Psychosomatik - Schön Klinik

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Impressum
Herausgeber
Schön Klinik Verwaltung GmbH, Prien
Konzeption und Gestaltung
Anzinger | Wüschner | Rasp, München
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
Oder folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und YouTube.
Psychosomatik
Schön Klinik. Messbar. Spürbar. Besser.
Psychosomatik
– 3
Editorial 
Jede Therapie ist individuell  Unser Behandlungskonzept  4
5
Unsere Therapieangebote
Gruppenpsychotherapie  Gestaltungstherapie  Progressive Muskelentspannung  Sport- und Bewegungstherapie  Ernährungstherapie/Lehrküche  Biofeedback  Medikamentöse Therapie  6
10
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23
23
Unsere Behandlungsschwerpunkte
Von ADHS bis zu Zwängen  Übersicht Behandlungsschwerpunkte  24
31
Übersicht Kliniken und Kontakt  32
Klinikberatung  34
4 –
Psychosomatik
Psychosomatik
– 5
– Jede Therapie ist individuell
– Unser Behandlungskonzept
In der Schön Klinik behandeln wir seit mehr als 25 Jahren
Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen. Dank langjähriger Erfahrung gehören unsere
sieben psychosomatischen Kliniken zu den anerkanntesten Therapie-Einrichtungen für Depressionen, Angst- und
Essstörungen sowie weitere Krankheitsbilder.
Wir behandeln unsere Patienten nach einem integrativen
psycho­somatisch-psychotherapeutischen Ansatz. Dahinter
steht die Überzeugung, dass Körper und Psyche eine Einheit bilden. Um Patienten zu einer neuen Lebensperspektive zu verhelfen, berücksichtigen wir medizinische, psy­
cho­logische und soziale Faktoren. Ärzte, Psychologen und
Therapeuten arbeiten eng zusammen. Im Team werden
alle Maßnahmen aufeinander abgestimmt und koordiniert.
Was unsere Kliniken auszeichnet: Jede Therapie ist individuell. Wir bieten eine Behandlung, die auf dem aktuellsten Stand der Forschung basiert und den Einzelnen und
seine Lebenssituation berücksichtigt. Dabei nehmen
sich unsere Ärzte und Therapeuten Zeit, die Erkrankung
und die Lebensumstände jedes Patienten zu verstehen.
Gemeinsam mit dem Betroffenen erarbeiten wir ein
„Stö­rungs­­­modell“, das zugleich die Basis für einen indivi­
duellen Therapieplan ist. Bezugstherapeuten begleiten
den Patienten während seines gesamten Aufenthalts in
unseren Kliniken.
So vielschichtig die Krankheit ist, so vielfältig sind unsere
Therapieangebote: In der Einzel- und Gruppenpsychothe­
rapie können lebensgeschichtliche Zusammenhänge, die
aktuelle Situation und mögliche Problemlösestrategien
bearbeitet werden. Weitere Therapieelemente wie Gestaltungstherapie, Sport- und Bewegungstherapie, Entspannungstherapie, Ernährungstherapie und Biofeedback fügen
sich in das Gesamttherapieprogramm ein und ergänzen es.
Die vorliegende Broschüre gibt Einblick in unsere Behandlungsangebote und Schwerpunkte. Dabei kommen die Pa­
tienten selbst zu Wort: Wie haben sie die Therapien erlebt?
Was hat sie bei der Genesung unterstützt?
Weiterführende Informationen zu unseren Kliniken und
Therapieangeboten finden Sie auf unserer Website. Gerne
beantworten wir Ihre Fragen auch persönlich. Unsere
Ansprechpartner und deren Kontaktdaten finden Sie am
Ende der Broschüre.
Ihre Chefärzte der Schön Klinik
6 –
Psychosomatik
Psychosomatik
Und plötzlich soll ich
über meine Probleme vor
allen anderen sprechen?
Die „Blitzlicht“-Runde hilft,
diese Hürde zu überwinden. Jeder sagt, wie er sich
gerade fühlt.
– 7
Gruppenpsycho­therapie
Wenn man die Erfahrung
gemacht hat, dass auch
andere Menschen Probleme
haben, lässt es sich auch
besser über die eigenen
reden. Der erste Schritt aus
einem Teufelskreis.
–
Text Anna Pataczek – Fotos Sigrid Reinichs
– Gertrud S. ist im Ruhestand. Aber von
Ruhe kann keine Rede sein. Nächtelang
wälzt sie sich im Bett. Die 63-Jährige leidet
unter Schlafstörungen. „Ich grübel zu viel“,
ist ihre einfache Erklärung dafür. Jahrelang,
so erzählt sie, hat der Alltag sie aufgerieben. Sie war berufstätig, hat im Büro ihres
Mannes ausgeholfen – und war für die zwei
Kinder da. „Die haben auch ihren Tribut
gefordert“, sagt Gertrud S. „Eigentlich hatte
ich drei Berufe.“ Oft arbeitete sie bis in die
Nacht hinein. Noch heute stellt die Rentnerin ihre Bedürfnisse hinten an. Sie kann
einfach nicht Nein sagen, fühlt sich immer
noch für viel zu viel verantwortlich. So klingt
es zumindest, wenn sie davon erzählt, dass
sie „so viel um die Ohren hat“, wie sie einge­
spannt ist zwischen Beruf, Familie, Schwiegereltern. Gertrud S. macht einen robusten
Eindruck, sie lacht herzlich und viel. Mit
ihrem Mann unternimmt sie Reisen, die Kinder sind erwachsen und aus dem Haus.
Nur irgendwie ist sie selbst in all den Jahren
auf der Strecke geblieben und hat auch nie
da­rüber geredet.
8 –
Psychosomatik
Psychosomatik
Ihr Körper hatte ihr schon einige eindeutige
Signale gesendet, überall zwickte und zwackte es – nur darauf hören wollte Gertrud S.
nicht. Oder sie wunderte sich, warum ihre
Leiden auch nach zwei Kuren nicht besser
wurden. Warum sie immer noch nicht schlafen konnte und die Laune sich nicht auf­
hellte. Der Hausarzt schlug Frau S. statio­
näre therapeutische Unterstützung vor.
„Ursprünglich war ich ganz begeistert“, er­
innert sie sich. Die Aussicht war verlockend:
Endlich Zeit für sich nehmen, der Schlaf­
störung und der Depression auf die Spur kommen und lernen, damit umzugehen. Außerdem wollte Gertrud S. ihr Essverhalten ändern
und abnehmen. „Doch je näher der Tag kam,
desto weniger hatte ich Lust auf den KlinikAufenthalt“, sagt Frau S. – ehrlicherweise.
Es ist nicht leicht, sein eingeschliffenes Leben
umzukrempeln.
Die Gruppentherapie ist
nicht nur eine Therapie mit
der Gruppe, sondern auch
durch die Gruppe. Hier kann
man sich vergleichen, gegenseitig Rat geben, unter­
stützen – unter Anleitung
eines Therapeuten.
„Irgendwann habe ich mir
gewünscht, dass wir in der Gruppentherapie alle gemeinsam
eine Lösung für mich erarbeiten.“
„Am Anfang meiner Therapie hätte ich
Ihnen kein Interview gegeben“, sagt sie und
lacht wieder. „Weil ich dachte, dass gewisse
Sachen für immer im Herz verschlossen bleiben.“ In der Gruppentherapie hat sie gelernt,
offen über ihre Erkrankung zu sprechen
(siehe Kasten).
Die ersten zehn Tage, erzählt die Rentnerin, sei sie sehr verschlossen gegenüber Mitpatienten gewesen: „Was interessieren sich
schon die anderen für meine Probleme?“
Doch irgendwann machte es Klick: „Wenn
man sieht, dass jeder irgendwelche Probleme hat, dann fällt es einem leichter, über
seine eigenen zu sprechen“, sagt Gertrud S.
Außerdem gibt es klare Regeln in der
Gruppentherapie, die helfen, sich zu öffnen:
„Jedes Thema wird mit Respekt behandelt
und alles, was besprochen wird, bleibt im
Raum“, erklärt Frau S. Zu Beginn und am
Ende jeder Sitzung ist Zeit für das sogenannte
Blitzlicht. Reihum erzählt jeder Teilnehmer,
was ihn gerade beschäftigt. Ein „mir geht
es gut“ oder „mir geht es schlecht“ ist zu ab­
strakt. Hinter solchen Formulierungen kann
man sich wunderbar verstecken. Die Patienten werden dazu ermutigt, ihre Gefühle
zu artikulieren. „Und wenn das nicht klappt,
dann hilft einem der Therapeut auch ein
bisschen“, sagt Frau S. „Wenn einen ein Thema überwältigt, dann darf man auch mal kurz
hinausgehen und durchschnaufen.“
Die Patientin traf in ihrer Gruppe auf Gleichgesinnte, auch wenn darunter Menschen
waren, die mit den unterschiedlichsten Problemen kämpften. „Der eine ist depressiv,
die andere hat psychosomatische Schluckbeschwerden“, erzählt Gertrud S. Gerne hat
sie Anteil an den Erkrankungen genommen.
