Predigt - Stunde des Höchsten

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Stunde des Höchsten
Gottesdienst vom Sonntag, 9. Mai 2010
Thema: Lebendiges Wasser
Predigt
Sie hat Angst vor den Menschen. Traut sich nur noch in der Mittagshitze aus dem Haus. Da
wo sonst kein Mensch auf der Straße ist. Diese Frau geht wie jeden Tag um 12 Uhr mittags
den Weg aus der Stadt raus zum Brunnen. Obwohl es in der Stadt auch Wasser gäbe, läuft
sie kilometerweit – nur um Wasser zu holen. Damit sie nicht gesehen wird. Denn wer sie
kennt, weiß um sie. Jeder rümpft die Nase vor ihr. Nein, mit so einer will man nichts zu tun
haben! Sie hat Angst vor denen, die sie so gnadenlos verurteilen. Und bevor es anfängt,
kühler zu werden, ist sie schon wieder in ihren eigenen vier Wänden. Weiß nicht, mit wem
sie reden soll. Weiß nicht, wie sie die Zeit totschlagen soll. Aber Träume in ihr! Unendlich
viele Träume. Raus aus der Einsamkeit. Wieder ins Leben zurück. Träume von heiler Welt.
Mit den Jahren sieht sie auch ihre Träume zerrinnen, verfliegen, zerplatzen. Nur heute, wo
sie wieder Wasser holen will, wieder in der heißesten Zeit, wieder von ja niemandem gesehen werden wollte, heute ist alles völlig anders. Plötzlich eine Wende. Alles in ihrem Leben
scheint radikal verändert! Im Johannesevangelium heißt es:
„Die Frau ließ ihren Krug am Brunnen vor der Stadt stehen und ging in die Stadt und spricht
zu den Leuten. „Kommt“, sagt sie völlig außer Atem, „seht einen Menschen dort am Brunnen,
der mir alles gesagt hat, was ich getan habe. Und seht, ob er nicht der Christus ist.“ (...) Es
glaubten aber an ihn viele der Samariter aus dieser Stadt um der Rede der Frau willen, die
bezeugte: Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.“ (Joh 4,28-29 +39)
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Pfarrer Heiko Bräuning
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Und ich stell mir vor, wie die Frau vier Wochen nach dieser Begegnung mit Jesus nur noch
ein Lied auf den Lippen hat:
Lied: Niemand hat mein Leben so verändert!
Refrain: Niemand hat mein Leben so verändert wie du.
Keiner macht aus altem neues Leben wie du.
Niemand pflügt auf meinem Lebensboden wie du,
keiner sät und erntet solche Früchte wie du.
1)
Ich hab geglaubt ich komm hier nie mehr raus,
es sah nach einem Teufelskreislauf aus.
Ich hab gedacht ich hab mich so verrannt,
und ein Fluchtweg war mir völlig unbekannt.
Dann hast Du Dich in den Weg gestellt,
alles stand nun Kopf in meiner Welt.
Neue Perspektiven waren endlich da.
Refrain: Niemand hat mein Leben so verändert wie du.
Keiner macht aus altem neues Leben wie du.
Niemand pflügt auf meinem Lebensboden wie du,
keiner sät und erntet solche Früchte wie du.
Aber langsam und der Reihe nach. Was genau war eigentlich passiert?
„Jesus musste an diesem Tag durch Samarien reisen. Da kam er in eine Stadt Samariens,
die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem Sohn Josef gab. Es war aber dort
Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder;
es war um die sechste Stunde. Da kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen.
Jesus spricht zu ihr: Gib mir zu trinken! Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich um etwas zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die
Juden haben keine Gemeinschaft mit den Samaritanern.“ (Joh. 4, 4-7)
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Pfarrer Heiko Bräuning
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Jesus und die Samariterin hätten nichts miteinander zu tun haben dürfen. 400 Jahre alt war
der Streit zwischen Juden und Samaritanern. Die gingen sich strikt aus dem Weg. Keiner
wollte mit dem anderen etwas zu tun haben. Jesus spricht die Frau an. Obwohl ein Rabbi
damals Frauen in der Öffentlichkeit nicht ansprechen durfte. Ein Rabbi durfte nicht einmal mit
seiner eigenen Frau oder Tochter in der Öffentlichkeit sprechen. Es gab Pharisäer, die hießen „blutende, wundgestoßene Pharisäer“. Die verschlossen die Augen, wenn sie auf der
Straße eine Frau sahen. Infolgedessen liefen sie gegen Mauern und Hauswände und wurden aufgrund ihrer Verletzungen so genannt. Ein Rabbi, der eine Frau ansprach und dabei
erwischt wurde, machte sich unglaubwürdig. Anders bei Jesus: Die Liebe Gottes treibt ihn
dazu, diese Frau anzusprechen! Schranken tun sich auf, Barrieren werden überwunden,
Grenzen werden überschritten, Mauern fallen. Eigentlich hätte die Frau weglaufen müssen.
