) – wachsende
Demoralisierung der russischen Truppen
„Eine Versorgung des industriell und rüstungstechnisch unterlegenen Kaiserreichs mit Waffen und
Munition aus dem Westen konnte wegen der fehlenden Verbindung im Unterschied zum II. Weltkrieg
nicht stattfinden!“ (Schieder)
- seit der Februarrevolution 1917 zunehmende Auflösungserscheinungen im russischen Heer als Folge
der revolutionären Entwicklung im Lande
8./9. November 1917: unmittelbar nach der Machtübernahme des „Rats der Volkskommissare“ in
Petrograd – Einleitung von Waffenstillstandsverhandlungen
- Dekret über den Frieden: Forderung eines gerechten annexionslosen Friedens
3. März 1918: Friedensvertrag zwischen Sowjetrußland und den Mittelmächten (Diktatfrieden)
Das Ausscheiden Sowjetrußlands aus dem Entente – Bündnis gab dem Kriegsgeschehen keine Wende
- Der Kriegseintritt der USA hatte die militärische Überlegenheit der Entente gefestigt, ein Ausscheiden
Rußlands war kompensierbar
- etwa eine Million deutsche Soldaten waren weiter im Osten in den besetzten Gebieten gebunden
Der Seekrieg und der uneingeschränkte U–Boot – Krieg
- englische Fernblockade der deutschen Nordseehäfen
- deutsche Schlachtflotte zu schwach, um englische Blockade aufzubrechen – Wilhelminisches
Flottenrüstungsprogramm erwies sich als Fehlschlag
- kriegsentscheidende Einschnürung des deutschen Wirtschaftslebens
- kein Warenverkehr mit deutschen Kolonien und neutralen Staaten mehr möglich
Lösungsversuch: Blockade der englischen Gewässer durch U–Boote
Februar 1915: Eröffnung des uneingeschränkten U–Boot – Kriegs
„Die Öffentlichkeit klammerte sich nur zu bereitwillig an die Hoffnung, daß Deutschland mit dem U–
Boot eine kriegsentscheidende Wunderwaffe besäße ...“
- warnende Gegner des U–Boot – Kriegs haben nur geringen Einfluß auf Wilhelm II.
Reichskanzler Bethmann – Hollweg:
„Es bleibt ein Würfelspiel, dessen Einsatz die Existenz Deutschlands ist“
1915/1916: auf Druck der USA zweimal abgebrochen
Anlaß: Versenkung des Passagierschiffes „Lusitania“ durch ein U–Boot (1300 Opfer)
Januar 1917: Wiederaufnahme des U–Boot – Krieges | Kriegserklärung der USA am 6.4.1917
Wertung:
Das militärpolitische Ziel, mit Hilfe eines uneingeschränkten U–Boot – Krieges Großbritannien
wirtschaftlich und politisch niederzuwerfen, mißlang.
Zwar geriet die britische Kriegswirtschaft vorübergehend in Schwierigkeiten, traten in der Versorgung
der Bevölkerung und der Fronttruppen Engpässe auf, aber bereits 1917 hatte sich die militärische
Führung Großbritanniens erfolgreich auf die Abwehr der U–Boote eingestellt (u.a. Einführung eines
Konvoisystems, Bau von U–Boot – Jägern, Bewaffnung der Handelsschiffe).
Die U–Boot – Rüstung Deutschlands war bereits 1918 aufgrund der wirtschaftlichen Probleme
rückläufig. Die politischen Folgen des uneingeschränkten U–Boot – Krieges waren jedoch für das
Deutsche Kaiserreich verheerend.
1) Die politische Führung der USA hatte jetzt die moralische Begründung von einer Politik der
„wohlwollenden Neutralität“ zu einer aktiven Kriegführung überzugehen, veränderte radikal das
militärische Kräfteverhältnis
2) Der mit dem Bruch elementarer Völkerrechtsnormen verbundene U–Boot – Krieg machte einen noch
1916 realisierbaren „Verständigungsfrieden“ unmöglich. Er führte zu einem Ansteigen des Hasses auf
das Deutsche Reich, führte letztendlich zu dem Verlangen, Deutschland als Alleinschuldigen des
Krieges zu bestrafen, was im Versailler Vertrag seinen Ausdruck fand.