Hier erfuhr sie, dass auch andere zu oft
zurückstecken. „Irgendwann habe ich mir
gewünscht, dass wir alle gemeinsam eine
Lösung für mich erarbeiten.“
Natürlich haben Gertrud S. auch andere
Methoden geholfen, die Grübeleien in den
Griff zu bekommen. „Vor allem die Atem­
therapie“, sagt sie. Da lernte sie, die Luft
bewusst ein- und ausströmen zu lassen,
sich auf den Körper zu fokussieren und Gedanken wegzuschieben oder auf weniger
belastende umzulenken. Gertrud S. wird sich
daran erinnern, wenn sie wieder zu Hause
in ihrem Bett liegt.
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Einzel- und Gruppenpsychotherapie
Gruppentherapeutische Sitzungen sind Hauptbestandteil der Therapie in einer psychosomatischen Schön Klinik.
Die Teilnehmer tauschen sich frei über ihre
Erfahrungen und Erlebnisse aus. Häufig zeigen
sie in der Gruppe ein ähnliches Rollenverhalten, wie sie es in der Familie oder im Beruf an
den Tag legen. Diese Beobachtung wird etwa
dazu genutzt, um herauszufinden, nach welchen
Denkmustern sich der Patient verhält und wie
seine Probleme entstanden sind.
Die Teilnehmer werden über Ursachen und
Behandlungsmöglichkeiten ausführlich informiert. Wichtig ist die Erfahrung, zu merken,
dass man nicht allein mit seinen Problemen
da­s teht. Die Patienten unterstützen sich gegenseitig, lernen voneinander und können so
gemeinsam Bewältigungsstrategien für ihre
individuellen Probleme erarbeiten. Auch sozial
unsichere Patienten lernen in der Gruppen­
therapie, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und
für sich einzutreten. Neben der Wahrnehmung
eigener Wünsche und Bedürfnisse lernen sie,
diese zu äußern und durchzusetzen.
Ein wichtiges Element dieser Therapieform sind
Rollenspiele, bei denen etwa Konfliktthemen
mit Angehörigen dargestellt werden. Hier lernen
die Patienten nicht nur, wie sie solche Konflikte
lösen können, sondern auch, Nein zu sagen und
sich abzugrenzen oder mit Kritik besser umzugehen. Die Gruppe ermöglicht den Teilnehmern
über ihre Kindheitserfahrungen, ihre Probleme
und die damit verbundenen Gefühle zu reflektieren.
Mit festen Bezugstherapeuten finden regel­
mäßig Einzelsitzungen statt, in denen es um
eine offene Auseinandersetzung mit allen
Aspekten der derzeitigen psychosomatischen
Beschwerden geht. Gemeinsam wird nach
sinnvollen Lösungen gesucht, wie Verhaltensweisen konkret verändert werden können.
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
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Psychosomatik
Psychosomatik – 11
Gestaltungstherapie
Was sagen Patienten, wenn
ihnen die Worte fehlen?
Wenn sie an ihre Gefühle
nicht heran­kommen?
Sie greifen zum Pinsel und
öffnen sich den Weg zu
sich selbst.
–
Text Anna Pataczek – Fotos Sigrid Reinichs
– Im Hier und Jetzt sein, das klingt so einfach. Für Jana T. ist es das nicht. Die 27Jährige leidet an einer emotional instabilen
Persönlichkeitsstörung, landläufig auch als
Borderline-Störung bekannt. Wenn sie zum
Pinsel greift, ihn in Farbe taucht und auf’s
Blatt setzt, dann ist sie auf dem Weg zu sich
selbst. Denn in ihren Bildern entdeckt sie
Dinge, die nicht nach außen dringen, die sie
nicht einmal von sich selbst ahnt.
Borderline-Patienten tun sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen schwer. Mal sind
sie unsicher und haben Angst, verlassen
zu werden. Mal stoßen sie andere Menschen
weg, mal klammern sie. Daher fällt es
Jana T. in der Gruppentherapie nicht immer
leicht, ihre Probleme zu formulieren. „Die
Gestaltungstherapie bietet mir dagegen eine
Möglichkeit, an meine Gefühle heranzu­
kommen“, sagt sie.
„In der Klinik bin ich ja eher die Ruhige
und Stille“, sagt Jana T., die immer zuhört,
die einen Rat hat, die tröstet. Ob jemand
erraten hätte, dass die düsteren, schwarzroten Bilder von ihr stammen, die sie am
Anfang ihrer Therapie malte? Jana T. freut
sich darüber, dass sie mit ihrer Malerei
ihre schwache Seite zeigen kann, dass ihre
Bilder zeigen, „dass ich auch getröstet
werden möchte“.
Wie sehe ich mich selbst?
Statt in den Spiegel zu
sehen, bemalt die Patientin
ihren Gipsabdruck. Sie
schenkt ihrem Gesicht ein
Lächeln.
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Psychosomatik
Psychosomatik – 13
Manche Patienten sind mit der Aufgabe,
kreativ zu werden, erst einmal überfordert.
Sie haben Hemmungen, den ersten Strich
auf ein weißes Blatt Papier zu setzen. Ob das
Bild schön wird, der Teilnehmer Talent hat
oder nicht, darum geht es nicht. „Wir sollen
unsere Gedanken, Stimmungen und auch
Konflikte spontan ausdrücken“, erklärt Jana T.
Zu Beginn der jeweiligen Sitzung einigt sie
sich mit der Therapeutin auf ein Thema.
Dann greift die junge Frau nach den Ma­te­ri­
alien, auf die sie gerade Lust hat. Sie hat
eine große Auswahl: Im bunt verklecksten
Atelier stehen Buntstifte, Kohle, Kreiden,
Fin­gerfarben, Ton und Speckstein zur Ver­
fügung.
Die Maske ist kein Versteckspiel – im Gegenteil.
Sie spiegelt verborgene
Gefühle, Erinnerungen oder
Träume wider, mehr als
es vielleicht Worte könnten.
„Manchmal fühle ich mich von meiner Außenwelt bedroht“, erzählt Jana T. Ihre Thera­
peutin schlug ihr vor, sich selbst mit einer
Schutzhülle zu zeichnen. Die Patientin war
überrascht über den Effekt: Sie fühlte sich
danach tatsächlich geborgener. Gleichwohl
müssen die Werke, die in diesen Stunden
entstehen, nicht unweigerlich wie Symbole
des Unbewussten gelesen werden. Die
Therapeuten stellen eine offene Frage: Wie
wirkt das Bild auf Sie? Auch andere Patienten dürfen Feedback geben. „Ich habe den
Eindruck, dass es viele von uns schön finden, wenn sie eine Rückmeldung von allen
bekommen“, sagt Jana T.
„Ich finde es schön, wenn ich von
allen anderen eine Rückmeldung zu
meinen Bildern bekomme.“
Fremdeinschätzungen zu hören ist wichtig.
Einmal hat die Therapeutin Jana T. ermutigt, ein „Körperbild“ von sich anzufertigen.
Sie übertrug die Größe der Patientin auf
einen Papierbogen – mit einem Strich am
Scheitel und einem an den Fußsohlen.
Zwischen diesen Markierungen sollte Jana
T. ihre Silhouette zeichnen. Keine leichte Aufgabe für eine junge Frau, die sich selbst verletzt und neben ihrer Borderline-Störung seit
vielen Jahren an Magersucht leidet. Am
Anfang ihrer Therapie war sie so schwach,
dass sie nicht einmal die Treppenstufen
hoch laufen konnte. Wenn sie in einen Spiegel schauen sollte, um sich bewusst zu betrachten, brach sie in Tränen aus. Sich selbst
zeichnen? „Da habe ich mich natürlich sehr
verschätzt“, gibt sie zu. Das wurde Jana T.
aber erst klar, als die Therapeutin ihre realen
Umrisse nachfuhr und sie so ihr verscho­
benes Selbstbild schwarz auf weiß vor sich
hatte. Danach sollte sie diese Figur ausmalen. Den ganzen Körper mit Farbe ausfüllen?
„Das fiel mir besonders schwer“, sagt die
Patientin. „Aber meine Therapeuten sagen
immer, ich solle lernen, liebevoll mit mir
umzugehen.“
Manchmal gelingt das Jana T. sogar schon.
Und sie will es auch. Elf Kilo hat sie in den
fünf­einhalb Monaten ihrer Therapie bereits
zugenommen. „So viel habe ich schon seit
sieben Jahren nicht mehr gewogen“, sagt die
junge Frau stolz. Von ihren Mitpatientinnen
hat sie sich feminine Kleidung aus­geliehen,
hat einen Rock anprobiert, sich ein wenig
geschminkt. Sie möchte ihr Studium wieder
aufnehmen. Und sie hat ein neues Hobby,
das sie zu Hause im Alltag weiter pflegen
möchte: Malen. Jana T. hat ihr Ventil gefunden, wenn sie mal wieder nicht weiß, wohin mit den Aggressionen und der Traurigkeit.
