Wissenschaft Geothermie Geothermie CO2 Erdwärmesonde Wärmepumpe spiralgewelltes Rohr Als Wärmequelle für Wärmepumpen bieten Phasenwechselsonden im Gegensatz zu Sole-Sonden einen wartungsfreien Betrieb ohne Pumpe. Durch die Oberflächeneigenschaften der verwendeten Rohre wird versucht, die Leistungsfähigkeit der Sonden zu optimieren. In diesem Beitrag werden zwei verschiedene Rohr-Geometrien für Erdwärme-Phasenwechselsonden gegenübergestellt. Medium-depth geothermal energy – vertical CO2 heat pipes of 400 m depth in comparison Geothermal energy CO2 geothermal heat pipe heat pump helically corrugated pipe In comparison to brine probes, phase changing probes offer significant advantages as a heat source for heat pumps. They are maintenance-free and they don’t require a pump for operation. The performance of the pipes shall be tuned by using different surface properties of the pipes. In this article two different geometries of pipes are compared. Autoren (v.l.o.): Dipl.-Ing. Johann-Christoph Ebeling, Prof. Dr.-Ing. Stephan Kabelac Institut für Thermodynamik, Leibniz Universität Hannover Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Luckmann, Prof. Dr.-Ing. Horst Kruse Forschungszentrum für Kältetechnik und Wärmepumpen GmbH, Hannover 50 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 Mitteltiefe Geothermie – 400 m tiefe CO2-Erdwärmesonden im Vergleich Einleitung Mit der 21. Klimakonferenz 2015 in Paris wurde das Ziel einer weitgehend Treibhausgas-freien Energiewirtschaft unterstrichen. Laut BMWi werden in Deutschland aktuell 27 % des Primärenergiebedarfs zur Gebäudebeheizung verwendet [1]. Die dafür benötigte Energie wird derzeit hauptsächlich in Erdöl- oder Erdgas-Anlagen umgesetzt, die dazu immer noch den größten Marktanteil auch an Neuanlagen haben [2]. Eine energieeffiziente Alternative zur Gebäudebeheizung und Warmwasserbereitstellung stellen Wärmepumpen dar. Mit entsprechend hohen Leistungszahlen können sie einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Wärmewende leisten. Als Wärmequelle für Wärmepumpen wird unter anderem das Erdreich verwendet. Dieses hat die positive Eigenschaft, dass es die Wärme sowohl in Quantität wie auch in Qualität (Temperatur) zuverlässig bereitstellt. Für den Wärmeentzug aus dem Erdreich können Phasenwechselsonden eingesetzt werden, welche im Folgenden betrachtet werden. In dem dreijährigen BMWi-Forschungsprojekt „Oberflächennahe und mitteltiefe CO 2-Erdwärmerohre für Wärmepumpen höherer Leistung“ (FKZ 03ET1050B) wurde das Betriebsverhalten von Sondenfeldern sowie knapp 400 m langen Einzel-Sonden untersucht. Ziel des Projektes ist es, ein System bereitzustellen, das den größeren Leistungsklassen für eine urbane Anwendung Rechnung trägt. Dafür wurden in Nienburg/Weser zwei knapp 400 m tiefe CO2-betriebene Erdwärmerohre verbaut, die als Wärmequelle für jeweils eine Wärmepumpe dienen. Diese beiden Rohre weisen unterschiedliche Geometrien auf, die in vergleichenden Versuchen gegenübergestellt werden. Über die Entwicklung einer CO2-betriebenen Erdwärmesonde berichtete die KI bereits 2004 [3]. 