Stefan Wachtel Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen inklusive CD mit Hörbeispielen zusammengestellt von Reinhard Pede 5. Auflage UVK Verlagsgesellschaft mbH 7 Vorwort zur 5. Auflage In zehn Jahren fünf Auflagen, darf man das einen Klassiker nennen? Radio- und Fernsehjournalisten brauchen offenbar ein Buch, das Sprechen nicht auf lautreines Tönen und Moderieren, nicht auf das »Präsentieren« von Texten reduziert. Am Ende des Buches ist eine Audio-CD beigelegt, die hörbar macht, was der Autor meint. An den entsprechenden Stellen im Buch wird auf die Hörbeispiele verwiesen – Hörbeispiel 1 denn wenige gesprochene Worte sind oft anschaulicher als gedruckte Beispielsätze. Am Ende des Buches befindet sich auch eine Übersicht der gesprochenen Beispiele. Wer Radio hört und Fernsehen schaut, der kann den Eindruck gewinnen, die Beteiligten sprächen alle gleich und allemal nicht so, wie man es aus dem richtigen Leben kennt. Wer darüber hinaus selbst in Hörfunk und Fernsehen spricht oder sprechen will, ist deshalb verunsichert. Soll man es nun ebenso machen? Das Training des Sprechens kennt oft, wie noch im vergangenen Jahrhundert, nur einen Weg: Vom Atem zum Laut, vom Laut zur Stimme, von der Stimme zum Satz und dann zum Text. Ähnlich geht es noch mancherorts bei Moderationstrainings zu. Vielfach werden auch begrenzte Formatvorgaben eingeübt. Aber noch immer ist der Mensch nicht erreicht. Vor allem ohne Bezug zu journalistischen Inhalten und Genres lässt sich kein eigener Stil vor Mikrofon und Kamera entwickeln. Es fehlt an Hinweisen dazu, die eigene Sprechweise und die Rolle als Sprecher, Autor, Moderator etc. glaubwürdig in Übereinstimmung bringen zu können. Dass dies frei redend am sichersten gelingt, liegt auf der Hand. Dazu bietet und begründet »Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen« noch immer als einziger Ratgeber die Methoden. Die im Buch verwendeten Sprechzeichen werden auf Seite 70 erläutert. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003 8 Vorwort Dem Training für Radio- und Fernsehstationen und vielen Gesprächen mit Praktikern verdanke ich die Themen und Fallbeispiele in diesem Buch. Sprechwissenschaftliche und methodische Anregungen gaben die Publikationen von Drach, Winkler, Geißner und Gutenberg. Zugunsten einer besseren Lesbarkeit habe ich im Text weitgehend auf Literaturhinweise verzichtet; sie befinden sich am Ende eines jeden Kapitels. Für die 5. Auflage wurden einige Beispiele überarbeitet und die Literaturangaben aktualisiert. Die häufig nachgefragten Übungstexte sind in dem Band »Schreiben fürs Hören. Trainingstexte, Regeln und Methoden« enthalten, der im selben Verlag erschienen ist. Für zahlreiche Anregungen danke ich Daniela Engelhardt, Joachim Filliés, Heinz Fiukowski, Hellmut K. Geißner, Norbert Gutenberg, Ernst Huberty, Günther Jauch, Ines Kresse, Ulla Kock am Brink, Martin Kuhlmann, Heinrich Lenhart, Hanns Martin Schäfer ✝, Dorothea Schuler und Günter Wirth. Für die Zusammenstellung der Hörbeispiele auf der CD danke ich Reinhard Pede; für die Realisierung der CD danke ich Götz Bielefeldt. Frankfurt am Main, im August 2003 Stefan Wachtel S. Wachtel, Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen 9 1. Einführung 1.1 Kommunikation in Hörfunk und Fernsehen? Da sitzt man vor einem Mikrofon oder vor einer Kamera und muss/will/soll/darf sprechen. Wie kommt man rüber? Was muss man können? Was soll man lassen? Zunächst ist man auf Urteile von Redaktionsleitern angewiesen; später holt man Tipps von Kollegen ein. Wird Sprecherziehung empfohlen, dann soll sie in vielen Fällen in kurzer Zeit die »Fehler« reparieren. Reparaturen aber können leicht an der Oberfläche bleiben, wenn die jeweilige Sprecherziehung nicht zu den Inhalten vordringt. Nur die Arbeit an Inhalt und