Wie die Bilder dann wohl aus­sehen werden?
„Inzwischen verwende ich auch hellere
Töne“, sagt sie. Auch das ist Farbenlehre.
Gestaltungstherapie und Ergotherapie
Die Eigenwahrnehmung spielt nicht nur in der
Gestaltungstherapie eine große Rolle. Auch die
Ergotherapie verfolgt diesen Ansatz.
In der Gestaltungstherapie werden Patienten
motiviert, ihre Therapiethemen und die damit
verbundenen Gefühle bildlich oder plastisch
auszudrücken. Malen und Gestalten erlauben
leichter als Sprechen einen direkten Ausdruck
von Träumen, Phantasien und anderen Erfahrungen, die eher als Bild denn als Worte auftauchen. Gleichzeitig kann der Patient einen
Schritt zurücktreten, seine Arbeit begutachten
und damit heilsame Distanz zu sich gewinnen.
Die Themen werden gemeinsam mit den Patienten am Anfang der Stunde entwickelt. Neu
entdeckte Potentiale, Strategien zur Problemlösung und nonverbale Kommunikation werden
erprobt. Die Gestaltungstherapeuten arbeiten
eng mit dem sogenannten Bezugstherapeuten,
der den Patienten während des ganzen Auf­
enthalts begleitet, und den Sozial-, Sport- und
Bewegungstherapeuten zusammen. Einmal
in der Woche tauschen sie sich in Teamsitzungen aus. Welche inneren Veränderungen im
Behandlungsverlauf möglich sind, zeigt der Vergleich von Werken, die zu Therapiebeginn ent­
standen sind und jenen, die kurz vor der Entlassung entstehen. Die Arbeiten unterscheiden
sich meist deutlich in Farbe und Motiv.
In den ergotherapeutischen Gruppen steht
die Förderung individueller Fähigkeiten durch
die Verbesserung der Eigenwahrnehmung im
Vordergrund. Die Gruppen sind stationsbezogen,
da deren Schwerpunkte auf die Stationskonzepte angepasst sind. Jede Einheit wird begleitet durch ein Vor- und Nachgespräch, in dem
inhaltlich mit therapeutischen Themen gearbeitet wird. Hier gibt es die Möglichkeit, neue Erkenntnisse über die eigene Person zu erlangen,
Verhaltensänderungen zu erproben und für
den Alltag zu verankern.
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
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Psychosomatik
Psychosomatik – 15
Progressive
Muskel­entspannung
Wenn der Geist nicht
ruht, dann tun es
die Muskeln auch nicht.
Gleiches gilt umgekehrt:
Wer lernt, den Körper
locker zu lassen, lässt
auch die Seele baumeln.
–
Text Anna Pataczek – Fotos Sigrid Reinichs
– Um elf Uhr abends lässt sie zum ersten
Mal los. Dann merkt Paula B., dass sie den
ganzen Tag ihre Bauchdecke angespannt
hatte, dass sie das erste Mal tief ein- und ausatmet. Kein Wunder, es war ein typischer Tag
für die 24-Jährige: voller Termine. Paula B.
hat zu viel Interesse an allem Möglichen, nur
nicht an Ruhe. Die 24-Jährige studiert Medizin, schreibt nebenbei an ihrer Doktorarbeit,
spielt Cello, macht viel Sport, trifft Freunde.
„Mir macht einfach vieles Freude“, sagt die
junge Frau, „aber es ist eben auch ein Wahn­
sinnspensum.“ Eines, das sie sich jeden Tag
selbst auferlegt, diese intelligente junge
Frau. Während andere sagen, ihr Tag habe
eben nur 24 Stunden, packt sie noch mehr
oben drauf. Die tägliche Tour de Force muss
auch ihr Körper mitmachen. Seit sieben Jahren leidet Paula B. an Magersucht. Schon
öfter hat sie versucht, sich freizuschwimmen.
Einmal hat sie sich ein Freisemester genommen. Anstatt abzuschalten, ist sie gleich
wieder in die Falle getappt: „Ich habe die Zeit
genutzt und bin 14 Stunden am Tag im Labor
gestanden“, sagt die Studentin. Wenn sie
über sich erzählt, dann lächelt sie milde über
sich. Dabei ist sie so streng zu sich und ihrem Körper. Die Therapie in der Schön Klinik
Noch kurz halten. Dann
loslassen und nachspüren.
Kribbeln die Finger? Erst
beginnt man mit einzelnen
Körperteilen wie der Hand.
Später ist dann der ganze
Körper dran.
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Psychosomatik
Psychosomatik – 17
sei ihre letzte Chance, sagt sie. Die letzte
Chance bevor das Arbeitsleben losgeht.
Sieben Wochen verbringt sie hier. Und lernt,
endlich mal die Bauchmuskeln loszulassen.
Besonders hilfreich für eine Patientin wie
Paula B., die ständig unter Strom steht, sind
die PME-Gruppen, das sagt sie selbst. PME
steht für Progressive Muskelentspannung.
Dabei handelt es sich um eine klassische Entspannungsmethode (siehe Kasten). In Paula
B.’s Gruppe sind nicht nur essgestörte Patienten, andere leiden an Depression oder
dem Burn-Out-Syndrom. „Auch ihnen macht
es zu schaffen, ständig in diesem angespannten Zustand leben zu müssen“, erzählt
die junge Frau. Wenn der Geist nicht ruht,
dann tun es die Muskeln auch nicht.
Wer im Sitzen trainiert,
kann die Übungen später
leichter in den Alltag in­
tegrieren. Zum Beispiel im
Auto an der roten Ampel.
Kribbeln, Schwere, Wärme. Die
Effekte sind ein Zeichen dafür, dass
das vegetative Nervensystem
auf Entspannung umgeschaltet hat.
Das Prinzip der PME beruht auf dem Gegensatz von Anspannung und Entspannung.
40 Minuten dauert jeweils eine Unterrichtseinheit. Im Hintergrund läuft leise Musik.
Die Teilnehmer können liegen oder sitzen.
Letzteres ist sogar noch ein bisschen alltagstauglicher. Die Therapeuten raten, die Übungen immer wieder mal zu machen, im Auto
an der roten Ampel, am Schreibtisch. „Ich
werde es zu Hause auf jeden Fall weiter probieren“, sagt Paula B. Mit geschlossenen
Augen ballt man die Faust für sieben Sekunden, dann lässt man wieder locker. „Wir
sollen nachspüren, wie es sich anfühlt zu entspannen“, erklärt die Studentin. „Wie die
Hand warm wird, wie sie kribbelt.“ Manche
spüren Kälte oder Schwere. Andere reagieren mit Speichelfluss und Darmgeräuschen.
Jeder Mensch reagiert anders. Die Effekte
sind ein Zeichen dafür, dass das vegetative
Nervensystem auf Entspannung umgeschaltet hat. In den ersten Sitzungen beginnt man
mit einzelnen Gliedmaßen, später spannt
man den ganzen Körper an, auch die Rückenmuskulatur und das Gesicht.
Nicht immer gelingen Paula B. die Übungen
auf Anhieb. „Aber mit jeder weiteren Stunde
funktioniert es besser“, sagt sie. Ihre
Schwachstelle ist die Stirn, die runzelt sich
immer von alleine. „Aber wenn ich nicht
mehr denke, dann geht es.“ Dabei helfen ihr
die sogenannten Fantasiereisen, auf die
die Therapeutin ihre Gruppe schickt. „Wir
stellen uns vor, dass wir am Strand liegen,
dass wir den warmen Sand unter den Füßen
spüren.“ Diese Hinweise sollen den Einstieg in die Übung erleichtern. „Jedem ist
selbst überlassen, in wie weit er dieses
Angebot annehmen möchte“, sagt Susanne
Rüdt, Leiterin der Abteilung Co-Therapie
und Pflege.
Paula B. gefällt das einfache, pragmatische
Prinzip dieser Entspannungstechnik. „Und es
ist wirklich eine gute Erfahrung zu wissen,
dass ich lernen kann, mich zu entspannen.“
Sie kann es gebrauchen. Denn der KlinikAufenthalt ist ein Wechselbad der Gefühle.
„Manchmal habe ich Angst, weil mir hier
bewusster wird, wie hartnäckig diese blöde
Anorexie ist. Manchmal tröstet es mich,
zu sehen, wie weit ich schon gekommen bin,
sie zu überwinden“, sagt Paula B. „Und
manchmal bin ich untröstlich, dass ich sieben Jahre meines Lebens nichts dagegen
getan habe.“
Progressive Muskelentspannung
Die Progressive Muskelentspannung, PME
abgekürzt, ist ein klassisches Entspannungsverfahren, das dem Patienten ermöglichen
soll, in einen Zustand der inneren Ruhe und
der körperlichen Gelassenheit zu gelangen.
