Möglichkeiten praktischer Salmonellenbekämpfung in Schweinebeständen DVM HERBERT NAGEL Tierarztpraxis Geseke DVM Herbert Nagel - FTA für Schweine Dr. Franz Lappe - FTA für Schweine Dr. Grit Hoffmann - FTÄ für Schweine TÄ Jutta Meschede Dr.Maria Gellermann Hellweg 54 * 59590 Geseke www.tierarztpraxis-geseke.de DVM Herbert Nagel * [email protected] Einleitende Bemerkungen Epidemiologie Besonderheiten Diagnostik Serologie Tier Umfeld (-management) Praktische Salmonellenbekämpfung Fütterungsoptimierung Chemotherapeutikaeinsatz / Impfung Hygienemanagement Reinigung und Desinfektion DVM Herbert Nagel * [email protected] Einleitende Bemerkungen Epidemiologie Besonderheiten Diagnostik Serologie Tier Umfeld (-management) Praktische Salmonellenbekämpfung Fütterungsoptimierung Chemotherapeutikaeinsatz / Impfung Hygienemanagement Reinigung und Desinfektion DVM Herbert Nagel * [email protected] Schweine-Salmonellen-Verordnung „Verordnung zur Vermeidung der Salmonellenverbreitung durch Schlachtschweine“ + EG-Zoonosen-Bekämpfungsverordnung EG2160/2003 (Anonymus 2007) -> alle Schweinemastbetriebe (Tierhalter!) verpflichtet, Salmonellenstatus zu ermitteln u. im Folgenden vierteljährlich zu aktualisieren -> Probenumfang-> BP (mindestens 14d vor Schlachtung) oder Fleischsaftproben < 45 Schweine/Jahr 100 Schweine/Jahr 200 Schweine/Jahr > 200 Schweine/Jahr = = = = alle 38 47 60 Folge: Kategorisierung: Anteil positiver Tiere: bis 20% bis 40% > 40% = Kategorie I = Kategorie II = Kategorie III = niedrig = mittelgradig (!!!) = hoch -> innerhalb 14 Tagen Meldung an Vet.-Amt und Maßnahmeneinleitung DVM Herbert Nagel * [email protected] Aus welchen Gründen werden Fleischsaftproben am Schlachthof entnommen ? (Frage an Landwirte n=123) 95%: „weil das für QS wichtig und jetzt festgelegt ist“ 85% : „weil ich Bedenken habe, meine Schweine noch zeitbegünstigt vermarkten zu können“ nur : lebensmittelhygienischer Bezug 15 % („aber so genau nicht bekannt“) Informationsdefizit ! (S.typhimurium = Anthropozoonoseerreger) nur wenn Landwirt umfassend informiert ist, können Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden DVM Herbert Nagel * [email protected] Welche Informationen über Salmonellen sind bekämpfungsrelevant ? - gramnegatives, stäbchenförmiges Bakterium • Anzüchtung für epidemiologische Typisierung/Resistenzbestimmumg und Beurteilung der Stoffwechselleistungen • serologisch durch Bestimmung der O- u. H-Antigene > KAUFFMANN-WHITE-Schema - > 2500 Serovare und Stämme bei über 100 Tierarten mit unterschiedlicher Wirtsanpassung und Virulenz - durch herkömmliche Desinfektionsmaßnahmen gut abzutöten (z.B. Säuren) aber: Feuchte,Temperatur u. pH-Wert (!) des Mileus beeinflussen die Überlebenszeit sehr stark : wochen- bis monatelanges Überleben in Erde, Wasser, Abwasser, Gülle, Kot… DVM Herbert Nagel * [email protected] Gibt es einen Altersbezug von Salmonellen-Infektionen? Jungtiere >> eher akuter Krankheitsverläufe mit septikämischer Besiedlung innerer Organe und teilweise hoher Letalität ältere Tiere >> häufiger gastrointestinale Veränderungen überwiegend chronische Infektionen mit steigendem Anteil latenter Infektionen häufige Ursache für die Persistenz von S.-Infektionen mit horizontalen und vertikalen Infektionswegen DVM Herbert Nagel * [email protected] Welche Salmonellenserovare sind beim Schwein relevant ? wirtsadaptierte Salmonellenserovare (z.B. S.cholarae suis = wichtigste Infektionsquelle untereinander) nicht wirtsadaptierte Salmonellenserovare (z.B. S.typhimurium) > bestimmend für Salmonellengeschehen beim Schwein > Bedeutung v.a. auch für Einschleppungswege wie Futter, Wasser, Wildvögel…) > oft auch bei hohem Befall symptomlos (!) bei Schweinen Vorkommen im Betrieb ist abhängig von territorialen Serovarspektrum Jeder Betrieb hat