3) Auch bei den neutralen Staaten geriet das Deutsche Reich in zunehmende Isolation (z.B. Spanien,
Schweden brechen Beziehungen ab).
Die innere Entwicklung Deutschlands während des I. Weltkriegs
„In fast allen europäischen Ländern hatte der Kriegsausbruch zunächst einmal zu einem Abbau der
Spannungen im Inneren geführt. Spätestens 1916 ist jedoch in den meisten Ländern ein Wiederaufleben
der inneren Spannungen zu registrieren.“ (Schöllgen)
- August 1914: Herstellen eines inneren „Burgfriedens“ durch die einstimmige Annahme der
Kriegskredite am 4. August 1914
- die inneren Belastungen des Krieges (Kriegswirtschaft, Lebensmittelrationierung) wurden vom
Reichstag mit getragen und von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert
- mit Fortdauer des Krieges und nach den militärischen Mißerfolgen zerbrach die Einheit von
Regierung, Parteien, Oberster Heeresleitung und Bevölkerung
Hauptkonfliktpunkte:
- Kriegszieldiskussionen
- Forderung nach Reform der Reichsverfassung
- die Lasten des Krieges verschärften den inneren Konflikt
„Es war die unvermeidliche Folge der Lage Deutschlands und der Begrenztheit seiner Mittel, daß der
Riesenbau der Kriegswirtschaft Druck ausübte, wie dies in keinem der gegnerischen Länder der Fall
gewesen ist.“
1916: Spaltung der Sozialdemokratie in der Auseinandersetzung über die Haltung zu den Kriegskrediten
– Gründung der USPD
- versuch des Reichskanzlers Bethmann – Hollweg einen innenpolitischen Ausgleich zu finden
Osterbotschaft 1917
Wilhelm II. verkündet die Aufgabe des reaktionären 3 – Klassenwahlrechts in Preußen
- heftiger Widerstand der OHL und der konservativen Parteien
Julikrise 1917
Oberste Heeresleitung, Konservative und Nationalliberale drängen Wilhelm II. zur Entlassung des
Reichskanzlers Bethmann – Hollweg
Juli 1917 – Oktober 1918:
Zeit der „Diktatur der OHL“
Die politische Führung des Reiches ging praktisch an ein Bündnis der annexionslüsternen Kreise der
Generalität um Hindenburg und Ludendorff mit Kreisen der Großindustrie, des Altdeutschen Verbandes
und der preußischen Großgrundbesitzer über.
„Diktatur Ludendorffs“
- militärischer Kriegsabsolutismus
„Das Ziel Hindenburgs und Ludendorffs war es, die Kriegsanstrengungen Deutschlands auf das
denkbare Maximum zu steigern.“
Ende 1917/1918: zunehmende innenpolitische Instabilisierung des deutschen Kaiserreiches trotz der
verkappten Militärdiktatur der OHL
- in der deutschen Öffentlichkeit schwindet der Glauben an die Möglichkeit den Krieg zu gewinnen
- wachsende Distanz der auf einen Verständigungsfrieden fixierten Parteien im Reichstag (Zentrum,
SPD, Fortschrittspartei) zum Kriegskurs der Annexionspartei
- militärische Erfolge des Neuen Kurses der Militärdiktatur bleiben aus
- Vorbildwirkung der russischen Revolution aktiviert radikalsozialistische Kräfte
1917: erste Unruhen in der deutschen Kriegsflotte in Kiel (Reichpietsch/Köbis)
1918: zunehmende Streikbereitschaft trotz Kriegsrechts
770 Streiks, davon 240 politisch motiviert
Höhepunkt: Munitionsarbeiterstreik im Januar 1918
- unter der Führung von USPD – Funktionären und revolutionären Obleuten (etwa 1 Million
Streikteilnehmer)
1918: in zahlreichen betrieben und in Einheiten der Kriegsflotte Bildung von Arbeiter- und
Soldatenräten
- nach dem Eingeständnis der Kriegsniederlage durch die OHL am 3. Oktober 1918 bricht die
Militärdiktatur Hindenburgs und Ludendorffs zusammen
- Versuch durch eine Verfassungsreform die Monarchie zu retten
28. Oktober 1918: Gesetz über Verfassungsänderungen
- Bildung der ersten parlamentarischen Regierung seit 1871 unter Reichskanzler Max von Baden
(Einbeziehung von SPD, Zentrum, Deutsche Fortschrittspartei)
- Übergang vom monarchischen Obrigkeitsstaat zum parlamentarischen Regierungssystem (noch in
Regierung: Scheidemann, Erzberger, Bauer, Stresemann)
- wichtige Repräsentanten der Liberalisierung
Warum konnte die Oktoberreform die Monarchie in Deutschland nicht retten?