Entwickelt hat sie Edmund Jacobsen, der herausfand, dass sich Angst und Nervosität auf
die Muskulatur übertragen können. Die PME
basiert auf einem einfachen physiologischen
Prinzip: Auf eine bewusste Anspannung folgt
eine Reflex bedingte Entspannung des Muskels. Die wiederum gibt eine Rückmeldung an
das vegetative Nervensystem. Pulsfrequenz
als auch Blutdruck sinken.
Je öfter man diese Reaktionen trainiert,
desto besser können sie im Körpergedächtnis
gespeichert werden. Die Gruppenteilnehmer
richten im Liegen oder Sitzen ihre ganze Aufmerk­s amkeit auf die Anspannung der verschiedenen Partien und spüren dem veränderten Gefühl nach, wenn sie wieder locker lassen.
Dabei werden sie von einem Therapeuten an­
geleitet. „Progressiv“ nennt sich die Methode,
weil man schrittweise erlernt, einzelne Muskelgruppen zu aktivieren und loszulassen. Ziel
ist es, ein Gefühl der Entspannung hervorrufen
zu können, ohne vorher den Umweg der Anspannung gegangen zu sein.
PME ist eine Technik, die bei Stress und
Verspannungen eingesetzt wird. Sie hat sich
bei Kopfschmerzen und Rückenschmerzen
bewährt, bei Depressionen und Burn-Out. Entspannung kann sich ganz unterschiedlich
positiv auswirken: mehr Selbst­b ewusstsein,
Schmerzreduktion, positives Denken, Einschlafhilfe, Besserung körperlicher Beschwerden. PME fördert die Konzentration und sensibilisiert für Sig­n ale des Körpers, so dass
Stressreaktionen schneller wahrgenommen
werden können. Bewusstes tiefes Ein- und
Ausatmen beruhigt, störende Gedanken treten
in den Hintergrund.
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
18 –
Psychosomatik
Körperliches und seelisches Gleichgewicht sind
eng verzahnt. Mit der
Sport- und Bewegungs­
therapie trainiert man
daher beides.
Psychosomatik – 19
Sport- und
Bewegungstherapie
„Den Körper mit der Seele
und die Seele durch den
Körper heilen“, sagt Oscar
Wilde. Und beschreibt
da­mit ziemlich genau die
Wirkung der Sport- und
Bewegungstherapie.
–
Text Anna Pataczek – Fotos Sigrid Reinichs
– Judith R. hat eine Zahl im Kopf. 19. Diesen Richtwert des sogenannten Body Mass
Index, so hatte sie sich vorgenommen, möchte sie am Ende ihrer Therapie knacken. Die
Maßeinheit BMI ist eine Klassifikation, die
sich aus Gewicht und Körpergröße errechnet. 19 liegt am unteren Rand des Normalgewichts. Für die 29-jährige Judith R. bedeutet
die Zahl aber noch viel mehr: Sie ist ein
Zeichen dafür, dass sie sich und ihren Körper wieder lieben lernen kann.
„Drei Jahre lang habe ich überhaupt nicht
gefrühstückt“, sagt sie. „Tagsüber habe ich
bergeweise Rohkost gegessen.“ Während
sie ihre Diplomarbeit schrieb, gehorchte der
Tag einem strengen Ablauf aus Schreiben
und Sportmachen. Jeden Tag mindestens
eineinhalb Stunden Joggen. „Es war ein
Zwang“, sagt die junge Frau, die inzwischen
drei Monate in einer psychosomatischen
Schön Klinik verbracht hat. Es ist ihr letzter
Tag der stationären Therapie. Und Judith R.
ist stolz, dass sie an diesem Tag sagen kann:
„Ich habe wieder Lebensfreude.“ Die, die
sich 16 Jahre lang vor der Au­ßenwelt versteckt hat, die abends vor dem Fernseher saß
und noch vor kurzem dachte: „Nicht zu leben wäre auch nicht schlimm.“ Judith R. mit
einem BMI von 19,3. Sie hat es geschafft.
20 – Psychosomatik
Psychosomatik – 21
Besonders hilfreich, sagt sie, waren die
Angebote der Sport- und Bewegungstherapie.
Hier hat sie gelernt, wieder Kontakt zu ihrem Körper aufzubauen, zu ihren Armen, den
Oberschenkeln, dem Bauch – den jahrelangen Feinden einer Essgestörten. Hier konnte
sie erfahren, dass man den Körper nicht nur
schinden, sondern ihn auch „positiv spüren“
kann, wie sie sagt. Ein erhebendes Erlebnis,
eine völlig neue Wahrnehmung.
Einfach mal fallen lassen
und das warme Fell spüren.
Pferde wirken wie ein Be­
ru­higungsmittel, mit Hektik
darf man diesen Fluchttieren nicht begegnen. Auch so
kann Bewegungstherapie
funktionieren.
Das bestätigt auch Dr. Katharina Alexan­
dridis. Sie leitet die Sport- und Bewegungstherapie in einer Schön Klinik und schätzt
an dieser Art der Therapie vor allem, dass
man mit ihrer Hilfe Brücken in andere Behandlungsbereiche schlagen kann. „Wenn
ein Patient mit Bandscheibenvorfall zu mir
in die Wirbelsäulengymnastik kommt, geht
es nicht nur darum, den Körper zu stärken,
sondern auch darum, herauszufinden, warum
der Patient immer so geduckt läuft“, erklärt
sie. Und dann komme im Gespräch heraus,
dass er unter seinen Beziehungsproblemen
leidet, die ihn buchstäblich niederschlagen.
„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins
Sichtbare“, sagt Alexandridis. „Das ist nicht
von mir, sondern von Christian Morgenstern.“
„Darf ich mich so bewegen? Was
denken die anderen über mich?
Dabei geht es gar nicht darum, alles
technisch perfekt umzusetzen.“
Judith R. hat Wassergymnastik besonders
viel Spaß gemacht. Sie schwebte im Becken,
hüpfte, schwamm. „Dieses Spielerische
und Kindliche hat mir gefallen“, erinnert sie
sich. Ein besonderes Erlebnis für die junge
Frau waren zudem die Reittherapiestunden,
ein in der Schön Klinik Roseneck zusätzliches kostenpflichtiges Angebot. R. schmiegte
sich auf den Rücken des Haflingers Atreju,
spürte die warmen Rundungen des Pferdes
unter ihren eigenen spitzen Knochen. Gleichzeitig musste sie im Umgang mit dem Tier
konzentriert sein, bei Kommandos ihren Körper einsetzen und klare Gesten zeigen, damit das Pferd sie versteht.
Selbstbewusstes Auftreten lernte die zarte
Frau auch in der Tanztherapie. Obwohl sich
Judith R. am Anfang nicht richtig getraut
hatte, zur Musik loszulegen. Darf ich mich so
bewegen? Was denken die anderen über
mich? Dabei geht es gar nicht darum, eine
Choreographie technisch perfekt umzusetzen. Jede Stunde steht unter einem Motto,
etwa Gefühle. Die Gruppe bildet einen Kreis
und jeder gibt einen Ball auf verschiedene
Weisen weiter: aggressiv, schüchtern, als
Geschenk. Judith R. fiel es schwer, sich auf
ihr Gegenüber einzulassen. Aber genau
das sollte trainiert werden.
Das Schönste für Judith R.: „In der Tanz­
therapie konnte ich plötzlich meiner weiblichen Seite Ausdruck geben“, sagt sie. Die
Stimme senkt sich ein bisschen. So ein Satz
scheint ihr immer noch fremd. Dankbar
klingt er aber auch.
Sport- und Bewegungstherapie
Menschen mit psychosomatischen Erkrankungen
haben oft ein belastetes Verhältnis zu ihrem
Körper. Die Sport- und Bewegungstherapie wird
deshalb eingesetzt, um körperliche, seelische
und soziale Störungen aufzudecken.
Die Sport- und Bewegungstherapie verfolgt
immer einen ganzheitlichen Ansatz. Natürlich
ist es Ziel, Kraft und Ausdauer zu verbessern
und somit Fitness und Wohlbefinden des Patien­
ten zu steigern. Es geht aber nicht darum,
möglichst gute Leistungen zu erzielen, sondern
sich und seinen Körper auf eher spielerische
Art neu zu erfahren, Ängste und Schonverhalten
abzubauen, Vertrauen in den eigenen Körper
zurückzugewinnen. Die Patienten sollen wieder
zu einer realistischen Einschätzung ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit kommen.
In Bewegungsübungen werden therapeutische
Themen der Beziehungsgestaltung, des Selbstwerts und der Spannungs- und Emotionsre­gu­
la­tion körperlich erfahrbar gemacht. Das
Angebot reicht von stationsbezogenen Körperpsychotherapien und Tanztherapien über Ballsport, Wassergymnastik, Nordic Walking,
Rückenschule, Ausdauer- und Krafttraining hin
zu Entspannungsübungen oder Atemtherapie.
