Vortrag der Novemberreihe vom 28. November 2007 in Stuttgart Referenten: Bolle Tham, Martin Videgård Hansson, Tham & Videgård Hansson arkitekter, Stockholm Pragmatisch und ökonomisch Schon kurz nach ihrem Universitätsabschluss gründeten Bolle Tham und Martin Videgård Hansson 1999 ihr eigenes Architekturbüro in Stockholm. „Die Architekturszene in Schweden schien uns damals langweilig, daher entschieden wir uns, es mit einem eigenen Büro zu versuchen. Und die Nachfrage nach Neuem war groß.” erklärt Bolle Tham. Im Kontrastprogramm zu der damals eher trägen Architekturszene sehen die beiden den Grund für ihren schnellen Erfolg. Inzwischen arbeiten sie mit zehn Mitarbeitern in den Bereichen Architektur, Produktdesign, Inneneinrichtung und Ausstellungskonzeption. Ihre Entwürfe beschreiben Tham und Videgård Hansson als pragmatisch und ökonomisch. Dabei treibt sie der eigene Ehrgeiz zu einem ungewöhnlichen Erfindungsreichtum in der Detailplanung. Die hohe Qualität zeigte sich bereits bei ihrem ersten Projekt, einem mobilen Imbissstand. Für einen der meist frequentierten Plätze mitten in der Stockholmer City entwarfen Tham & Videgård Hansson eine verzerrte Box aus Stahl, Aluminium und Glas. Dabei verzichteten die Schweden fast vollständig auf den rechten Winkel und waren daher auch gezwungen, die Einbauten für den Stand selbst zu entwickeln. Ein effektives Spiel von Transluzenz und Transparenz in der gelochten Fassade verleiht dem ursprünglich schlichten Kasten seine besondere Note. Der Kubus belebt den Platz bei Nacht als kunstvolle Lichtquelle. Zu ihren bekanntesten Projekten zählt der Büroausbau für das finnische DesignLabel „Snowcrash”. In einer alten Industriehalle südlich des Stockholmer Zentrums sollten neben neuen Büroräumen auch ein Showroom sowie eine Gästewohnung entstehen. Für Planung und Realisierung hatten die Architekten lediglich 101 Tage Zeit. Die Arbeitsplätze liegen entlang der Längsseiten der 28 x 42 Meter großen Halle. Deren Zentrum wird hingegen von einer Glaswand dominiert, die sich in Zickzacklinien durch den Raum windet. Dahinter befinden sich Besprechungsräume, eine Werkstatt und Nebenräume. Die endgültige Anordnung der einzelnen Wandmodule wurde erst auf der Baustelle festgelegt, um möglichst flexibel auf die Raumsituation eingehen zu können. Die Glaswand ist mit einem Punktraster bedruckt, der spiegelnde Boden lenkt Sonnenlicht weit in den relativ tiefen Raum. Je nach Tagesverlauf und damit veränderten Lichtverhältnissen variieren Ein- und Ausblicke innerhalb der Halle und schaffen ein kreatives Arbeitsumfeld. Bekannt wurden Tham & Videgård Hansson auch mit ihren individuell gestalteten Wohnhäusern, die sie stets sensibel in die bestehende Umgebung einfügen. Mit dem „Archipelago House“ errichtete das Duo in den Schären vor Stockholm eine moderne Version des traditionellen schwedischen Sommerhauses. Um den Bewohnern sowohl die Aussicht aufs Meer (Richtung Osten) als auch bestmögliche Sonneneinstrahlung (aus Richtung Süden) zu bieten, entwickelten die Architekten einen Grundriss aus drei diagonal versetzten Rechtecken, die von der davor liegenden Terrasse zu einem Parallelogramm ergänzt werden. Die schwarz gebeizte Holzfassade schützt den Freibereich vor starken Winden und unerwünschten Einblicken. Mit dem neuen Kunstmuseum im südschwedischen Kalmar zeigen Tham & Videgård Hansson derzeit auch im Museumsbau ihr Können. Das Gebäude, Ergebnis eines internationalen Wettbewerbs, entsteht in einem zentral gelegenen Park in Sichtweite des Renaissanceschlosses. Ein verglaster Eingangsbereich verbindet das Museum, das benachbarte Restaurant aus den 30er-Jahren und den Park miteinander. In der Wettbewerbsauslobung war eigentlich ein zweigeschossiger Bau gefordert, doch Tham & Videgård Hansson entschieden sich für ein kompaktes und höheres Gebäude, das wuchtig zwischen den Bäumen im Park emporragt. Die Innenräume sind teilweise in Sichtbeton gehalten, teils weiß gestrichen und werden allein durch die ausgestellten Kunstwerke belebt. Die schwarz gebeizte Holzfassade hingegen zieht die Aufmerksamkeit auf sich: Sie besteht aus diagonalen, einander schuppenartig überlappenden Sperrholzplatten, die von Pfosten aus Massivholz gehalten werden. Dahinter verbirgt sich eine tragende Außenwand aus Sichtbeton.