Differenzierung der Hintergründe sexueller Übergriffe durch Jungen und Handlungsmöglichkeiten in Pädagogik und Intervention. 1) Normales kindliches Verhalten oder übergriffiges Verhalten? 2) Ursachen von sexuell abweichendem Verhalten bei Kindern 3) Unterschiede in der Sexualität bei Kindern und Erwachsenen(Jugendlichen) 4) Konsequenzen für Eltern, Pädagogen und Therapeuten 5) Rahmenbedingungen und Auslösereize, die das sexuelle Fehlverhalten wahrscheinlicher machen und aufbauen von alternativem Verhalten 6) Die Zusammenarbeit mit dem Kind in der Therapie 1.) Normales kindliches Verhalten oder übergriffiges Verhalten? Sexuelle Übergriffe von Kindern unter 12 Jahren gegenüber anderen Kindern werden in Deutschland erst seit einigen Jahren diskutiert. In den Vereinigten Staaten gab es bereits Mitte/Ende der Achtzigerjahre, Anfang der Neunzigerjahre entsprechende Fachartikel durch Toni Cavanagh Johnson, W. Friederich, B. Bronner u.a.. In Deutschland hat nach meiner Wahrnehmung diese Diskussion und die Arbeit mit diesen Kindern erst in den letzten Jahren eine verstärkte Aufmerksamkeit erfahren. Im Kinderschutzzentrum haben wir etwa seit Ende der Neunzigerjahre immer wieder einzelne Fälle von sexuellen Übergriffen von Kindern unter 12 Jahren, vorrangig von Jungen gegen andere Kinder behandelt. Dabei stellt sich immer wieder die Frage inwieweit das gezeigte Verhalten einer Form des Doktor-Spieles oder des Mutter/Vater-Spieles ist, in denen Kinder meist von ähnlicher Altersgruppe, Größe und Entwicklungsalter ihren Körper durch Anschauen und Berühren, erkunden beziehungsweise Geschlechtsrollen und geschlechts-typische Verhaltensweisen ausprobieren. Betrachten wir zunächst einmal, welches sexuelle Verhalten normal ist: Bei einem natürlichen sexuellen Verhalten im Rahmen von DoktorSpielen geht es vor allen Dingen um Erkundung des Körpers. Kinder, die an solchen Spielen beteiligt sind sind in der Regel miteinander befreundet, mögen sich oder sind Geschwister. In der Regel nehmen Kinder daran teil, die einer Altersgruppe angehören, die ähnlich groß sind, und ein ähnliches Entwicklungsniveau haben. Die Kinder nehmen daran teil, weil sie selbst es wollen. 1 Die Erkundung ist in der Regel wechselseitig nach dem Motto ich zeige dir meinen Penis oder lass dich diesen anschauen und anfassen und dann darf ich deine Scheide anfassen und anschauen. Üblicherweise sind diese Spiele keine Dauererscheinung im kindlichen Leben sondern sie treten phasenweise auf. Wenn die Neugier befriedigt ist treten wieder andere Spiele in den Vordergrund. Das Erkundungsverhalten kann schon zu Aufregung vielleicht auch Verlegenheit führen meist ist die Stimmung aber eher lustig und hinterlässt keine Ärgergefühle, Schamgefühle Furcht oder Angst. Werden die Kinder entdeckt und Erwachsene sagen sie sollen damit aufhören dann hört dieses Verhalten in der Regel auf, zumindest dann, wenn Erwachsene in der Nähe sind. Bei einer Umfrage unter 339 Mitarbeitern aus Jugendhilfe und Gesundheitshilfe in den USA geben 73 % an, als sie 12 Jahre und jünger waren, Sexualverhalten mit anderen Kindern zusammen praktiziert haben. 48 % davon sagten sie hätten ihre Genitalien selbst erkundet, 32 % haben "schmutzige Bilder" angeschaut, 21 % haben sich selbst befriedigt bis zum Orgasmus, 34 % zeigten ihre Geschlechtsteile einem anderen Kind, 16 % taten so als würden sie mit dem anderen Kind Geschlechtsverkehr haben, 5 % steckten dem anderen Kind einen Gegenstand in die Scheide oder in das Popoloch (nicht den Penis). Eine sexuelle Erregungen im Sinne von Erwachsenen erinnerten 1,5 % im Alter zwischen 2-5 Jahren, 9 % im Alter zwischen sechs und 10 Jahren rund 25 % im Alter zwischen 11 und 12 (Johnson und Mitra, 2007). Wann sollten sich Eltern Erzieher oder Therapeuten Gedanken wegen sexueller Verhaltensweisen von Kindern machen? Nach Johnson vor allen Dingen dann wenn die folgenden Charakteristika teilweise zutreffen und sich die Erziehungs Personen/Therapeuten das Verhalten des Kindes nicht erklären können: a). Die Kinder, die miteinander sexueller Verhaltensweisen praktizieren sind nicht befreundet beziehungsweise haben keine länger andauernde wechselseitige Spielbeziehung. Die meisten Kinder wissen sehr gut, das Erwachsene sich bei sexuellen Spielen aufregen und praktizieren diese vor allem mit Kindern, denen sie vertrauen können. Dies sind in der Regel vertrauenswürdige Spielkameraden. 