Die Methoden richten sich nach den Bedürfnissen der Patienten mit ihren unterschiedlichen
Störungsbildern. Hauptprinzip der Sport- und
Bewegungstherapie ist das bewusste wertfreie
Erleben des Hier und Jetzt, sowie eine Verhaltens- und Handlungsorientierung.
Die Patienten lernen Signale des Körpers und der
Psyche besser wahrzunehmen. Innere Verände­
rungen drücken sich immer auch körperlich
aus. Dafür werden die Teilnehmer sensibilisiert.
In der Gruppe steckt jeder Teilnehmer seine
Grenzen ab oder lernt, Nähe zuzulassen. Über
die Gefühle und Ängste, die dabei entstehen
können, spricht der Therapeut mit dem Patienten. Konflikte deckt man gemeinsam auf und
löst sie zusammen.
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
22 – Psychosomatik
Psychosomatik – 23
Für jeden das Richtige.
Und viele Wege zum Ziel.
Was ist normal? Die junge,
essgestörte Frau hält sich
peinlich genau ans Rezept.
In der Lehrküche lernt
sie, wieder ein Gefühl für
die richtigen Mengen zu
entwickeln.
Weitere Therapieangebote in unseren auf
psycho­somatische Erkrankungen spezialisierten Kliniken
Ernährungstherapie / Lehrküche
Medikamentöse Therapie
Ausgerechnet in der Therapie für essgestörte
Patienten wird häufig noch das Thema Essen
ausgeklammert. Die Betroffenen beschäftigen
sich, so der falsche Glaube, ohnehin ständig
damit. Dabei ist es wichtig, frühzeitig auf den
richtigen Umgang mit Lebensmitteln aufmerksam zu machen und ihn zu erlernen. Küche
und Kühlschrank gehören zum Leben. Damit
neu umgehen zu lernen, ist eines der wichtigsten Ziele in der gesamten Essstörungstherapie. Das Essen soll wieder ein Teil des Alltags
werden und nicht mehr so stark wie bisher das
Denken und Fühlen der Patienten bestimmen.
Die Patienten sollen das Gespür für eine ganze
Mahlzeit entwickeln. Teil der Lehrküchentherapie sind deshalb Portionsgrößenschulungen.
Auch das Essen in der Gruppe ist ein wichtiger
Therapiebaustein. Essen als Genuss zu erleben, das ist das weitgesteckte Ziel.
Die Probleme der Patienten sind häufig zu
komplex, als dass man sich auf eine ausschließlich psychologische oder eine rein medizinische
Therapie beschränken könnte. Ob eine psy­
chotherapeutische Behandlung oder eine Kombination mit einer medikamentösen Therapie
in Frage kommt, hängt von der Erkrankung und
dem Schweregrad der psychischen Erkrankung ab. Moderne Psychopharmaka wirken sehr
zielgerichtet und werden passend zum jewei­
ligen Beschwerdebild ausgewählt. Nur sehr
wenige der eingesetzten Psychopharmaka machen abhängig. Bei den in den Kliniken eingesetzten Medikamenten handelt es sich häufig
um Antidepressiva, die nicht abhängig machen.
Selbst nach wochen- oder monatelanger Behandlung können diese ohne Gefahr von Entzugserscheinungen abgesetzt werden, wobei sie
in der Praxis jedoch in der Regel langsam über
mehrere Wochen ausgeschlichen werden. Am
Beginn der Behandlung mit einem Psychopharmakon steht die ausführliche Aufklärung über
die Wirkung und unerwünschte Nebenwirkungen der Medikamente – hierzu nehmen sich
die Ärzte und Psychologen in der Schön Klinik
ausführlich Zeit. Ärzte mit Fachqualifikationen
auf den Gebieten psychosomatischer und somatischer Medizin stellen die sorgfältige und
umfassende Diagnostik und die somatische Behandlung sicher. Auf Basis unseres ganz­
heitsmedizinischen Ansatzes erarbeiten unsere
Mediziner in Zusammenarbeit mit dem Bezugs­
therapeuten ein wirksames Behandlungs­
konzept.
Foto Robert Fischer
Biofeedback
Die Biofeedback-Methode gibt eine kontinuierliche Rückmeldung biologischer Signale. Mit
Hilfe eines Computers werden etwa Herzschlag
oder Handschweiß gemessen – Körpersignale,
die eine erhöhte vegetative Anspannung oder
Muskelanspannung anzeigen und die sonst nur
sehr ungenau wahrgenommen werden. Der
Patient bekommt sie als Kurven auf dem Bildschirm präsentiert. Vorrangiges Ziel der Thera­
pie ist, dass der Patient erkennt, wie Gedanken,
Gefühle und Körperreaktionen zusammen­
hängen. Physiologische Prozesse beeinflussen
psychische, psychosomatische und körperliche Krankheiten. Sie wahrzunehmen und zu beeinflussen, dabei kann Biofeedback helfen.
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
24 – Psychosomatik
Psychosomatik – 25
Unsere Behandlungsschwerpunkte
Die folgenden Krankheitsbilder werden in unseren
auf psychoso­matische
Erkrankungen spezialisierten Kliniken behandelt.
Eine genaue Übersicht finden Sie auf Seite 31.
–
ADHS im Erwachsenenalter –
Emotionen, ungebremst
– Verminderte Aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität – so heißen die drei
Kernsymptome von ADHS, der bei Kindern
und Jugendlichen seit langem erfolgreich
be­handelten Aufmerksamkeitsdefizit-/Hy­per­
ak­ti­vi­tätsstörung. Lange ging man fälsch­
lich davon aus, diese Störung würde sich
„auswachsen“. Heute weiß man, dass bis
zu 60 Prozent der Betroffenen auch im
Erwach­senenalter Auffälligkeiten zeigen:
Organisationsprobleme im Alltag, Stimmungsschwankungen, verminderte Stressund Frustrationstoleranz und eine Viel­zahl
zwischenmenschlicher Schwierigkeiten und
Belastungen machen eine weitere Thera­
pie erforderlich. Die Behandlung von ADHS
ist im klassischen Sinne psychosomatisch,
weil sie somatische Verfahren wie eine
gute medikamentöse Einstellung und psychotherapeutische Methoden wie Selbst­
hilfegruppen, Einzel- und Gruppentherapieinterventionen kombiniert. Wesentlich ist
dabei die umfassende Aufklärung und Beratung der Betroffenen und ihrer Angehö­
rigen. Nur gemeinsam lassen sich Möglichkeiten ausloten, wie Alltag und Störung
in möglichst reibungsfreie Übereinkunft gebracht werden können. In leichteren Fällen
wird diese Therapie ambulant durchgeführt,
in schwereren Fällen und bei häufig hinzugetretenen zusätzlichen psychischen Störungen, wie z. B. Depressionen und Ängsten,
empfiehlt sich ein stationärer Aufenthalt.
Angststörungen –
Lebensbestimmende Angst
– Angst ist ein wichtiges Gefühl, das vor
Gefahren warnt oder zu Höchstleistungen
anspornt. Es gibt aber auch krankhafte
Ängste, die das Leben bestimmen und seine
Qualität stark einschränken. Panikattacken
und Vermeidungsverhalten können zum Verlust des Selbstvertrauens, zu sozialer Isolierung und Depressionen führen. Manche der
Betroffenen werden alkohol- und medika­
men­ten­abhängig. Man geht davon aus, dass
etwa 10 Prozent der Bevölkerung im Laufe
ihres Lebens unter be­handlungsbedürf­tigen
Angststörungen leiden. Als Königsweg der
Behandlung gilt die Psychotherapie, gegebenenfalls kombiniert mit Pharmakotherapie.
Dabei wird der Patient bewusst mit seinen
Ängsten konfrontiert und lernt, sie zu hin­
terfragen. Auf diese Weise soll sich seine Einstellung und schließlich auch sein Verhalten ändern.
Burnout –
Mit den Kräften am Ende
– Schätzungen zufolge ist fast ein Viertel
der Erwerbstätigen in Deutschland chronisch
erschöpft – sie leiden an einem Burnout
(englisch für „sich ausgebrannt fühlen“). Dies
ist oft der Endpunkt einer Entwicklung, die
mit idealistischer Begeisterung begann und
über frustrierende Erlebnisse zur Desillu­­
sio­nierung geführt hat. Während die Leis­
tungs­fähigkeit abnimmt, nehmen die emo­
tionale Erschöpfung und die Angst vor dem
Scheitern zu – bis hin zu körper­lichen Sympto­
men wie Engegefühlen in der Brust, Atembeschwerden, Rückenschmerzen oder Übelkeit. Oft folgen psychosoma­tische Erkran­
kungen wie Depressionen, Ängste, erhöhte
Reizbarkeit etc. Gut gemeinte freundschaft­
liche Ratschläge wie „mach mal weniger
Stress“, „schalte mal ab“, „nimm das Tempo
raus“ etc. helfen in solchen Fällen nur selten
weiter. Die Therapie muss sich zunächst der
Depressionen und Ängste annehmen. Gemeinsam mit dem Patienten werden dann die
persön­lichen Verhaltensmuster analysiert,
die das Entstehen von Überforderung begünstigen. In einem individuellen Programm aus
Einzelgesprächen und Gruppentherapien
können die Betroffenen bei der Entwicklung
von Strategien und Einstellungen unter­
stützt werden, die ihnen helfen, Belastungs­
situa­tionen besser zu bewältigen.
