Kooperation Förderschule – Kindergarten durch die Mobilen Sonderpädagogischen Hilfen (MSH) Prävention von Sprachverständnisstörungen Arbeitshilfen für Förderschulen und Kindergärten Fortbildung der Regierung von Schwaben, 2006 Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert Prävention von Sprachverständnisstörungen 0. AUFFÄLLIGKEIEN / BEOBACHTUNGSPUNKTE IN DER PRAXIS: Nicht altersgemäßes / auffälliges / gestörtes ... Sprachverständnis – Was fällt Ihnen bei den betreffenden Kindern auf? Æ Sammlung 1. ZUSAMMENFASSUNG und ERGÄNZUNG der Beobachtungen: a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k) l) m) n) o) p) keine / nur wenig Reaktion auf Sprache häufige Antworten mit „ja“ häufige Imitationen von Sätzen oder Satzteilen „ungenaue“ Antworten, die am Thema vorbei gehen weichen Fragen aus Rückzugsverhalten Ausgeprägte visuelle Orientierung (auch am Gesichtsausdruck des Gesprächspartners) Übereiltes, vorschnelles Agieren Starres oder zwanghaft wirkendes Verhalten Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressivität und Störverhalten (a – i informelle Hinweise auf Sprachverständnisprobleme nach Endres) Reden ohne „Punkt und Komma“ Geschichten (erzählt oder vorgelesen) werden abgelehnt Viele freie Assoziationen Reaktion auf Schlüsselwörter V.a. jüngere Kinder zeigen oft stereotypes Spielverhalten Missverständnisse 2. DEFINITION: - Was ist also dieses Sprachverständnis? - Was umfasst das Sprachverständnis? Sprache verstehen können ist eine hohe Leistung, die viele Fähigkeiten verlangt: Ein Kind / Mensch muss: - Sprache hören - Aufmerksamkeit auf die Sprache ausrichten - Lautfolgen wahrnehmen und erkennen (ao – t – o) - Sich die Lautfolge merken - Bedeutung zuordnen („Auto“) - Der Bedeutung Weltwissen zuordnen (was weiß ich über ein Auto Æ unterschiedliche „Inhalte“ verschiedener Personen zu Begriffen) - Herausfinden, was der Gesprächspartner sagen möchte (Will er mir ein Auto zeigen, mit mir Auto fahren...) Sprachverständnis umfasst: Æ Sprachverstehen auf Wortebene (Verstehen von Wortbedeutungen / Begriffen) „Wortverständnis“: Fähigkeit, Wörtern die entsprechende Bedeutung Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 2 Prävention von Sprachverständnisstörungen - - zuordnen. Probleme: morphologisch veränderte Wörter werden nicht mehr erkannt Baum – Bäume fallen – fiel Wörter haben mehrere Bedeutungen z.B. „scharf“ ein scharfes Messer ein scharfes Essen scharf sehen scharf aussehen scharf schießen scharf auf etwas sein..... Æ sind bei scharf nur die Geschmackseigenschaften von Pfeffer gespeichert Æ Missverständnisse Æ Sprachverstehen auf Satzebene (Verstehen von grammatischen Formen und Satzbedeutungen) - Satzverständnis: inwieweit werden grammatische Strukturen (Passiv, Nebensätze...) korrekt verarbeitet (z.B. Den Klaus nimmst du mit / Der Klaus nimmt dich mit.) Æ Sprachverstehen auf Textebene (Verstehen eines Gesprächs / Textes) - Texte sind Einheiten, die aus zwei gesprochenen oder geschriebenen Sätzen bestehen, die aufeinander Bezug nehmen. Die Leistungen auf Wort und Satzebene lassen sich hier nicht mehr trennen. Folgende Aspekte sollten bei der Auswahl und Beurteilung von Texten jedoch Beachtung finden: o Länge des Textes o Verwendeter Wortschatz o Grammatisch einfache