Form zusammen kann auf Dauer Erfolg haben. Wer nachdenkt über das, was beim Sprechen vor Mikrofon und Kamera geschieht, wird zugeben, dass er Kommunikation will. Ob man das am Ort des Geschehens oder aus einem Studio heraus auch kann, hängt aber davon ab, ob man die Zuhörer wirklich erreicht. Richtig sprechen genügt nicht, Miteinandersprechen ist gefragt, denn nicht die individuelle Leistung, sondern die Wirkung auf die Zuhörer und Zuschauer entscheidet. Das Dialogische ist aber in Hörfunk und Fernsehen zunächst bloß als Wunschbild vorhanden, oft nicht einmal das. Gelungene Kommunikation würde mindestens voraussetzen, dass wir die Hörer wirklich ansprechen. Aber das Sprechen so manchen Textes meint scheinbar niemanden. Auch eine verhängnisvolle, nicht selten ignorante Haltung der Sprecher und Moderatoren macht den Dialog unmöglich. So wird er denn oft genug bloß inszeniert: »Wir sehen uns morgen wieder!«. Versteht man das Sprechen in Hörfunk und Fernsehen als kommunikativ, dann ist klar, dass die »Professionalisierung« der Sprech© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003 10 Einführung »Technik« nur wenig hilft. Alles Reparieren an der »Spreche« bleibt so lange Stückwerk, wie wir Sprechen nicht als Dialog begreifen. Auch die Institutionen von Hörfunk und Fernsehen geben sich gern den Anschein von Kommunikativität. Freilich bleibt aber die Möglichkeit für Kommunikativität zwischen den Sprechenden und den Zuschauern solange verstellt, wie die Zuhörer und Zuschauer nicht erreicht werden, solange Hörfunk und Fernsehen zusehends zu Verkaufsmedien werden und das Publikum oft nur als Füllmasse vorkommt. Immer mehr Talkshows und Quizsendungen sollen die Kluft zwischen Medium und Zuhörern und Zuschauern verringern; der Mann von der Straße agiert scheinbar ungehemmt vor Mikrofon und Kamera. Damit verlieren Hörfunk und Fernsehen wohl einen Teil ihrer Exklusivität; sie werden aber auch damit noch keineswegs »kommunikativ«. Kommunikation setzt voraus, dass den Zuhörern oder Zuschauern Raum zu Kritik und Nachfrage bleibt. Darin könnte wirkliche Kommunikativität bestehen. Die setzt ein Mindestmaß an elementaren Fähigkeiten voraus: verständliche Aussprache, verständliche Stimme, die Abwesenheit von Stimm- und Sprachkrankheiten. Das alles ist nicht selbstverständlich. Vielen privaten Sender bleibt selten die Wahl, nur diejenigen zu beschäftigen, die auch sprechen können. Aber auch die öffentlich-rechtlichen Stationen haben uns seit Jahrzehnten gezeigt, dass so mancher vor Mikrofon und Kamera gelassen wird, der außer seiner Parteizugehörigkeit keine Kompetenz zu bieten hat und im Übrigen keinem Menschen als Kommunikationspartner zuzumuten wäre. Die Sprechkultur der elektronischen Medien (im Fernsehen mit der Sprechhilfe Teleprompter zum Beispiel) hat andererseits auch Sprechstile hervorgebracht, die staunen machen durch ihre Perfektion. Ob man mit Menschen, die so perfekt sprechen, allein deshalb gern redet, ist eine andere Frage. Es sind die Schönsprecher aller Couleur, die auch informierende Sendungen als Bühne für Geschwätz missverstehen. »Wo lassen Sie denken? Sie sprechen so schön!«, lässt sich fragen. Für Sprechstile der schönen Oberfläche plädiert dieses Buch ebenso nicht. S. Wachtel, Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen Rhetorik der elektronischen Medien 11 Sicher lässt es sich auch unterhaltsam informieren. Infotainment heißt die Zauberformel, die diese Synthese leisten soll. Immer mehr Unterhaltung bei immer weniger Information und als Unterhaltung aufbereitete Information – das ist die Tendenz derzeit. Die Information wird damit zunehmend zur Manövriermasse für die Unterhaltungsund die dahinter stehenden Werbestrategien. Das Infotainment ist allerdings nur insoweit fragwürdig, wie die Verständlichkeit