22 Geothermie Richtig bohren und verpressen von jens kreikenbohm, geschäftsführer des bohrunternehmens geowell In Zeiten steigender Erdgas- und Erdölpreise ist die Sole/WasserWärmepumpe als eines der zukunftssichersten Heizungssysteme in einem stetigen Aufwind. Die Funktionssicherheit und Effizienz der Wärmepumpe hängt im wesentlichen von der Art der Wärmequelle und der Qualität ihrer Erschließung ab. bi UmweltBau 5 | 09 Als Energielieferant bedient sich die Sole/Wasser-Wärmepumpe in der Regel der oberflächennahen Erdwärme in Tiefen bis 400 Meter. Diese ist überall verfügbar und im Prinzip unbegrenzt. In 100 Metern Tiefe herrschen ganzjährig konstante Temperaturen von 11 bis 13 Grad – unabhängig von den Jahreszeiten. Fast überall kann diese Erdwärme mittels einer Erdsonde für eine Wärmepumpe nutzbar gemacht werden. In das Bohrloch, etwa 15 bis 20 Zentimeter im Durchmesser und in den meisten Fällen bis circa 99 Meter tief, wird die Erdwärmesonde eingeführt. Sie besteht in der Regel aus nahezu unverwüstlichen Kunststoffrohren, von denen jeweils zwei über einen Sondenfuß miteinander verbunden sind (Doppel-U-Sonden) und in denen später die Soleflüssigkeit zirkuliert. Nachdem ein solches Sondenbündel in das Bohrloch eingeführt worden ist, wird das Loch von unten nach oben komplett unter hohem Druck mit einer ZementBentonid-Suspension verfüllt. Diese Verfüllung erfüllt mehrere Zwecke: zum einen bindet sie die Sonde an das umgebende Gestein an und ermöglicht in vielen Fällen erst den Wärmeübergang an die zirkulierende Sole. Zum Zweiten bietet die Verpress-Suspension einen nicht unwesentlichen Schutz für die Erdwärmesonde vor Beschädigung durch das drückende Gestein. Die dritte und nicht weniger wesentliche Funktion der ordentlichen Verfüllung liegt im Schutz der Umwelt: Nur eine fachgerechte Verpressung des Bohrlochs kann die Grundwasserstockwerke wieder verschließen und die Verschmutzung des Trinkwassers durch unzureichend filtriertes Oberflächenwasser verhindern. Beim Verpressmaterial sind zwei Eigenschaften zu beachten: Je höher seine Wärmeleitfähigkeit, desto effizienter erfolgt die Wärmeübertragung zwischen Gebirge und Sole. Die Leistung der Wärmepumpe wird positiv beeinflusst, sie läuft mit geringeren Energiekosten. Ein weiteres Qualitätsmerkmal des Verpressmaterials ist seine Unempfindlichkeit gegenüber Temperaturschwankungen, insbesondere Frost. Immer häufiger wird auf frosttauwechselbeständiges Material geachtet, da nur dieses die langjährige Haltbarkeit der Verpress-Suspension garantiert. Erdwärmesonden richtig dimensionieren Eine Erdwärmeanlage erfordert weit mehr als eine bloße Bohrung. Bereits in dem etwa 100 Meter tiefen Bohrloch lauern diverse Fehlerquellen. Eine qualitativ hochwertige Anlage verlangt eine ausreichend dimensionierte Erdwärmesonde. Am Beginn der Planung steht dabei die sorgfältige und genaue Ermittlung des Heizbedarfes: Je höher die Heizleistung und die Zahl der Betriebsstunden, desto größer muss Geothermie bi UmweltBau 5 | 09 die Erdsondenanlage ausfallen, um die nötige Energie in der geforderten Geschwindigkeit zu erzeugen. Eine zu kleine Heizung schafft auch bei größter Anstrengung keine warme Wohnung. Hier steigen die Verbrauchskosten, und die Erdsondenanlage wird zu stark beansprucht, was im Extremfall zur unerwünschten Vereisung der Sonden führen kann. Eine zu groß ausgelegte Heizung taktet zu häufig und verbraucht so