3.4 Ecstasy Kay Uwe Petersen, Eva Hoch, Rainer Thomasius 3.4.1 Substanzcharakteristik MDMA (3,4-Methylendioxymethamphetamin; „Ecstasy“) profitiert durch seine chemische Strukturverwandtschaft mit Amphetamin (α-Methylphenethylamin) einerseits und mit Phenethylaminhalluzinogenen (z. B. Meskalin, 3,4,5-Trimethoxyphenethylamin; s. auch ▶ Abb. 3.8) andererseits von den Wirkungsweisen beider Substanzgruppen, entfaltet aber darüber hinaus ein ganz eigenes Wirkungsspektrum, z. B. Glücksgefühle, friedliche Selbstakzeptanz, verbesserte Introspektionsfähigkeit und Einfühlungsvermögen sowie Minderung kommunikativer Hemmungen und Ängste [599]. Experimentelle Studien haben gezeigt, dass die pharmakologische Wirkung von MDMA die Akkuratesse der Wahrnehmung von Gefühlen anderer Menschen beeinträchtigt: Die Wahrnehmung von Furcht wird reduziert, „liebevoll“ und „freundlich“ werden dagegen überakzentuiert [70]. Im Gegensatz zum selbst berichteten Erleben der Konsumenten scheint Ecstasy daher zwar soziales Annäherungsverhalten zu begünstigen, die Empathiefähigkeit jedoch zu reduzieren. Wird Ecstasy angeboten, erwarten die Konsumenten MDMA-Tabletten (selten: -Kapseln). Diese tragen in der Regel eine Art Herstellerlogo, das den Eindruck professioneller Produktion erwecken soll. Dennoch sind die Inhaltsstoffe, sofern nicht die exakte Tablette getestet worden ist, letztlich unklar. Mit ähnlichen – und oft ähnlich falschen – Erwartungen wird auch MDMA-Pulver („Molly“ genannt) oder werden MDMA-Kristalle konsumiert. In Deutschland enthalten die Präparate zurzeit mit mehr als 90 % Wahrscheinlichkeit MDMA [604]. Die um das Jahr 2000 relativ verbreiteten alternativen Wirkstoffe MDA (3,4-Methylendioxyamphetamin), MDE (3,4-Methylendioxyethylamphetamin) und MBDB (N-Methylbenzodioxolbutanamin) mit vergleichbarer psychotroper Wirkung sind auf dem Drogenmarkt mittlerweile selten geworden; Näheres dazu s. im Kapitel zu den Psychostimulanzien (S. 181). Präparate mit anderen Inhaltsstoffen wurden vergleichsweise ebenso selten beschlagnahmt. Allerdings fallen sie zuweilen dadurch besonders auf, dass es durch sie zu Todesfällen kommt, wie zur Jahreswende 2014/2015 durch PMMA (Paramethoxymethamphetamin) in Ecstasy-Tabletten mit Superman-Logo [568]. Einige Jahre mit EcstasyTabletten, die weit überwiegend MDMA enthalten, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Vergangenheit Phasen mit deutlich höherer Verunreinigung oder gar häufiger unerwarteten Wirkstoffen auftraten und auch jederzeit wieder auftreten können [589]. Seit 2008 ist zusätzlich der Trend einer kontinuierlichen Zunahme des Wirkstoffgehalts an MDMA zu beobachten, und es wurden in jüngerer Zeit Tabletten mit sehr hohem MDMA-Gehalt beschlagnahmt (z. B. 243 mg MDMA) [604]. Zum Vergleich: Kolbrich u. Mitarb. [423] hielten eine Dosis von 1,0–1,6 mg MDMA/kg Körpergewicht für eine niedrige bis hohe gewöhnliche Konsumdosis der Szene. Die Zunahme an hohen Dosierungen erhöht das Risiko für Überdosierungen und unerwünschte Wirkungen. Vorsicht Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 3.4 Ecstasy G ● Publizierte und öffentlich diskutierte Studien mit MDMA als Medikament zur Unterstützung bestimmter psychotherapeutischer Interventionen verleiten zu dem Trugschluss, es gäbe eine für jeden Menschen sichere Konsumdosis von Ecstasy. Eine derartige Konsumdosis, die bereits wirksam, aber noch sicher ist, gibt es für Ecstasy jedoch nicht [589]. Internet-Seiten mit Tests von Ecstasy-Tabletten, interaktive sog. Pillen-Apps für das Smartphone oder Schnelltests auf MDMA oder andere testspezifische Substanzen, z. B. der „EZ-Test“, verschaffen letztlich nicht mehr als die Illusion von Kontrolle über die konsumierten Inhaltsstoffe und über die damit ausgelösten körperlichen Effekte. 