versus komplexe Satzstrukturen o Komplexität des Inhaltes bzw. der Handlungsdarstellung Definition nach Hedwig Amorosa (in: Rezeptive Sprachstörungen 2003, S. 9): „Wir sprechen von einer Störung des Sprachverständnisses, wenn eine Person nicht in einer seinem Alter und seiner Intelligenz angemessenen Weise Sprache aus den Wörtern und grammatischen Bezügen verstehen kann, sondern in unangemessener Weise den situativen Kontext und sein Weltwissen zur Interpretation des Gesagten heranziehen muss. (...) Sie ist eine Störung, die die gesamte sprachliche, kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes beeinträchtigt, uns sich auf die Interaktion mit den Bezugspersonen, aber auch auf die schulische und berufliche Entwicklung der Kinder auswirkt.“ Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 3 Prävention von Sprachverständnisstörungen Tabelle zur Entwicklung des Sprachverständnisses und Auswirkungen von Störungen Lebensalter Entwicklung des Sprachverständnisses 1. Monat Lautwahrnehmung Erkennen der Muttersprache Wahrnehmung von Rhythmus und Sprachklang 1.-5. Monat Erkennen von Betonung und Silben Kind bevorzugt Babysprache Wortverständnis 8.-10. Monat 10.-12. Monat (U6) 12.-18. Monat 1. – 1;06 Lj 21.-24. Monat 1;09. – 2. Lj 32.-36. Monat 2;08.- 3. Lj Auswirkungen von Sprachverständnisstörungen Kinder zeigen keine Reaktion auf sprachliche Äußerungen, sie interagieren nicht über Blickkontakt Ohne referentiellen Blickkontakt erfahren die Kinder nur Kind reagiert auf seinen Namen, indem es sich zum Sprecher schwer, dass gleiche Wörter immer wieder im Zusammenhang mit ähnlichen Gegenständen, Handlungen und wendet und reagiert auf die Aufforderung „Komm her!“, Situationen auftauchen, das Kind wird Wort und Bedeutung indem es kommt nicht verbinden, verstehen und integrieren Erkennt und versteht Sprachmelodie Das Kind beginnt, auf das Resultat seiner Handlungen zu Versteht 100 – 150 Wörter achten. Es merkt, dass seine sprachlichen Äußerungen auch Reagiert auf einfache Sätze und Aufforderungen von anderen verstanden werden und eine Reaktion auslösen Kind reagiert auf Schlüsselwörter passend zur Situation, Kinder mit Entwicklungsstörungen brauchen so viel Energie z.B. „Ball“ – Kind zeigt auf den Ball für die Handlung selbst, dass sie die Veränderung der Welt erst spät bemerken. Dadurch bleibt die Handlung lange an die Gegenstände gebunden und wird außerhalb einer Situation nicht verstanden. Versteht ca. 200 Wörter Versteht einfache Aufforderungen, z.B. „Hol den Ball!“, „Zeig mir die Puppe!“ Kind reagiert von der Situation unabhängig auf bekannte Wörter, z.B. „Jetzt gehen wir zum Schaukel auf den Spielplatz!“ Versteht Zweifach-Aufträge, z.B. „Leg den Löffel in die Tasse!“ Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert Die Verzögerung zeigt sich im Festhalten an der Schlüsselwortinterpretation. Dies verhindert die 4 Prävention von Sprachverständnisstörungen Kann Grundfarben zuordnen Versteht einfache Präpositionen (z.B. auf, unter) Einbau des neuen in bereits vorhandenes Weltwissen 43.-48. Monat (U8) 3;07. - 4. Lj Versteht Mehrfach- Aufträge, z.B. „Nimm einen blauen Stein und leg ihn auf den Tisch!“ Kann Farben zuordnen Versteht Präpositionen Berücksichtigt grammatische Strukturen beim Verstehen, z.B. „Das Schaf spielt mit dem kleinen Hund. Plötzlich beißt es zu.