2008 zeigten Kruse et al., dass eine CO2-Sonde, verglichen mit einer Sole-Sonde der gleichen Größenordnung, etwa 12 % leistungsfähiger ist [4]. CO2-betriebene Erdwärmesonden mit einer Länge von 100 m sind bereits vielfach in früheren Projekten untersucht worden und in ihrer Funktionsweise gut bekannt [3-5]. Fundamentale Untersuchungen zum Wirkprinzip von Phasenwechselsonden wurden von Storch 2014 angestellt [6]. Neben der Frage nach der Skalierbarkeit liegt der Fokus dieses Projektes auf dem Vergleich zweier unterschiedlicher Rohrgeometrien. Verglichen werden ein Glattrohr aus 1.0037 Baustahl mit einem Innendurchmesser von 114 mm und ein spiralgewelltes Rohr aus 1.4404 Edelstahl mit einem effektiven1 Innendurchmesser von 103 mm. Zum Betrieb der Glattrohrsonde wird eine Wärmepumpe der Baureihe BW 301.A29 von Viessmann verwendet. Das Wellrohr stellt die Wärmequelle für eine Wärmepumpe der Baureihe WPF 27 HT von Stiebel Eltron dar. Funktionsprinzip/Grundlagen Die in diesem Projekt untersuchten Erdwärmerohre funktionieren nach dem Prinzip einer Phasenwechselsonde (Thermosyphon). Dabei ist ein druckdicht verschlossenes Rohr mit einem Arbeitsfluid (hier CO2) gefüllt, welches sich im Siedezustand befindet. Die Temperatur und der Druck in der Sonde sind über die Dampfdruckkurve des Arbeitsfluides gekoppelt. Im Ruhezustand ist ein großer Teil des CO2 dampfförmig, am Boden der Sonde befindet sich ein Reservoir mit flüssigem CO2 (Pool). Wird der Sonde Wärme entzogen, kondensiert das CO2 im Kondensator am Kopf der Sonde. Der Kondensator gibt die Kondensationsenthalpie an das verdampfende Arbeitsfluid einer Wärmepumpe ab und das kondensierte CO2 läuft als Rieselfilm an der Rohrinnenwand der Sonde hinab. Dabei nimmt das CO2 Wärme auf und verdampft. Der Dampf steigt aufgrund des Dichteunterschiedes im Rohrinneren auf und kann am Kopf durch Wärmeabgabe wieder kondensiert werden. Der Pool dient dabei als Puffer, um ein Austrocknen des Rohres zu vermeiden. Nach 1 D ie Querschnittsfläche des spiralgewellten Rohres ist nicht kreisförmig. Es gilt: 𝐷𝐷𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒𝑒 . = �4𝐴𝐴/𝜋𝜋 www.ki-portal.de Wissenschaft Geothermie links: Strömungsform Wellrohr, rechts: Strömungsform Glattrohr 1 dem Anfahrvorgang der Sonde stellen sich zwei Bereiche ein, in denen die Sonde Wärme aus dem Erdreich aufnimmt. Das ist zum einen der Bereich des Rieselfilmes im oberen Bereich der Sonde. Hier findet Oberflächenverdampfung an der Filmoberfläche statt. Zum anderen tritt im Bereich des Pools Blasenverdampfung auf. Eine Erdwärmesonde stellt in der Regel die Wärmequelle für eine Wärmepumpe dar und sorgt für den Transport der Wärme aus dem Erdreich hin zur Wärmepumpe. Da Phasenwechselsonden im Gegensatz zu Sole-Sonden nach dem Prinzip des Naturumlaufes funktionieren, benötigen sie keine zusätzliche Pumpe zur Umwälzung der Sole. Ein weiterer Vorteil ist, dass für den Wärmetransport im Wesentlichen die Verdampfungsenthalpie des Arbeitsfluides genutzt wird, was zu geringeren Grädigkeiten im Wärmeübertrager führt. Die Verwendung von CO2 als Sondenfluid macht den Einsatz selbst in Wasserschutzgebieten möglich. Ein bekanntes Problem bei Glattrohrsystemen ist die schlechte Benetzung der Rohroberfläche durch das Arbeitsfluid. Aufgrund der Verdampfung des CO2 aus dem herabströmenden Rieselfilm wird dieser immer dünner. Mit einem dünner werdenden Film und einer möglichen (geringfügigen) Neigung des Rohres steigt die Wahrscheinlichkeit eines Filmaufrisses, die Benetzung der Rohroberfläche verschlechtert sich. Ausführliche Untersuchungen zu Strömungsformen und der Filmstabilität in Glattrohr-Thermosyphonen wurden von Storch [6] durchgeführt. An den „trockenen“ Stellen kann kein Arbeitsfluid verdampfen, sodass dieser Effekt das System mit