Chronische Schlafstörungen –
Aufgekratzt und hundemüde
– Schlafstörungen zählen zu den häufigsten
gesundheitlichen Beschwerden überhaupt.
Zu den häufigsten Ursachen zählen chro­
nischer Stress, Konflikte in der Partnerschaft,
aber auch Lärmbelästigung, körperliche
Schmerzen und Tinnitus und nicht zu vergessen psychische Erkrankungen. Die Betrof­
fenen sind tagsüber oft müde, unkonzentriert
und missmutig, im Langzeitverlauf neigen
sie zur Entwicklung von Depressionen.
Abends fühlen sie sich vielfach innerlich
aufgekratzt und angespannt und haben
Schwierigkeiten abzuschalten. Sie grübeln
über die Gründe und Folgen ihrer Schlaf­
losigkeit, was zu weiteren Schlafstörungen
führen kann – ein Teufelskreis. Nach neueren Erkenntnissen sind chronische Schlafstörungen jedoch nicht nur für die Psyche
belastend, sondern haben auch für die kör-
26 – Psychosomatik
perliche Gesundheit gravierende Folgen. Oft
werden Schlafstörungen primär mit
Medikamenten behandelt, obwohl manche
der eingesetzten Schlafmittel wie Benzo­
diazepine oder Benzodiazepinanaloga nur
vorübergehend wirken und bei längerer
Nutzung abhängig machen. Deutlich besser
hat sich ein Ansatz bewährt, der verhaltenstherapeutische Interventionen mit diversen Entspannungsmethoden kombiniert.
Chronische Schmerzkrankheit –
Wenn aus Schmerz Angst wird
– Im Gegensatz zum akuten Schmerz, der
als Warnsignal des Körpers bei akuten,
möglicherweise sogar lebensbedrohlichen
Erkrankungen verstanden werden kann,
hat der chronische Schmerz diese Warnfunktion verloren. Durch eine anhaltende
Belastung des körpereigenen Schmerzabwehrsystems kommt es bei chronischen
Schmerzen zur Ausbildung eines Schmerzgedächtnisses und zur Entwicklung einer
eigenständigen Schmerzkrankheit. Der
Schmerz wird zum Mittelpunkt des Lebens,
bestimmt Stimmung, Verhalten und Gedanken. Es kommt zum sozialen Rückzug, möglicherweise auch zu Stimmungsschwan­
kungen, was die Sensibilität gegenüber
Schmerzreizen noch weiter erhöhen kann.
Körperliche Aktivität wird aus Sorge vor
Verschlimmerung der Schmerzen häufig
vermieden, wodurch es über die verstärkte
Schonung zu weiteren körperlichen Einschränkungen kommt. Patienten mit chro­
nischen Schmerzerkrankungen werden
nach einem integrativ-verhaltensmedizi­
nischen Konzept behandelt. Im Rahmen
eines multimodalen Behandlungsansatzes
steht die intensive psychotherapeutische,
medizinische und physiotherapeutische Behandlung im Vordergrund. Dies wird
Psychosomatik – 27
gegebenenfalls durch weitere Behandlungsbausteine ergänzt. Ziel der Behandlung
ist neben dem verbesserten Umgang mit der
Schmerz­erkrankung vor allem eine Steigerung der Lebensqualität.
Depressionen –
Mit den Gefühlen am Boden
– Wenn Niedergeschlagenheit, Traurigkeit
und fehlende Lebensfreude den Alltag massiv beeinträchtigen, spricht man von einer
Depression. Oft leiden die Betroffenen auch
unter weiteren Symptomen, beispielsweise
Schlaf- oder Konzentrationsstörungen. Depressionen können ohne sichtbaren Anlass
auftreten. Oft stehen sie aber im Zusammenhang mit Schicksalsschlägen oder Veränderungen der Lebensverhältnisse. Auch Konflikte in der Familie, der Partnerschaft oder
am Arbeitsplatz können Depressionen auslösen. Depressionen lassen sich medikamentös und psychotherapeutisch gut behandeln.
Als wirksam haben sich tiefenpsychologische Psychotherapie oder kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Bei die­ser Therapieform werden die Patienten dazu bewegt, sich
bewusst mit depressions­fördernden auto­ma­
tischen Denkmustern auseinanderzusetzen
und diese durch hilfreichere Gedanken zu
ersetzen. Die Patienten werden auch dabei
unterstützt, ungünstige Verhaltensmuster
zu identifizieren und zunächst im Klinikumfeld und dann schrittweise auch im Alltag
günstigere Verhaltensweisen zu entwickeln.
Essstörungen –
Gegen den eigenen Körper
– Patienten mit Essstörungen (Anorexia
nervosa und Bulimia nervosa) leiden unter
einem verzerrten Körperbewusstsein. Figur
und Gewicht haben einen übermäßig hohen
Einfluss auf ihr Selbstwertgefühl. Durch exzessiven Sport, Erbrechen, Vermeidung bestimmter Lebensmittel oder Fasten versuchen
sie zwanghaft, ihren Körper zu kontrollieren.
Ein Hauptziel der Therapie besteht darin, ihr
Essverhalten nachhaltig zu normalisieren.
Dazu lernen die Betroffenen, körpereigene
Signale wie Hunger oder Sättigung wieder
besser wahrzunehmen und danach zu handeln. Zur Veränderung des Essverhaltens
trägt auch bei, dass ihr Selbstwertgefühl gesteigert und ihre Fähigkeit verbessert wird,
mit Problemen umzugehen sowie Gefühle
wahr­zunehmen. Dies gilt auch für Patienten,
bei denen eine Adipositas (Fettleibigkeit)
besteht. Nicht selten ist das damit verbundene gestörte Essverhalten mit vielfältigen
psychischen wie körperlichen Erkrankungen
verbunden. Neben genetischen Voraussetzungen, Umweltfaktoren und Multidiäten
sind es v. a. die „Binge“-Essstörung mit
Heisshungeranfällen und dem Gefühl, die
Kontrolle zu verlieren sowie vermehrtes
Essen, die wesentlich zu einer weiteren Gewichtssteigerung beitragen. Die Behandlungsziele reichen daher von einer Verbesse­
rung der Selbstkontrolle des Essverhaltens,
der Wiederaufnahme angemessener körperlicher Aktivitäten, mehr Sicherheit im
Umgang mit emotionalen und sozialen Belastungsfaktoren, Förderung von Selbstwert
und -akzeptanz bis hin zu einer Besserung
der körperlichen und seelischen Begleiterkrankungen.
Fibromyalgie Syndrom –
Wenn der ganze Körper schmerzt
– Fibromyalgie Syndrom ist eine Schmerzkrankheit, von der in Deutschland ca. 1,6 Millionen Menschen betroffen sind, überwiegend Frauen. Unterschiedliche Auslöser wie
Stress oder Fehlhaltungen können zu einer
muskulären Anspannung führen, die das körpereigene Schmerzabwehrsystem überlastet. Die Betroffenen entwickeln ein Schmerzgedächtnis und leiden in Folge unter unterschiedlich intensiven und wechselnden
Schmerzen vor allem in den Muskelsehnen­ansätzen, der Muskulatur und den gelenknahen Bereichen. Häufige Begleitsymptome
sind Erschöpfung, Konzentrationsstörungen,
Magen- und Darmbeschwerden, Spannungsgefühle in den Extremitäten oder Kopf­
schmer­zen. Eine Kombination aus aerobem
Ausdauertraining, gegebenenfalls medi­ka­
mentöser Therapie, kognitiver Verhaltenstherapie und physikalischen Maßnahmen
wird am ehesten dem vielschichtigen Beschwerdekomplex gerecht. Analge­tika
(Schmerzmittel) spielen dabei ebenso eine
untergeordnete Rolle wie physikalische
Maßnahmen (Massagen). Die Krankheit wird
nicht geheilt, aber die Beschwerden lassen
sich deutlich lindern. Ziel ist es, für die Betroffenen wieder einen nicht mehr durch
Schmerz bestimmten Alltag zu schaffen und
ihre Lebensqualität so spürbar zu steigern.
