Ursula Kocs Herausgeber: Ursula Kocs, Thomas Kratz Menschen mit demenziellen Erkrankungen – pflegen, beraten und betreuen Kompetente Pflege 1. Auflage Bestellnummer 16101 16101_001_00.indd 1 27/08/13 2:58 PM Haben Sie Anregungen oder Kritikpunkte zu diesem Produkt? Dann senden Sie eine E-Mail an [email protected] Autoren und Verlag freuen sich auf Ihre Rückmeldung. Die in diesem Werk aufgeführten Internetadressen sind auf dem Stand zum Zeitpunkt der Drucklegung. Die ständige Aktualität der Adressen kann von Seiten des Verlages nicht gewährleistet werden. Darüber hinaus übernimmt der Verlag keine Verantwortung für die Inhalte dieser Seiten. www.bildungsverlag1.de Bildungsverlag EINS GmbH Hansestraße 115, 51149 Köln ISBN 978-3-427-16101-1 © Copyright 2013: Bildungsverlag EINS GmbH, Köln Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. 16101_001_00.indd 2 27/08/13 2:41 PM Vorwort 3 Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, die neue Themenreihe „Kompetente Pflege“ ist flexibel, schüler-, handlungs- und praxisorientiert gestaltet und berücksichtigt aktuelle Erkenntnisse der Fachwissenschaft. Flexibel wird die Themenreihe durch die einzelnen Themenhefte, die jeweils einen Schwerpunkt abbilden. Schülerorientiert sind die Themenhefte in ihrer Bild- und Textgestaltung. Durch die Lernsituationen berücksichtigen die Themenhefte stringent einen handlungsorientierten didaktischen Ansatz. Praxisorientiert sind die Themenhefte, da viele Aufgaben in der Praxis von Praxisanleitern aufgegriffen werden können und somit der Theorie-Praxis-Transfer erleichtert wird. Zusammen ist dadurch ein innovativer und an den Themenheften orientierter Unterricht möglich. Die Themenreihe ist für alle pflegerischen und sozialpflegerischen Berufe und Ausbildungen der Berufsfachschulen, Berufskollegs und Fachschulen (von Altenpflegehilfe, Altenpflege, Diätassistentinnen und Diätassistenten, Familienpflegerinnen und Familienpfleger, Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Heilerziehungspflege, medizinische Fachangestellten sowie pflegeorientierte Studiengänge) bestimmt. Durch die Aufteilung in Themenhefte ist eine für den Ausbildungsgang spezifische Auswahl möglich. Zur besseren Orientierung besitzen die Themenhefte einen farblichen Einband, der sich an den Lernbereichen des Rahmenlehrplans der Pflegeausbildung orientiert: Lernbereich Lernbereich Lernbereich Lernbereich Lernbereich 1 – Aufgaben und Konzepte = grüne Reihe 2 – Unterstützung pflegebedürftiger Personen = lila Reihe 3 – Institutionelle und rechtliche Rahmenbedingungen = orange Reihe 4 – Pflege als Beruf = rote Reihe übergreifend = blaue Reihe Dabei sind die Lernsituationen an einer Modelleinrichtung ausgerichtet, sodass ein situationsorientiertes Lernen möglich wird. Die Aufbereitung des Unterrichts wird damit wesentlich reduziert, ohne die methodische Vielfalt einzugrenzen. Damit stellt die Themenreihe einen neuen Charakter von Schul- und Lehrbüchern dar. Die Themenhefte berücksichtigen die aktuellen pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse und die Expertenstandards, was sie als Lehrbücher auszeichnet. Darüber hinaus sind die Themenhefte als Schulbücher konzipiert, die im didaktischen Ansatz handlungs- und kompetenzorientiert ausgerichtet sind. Das bedeutet, Sie verfügen in jedem Themenheft über eine Auswahl von Aufgabenstellungen und Falldarstellungen, sodass mithilfe des Themenheftes Unterrichtsreihen gestaltet werden können; eine integrierte dreistufige Lernsituation, die sich in der Komplexität oder Schwerpunktsetzung steigert und je nach Ausbildungsstand von den Schülerinnen und Schülern in Teilen oder vollständig selbstständig bearbeitet werden kann. Die Aufgabenformulierungen in der Lernsituation berücksichtigt das Prinzip der vollständigen Handlung, was ein reflexives Lernen ermöglicht. 