- Oktoberreform zu spät: Volk hatte bereits begonnen, eine Revolution anzuzetteln (Lawine schon im
Rollen) – war nun revolutionsbereit
- auch eine Reform kann die Deutschen nicht mehr besänftigen
- auch eine reformierte Monarchie war immer noch die gleiche, die 1914 auch den Krieg angezettelt
hatte
- Rettungsabsicht der Monarchie leicht durchschaubar für Siegermächte - die lassen sich nicht täuschen
- das Volk hatte das vertrauen in den deutschen Kaiser verloren – wollten endlich Frieden
- Reformen genügten nicht mehr, um die brodelnde Masse zu besänftigen
Revolution – Führer der Revolution wurden die Arbeiter- und Soldatenräte, die sie vorantrieben und
nicht von der Regierung zu bremsen waren
Die Bilanz des I. Weltkrieges
I. Opfer und materielle Verluste
- etwa 10 Millionen Kriegstote, ca. 20 Millionen Schwerverwundete (Krüppel)
- viele Blinde durch Giftgasangriffe
Tote:
Deutschland:
1,8 Mio.
Rußland:
1,7 Mio.
Frankreich:
1,4 Mio. (viele Ziviltote)
England:
0,9 Mio.
- hohes Maß an Zerstörungen und Verwüstungen (Frankreich, Belgien, Ostpreußen, Westrußland, Polen)
z.B. Zerstörungsgrad in Frankreich:
- 700.000 Häuser
- 20.000 Fabriken
- 50.000 km Straßen und transportwege
- 3 Mio. Hektar Land verwüstet und für Landwirtschaft unbrauchbar
Staatsverschuldung und inflationäre Tendenzen in fast allen Kriegsteilnehmerstaaten
Bsp: Haushaltsdefizit 1918 (im Durchschnitt zw. 5 und 10 Milliarden im Frieden)
- Deutschland: 140 Mrd. Goldmark
- Frankreich:
144 Mrd. Franc
- England:
6,8 Mrd. Pfund
„Der Krieg hat Deutschland zu Beginn täglich 36 Mio. Mark gekostet, der Preis ging so in die Höhe,
daß am Schluß täglich 146 Mrd. aufzubringen waren.“
Gesamtkriegsschulden Deutschlands: 154 Mrd. Goldmark
II. politische Folgen
„In der bitteren schweren Erbschaft des Krieges lauerte schon ungleich furchtbar, das Verhängnis der
nächsten Generation“ (Graf Kielmansegg)
- Der Versailler Vertrag (Diktatfrieden) belastete nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches die
Weimarer Republik schwer (Gebietsabtretungen, Reparationszahlungen, Kriegsschuldartikel 231),
ermutigte die nationalsozialistischen und demokratiefeindlichen Kräfte in Deutschland
„Der Versailler Vertrag trug den Keim eines neuen Weltkrieges in sich.“
- das Europa der 5 Großmächte war nach dem I. Weltkrieg radikal verändert:
- Ende des Habsburger Reiches
- Entstehung zahlreicher Nationalstaaten
- Formierung eines kommunistischen Gesellschaftssystems in Rußland
- keiner der europäischen Staaten konnte sich als wirklicher Sieger des I. Weltkrieges betrachten
- Hauptprofiteure des I. WK waren in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht Japan und die USA
„Europa begann schrittweise zur relativen Bedeutungslosigkeit abzusinken, ein Prozeß der dann nach
1945 mit der endgültigen Dekolonialisierung und der Etablierung der USA sowie der Sowjetunion als
den neuen Weltmächten abgeschlossen wurde.“ (Schöllgen)
„In ganz Mittel- und Osteuropa waren die überkommenen Herrschaftssysteme zusammengebrochen ...