größer werdender Tiefe ineffizienter macht. Abhilfe soll ein spiralgewelltes Rohr schaffen (Abb. 1). Voruntersuchungen www.ki-portal.de am Institut für Thermodynamik der LUH an einem 3 m langen Versuchsrohr haben gezeigt, dass die spiralförmig gewellte Geometrie des Rohres dem herabströmenden Arbeitsfluid eine Umfangskomponente aufprägt. Die Strömung in Umfangsrichtung erhöht dabei die Turbulenz und führt zu einer besseren und zuverlässigeren Benetzung. Experimentelle Untersuchungen Im Bereich Nienburg/Weser wurde je eine Wellrohrsonde und eine Glattrohrsonde mit einer Tiefe von jeweils knapp 400 m verbaut und mit CO2 befüllt. Am Kopf der Sonden befindet sich jeweils ein Plattenwärmeübertrager, in denen das CO2 aus den Sonden kondensiert und das Arbeitsfluid jeweils einer Wärmepumpe verdampft wird. Die Wärmepumpen geben die Wärme an einen Wasserkreislauf weiter. Die beiden Testanlagen sind, neben Druck- und Temperatursensoren, jeweils mit einem Zähler für die zugehende elektrische Energie und einem Durchflussmesser sowie mit 2 einer faseroptischen Temperaturmesstechnik (FOT) ausgestattet. Die FOT besteht aus einem Lichtwellenleiterkabel, welches bei der Installation der Sonden mit Kabelbindern auf der äußeren Oberfläche der Länge nach an den beiden Sonden befestigt wurde. Der Lichtwellenleiter wird von einer Seite mit einem monochromatischen Lichtimpuls beaufschlagt. Auf dem Weg durch den Leiter wird das Licht von dem Leiter selber zum Teil gestreut und zurückgesendet. Messtechnisch wird ausgenutzt, dass das Frequenzband des rückgestreuten Lichtes von der Temperatur abhängt. Diese Technik ermöglicht die Erstellung von Temperaturprofilen entlang der beiden Sonden (Abb 2.). Die Leistungsgrenze von Erdwärmesonden wird im Wesentlichen durch zwei Parameter bestimmt. Dies sind zum einen die von dem Erdreich nachgeführte Wärme und zum anderen der maximal durch das Rohr transportierbare Massenstrom des umlaufenden Sondenfluides. Die spezifische, von dem Erdreich nachAufbau Mess­ system mit Messstellen KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 51 Wissenschaft Geothermie 1 Sondenparameter Länge [m] Wellrohr 384 (gelotet) Glattrohr 368 (gelotet) Außendurchmesser [mm] 109,2 127 Lichter Durchmesser [mm] 98,0 114,14 Wandstärke [mm] VL [l/m] 0,8 8,4 6,43 10,23 Vges [l] 3225,6 3765,4 mCO2 [kg] 921 642 hPool [m] 79 (berechnet) 9 (berechnet) Außenoberfläche [m²] Q Erde [kW] Q Flut (ϑCO2 = 10°C) [kW] 181,25 146,83 23,04 22,08 29,61 40,17 geführte Wärme wurde unter Berücksichtigung der VDI-4640 (Blatt 2) zu 60 W/m abgeschätzt [7]. Demnach kann der Erde durch die 384 m lange Wellrohrsonde ein Wärmestrom von Q Erde = 23 kW und durch die 368 m lange Glattrohrsonde ein Wärmestrom von Q Erde = 22 kW entzogen werden. Der maximal durch die Sonde transportierbare Massenstrom wird durch die Strömungsbedingungen am oberen Ende des Rohres bestimmt. Ab einer kritischen Geschwindigkeit des CO2-Dampfes kommt es zum Fluten des Rohres. Der dafür nötige Wärmestrom Q Flut kann laut Imura durch folgende Gleichungen ermittelt werden [8]: Hierbei beschreibt wFlut die maximal in dem Rohr erreichbare Dampfgeschwindigkeit. Wird diese Geschwindigkeit überschritten, wird die Schubspannung auf der Phasengrenze zwischen Dampf und Flüssigkeit so groß, dass die Flüssigkeit aufgestaut wird. Mit der Randbedingung, dass das aufsteigende CO2 eine Temperatur von etwa 10°C aufweist, ergeben sich der Flutpunkt-Wärmestrom der Wellrohrsonde zu Q Flut = 29,6 kW und der Flutpunkt-Wärmestrom der Glatt rohrsonde zu Q Flut = 40,2 kW. Weitere Sondenparameter sind Tab. 1 zu entnehmen. 