2 b) Das sexuelle Verhalten findet zwischen Kindern mit deutlichen Altersunterschieden oder/und Entwicklungsunterschieden statt. c) Das sexuelle Verhalten bestimmt den Alltag und das Interesse des Kindes. Kinder können durchaus Fragen zur Sexualität stellen zum Beispiel wenn in ihrem Umfeld jemand schwanger ist, aber wenn das Frage Interesse der Kinder befriedigt ist wechseln sie zu anderen Themen. d) Auch wenn man die Kinder deutlich auffordert mit dem Verhalten aufzuhören, beenden sie es nicht. Beispielsweise kann ein Kind, das im Kindergarten in der Stuhlkreisessituation onaniert im Einzelkontakt gesagt bekommen, dass man das dort nicht macht, sondern wenn es alleine ist. Wenn es dieses Verhalten aber erneut fortgesetzt wird, sollte man sich fragen, wieso dies geschieht. Gleiches gilt wenn Kinder im Familienkreis onanieren und sich trotz Aufforderung nicht in einen privaten Bereich zurückziehen. Wichtig ist hier allerdings auch dass die Erwachsenen in ihrem Verhalten konsequent sind. e) Das Kind scheint nicht in der Lage zu sein sein sexuelles Verhalten zu unterbrechen oder zu stoppen. In der Regel hat es damit zu tun, dass die Kinder auf Erfahrungen in ihrer Umgebung reagieren, die für sie schmerzhafte, traumatische und überstimulierende Erinnerungen wecken, die sie nicht verstehen. Das Kind reagiert z.B. durch masturbieren oder andere sexuelle Verhaltensweisen mit anderen Kindern oder mit Erwachsenen. Kinder sind nicht in der Lage, diese Erfahrungen zu kompensieren. Sexuelles Verhalten, das durch Angst, Schuld oder Furcht gespeist wird, lässt sich meist nicht auf die übliche Art Grenzen zu ziehen, stoppen. In diesem Fall ist das Sexualverhalten eine Möglichkeit um mit überwältigenden Gefühlen oder mit Aufregung umzugehen. Anspannung wie bei einem sexuellen Höhepunkt und nachfolgende Entspannung wirken beruhigend. Dabei hat ein Kind dieses Verhalten nicht immer in seiner bewussten Kontrolle. f) Das Verhalten eines Kindes führt zu Beschwerden anderer Kinder Beispielsweise beschwert sich ein fünfjähriger Junge, dass ein neunjähriger seinen Popo ableckt, weil er nicht versteht was das soll. 3 g) Die Kinder benehmen sich auch Erwachsenen gegenüber ähnlich wie Erwachsene Sexualpartner. Beispielsweise versuchen sie Zungenküsse zu geben oder Frauen an den Busen zu fassen, die Hände eines Mannes an ihre Scheide oder ihren Penis zu führen. h) Kinder im Alter von über vier Jahren verstehen nicht, wo die Grenzen der sexuellen Privatheit von anderen liegen. Häufig ist dies der Fall, wenn Kinder auch zuhause wenig Grenzen erfahren und zwar nicht nur im sexuellen Bereich. i) Das sexuelle Verhalten nimmt an Häufigkeit, Intensität oder einen Druck anderen Kindern gegenüber zu. j) Die Gefühle von Angst, Furcht Scham oder starken Schuldgefühlen tauchen zusammen mit sexuellen Verhalten auf. Üblicherweise geht es bei Doktorspielen zwischen Kindern recht fröhlich und spontan zu. Natürlich kann auch Scham entstehen, wenn ein Erwachsener in so ein Doktorspielen hinein kommt und es unterbricht. Aber in der Regel unterscheidet sich die Tiefe der Scham doch deutlich davon, wenn Kinder zu sexuellem Verhalten gezwungen, bestochen oder bedroht worden sind oder in übergroßem Maße Erwachsenen Sexualität ausgesetzt wurden. Dies geschieht besonders in Situationen, in denen Sexualität mit aggressiven Gefühlen oder Handlungen verbunden war. Beispielsweise hat einer unserer kindlichen Klienten die Vergewaltigung seiner Mutter mit anschauen müssen. k) Kinder zeigen das Verhalten von Erwachsenen mit anderen Kindern - wobei beide Kinder damit einverstanden sind. Dies ist vor allen Dingen so, wenn Kinder zu stark sexuellen Inhalten ausgesetzt waren oder diese erlebt haben und gelernt haben, dass Sex mit Zuneigung zu tun hat. In diesem Fall kann dieses sexuelle Verhalten eines Kindes der Versuch sein mit der eigenen Einsamkeit und den Verlassenheitsgefühlen umzugehen. Johnson hat Tabellen entwickelt für Kinder im Vorschulalter für Kinder im Grundschulalter in denen sie sexuelles Verhalten, das üblich ist, sexuelles Verhalten das ungewöhnlich ist, und sexuelles Verhalten, das Anlass zur Sorge ist, beschreibt. Auf der Website des Nationalenzentrums für Sexualverhalten von jungen Menschen (N. CS. B. Y. National Center On Sexual Behavior OF Youth) wird das Ergebnis von Studien referiert in denen ebenfalls beschrieben 4 wird, welches sexuelle Verhalten und welches sexuelle wie von Kindern in der Altersgruppe zweit bis sechs Jahre beziehungsweise 7- 12 Jahren erwartet werden kann. (2004). 2.) Ursachen von sexuell abweichendem Verhalten bei Kindern Wie kommt es nun zu diesem Sexuell abweichenden Verhalten von Kindern? Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, dass ein sexuell problematisches Verhalten eines Kindes durch erlebte sexuelle Übergriffe auf entstanden ist und das Kind durch diese Übergriffe traumatisiert wurde und daher sein Verhalten wiederholt, sobald es durch Auslösereize von außen oder durch innere Reize daran erinnert wird. Dies war auch der wissenschaftliche Stand bis Mitte oder Ende der Neunzigerjahre. Inzwischen wird jedoch deutlich, dass nicht in jedem Fall Übergriffe auf das Kind zu dem sexuell abweichenden Verhalten führen. Es gibt eine ganze Reihe von möglichen Ursachen. Nach Johnson sind diese: Informationen über Fernsehen, Video, das Internet oder andere Informationsquellen, die die Kinder nicht verstehen und sie durcheinander bringen. Beispielsweise sagt mir ein achtjähriges Mädchen, sie hat Möbelkataloge mit nackten Leuten angeschaut und meint damit Pornomagazine. Kindern werden nicht ausreichend betreut