lieferten sich die demokratischen, die sozialistischen, die kommunistischen und die konservativen Kräfte
ein erbittertes Gefecht.“
Artikel 231 des Versailler Vertrages (Kriegsschuldartikel):
„Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland
und seine Verbündeten als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die
assoziierten Regierungen und ihre Angehörigen durch den Angriff Deutschlands und seiner
Verbündeten, infolge des durch Deutschland aufgezwungenen Krieges erlitten haben!“
Kriegsschulddiskussion
Thesen zur:
-> Kriegs(mit-)schuld Deutschlands:
- Konflikt zwischen konservativen und demokratischen Staatsprinzipien
-> die Rolle des Attentats und Ö/U – Donaumonarchie
Geiss:
- Spannungsherd Ö/U – Serbien sekundär
- Ö/U – Unfähigkeit dem legitimen streben nach Freiheit, Gleichberechtigung und sozialer Gerechtigkeit
folge zu leisten
- kein Raum für junge, südslawische Intelligenz mit ihren modernen, revolutionären Ideen – Angst vor
Auflösung der Donaumonarchie – Verlust des letzten Verbündeten
- Gefahr, daß zusammen mit der seit 1912 im Reichstag stärksten Partei SPD einer Demokratisierung
und damit dem Ende der Monarchie in Deutschland nichts mehr entgegenzusetzen wäre.
- Verhinderung auch mit dem Mittel Krieg zur Sicherung der konservativen, feudal – bürgerlichen
Gesellschaft
- eventuelle drückende Expansionsgedanken der deutschen Wirtschaft sieht Geiss nicht als
ausschlaggebend, die Wirtschaft in Deutschland und England wäre seiner Meinung nach gegen einen
Krieg gewesen
Fischer:
- Er sieht in der Kollision der politisch – militärischen und wirtschaftlichen Interessen die Gründe für
eine Mitschuld der europäischen Mächte am Ausbruch des I. WK
- durch die Anspannung der Weltlage war allgemein Krieg unvermeidbar
- Deutschland hat österreichisch – serbischen Krieg gedeckt
- Er sieht einen großen Fehler der Deutschen in der Selbstüberschätzung der eigenen militärischen
Stärke
- aus diesem Trugschluß heraus wurde der deutsch – russische und der deutsch – französische Konflikt
herbeigeführt, was die erhebliche Schuld Deutschlands belegt
- Gefahr einer englischen Intervention
- die deutschen Politiker haben die These des aufgezwungenen Krieges vertreten. „Wir sind alle in den
Krieg hinein gerutscht“
grundsätzliche Schuldbeweise:
- deutsches Streben nach der Weltmacht
- planmäßiger Kriegsbeginn
- bewußtes herbeiführen des Krieges über das Attentat in Serbien
- Druck auf österreichische Bergpolitik
- Ö/U zwar etwas hörig auf Deutschland, aber generell mit gleichen Sichten
- Kriegsausbruch durch scharfes Druckmittel wie Ultimatum
- Rußland zu nachgiebig, Streben zum Modernen
Zusammenfassend trägt die deutsche Nation die Hauptschuld.
Doch sollte man die gemeinsame Mitverantwortung aller beteiligten Regierungen nicht vernachlässigen,
denn bei allen fehlte aufgrund des nationalen Prestigedenkens die Bereitschaft den frieden zu erhalten.
Außerdem erhofften sie sich wirtschaftliche Probleme durch einen erfolgreichen Krieg (von dem alle
europäischen Großmächte ausgingen) zu beseitigen.
Dazu kommt noch die unbedingte Erfüllung von Bündnissen, die diesen Krieg zu einem WK ausarten
ließen. Die interkontinentale Rivalität wurde durch außereuropäischen Druck (z.B. USA) noch verstärkt.