𝑄𝑄̇𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 𝐴𝐴 ∙ ∆ℎ ∙ 𝜌𝜌𝐷𝐷 ∙ 𝑤𝑤𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 (1) Leistungsdaten 0,13 𝜌𝜌𝐹𝐹 𝑤𝑤𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹𝐹 = 0,64 � � 𝜌𝜌𝐷𝐷 � 𝜎𝜎 ∙ 𝑔𝑔(𝜌𝜌𝐹𝐹 − 𝜌𝜌𝐷𝐷 ) � 𝜌𝜌𝐷𝐷 2 (2) Während des typischen ca. 6-stündigen Betriebes beider Systeme konnte dem Erdreich dauerhaft eine hohe thermi- 𝑄𝑄̇𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀 = 11:00 ∫16:00 𝑄𝑄̇(𝑡𝑡) 𝑑𝑑𝑑𝑑 (3) ∆𝑡𝑡 Für die Wellrohrsonde ergibt sich ein ge mittelter Wärmestrom von Q Mittel, Well = 23,5 kW und für die Glattrohrsonde von Q Mittel, Glatt = 23,2 kW. Bezieht man die den Sonden entzogene Wärme auf ihre jeweilige Länge, ergeben sich nach: 𝑄𝑄̇𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀 𝑄𝑄′̇𝐿𝐿ä𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 = 𝐿𝐿 (4) für die Wellrohrsonde eine längenspezi fische Entzugsleistung von Q ’ Länge, Well = 61,2 W/m und für die Glattrohrsonde von Q ’ Länge, Glatt = 63,1 W/m. Da die Sonden zudem einen unterschiedlichen Durchmesser besitzen, wird die mit dem Außendurchmesser der Sonden gebildeThermische Entzugsleistung und Quellentemperatur der beiden Systeme 3 52 0,25 Messergebnisse sche Leistung am Sondenkopf entzogen werden, wobei die Temperatur des gasförmigen CO2 am Kopf schnell von 10 °C auf ca. 3 °C abfällt. In Abb. 3 sind die Temperaturen des aufsteigenden Kohlenstoffdioxides auf der Primär- und die den Sonden entzogenen Wärmeströme auf der Sekundärachse aufgetragen. Bei der ersten Betrachtung der gemessenen Wärmeströme scheint die Wellrohrsonde die besseren Ergebnisse zu liefern. Da sich die beiden Sonden aber nicht nur in ihrer Wellung, sondern auch in ihrer Länge und ihrem Durchmesser etwas unterscheiden, müssen die Leistungsdaten genauer betrachtet werden. Hierfür wird zunächst eine über die Zeit des quasi-stationären Betriebes gemittelte entzogene Wärme berechnet: KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 www.ki-portal.de Wissenschaft Geothermie 4 Temperaturprofil des Erdreichs vor und nach der Befüllung te Mantelfläche der Sonden ebenso berücksichtigt. Dabei ergibt sich nach: 𝑞𝑞̇ = 𝑄𝑄̇𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀 (5) 𝐿𝐿 ∙ 𝜋𝜋𝐷𝐷𝑎𝑎 für die Wellrohrsonde ein flächenspezi fischer Wärmestrom von q well = 178,4 W/m² und für die Glattrohrsonde eine Entzugsleistung von q Glatt = 158,0 W/m². Einen zusätzlichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit der Sonden stellt deren Füllung mit CO2 dar. Die Wellrohrsonde ist mit deutlich mehr CO2 gefüllt worden als die Glattrohrsonde, siehe Tab. 1. Zur Beurteilung des Beitrags der beiden Verdampfer-Zonen Rieselfilm 5 www.ki-portal.de und Pool sollen die Messungen der Temperaturverläufe an der Rohraußenwand der Sonden herangezogen werden. Rohrwandtemperaturen im Ruhezustand Vor dem Befüllen der beiden Sonden mit CO2 wurde eine Nullmessung des Temperaturprofils entlang der Sonden mit der faseroptischen Temperaturmesstechnik (FOT) vorgenommen (Abb. 4). Die sich nach der Befüllung der beiden Sonden einstellenden Temperaturverläufe weichen deutlich von dem Profil der Nullmessung ab. Da sich das CO2 in den Sonden auch ohne Wärmeentzug im Siedezu- stand befindet, wird die Temperatur in der Sonde von dem Siededruck aufgeprägt. Der