und bekommen Erwachsenen Sexualität oder Sexualität zwischen Jugendlichen mit. Kinder leben in einem Umfeld, in dem Sexualität einen starken Einfluss hat. Beispielsweise hört ein neunjähriger Junge immer wieder, wenn sein Vater nachhause kommt, die Geräusche von den sexuellen Aktivitäten seiner Eltern im Wohnzimmer. Einer dieser Szenen bekommt er auch zufällig kurz mit. Er spielt diese Szenen mit seiner vierjährigen Schwester nach. Das Lebensumfeld Zuhause ist sexualisiert. Die Eltern reden lautstark im Beisein der Kinder über Sexualität bzw. über mangelnde Sexualität oder über Eifersucht gegenüber dem Partner. Es kann sein dass sie sexuell anzügliche Aüßerungen in gehäufter Form machen, sich über Brüste, Scheide, Penis von anderen Menschen auslassen, körperliche Andeutungen von sexuellen Bewegungen machen und entsprechende Videos, Bilder und Ähnliches anschauen, wenn Kinder anwesend sind. Ein Elternteil, dessen Kind im Kindergarten durch Nachahmung von 5 Tönen und Bewegungen beim Geschlechtsverkehr aufgefallen ist, sagt dass sie überhaupt nicht auf die Idee gekommen sind, ein dreijähriges Kind würde es mitbekommen, wenn sie gemeinsam einen Pornofilm anschauen. Die Aussage stimmt insofern, als dieses dreijährige Kind nicht in gleicher Weise wie eine erwachsene Person sexuell erregt wird. Die Aussage stimmt aber nicht in anderer Hinsicht. Das Kind kann mit den Bildern und Tönen nichts verbinden, dies führt dazu, dass das Kind im Kindergarten einfach diese Szenen nach zu spielen versucht, ähnlich wie es vielleicht Szenen aus „Bob der Baumeister“ nachspielen würde. Vor allen Dingen dann wenn diese Szenen unverständlich oder für das kindliche Gehirn noch nicht ausreichend eingeordnet werden können, versuchen Kinder dies durch Spiel für sich begreiflich zu machen und in ihr Verständnis der Welt einzufügen. Ähnliches gilt für ein Zuhause, in dem die Türen inklusive der Toilettentüre offen stehen, keine Schlüssel haben, ein Zuhause, in dem Kindern Details des elterlichen Sexlebens erzählt werden. Weniger offensichtlich sind die möglichen Auswirkungen von körperlicher Nähe, bei der die Grenzen der Kinder von den überlegenen Erwachsenen ignoriert werden. Sie lernen, dass dies offenbar „normal“ ist, dass man über Grenzen von anderen hinweggeht. Zum Beispiel Situationen, in denen Kinder andere Menschen küssen und umarmen sollen, mit denen sie nichts zu tun haben wollen oder Situationen, in denen Leute einfach ins Zimmer kommen ohne anzuklopfen oder auf die Toilette kommen, wenn die Tür nicht abgeschlossen ist. Ähnlich wirkt auch die Konfrontation mit sexuellem Verhalten von Erwachsenen oder Nacktheit, wenn Kinder das nicht möchten und sich offensichtlich unwohl fühlen. Dies ist bei Kindern in der Pubertät gegenüber den eigenen Eltern, davor aber auch gegenüber Fremden oder weniger nahen Verwandten der Fall oder wenn Personen nicht zur Familie gehören wie Freunde der Familie. Ebenso kann die so genannte Parentifizierung von Kindern zu solchen sexualisierten Verhaltensweisen führen. Diese Kinder werden durch die Eltern in die Rolle des Ersatzpartners gebracht, mit dem man wie mit diesem seine Sorgen Nöte oder Beziehungsfragen bespricht. Nach Trennungen übernachten die Kinder bei dem jeweiligen Elternteil im Bett. Dabei ist entscheidend bei der Beurteilung von wem die Initiative für eine solche Übernachtung ausgeht. 6 Die Verbindung von Gewalt mit sexuellen Kontakten, mit Nähe zwischen Mann und Frau, kann ähnliche Folgen haben. Z.B. wenn betrunkene Erwachsene ohne Rücksicht auf Anwesenheit von Kindern sexuelles Verhalten oder Sexualität zeigen. Zum Beispiel diejenigen Mütter , die umarmen, wenn die Kinder offensichtlich nicht in dieser Weise umarmt werden möchten. Eindeutig führen natürlich auch körperliche Misshandlungen unter Eheleuten oder die Kombination von körperlicher und sexueller Misshandlung in Anwesenheit oder auch in Hörweite von Kindern zu sexuell abweichendem Verhalten von Kindern. Auch körperliche oder seelische Misshandlung und oder Vernachlässigung können zu sexuellen Fehlverhaltensweisen von Kindern führen. Sexuelle Übergriffe durch Erwachsene oder durch ältere Geschwister führen oft zu solchen Verhaltensweisen, die mit anderen Kindern ausagiert werden. So hat einen fünfjähriger Junge beispielsweise mit einem anderen Jungen ein Spiel gespielt, in dem er ihm den Penis in den Po gesteckt hat und gesagt hat: "Du bist jetzt ich und ich bin jetzt mein Onkel und jetzt zeige ich dir einmal, was mein Onkel mit mir gemacht hat.