In allen Ländern führte das Streben nach einem sicheren, stabilen Staat zu innenpolitischen Spannungen,
da die Politik vernachlässigt wurde und militärisch – strategische Intentionen eine Hauptrolle
einnahmen, die eine gewisse Blindheit aller Regierungen zur Folge hatte und somit die Mitschuld aller
Beteiligten unterstreicht.
Ein weiters deutliches Zeichen der Mitschuld ist, daß im Gegensatz zum II. WK alle Staaten aufgerüstet
und kriegsbereit waren und das auf den Tag genau, sodaß man davon ausgehen kann, daß der Krieg
erwartet und erwünscht war.
2. In Betrachtung dieser Tatsachen und meiner erworbenen Kenntnisse zum Verlauf und dem politischen
Umfeld in der zeit von 1912 – 1918 (inklusive der Kriegsplanungszeit) würde ich sagen, daß
Deutschland als eindeutiger Hauptschuldträger infrage kommt, aber die gesamten Beteiligten von
Anfang an nichts unternommen haben, die deutschen Kriegsbestrebungen zu unterbinden, sondern die
Rüstungs- und Wirtschaftspolitik bereits frühzeitig aktiviert und auf Krieg eingestellt haben. Somit wird
deutlich, daß aufgrund der festen Überzeugung aller aus einem Krieg siegreich und gestärkt
hervorzugehen, das Interesse und auch die Förderung der Kriegsentwicklung die Alleinschuld des
Deutschen Reiches ausschließt und auch den europäischen Mächten somit eine (vielleicht anteilig
geringere) Mitschuld zukommt, auch wenn dies in der zeit nach dem Krieg und in den Versailler
Verträgen anders dargestellt wurde. Dieses Vertragswerk war letztendlich gleich neuer Diskussionsstoff
und gute Grundlage zur Weiterentwicklung nationalistischen Gedankenguts. Deshalb ist die
Entwicklung der politischen Interessen Deutschlands nach dem I. WK bereits absehbar.
Aus der Geschichte Deutschlands und der internationalen Politik 1918 – 1945
Die Neuordnung Europas nach dem I. Weltkrieg
Situation nach dem I.WK – Probleme einer Friedensordnung
- zahlreiche Probleme territorialer, politischer und weltanschaulicher Art
- in vielen Fällen unbefriedigte Entscheidungen der Pariser Konferenz 1919
Probleme des Krieges
- noch nie gekannte Globalität, Härte und Verluste (7,6 Mio. Gefallene, 14,6 Mio. Verwundete)
- Gesamtkosten: etwa 1338 Mrd. Mark
- totale Niederlage der Mittelmächte (Dtl., Ö – U, Osmanisches Reich, Bulgarien)
- alle führenden Kräfte Europas und die USA waren am Krieg beteiligt, die Möglichkeit einer neutralen
Vermittlung durch eine Großmacht war nicht gegeben. Die Völkerrechtsbrüche und die emotional
geführte Kriegspropaganda machten es unmöglich einen sachlichen Friedensschluß anzustreben.
Die beteiligten Staatsmänner standen unter einem hohen Erwartungsdruck ihrer Völker und Parlamente,
die Öffentlichkeit der Ententestaaten fordert eine scharfe Bestrafung der besiegten Staaten („Es wird
über, nicht mit Dtl. verhandelt!“)
Weitere Probleme waren:
- Gegensatz zwischen Machtpolitik alter Prägung und einer modernen Friedenskonzeption (z.B. 14 –
Punkte – Programm Wilsons)
- Rivalitäten zwischen den Siegermächten des I. WK vor allem zwischen GB und Frk.