ebenfalls zu viel Energie. Darüber hinaus sind die Kosten der Anlageninvestition unangemessen hoch. Zweitens sind geologische Faktoren von Bedeutung: Unterschiedliche Gesteine haben unterschiedliche Entzugsleistungen. Die spezifische Wärmeleitfähigkeit eines Gesteins gibt an, wie viel Wärme je Bohrmeter dem Gestein entzogen beziehungsweise wie viel Kälte zugeführt werden kann. So haben Gesteine mit hohem Quarzanteil (Quarzit, Granit, Sandstein) oder mit hoher Dichte (Kalkstein, Dolomitstein) eine sehr gute, trockene poröse Gesteine mit hohem Luftanteil wie Sand, Kies oder Ton eine eher geringe Wärmeleitfähigkeit. Anders sieht es aus, wenn Sand oder Kies viel Wasser führen. Wasser ist ein erstklassiger Wärmeleiter, und durch die hohe Durchlässigkeit von Sand oder Kies führt die Kombination mit Wasser zu ausgezeichneten Ergebnissen. Daher ist es unbedingt nötig, vor einer Bohrung die geologischen Verhältnisse zu erkunden und die Entzugsleistung der erwarteten Gesteine zu kalkulieren. Nur so kann eine Unterdimensionierung der Anlage in jedem Fall ausgeschlossen werden. Fachbetriebe beschäftigen für diese Auslegung eigene Planer, im besten Fall Geologen, die über geologische Karten, Informationen der verschiedenen geologischen Landesämter sowie über eigene Bohrergebnisse in der Nähe die notwendigen Eckdaten recherchieren und auswerten. In der folgenden Tabelle sind Wärmeleitfähigkeiten (nach VDI 4640 Bl.1 Dez.2000) für eine Auswahl an Gesteinen angegeben, um die mögliche Spannbreite zu veranschaulichen. Gestein Magmatische Gesteine: Basalt Granit Rhyolit Metamorphe Gesteine: Gneis Marmor Metaquarzit Glimmerschiefer Tonschiefer Sedimentgesteine: Dolomit Kalkstein, massiv Quarzit Sandstein Tonstein Lockergesteine: Kies, trocken Kies, wassergesättigt Sand, trocken Sand, wassergesättigt Dichte r g/cm³ Wärmeleitfähigkeit l W/(m • K) Min.-Max. Mittelwert 2,6-3,2 2,4-3,0 ca. 2,6 1,33-2,29 2,10-4,07 3,06-3,37 (1,7) (3,4) (3,3) 2,4-2,7 2,5-2,8 ca. 2,7 ca. 2,6 2,7 1,89-3,95 1,28-3,08 5,86-5,89 1,51-3,14 1,50-2,60 (2,9) (2,6) (5,8) (2,0) (2,1) 2,6-2,7 ca. 2,7 2,2-2,7 2,5 -2,6 2,83-4,34 2,46-3,98 3,60-6,62 1,28-5,10 1,05-3,02 (3,2) (2,8) (6,0) (2,3) (2,2) 2,7-2,8 ca. 2,7 2,6 -2,7 2,6-2,7 0,39-0,52 ca. 1,8 0,27-0,75 1,73-5,02 (0,4) (1,8) (0,4) (2,4) (Tabelle nach VDI 4640 Blatt 1, Stand Dezember 2000) aussagekräftige Simulation erstellen zu können, ist die Durchführung eines Geothermal Response Test (GRT) zu empfehlen. Mit einem GRT wird die effektive Wärmeleitfähigkeit sowie der Bohrlochwiderstand ermittelt. Mit den so gewonnenen Werten lässt sich die berechnete spezifische Entzugsleistung überprüfen. Über die EED-Simulation werden Prognoserechnungen für einen Zeitraum von 25 Jahren gerechnet. Ein von vielen Bohrunternehmen nicht ausreichend berücksichtigter Effekt ergibt sich durch die Beeinflussung von Sonden untereinander. So liegt bereits ab zwei Sonden eine negative Beeinflussung der Erdwärmesonden vor. Um gegenseitigen „Wärmeklau“ zu vermeiden oder wenigstens zu verringern, sollten die Sonden bestimmte Mindestabstände zueinander haben. Bei kleineren Bauvorhaben schreibt die Behörde – zuständig für Erdsondenbohrungen bis 100 Meter sind in der Regel die unteren Wasserbehörden der Landkreise – zumeist einen Abstand von mindestens sechs Metern zwischen den Sonden vor, zum Nachbargrundstück in den meisten Fällen fünf Meter. Werden deutlich mehr Sondenbohrungen benötigt, um die errechnete Anzahl Bohrmeter zu erhalten, spricht man von einem „Sondenfeld“. Je größer ein Sondenfeld, desto stärker ist die Beeinflussung der Sonden untereinander. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, können der Abstand der Sonden untereinander vergrößert Wechselwirkungen und Betriebssimulation Ein besonderer Nachweis einer auf langjährige Betriebssicherheit ausgelegten Planung kann mit diversen Simulationsprogrammen (EEDProgramm) erbracht werden. Diese simulieren aus den Informationen der Geologie die langjährige Entwicklung der Untergrundtemperatur in Verbindung mit dem Betrieb der Sondenanlage. So kann eine Vereisung durch falsche Dimensionierung vermieden werden. Um eine 23 Auch die Solepumpe ist ein entscheidender Baustein der Erdwärmeanlage – idealerweise verfügt sie über eine elektronische Leistungsanpassung. Die Rohrleitungen sind gegen Schwitzwasserbildung diffusionsdicht zu isolieren. > 24 Geothermie sowie die Sondenanzahl und somit die Gesamtbohrmeterzahl erhöht werden. Dennoch ist bei einem Sondenfeld eine geringere Wärmeentzugsleistung anzusetzen. Bei solchen Bauvorhaben mit Sondenfeldern sollten ein GRT sowie eine Langzeitsimulation obligatorisch sein. Ergibt eine EED-Simulation Temperaturveränderungen im Untergrund außerhalb des Toleranzbereichs, ist das Sondenfeld zu klein dimensioniert. Sehr sinnvoll ist die Durchführung eines GRT an der ersten Bohrung. Die ermittelten Daten können zeitnah in eine EED-Langzeitsimulation überführt werden, um die Dimensionierung des EWS-Feldes zu überprüfen. Dies sollte noch während der Bohrphase geschehen, so dass bei einer Unterdimensionierung der Erdwärmeanlage eine entsprechende Modifizierung des Erdwärmesondenfeldes möglich ist. So kann die Funktion der kompletten Anlage absichert werden. bi UmweltBau 5 | 09 Verpressen sollte die Sonde erneut druckgeprüft werden – so lässt sich ein während des Einbringens in das Bohrloch entstandener Schaden ausschließen. Anschließend ist die Sonde durch ordnungsgemäßes Verpressen des Bohrloches sicher geschützt. Fehlerquellen bei der Anbindung Zur Anbindung der Erdwärmesonden, d.h. ihrer Verbindung mit der Wärmepumpe, müssen Länge und Qualität der Erdwärmesonden Im Mittel wird in Deutschland eine Entzugleistung von etwa 50 Watt pro Bohrmeter angesetzt. 100 Bohrmeter liefern dementsprechend eine Entzugsleistung von rund fünf Kilowatt. Dies entspricht der Kälteleistung einer Wärmepumpe – damit lässt sich eine Heizung von etwa 6,5 KW Heizleistung betreiben. Die Differenz, in diesem Fall 1,5 KW, kommt dabei aus der Steckdose. 6,5 KW Heizleistung werden also mit dem Einsatz von 1,5 KW Strom erzeugt, sodass die sogenannte Leistungszahl (cop= coefficient of performance) der Wärmepumpe in diesem Fall ca. 4,3 beträgt. Im Gegensatz zu konventionellen Heizungssystemen wie Gas oder Heizöl wird bei Wärmepumpen kein Wirkungsgrad angegeben, da nur ein geringer Anteil der Heizenergie über entgeltwerten elektrischen Strom erzeugt wird und der größte Anteil der Wärme kostenlos aus der Erde entnommen wird. Die verwendeten Sonden sind maßgeblich für die Qualität und Langlebigkeit der Erdwärmesondenanlage. Durchgesetzt haben sich die eingangs beschriebenen, in der Regel aus PE gefertigten Doppel-U-Rohr Sonden – zwei Sonden von je 32 oder 40 Millimetern Durchmesser pro Bohrloch. Die Erdwärmesonden müssen werkseitig geschweißt und druckgeprüft sein, das