“ Ein anderes Beispiel zeigt aber wie sehr Kinder versuchen, eine Erklärung für das, was sie erleben, zu finden aber dabei nur oberflächlich Sexualpraktiken durchführen, die mit Erwachsenensexualität nicht gleich zu setzen sind. In einem Gespräch über Doktorspiele wurde mir mitgeteilt, dass zwei miteinander befreundete Jungen, nachdem sie dem Decken von Kühen zugeschaut hatten, von den Bauern vertrieben wurden. Was sie bei den Tieren beobachtet hatten, wollten sie einfach ausprobieren. Klar war, die Erwachsenen wollen nicht, dass die Kinder das sehen. Sie erklären ihnen nichts, also ziehen sich die beiden Jungen zurück und probieren wechselseitig aneinander aus, wie das ist, wenn man den Penis in den Po steckt. Denn so haben sie den Deckvorgang wahrgenommen. Keines der Kinder fühlt sich durch den anderen missbraucht. Es gibt ein wechselseitiges Einverständnis, keine Traumatisierung. In einer Untersuchung von Klaus Elstner und André König werden 148 Kinder nach typischen Merkmalen verglichen. 50 Jungen, mit sexuell übergriffigem Verhalten, 30 mit aggressiven Übergriffen aus Jugendhilfeeinrichtungen und 43 Kinder außerhalb von Einrichtungen als 7 Kontrollgruppe. Ergebnis: die sexuell misshandelnden und die aggressive Behandlungsgruppe unterscheiden sich nicht hinsichtlich des aggressiven Verhaltens. Die Jungen mit sexuellen Übergriffen haben in ihrer Entwicklung mehr seelische körperliche und sexuelle Gewalt erlebt und weisen auf den Skalen des YSR/CBCL höhere Werte im Bereich" sozialer Rückzug"," ängstlich/depressiv" und" sozialer Probleme"auf. Die Task Force der ATSA (American Association for Treatment of Sexual Abuse) stellt in ihrem Bericht (2006) über den Stand der Forschung zu sexuell übergriffigem Verhalten von Kindern jedoch fest, dass eindeutig abgrenzbare Untergruppen von Kindern mit sexuell übergriffigem Verhalten bis heute nicht gefunden werden (Report of the ATSA Task Force on Children With Sexual Behavior Problems, 2006, S.2). Behandlung muss auf die jeweilige Situation abgestimmt werden, ebenfalls Fragen der Unterbringung der Kinder, Meldung an wen, Auflagen für die Kinder usw. Was bedeutet diese Feststellung für die therapeutische und pädagogische Arbeit mit diesen Kindern? Sie bedeutet vor allen Dingen, dass man sich ein möglichst umfassendes, individuelles Bild von den vorhandenen sexuellen Verhaltensweisen, dem Umfeld in dem sie entstanden sind und den Entstehungsbedingungen in der konkreten Situation machen muss. 3.) Unterschiede in der Sexualität bei Kindern und Erwachsenen (oder Jugendlichen) Die Gefahr ist die, dass man das Kind wie einen Jugendlichen oder erwachsenen sexuellen Misshandler behandelt. Kinder in dieser Altersgruppe zeigen sexuelles Verhalten, das dem von Jugendlichen oder Erwachsenen äußerlich gleicht. In der Regel geht es den Kindern aber nicht um sexuelle Erregung. Erinnern Sie ich einmal an die eigene Kindheit und versuchen Sie für sich selbst folgende Fragen zu beantworten: in welchem Alter war mir klar dass sexuelles Verhalten irgendwie anders ist als anderes Verhalten, dass irgendetwas Besonderes ist? In welchem Alter wusste ich, dass es Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen beziehungsweise Männern und Frauen gibt? Wann war mir klar, dass ein Penis in die Scheide gesteckt werden muss, damit ein Kind entstehen kann? 8 Wann war mir klar, dass meine Eltern miteinander Sex hatten und sich dadurch auf der Welt bin? Kinder mit sexuell misshandelndem Verhalten gegenüber anderen Kindern sind durch die Lebenssituation in der sie leben verwirrt im Hinblick darauf wie Jungen und Mädchen, Männer und Frauen miteinander umgehen. Sie erleben unklare Grenzen unter Menschen. Die Grenzen werden – teilweise mit Gewalt, teilweise aus Unbedachtheit und Unsensibilität für die eigenen persönlichen Grenzen und die Grenzen anderer Menschen überschritten. Mädchen und Jungen erhalten keine Orientierung wie sie sich benehmen sollen. Sie erhalten keine oder unzureichende Information für ihre Fragen bezüglich Sexualität und Umgang der Geschlechter, die ihrem Entwicklungsalter angemessen sind. Die Folge ist, dass sie Langeweile, Einsamkeit, Wut gegen z.B. die Eltern, die die jüngere Schwester/Bruder bevorzugen, Traurigkeit usw. über das Vehikel Sexualität abreagieren. Sie brauchen dringend ein Stop dieser fehlgeleiteten Abreaktion und – ganz wichtig- eine Hilfe, welche alternative Möglichkeit sie haben, diese vorhandenden Wünsche und Bedürfnisse anders, altersangemessen und mit Wahrung der Grenzen aller Beziehungspartner zu erfüllen. Dazu muss ich als Mutter/Vater oder Pädagoge sowie Therapeut mich aber zunächst einmal beim Kind erkundigen, wie es auf die Idee zu diesem sexuellen Verhalten gekommen ist, wofür aus seiner Sicht das sexuelle Verhalten „ gut“sein soll. Kinder denken im sexuellen Bereich anders, als Jugendliche und Erwachsene. Beispiel: ein Junge, der in YouTube unter der Überschrift "Sex" ein Video angeschaut hat und danach noch 10 Pornofilme, indem er die Animationen auf dieser Seite angeklickt hat, ist neun Jahre alt und fragt mich: Ist das jetzt Sex? Was ist denn jetzt Sex? Ich weiß nicht was er erwartet hat aber offenbar nicht das, was er gesehen hat. Seine Frage, warum die Klassenkameraden bei der Ankündigung von Sexualerziehung so gelacht haben, bleibt ungeklärt. Informationen über die Motive und das Empfinden von Kindern müssen wir den beteiligten Erwachsenen vermitteln. Beispiel: Eine Mutter sagt ich kann mein Kind nicht mehr lieben, nachdem er so