16101_001_00.indd 3 27/08/13 2:41 PM 4 Vorwort Durch die unterschiedlichen Aufgabenformate und die gestufte Lernsituation wird eine Förderung der beruflichen Handlungskompetenz berücksichtigt. Dabei wurde besonders auf eine Anwendungsorientierung geachtet, die sich aus einer Situationsorientierung einschließlich einer Problemorientierung und einer Entscheidungsorientierung zusammensetzt. Zu den fachdidaktischen Prinzipien zählen ebenso die Wissenschaftsorientierung und die Heterogenität. Mit Heterogenität werden die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen der Pflegeinstitute und Personen verstanden, die im Beziehungsprozess der Pflege stehen. Damit wird eine professionelle Fallarbeit gewährleistet. Um die Anwendungsorientierung zu ermöglichen, wurde eine Modellgesundheitseinrichtung mit Krankenhaus, Altenheim und ambulanten Pflegedienst entwickelt, an der sich die Fallsituationen orientieren (hermeneutischer Ansatz). Die Modellgesundheitseinrichtung bietet die Möglichkeit, möglichst realistische Fälle aus dem Handlungsfeld der Auszubildenden zu integrieren (empirischer Ansatz). Unter BuchPlusWeb (siehe Code) kann das Organigramm der Modellgesundheitseinrichtung nach einer Registrierung kostenfrei heruntergeladen werden. Zudem finden Sie unter BuchPlusWeb unterjährige Aktualisierungen zur Themenheftreihe, weitere Zusatzinformationen und Zusatzmaterialien sowie weitere, kostenpflichtige Lernsituationen und Lösungen zum Download. Wir wünschen Ihnen mit der neuen Themenreihe viel Freude und Erfolg im Unterricht. Die Herausgeber Ursula Kocs und Thomas Kratz 16101_001_00.indd 4 27/08/13 2:41 PM Inhaltsverzeichnis 5 Inhaltsverzeichnis 1 Demenzielle Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.3 1.2.3.1 1.2.3.2 1.2.3.3 1.2.4 1.2.4.1 1.2.4.2 1.2.5 Delir . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung nach Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einteilung nach Schwere der Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screeningverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Differenzialdiagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildgebende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie der Hirnleistungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapie der Begleitsymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweitertes Verständnis der Demenz nach Kitwood . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 10 11 12 14 14 15 16 20 21 22 22 23 23 24 24 25 2 Pflegeprozessplanung bei Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Informationen sammeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurologische Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Persönlichkeitstypen nach Fritz Riemann und Christoph Thomann . . . . . . . . . . . . Bindungstheorie nach Bowlby . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sozialpsychologisches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dementia Care Mapping (DCM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Profilerstellung des Wohlbefindens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidelberger Instrument zur Erfassung der Lebensqualität Demenzkranker (H.I.L.DE.