- zahlreiche Nationalitätenprobleme aufgrund von politisch – geographischen Umgestaltungen Europas
Der Verlauf der Pariser Friedenskonferenz und die Situation in Deutschland
23. Oktober 1918: neues verschärftes Wilson – Ultimatum – daraufhin will die OHL en Krieg fortsetzen
11. November 1918: Unterzeichnung des Waffenstillstandes durch Matthias Erzberger (Zentrum)
18.01.1919: Eröffnung der Konferenz zu Versailles – Hoffnung Deutschlands, daß der 14 – Punkte –
Plan Wilsons Verhandlungsgrundlage werden könnte, erfüllen sich nicht
- Teilnahme einer deutschen Verhandlungsdelegation wird abgelehnt
07.05.1919: Regierung der Weimarer Republik bekommt Vertrag überreicht
- heftige Proteste in der deutschen Öffentlichkeit
- Regierung unter Scheidemann (SPD) weigert sich, Vertrag zu akzeptieren, alle Reichstagsparteien, mit
der Ausnahme der USPD lehnen Vertrag grundsätzlich ab
16. Juni 1919: Ententestaaten stellen 6-tägiges Ultimatum an Deutschland für Annahme des Vertrages
20. Juni 1919: Reichstag stimmt Vertrag unter dem Druck des Ultimatums mit 267 zu 138 Stimmen zu zugestimmt haben SPD; USPD; Zentrum – abgelehnt haben DNVP; DVP; DDP
28. Juni 1919: Unterzeichnung des Vertrages durch Außenminister Müller (SPD) und Verkehrsminister
Bell (Zentrum) im Namen der Reichsregierung Bauer (SPD)
1. Jan. 1920: Versailler Vertrag tritt in Kraft – Vertrag mit Dtl. Und 27 alliierten Staaten – USA lehnt
Vertrag ab
Die für Deutschland wesentlichen Bestimmungen der Kriegsschuldfrage
Art. 228: Wilhelm II. wird zum Kriegsverbrecher erklärt und seine Auslieferung verlangt
Art. 231 Kriegsschuldparagraph
- moralisches Eingeständnis der Kriegsschuld und Begründung für deutsche Reparationen
„Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland
und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden verantwortlich sind, die die alliierten
Regierungen und ihre Staatsangehörigen in Folge des Krieges der ihnen durch den Angriff Dtl. und
seiner Verbündeten aufgezwungen wurde, erlitten haben.“
Die weiteren Festlegungen der Pariser Friedenskonferenz
10.09.1919: Friedensvertrag mit Österreich in St. Germain
- Abtrennung Südtirols an Italien
Abtretung von Triest, Istrien und Dalmatien sowie von Teilen Kärnten und der Krain an Jugoslawien
- Verpflichtung zur Anerkennung der Selbständigkeit Ungarns, der Tschechoslowakei, Polens und
Jugoslawiens
- Verbot des Namens „Deutsch – Österreich“ und des Anschlusses an Deutschland
- Verbot der Wehrpflicht und Reduzierung des Berufsheeres auf 30000 Mann
27.11.1919: Friedensvertrag mit Bulgarien in Neuilly – Abtretung südwestkrazischer Gebiete an der
Mittelmeerküste an Griechenland
- Verbot der Wehrpflicht und Reduzierung des Berufsheeres auf 20000 Mann
04.06.1920: Friedensvertrag mit Ungarn in Triamon
- Ungarn wird als kriegsschuldiger Staat eingestuft
- Abtretung der Slowakei und der Karpatoukraine an die CSR
- Abtretung Kroatiens und Sloweniens an Jugoslawien
- Abtretung des Banats an Rumänien
- Abtretung von Siebenbürgen an Rumänien
- Abtretung des Burgenlandes an Österreich
- Verbot der Wehrpflicht und Reduzierung des Berufsheeres auf 35000 Mann
10.08.1920:Friedensvertrag mit der Türkei in Sevres
- Internationalisierung der Meerengen
- Abtretung Ostkraziens und der ägäischen Inseln an Griechenland
- Abtretung des Iraks, Palästinas, Ägyptens und Zyperns an Großbritannien
- Armenien wird unabhängig
- Kurdistan erhielt eine Autonomie
- Großbritannien wird Schutzmacht über Arabien
- Verbot der allgemeinen Wehrpflicht – Reduzierung auf 50000 Mann
Bewertung der Verträge mit den besiegten Feindstaaten:
Die Verträge entsprachen aus mehreren Gründen nicht dem Geist einer gerechten Friedensordnung und
widersprachen dem 14 – Punkte – Programm Wilsons. Die besiegten ehemaligen Feindstaaten wurden
durch die Härte der Bestimmungen gedemütigt. Das nationale Selbstbestimmungsrecht der Völker blieb
im wesentlichen unberücksichtigt. Die territorialen Festlegungen entsprachen imperialistischen
Zielsetzungen einzelner Staaten. Millionen von Menschen, Deutsche, Ungarn, Ukrainer kamen gegen
ihren Willen unter fremde Herrschaftsbereiche. Die neuen Staaten (Polen, CSR, Jugoslawien) bekamen
Nationalitätenprobleme. Die Kolonialpolitik wird in traditioneller weise fortgesetzt.