leidet; häufiger noch leidet aber auch die Glaubwürdigkeit der sprechenden Journalisten. Die Frage ist, was primär ist: die Information oder die Unterhaltung. Wirkt Sprech- und Moderationstraining dabei mit, die Information der Unterhaltung unterzuordnen, hat es sein Ziel verfehlt. Vor allem Sprecherziehung sollte auch nicht lediglich die »Ausgestaltungs«-Technologie teils unverständlicher Texte sein. Das würde das eigentlich Rhetorische des Sprechens in Hörfunk und Fernsehen verfehlen. Dieses Konzept betont den Inhalt. Insofern gehört zum Sprechen immer auch das »Schreiben fürs Hören« (Wachtel 2003/1). 1.2 Rhetorik der elektronischen Medien Hörfunk und Fernsehen sind Wortmedien. Einfluss und Macht sind über das Wort vermittelt. Die Wortgewaltigen beherrschen in den Sendungen wie auf den Fluren der Institutionen die Szene. Wer das Sagen hat, hat das Wort, das gilt auch für die Produkte: »Das Radio/Fernsehen hat’s gesagt«. Wen wundert es, wenn manche Eitelkeiten der Autoren gelegentlich sogar im journalistischen Produkt herauszuhören sind. Die Profilierung gerade junger Autoren hinterlässt ihre Spuren im Sprechstil. Aber auch journalistische Zwänge erschweren die Verständlichkeit. Auch die Auftraggeber verlangen immer dichtere Informationen. Zu oft muss dieses und jenes im Produkt noch gesagt sein, damit die Abnahme klappt. Nicht jeder der neu hinzugekommenen Inhalte lässt sich verständlich vermitteln. Oft genug heißt das, dass schnelleres Sprechen gefragt ist. Das lässt sich trainie© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003 12 Einführung ren, Sinn der Sache ist es aber nicht. Zudem reicht es nicht, die Informationen ausgesprochen zu haben, sie wollen auch nachvollzogen, schließlich – mit Einschränkung in Nachrichten – auch akzeptiert sein. Man muss neben dem Informieren auch überzeugen. Informieren Sprechen und Verstehen in Radio und Fernsehen werden dadurch erschwert, dass der Zuhörer bzw. Zuschauer nicht anwesend ist. Hinzu kommt die Sprache, mit der informiert wird. So mancher schöne Satz macht vor dem Mikrofon Probleme. Oft genug mangelt es schon am Schreiben. Verständlichkeit des Textes ist die erste Voraussetzung für rhetorische Kommunikation überhaupt. Informieren, das müsste in einem Buch über Medienkommunikation eigentlich in Anführungszeichen stehen, weil die Informationen manchmal aus zweiter Hand sind. Zu oft werden Agenturtexte, manchmal der Sprachstil oder die Argumentation einer Partei unbefragt übernommen. Diese routinierte »Bewusstlosigkeit« setzt sich fort bis in das Aussprechen und den Stil der Agentur-Verlautbarungen. Was im Printjournalismus nicht so sehr auffällt, bringt das Aussprechen ans Licht: Das große Abschreiben und das »lautreine« Vorlesen machen das Ergebnis unglaubwürdig. Die Klischees auch der journalistischen Sprache haben ihr Pendant in der gediegenen Halbbildung (Wolf Schneider) – so unvermeidlich sie sein mag. Auch so manche sprachlichen und sprecherischen Muster der Stationen und »Anstalten« gehen in Fleisch und Blut über, wie man sagt. Ein solches Sprechen kann kein handlungsleitendes Bewusstsein verändern, schon gar nicht erzeugen. Schließlich, das Abgeschriebene, Abgehörte und bewusstlos Vorgelesene wird ja oft genug schon vom Sprecher nicht verstanden. Wie also sollen sich Zuhörer und Zuschauer auf etwas einen Reim machen, das oft schon von den Sprechenden nicht durchschaut wird? Zuhörer und Zuschauer sollen nach dem Zuhören nicht nur mehr wissen, sondern auch besser verstehen als vorher. Dazu braucht es Stimmen, denen man die Kompetenz anmerkt. Denn Informationen S. Wachtel, Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen Rhetorik der elektronischen Medien 13 in Radio und Fernsehen sind über Personen vermittelt, die einstehen für das, was sie sagen; der