Tanken während der Fahrt

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Innovation
Tanken während der Fahrt
Erst einmal gegen eine Säule fahren, damit sich
der Wagen betanken lässt? Genau das ist bei einer neuen Ladesäule notwendig. Es handelt sich
um die erste marktreife Ladesäule, die das induktive Laden beim Elektroauto ermöglicht. Das
Andocken mit dem Nummernschild an die Ladesäule löst den Ladevorgang aus: Die Ladesäule
baut ein kräftiges Magnetfeld auf. Das wiederum
wird durch eine sogenannte Ladeplatte hinter
dem Nummernschild in elektrische Energie umgewandelt und in der Batterie gespeichert. „Wir
haben uns gefragt, was Autofahrer am meisten
nervt: das Tanken“, erklärt Sirri Karabag, Entwickler der neuen Säule. Viele hantieren ungern
mit den Kabeln und haben sogar Angst vor dem
Starkstrom beim Ladevorgang.
Eine Angst, die laut Karabag viele im heimischen
Badezimmer aber nicht haben, wenn sie zur
Elektrozahnbürste greifen. „Das müsste doch
auch für das E-Auto möglich sein“, überlegte der
Tüftler. Zusammen mit den Unternehmen Paul
Vahle und Finepower brachte der Hamburger
Elektroauto-Hersteller die Säule zur Marktreife
und hat sogar schon erste Kunden. Auf dem Airbus-Gelände fahren bereits 26 E-Fiat 500 herum
und beziehen ihre Energie aus seiner induktiven
Ladesäule.
„Das induktive Laden hat großes Potenzial“, ist
sich Lennart Stegland, Vice President Electric
Propulsion Systems bei der Volvo Car Group,
sicher. „Die kabellose Technik ermöglicht den
Energietransfer auf komfortable, effektive und
sichere Weise.“ In der Tat kennt fast jeder das
induktive Laden von der elektrischen Zahnbürste aus dem Badezimmer. Die Energie wird dabei
nicht über ein Kabel übertragen, sondern über
ein elektromagnetisches Feld. Die Ladestation
erzeugt via Induktionsspule ein elektromagnetisches Wechselfeld. Diese Leistung empfängt
eine zweite Induktionsspule, die sich im Gegenstück, also in der Zahnbürste oder im Auto, be-
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Flottenmanagement 3/2014
Quelle: Karabag
Noch ist die Zahl an
Elektroautos verschwindend gering. Zu teuer,
zu wenig Auswahl und
langwieriges Laden hält
Käufer davon ab. Die Industrie arbeitet aber fieberhaft daran, Preise zu
senken und den Ladevorgang möglichst einfach
und bequem zu gestalten. Das induktive Laden
ist daher ein wichtiges
Forschungsfeld für die
elektrische Mobilität. Ein
Blick auf den aktuellen
Forschungsstand.
findet und dort die elektrische Energie zurückverwandeln kann, mit dem sie wiederum die Batterie lädt. „Wir sind davon überzeugt, dass diese
Form des Aufladens die Akzeptanz von Elektroautos beim Kunden erhöhen kann“, meint nicht
nur Volvo-Experte Lennart Stegland.
Noch steht das induktive Laden bei den Elektroautos ganz am Anfang. Elektro-Pionier Karabag
ist der Erste mit einer marktreifen Lösung. Derzeit kostet die Ladesäule noch rund 5.000 Euro.
Sirri Karabag hofft, dass bei einer Serienproduktion der Preis auf 2.000 Euro fällt. Außerdem hat
er einen Nachrüst-Kit entwickelt, dass sich in jedes E-Mobil integrieren lässt. 2.500 Euro kostet
der Kit, der bei entsprechender Serienproduktion auf 300 Euro sinken könnte. Sein Credo: Steht
keine induktive Ladesäule parat, kann man das
Fahrzeug immer noch klassisch per Kabel aufladen.
Gerade die Ladesäule von Karabag zeigt aber,
dass induktives Laden nicht ganz so einfach
ist. Das liegt an zwei Grundbedingungen, die
beim induktiven Laden gegeben sein müssen:
der Abstand und die Position der beiden Spulen.
Theoretisch kann eine energieabgebende Spule
flächenbündig in einen Parkplatz integriert werden. Das E-Auto fährt drüber, die Übertragung
kann beginnen, ganz ohne Kabel und lästiges
Stecken. Freiräume von zehn Zentimetern und
mehr zwischen den beiden Spulen sind derzeit
machbar und völlig problemlos. Und die Übertragung funktioniert auch unabhängig von den
Witterungsbedingungen, egal ob Eis, Schnee
oder Nässe vorhanden sind.
Bleibt nur die Frage, ob der Fahrer sein Fahrzeug
tatsächlich jedes Mal ladeoptimal auf dem Parkplatz positioniert. Weil das nicht garantiert und
erwartet werden kann, gibt es technische Hilfe:
Mit einer sogenannten Kondensatorbank wird
die Induktivitätsänderung nachgeregelt, sodass
die optimale Leistungsübertragung erhalten
bleibt.