Siededruck steigt abwärts der Sonden aufgrund der hydrostatischen Druckzunahme an. Aufgrund dessen steigt auch die Temperatur mit der Tiefe. Direkt nach ihrer Befüllung nehmen die Sonden im unteren Bereich Wärme durch Verdampfen des CO2 auf und geben diese im oberen Bereich durch Kondensation an der Rohrinnenwand wieder an das Erdreich ab. Dieser Vorgang läuft so lange, bis sich das Temperaturprofil der Erde an das der Sonden angepasst hat. Die sich nach einigen Wochen einstellenden Temperaturverläufe entlang der befüllten Sonden Temperaturverläufe während des Betriebs KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 53 Wissenschaft Geothermie Auskühlung des Erdreichs während des Anfahrvorgangs und dem quasi-stationären Betrieb 6 ohne Wärmeentzug sind in Abb. 4 gezeigt. Durch diesen Naturumlauf wird auch im Stillstand das obere Erdreich erwärmt, was der Entzugsleistung beim Betrieb der Sonden zugutekommt. Die beiden gestrichelten Verläufe zeigen die aus dem berechneten hydrostatischen Druck folgenden Temperaturverläufe in den Sonden. Bei der Wellrohrsonde wurde für die Berechnung des hydrostatischen Druckes die Pooloberfläche bei 295 m Tiefe angenommen. Rohrwandtemperaturen im Betrieb Während des Betriebes der Sonden wurde die Temperatur an der Rohraußenwand mit einem zeitlichen Abstand von 1 min gemessen. Aus der zeitlichen Entwicklung der so entstandenen Temperaturprofile kann auf den Ort der herabflie- ßenden Filmfront beim Anfahren der beiden Systeme geschlossen werden. Hier sollen diese Messungen zunächst genutzt werden, um die Leistungsfähigkeit der einzelnen Sondenabschnitte zu bewerten. Das bereits angesprochene Anfahren der beiden Sonden dauert jeweils ca. 40 min. Der Anfahrvorgang beschreibt die Zeit, die der am Kopf der Sonde aufgegebene Rieselfilm an CO2 benötigt, um bis zur Oberfläche des Pools zu gelangen. Dem Anfahrvorgang schließt sich ein quasi-stationärer Betrieb an. Während dieses Zeitraumes sinkt zwar der Betriebsdruck und die Temperatur entlang der gesamten Sonde durch Auskühlen des Erdreichs, die Strömungsform innerhalb der Sonde bleibt aber im Wesentlichen gleich. Die Temperaturen entlang der beiden Sonden sind für drei Zeitpunkte in Abb. 5 gezeigt. Die roten Kurven zeigen den Zustand direkt vor dem Start der Sonden. Gut zu erkennen ist der Temperaturanstieg bei ca. 295 m aufgrund des Druckanstieges ab der Pooloberfläche in der Wellrohrsonde. Da die Glattrohrsonde deutlich weniger befüllt ist, ist dieser Anstieg bei ihr nicht zu erkennen. Es wird vermutet, dass die geringste Poolhöhe in der Glattrohrsonde nur wenige cm beträgt. Dieser Zustand ist erreicht, wenn der sich ausbreitende Film gerade den Pool erreicht. Zu diesem Zeitpunkt ist die größtmögliche Menge an CO2 in dem Film gespeichert. Während des weiteren Betriebes der Sonde fällt die Temperatur des SondenArbeitsfluides, wodurch die Dichte der Dampfphase sinkt. Die in der Dampfsäule gespeicherte Masse nimmt ab, was Nomenklatur Symbole A [m²] Fläche D [mm] Durchmesser g [m/s²] Erdbeschleunigung Δh [kJ/kgK] Verdampfungsenthalpie L q Q Q‘Länge [m] Länge [W/m²] Wärmestromdichte [kW] [W/m] Δt [h] Wärmestrom auf die Länge bezogener Wärmestrom Zeitraum V [m³] w [m/s] 54 KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 ρ [kg/m³] Dichte σ [N/m] Oberflächenspannung Indizies a außen eff. effektiv Erde Erde Flut Flutpunkt F Flüssigkeit D Dampf Mittel gemittelt Volumen Glatt Glattrohr