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Erhaltung vorhandener Fähigkeiten und Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Förderung des Wohlbefindens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Hilfen bei Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Hilfen zu Beginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Beziehungsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Räumliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.1 Wohnform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.2 Wohnraumgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Tagesgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Pflegekonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.6 Im Krankenhaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 28 31 36 36 38 40 42 44 44 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.3.1 2.1.3.2 2.1.4 2.1.5 2.1.5.1 2.1.5.2 2.1.5.3 16101_001_00.indd 5 45 46 46 47 49 50 52 63 64 66 68 74 77 27/08/13 2:41 PM 6 Inhaltsverzeichnis 3 Spezielle Probleme bei Demenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 Grundhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die verstehende Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umgang mit herausforderndem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lautes Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sexualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 82 84 86 86 4 Lernsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.1 4.2 4.3 1. Ausbildungsjahr (Helferausbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausbildungsjahr (Pflegeausbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausbildungsjahr (Bachelor) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 91 94 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Bildquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 16101_001_00.indd 6 27/08/13 2:41 PM Demenzielle Erkrankungen 1 7 Demenzielle Erkrankungen Sowohl im St.-Johannes-Krankenhaus als auch im Alten- und Pflegeheim Haus Großeichen steigt die Zahl der Menschen, die an einer Demenz leiden. Das führt dazu, dass die Abläufe im Krankenhaus gestört werden. Auch im Alten- und Pflegeheim wächst die Belastung der Mitarbeiter durch immer häufigeres herausforderndes Verhalten der Bewohner. Die Qualitätsbeauftragten und Pflegedienstleitungen der kooperierenden Häuser beschließen, mithilfe der Auszubildenden und Studierenden das Thema Demenz zu bearbeiten, um die Pflege und Betreuung dieser Menschen zu optimieren. Die erste Aufgabe der Auszubildenden besteht darin zu klären, was eine Demenz ist. In Deutschland leben ca. 1,2 Mio. Menschen, die an einer Demenz leiden. Laut Schätzungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e. V. (www.deutsche-alzheimer. de) werden im Jahr 2050 ca. 2,6 Mio. Menschen aufgrund einer Demenz auf Hilfe angewiesen sein. In Pflegeheimen liegt der Anteil der Menschen mit Demenz heute schon bei 53 % und er wird weiter steigen (vgl. Hallauer u. a., 2005). In Krankenhäusern leiden Schätzungen zufolge inzwischen mindestens 15 % der Patienten an einer Pflegende sind häufig mit verwirrten Menschen konfrontiert. Demenz (vgl. Schlingensiepen, 2008). Trotz dieser dramatischen Zahlen ist das Wissen um die Krankheit und das Erleben der Betroffenen noch sehr bruchstückhaft. Es gibt kaum gesicherte Richtlinien zur Therapie, Pflege und Betreuung von Menschen mit einer Demenz. Im Klassifikationssystem der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) werden Demenzen den psychischen Störungen zugeordnet. Die unterschiedlichen Formen werden unter „Organische, einschließlich symptomatische psychische Störungen“ zusammengefasst (vgl. Dilling u. a., 2008; www.icd-code.de). ICD-Code Krankheitsbezeichnungen F00.0–F00.9 Demenz bei Alzheimer-Krankheit (mit frühem oder spätem Beginn usw.) F01.0–F01.9 Vaskuläre Demenz (Multiinfarktdemenz, kortikale oder subkortikale usw.) F02.0–F02.8 Demenzen bei anderenorts klassifizierten Krankheiten (bei Pick-Krankheit, Chorea Huntington, Parkinson-Syndrom, HIV oder anderen Krankheiten) F03 Nicht näher bezeichnete Demenz F04 Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt F05.0–F05.9 Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt (ohne Demenz, mit Demenz usw.) F06.0–F06.9 Andere psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns oder einer körperlichen Krankheit (z. B. organische Halluzinose, organische Angststörung, organische wahnhafte Störung usw.) 16101_001_00.indd 7 27/08/13 2:41 PM 8 Demenzielle Erkrankungen ICD-Code Krankheitsbezeichnungen F07.0 – F07.9 Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns (z. B. organisches Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma, organische Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns F09 Nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung Die Gemeinsamkeit dieser Störungen liegt darin, dass es aus unterschiedlichen Gründen zu Schädigungen des Gehirns kommt. Diese Schädigungen führen zu Ausfällen in der Gehirnfunktion. Da das Gehirn sowohl für die Steuerung der körperlichen Funktionen, der Bewegung, des Fühlens, als auch für die geistigen Fähigkeiten, wie Wahrnehmung, Erinnern, Denken usw., zuständig ist, kommt es durch diese Funktionsausfälle bei den betroffenen Menschen z. T. zu sehr starken Einschränkungen in ihrer Alltagsbewältigung, sodass sie auf die Hilfe ihrer Mitmenschen angewiesen sind. Das Gehirn steuert alle körperlichen, geistigen und seelischen Funktionen. n Aufgabe 1 Sammeln Sie in der Klasse Beispiele für die Dinge, die Sie nur mithilfe Ihres Gehirns machen können. Reflektieren Sie, was passiert, wenn das Gehirn nicht mehr richtig funktioniert. Demenz bezeichnet Hirnfunktionsstörungen, die zu Einschränkungen in der Alltagsbewältigung und damit zur Pflegebedürftigkeit führen. 16101_001_00.indd 8 27/08/13 2:41 PM Delir 9 Es ist uns mit unserem gesunden Gehirn fast unmöglich zu verstehen, wie die Welt für demenziell erkrankte Menschen aussieht. Daher stellt uns ihr Verhalten immer wieder vor überraschende Situationen. Menschen mit Demenz fordern uns heraus, immer wieder neue, individuelle und kreative Lösungen zu finden, um ihnen ein würdiges Leben zu ermöglichen. Beispiel Die Auszubildenden des Gesundheitszentrums tauschen sich aus: Weronika Golanski macht ihr Praktikum auf der beschützten Station des Alten- und Pflegeheims Haus Großeichen. Ingo Ollenschläger, der in wenigen Monaten seinen Abschluss als Pflegehelfer machen wird, absolviert seinen Praktikumseinsatz in der ambulanten Pflege. Henning Köhler arbeitet zurzeit in der Orthopädie des St.-Johannes-Krankenhauses. Sie alle haben im Praktikum Erfahrungen mit verwirrten Menschen gemacht und sind dabei an ihre Grenzen gestoßen. Henning hat im Krankenhaus erlebt, wie hilflos Pflegende und Angehörige waren, als Patientinnen trotz Operation aufstehen wollten, auf kein vernünftiges Argument reagierten, schrien und um sich schlugen. Auch Weronika hatte im Altenheim mit Bewohnern zu tun, die jede Körperpflege ablehnten, obwohl sie ihnen immer wieder zu erklären versuchte, wie wichtig z. B. ein Vorlagenwechsel ist. Ingo hat in der ambulanten Pflege erlebt, wie überlastet Angehörige sind, wenn sie den kranken Menschen keinen Moment allein lassen können, ohne ein Unglück zu befürchten. Alle drei hoffen, nach dem Unterricht mit ähnlichen Situationen besser umgehen zu können. Sonja Härtel ist bereits im dritten Ausbildungsjahr und studiert berufsbegleitend Pflege an der Fachhochschule. Ihre Aufgabe ist es, ein Fortbildungsprogramm zum Thema Demenz zu erarbeiten. 