“ Ab 4 Jahren 58.-64. Monat 4;10. – 5;04. Lj Echtes Geschichtenverstehen Befolgt drei Aufträge in korrekter Reihenfolge, z.B. „Nimm das kleine Pferd, stelle es hinter das große Haus und setz dich hin!“ 6.-7. Lebensjahr Entdeckung der Sprache als Kommunikationsmittel. Die Strategie des „Ja-Sagens“ entsteht. Direkte Wiederholungen des Gesagten sind klare Hinweise auf Sprachverständnisstörungen. Die Äußerungen sind Kommentare, die handlungsbegleitend eingesetzt werden. Fragen fehlen Sprache wird nicht gebraucht, um in anderen etwas zu verändern. Passepartout – Wörter (z.B. Tun – „Da tu ich...!“) treten auf, die sehr gut in verschiedensten Situationen passen Sätze bestehen vorwiegend aus starren Wortkombinationen Die Kinder fallen durch ihr Sozialverhalten und ihr wenig entwickeltes Spielverhalten auf Die inneren Bilder können nicht zu einem Ganzen verknüpft werden, sie können Gehörtes nicht verknüpfen. Die Kinder werden unruhig, Fragen zu Geschichten können nicht beantwortet werden. Die Kinder wechseln das Spiel häufig und sind sprunghaft Häufig kommen sprachliche Probleme auf den verschiedenen Sprachebenen dazu. Die Kinder haben Mühe, Probleme und Fehler als solche zu erkennen. Die Kinder haben kein Problembewusstsein Die Kinder entwickeln keine aktive Strategie, sich mit Schriftsprache auseinander zu setzen. Schwierigkeiten sind untrennbar mit phonologischen Prozessen verbunden. Kohärentes Sprachverständnis ist Voraussetzung für die Schulreife (nach Zollinger sowie Skripten von Oswald, G. / Boger, M. und Tubert, C. / Gleuwitz, L.) Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 5 Prävention von Sprachverständnisstörungen 3. URSACHEN Genetische Faktoren spielen eine große, nicht genau geklärte Rolle. Psychosoziale Risiken • Bildungsniveau der Eltern • Wohnsituation • Elternkonflikte • Psychiatrische Erkrankungen der Eltern • Fehlendes soziales Netz (Familie, Freunde…) • Frühe Elternschaft • Unvollständige Familien • Nicht erwünschte Schwangerschaft • Chronische Probleme (Armut, Arbeitslosigkeit) • Heimerziehung / Delinquenz der Eltern Auditive Wahrnehmung und Verarbeitung • Aufnahme von Gehörtem • Vergleich des Gehörtem mit Gedächtnisinhalten • Auditives Kurzzeitgedächtnis • Selektive Aufmerksamkeit • Erkennen und Isolieren von wichtigen Sprachinformationen Biologische Faktoren Vor der Geburt: Blutung, Rauchen / Drogen / Alkohol, Gesundheitszustand der Mutter, Klinikaufenthalt Während der Geburt: verkürzte Schwangerschaftsdauer (Frühgeburt), niedriges Geburtsgewicht, abnorme Lage bei der Geburt, Komplikationen bei der Entbindung, abnorme Dauer Nach der Geburt: niedrige Apgar-Werte, Aufnahme auf der Intensivstation, Krämpfe 4. DIFFERENTIALDIAGNOSEN: Sprachverständnisstörungen werden vielfach gleichgesetzt mit bzw. sind schwer zu unterscheiden von: - mangelnder Konzentrationsfähigkeit - niedriger Intelligenz - Autismus - Aufmerksamkeitsstörung / ADS / Hyperaktivität - Verhaltensstörungen (Verweigerungsverhalten, Aggressives Verhalten, geringe Konfliktfähigkeit...) - Hörproblemen - Auditiven Wahrnehmungsstörungen ÆÆ FEHLINTERPRETATIONEN ! Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 7 Prävention von Sprachverständnisstörungen Deshalb: immer Hilfe von Fachkräften suchen: - SFZ / Beratungsstelle: Intelligenzdiagnostik MSD vom Josefinum Augsburg: Autismus msH: Verhaltensauffälligkeiten Hörgeschädigtenzentrum Æ Hörprobleme / auditive Wahrnehmung Kinder- und Jugendpsychiater / Psychologen: ADS Schulpsychologe Beratungsstelle / MSD Sprache SVE (Schulvorbereitende Einrichtung) ACHTUNG: MASSIVE SEKUNDÄRSTÖRUNGEN UND SCHULSCHWIERIGKEITEN sind zu erwarten! 5. Mögliche SEKUNDÄRSTÖRUNGEN: massive Kommunikationsstörungen (Kind lehnt sprachliches Agieren ab, kann Dialog nicht halten, kleine Gespräche sind nicht möglich, weichen Fragen aus, Kinder reden viel, ...) neben sprachlichen Schwierigkeiten treten bei mehr als 50% der Kinder weitere Teilleistungsstörungen auf (vgl Amorosa, 2003, 12) - geringe Aufmerksamkeit - Störverhalten (Aggressivität, Kaspereien...) - Zwanghaft wirkendes und starres Verhalten - Rückzugsverhalten - Ausgeprägte visuelle Orientierung - Nicht altersentsprechendes Spielverhalten - Motorische Störungen („ ..., insbesondere auch der Feinmotorik. Die Kinder fallen im Kindergarten auf, weil sie keine Freude am Malen haben und weil sie ungeschickt sind, schnell etwas umstoßen, nicht gerne bauen. In der Schule ist ihre Schrift ungelenk, teilweise kaum leserlich und sie schreiben zu langsam“ (Noterdaeme et al. 1999 in Amorosa, 2003, S.12). - 6. MESSUNG / TESTUNG DES SPRACHVERSTÄNDNISSES: Æ kann nicht direkt beobachtet werden (wie z.B. Artikulation) Æ man sieht nur die Reaktionen Æ Kinder entwickeln Strategien, um ihr mangelndes Sprachverständnis zu kompensieren ÆÆ TESTS sind für des Untersucher meist unerlässlich, um festzustellen, ob eine Sprachverständnisstörung vorliegt: Drei wesentliche Gründe für die Notwendigkeit von standardisierten Testverfahren: - eine Vielzahl von Faktoren (Motivation, Bedürfnisse, Aufmerksamkeit, Emotionalität, Wachheit...) haben erheblichen Einfluss darauf, ob in einer Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 8 Prävention von Sprachverständnisstörungen Situation Sprache verstanden wird, bzw. ob das Kind die vom Untersucher erwartete Reaktion zeigt - Kinder mit Sprachverständnisproblemen zeigen als Reaktion oft auffällige Verhaltensweisen, weil sie mit der sprachlichen Anforderung überfordert sind. - Im Alltag sind Äußerungen in einen Kontext eingebettet, der dem Kind viele zusätzliche Infos gibt, so dass Sprache oftmals nicht genau verstanden werden muss. ÆÆ gerade Kinder mit Sprachverständnisstörungen zeigen oft ein uneinheitliches Bild. ÆÆ Sprachverständnisstörungen müssen behandelt werden, sie können bei Nicht-Beachtung zu gravierenden Sekundärstörungen führen (s. auch Dannenbauer in: Die Sprachheilarbeit 3/2001 Chancen der Frühintervention bei spezifischer Sprachentwicklungsstörung, 103ff „Phänomen des absinkenden IQ“) Übersicht über normierte und informelle Testverfahren zur Überprüfung des Sprachverständnisses Test Altersbereich Linguistische Ebene ELFRA 1 12 Monate (U 6) Wortverständnis, Fragebogen für Reaktion auf Sprache Eltern 24 – 35 Monate Wortebene Elternfragebogen SETK 2 Sprachentwicklungstes t für zweijährige Kinder SETK 3-5 Satzebene 3;0 – 3;11 Jahre Satzebene Sprachentwicklungstes t für dreijährige Kinder SETK 3-5 Material Wortvorgabe zur einer Bildkarte mit 3 Distraktoren