ein eigenes Infektionsgeschehen > erfordert eigenes Vorgehen > aber nach bewährten Grundsätzen ! DVM Herbert Nagel * [email protected] Epidemiologischer der Salmonelleninfektion Voraussetzungen: 1. Erreger = Salmonellen 2. Infektionsdosis 106 – 108 Keime 3. geschwächte Resistenz des Tieres orale Aufnahme über Kot od. (Futtermittel) am häufigsten Magen-Darm-Kanal Haltungsformen Kontaminierte Futtermittel Zukauf latent infizierter Tiere Infizierte Schadnager, Insekten Wildvögel unterschiedliche pH-Werte Nahrungsangebote u. Transportgeschwindigkeiten Überwindung humoraler u. zellulärer Abwehrmechanismen 1) lokal begrenzte enterische Infektionen 2) Septikämien 3) Kolonisation/Invasion ohne Klinik („symptomlose Trägerschaft“) DVM Herbert Nagel * [email protected] Salmonelleninfektion des Schweines – Besonderheiten – Sau-Ferkel > epitheliochoriale Plazenta, d.h. Antikörperaufnahme ist nur über Kolostrum möglich Salmonellen infizieren hauptsächlich den Dünndarm beim Schwein > hohe bakterielle Dichte in den Tonsillen (bis zu 2 Jahren nach Infektion nachweisbar!) > jederzeit Rückkehr in den Darmtrakt und hohe fäkale Ausscheidungen möglich ständig kleine Dosen an Antigen (Salmonellen z.B. durch Futter, Kot) können zur oralen Toleranz und zur Unfähigkeit des Systems zur vollständigen Eliminierung führen S. tyhimurium wird oft in von anderen Krankheiten betroffenen Herden isoliert, d.h. erst Grundkrankheiten bekämpfen! DVM Herbert Nagel * [email protected] Einleitende Bemerkungen Epidemiologie Besonderheiten Diagnostik Serologie Tier Umfeld (-management) Praktische Salmonellenbekämpfung Fütterungsoptimierung Chemotherapeutikaeinsatz / Impfung Hygienemanagement Reinigung und Desinfektion DVM Herbert Nagel * [email protected] Diagnostik - Nachweis im Kot häufig erst nach mehrmaliger Probennahme - serologische Methoden (Fleischsaft/Blut) häufiger positiv - nicht hineininterpretieren, was für den Produktionsablauf am „angenehmsten“ erscheint ! - Versagen der Behandlung bei falscher Bekämpfungsstrategie DVM Herbert Nagel * [email protected] Besonderheit - serologische Diagnostik Verwendung verschiedener (ELISA-) Testsysteme auf gleichen Grundlagen (Salmonellen-Lipopolysacharid als Antigen und AK-Bestimmung auf Grundlage eines wiss. festgelegten Grenzwertes /Cutoff-Wert) -> Identifizierung von Salmonellenbeständen mit mittleren und hohen Salmonellenprävalenzen -> deutliche Sensitivitätsunterschiede und starke Serovarabhängigkeiten -> alle verwendeten Tests zeigen deutliche Schwächen in den ersten 8 Wochen nach erfolgter Infektion (SZABO et.al.2008) -> für detaillierte Angabe tatsächlich infizierter Einzeltiere in einem Bestand nicht geeignet (hierfür ELISA-Test, basierend auf Ganzzelllysat-Antigen v. S.t. + diff. Detektion d. AKsotypen (ig)M,IgA, u. IgG u. damit exakte Überprüfung der Serokonversion mgl. – aber aufwendig und teuer) DVM Herbert Nagel * [email protected] Antikörperbefunde – beachten: - bei BP 14 d vor der Schlachtung -> keine Erfassung einer späteren Infektion - nur relativ gute Zuordnung zu Tieren (mgl. Eintragsquellen) Können pos. BP-Befunde bei der Schlachtung durch Transport verursacht sein? – Nein ! - verwendete Testverfahren können Immunreaktion frühestens 4 Tage nach Ansteckung nachweisen - massive Vermehrung durch Transportstress aber in Wartebuchten möglich DVM Herbert Nagel * [email protected] praktisch hilfreich: Kategorisierung nach „schärferen“ OD%-Wert-Schlüssel für Einzelproben (selbst) vornehmen (quartalsmäßigen Verlaufstendenz beobachten): - wenn gleiche Kategorie: i.O. - wenn Kategorie ansteigt: intensiv bearbeiten! DVM Herbert Nagel * [email protected] Wann sollte (auch) an Salmonellen gedacht werden? Tier - Allgemeininfektionen - akute/chronische Allgemeininfektionen mit Kreislaufsymptomatik