Geschwindigkeit Well. Wellrohr www.ki-portal.de Wissenschaft Geothermie den Poolspiegel steigen lässt. Die grünen Verläufe zeigen den Zustand nach dem Anfahren der beiden Sonden, also kurz nachdem der Rieselfilm die Pooloberfläche erreicht hat. Der Temperaturknick bei 295 m Teufe im Wellrohr hat sich etwas abgeflacht, was dafür spricht, dass der Pool nun mit Blasen aufgrund von Blasenverdampfung durchsetzt ist. Dies führt einerseits zu einem Anstieg der Pooloberfläche und andererseits zu einer nicht mehr so scharfen Trennung der flüssigen und gasförmigen Phase innerhalb der Sonde. Beide Temperaturprofile zeigen einen weniger stetigen Verlauf als zu Beginn der Messung, was auf die über die Teufe unterschiedlichen Eigenschaften des Erdreiches zurückzuführen ist. Die blauen Kurven zeigen die Temperaturverläufe nach 1 h quasi-stationärem Betrieb. Beim Vergleich der Temperaturprofile beim Start der Sonden mit denen nach 40 min und 100 min Betriebsdauer ist festzustellen, dass die Sonden das Erdreich unterschiedlich stark ausgekühlt haben. Dieses Verhalten kann sowohl mit der Geometrie der Sonden als auch mit ihrem Füllungsgrad erklärt werden. Die Wellung der Wellrohrsonde führt einerseits zu einem größeren Oberflächen-zu-Durchmesser-Verhältnis. Andererseits ist davon auszugehen, dass die Wellung die Turbulenz der CO2-Strömung und somit den Wärmeübergang erhöht. Der Füllungsgrad der Sonden spielt eine Rolle, da durch das Blasensieden im Pool ein anderer Wärmeübergang vorliegt als durch die Filmverdampfung im Rieselfilm. Die Entfernung der beiden Sonden voneinander beträgt 50 m. Dies macht sowohl eine gegenseitige Beeinflussung der Sonden, wie auch ein unterschiedliches geologisches Profil der beiden Standorte unwahrscheinlich. Um eine qualitative Aussage über den Wärmestrom, den die Sonden in den unterschiedlichen Bereichen aufgenommen haben, treffen zu können, ist es interessant, die während der verschiedenen Betriebsweisen (Anfahren, quasistationärer Betrieb) erzielten Temperatur­ differenzen an der Rohraußenwand zu vergleichen, siehe Abb. 6. Dort, wo die Erdreichtemperatur stärker gefallen ist, wurde auch mehr Wärme entzogen. Die beiden roten Verläufe stellen die Temperaturabnahme an der Rohraußenwand dar, die während des 40-minütigen Anfahrvorganges erreicht wurden. Hierbei scheint sich die Wellrohrsonde nicht wesentlich von der Glattrohrsonde zu unterscheiden. Lediglich im unteren Bereich www.ki-portal.de der Wellrohrsonde wurde eine stärkere Auskühlung erzielt. Es scheint naheliegend, dass dieser Effekt auf die Blasenverdampfung innerhalb des Pools zurückzuführen ist. Im Gegensatz zur Glattrohrsonde kann durch das Vorhandensein des großen Pools in der Wellrohrsonde von Beginn an Wärme durch das Verdampfen des CO2 aufgenommen werden. Auffällig ist, dass im unteren Bereich des Pools (335 m – 385 m) die Erdreichtemperatur stärker gefallen ist, als im oberen Bereich (295 m – 335 m). Im oberen Bereich des Pools scheinen die aufsteigenden Dampfblasen eine effektive Benetzung der gewellten Rohrstruktur zu verhindern und so den Wärmeübergang zu beeinträchtigen. Die grünen Kurven zeigen das Auskühlverhalten des sich an den Anfahrvorgang anschließenden quasi-stationären Betriebes. Hierbei werden zwei wesentliche Gesichtspunkte deutlich. Zum einen entzieht die Wellrohrsonde im oberen Bereich der beiden Sonden (Filmverdampfung) dem Erdreich wesentlich effektiver Wärme als die Glattrohrsonde. Zum