Denn sie wollte ja niemandem begegnen und erst recht nicht einem Rabbi. Aber in der Gegenwart Jesus spürt sie, dass ihre ständige Flucht zu Ende ist. Bei Christus spürt sie zum
ersten mal Liebe, die nie abwertet, nie verletzt, nie verunsichert, nie den letzten Nerv raubt,
sich nie von Zynismus und Hass bestimmen lässt. Dafür Liebe, die bedingungslos, vorbehaltlos wertschätzt, auch wenn nichts mehr liebenswert ist. Martin Luther: Gottes Liebe sucht
nicht das Liebenswerte, sondern sie schafft es.
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Pfarrer Heiko Bräuning
Seite 3
Und ich stell mir vor, wie auch die Frau am Brunnen – nachdem sie Jesu Liebe erfahren hat
– mit dieser Erfahrung etwas anfangen kann:
Lied: Deine Liebe trägt mich
Refrain: Deine Liebe trägt mich
in guten wie in schlechten Zeiten.
Auch auf schweren Wegen weiß ich,
Du willst mich allezeit begleiten.
Deine Liebe meint es einfach gut mit mir.
Du bist unvergleichlich freundlich zu mir.
1)
Ich darf mich fallenlassen ganz getrost in deine Arme,
Ich darf es wissen: Herr zum Helfen sind sie nie zu kurz.
Es soll mir gut gehn, einfach gut in deiner Nähe!
Keiner außer dir denkt so freundlich über mich.
Refrain: Deine Liebe trägt mich
in guten wie in schlechten Zeiten.
Auch auf schweren Wegen weiß ich,
Du willst mich allezeit begleiten.
Deine Liebe meint es einfach gut mit mir.
Du bist unvergleichlich freundlich zu mir.
„Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wenn du erkennen würdest die Gabe Gottes und wer
der ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken! Du bätest ihn, und er gäbe dir lebendiges Wasser.
Spricht zu ihm die Frau: Herr, du hast doch nichts, womit du schöpfen kannst. Und der Brunnen ist tief. Woher hast du dann lebendiges Wasser? Bist du mehr als unser Vater Jakob?“
(Joh. 4, 10-12)
Wenn wir erkennen würden! Wenn wir begreifen würden, was er geben will! Aber meistens
machen und halten wir den Christus für sehr klein und hinterfragen ihn zweifelnd und misstrauisch: „Du? Wer bist du denn? Du hast doch gar nichts. Wer bist du denn?“ Jesus sagt:
„Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nie wieder dürsten.“ Wenn
Menschen damals im Orient von Durst sprachen, dann meinten sie häufig bildlich den Durst
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Pfarrer Heiko Bräuning
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der Seele. Durst der Seele ist die Sehnsucht, einen Sinn im Leben und Antworten auf die
Fragen zu haben: Wer bin ich? Was kann ich? Wozu lebe ich eigentlich? Und warum lebe
ich eigentlich nicht richtig? Wer liebt mich abgrundtief? Dieser Durst nach Leben, so dachten
die Menschen, wird im Gegensatz zu normalem frischem, durstlöschendem Wasser von „lebendigem Wasser“ gelöscht. Den Durstlöscher der Seele nach Sinn und Ziel haben Menschen seit eh und je außerhalb von sich gesucht. Die Bibel bezeugt: „Der Herr ist die Quelle
des lebendigen Wassers.“ (Jer. 17,13) „Bei dir ist die Quelle des Lebens.“ (Ps 36,10). Nur bei
Gott gibt es Wasser für den Durst der Seele. Gott gibt dieses lebendige Wasser in Jesus.
Und er lädt ein: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser!“ (Jes 55,1)
Lied: Was du mir gibst
Refrain: Was du mir gibst, kann mir sonst keiner geben.
Die besten Gaben kommen Herr von Dir.
Du gibst aus deiner Fülle für mich Leben.
Ich geb Dir dafür alles von mir.
1)
Für den Hunger gibst du Brot,
frisches Wasser gegen den Durst.
Wenn die Seele tief in mir vor Mangel schreit.
Wie ein Vater sorgst du Dich,
mit so viel Liebe um mich
und dass, was ich wirklich nötig habe hast du für mich.
Refrain: Was du mir gibst, kann mir sonst keiner geben.
Die besten Gaben kommen Herr von Dir.
Du gibst aus deiner Fülle für mich Leben.
Ich geb Dir dafür alles von mir.
2)
Bin ich ruhelos gehetzt
schaffst du Frieden tief in mir.
Wenn der Stress die Seele pausenlos jagt.4
Nagen Zweifel an Gedanken,
gibst du mir die Sicherheit,
dass sich mein Vertrauen in dich wirklich lohnt.
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Pfarrer Heiko Bräuning
Seite 5
Refrain: Was du mir gibst, kann mir sonst keiner geben.
Die besten Gaben kommen Herr von Dir.