Satzvorgabe zu einer Bildkarte mit 3 Distraktoren Satzvorgabe zu einer Bildkarte mit drei Distraktoren Anweisungen befolgen mit Gegenständen 4;0 – 5;11 Jahre Satzebene Anweisungen befolgen mit Gegenständen MSVK 5 – 7 Jahre Wortebene Marburger Sprachverständnistest für Kinder (Normen für das letzte Kindergartenjahr und die 1. Klasse) Mehrfachwahlaufg aben Sprachentwicklungstest für dreijährige Kinder • Passiver Wortschatz • Wortbedeutung Satzebene • Satzverständnis • Instruktionsverst ändnis Pragmatik • Personenbezogene Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 9 Prävention von Sprachverständnisstörungen Sprachzuordnung und situationsbezogen e Sprachzuordnung IVÜS ca. 4 – 8 Jahre Satzebene Figuren, mit denen Satzvorgaben dargestellt werden sollen 7 – 9 Jahre Textebene Fragen mit Antwortvorgaben ca. 4 ½ - 6 Jahre Textebene Fragen ohne Antwortvorgaben 4;0 – 9;11 Jahre Satzebene Satzvorgabe, die mit Figuren dargestellt werden soll Wortebene Wortvorgabe zu Bildern Informelles Verfahren zur Überprüfung von Sprachverständnisleistun gen „Mäuse-Geschichte“ (aus Mini-Lük) „Anna-Geschichte“ (S. Mathieu) HSET Heidelberger Sprachentwicklungstest alte Normen, nach W. Gebhardt aber noch realistisch Patholinguistische ab 3 Jahren Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen • Nomen • Verben • Adjektive, Farbadjektive • Präpositionen Satzebene • Verständnis syntaktischer Strukturen Textebene • Verständnis von W-Fragen Ausagieren von Satzvorgaben Fragen ohne Antwortvorgaben (Zusammengefasst aus Amorosa 2003 und einem Skript von Boger und Oswald 2005) 7. HÄUFIGKEIT und PROGNOSE: Bei den Studien wurde meist nicht zwischen expressiven und rezeptiven Sprachstörungen unterschieden; man nimmt an, dass zwischen 30% und 40% aller sprachenwicklungsgestörten Kinder auch rezeptive Störungen aufweisen. Die Zahlen für sprachauffällige Kinder variieren stark. Kinder, die im Schulalter noch Auffälligkeiten im Sprachverständnis aufweisen, haben in der Regel große Schulprobleme (Stoff- / Wissensvermittlung über Sprache...) Häufig kommt zur Sprachverständnisstörung noch eine Lese-Rechtschreib-Schwäche / Störung hinzu (es wird von etwa 50% ausgegangen), ist der Schulerfolg dermaßen beeinträchtigt, dass die Kinder auch bei durchschnittlichem IQ eine Förderschule zur individuellen Lernförderung besuchen. Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 10 Prävention von Sprachverständnisstörungen Psychische /psychiatrische Störungen tauchen vielfach schon im Vorschulalter auf; die emotionalen und sozialen Störungen entstehen häufig auf Grund der Verunsicherung in der Interaktion zwischen Kind und der Bezugsperson (vgl. Missverständnisse...). Hinzu kommt, dass Kinder mit Sprachverständnisproblemen häufig auf kommende Ereignisse nicht vorbereitet sind (es fehlt die Info, die verbal gegeben wurde); die Umwelt wird chaotisch ... empfunden. 