etwas gemacht hat. Mit dieser Einstellung wird sie ihr 9 Kind ablehnen oder sich emotional von diesem zurückziehen und kann dem Kind nicht bei seinem Weg heraus aus dem Fehlverhalten helfen und es dabei stärken und ihm Mut machen im Sinne du schaffst es dein sexuelles Misshandlungsverhalten abzulegen und anders zu handeln. Wird er nicht zu einem Misshandler? Diese Frage stellen Eltern von betroffenen Kindern und Eltern deren Kind misshandelt hat immer wieder. - Nein! Laut ATSA Task Force Bericht 2006 (S. 2) ist dieses Risiko minimal: „Despite considerable concern about progression on to later adolescent and adult sexual offending, the available evidence suggests that children with SBP (Sexual Behavior Problems) are at very low risk to commit future sex offenses, especially if provided with appropriate treatment. After receiving appropriate short-term outpatient treatment, children with SBP have been found to be at no greater long-term risk for future sex offenses than other clinic children (2%-3%). Ganz wichtig ist es, zu klären, ob das Kind weiteren sexuellen Missbrauchshandlungen oder einer sexualisierten Umgebung ausgesetzt ist. Ist dies der Fall, wird sich am Verhalten des Kindes nur sehr schwer etwas ändern lassen, da dieses Verhalten ständig durch das Lebensumfeld des Kindes erneut angeregt wird. Das Lebensumfeld die Eltern/Pädagogen müssen das Umfeld verändern. 4.) Konsequenzen für Eltern, Pädagogen und Therapeuten Kinder in einem solchen Lebensumfeld entwickeln oder haben bereits eine Bindungsstörung und sind traumatisiert.Sie leben ständig in erhöhtem innerem Stress und Aufregung. Der Bereich mittlerer Aufregung, in dem neu gelernt werden kann, ist bei ihnen sehr schmal. Hier Power Point Folien einfügen Die Folge traumatischer Erfahrungen für diese Kinder ist, dass sie hochgradig verunsichert sind, wenig Orientierung haben unter anderem in ihrem sexuellen Fehlverhalten Verwirrung und Angst, Langeweile, Nähebedürfniss, Ärger, Traurigkeit ausagieren. Im Vergleich zu anderen Kindern - ohne grenzüberschreitende, sexualisierte, oder sogar sexuell übergriffige Umgebung- können sie mit Aufregung schlecht umgehen, haben ein schmales Toleranzfenster für Aufregung, in dem sie sich durch den Verstand steuern können. (Siehe Abbildungen 1- 3, 10 „Window of Tolerance“/ angeboren/ Einschränkung durch Bindungsstörung/Einschränkung durch zusätzliche Traumatisierung.) Wichtig ist es daher die Umgebung zuhause oder in ihrem Lebensraum in einem Heim zu stabilisieren und ihnen ein Modell für Sexualität und für angemessene körperliche und emotionale Grenzen an die Hand zu geben. Erst unter diesen Bedingungen gibt es für die betroffenen Kinder weniger Anlass für Verwirrung und innere Aufregung. Gelingt dies nicht, ist es notwendig, den Kindern in der Umgebung, in der sie pädagogisch betreut werden, eine klar geregelte, berechenbare Situation vorzuleben. Dies gibt ihnen innerlich Sicherheit und regt sie nicht unnötig auf. In einer klaren Situation erst können diese Kinder aus den Anweisungen, die Pädagogen ihnen geben, etwas lernen. Sind sie vorher zu aufgeregt. Erst durch klare grenzen wird das „Toleranzfenster der Aufregung“, in dem unser Verstand etwas lernen kann, verlassen. Ohne Beruhigung Lernen sie nichts Neues. Neben der Berechenbarkeit der Umgebung und der darin handelnden Personen, müssen Pädagogen den Kindern vermitteln, wie diese ihre Aufregung und ihr Verhalten zu steuern können. Gelingt dies ist dies ein wichtiger vorbereitender und begleitender Schritt um in einer Therapie ihre Traumatisierung und zu be- und verarbeiten. 5.) Rahmenbedingungen und Auslösereize, die das sexuelle Fehlverhalten wahrscheinlicher machen und aufbauen von alternativem Verhalten Der äußere Rahmen wird bestimmt und mitgestaltet vor allen Dingen durch Eltern, Erzieher, Lehrer. Folgendes sollten sie beachten: Selbst möglichst ruhig sein. Selbst möglich ruhig sein: Wie denn? Eltern und Erzieher führen sich vor Augen, dass ein Kind kein junger sexueller Straftäter ist, sondern ein ,aus welchen Gründen auch immer, seelisch überlastetes Kind. Sein sexuelles Fehlverhalten ist ein Versuch neben anderen Verhaltensweisen mit den eigenen Verwirrungen, Traumatisierungen, Einsamkeit, zu Recht zu kommen. Sie sind in der Lage innerlich die Haltung einzunehmen: das Kind wird nicht für immer geschädigt sein und später einmal zum Täter werden oder zumindest auf die schiefe Bahn kommen. Beide Vorstellungen sind weit verbreitet. Wenn die Eltern selbst sexuellen Missbrauch oder Misshandlung erlebt haben tendieren sie dazu, ihre eigenen Vorstellungen wie es ihnen als 11 Opfer ging, ihre alten Vergeltungsgefühle dem Misshandler gegenüber auszuleben und das reale Kind heute nicht mehr wahr zu nehmen. Können sie dies nicht, benötigen sie selbst Therapie für ihr altes Trauma. Zur inneren Ruhe für das Kind trägt auch bei, wenn Eltern ihrem Kind deutlich, machen können,dass sie es als IHR KIND weiterhin mögen und mit ihm zusammen einen Weg suchen und finden werden