Ausdruck lässt erkennen, wie der Sprecher zum Gesprochenen steht. Kommt kein Ausdruck (»objektiv«!) oder ein »formatierter« Ausdruck im Gesprochenen vor, ist es schwer, von Kommunikation zu reden. Ist das einmal eingesehen, erweist sich auch eine immer wieder erhobene Forderung als absurd: Der Sprecher solle neutral sprechen. Manche Nachrichtensendungen dieser »neutralen« Sorte kaschieren mit diesem längst umstrittenen journalistischen Prinzip, dass der Sprecher nicht versteht, was er vorliest. Überzeugen Überzeugen kommt von Zeugenschaft. Jemand kann etwas glaubhaft machen, indem er es bezeugt. Das verlangt Aussagen plausibel zu machen und gute Gründe anzugeben. Was ist aber für überzeugendes Sprechen notwendig? Um überzeugend zu sein, muss der Sprecher in erster Linie Authentizität vermitteln. Das setzt voraus, dass der Sprecher selbst überzeugt sein sollte von dem, was er sagt. Ist das nicht so, durchschaut das der Zuhörer oder Zuschauer. Die ungekünstelte Unmittelbarkeit ist leider durch Verhaltensanweisungen nicht zu erreichen. Niemand würde überzeugend sprechen können, indem er allein »Regeln zur Sprechtechnik« befolgt. Authentisch und »gut« zugleich zu sprechen ist vermutlich die schwerste Forderung überhaupt. Ersteres ist dabei das Wichtigste. Sprecherziehung muss deshalb die persönlichen Eigenarten respektieren. Wer für Hörfunk und Fernsehen zu sprechen lernt, darf sich nicht an pseudo-professionellen Sprechmustern orientieren. Überzeugen hat Glaubwürdigkeit zur Bedingung. Mit der Glaubwürdigkeit der elektronischen Medien ist es so weit nicht her, spätestens seit Hörfunk und Fernsehen in immer mehr Kanälen als Marktware produziert und konsumiert werden. Wie das Medium durch fehlende Glaubwürdigkeit der Sprechenden unglaubwürdig werden kann, so kann umgekehrt auch die Glaubwürdigkeit der Sprechenden durch den angeschlagenen Ruf des Mediums Schaden © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003 14 Einführung nehmen. Seit Aristoteles ist die Rhetorik als Kunst definiert, an einer Sache das Glaubenerweckende zu finden. Glaubwürdig ist Gesprochenes erst dann, wenn es der Zuhörer nachvollziehen kann (vgl. Wachtel 2003/2). Überzeugen hat Variabilität zur Voraussetzung. Wer kann (soll, darf, muss) zu wem worüber was wie und warum sprechen (nicht sprechen). Die journalistischen »W«s sind also erst der Anfang dieser Reihe von Fragen, die rhetorische Theorie zu Ende stellt und die Sprecherziehung erst leiten können. Die klassischen journalistischen Fragen sind zudem nicht ausreichend, weil sie nur von Ereignissen ausgehen und nicht die Sprechsituationen einbeziehen. Die journalistische Arbeit endet zu oft mit der Arbeit am Text. Wer sich Situationen vergegenwärtigt, muss die »W«s erweitern um: wozu? (welches Handeln will ich erreichen, nicht: was soll ich erreichen!) und zu wem? Wer immer und überall in demselben Stil spricht, wird nicht verschiedenen Hörern gerecht. Überzeugen kann nur der, der zur rechten Situation den rechten Ton trifft. Überzeugendes Sprechen muss sich an der Situation ausrichten. Die Rhetorik von Hörfunk und Fernsehen kann aufklären, sie kann aber auch verschleiern. Aufklären wie verschleiern geschehen auch über das »Wie« der journalistischen Inhalte. Schön, korrekt, sachlich, »neutral«, meinend, verlautbarend oder verkündend sprechen wollen/sollen oder nicht? Schon die Sprechstile können Politik und Kommerz verraten. Als Beispiele können Sprechstile der verschiedenen Sender dienen, in denen sich Nähe und Distanz zu den Gegenständen zeigt. Die Sender liefern ihr Selbstverständnis über die sprecherische Qualität mit, und sehr gut lässt sich verfolgen, welche Vorgaben hinter dem Gesprochenen stehen. Wenn zum Beispiel noch vor einigen Jahren eine bestürzend hohe Anzahl von Zuschauern den Tagesschau-Sprecher