E-Mobilität - Mit dem Strom fließen die Daten

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np FACHTHEMA
E-Mobilität
E-Mobile, Lade-Infrastruktur, Energie-Management
Mit dem Strom fließen die Daten
Die Elektro-Mobilität steht erst am Anfang
ihrer Entwicklung. Doch ist bereits absehbar, dass Lastspitzen bei Ladevorgängen
die Energieversorger und die Betreiber der
Lade-Infrastruktur herausfordern werden.
Eine modulare Steuerung in der Ladesäule
und eine umfassende Integration der LadeInfrastruktur in ein Datenbankbasiertes
Energie-Management-System zeigen
Lösungswege auf.
Das Netz stabil halten, die Bezugskosten minimieren, regenerative Energien effizient nutzen – vor
diesen Aufgaben stehen einige potenzielle Erstanwender: Betreiber
von Fahrzeugflotten sowie Unternehmen mit einer Lademöglichkeit
für Berufspendler. Vorhersehbare
und begrenzte tägliche Fahrstrecken
sowie definierte Stellplätze sind
gute Voraussetzungen für die Einführung von E-Mobilen. Demge-
Die Ladesäulen für die E-Mobile
müssen mit der IT-Welt des Infrastruktur-Betreibers kommunizieren
Bild 1: Topologie einer Lade-Station für die Aufladung in Lademodus 3 – angelehnt an
aktuelle Normenentwürfe
genüber steht das Szenario einer zu
hohen Spitzenlast als Folge unkontrollierter Aufladung. Die aufkommende Spitzenlast wird mit Hilfe
eines intelligenten Energie-Managements vermieden. Dazu muss die
Lade-Infrastruktur in das IT- und
Energie-Management-System des
Betreibers eingebunden werden.
Kompaktsteuerungen für die
Lade-Infrastruktur
Dipl.-Ing. Thorsten Temme (links). Technology Management/
Corporate Technology, Phoenix Contact GmbH & Co. KG,
Blomberg
Dipl.-Ing. Frank Knafla, Senior Specialist Energy Efficiency,
Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont
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Lade-Infrastrukturen werden derzeit vornehmlich als kundenspezifische Varianten in Pilotprojekten
installiert – mit kleinen und mittle-
ren Stückzahlen an Ladesäulen. Eine Komponenten-basierte Lösung
kann flexibel auf jene Anforderungen ausgerichtet werden, die sich
aus dem Geschäftsmodell des Betreibers ergeben. Die hier beschriebene Lösung sieht eine Steckvorrichtung nach IEC 61196-2, Typ 2,
vor und ermöglicht eine Aufladung
im Lademodus 3 nach IEC 61851.
Dabei wird der maximale vom Netz
oder vom Betreiber gelieferte Ladestrom über einen Control-PilotHilfsstromkreis mit einem pulsweitenmodulierten (PWM) Signal an
das Fahrzeug übermittelt. Auf dieser Basis erfolgt das Energie-Management (Bild 1).
Zentrale Komponente in der Ladesäule ist eine Kompaktsteuerung
vom Typ ILC von Phoenix Contact
(Bild 2). Die Steuerung identifiziert
Fahrer oder Fahrzeug, und steuert
den »Handshake« zwischen Fahrzeug und Lade-Infrastruktur. Sie
schaltet den Ladevorgang frei,
überwacht ihn und beendet ihn definiert. Außerdem übermittelt sie
eventuelle Alarm- und Störmeldungen. Dazu wird die Steuerung
modular erweitert – etwa um
• analoge und digitale Ein- und Ausgabeklemmen für Status- und
Fehlersignale wie TemperaturÜberwachung, Interlocks und
Zählerimpulse,
Bild 2: Das Herz der Ladestation – die Kompaktsteuerung ILC 150
GSM/GPRS wird modular erweitert, drahtlos vernetzt und weltweit angesprochen
• serielle Kommunikations-Schnittstellen zur Einbindung von Peripherie-Geräten wie RFID-Lesegerät oder Energiezähler,
• Funktionsklemmen wie PWMSignal-Generatoren.
Die Energiedaten-Erfassung findet im einfachen Fall über die SØSchnittstelle nach DIN 43846 statt.
Für weiter gehende Informationen
– wie Leistungsaufnahme oder
Lastgang – sorgen moderne Energiezähler, die zur Kommunikation
Protokolle nutzen – wie etwa Modbus RTU. Die Anbindung an die
Steuerung wird über eine Kommunikationsklemme auf Basis einer
RS485-Schnittstelle mittels IEC
61131-3-konformer Treiberbausteine realisiert. Eine umfangreiche
Funktionsbaustein-Bibliothek vereinfacht die Programmierung der
Funktionen, die den Energiezähler
einbinden.