Das Problem der Reparationszahlungen
- Streit über die Modalitäten zwischen Frankreich einerseits und den USA andererseits. Wilson will
Reparationen auf Schäden an der Zivilbevölkerung reduzieren, französische Maximalposition setzt sich
durch (u.a. Pensionsabzahlungen an Soldaten)
- Höhe der Reparationszahlungen soll 1921 festgelegt werden, bis dahin soll Deutschland 20 Mrd.
Goldmark zahlen
Die Reparationskonferenzen
- Juli 1919: Konferenz von Spa
- Festlegung es Verteilerschlüssels: Frk. – 52%; GB – 22%; Italien – 10%; Belgien – 8%
- Jan. 1920: Konferenz von Boulogne
- Frankreich und Großbritannien legen Summe auf 269 Mrd. Goldmark fest
- März 1921: Konferenz von London
- Teilnahme einer deutschen Delegation, die 30 Mrd. anbietet, Ententestaaten weisen dies zurück, dt.
Delegation verläßt unter Protest London, Gesamtsumme wird auf 132 Mrd. festgelegt, französisches
Ultimatum droht mit Besetzung des Ruhrgebietes, deutsche Reichsregierung unter Wirth (Zentrum)
beugt sich dem Ultimatum, nationalistische Haßkampagne gegen Erfüllungspolitik Wirths und
Rathenaus in Deutschland
- April 1922: Konferenz von Genua
- keine Annäherung zwischen Dtl. und den Westmächten
- Rapallovertrag zwischen Dtl. und SU
- weitere Verhärtung der französischen Position
- Jan. 1923: Besetzung des Ruhrgebiets
- August 1924: nach Annahme durch den Reichstag tritt Dawes - Plan in Kraft
- Febr. – Juni 1929: Konferenz in Paris
- Annahme des Youngplans
- August 1931 Hoover – Moratorium
- Deutschland bekommt auf Initiative des amerikanischen Präsidenten Hoover einen 1jährigen
Zahlungsaufschub
- Juli 1932: Konferenz von Lausanne
- deutsche Position setzt sich weitgehend durch – die noch zu leistenden Zahlungen werden auf 3 Mrd.
Goldmark festgesetzt
Bilanz der Reparationszahlungen
Deutschland hat von 1920 – 1933 Reparationszahlungen im Wert von ca. 53 Mrd. Reichsmark gezahlt,
davon waren 40 Mrd. Sachwerte. Seit 1934 ist Deutschland frei von Reparationsverpflichtungen.