und/od. Fieber und/oder plötzlichen Todesfällen sowie Schädigung des Immunsystems wie z.B. bei PCV-2- („Circo“), PRRSV-Infektionen DVM Herbert Nagel * [email protected] Tier – Pathologie: bei allen Störungen der Magen-Darm-Funktion Sektionsbefunde: geschwollener Lymphknoten, bes. im Darmbereich sowie Darmentzündungen unterschiedlichen Schweregrades (blutig/schuppenartigen Verschorfungen – „wie mit Kleie bestreut“) DVM Herbert Nagel * [email protected] Klinik: Durchfälle aller Art (v.a. bei„zitronengelben Durchfall“) -> infektiöse bakterielle oder virale M-D-Erkrankungen z.B. Schweinedysenterie oder Ileitis (!) Bei eindeutiger Indikation besteht hier z.B. die Möglichkeit, durch eine Impfung den Läsionen und Veränderungen der Darm-SH vorzubeugen. DVM Herbert Nagel * [email protected] Achtung! subtherapeutische Dosen von Antibiotika z.B. AMOXICILLIN - hauptsächlich wirksam gegen gram(+) Bakterien - weniger gegen gram(-) Bakterien (wie Salmonellen) – vermeiden! Berücksichtigung des Salmonellenstatus bei der Bekämpfung anderer Erkrankungen/Erreger ! -> Parasitenbefall Wurminfektionen fördern die Verbreitung v. Salmonellen (z.B. > 16% Leberverwürfe - A. suum od. Oesophagostomum) DVM Herbert Nagel * [email protected] Diagnostik Umfeld – Management Risiko steigt Herdengöße : größeren Betrieben (!) Flüssig- od. Trockenfütterung (!) Jahreszeiten: Frühjahr u. Herbst (!) Güllerückfluß: volle Güllekanäle (!) Zukauf : infizierte Tiere ! Transportstress! Belegungssysteme: kontinuierliche Überbelegung ! DVM Herbert Nagel * [email protected] Welche Eintragsquellen gilt es zu beachten ? Tierzukauf Ziel: Einstallung gesunder und salmonellenfreier Tiere Maßnahmen ca. 10-20 Analtupfer/Lieferung Frage nur: pos. od. neg. ? --------------------------------wenn pos. > Lieferbetrieb in Maßnahmen einbeziehen ! Ferkelzukauf nur aus Herkunft mit bekanntem Gesundheitsstatus! > sonst schnellstens Abhilfe (zurück?) – keine mehrmaligen Behandlungsversuche über längere Zeiträume ?! DVM Herbert Nagel * [email protected] Umfeldanalyse Ziel: Verhinderung des möglichen Salmonellen-Eintrags von „Außen“: für die notwendigen Massnahmen: 100% Regel umsetzen! DVM Herbert Nagel * [email protected] Wenn Mängel beseitigt oder z.Z. nicht vorhanden: immer wieder regelmäßig Kontrolle der Reinigung und Desinfektion (Definition erfüllen !) von folgenden Oberflächenstrukturen 5-10 Wischtupfer abnehmen Futter-,Wasser, Tröge, Futtersysteme …, Tränknippel… Oberflächen mit direktem Tierkontakt: Böden, Spalten, Gänge Oberflächen von Vektoren: z.B. Stiefel, Stallarbeitsgeräte, Laderampen… DVM Herbert Nagel * [email protected] Beispiel: praktische Überlegungen zur Probenentnahme unter Beachtung örtlicher Besonderheiten Häufig unterschiedliche Ergebnisse in verschiedenen Buchten eines Stalles – deshalb über alle Buchten proben und dokumentieren! DVM Herbert Nagel * [email protected] Einleitende Bemerkungen Epidemiologie Besonderheiten Diagnostik Serologie Tier Umfeld (-management) Praktische Salmonellenbekämpfung Fütterungsoptimierung Chemotherapeutikaeinsatz / Impfung Hygienemanagement Reinigung und Desinfektion DVM Herbert Nagel * [email protected] Fütterungsoptimierung ausgewogene Rationen mit „sanfter“ Umstellung bei Wechsel in andere Altersstufen = 10-14 Tage Übergangsfutter Futterzusätze (Grundprinzip=Hemmung der Salmonellenentwicklung durch pHWert-Senkung u./od. Stimulation von Laktobacillen): Gerstenanteil bis 40% positiv Lactuloseeinsatz grobe Futtervermahlung (> 1mm) mehlförmiges Futter besser (Speichelprodukt./Verdauungsenzymatik) Zugabe von Säuren (z.B. Ameisen-,Zitronen- Propionsäure …lt.Hersteller) Zugabe von 1% Kalium-Diformiat Fütterungshygiene (und der Fütterungstechnik bei ad-libitum-Fütterung unbedingt größtes Augenmerk widmen (Keimvermehrung !) DVM Herbert