Du gibst aus deiner Fülle für mich Leben.
Ich geb Dir dafür alles von mir.
„Spricht die Frau zu ihm: Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht
herkommen muss, um zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Geh hin, ruf deinen Mann und
komm wieder her! Die Frau antwortete und sprach zu ihm: Ich habe keinen Mann. Da antwortete Jesus ihr: Du hast recht geantwortet: Ich habe keinen Mann. Fünf Männer hast du
gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann; dass hast du recht gesagt! Die Frau
spricht zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist.“ (Joh. 4, 15-19)
Die Geschichte ist spannender als jeder Liebes-Film: Jesus spricht eine fremde Frau nach
Wasser an. Wenn im Alten Orient ein Mann flirten wollte, musste er eine Frau auf Wasser
ansprechen! Die Frau versteht das natürlich! Und sie zwinkert Jesus zu: Du ich habe keinen
Mann! Aber darauf will Jesus nicht hinaus. Jesus will doch keine kurzfristige Liebe geben.
Jesus will etwas geben, von dem wir unser ganzes Leben lang genug haben. „Genug haben“
meint das hebräische Wort „shalom“. Wir übersetzen es mit „Frieden“. Jesus möchte, dass
wir genug haben zum Leben und nicht ständig und überall das Gefühl haben: Ich habe Mangel, ich bin zu kurz gekommen. Mit mir hat es das Schicksal schlecht gemeint.
Aber wie soll Jesus zufrieden machen, wenn wir beherrscht sind vom alten Denken, beherrscht sind von Schuld, die sich im Lauf des Lebens ansammelt. Beherrscht sind von all
dem, was uns nicht gelungen ist, was Niederlagen sind und worin wir auch an uns selbst, an
anderen und an Gott schuldig geblieben sind.
Jesus weiß um all das und bittet die Frau deshalb: „Bring deinen Mann her!“ Bring all das
Scheitern, bring das Versagen, bring das, wo du etwas schuldig geblieben bist: bring es her
zu mir. Bring alles her, für was du dich zutiefst schämst und dich selbst verachtest. Weshalb
du dich nicht mehr unter die Leute und auf die Straße traust.
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Pfarrer Heiko Bräuning
Seite 6
Zugegeben: All diese Dinge lösen sich nicht deshalb in Luft auf, weil man sie Christus anvertraut. Aber ich erfahre bei Christus eine Wertschätzung, eine Anerkennung, gerade und trotz
allem. Ich erfahre nicht Verurteilung. Ich erfahre, dass ich trotz allem noch etwas wert bin.
Lied: Bei dir komme ich zur Ruhe
Refrain: Bei dir komme ich zur Ruhe, bei dir ruhe ich mich aus.
Bei dir finde ich den Frieden, den die Seele braucht.
Bei dir legen sich die Wellen und der Sturm wird still.
Bei dir komme ich nach Hause und zum Ziel.
Bei dir komme ich nach Hause und zum Ziel.
1)
Soviel was mich beschwert, soviel Ballast.
Soviel was mich so müde macht.
Soviel was den Verstand so fest umschlingt.
Soviel was mich vom Ziel abbringt.
Ich bringe alles her zu dir.
Ich gebe alles ab von mir.
Lege alles hin zu dir
Refrain: Bei dir komme ich zur Ruhe, bei dir ruhe ich mich aus.
Bei dir finde ich den Frieden, den die Seele braucht.
Bei dir legen sich die Wellen und der Sturm wird still.
Bei dir komme ich nach Hause und zum Ziel.
Bei dir komme ich nach Hause und zum Ziel.
Das hat mich am meisten bewegt an dieser Geschichte. „Da ließ die Frau ihren Krug stehen
und ging in die Stadt und spricht zu den Leuten (...)!“ Nach dieser Begegnung mit Jesus war
die Frau so verändert, das sie sogar ihre Menschenangst überwunden hat. Ihre Scheu. Ihre
Abscheu vor sich selber. Sie hat wieder Selbstvertrauen gefunden. Ist unter die Menschen
gegangen. Sie hatte wieder eine Perspektive. Sie hatte wieder Leben vor sich.
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Pfarrer Heiko Bräuning
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Lied: Geh auf deinem Weg getrost und ohne Sorgen
Refrain: Geh auf deinem Weg getrost und ohne Sorgen,
geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran.
Geh an seiner Hand du bist bei ihm geborgen,
geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran.
Geh mit Gottes Segen voran!
1)
Er kennt deinen Weg, und er kennt auch dein Morgen,
er wird einzigartig täglich für dich sorgen.
Er kennt deine Grenzen, und er wird dich tragen
Auch wenn du und deine Kräfte auf dem Weg versagen.
Refrain: Geh auf deinem Weg getrost und ohne Sorgen,
geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran.
Geh an seiner Hand du bist bei ihm geborgen,
geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran.
Geh mit Gottes Segen voran!
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