ohne das problematische Verhalten. Das heißt für die Eltern, dass sie ihrem Kind vermitteln: du wirst sehen, auch wenn es dir jetzt unmöglich erscheint, du bist in der Lage dein Verhalten zu ändern. Wir werden dich dabei unterstützen, dass du das schaffst. Wir werden dich aber daran hindern, dass du vor der Aufgabe wegläufst. Der englische Therapeut Ray Wyre hat dies als die Haltung eines freundlichen Wachhundes beschrieben. Er holt mich immer wieder freundlich aber bestimmt zurück an die Aufgabe , wenn sie der Aufgabe ausweichen. Ruhe kommt in die Gespräche, wenn Eltern in einer ruhigen sachlichen Sprache über Sexualität, über die spezifischen Handlungen des Kindes sprechen. Es geht darum über das sexuelle Fehlverhalten aber auch alle Fragen, die zum Thema Sex allgemein gestellt werden, in einfachen klaren Worten zu sprechen. Worte, die Kinder verstehen, die keinen moralischen oder verurteilenden Klang oder Bedeutung haben. Dies klingt sehr einfach, ist es jedoch nicht. Allerdings kann man mit Übung durchaus große Fortschritte erreichen. Johnson ( Literaturliste: 2009 a) empfiehlt Ausdrücke zu verwenden, mit denen auch die Kinder sich wohl fühlen. So kann zum Beispiel das „Ähäm - Verhalten“, wenn das Kind dies so benennt, auch von den Erwachsenen benutzt werden, um z.B. darüber zu sprechen, welcher Reiz dieses „Ähäm - Verhalten“ für die Kinder hat. Oralverkehr kann einfach beschrieben werden als PiPi oder Penis in den Mund nehmen. Geschlechtsverkehr als Penis in die Scheide tun oder in die Scheide stecken. Analverkehr mit Penis in den Popo tun usw. Klare Grenzen zu ziehen im Hinblick auf Umgang von Personen miteinander im Sinne von wechselseitigem Respekt. Jeder soll sich in der Familie oder in der einen Gruppe sicher und wohl fühlen können. 12 Eine ganze Reihe von Eltern aber auch professionelle Erzieher haben noch nicht verinnerlicht, dass Grenzen setzten Kindern Sicherheit gibt. Diese Sicherheit entsteht dadurch, dass Kinder wissen, der Erwachsene verhält sich vorhersehbar. Wichtig ist daher den Eltern die Haltung zu vermitteln: wir ziehen klare Grenzen. Wir dulden kein erneutes Auftreten des Verhaltens und zeigen dem Verhalten die rote Karte, damit du als Kind es leichter hast, das auch zu tun. Wenn wir das nicht tun, bist du ganz allein im Kampf gegen das sexuell misshandelnde Verhalten in dir. Da ist die Chance groß, dass das Verhalten gewinnt. Du und die andern Kinder, mit denen du dann etwas machst, was das sexuelle Verhalten will, sind die Verlierer. Beispiel für ein Gespräch mit dem Kind: Damit es dir leichter fällt nicht wieder in das Fehlverhalten hinein zu kommen, werden wir mit den anderen Kindern in der Familie besprechen, was wir nicht wollen, welches Verhalten du ändern solltest. Wir werden gegen das falsche sexuelle Verhalten zusammen angehen. Du kannst dann mit uns die anderen bitten, dabei mit zu helfen, indem sie uns z.B. sagen dürfen, wenn dieses Verhalten einmal stärker ist als du. Dann können wir zusammen überlegen was du und wir alle machen können, um dem Verhalten beim nächsten Mal keine Chance zu geben, dich aus zu tricksen. Damit du weniger in gefährliche Situationen kommst, bei denen das Verhalten ausgelöst wird oder wahrscheinlich wird, werden wir zuhause einige Dinge ändern. Hilft dir das? Hast Du eigene Ideen? Schwierig wird dies für Eltern mit schwachen emotionalen körperlichen und sexuellen Grenzen. Im Fall der Mutter eines neunjährigen Internetbenutzers brauchte diese Mutter zunächst einmal die Ermutigung des Therapeuten, ihrem Vater und auch dem Opa, klar zu verbieten, den Jungen unbeaufsichtigt ins Internet zu lassen. Die Mutter des misshandelnden und betroffenen Kindes verbietet dem 9 Jährigen beim Besuch, ohne ihre Anwesenheit mit dem 5-Jährigen Cousin zu spielen, da er sich dann nicht kontrollieren könnte. Diese Mutter braucht zusätzlich eine Ermutigung ganz allgemein, zuhause klare Grenzen zu setzen, da sie dem Jungen gegenüber ein schlechtes Gewissen hat, weil sie Alleinerziehende ist und dem Kind der Vater fehlt. 13 Im Fall eines durch den Onkel vor einigen Jahren sexuell missbrauchten Kindes, welches ein jüngeres Kind oral und anal missbraucht hat, wird in der Schule vereinbart, dass dieses sich in der Pause in der Nähe des aufsichtsführenden Lehrers aufhalten muss, dass es im Schulbus vorne in der ersten Reihe seitlich vom Fahrer sitzt. Es darf in der Tagesgruppe nicht ohne Aufsicht eines Erziehers mit einem anderen Kind ins Tobezimmer u.s.w.. Wichtig ist für die Kinder eine Umgebung in der die Konsequenzen ihres Verhaltens sofort berechenbar sind und es klare Grenzen für das sexuelle Verhalten einhält, sonst gelingt es den Kindern nur schwer sich von diesem Verhalten zu lösen und alternatives Verhalten aufzubauen. Wenn Eltern klare Grenzen setzen wollen müssen sie in der Lage sein möglichst rasch zu wahrzunehmen, körperlich zu spüren, wann ihre eigene Grenze erreicht und überschritten wird. Wenn ich meine eigene Grenze kenne kann ich klarer definieren, wo die Grenzen