3.4.2 Wirkungen und Nebenwirkungen Akutwirkungen Im Folgenden werden die Wirkungen des Konsums von MDMA beschrieben, dem zurzeit immer noch häufigsten und am besten erforschten Bestandteil von Ecstasy-Tabletten. Baylen u. Rosenberg [66] legten das bisher umfassendste Review zu Forschungsarbeiten über subjektive Effekte von Ecstasy-Konsum vor. In Studien werden am konsistentesten folgende körperlichen Akutwirkungen beschrieben: 153 Spezifische Substanzen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Übelkeit bzw. Erbrechen Bruxismus bzw. Zahnprobleme Kopfschmerzen Veränderungen der Körpertemperatur beschleunigter Puls Muskelschmerzen oder -verspannung Müdigkeit Schwindel trockener Mund und Durstgefühl erhöhte Energie Schwitzen und verschwitzte Handflächen Benommenheit Folgende emotionalen Akuteffekte sind verbreitet: Ängstlichkeit und Nervosität ● Depression ● Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Nähe ● Angst und/oder Paranoia ● Euphorie oder Hochstimmung ● Gefühle von Ruhe und Frieden ● Des Weiteren werden sexuelle Erregung bzw. erhöhte Sinnlichkeit, verwirrte Gedanken, eine Veränderung der visuellen Wahrnehmung, Schlaflosigkeit und verminderter Appetit beschrieben. Frauen scheinen die unerwünschten Effekte mit stärkerer Intensität zu erleben. Der Wirkungseintritt von MDMA beginnt etwa 30 min nach Einnahme; die Effekte halten etwa 4– 6 h an (Halbwertszeit: etwa 8 h) [599]. Ecstasy bewirkt eine verstärkte Ausschüttung und Wiederaufnahmehemmung des Serotonins und damit einerseits ein Überangebot an Serotonin, andererseits eine übermäßige Metabolisierung sowie eine Entleerung der Serotoninspeicher. Neben dieser Hauptwirkung erhöht Ecstasy die Ausschüttung von Dopamin, Noradrenalin, Acetylcholin und Histamin und setzt eine Reaktionskette von Wirkungen und Wechselwirkungen in Gang. Auf die Entleerung der Serotoninspeicher dürfte zurückzuführen sein, dass Konsumenten nach der akuten Intoxikation und teilweise noch für die folgenden 2–5 Tage über Postakuteffekte klagen, wie Erschöpfung, Kopfschmerzen, vermehrte Irritierbarkeit, Ängstlichkeit und traurige Verstimmung [781]. In der postakuten Erholungsphase erleben einige Menschen vermehrt Ärger und Aggressivität. Parrott [590] zitiert dazu den prägnanten Titel eines etwas älteren Review: “Hug drug or thug drug? Ecstasy use and aggressive behaviour”. 154 Merke H ● Abschließend ist anzumerken, dass die positiv erlebten Effekte von MDMA durch die Entwicklung einer chronischen Toleranz mit der Zeit deutlich abnehmen. Ecstasy sei eine in gewisser Weise einzigartige Droge, da die meisten Konsumenten mit dem Konsum irgendwann von selbst aufhören, weil sie durch Ecstasy keine oder kaum noch positive Effekte erzielen können, fasste Parrott zusammen [589]. Akute Komplikationen Physische Komplikationen Noch in der aufgeheizten Atmosphäre einer Tanzveranstaltung kann in seltenen Fällen eine durch Ecstasy induzierte Hyperthermie zu akuten lebensbedrohlichen Komplikationen führen (z. B. Bewusstseinsstörungen, Gerinnungsstörungen, Störungen von Leber- und Nierenfunktionen), die ohne und manchmal auch trotz intensivmedizinischer Hilfe zum Tode führen können. Eine Übersicht zur Ecstasy-induzierten Hyperthermie geben Grunau u. Mitarb. [305]. In diesem Zusammenhang ist auch Hyponatriämie (d. h. ein zu niedriger Natriumspiegel im Blut) zu erwähnen, die von durch intensiviertes Schwitzen bedingten Mineralstoffverlust bei gleichzeitiger exzessiver kompensatorischer Zufuhr von mineralstoffarmen Flüssigkeiten begünstigt wird. Sie ist eine weitere und ebenfalls seltene Ursache für Ecstasy-assoziierte Todesfälle. Van Dijken u. Mitarb. [806] untersuchten Blutproben von Personen mit per Urinkontrolle nachgewiesenem EcstasyKonsum auf einer niederländischen Tanzveranstaltung. Bei einem männlichen Probanden und bei mehr als ¼ der weiblichen Probanden mit EcstasyKonsum wurden milde Formen der Hyponatriämie