Körperdysmorphe Störungen –
Sich unerträglich hässlich finden
– Körperdysmorphe Störungen sind weit
verbreitet, aber noch wenig bekannt. Kennzeichnend ist eine übermäßig kritische Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen. Die
Gedanken der Betroffenen drehen sich
wenigstens eine Stunde täglich um ihre Erscheinung, zumeist um ein oder mehrere
Körperteile, manchmal auch um den ganzen
Körper. Während Außenstehende die Erkrankten meist unauffällig oder attraktiv finden, überlegen sie selbst ständig, wie sie
gerade aussehen und auf andere wirken oder
wie sie sich unauffälliger machen und ver-
28 – Psychosomatik
ändern könnten. In der Folge kommt es zu
teilweise erheblichen Einschränkungen
in allen Lebensbereichen. Auch Depressionen,
soziale Ängste, Zwänge oder Essstörungen
sind häufig. Bei der Behandlung hat sich die
kognitive Verhaltenstherapie als am wirksamsten erwiesen. In schweren Fällen kann
durch die Kombination mit einem selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ein zusätzlicher Behandlungseffekt erreicht werden.
Neben ausführlicher Aufklärung über die
Krankheit entwickeln Therapeuten und Pa­ti­
enten gemeinsam ein genaues Verständnis
der individuellen Störung und ihrer Funktion
im Leben des Patienten. Belas­tende Denkmuster und Verhaltensweisen sowie die eige­
ne Körperwahrnehmung werden hinterfragt
und verändert. So kann bei den meisten
Betroffenen eine Besserung bis hin zur vollständigen Remission erreicht werden.
Persönlichkeitsstörungen unter
besonderer Berücksichtigung
von Borderline – Achterbahn der
Gefühle
– Unsichere und Unterwürfige, Zwanghafte
und Egozentriker, Selbstverliebte und Paranoiker, Einzelgänger und Antisoziale – viele
dieser Charaktere sind uns in milder Form
aus dem Alltag bekannt. Sind die entsprechenden Eigenschaften jedoch stark aus­
geprägt, bezeichnet man dies als Persönlichkeitsstörung. Besonders oft behandelt wird
die emotional instabile bzw. BorderlinePersönlichkeitsstörung – allein in Deutschland leiden darunter rund 1,5 Mio. Menschen. Sie erleben jeden Tag eine Achterbahn
der Gefühle, sind mal unsicher und haben
Angst verlassen zu werden, mal stoßen sie
andere weg. So beeinträchtigt die Erkrankung das ganze Leben der oft jungen Patienten: Ausbildungs- und Berufswege werden
Psychosomatik – 29
unter­brochen, Freund- und Partnerschaften
in Frage gestellt. Viele haben sich zudem
an Verhaltensweisen gewöhnt, die kurzfristig gegen die innere Hochspannung helfen,
langfristig aber schädlich sind: Selbstverletzungen, Substanz- oder Alkoholmissbrauch,
Fressanfälle, zu schnelles Fahren oder
übermäßi­ges Geldausgeben. Trotz des hohen
Leidensdrucks galt diese Störung lange als
schwer behandelbar. Das hat sich durch die
Entwicklung neuer standardisierter Behandlungsverfahren jedoch grundlegend verändert. Die Schön Klinik hat sich auf eine multimodale sta­tionäre Behandlung spezialisiert, bei der eine Dialektisch-Behaviorale
Therapie (DBT) durch Bewegungs- und
Kunstgruppentherapien ergänzt wird. Bei
vielen Betroffenen kann so weit­gehende
Symptomfreiheit und eine umfassende Alltagsbewältigung erzielt werden.
Psychokardiologie / Psycho­
onkologie – Körper und Seele
– Ein Herzinfarkt oder eine Krebserkrankung reißen Menschen aus ihrem Alltag.
Viele Patienten leiden nicht nur körperlich,
sondern erleben auch psychische Belastungen. So ist es mittlerweile erwiesen, dass
eine vorhergehende Depression die Wahrscheinlichkeit von Herz- und Kreislauferkrankungen verdoppelt. Körperliche und seelische Leiden sollten aufgrund dieser Wechselwirkungen zusammen behandelt werden.
Ähnlich geht es Krebspatienten, deren Erkrankung die Ärzte therapieren, aber nicht immer heilen können. Deshalb benötigen Menschen im Krankenhaus nicht nur Medizin
für den Körper, sondern auch Unterstützung
für die Seele. Die Schön Klinik bietet, wenn
Patienten es wünschen, psychologische Begleitung im Rahmen des Programms „Psychoonkologie“ bzw. „Psychokardiologie“ an.
Das ist „Teamarbeit“ zum Wohle des Patienten. So begleitet ein psychosomatischer Arzt
die Visiten der Herz- und Krebsspezialisten.
In Einzelgesprächen geht es – ergänzend zur
organischen Behandlung – um die Verhaltens­
ebene und die psychische Ebene. Hierbei
kommen auch spezifische Testverfahren zum
Einsatz, um die Art und den Grad der Belastung zu erkennen. Was betrifft den Patienten
akut – zum Beispiel die Angst vor einer
anstehenden Chemotherapie? Oder: Welche
Lebensperspektive sieht ein HerzinfarktPatient; was möchte er in seinem Alltag ändern? Die Therapieangebote reichen von
Einzelgesprächen und Gruppentherapie, Krisenintervention über Entspannungstherapie, Sport- und Bewegungstherapie bis zur
Ernährungsberatung. Ziel ist immer, die
Lebensqualität der Patienten zu verbessern
und zur Hilfe zur Selbsthilfe anzuleiten.
Reaktionen auf schwere
Belastungen und Anpassungsstörungen – Einschneidende
Erlebnisse
– Nach traumatischen Erlebnissen wie Gewalterfahrungen oder sexuellem Missbrauch
können psychische Störungen auftreten,
darunter die posttraumatische Belastungsstörung. Deren Hauptmerkmal ist das häu­
fige, ungewollte Wiedererleben der traumatischen Erlebnisse in Form von Albträumen
oder belastenden Bildern. Dazu gehören
auch die so genannten Flashbacks – so intensive und lebhafte Erinnerungen, dass die
Betroffenen das Gefühl haben, das traumatische Erlebnis passiere noch einmal. Reize,
die an die traumatischen Erlebnisse erinnern
(z. B. Geräusche, Personen, Filme, geschlossene Türen etc.), können eine starke psychische Belastung, Angst und sogar körper­
liche Reak­tionen auslösen. Anhaltende kör­
per­liche Er­regung, Nervosität, Unruhe,
Zittern und erhöhte Schreckhaftigkeit (Gefühl, ständig „auf dem Sprung“ zu sein)
sind weitere Kennzeichen einer posttraumatischen Belastungs­störung. Um die traumabedingten Beschwerden zu verändern, setzt
die Psychotherapie beim gedanklichen
Umgang mit dem Erlebten und beim Ver­
halten der Betroffenen an. Der Pa­tient lernt,
mit den Erinnerungen an sein Erlebnis
umzugehen und die dadurch bedingte Belastung zu verringern. Außerdem wird er
unterstützt, schädliches Vermeidungsverhalten schrittweise aufzugeben und mögliche
Schuld- und Schamgefühle aufzu­arbeiten.
Somatoforme Störungen –
Gefühlter Schmerz
– Unter somatoformen Störungen (hier speziell: Somatisierungsstörungen, Hypochondrie) versteht man körperliche Beschwerden,
die nicht vollständig durch organische Befunde zu erklären sind. Diese Beschwerden
werden vom Betroffenen meist als sehr
belastend erlebt. Auf der Suche nach einer
Erklärung für die Körpersymptome kontaktieren die Patienten oft viele verschiedene
Ärzte und lassen sich genau untersuchen.
Immer wieder berichten Patienten mit Somatisierungsstörungen, dass sie sich unverstanden fühlen, weil ihnen gesagt wurde, dass
sie gesund seien. Sie können den Ärzten einfach nicht glauben, denn ihre Symptome
sind subjektiv real. Patienten mit Hypochondrie hingegen lassen sich kurzfristig durch
die gute Nachricht, dass alles medizinisch in
Ordnung ist, beruhigen, geraten jedoch wiederkehrend in den Teufelskreis aus Krankheitsängsten und der Suche nach Beruhigung.
Wenn die Mittel der Organmedizin ausgeschöpft sind, sollte psychotherapeutisch ange­
setzt werden. Gemeinsam mit dem Thera-
30 – Psychosomatik
Bitte entnehmen Sie der nachfolgenden
Tabelle, welche unserer Kliniken auf das jeweilige
Krankheitsbild spezialisiert ist.