Integration in die IT-Welt
Die sichere kommunikative Anbindung an die IT-Infrastruktur des
Betreibers findet über Ethernet
oder auch drahtlos statt. Zur drahtlosen Anbindung dient zum Beispiel GSM (Global System for Mobile Communications)/GPRS (General Packet Radio Service), WLAN
(Wireless Local Area Network), Blue-
tooth oder Trusted Wireless. Das Automatisierungskonzept kommt ohne
proprietäre System-Schnittstellen
aus, die Lade-Infrastruktur wird
mittels gängiger Protokolle und
Standards aus dem industriellen
und IT-Umfeld integriert. So unterstützt die Automatisierungs-Software PC Worx eine direkte Kommunikation mit unterschiedlichen Datenbank-Management-Systemen
(DBMS) – wie dem MS-SQL-Server
– durch Funktionsbausteine für
Steuerungen (Bild 3). Mit Hilfe der
Abfragesprache SQL (Structured
Query Language) kann die Steuerung Datenstrukturen definieren
sowie Daten in relationalen Datenbanken schreiben und lesen. Die
einfache Syntax von SQL erlaubt
auch relationale algebraische Operationen. Aufgrund der direkten
Kommunikation über TCP/IP werden keine zusätzlichen Treiber
benötigt. Verwaltet werden die
Steuerungen im Nutzer-Management des DBMS.
Die erfassten Energiedaten werden im laufenden Betrieb in die
Datenbank-Tabellen geschrieben.
Der in die SPS-Steuerung integrierte SNTP-Client (Simple Network Time Protocol) generiert einen Zeitstempel, der jedem Mess- oder Zählwert eindeutig zugeordnet ist und
zusammen mit dem Wert im DBMS
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E-Mobilität
Bild 3: Die Lade-Infrastruktur hinter den E-Zapfsäulen wird in ein Datenbank-basiertes Energie-Management-System eingebunden
abgelegt wird. Wird die Übertragungsstrecke von der Ladesäule
zum DBMS unterbrochen, sorgt eine automatische temporäre Zwischenspeicherung der Messwerte
im Flash-Speicher der SPS für die
Konsistenz der Datensätze.
Regelbasiertes Energie-Management
Identifiziert sich ein Nutzer an
der Ladesäule, zum Beispiel per
RFID oder gesendeter SMS, liest die
Steuerung den Datensatz, der zur
Kennung gehört, aus der SQL-Datenbank aus: Guthaben, maximale
Ladeleistung, Priorität des Nutzers.
Gemäß der Vorgaben beginnt dann
der Ladevorgang. Ist ein Nutzer etwa nur für eine Ladung mit reduzierter Leistung autorisiert, gibt die
Steuerung ein PWM-Signal auf dem
Control-Pilot-Kontakt aus. Hat sich
das Guthaben beim Laden auf Null
reduziert, wird der Ladevorgang
automatisch beendet. Anschließend wird die geladene Energiemenge in die Datenbank geschrieben, wo sie vom Abrechnungssystem (Enterprise Ressource PlaningSystem – ERP-System) weiter verarbeitet wird.
Die Leistungs- und Energiedaten
der Ladesäule werden kontinuierlich in die Datenbank geschrieben.
Von dort aus werden sie von einem
übergeordneten Energiedaten-Informationssystem (Edis) eingelesen. Ist vorhersehbar, dass der aktuelle Stromverbrauch für eine Liegenschaft einen definierten Grenzwert erreicht, greift ein regelbasiertes Energie-Management korrigierend ein. Fahrzeuge mit niedriger
Priorität werden dann für den Zeitraum der hohen Netzauslastung
vom Netz genommen, oder der maximale Ladestrom wird gleichmäßig für alle Ladestationen im
Netz abgesenkt.
Mit noch zu definierenden Standards und zu schaffenden Rahmenbedingungen werden E-Mobile zum
integralen Bestandteil eines Smart
Grids. Dann kann die Spitzenlast
durch Einspeisung aus den Fahrzeugbatterien zusätzlich gesenkt
werden, um in Zeiten geringerer
Netzauslastung die Batterie zu günstigeren Konditionen wieder aufzuladen. Dabei profitieren Besitzer
und Betreiber der Fahrzeuge gleichermaßen.
Lade-Infrastruktur im Fernzugriff
Bild 4: Die Lade-Infrastruktur kann von jedem Ort der Welt aus per WebBrowser überwacht und gewartet werden
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Mittels Web-Browser wird auf die
Ladestationen zugegriffen (Bild 4).
Sowohl Überwachung als auch
Programmierung und Parametrierung der weltweit installierten Ladesäulen sind dann von zentraler
Stelle aus über das Internet möglich. Aus dem Edis heraus kann der
Betreiber Diagnosedaten abfragen,
Fehlermeldungen erfassen und
Service-Einsätze anstoßen. Pro-
Auf gängige Standards aufsetzen:
Automatisierung und industrielle Kommunikation
Schon die lokale Häufung weniger Elektrofahrzeuge – etwa in einem
Fuhrpark einer Liegenschaft – kann bei unkontrollierter Aufladung die
Spitzenlast stark ansteigen lassen. Dabei kann es passieren, dass die vertraglich vereinbarte Leistungsspitze des bestehenden Netzanschluss
überschritten wird. Diese Überschreitung erhöht dann wiederum die
Bezugskosten des Anschlussnehmers.
Aus technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen ist es daher
sinnvoll, ein Energie-Management-System aufzusetzen und die LadeInfrastruktur des Betreibers darin zu integrieren. Automatisierungstechnik und industrielle Kommunikationstechnik können hier einen wertvollen Beitrag leisten. Denn sie stellen das technische Know-how bereit,
das nötig ist, um die Netzinfrastruktur effizient und durchgängig in die
IT-Infrastruktur des Betreibers einzubinden.
gramm- und Prozess-Parameter
können aus der Ferne modifiziert
werden, zum Beispiel wenn sich
die Randbedingungen für den Ladevorgang ändern.
[email protected]
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www.phoenixcontact.de
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