Thymallus thymallus (LINNAEUS, 1758): Fisch des Jahres 2011

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Die Äsche Thymallus thymallus (LINNAEUS, 1758):
Fisch des Jahres 2011
von Axel Zarske
Wenn ein Fisch nach 1997 im Jahre
2011 zum zweiten Male von den zuständigen Gremien zum Fisch des Jahres gewählt wurde, so muss er zumindest für bestimmte Regionen entweder
eine große ökonomische bzw. biologische Bedeutung besitzen oder sehr gefährdet sein. Für die Äsche kann man
mit gutem Grund beide Voraussetzungen als gegeben betrachten. Die wirtschaftliche Bedeutung der Äsche ist
zwar, verglichen mit der der Bachforelle,
nicht allzu groß, ihre Bedeutung für die
Angelfischerei ist jedoch beträchtlich.
Außerdem ist die Äsche ein bestens
geeigneter Indikator für die Güte eines
Gewässers. Die Fische sind im Allgemeinen relativ selten und langfristig in
einem starken Rückgang begriffen, so
dass die Art in ganz Deutschland als
gefährdet angesehen werden muss. In
der Roten Liste der Fische Sachsens
von 2005 wird die Äsche sogar als
stark gefährdet betrachtet. Die Gründe
hierfür liegen teilweise in der Biologie
der Art begründet. Zum einen stellt
die Äsche hohe Anforderungen an die
Wasserqualität und die Gewässermorphologie und zum anderen hält sie sich
anders als z.B. die Bachforelle, die bevorzugt als Einzeltier Unterstände aufsucht, zumeist in Gruppen in strömendem Wasser auf. Dies macht sie wiederum für Fischräuber, wie z.B. den
Icormoran, zu einer idealen Beute.
Die weltweit etwa 15 bekannten
Äschenarten wurden früher als Unterfamilie zu den Salmonidae (Forellenartige) gerechnet. Heute billigt man ihnen dagegen den Rang einer eigenständigen Familie (Thymallidae) zu.
Charakteristika dieser Familie sind die
mit mehr als 17 Flossenstrahlen vergleichsweise lange Rückenflosse, der
bezahnte Oberkiefer (Maxillare) und
das Fehlen bestimmter Icnochen in der
Icopfregion (Orbitosphenoid, Suprapraeoperculare). Die Äschen leben
ausschließlich im Süßwasser der nördlichen Hemisphäre. Selbst Brackwasserzonen in der Mündung größerer
Flüsse werden von ihr gemieden. Ihr
Verbreitungsgebiet erstreckt sich von
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Fisch des Jahres 2011: Die Äsche
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Zentraleuropa über Sibirien und die
Mongolei bis nach Nordamerika. Das
artenreichste Gebiet dürfte dabei die
Amurregion sein, aus
dem gegenwärtig etwa
vier Arten bekannt
sind. Die Fische bevorzugen das sauerstoffreiche, kalte Wasser
der Fließgewässer. Als
typischer Charakterfisch einer bestimm
ten Zone der Fließge- Die Äsche
wässer, die sich flussabwärts an die Forellenregion anschließt, hat man diesen Gewässerbereich als Äschenregion (Hyporhithral)
bezeichnet. Diese Region ist dadurch
charakterisiert, dass große Steine und
I<ies den Bodengrund bedecken, eine
Temperatur von 3 bis 15"C vorhanden
ist, wobei im Sommer die Temperatur
selten über 15 "Cansteigt und dass der
Sauerstoffgehalt des Wassers recht
hoch ist. Dies sind vergleichsweise hohe Ansprüche an die Gewässerqualität,
die durch Umweltverschmutzung,
~chadstoffeinle~tun~
in die Gewässer
und Stauregulierungen sehr schnell
verloren gehen. In den nördlichen Bereichen ihres Vorkommensgebietes gibt
es auch Populationen von Äschen, die
in Seen leben. Diese Tiere wandern jedoch zum Laichen flussaufwärts in die
Flüsse, die in die jeweiligen Seen münden.
In Zentraleuropa ist die eigentliche
Äsche (Thymallus thymallus), die der
Familie ihren Namen gab, der einzige Vertreter ihrer
Gattung. Die Arlttische Äsche (Thymallus arcticus)
kommt allerdings
z.T. an der nördlichen Verbreitungs~oto:A. Hartl grenze (Ural) mit
der eigentlichen
Äsche (Thymallus thymallus) sympathrisch vor. Beide Arten ltann man vor
allem an der Länge des Oberkiefers und
der Färbung unterscheiden (z.B. 1: thymallus: Maxillare reicht bis zum vorderen Augenrand, keine roten Punltte auf
den Icörperseiten, T arcticus: Maxillare
reicht bis zur Augenmitte, rote Punltte
auf den Icörperseiten).
Die natürliche Verbreitung der
Äsche (Thymallus thymallus) in Europa reicht vom Ural im Osten bis zur
Loire, dem Rhein und der Rhone im
Westen. In Südfinnland, Südfranltreich
und Norditalien wurden Äschen künstlich angesiedelt. Im Osten erstreckt sich
das Verbreitungsgebiet von T thymallus bis weit nach Sibirien. Ansiedlungsversuche mit dieser Art hat es in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpom. - .