1.1 Delir Frau Brümmer liegt nach einer Oberschenkelhalsfraktur im Krankenhaus. Die Operation ist gut verlaufen, doch nun treten andere Schwierigkeiten auf: Frau Brümmer ruft laut um Hilfe und versucht aufzustehen, obwohl sie das nicht darf. Sie bekommt ein Beruhigungsmittel, doch ihre Unruhe lässt nur geringfügig nach. Als ihre 62-jährige Tochter zu Besuch kommt, erkennt Frau Brümmer sie nicht. Die Tochter bricht in Tränen aus und behauptet, so kenne sie ihre Mutter nicht. Henning Köhler ist im zweiten Ausbildungsjahr und hat ähnliche Situationen häufig erlebt. Diesmal hat er den Auftrag, sich intensiv mit Frau Brümmer zu befassen, um eine optimale Pflege sicherzustellen. Jeden Augenblick unseres Lebens sind wir auf die Funktionsfähigkeit unseres Gehirns angewiesen. Doch kaum ein Organ ist so störungsanfällig wie das Gehirn. Um funktionieren zu können, benötigt es die ununterbrochene Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Darüber hinaus ist es auf ein geregeltes Zusammenspiel des Hormonhaushaltes und auf eine gelungene Abwehr von Giftstoffen angewiesen. Versagt einer dieser Bausteine, kann es zu „Betriebsfehlern“ im Gehirn kommen. Da unser Gehirn für die Steuerung all unserer körperlichen, kognitiven und emotionalen Prozesse verantwortlich ist (vgl. Abbildung 2 S. 8), kommt es bei „Ausfällen“ auch zu Problemen in all diesen Bereichen. n Aufgabe 2 Wahrscheinlich haben Sie mindestens eine der folgenden Situationen schon selbst erlebt: hohes Fieber, zu hoher Alkoholkonsum, extreme Müdigkeit, aufwachen aus einer Narkose usw. In diesen Situationen war Ihr Gehirn nicht normal leistungsfähig. Vergegenwärtigen Sie sich die körperlichen, kognitiven und emotionalen Begleitsymptome. 16101_001_00.indd 9 27/08/13 2:41 PM 10 Demenzielle Erkrankungen In diesen Fällen spricht man von akuter Verwirrtheit, von Durchgangssyndromen oder hirnorganischen Psychosyndromen (HOPS). Die Weltgesundheitsorganisation hat für diese Störungen die Bezeichnung Delir gewählt. Delir bezeichnet eine Veränderung des Zentralnervensystems, mit einem akuten Beginn und wechselnden Störungen der geistigen Fähigkeiten, der Psychomotorik, der Affektivität und der Bewusstseinslage. Es ist gewöhnlich reversibel (vorübergehend), wenn die Ursache erkannt und behandelt ist. Das Delir ist die häufigste psychiatrische Erkrankung unter den über 65-jährigen Menschen (vgl. Wojnar, 2007). Bei Krankenhausaufenthalten entwickeln 35 % bis 55 % der Patienten dieser Altersgruppe ein Delir. 1.1.1 Symptome Beispiel Frau Brümmer wurde operiert und dann so schnell wie möglich von der Intensivstation auf die orthopädische Station verlegt. In der Nacht begann sie laut um Hilfe zu schreien, schlug dann aber nach der Nachtschwester, als diese zu Hilfe kam. Nur sehr schwer ließ sie sich beruhigen. Erst gegen morgen schlief sie endlich ein. Nun liegt sie teilnahmslos in ihrem Bett. Ihre Körperhaltung zeigt, dass sie sehr angespannt ist, Schweißperlen bedecken ihre Stirn. Auf Ansprache reagiert sie nicht. Sie wiederholt leise immer wieder den Satz: „Gleich gehen wir nach Hause.“ Ab und zu versucht sie aufzustehen, dann klingelt zum Glück die Bettnachbarin. Wenn Henning dann an ihr Bett kommt, sieht sie ihn ängstlich an und legt sich zurück. Nach dem Besuch der Tochter (sie machte der Mutter massive Vorwürfe wegen ihrer Unvorsichtigkeit zu Hause und weil sie nun nicht antwortet) sprach Frau Brümmer völlig unverständlich und rief wieder um Hilfe. Delir als häufige Komplikation bei alten Menschen im Krankenhaus Ein Delir entwickelt sich innerhalb von Stunden oder Tagen und kann genauso schnell wieder vorübergehen, wenn die Ursachen erkannt und behoben werden. Typisch für ein Delir ist der schwankende Verlauf über den Tag hinweg. Immer wieder kann es zu klaren Momenten kommen, auf die dann wieder stärkere Symptome folgen. Symptome des Delirs (nach Dilling u. a., 2008; www.icd-code.de): Störung des Bewusstseins – benommen, schläfrig bis zum Koma – verminderte Aufmerksamkeit – Orientierungsstörungen Störungen der Wahrnehmung – veränderte Wahrnehmung der