nachgewiesen. Keiner der Personen fielen die damit zusammenhängenden körperlichen Symptome auf. Frauen weisen nicht nur ein deutlich erhöhtes Risiko für Hyponatriämie auf, sondern bei Ecstasyinduzierter Hyponatriämie auch ein erhöhtes Risiko für hyponatriämische Enzephalopathie, für bleibende Hirnschäden und Tod [555]. Parrott u. Mitarb. [589] nennen als Ursachen für in Fallberichten dokumentierte, Ecstasy-bezogene Todesfälle akutes Leberversagen, Herzstillstand, Krampfanfälle, Rhabdomyolyse und disseminierte intravasale Koagulopathie. Die genannten drama- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. ● 3.4 Ecstasy Psychische Komplikationen Als akute psychische Komplikationen werden ängstlich-dysphorische Reaktionen oder psychotische Rauschverläufe bzw. Flashbacks beschrieben [781]. Langzeiteffekte Aufgrund der Ergebnisse tierexperimenteller Studien galt MDMA lange Zeit als relativ selektiv serotonerg neurotoxisch; dabei wurden die Serotonintransporter der serotonergen Nervenendigungen als Hauptangriffspunkt angesehen. Neuere tierexperimentelle Studien weisen allerdings darauf hin, dass MDMA auch eine Vielzahl von Zellkörpern in anderen Bereichen des Gehirns schädigen kann. Insbesondere kann MDMA über neurotoxische Effekte auf Endothelzellen die Blut-HirnSchranke beeinträchtigen [857]. Parrott [589] fasste die Entwicklung der Forschung zu Langzeitauswirkungen des Ecstasy-Konsums auf das menschliche Gehirn (S. 197) eines Vierteljahrhunderts an neuropsychologischen Studien in einem umfassenden Review zusammen: Er sieht ein hohes Ausmaß an Evidenz für chronische Ecstasy-induzierte Defizite sowohl des retrospektiven als auch des prospektiven Gedächtnisses und sogar höherer kognitiver Funktionen. Die bildgebenden Befunde zum Nachweis von Ecstasy-induzierten neurotoxischen Läsionen sind auch ein Vierteljahrhundert nach den ersten tierexperimentellen Befunden noch widersprüchlich. Während Thomasius u. Mitarb. [782] in einer Langzeitstudie selbst an Intensivkonsumenten von Ecstasy Hinweise auf eine Reversibilität von möglichen Schädigungen fanden, schlossen DeWin u. Mitarb. [197] aus den Ergebnissen ihrer Langzeitstudie auf mögliche axonale Schäden der Konsumenten und vermuteten, dass selbst geringe Ecstasy-Dosen beim Menschen bereits neurotoxisch wirken könnten. Während Thomasius u. Mitarb. [782] sowie DeWin u. Mitarb. [197] über Befunde aus dem Striatum berichteten, wiesen die Studien mit bildgebender Diagnostik von Kish u. Mitarb. [417] Auffälligkeiten im zerebralen Kortex und gerade nicht im Striatum auf. Benningfield u. Cowan [73] bestätigten die Hinweise von Thomasius u. Mitarb. [782] auf mögliche Reversibilität, schränkten diese jedoch auf subkortikale Regionen ein. Für den Neokortex fände sich Evidenz für dauerhafte Schädigungen. 3.4.3 Epidemiologie Etwa 1:100 jungen Erwachsenen gibt an, im Jahr vor der Drogenaffinitätsstudie 2011 Ecstasy konsumiert zu haben [604]. In anderen Altersgruppen ist der Konsum geringer. Die Hauptrisikophase ür den Erstkonsum von Ecstasy liegt im Alter zwischen 16 und 23 Jahren [764]. Die Ergebnisse dieser Langzeitstudie legen nahe, dass es sich beim Ecstasy-Konsum um ein Übergangsphänomen der Jugend und des jungen Erwachsenseins handeln dürfte. Rund 67 % der Personen mit einer Missbrauchsdiagnose hatten in der Wiederholungsuntersuchung den Konsum beendet. Obwohl der Konsum anderer Drogen bei diesen Personen fortdauerte, schien auch dieser eher rückläufig zu sein. Zumindest wurde der Ecstasy-Konsum in der Regel nicht langfristig durch andere Drogen kompensiert. Die zunehmende Beliebtheit von Ecstasy in den 1990er-Jahren ist eng mit der damals wachsenden Techno-Musikszene verknüpft. Die Einnahme von Ecstasy führt zu reduzierter Wahrnehmung von Erschöpfung und Müdigkeit, und der Rausch unterstützt das Gefühl scheinbarer Verbundenheit mit der fremden