für den Regierungssprecher hielt, dann hatte das vermutlich auch sprecherische Gründe. Wie über etwas informiert wird, wie es aufbereitet wird, was weggelassen, was wie gestaltet wird, kann manipulieren. Die Welt, die sprechend dargestellt oder für die sprechend geworben wird, ist nicht immer dieselbe Welt, in der die Zuhörer und Zuschauer leben. Sie kann auch nicht dieselbe sein, weil sie »produziert« sein muss: Das S. Wachtel, Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen Rhetorik der elektronischen Medien 15 Material mag authentisch sein, während das Produkt nur noch so scheint. Hörfunk und Fernsehen sind ohne diesen Schein schwerlich denkbar. Der Scheincharakter auch des Sprechens in den Medien kollidiert aber mit der Forderung nach Glaubwürdigkeit des Sprechens; Glaubwürdigkeit und Schein gehen kaum zusammen. Der Ideologieverdacht gegen Hörfunk und Fernsehen, so abgeschmackt er sein mag, hier hat er seine Berechtigung. Kein Wunder: Das Sprechen in Hörfunk und Fernsehen erzeugt schon oft genug nur einen Schein der Natürlichkeit, in dem etwa Vorgelesenes als frei gesprochen ausgegeben wird. Eklatantes Beispiel ist der Teleprompter, der vor Fernsehkameras den Moderatoren den Text aufsagt. Nicht ohne das dem Zuschauer zu verbergen. Der Leiter der ZDF-»heute«-Redaktion sagte dennoch im FOCUS vom 30.10. 1999, gerade dieses bringe »das Quäntchen mehr Glaubwürdigkeit« (Kurz vorher hatte die ARD-aktuell-Redaktion dem Spiegel verraten, ausgerechnet der Teleprompter mache die »Tagesschau« demnächst »persönlicher, lebendiger und ansprechender vorgetragen«). Für Nachrichten mag das angehen, im Magazin ist die Sprechmaschine absurd. Im Gegensatz dazu plädiert dieses Buch für authentische Formen des Sprechens und schlägt dazu Methoden vor. Der echte Dialog bietet Möglichkeiten zu widersprechen und nachzufragen; im oft nur latent dialogischen Sprechen im Funk bleibt das aus. Deshalb müssen die Hörer auf Anhieb verstehen. Durch ungeschicktes und ungeschultes Sprechen kann die Verständlichkeit dahin sein. Mängel oder auch Überkorrektheiten des Sprechens können dem Zuhörer mitliefern, was nicht beabsichtigt war. Ungenügende sprecherische Fähigkeiten führen auch oft dazu, dass zum herkömmlichen Sprechmuster des Radios oder des Fernsehens greift, wer diese Arbeit gut und professionell machen will. Reflektierte sprecherische Fähigkeiten dagegen können ein Abgleiten in eine nicht hinterfragte Professionalität verhindern helfen. Nur wer neben den sprecherischen Mitteln über eigenen Stil verfügt, kann trotz Studio-Stress professionell und zugleich authentisch sprechen. Deshalb haben die in den weiteren Kapiteln gegebenen Hinweise – etwa zu Ausdruck und Betonung – durchaus handwerklichen Charakter. Das Handwerk beginnt aber immer mit den journalistischen Inhalten, und die Inhalte bestimmen Ziele und Methoden des Trainings. © UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2003 16 Einführung Literatur zur Medienrhetorik Harald Burger, Sprache der Massenmedien. Berlin und New York 2. Aufl. 1990 Hellmut Geißner, Vor Lautsprecher und Mattscheibe. St. Ingbert 1991 Jürg Häusermann u. Heiner Käppeli, Rhetorik für Radio und Fernsehen. Aarau 2. Aufl. 1994 Burkhard Müller-Ullrich, Medienmärchen. München 1998 Martin Ordolff u. Stefan Wachtel, Texten für TV. Ein Leitfaden zu verständlichen Fernsehbeiträgen. München 1997 Stefan Wachtel, Überzeugen vor Mikrofon und Kamera. Interviews, Pressekonferenzen, Talkshows, Business-TV. Frankfurt/M. und New York 1999 Stefan Wachtel, Schreiben fürs Hören. Trainingstexte, Regeln und Methoden. Konstanz 3. Aufl. 2003/1 Stefan Wachtel, Rhetorik und Public Relations. München 2003/2 Siegfried Weischenberg, Nachrichten vom Tage. Hamburg 1997 S. Wachtel, Sprechen und Moderieren in Hörfunk und Fernsehen