Rolle und Bewertung des Völkerbundes im Ergebnis des 1. Weltkrieges
- im Zuge der Pariser Friedenskonferenz auf Initiative des US- Präsidenten Wilson entstanden
- Grundlage des Staatenbundes war Satzung vom 28.04.1919
Ziele des Staatenbundes:
1. Sicherung des Weltfriedens
2. wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit der Staaten
1919 – 45 Mitgliedsstaaten
- später Aufnahme anderer z. B. Österreich 1920, 1926 Dtl. bis 1933 – binden an internationale
Pflichten, 1934 Sowjetunion (Zeichen der Anerkennung der Macht)
Aufbau des Völkerbundes
Ständiger Sitz: Genf (bis 1946 immer aktiv)
- Die Generalversammlung wählt der Völkerbundsrat (4 – 6 ständige und weitere 9 nicht ständige
Mitglieder) unter einem Generalsekretär
Mittel der Durchsetzung von Beschlüssen
- Verhängung gestaffelter Sanktionen (wirtschaftlich, politisch, Androhung und Realisierung
militärischer Sanktionen, Ausschluß aus dem Völkerbund)
Politischer Erfolge des Völkerbundes
- Bewältigung internationaler Verwaltungsaufgaben z.B. Saarland, Danzig, Mandatsgebiete des
ehemaligen Osmanischen Reiches
- gute Beziehungen – keine Konflikte
- erfolgreiche Vermittlung im Krieg zwischen Paraguay und Bolivien 1932 – 1935 und bei
Grenzstreitigkeiten zwischen Peru und Kolumbien
- in den 20 Jahren sinkt die Autorität des Völkerbundes da er aufgrund der versöhnlichen Haltung seiner
Mitgliedsstaaten GB und Frk. Kein Gegengewicht zur faschistischen Staatenachse Deutschland Japan –
Italien schaffen konnte
- Japanische Aggression in China 1931/32
- Streitpunkt Mandschurei zwischen Japan und SU
- September 1931: Angriff Japans auf China (skrupellose Behandlung der Zivilbevölkerung, brutaler
Terror), Bombardierung chinesischer Städte (weltweiter Empörung über Terror gegen Zivilbevölkerung
– ohne Erfolg
1932 schickt Völkerbund Untersuchungskommission – keine Sanktionen, Verurteilungen trotz
nachgewiesenem Völkermord – Ausschluß Japans – eindeutige Abweichung
- tadelt nur Verhalten, Versagen der Großmächte
1933 Japan verläßt Völkerbund – nur USA unterstützt China aus Angst vor japanischem Militarismus Ansporn für Dtl.
Das Versagen des Völkerbundes in den 30er Jahren – Der Abessinienkrieg 1935/36
Oktober 1934: italienischer Einfall in Äthiopien
- Mussulini strebte nach territorialem Gewinn, wollte ein „Römisches Imperium“ errichten
- Äthiopien verlangt durch Kaiser Haille Selassi die Verhängung von politischen und wirtschaftlichen
Sanktionen durch den Völkerbund (Mitglied)
- Nov. 1935 – Verhängung von Wirtschaftssanktionen gegen das Aggressionsverhalten Italiens
- Sanktionen werden nur halbherzig oder gar nicht erfüllt
- einige Staaten verstoßen offen dagegen (Österreich, Ungarn, GB, Frk.)
04.05.1936: Italien erobert Hauptstadt Addis Abeba – Äthiopien wird annektiert und König Victor
Emanuel nimmt Titel „Kaiser von Abessinien“ an
- Gegenreaktion des Völkerbundes bleibt aus
6. Juli 1936 Beschluß des Völkerbundes die Sanktionen gegen Italien aufzuheben
„Die Genfer Politik folgte dem Prinzip harmloser Sanktionen ohne wirkliche Schlagkraft“ (Churchill)
„Der Völkerbund kann nur wirksam sein, wenn er mit militärischen Kräften einen Aggressor bedroht
und abschrecken kann.“ (Neue Züricher Zeitung 1936)
„Die doppelbödige Politik der französischen und englischen Regierung hatte schwerwiegende Folgen.
Die gab den Präzedenzfall ab für das Münchner Abkommen von 1934 und sie ermunterte Hitler dazu
den Reaktionärswillen des Völkerbundes gegenüber einer Politik des systematischen Vertragsbruches zu
testen.“
Spanischer Bürgerkrieg 1936/39
1934 Wahlen bringen einen Sieg der linken Parteien – Volksfrontregierung
1936 Putsch der regierungsfeindlichen Armee unter General Franko
- Beschluß des Völkerbundes – Nichteinmischungsprinzip Sanktionen wirken sich zugunsten Frankos
aus
1939 Einnahme Madrids durch Frankos Truppen – Spanien wird ein faschistischer Staat
In der Phase unmittelbar vor dem II. WK fand der Völkerbund keinerlei Mittel mehr den Krieg zu
verhindern. Das Prinzip einer kollektiven Sicherheit wurde aufgegeben. Die nationale
Unentschlossenheit einiger Mitgliederstaaten (CSR, Österreich) konnte nicht geschützt werden)
1945 Offizielle Aufhebung des Völkerbundes – Gründung der UNO – übernahm die Kompetenzen des
Völkerbundes.
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