Wirklichkeit – Halluzinationen kognitive Störungen – Beeinträchtigungen des Denkens – Sprache ist ungeordnet oder unzusammenhängend – Wahn – Gedächtnisstörungen 16101_001_00.indd 10 27/08/13 2:41 PM Delir Störung der Psychomotorik und – hypoaktiv: gehemmt, verminderter Antrieb, apathisch des Antriebs – hyperaktiv: gesteigerter Antrieb, ruhelos, ängstlich Störung des – Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus, nächtliche Verstärkung der Schlaf-wach-Rhythmus 11 Symptome n Aufgabe 3 Erarbeiten Sie die Symptome des Delirs, die bei Frau Brümmer zu beobachten sind. Leider wird ein Delir gerade bei älteren Menschen häufig immer noch vorschnell als Demenz eingestuft. Dies führt dazu, dass die Ursache der Störung nicht erkannt wird, was tödliche Folgen haben kann. Zudem kann ein unbehandeltes Delir chronifizieren und tatsächlich zu einer Demenz führen. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Hauptunterscheidungsmerkmale zwischen einem Delir und einer Demenz. Symptome Delir Demenz Bewusstsein getrübt klar Halluzinationen häufig selten Wahn häufig selten Orientierung schwer gestört gestört Sprache unzusammenhängend Wortfindungsstörungen Psychomotorik hypo-/hyperaktiv meist unauffällig körperliche Symptome meist vorhanden fehlen meist Beginn akut schleichend Verlauf über den Tag wechselnd, fluktuierend beständig Auch Menschen mit einer Demenz können ein Delir haben. Schwankt der Zustand eines Demenzkranken, sollte immer überprüft werden, ob ein Delir vorhanden ist. 1.1.2 Ursachen Im Alter häufen sich körperliche Einschränkungen und soziale Verluste. Dadurch werden immer mehr Anpassungsleistungen im Alltag erforderlich. Doch diese Anpassungen müssen mit immer geringeren körperlichen Ressourcen bewältigt werden. Durch die körperlichen Veränderungen im Alter kommt es zu Einschränkungen in der Versorgung des Gehirns. Häufen sich nun Anforderungen an das zentrale Nervensystem oder kommt es zu Versorgungspannen, kann es zu den bereits beschriebenen Ausfällen in der Funktionsfähigkeit des Gehirns kommen. Körperliche Veränderungen im Alter bewirken Einschränkungen 16101_001_00.indd 11 27/08/13 2:41 PM 12 Demenzielle Erkrankungen Beispiel Frau Brümmer ist 82 Jahre alt. Sie hat bis zu ihrem 65. Lebensjahr gearbeitet, bei der Erziehung ihrer Enkelkinder mitgeholfen und immer gesund gelebt. Vor mehreren Jahren erkrankte ihr Ehemann an Krebs. Sie pflegte ihn bis zu seinem Tod. Sie sah, wie die Enkelkinder ins Leben starteten. Sie merkte, wie ihre Kräfte nachließen. Immer mehr Freunde verstarben. Schon seit einigen Jahren braucht sie Hilfe bei der Pflege des Gartens und des Hauses. Vor einer Woche stürzte Frau Brümmer auf der Kellertreppe. Es dauerte sieben Stunden bis ihre Tochter kam und sie fand. Daran kann sich Frau Brümmer nicht mehr erinnern. Sie kam im Krankenhaus zu sich und kann seitdem nicht verstehen, was mit ihr geschieht. Sie fühlt sich bedroht, hat Angst, kommt nicht zur Ruhe, weil sie ihre Situation begreifen will. Sie hat Atemnot, Schweißausbrüche, Herzrasen, Schwindelanfälle, denn sie kann sich die Situation nicht erklären. An Frau Brümmers Beispiel wird deutlich, dass zahlreiche Faktoren zur Entstehung eines Delirs führen können. Wie bei allen psychischen Störungen liegt die Ursache in einem Zusammenspiel von persönlicher Verletzlichkeit (Vulnerabilität) und äußeren Belastungen. Gerade im Alter sind wir vielen Risikofaktoren ausgesetzt, die unsere Belastungsgrenze senken. Ist ein so verletzlicher alter Mensch nun zusätzlichen Belastungen ausgesetzt, kann es schnell zu einem Delir kommen. Risikofaktoren zusätzliche Belastungen – hohes Lebensalter – Stress – Demenz – fremde Umgebung, Störung des Biorhythmus – Multimorbidität z. B. durch Krankenhausaufenthalt – Hör- und Sehbehinderung – körperliche Einschränkungen, Immobilisation – Dehydratation und Mangelernährung – Anämie – Entzugserscheinungen + – Elektrolytentgleisungen – Depression und Ängstlichkeit – Psychopharmaka, Anticholinergika – Alkoholismus und Benzodiazepingebrauch – akute Infektionen – Schmerzen – arterielle Hypotonie – kognitive Störungen – Organversagen, Blutverlust – Einsamkeit – chirurgische Eingriffe, Narkose, Intensivpflichtigkeit = Delir n Aufgabe 4 Erarbeiten Sie die Risikofaktoren und die zusätzlichen Belastungen, die bei Frau Brümmer zu dem Delir geführt haben. n Aufgabe 5 Hennings Kollegen sind überzeugt, dass bei Frau Brümmer wohl eine beginnende Demenz vorliegt. Finden Sie Argumente, die Hennings Kollegen davon überzeugen, dass Frau Brümmer an einem Delir leidet. 1.1.3 Hilfen Ein Delir ist immer ein Hinweis auf eine lebensbedrohliche körperliche Erkrankung. Daher sollte immer der Arzt informiert werden, der für die Behandlung der Grunderkrankung sorgen wird. 16101_001_00.indd 12 27/08/13 2:41 PM Delir 13 Bei Verdacht auf ein Delir muss immer der Arzt verständigt werden. Pflegekräfte sollten folgende Grundsätze beachten: Orientierung erleichtern durch Bezugspflege oder durch anwesende Familienmitglieder ruhige, klar strukturierte Umgebung freundlicher, verstehender Umgang Vorgänge genau erklären Hör- und Sehhilfen einsetzen Überwachung, um eine Selbstgefährdung auszuschließen (Sturzgefahr, Entgleisung der Vitalwerte usw.) Ursache(n) des Delirs beseitigen in Absprache mit dem Arzt mögliche körperliche Ursachen erkennen und beseitigen ausreichende Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr körperliche Funktionen optimieren möglichst keine Zwangsmaßnahmen (Fixierung) Zurückhaltung mit eingreifenden Maßnahmen z. B. Dauerkatheter, Infusion Mobilisieren! n Aufgabe 6 Beschreiben Sie die Symptome eines Delirs. n Aufgabe 7 Beschreiben Sie mögliche Ursachen eines Delirs. n Aufgabe 8 Beschreiben Sie die Grundsätze der Pflege bei einem Delir. n Aufgabe 9 Beraten Sie Frau Brümmers Tochter. Klären Sie sie über die Ursachen des Verhaltens ihrer Mutter auf. Hohes Lebensalter als Risikofaktor für Delir Erklären Sie der Tochter, wieso die Mutter keine Demenz hat. Beraten Sie die Tochter dahingehend, wie sie sich der Mutter gegenüber verhalten sollte und wie sie ihrer Mutter dabei helfen kann, bald wieder nach Hause zu kommen. n Aufgabe 10 Frau Brümmer leidet an einem Delir. Wer sollte über diesen Zustand im Krankenhaus informiert werden? Mit wem sollten die weitere Pflege und Behandlung abgestimmt werden? n Aufgabe 11 Welche Bedingungen müssten im Krankenhaus vorliegen, um die Zahl der Verwirrtheitszustände nach operativen Eingriffen zu reduzieren bzw. zu verkürzen? 16101_001_00.indd 13 27/08/13 2:41 PM 14 Demenzielle Erkrankungen 1.2 Demenzen Frau Mechthild Grothe lebt seit sechs Monaten im Haus Großeichen. Sie wurde mit der Diagnose Alzheimer-Demenz eingewiesen, nachdem sie orientierungslos von der Polizei in der Stadt aufgegriffen wurde. Da keine Verwandten aufzufinden waren, wurde ein gesetzlicher Betreuer bestellt. Frau Grothe kann sich nicht alleine pflegen, da sie z. B. beim Waschen plötzlich beginnt, die Kacheln zu putzen. Manchmal versucht sie, mit der Zahnbürste ihre Haare zu kämmen. Ohne Hilfe zieht sie ihre Kleider falsch an. Trotz häufiger Erklärun- Frau Grothe gen findet sie den Speiseraum nicht und aus dem Speiseraum zurückkehrend findet sie ihr Zimmer nicht, obwohl ihr Name an der Türe steht. Beim Essen steht sie ständig auf und läuft herum. Sie hält sich an keine Absprachen und reagiert sehr ärgerlich, wenn man sie auffordert, sitzen zu bleiben oder etwas zu tun. Weronika Golanski wird zur Bezugspflegekraft bestimmt. Auch