Tatsächlich ist der Spulenabstand, also der Luftspalt, weniger problematisch als die Position in
lateraler und transversaler Richtung. Auch bei
diesem seitlichen Versatz kann eine Kondensatorbank helfen. „Für den Spulenabstand gilt,
dass die magnetische Kopplung umso besser ist,
je geringer das Verhältnis von Luftspalt zu Spulendurchmesser ist“, erklärt der Bundesverband
eMobilität e.V. „Neben dem Energieübertragungs-Wirkungsgrad ist für die Systemauslegung
vor allem die über den Luftspalt übertragbare
Leistung relevant – und diese nimmt bei wachsendem Abstand wesentlich schneller ab als der
Wirkungsgrad.“ Bleibt alles stabil in seiner Position, ist ein Wirkungsgrad von 96 Prozent bei
der berührungslosen Energieübertragung drin.
Abweichungen im Zentimeterbereich sind zwar
kein Problem, wird es mehr, schnellen die Verluste in die Höhe.
Weil es keine mechanischen Verbindungen gibt,
lässt sich die Ladung natürlich auch dynamisch
durchführen – und die Geschwindigkeit hat keinen Einfluss auf die Übertragung. Damit könnte
der Traum vom Laden beim Fahren wahr werden.
Genau hier kommen aber die Grundbedingungen
Abstand und Position ins Spiel und machen die
Ladung während des Fahrens zu einem immens
aufwendigen Verfahren. Helfen würde zum Beispiel eine automatische Spurführung des Fahrzeugs. Denkbar wäre es, dass ein in die Straße
verlegtes Primärkabel über eine automatische
Suche der besten Energiedichte als Referenz
genutzt wird. Aber: Erstens müssten die Kabel
entsprechende Lasten vertragen können, wenn
schwere Lkw drüberfahren. Zweitens lassen sich
integrierte oder gar vergrabene Kabel schwer
warten. Und drittens gibt es noch die Elektromagnetische Verträglichkeit, kurz EMV. Gibt es
keinen Empfänger der Strahlung durch ein Fahr-
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Trotz dieser Probleme gibt erste Feldversuche.
Etwa in der englischen Stadt Milton Keynes.
Dort führt der Hersteller Wrightbus zusammen
mit dem Linienbetreiber Arriva, der Universität
Cambridge und weiteren Partnern einen fünfjährigen Feldversuch mit acht E-Bussen durch.
Der Test soll belegen, dass E-Busse genauso
leistungsfähig wie benzinbetriebene sind. 17
Stunden an sieben Tagen sind die Busse auf einer
besonders anspruchsvollen Strecke unterwegs,
geladen werden die Busse induktiv über Platten,
die in der Straße eingelassen sind. Die Organisatoren gehen davon aus, dass eine zehnminütige
Pause reicht, um zwei Drittel der Ladekapazität
nach der 24 Kilometer langen Tour auf einer der
beiden Ladestationen wieder aufzuladen. Auch
im niederländischen ’s-Hertogenbosch fährt ein
Elektrobus täglich bis zu 18 Stunden auf einer
Strecke und lädt sich in den Pausen induktiv auf.
Hinter den speziellen Ladestationen steht das
deutsch-französische Unternehmen ConductixWampfler.
In Deutschland erforscht das Projekt BIPoLplus
seit Anfang 2013 das induktive Laden im Raum
Stuttgart. BIPoLplus – berührungsloses, induktives und positionstolerantes Laden. Partner
sind die Daimler AG (Projektleitung), Robert
Bosch GmbH, Conductix-Wampfler GmbH, EnBW
Energie Baden-Württemberg AG, Porsche AG
sowie die Forschungseinrichtungen DLR – Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, KIT –
Um den kabellosen Energietransport zu gewährleisten, wird eine Aufladeplatte im Boden – beispielsweise in der Garagenauffahrt des Fahrzeugeigentümers – versenkt. Wichtigster Bestandteil der Aufladeplatte ist eine Spule, die ein
magnetisches Feld generiert. Zum Aufladen des Akkus muss das Fahrzeug über der Platte geparkt werden, damit der
Induktionsabnehmer die Energie aus der Platte in das Fahrzeug übertragen kann. Der Energietransport verläuft kontaktlos. Ein Konverter im Fahrzeug wandelt den Wechselstrom in Gleichstrom um und speist damit die Fahrzeugbatterie. Der Akku, der im Volvo C30 Electric zum Einsatz kommt, kann mit maximal 24 kWh aufgeladen werden.
Quelle: Volvo
zeug, strahlt das Primärkabel frei ab – und das
löst bei Menschen gesundheitliche Risiken aus.
Karlsruher Institut für Technologie und die Universität Stuttgart.
In Japan will Toyota das induktive Laden jetzt unter Alltagsbedingungen testen. Auch in London
soll in einem Feldversuch das induktive Laden auf
Parkflächen geprüft werden. Geplant war der Start
mit 50 Autos schon Anfang 2012, hatte der Chiphersteller Qualcomm angekündigt. Mittlerweile
sitzt unter anderem auch Renault mit im Boot und
will seinen Fluence Z.E. beisteuern. 50 Exemplare
sollen künftig als E-Taxi unterwegs sein.
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