für das Kind liegen sollen. Insbesondere mit Eltern, die sich schwer tun Grenzen zu ziehen, spreche ich darüber ob und wie sie Grenzüberschreitungen wahrnehmen und wie sie dies im Körper spüren. Das Körpersignal ist schneller als Emotion und Denken und erlaubt es den Eltern klar und rasch zu reagieren. Darüberhinaus vermittelt es den Kindern: ich als Elternteil möchte respektiert werden und alle anderen Personen hier auch. Aber selbst Eltern, die die Grenzen klar spüren brauchen bisweilen Hilfe auch für die Einhaltung der Grenzen zu sorgen. Dies liegt teilweise an ihrer eigenen Lebensgeschichte in der sie zum Beispiel willkürliche Grenzverletzungen durch die Eltern erlebt haben oder in der sie durch ihre Eltern wenig Anerkennung vermittelt bekommen haben. Sie wollen dann häufig alles wieder gutmachen und schütteln sozusagen das Kind mit dem Bade aus, indem sie ihre eigenen Grenzen als Eltern und die der Kinder nicht wahren. Hier benötigen sie teilweise therapeutische Unterstützung. Rahmenbedingungen und Auslösereize (innere wie äußere) ändern, die das sexuelle Fehlverhalten wahrscheinlicher machen. Wenn das Kind in einer stark sexualisierten oder chaotischen Lebensituation lebt und/ oder sexuell missbraucht wird, muss die Situation sich verändern oder wenn möglich der Kontakt des Kindes dazu unterbrochen werden. 14 Geschieht das nicht, wird das Kind durch die Sexualität weiterhin traumatisiert und sein Verhalten nicht ändern können. Es lässt sich dann nur durch sehr enge Begleitung und Kontrolle in bestimmten Lebensfeldern vermeiden, taucht aber andernorts auf. Das Kind hat nur sehr eingeschränkt die Fähigkeit dieses Verhalten selbst zu kontrollieren. Es gelingt nur mit starker Unterstützung von außen. In einem Fall, führt das Sexualleben der Eltern zu den Übergriffen eines 9-jährigen Bruders auf seine kleine Schwester . Wir musste erst dem Vater verdeutlichen, dass sexuelle Kontakte mit seiner Frau im Wohnzimmer, das an die Kinderzimmer angrenzt nicht mehr stattfinden dürfen bevor sich am Verhalten des Jungen etwas ändern konnte. In einer Heimeinrichtung bedeutet das, dass ein 11- jähriger Junge, der ein achtjähriges Mädchen zum Oralverkehr durch Bestechung mit Stofftieren animiert hat nicht mehr auf dem gleichen Stockwerk mit dem Mädchen lebt, sondern dass er in ein Zimmer im Untergeschoss zieht, damit die Mitarbeiter mitbekommen können, wenn er sich ins erste Obergeschoss begibt. Eine weitere Maßnahme ist, dass er mit den anderen Kindern nicht mehr gemeinsam das Bad benutzt. Zuhause kann dies bedeuten, dass Kinder nicht mehr in einem gemeinsamen Zimmer schlafen, dass auch im Spielzimmer die Türe offen bleibt, dass ein unbeaufsichtigter Kontakt nicht mehr möglich ist. Welche Maßnahmen im einzelnen ergriffen werden ist abhängig von der Situation entscheidend ist dass es für den Jungen und das Mädchen dass die sexuellen Verhaltensweisen zeigt weniger Gelegenheit weniger Anlass gibt in eine sexualisierte Richtung zu denken und zu handeln. Weitere Stichworte in diesem Zusammenhang : keine Inhalte mit sexueller Tendenz im Bereich Internet Fernsehen (auch Seifenopern können erregend wirken), Radio; Keine Darstellung von Aggressionen und Gewalt in Beziehungen. Keine anzüglichen Scherze oder entsprechende Sprüche, sie können zu Auslösern für sexuelles Misshandeln werden. Beispiel ein 10-Jähriger wird durch Worte wie Schwul, Schwanz und Homo an den analen und oralen Missbrauch durch seinen Onkel erinnnert. Er sucht sich einen kleinen Jungen aus der Tagesgruppe und missbraucht ihn oral, während in seinem Kopf die Missbrauchsszenen mit seinem Onkel ablaufen. Fähigkeiten des Kindes sich selbst zu regulieren anleiten und üben. Dazu gehört ein Wissen wie Traumatisierung wirkt und wie man den Kindern helfen kann wieder Kontrolle über ihr Verhalten zu bekommen, statt aus der übergroßen Erregung heraus mit sexuellem Verhalten zu reagieren. Wie erkennt man, dass ein Kind in zu große Erregung gerät 15 (z.B. „glasige Augen“ = defokusiert) oder und in eine alte negative Erinnerung, die diese Erregung befördert. Wie holt man es dann wieder in die Gegenwart zurück und hilft ihm dort zu bleiben. Üben der Techniken zur Selbstregulation oder weiterer Ausbau der Fähigeiten, die das Kind schon selbst einsetzt. (z.B. sich ganz in sich zurückziehen, Sich was sagen, das man ruhig wird, schnell rennen usw. ) Alternatives Verhalten unterstützen und gegebenenfalls aufbauen. Fragen nach Ausnahmen, wenn ein Kind es geschaft hat mal nicht in das sexuell misshandelnde Verhalten zu fallen, obwohl es selbst oder die Eltern es erwartet hätten. Alternativen die das Kind selbst auch gut findet oder selbst vorgeschlagen hat in den kritischen Situationen unterstützen und das Kind ermutigen diese durchzuführen. Beim Scheitern gemeinsam überlegen, woran es gescheitert ist und diese Punkte durch maßgeschneiderte Ideen verändern, um die Erfolgschancen beim nächsten Mal zu erhöhen. Fehler sind demnach Gelegenheiten, die eigene Strategie für Alternativverhalten