zweiten ist der Wärmeentzug durch die Wellrohrsonde im Bereich des Pools schlechter als im Bereich des Rieselfilmes und liegt etwa auf dem Niveau der Glattrohrsonde. Schlussfolgerung Zunächst konnte die Skalierbarkeit der etwa 100 m tiefen und bekannten Erdwärmesonden auf große Systeme mit einer Tiefe von etwa 400 m gezeigt werden. Beide getesteten Systeme sind in der Lage, eine konstant hohe Leistung über einen längeren Zeitraum bereitzustellen. Bei dem Vergleich der beiden verwendeten Systeme Wellrohrsonde und Glattrohrsonde konnten zwei wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden. Zum einen ist die Wellrohrsonde in der Lage, dem Erdreich wesentlich effektiver Wärme zu entziehen. Zum anderen behindert eine starke Überfüllung des Systems einen effektiven Wärmeentzug im Bereich des Pools während des Dauerbetriebs. Eine für den Dauerbetrieb der Sonden geeignete Füllung sollte demnach gerade sicherstellen, dass ein Austrocknen der Sonde verhindert wird. Ausblick Als nächster Schritt ist die Angleichung der Füllstände der beiden Sonden geplant, um die hier skizzierte Analyse zu erweitern. Anschließend soll ein Vergleich zwischen einer getakteten Be- triebsweise und einer Betriebsweise in Teillast angestellt werden. Des Weiteren wird an einer numerischen, dynamischen Simulation der Sonden mit dem umgebenen Erdreich gearbeitet. Literatur [1]Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Energiedaten: Gesamtausgabe, 2016, http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/ PDF/E/energiestatistiken-grafiken,property=pdf ,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. [2]Meyer, J.-P.: Wärmepumpen stark nachgefragt, 2016, http://www.sonnewindwaerme. de/waermepumpe/waermepumpen-starknachgefragt, accessed 28 June 2016. [3]Kruse, H., Rüssmann, H., Stadtländer, C.: Entwicklung einer CO2-Erdwärmesonde nach dem Prinzip des Wärmerohres, KI – Kälte Luft Klimatechnik 40 (2004) 54–61. [4]Kruse, H., Gebhardt, D., Rüssmann, H.: FKWCO2-Erdwärmerohr für Geothermische Wärmepumpen: Betriebsverhalten im Vergleich zur Sole-Sonde, Sonderheft Oberflächennahe Geothermie, bbr Fachmagazin für Brunnen- und Leitungsbau 60 (2009) 60–69. [5]Kruse, H., Rüssmann, H., Glawon, S.: Oberflächennahe und mitteltiefe Oberflächennahe und mitteltiefe CO2-Erdwärmerohre für Wärmepumpen höherer Leistung: Teilprojekt A: Oberflächennahes Erdwärmerohr, Forschungszentrum für Kältetechnik und Wärmepumpen (Hannover), Hannover, Mai 2015. [6]Storch, T.: Grundlegende Untersuchungen zum Wirkprinzip von geothermischen Phasenwechselsonden, 1. Aufl. ed., Sierke Verlag, Göttingen, Niedersachs, 2015. [7]Fachbereich Energiewandlung und -anwendung, VDI, Thermische Nutzung des Untergrunds – Grundlagen, Genehmigungen, Umweltaspekte, Beuth-Verlag, 2011. [8]Imura, H., Sasaguchi, K., Kozai, H., Numata, S.: Critical heat flux in a closed two-phase thermosyphon, International Journal of Heat and Mass Transfer 26 (1983) 1181–1188. Danksagung Das Projekt wird vom BMWi aufgrund eines Beschlusses des deutschen Bundestages unter dem Förderkennzeichen FKZ: 03ET1050B gefördert. Der Dank gilt den beteiligten Forschungspartnern: U+B Wöltjen, GeoDienste und der TU Hamburg-Harburg, sowie den Firmen: Viessmann und Stiebel Eltron, die das Projekt durch die Bereitstellung je einer Wärmepumpe unterstützt haben. Der Firma Westfalen wird für die Bereitstellung des verwendeten CO2 gedankt. KI Kälte · Luft · Klimatechnik · 11 2016 55