8. ELTERNBERATUNG: - Informationen geben, diagnostische Befunde klären / in Zusammenhang mit anderen (Schul-) Leistungen stellen keine Schuldzuweisungen, Eltern entlasten mit Beispielen / Vergleichen arbeiten Stärken des Kindes herausstellen, als Fördergrundlage in den Vordergrund stellen Aus „Rezeptive Sprachstörungen“ S. 81f ...häufig bringen Eltern ein eigenes, oft sehr verfestigtes Erklärungsmuster für die Besonderheiten ihres sprachbehinderten / auffälligen Kindes mit. Oft werden organische Störungen, Geburtsfehler, ... , kognitive Einschränkungen oder auch Unwille und Faulheit („der kann schon, wenn er will“) des Kindes genannt. Solche Erklärungsmodelle werden oft von tiefen Schuldgefühlen begleitet, durch Erziehungsfehler oder fehlende Förderung die Störung des Kindes verursacht zu haben (...). Æ Erklärungen können Entlastungen bringen Æ Klärungen können mehr Verständnis für das Kind bringen Æ Sekundärstörungen können besser verstanden werden Æ das Kind erlebt in der Familie mehr Fairness Æ Erkennen der Notwendigkeit besonderer Förderung kann eher erkannt werden Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 11 Prävention von Sprachverständnisstörungen Hinweise zum Umgang mit dem Kind Sichern Sie die Aufmerksamkeit Ihres Kindes: • Andere Handlungen des Kindes unterbrechen • Nähe und Blickkontakt herstellen • Einzeln ansprechen Achten Sie auf Ihre eigene Sprache: • Mimik und Gestik verwenden • Wichtige Wörter betonen • Kurze Pausen machen • Kurze, einfache Sätze verwenden • In der Reihenfolge erzählen, in der tatsächlich etwas geschieht („Erst isst du auf, dann gehen wir raus.“ - statt „Wir gehen raus, wenn du aufgegessen hast.“) Beachten Sie, ob Ihr Kind Sie verstanden hat: • Gezielte Fragen stellen (WFragen: Wer? Wo? Was?) • Bei Nichtverstehen die Inhalte vereinfacht wiederholen, keine zusätzlichen Informationen geben Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 12 Prävention von Sprachverständnisstörungen 9. MASSNAHMEN und HILFEN in der Unterweisung und im Unterricht: - nicht über die Köpfe der Kinder sprechen einfache, einteilige Anweisungen viele Wiederholungen geben bzw. wiederholen lassen Geduld, warten können Einfache Sprache Begriffe klären Blickkontakt direktes Ansprechen bei Arbeitsaufträgen gleichbleibende Formulierungen Symbole zur Unterstützung der Arbeitsaufträge keine Frage: „Hast du verstanden?“ 10. FÖRDERMÖGLICHKEITEN: - - Rätsel Mimik und Gestik Lese- und Textverständnis (Ausmalbilder) Malen nach Anweisung Wortfeldspiele Viele konkrete Förder- / und Spielvorschläge im Anhang: Skript von Anna Röll und Karin Stiegler (Team Niederbayern und Oberpfalz) 11. MATERIAL - Bildkärtchen Leseblätter / Ausmalbilder Wort-Bild-Zuordnungen Lückentexte Geschichten (zum Vorlesen, Erzählen und Nacherzählen) Martina Simnacher, Conny Tubert, Gabriele Vogt-Engelhardt, Thomas Schabert 13 Prävention von Sprachverständnisstörungen LITERATURVERZEICHNIS AMOROSA, H. / NOTERDAEME, M.: Rezeptive Sprachstörungen. Ein Therapiemanual. Göttingen: Hogrefe 2003. BOGER, M / OSWALD, G.: Sprachverständnis – Entwicklung, Störungen, Diagnostik. Dillingen 2005. BRIDDIGKEIT, B. u. a.: Deutsch als Zweitsprache – systematisch fördern. Materialien für Kindergarten, Vorschule und Schuleingangsphase. Horneburg: Persen 2005. COOKE, J. / WILLIAMS, D.: Therapie mit sprachentwicklungsverzögerten Kindern. Urban &Fischer, 1999 DANNENBAUER, F.: Chancen der Frühintervention bei spezifischer Sprachentwicklungsstörung. Sprachheilarbeit (2001), 103-111. DILLING, H. [u.a.]: ICD 10 Internationale Klassifikation psychischer Störungen. Bern, 21993. 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