Schön Klinik Bad Arolsen
Schön Klinik Bad Bramstedt
Schön Klinik Bad Staffelstein
Schön Klinik Berchtesgadener Land
Schön Klinik Hamburg Eilbek
Schön Klinik Roseneck
Weitere Informationen auf unserer Website:
www.schoen-kliniken.de
Schön Klinik Starnberger See
Zwänge
Tinnitus und Hyperakusis
Somatoforme Störungen
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
(z. B. post­t raumatische Belastungsstörung)
Psychokardiologie/Psychoonkologie
Persönlichkeitsstörungen unter besonderer Berücksichtigung
der Borderline-Störung
Pathologischer Computergebrauch
Körperdysmorphe Störungen
Fibromyalgie Syndrom
Essstörungen
Depressionen
Chronische Schmerzkrankheit
Chronische Schlafstörungen
  Stationäre Rehabehandlung
Angebote für bestimmt Altersgruppen (siehe Infokasten auf Seite 34)
 Stationäre
Krankenhausbehandlung
Burnout
– Drei Millionen Erwachsenen in Deutschland wird ein ständiger Ton im Kopf zur Qual –
sie haben einen chronischen Tinnitus. Etwa
ein Drittel davon leidet zudem an einer
Geräuschüberempfindlichkeit (Hyperakusis)
und unter heftigen Schwindelattacken
(Morbus Menière). Einhergehend mit diesen
Beschwerden treten meist Depressionen,
Ängste, Burnout, Schlaflosigkeit und innere
Unruhe auf. Die Therapie setzt zunächst an
den organischen Grundlagen an. Zusätzlich
wird mit Hilfe psychotherapeutischer Strategien die belastende Wirkung der „Folterknechte im Kopf“ reduziert. So können Teufelskreise durchbrochen werden, bei denen
ein gegen die Krankheit gerichtetes Verhalten
diese noch zusätzlich verstärkt. Für den Erfolg der Behandlung ist eine enge Verzahnung
zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen und Therapeuten notwendig. Diese ist
in dem integrierten, multimodalen Behandlungsansatz der Schön Klinik gewährleistet,
der unterschiedliche Methoden wie Psychotherapie, Hörtherapie, HNO-ärztliche Aufklärung und Entspannungstherapie kombiniert.
Patienten, die unter Tinnitus oder Geräuschempfindlichkeit leiden, konzentrieren sich so
stark auf die störenden Symptome, dass alle
anderen Eindrücke in den Hintergrund treten.
In der Hörtherapie wird speziell das Filtern
von unerwünschten oder lästigen Geräuschen trainiert.
– „Ich muss es immer wieder tun, obwohl
es unsinnig ist.“ Eine typische Äußerung
für einen Patienten, der unter Zwängen leidet.
Belastende Gedanken, Ideen oder Impulse
drängen sich immer wieder ins Bewusstsein
und können, obwohl der Verstand es besser
weiß, nur durch ritualisierte Handlungen
oder Gedanken beruhigt werden. Das nimmt
oft Stunden in Anspruch und beeinträchtigt
den gesamten Tagesablauf. Auch wenn
Zwangsstörungen unter Erwachsenen zu den
häufigsten psychischen Erkrankungen ge­
hören, ist die Scham groß. Viele Betroffene
ver­suchen, ihre Symptome zu verbergen.
Dabei kön­nen Behandlungen helfen: Wenn
eine medizinische Indikation besteht, kann
Psychotherapie mit sinnvollen Medikamenten
kombiniert werden wie z. B. nicht abhängig
machenden Antidepressiva. Die Patienten
lernen, mit den durch ihre Befürchtungen ausgelösten unangenehmen Gefühlen umzugehen, sie ent­wickeln Alterna­tiven zu ungünstigen Denk­gewohnheiten und setzen sich
mit ihren Lebensbedingungen auseinander.
Am Ende sind sie in vielen Fällen stark genug, Be­lastungen auch ohne Zwangs­rituale
zu be­wäl­tigen.
Unsere Behandlungsschwer­
punkte in den einzelnen Kliniken
Angststörungen
Tinnitus und Hyperakusis –
Die Folterknechte im Kopf
Zwänge –
Ein unwiderstehlicher Drang
ADHS im Erwachsenenalter
peuten werden mögliche psychische Ursachen
untersucht. Patienten mit Somatisierungsstörungen oder Hypochondrie werden nach
einem vielschichtigen Therapiekonzept mit
den Schwerpunkten Psychotherapie, medizinisch-medikamentöse Therapie und gezielte
sportliche Aktivierung behandelt.
Psychosomatik – 31
32 –
Psychosomatik
Psychosomatik – 33
Sie interessieren
sich für eine bestimmte
Schön Klinik?
Schön Klinik Bad Bramstedt
Schön Klinik Hamburg Eilbek
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Patientenservice
der einzelnen Kliniken beantworten gerne Ihre Fragen.
Zentrale Klinikberatung (siehe S. 34)
Schön Klinik
Seestraße 5a
83209 Prien am Chiemsee
T 0800 8 87 88 87 (Kostenfrei)
F 08051 695 – 51 27
Klinikberatung-Psychosomatik@
Schoen-Kliniken.de
Schön Klinik Bad Arolsen
Schön Klinik Bad Arolsen
Schön Klinik Hamburg Eilbek
Hofgarten 10
34454 Bad Arolsen
T 05691 62 38 – 3333
[email protected]
–
Dehnhaide 120
22081 Hamburg
T 040 20 92 – 0
[email protected]
–
Schön Klinik Bad Bramstedt
Schön Klinik Roseneck
Birkenweg 10
24576 Bad Bramstedt
T 04192 504 – 0
[email protected]
–
Am Roseneck 6
83209 Prien am Chiemsee
T 08051 68 – 0
[email protected]
–
Schön Klinik Bad Staffelstein
Schön Klinik Starnberger See
Am Kurpark 11
96231 Bad Staffelstein
T 09573 56 – 610
[email protected]
–
Münchner Straße 23 – 29
82335 Berg
T 08151 17 – 0
[email protected]
–
Schön Klinik Berchtesgadener Land
Malterhöh 1
83471 Schönau am Königssee
T 08652 93 – 1607
[email protected]
–
Schön Klinik Bad Staffelstein
Schön Klinik
Roseneck
Schön Klinik
Starnberger See
Schön Klinik
Berchtesgadener
Land
34 – Psychosomatik
Bleiben Sie mit
uns in Kontakt.
– Qualität, die für Patienten erfahrbar ist.
Klinikberatung. Unterstützung von Anfang an.
Unsere Klinikberaterinnen suchen den für
Sie am besten geeigneten Platz und beraten
Sie gerne. Unsere Beraterinnen verfügen
über Informationen zu den aktuellen Wartezeiten und dazu, in welchen Häusern freie
Kapazitäten zur Verfügung stehen. Auch bei
allen Fragen zu den Aufnahmeformalitäten
können Sie sich gerne an unsere Klinikberaterinnen wenden.
Schön Klinik
Seestraße 5a
83209 Prien am Chiemsee
T 0800 88 78 887 (Kostenfrei)
F 08051 695 – 51 27
Klinikberatung-Psychosomatik@
Schoen-Kliniken.de
Angebote für besondere Ziel- und Altersgruppen
An drei Standorten der Schön Klinik – in Hamburg, Bad Bramstedt sowie Prien am Chiemsee – bieten wir psychosomatische Behandlung
für bestimmte Altersgruppen. Unser Ziel: die
Therapie noch besser auf die besonderen Fragen
zuzuschneiden, die sich in einer bestimmten
Lebensphase stellen.
–S chön Klinik Bad Bramstedt
Psychosomatische Behandlung für Menschen ab 60 Jahren mit Depression
–S chön Klinik Roseneck
Psychosomatische Behandlung für Jugend­
liche (14 – 18 Jahre) unter kinder- und jugendpsychiatrischer Leitung, Schwerpunkt Essstörungen, Zwangsstörungen, Soziale Phobie
und Angststörungen
–Schön Klinik Hamburg Eilbek – Psychosomatik
Psychotherapiestation für junge Erwachsene
(16 – 30 Jahre) mit komplexen psychischen
Problemen
Die Wahl einer Klinik ist eine sehr persönliche Entscheidung. Wo erhalte ich als Patient die bestmögliche
me­dizinische Therapie? Wo nehmen sich Pflegekräfte
und Therapeuten Zeit für meine Anliegen? In der Schön
Klinik sprechen wir nicht nur über Qualität. Wir wol­len
sie auch nachweisen. Schwarz auf weiß. Deshalb überprüfen wir unsere Behandlungsergebnisse. Wir fragen
nach, ob es dem Patienten nach einem Klinikaufenthalt
wirklich besser geht, und messen unsere Therapie­
erfolge anhand von Qualitätsindikatoren mit mehr als
einer Million Einzel­daten. Wir wollen wissen und
nicht vermuten, wie wir Behandlungserfolge erreichen,
die messbar, spür­bar besser sind. Die Objektivität
und Strenge unserer Qualitätsmessungen – die wir seit
vielen Jahren durchführen – helfen uns dabei.
Qualität ist nicht nur eine Frage der fachlichen Kompetenz. Sie hängt auch vom persönlichen Engagement
unserer Mediziner und Therapeuten ab. Und von unserer
Bereitschaft, täglich besser zu werden. Das Ergebnis:
Therapie in einer Qualität, die für Patienten in unseren
Kliniken spürbar und erfahrbar ist.
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