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Äschenregion in der Spree
004
Fischer & Angler tn Sachsen, Fruhjahr 2011
Foto: Dr. S. Sieg
mern gegeben. Ende der 1950er Jahre
hat man versucht eine weitere Art
(Thymallus baicalensis), die endemisch
für den Bailtalsee ist, in der damaligen
Tschechoslowaltei anzusiedeln, was jedoch nicht erfolgreich war.
Die Äsche erreicht in der Regel eine
Gesamtlänge von etwa 30 cm, gelegentlich ltann man jedoch in Ausnahmefällen auch Fische von etwa 50 cm Länge
beobachten. Im Normalfall wiegt eine
erwachsene Äsche um die 700g. Es
sind aber auch schon Tiere von etwa
1,4kg, ja sogar 2,8 kg gefangen worden.
Die Hauptnahrung der Äschen besteht
aus Wasserinseltten und deren Larven
sowie anderen wirbellosen Bodenbewohnern. Anflugnahrung und Fischlaich wird ebenfalls nicht verschmäht.
Die Geschlechter lassen sich anhand
der Größe der Flossen leicht unterscheiden. Die Männchen verfügen über deutlich größere Rücken-, After- und Bauchflossen als die Weibchen und scheinen
zumeist auch etwas lebhafter gefärbt zu
sein. Zur Laichzeit erscheint die Färbung beider Geschlechter leuchtender
und strahlender als außerhalb der Fortpflanzungsperiode. In Zentraleuropa
werden die Äschen nicht allzu alt. Sie
erreichen hier ein Höchstalter von nur
etwa sechs Jahren. In ihrem nördlichen
Verbreitungsgebiet werden sie jedoch
etwas älter. Sie können dann durchaus
zehn Jahre alt werden, so man sie denn
lässt und sie nicht vorher gefangen und
verzehrt bzw. vermarktet werden.
Die Fische laichen von März bis
April, in Nordeuropa auch etwas später,
wenn die Wassertemperatur etwa 4 bis
8 "C beträgt. Abgelaicht wird in Gewässerzonen mit einem relativ geringem
Wasserstand von etwa 30 bis 60 cm und
mäßiger Strömung über kiesigem Bodengrund. Das Männchen besetzt ein
ldeineres Laichrevier. Der Ablaichvorgang selbst findet meist in den frühen
Nachmittagsstunden statt, wenn die
Wassertemperatur am höchsten ist.
Wie bei allen Forellenartigen wird der
Laich über einer flachen Grube abgegeben. Die Eier selbst sind im Durchmesser etwa 3 bis 4 mm im Durchmesser
groß und gelblich gefärbt. Die Anzahl
der Eier schwankt je nach Größe des
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Fisch des Jahres 201 1: Die Äsche
Das Gewässerdurchrränrriakeits~rorrrammim Freistaat Sachsen
Fortsehungvon Seite 004 »
Weibchens zwischen 3.000 und 36.000
Eiern. Nach der Befruchtung werden
die nicht klebenden Eier mit Sand oder
Kies bedeckt. Die Jungfische schlüpfen
temperaturabhängig nach etwa 20 bis
30 Ta-Solange
der Dottersack noch
nicht aufgezehrt ist, verbleiben die Larven im Bodengrund zwischen den Kieselsteinen. Später halten sie sich einige
Wochen kurz unter der Wasseroberfläche auf. Größere Jungfische leben in
der Bodenregion schnell fließender Gewässer. Mit zwei bis vier Jahren werden
die Fische geschlechtsreif, wobei die
Weibchen in der Regel ein Jahr später
geschlechtsreif werden als die Männchen. In den nördlichen Teilen des Areals werden die Fische später geschlechtsreif als in den südlichen Gebieten.
In Sachsen ist die Äsche nicht allzu
häufig. Ihre genaue Verbreitung entnimmt man am besten aus dem "Atlas
der Fische Sachsens". Durch eine Verbesserung der Lebensbedingungen reproduzieren zunehmend mehr Populationen erfolgreich. Trotzdem ist der
Druck, der'durch die Angelfischerei erzeugt wird, häufig so groß, dass ohne
regelmäßige Besatzmaßnahmen die Art
>srecht bald verschwinden würde. Besonders negativ wirkt sich jedoch der Einfluss des "Vogels des Jahres 2010': des
Kormorans, aus. Im Winter werden die
eisfreien Fließgewässer von den Kormoranen regelrecht leer gefressen. Die
Äschenbestände haben so praktisch
fast keine Überlebenschance.
Historisch gesehen war die Äsche bereits KENTMANN (1556, 1560), FA-
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BRICIUS (1569) und ALBINUS (1580)
bekannt. Bereits LEONHARDT und
SCHWARZE (1903) mussten jedoch
von Bestandsrückgängen aufgrund einer
fortschreitenden Verunreinigung der
Fließgewässer durch Abwassereinleitungen berichten. Auf böhmischem Gebiet wurden bereits im 19. Jahrhundert
Bestandsregulierungen durch das Aussetzen von Jungfischendurchgeführt.
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