Weiterzuentwickeln nicht Gelegenheit abwertende Vorträge zu halten. Dabei kann eine externalisierende Sprech und Denkweise helfen( Literaturliste: Michael White, Freeman u. Epston) . Das Fehlverhalten wird wie eine Person behandelt, die außerhalb des Kindes existiert und das Kind versucht dazu zu bringen was sie will. Die Frage ist, welche Tricks hat das Fehlverhalten auf Lager um das Kind daran zu hindern eine Alternative auszuführen also sozusagen sich einen neuen Freund zu suchen mit dem es künftig zusammenarbeiten will. Auswählen wo die Veränderung zuerst ansetzen soll: dh. Nicht alles auf einmal ändern wollen oder: wer viele Hasen jagt fängt keinen und: denkt ich kann das nie! Mit den Eltern muss man besprechen welches Verhalten, falls es mehrere sexuelle Verhaltensweisen gibt vor allem verändert werden sollte. Johnson (Literaturliste 2009 b) macht für mich hier einige hilfreiche Überlegungen zur Auswahl des Zielverhaltens: Erstens das Verhalten, das häufig auftaucht, (das muss nicht das relativ seltenere sexuelle Missbrauchsverhalten sein) Zweitens, das Verhalten das am meisten die Beziehung des Kindes mit den Gleichaltrigen und Erwachsenen stört. 16 Drittens das Verhalten, bei dem das Kind am meisten davon hat wenn es dieses Verhalten ändert. Dann ist die Motivation am größten dund die Zusammenarbeit am wahrscheinlichsten, wenn das Kind das Verhalten selbst ändern möchte und sich mit Hilfe auch dazu in der Lage fühlt. Sexuelles Missbrauchsverhalten im engeren Sinne ist in der Regel kein gutes Verhaltensziel als erstes, weil es häufig nicht so oft eintritt. Im Hinblick auf das sexuellen Missbrauchsverhalten soll das Kind nur wissen welche ganz klaren Konsequenzen auftreten werden und folgen werden, wenn es das tut. Die Eltern benötigen um dies umsetzen zu können in aller Regel pädagogische und oder therapeutische Hilfe. Elterngespräche, regelmäßig und in besonderen Situationen sind daher Voraussetzung für einen tragfähigen Rahmen auf dem eine therapeutische Intervention aufbauen kann. Ohne diesen Rahmen wird der Erfolg für die Therapie nur sehr schwer erreichbar oder unmöglich. 6.) Die Zusammenarbeit mit dem Kind in der Therapie Entscheidend ist, dass es gelingt über die Pädagogik das Umfeld des Kindes so zu gestalten, dass das Kind möglichst wenig in Situationen gerät, in denen seine Aufregung innerlich zu groß wird und in denen Auslösereize für das Fehlverhalten nicht kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass Übergriffe auf das Kind sofern es sie gibt, gestoppt werden. Beispielsweise war es in einem meiner Fälle wichtig, dass der Junge keinen Kontakt mehr zu seinem Onkel hatte. Der Vater des Kindes hat in diesem Fall seinem Bruder eindeutig klargemacht, dass er keinen Kontakt mehr zwischen ihm und seinem Sohn sowie zwischen ihm und seiner Familie wünscht und warum. Erst dann war es möglich mit diesem Jungen an seinen Übergriffen auf andere Kinder therapeutisch zu arbeiten. Wie zu Hause geht es auch in der Therapie darum dem Kind eine sichere vorhersagbare Atmosphäre zu schaffen und dem Kind zu helfen sein Aufregung herunter zu regulieren und wieder in den mittleren Bereich von Aufregung hineinzukommen. Das gilt auch für Kinder, die nicht traumatisiert sind, sondern nur Orientierung und Information brauchen. Bei einer Traumatisierung werden, insbesondere bei großer Aufregung, abgekapselte Erinnerungen durch Auslösereize wieder wach gerufen. Das Kind erlebt die traumatische Situation erneut, obwohl diese in der Gegenwart gerade nicht stattfindet. Es erlebt auch all diese Aufregung, 17 wie in der Ursprungssituation. Es ist zwar körperlich anwesend aber seelisch nicht. Das heißt im Gespräch mit diesen Kindern müssen wir darauf achten deren Aufregung in einem aushaltbaren Bereich zu halten. Gleichzeitig ist es notwendig, dass die Kinder wissen: wir sprechen miteinander das sexuellen Übergriffen der Verhalten zu verändern und zu stoppen. Klären des Therapieinterventionsrahmens: Ziel (Eltern, Kind, gegebenenfalls andere Auftraggeber). Wer informiert wen in welchem Umfang und wann festlegen und für das Kind transparent machen. Besprechen wie der Therapieprozess insgesamt abläuft: Aufbau von Selbstregulationsfähigkeit, von Selbstvertrauen und Vermeiden von Auslösesituationen (Phase der Stabilisierung). Durcharbeiten traumatischer Situationen (Phase der Traumabearbeitung). Aufbau von Alternativverhalten und Einbauen desselben in den Lebensaltag (Phase der Integration). Ablauf einer einzelnen Therapiesitzung: Zu Beginn etwas tun, das das Kind stärkt und stabilisiert, In der Mitte bearbeiten der unangenehmen Inhalte, so dass das Erregungsniveau nicht zu hoch wird und das Kind mit seinem Verstand etwas lernen kann. Am Ende erneut stabilisieren und mit einem angenehmen Empfinden für das Kind die Sitzung beenden. In jedem Fall dem Kind die Sitzung so gestalten, dass diese und das Verhalten des Therapeuten vorhersagbar sind. Michael Pfeifer Dipl.-Psych., KJP u. PP Kinderschutzzentrum Göppingen 18