Jenny Schulz, die eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin macht, ist in ihrem Altenpflegepraktikum auf dieser Station. Gemeinsam mit Weronika soll sie die Pflege und Betreuung von Frau Grothe verbessern und ihr Wissen an die Kollegen weitergeben. Der Unterschied zwischen einem Delir und einer Demenz besteht hauptsächlich darin, dass ein Delir heilbar ist und eine Demenz nicht. Als Demenz bezeichnet man Hirnleistungsstörungen aufgrund von Schädigungen des Gehirns, die nicht reversibel sind. 1.2.1 Symptome Wie in Kapitel 1.1 dargestellt, ist nicht jede Funktionseinschränkung des Gehirns gleich eine Demenz. Glücklicherweise lassen sich viele Fehlfunktionen des Gehirns rückgängig machen. Um vorschnellen Urteilen vorzubeugen, hat die WHO (vgl. Dilling u. a., 2008; www.icd-code.de) strenge Regeln für die Diagnose einer Demenz aufgestellt: 1. Ein Delir, eine Depression oder eine Schizophrenie müssen ausgeschlossen werden. 2. Es müssen in allen folgenden Bereichen Auffälligkeiten festzustellen sein: Störungen im Langzeitgedächtnis (biografisches Wissen, Handlungswissen, Faktenwissen oder soziales Wissen, das im Laufe des Lebens erworben wurde, geht nach und nach verloren) Störungen im Kurzzeitgedächtnis (Ereignisse, Informationen können nicht mehr abgespeichert werden.) 16101_001_00.indd 14 27/08/13 2:41 PM Demenzen 15 Störungen weiterer kognitiver Funktionen: – – – – – 3. Störung des logischen Denkens Störung der Abstraktionsfähigkeit Aphasie (Störung des Sprachverständnisses oder des Sprechens) Apraxie (Störung der Handlungsfähigkeit trotz intakter Motorik) Agnosie (Unfähigkeit, Wahrgenommenes zu erkennen, trotz intakter Sinnesorgane) Diese Auffälligkeiten müssen länger als sechs Monate bestehen. Vergesslichkeit alleine ist noch kein Anzeichen für eine Demenz. Weitere kognitive Störungen müssen hinzukommen. Beispiel 1. Frau Grothe zeigt keine Anzeichen eines Delirs, einer Depression oder eine Schizophrenie. 2. Folgende Störungen sind bei ihr zu beobachten: – Frau Grothe hat Störungen im Langzeitgedächtnis (LZG). Sie hat vergessen, dass sie vor sechs Monaten ins Heim gezogen und vor sieben Jahren in Rente gegangen ist. Häufig setzt sie sich in „ihr Büro“ im Dienstzimmer und ordnet Papiere. Ihr soziales Wissen und ihr Faktenwissen sind noch sehr beeindruckend. Sie ist eine elegante Erscheinung und löst immer noch leidenschaftlich gerne Kreuzworträtsel. – Frau Grothe vergisst alles sofort, ihr Kurzzeitgedächtnis (KZG) ist gestört. Sie vergisst, wohin sie gehen wollte und woher sie kam. Sie vergisst, dass sie sich waschen wollte oder dass sie schon gegessen hat. – Insbesondere beim Anziehen ist die Störung des logischen Denkens erkennbar. Frau Grothe erkennt ihre Kleidungsstücke und legt Wert auf ein gepflegtes Äußeres, doch sie schafft es nicht, das Anziehen in einer logischen Reihenfolge zu planen und durchzuführen. – Frau Grothe leidet an einer Agnosie. Sie verkennt Gegenstände (z. B. die Zahnbürste). Beim Essen erkennt sie die Situation nicht und verlässt den Raum wieder. – Eine Apraxie ist manchmal erkennbar, z. B. wenn Frau Grothe sich die Zähne putzen soll. Sie starrt dann bewegungslos auf die Zahnbürste, ohne die Hand zu bewegen. Führt die Pflegerin die Hand zum Mund, putzt sich Frau Grothe weiter die Zähne. – An einer Aphasie leidet Frau Grothe nicht. Sie kann sich sehr gewählt ausdrücken. Allerdings ist das Gesagte aufgrund der Denkstörungen häufig sinnlos. 3. Diese Auffälligkeiten zeigt Frau Grothe seit ihrem Einzug vor sechs Monaten. 1.2.2 Formen Wie schon dargestellt, gibt es nicht „die Demenz“. Die WHO unterscheidet mehrere Formen der Demenz. Die Unterschiede liegen in: der Ursache und der Schwere der Demenz. 16101_001_00.indd 15 27/08/13 2:41 PM