Nagel * [email protected] Hygienemanagement Ohne begleitende Management-/Hygienemaßnahmen kann keine langfristige, belastbare Tiergesundheit erzielt werden Betriebsleiter ! Grundsätzlich als richtig erkannte Regeln werden oft nicht eingehalten,oder sie sind nur teilweise durchgeführt u. dadurch unwirksam! DVM Herbert Nagel * [email protected] Salmonellenerkrankungen/-infektionen behandeln ? Chemotherapeutika (Antibiotika) - erreichen nur unzulänglich Salmonellen (intrazellulär gelegen) - in vitro- oft im Gegensatz zur in-vivo-Wirksamkeit (!?) - bei Zerstörung der anaeroben Darmflora durch Antibiotika nur noch Infektionsdosen von 106 – 101 notwendig (!) Antibiotikaeinsatz nur bei klinischer Salmonellose ! wenn, dann Grundsätze (NAGEL): - begründet genug - früh genug - hoch genug - lang genug (mindestens 10 Tage) - oder „lass es“ (!) Schweine mgl. nach Behandlungsgang in völlig gereinigte Abteile (praxistauglich?). Vakzination (Impfung) gegen: - S. typhimurium (Lebendvakzine) - S. choleraesuis (Lebendvakzine) - stallspez. Vacc. (Wirsamkeit bei intraz.Erregern ?) DVM Herbert Nagel * [email protected] Impfungen keine Tilgung der Salmonellen erschwerte Erstinfektionen bei negativen Tieren Reduzierung der Erregerausscheidung praktisch bedeutungsvoll = Infektkettenunterbrechung! z.B.: SALMOPORC® -IDT orale od. s.c. Impfung = aktiviert zelluläre und humorale Immunmechanismen evtl. intermittierend ausgeschiedene Impfstamm-Salmonellen -> durch selektive Medien leicht von Salmonellenfeldstämmen zu unterscheiden (SPRINGER et.al.2001) moderater kurzzeitiger AK-Anstieg nach Impfung – aber weit unter kategorisierungsbedeutenden Werten z.Z. d. Schlachtung = Effekt Infektkettenunterbrechung steht im Vordergrund! DVM Herbert Nagel * [email protected] Alles-rein-alles-raus-Prinzip einhalten! Tierfluss steuern! Kümmererselektion! Keine kranken Tiere in nächsten („sauberen) Produktionsabschnitt übernehmen ! Flatdeck Mitte Mast Ende Mast Keine kranken Tiere in Folgegruppen zurücksetzen! DVM Herbert Nagel * [email protected] Praktische Reinigung und Desinfektion Reinigung dann gründlich, wenn Desinfektion: a) die Grundstruktur erkennbar ist, Totes oder lebendes Material mit Sicherheit in solch einen Zustand b) Farbe sichtbar ist, c) kein Schmutzwasser mehr abläuft zu versetzen, dass es nicht mehr infizieren kann. Es gibt kein Argument gegen regelmäßiges Reinigen /Desinfizieren von Tierställen ! DVM Herbert Nagel * [email protected] bei der Desinfektion beachten: Konzentration u. Einwirkungszeit (trockene Flächen desinfizieren – sonst Verdünnung!) Desinfektionsmittelmenge! > (mind. 0,4l/m²) je kleiner die Tröpfchengröße, desto besser Benetzung der Fläche: Aerosolieren >Sprühen > Spritzen > Gießen (Wirkung in der Reihenfolge abnehmend!) Temperaturfehler/-kältefehler beachten z.B. keine Formaldehydpräparate bei < 10°C verwenden Seifenfehler und pH-Wert beachten Reinigungsmittel nicht richtig abgewaschen, können durch Verseifung od. chem. Neutralisation das Desinfektionsmittel neutralisieren! DVM Herbert Nagel * [email protected] Zusammenfassung : Salmonelleninfektion erfolgen auf vielfältige Weise und sind auf Bestandsebene oft noch unzureichend erforscht. bei Problemen: -> Ruhe bewahren -> keine Schuldzuweisungen -> ehrlich Situation analysieren > Zusammenarbeit mit Vorstufe zulassen – konsequent handeln! In der Routine: Ergebnisse der Salmonellenbefundung aufmerksam verfolgen – ständig Kontrollen „einziehen“ und Handlungen auf stabile Tiergesundheit richten – Managementgrundsätze einhalten! = schwierigster und undankbarste Teil der Maßnahmen! ( > mit „Rückschlägen“ rechnen! ) DVM Herbert Nagel * [email protected] Salmonellen? Schafft Ihr schon! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! DVM Herbert Nagel * [email protected]