gilt für den gesamten Prozess von der Extrudierung der PE-Rohre über den Spritzguss der Sondenfüße bis zur Verschweißung der PE Rohre mit den Sondenfüßen. An der Baustelle sollten Sonden nicht noch einmal geschweißt werden, lediglich die Verlegung der horizontalen Rohre verlangt eine Verbindung. Vor dem diese verlängert sowie Rohrgräben erstellt werden. Sind mehrere Erdsonden vorhanden, werden diese in einem Verteiler zusammengeführt. Je eine Vor- und Rücklaufleitung wird in den Heizungsraum geführt. Wichtig: die Leitungen müssen in ein Sandbett gelegt werden. Die Schweißarbeiten sollten Fachleute ausführen. Sofern ein Verteiler verwendet wird, muss dieser abgeglichen werden, um später eine gleichmäßige Durchströmung aller Sondenpaare sicherzustellen. Im Gebäude ist eine diffusionsdichte Isolierung der Rohrleitungen unabdingbar. Im späteren Betrieb zirkuliert die Sole mit Temperaturen zwischen null und sechs Grad, es käme also an nicht oder schlecht isolierten Stellen zu erheblicher Schwitzwasserbildung. Auch die Solepumpe kann die spätere Qualität der Anlage beeinflussen. Ideal sind Hocheffizienzpumpen mit elektronischen Leistungsanpassungen. Mittlerweile gibt es in Deutschland Betriebe, die das komplette Werk anbieten. In einem solchen Fall ist die Gewährleistung in einer Hand, und die komplette Erdwärmeanlage wird ohne Schnittstellen erzeugt. Verschiedene Betriebe bieten darüber hinaus mittlerweile auch Garantieerweiterungen für die Erdwärmeanlage ❚ mit Materialgarantie an. Schematische Darstellung einer Doppel-U-Erdwärmesonde: Die Verfüllung des Bohrlochs mit einer Zement-Bentonid-Suspension ermöglicht erst den Wärmeübergang an die zirkulierende Sole. | Fotos: Stiebel Eltron Europas Interesse wächst Ein klarer Fokus überzeugt. Das beweist einmal mehr die Entwicklung der GeoTHERM – expo & congress. Die Veranstaltung widmet sich ausschließlich dem Thema Geothermie und findet nun zum vierten Mal am 25. und 26. Februar 2010 in Offenburg statt. Die aus Fachmesse und Kongress bestehende Veranstaltung bietet dem interessierten Fachpublikum in zwei parallel laufenden Kongressen ausführliche Informationen zur Oberflächennahen und Tiefen Geothermie. Alle Kongressbeiträge sind individuell kombinierbar, wodurch jeder Kongressteilnehmer sein Programm nach seinen speziellen Bedürfnissen ausrichten kann. Nach Angaben des Veranstalters interessieren sich zurzeit insbesondere Kongressteilnehmer aus Österreich, der Schweiz und Spanien für die Entwicklungen im Geothermiemarkt. Bereits ein halbes Jahr vor der Veranstaltung haben sich 80 Aussteller für die Fachmesse angemeldet – 2009 waren es am Ende insgesamt 112. Aus diesem Grund hat die Messe Offenburg die erste Hallenaufplanung schon Ende August vorgenommen. Erstmals zur GeoTHERM 2010 wird sich das Bundesland Sachsen mit einer Gemeinschaftspräsentation „made in Saxony“ in der Baden-Arena darstellen. Die Teilnehmer des Gemeinschaftsstands wollen damit die Wirtschaftskraft Sachsens im Geothermiebereich aufzeigen. Die Messe ist am 25. Februar 2010 von 9.30 bis 18.00 Uhr sowie am 26. Februar 2010 von 10.00 bis 18.00 Uhr für Besucher geöffnet. Das GeoTHERM-Ticket berechtigt sowohl zum Kongress- als auch Fachmessebesuch und ist als 1-Tages-Ticket für 28,00 Euro und als 2-Tages-Ticket für 48,00 Euro erhältlich. Das Kongressprogramm sowie die Ausstellerunterlagen können unter www.geotherm-of❚ fenburg.de angefordert werden.