tanzenden Menschenmasse. Vor dem Hintergrund der rauschinduzierten ungesteuerten Öffnung auch jenen Menschen gegenüber, denen man sich im nüchternen Zustand verschlossen gezeigt hätte, entstand der Begriff der „LoveDrug“. In einer Auswirkungsstudie [782] wurden zwischen 1998 und 2003 insgesamt 166 regelmäßige Ecstasy-Konsumenten in psychiatrischen Interviews untersucht. Während einige Substanzen die Ecstasy-Wirkung modulieren und wohl deshalb während der Wirkungsdauer des Ecstasy konsumiert werden (z. B. Alkohol zur Wirkungsverstärkung, Halluzinogene zur Intensivierung des nur schwach halluzinogenen Ecstasy-Effekts), werden andere (Cannabis, Nikotin) aufgrund von Gewohnheitsbildungen oder Abhängigkeit gleichzeitig konsumiert. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. tischen körperlichen Komplikationen und insbesondere die tödlichen Verläufe sind selten, doch problematisch bleibt, dass sie nicht einfach durch Überdosierungen oder Vorerkrankungen z. B. des Herz-Kreislauf-Systems zu erklären sind. Einige Menschen zeigen extreme physiologische Reaktionen auf geringe Dosen von MDMA; dies ist seit Jahrzehnten bekannt und nach wie vor nicht zufriedenstellend erklärbar oder gar vorauszusagen [589]. 155 Cannabis wird auch häufig dazu genutzt, um nach dem Konsumereignis wieder schlafen zu können. 3.4.4 Abhängigkeitsentwicklung Das DSM-5 ordnet schädlichen Ecstasy-Gebrauch bzw. Ecstasy-Abhängigkeit in der Kategorie „Other Hallucinogen Disorder“ ein und unterscheidet „mild“ (305.20) von „moderate“ oder „severe“ (304.50) [22]. Dort wird auch betont, dass für Ecstasy auch Entzugssyndrome berichtet worden sind, im Gegensatz zu den anderen Halluzinogenen dieser diagnostischen Kategorie. Ein Entzugssyndrom ist trotzdem für Ecstasy nach DSM-5 nicht kodierbar, da Entzugssyndrome für Halluzinogene generell nicht kodierbar sind. Im ICD-10System könnte Ecstasy-Abhängigkeit entsprechend unter „Psychische und Verhaltensstörungen durch Halluzinogene“ die Kodierung F16.2 erhalten. In der ICD [208] wird Ecstasy allerdings nicht explizit erwähnt, sodass es auch unter F15 „Psychische und Verhaltensstörungen durch andere Stimulanzien, einschließlich Koffein“ kodiert werden könnte. Die WHO, das United Nations Office on Drugs and Crime und selbst die Cochrane Drugs and Alcohol Group ordnen Ecstasy den Stimulanzien vom Amphetamintyp (sog. ATS) zu [322]. Dies spricht deutlich für die Einordnung von Ecstasy unter die F15-Kategorie. MDMA bewirkt eine erhöhte dopaminerge Aktivität im Belohnungssystem des Gehirns [170]. Damit zeigt Ecstasy auf der neurobiologischen Ebene Effekte, die denen abhängigkeitserzeugender Substanzen entsprechen. Auch auf der Verhaltensebene von Versuchstieren konnte der verstärkende Effekt der MDMA-Applikation gezeigt werden. Ecstasy wirkt als Verstärker sowohl in klassischen als auch in operanten Paradigmen. Selbstadministration konnte für Mäuse, Ratten und Primaten nachgewiesen werden. Allerdings scheint das Verstärkungspotenzial von Ecstasy geringer als das von z. B. Kokain oder Methamphetamin zu sein. So hielten größere Anteile der Versuchsratten die Selbstadministration selbst nach intensivem vorgeschaltetem Training nicht aufrecht. Tiermodelle des Entzugs deuten auf ein im Vergleich zu anderen Drogen weniger ausgeprägtes Entzugssyndrom hin. Wenige Humanstudien haben bisher Abhängigkeit unter Konsumenten von Ecstasy untersucht. Es wurde dabei konsistent die Entwicklung von Toleranz nachgewiesen. Entzugssymptome wer- 156 den ebenso übereinstimmend festgestellt, beruhen jedoch auf Selbstberichten. Es bleibt dabei unklar, ob es sich tatsächlich um Anzeichen der neuroadaptiven Prozesse innerhalb eines Entzugssyndroms handelt oder nicht vielmehr um die beschriebenen Postakuteffekte (S. 153) einer EcstasyIntoxikation. Insgesamt scheint die körperliche Symptomatik im Vergleich zur psychischen Symptomatik der Ecstasy-Abhängigkeit von untergeordneter Bedeutung zu sein. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine geringe Minderheit der Abhängigen (2 %) täglich oder beinahe täglich Ecstasy konsumiert, während sich der Rest auf den Konsum am Wochenende beschränkt. Dies ermöglicht es Abhängigen, die psychosozialen Konsequenzen ihres Missbrauchs über längere Zeit gering zu halten [170]. 3.4.5 Akuttherapie Merke H ● Zur Behandlung von akuten Intoxikationszuständen wird empfohlen, die Patienten ähnlich zu behandeln wie mit Halluzinogenen intoxikierte Personen [781]. Beruhigende psychologische Interventionen (Talking down) können dabei durch die streng zeitlich limitierte Gabe von Benzodiazepinen ergänzt werden. Bei starken „Nacheffekten“ des Ecstasy-Konsums („Kater“ mit Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Irritierbarkeit, Schlafstörungen, depressivängstlicher Verstimmung) kann es gelegentlich sinnvoll sein, Benzodiazepine einzusetzen. Die Ecstasy-induzierte Hyperthermie und Hyponatriämie erfordern eine intensivmedizinische Notfallbehandlung; diese kann an dieser Stelle nur erwähnt und nicht abgehandelt werden. Es sei jedoch auf ein systematisches Review [305] hingewiesen, das belegt, dass 21 von 26 Patienten bei Gabe von Dantrolen eine Ecstasy-bezogene Hyperthermie überlebten, dagegen nur 25 von 45 Patienten ohne diese Medikation. Dantrolen scheint gemäß diesen Ergebnissen ein sicheres Medikament zu sein, das die Überlebensrate erhöht und die Komplikationen vermindert, und dies insbesondere bei schweren (mindestens 40 °C) und bei extremen Fieberzuständen (mindestens 42 °C). Es ist allerdings anzumerken, dass sich das Review Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Spezifische Substanzen 3.4 Ecstasy 3.4.6 Postakuttherapie Cochrane-Analysen zur psychotherapeutischen Behandlung von Störungen durch Ecstasy sind bisher (Stand: Ende April 2015) noch nicht über die Planungsphase hinausgekommen [322]. Bei einem hohen Anteil der Personen, die sich wegen EcstasyMissbrauchs oder -Abhängigkeit in eine Behandlung begeben, sind weitere Störungen durch psychotrope Substanzen zu diagnostizieren. Aus diesem Grunde und weil kontrollierte Studien zur Behandlung von Ecstasy-bezogenen Störungen zu selten sind, um daraus spezifische evidenzbasierte Behandlungsleitlinien ableiten zu können, muss auf die Postakutbehandlung in den Kapiteln zu Kokain (S. 180), Psychostimulanzien (S. 196) bzw. polyvalentem Konsum (S. 226) verwiesen werden. In der vorliegenden Behandlungsleitlinie zu den Störungen durch Ecstasy finden sich Hinweise für die pharmakologische Postakutbehandlung [781]. Bei protrahierten induzierten Angststörungen oder depressiven Störungen sind in Abhängigkeit vom klinischen Zielsyndrom Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und vorübergehend zusätzlich sedierende Neuroleptika oder Antidepressiva indiziert. Bei Therapieresistenz kommen auch befristet Benzodiazepine infrage. Bei protrahierten psychotischen Zustandsbildern sollten ebenfalls vorübergehend Benzodiazepine eingesetzt werden. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. aufgrund der Seltenheit der Erkrankung auf die Auswertung von Fallberichten beschränken muss. Abgesehen von den genannten Aspekten folgt die Akutbehandlung von Ecstasy-Missbrauch und -Abhängigkeit den gleichen Zielen, die auch bei Cannabis oder anderen Substanzen anzusetzen sind [781]: ● medizinische, psychologisch-psychiatrische und psychosoziale Diagnostik ● Behandlung von Entzugssymptomen ● Behandlung von Begleiterkrankungen und medizinischen Notfällen ● Förderung von Einsicht in die Problematik des Substanzkonsums ● Motivierung von Inanspruchnahme einer Abstinenztherapie (einschließlich Vermittlungshilfe) ● Förderung von kurz-, mittel- und langfristigen Lebensperspektiven 157