Landesfischereitag 2015 in Hirschaid Die optimale Besatzstrategie Oberbayerischer Fischereitag 2016 in Bad Wiessee Dipl.-Biol. Patrick Türk Referat III (Fischerei, Gewässer- und Naturschutz) Landesfischereiverband Bayern e.V. Fischerei 1. Recht des Fischfangs Sozio-ökonomisch von hoher Bedeutung 2. Pflicht zur Hege Erhaltung und Förderung eines dem Gewässer angepassten, artenreichen und gesunden Fischbestandes und Sicherung standortgerechter Lebensgemeinschaften, ….soweit erforderlich ist Besatz vorzunehmen Welche Besatzziele werden in erster Linie verfolgt? Ertragssicherung Sicherung d. Attraktivität (Amortisierung d. Pacht) Arterhalt Wiedereinbürgerung Welche Bedingungen stellen Fische an ihren Lebensraum? Henning Fische brauchen miteinander vernetzte Teillebensräume. Winterlager Laichhabitate Brutstandorte Jungfischhabitate Fressplätze Intakte Ökosysteme – fischökologische Funktionsfähigkeit Wer ernten will, muss säen !? In intakten Ökosystemen ist kein Besatz notwendig !!! Voraussetzung: • Funktionelle Teilhabitate dem Leitbild entsprechend sind in Qualität und Quantität vorhanden • Gewässer und Fischfauna entspricht Leitbild • Fischökologische Funktionsfähigkeit = sehr gut Folgerung Besatz nur sinnvoll wenn Nahrungsressourcen und Standplätze nicht ausgenutzt d.h. Fischbestand deutlich unter Fassungsvermögen Defizite natürlichen Bestandsaufbau verhindern Wie sieht es heute aus? Leitbild und Leidbild Heute eher Leidbild als Leitbild Resultat aller Einflussfaktoren? Auswirkungen der Summe aller Faktoren: • Sterblichkeit • Reproduktion • Wiederbesiedlung stark erhöht stark vermindert behindert • Ökolog. Wechselbeziehungen stark gestört (Räuber/Beute, Konkurrenz etc.) Rote Liste gefährdeter Fische und Rundmäuler Bayerns • Gefährdung der Fische im Vergleich zu anderen Tiergruppen extrem • 64 von 72 Arten auf der Roten Liste ( 81 % ) 7 Arten ausgestorben • alle strömungsliebenden, kieslaichenden und wandernden Fischarten auf der Roten Liste Schlussfolgerung Besatz ist notwendiger mehr denn je! Aber: Individuelle Anpassung der Besatzkonzepte an die jeweiligen Rahmenbedingungen der Gewässer (Leitbild)! = Gewässer-(Einzugsgebiet)-spezifisches Bestandsmanagement Gewässeranalyse: Gewissenhafte Definition des Hegeziels (Einbeziehung von Fachleuten) • • • • • Bestandsanalyse Vergleich mit Leitbild Bewertung des Lebensraums Ermittlung der Ertragsfähigkeit Ermittlung der Gefährdungsursachen Besatzziel formulieren Bestandserhebungen Altersstruktur und Korpulenzfaktor Korpulenzfaktor (K) Gewicht (g) K = 100 x Länge (cm)3 N = 211 Längen-Gewichtskurve für Karpfen Längenhäufigkeitsverteilung Äsche 35 6000 30 5000 K=2,2 Gewicht (g) Anzahl 25 20 15 10 4000 K=2,6 3000 2000 K=1,5 1000 5 0 0 1 6 11 16 21 26 31 36 41 46 51 0 5 10 15 20 25 Länge [cmj] Ideal 30 35 40 Länge (cm) fett mittel dünn 45 50 55 60 Welches Leitbild? Kein Besatz gebietsfremder Arten z.B: • Graskarpfen • Forellenbarsch • Amerikanischer Seesaibling z.B. Äschenregion im Donaueinzugsgebiet Landesfischereitag 2015 in Hirschaid Welche Besatzgrößen ? Sebastian Hanfland Besatzfische so jung wie möglich, aber so groß wie nötig!!!! Besatzfischqualität Sebastian Hanfland Nahrungsaufnahme Schwimmleistung Fluchtverhalten Grundsätzliche Eignung für Besatz: Besatzfische aus traditioneller Karpfenteichwirtschaft : bestens geeignet, extensiv Karpfen, Hecht, Schleie, Zander Besatzfische aus Salmonidenproduktion: je nach Haltungsbedingungen geeignet Forelle, Äsche, Huchen, Saibling Fische aus Kreislaufanlagen: nur eingeschränkt geeignet! kein jahreszeitlicher Tag-NachtRhythmus, konstante Wasserwerte, unnatürlich hohe Temperaturen, keinerlei Naturnahrung, sehr hohe Dichten etc. Aal, Hecht, Zander, Wels Herkunft der Besatzfische: Qualität vor Quantität !!!! Mittlere Preise für Satzforellen aus 13 bzw.11 bayrischen Fischzuchten Bachforelle Regenbogenforelle 7,50 € 7,00 € 6,50 € Mittl. Preis: 5,74€ 6,00 € 5,50 € 5,00 € Mittl. Preis: 4,61€ 4,50 € 4,00 € 3,50 € 3,00 € Niedrigst. Preis Höchster . Preis Niedrigst. . . . Preis Höchster . Preis . Besatz und Fang in 12 ausgewählten Lechstrecken (Mittelwert 2001 - 2006) 25,0 20,0 kg/ha 15,0 10,0 5,0 0,0 kg/ha kg/ha Besatz Fang Anteil Fanggewicht zu Besatzgewicht = 14% Äsche 0,7 Zander 0,1 0,1 Huchen 0,2 0,2 Rutte 0,0 0,2 Bf 6,0 Hecht 0,0 Rbf 15,5 Anteil Fanggewicht zu Besatzgewicht = 30% 0,1 1,8 2,9 Anteil Fanggewicht zu Besatzgewicht = 54% 8,4 Genetische Rahmenbedingungen Konzept der genetischen Managementeinheiten Verband Deutscher Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler Evolutionäre Gesamtgruppe können innerhalb Deutschlands verwendet werden. z.B. Aal, Wels, Karpfen Evolutionäre Großraumgruppe sollten nur innerhalb des jeweiligen Flusseinzugsgebietes (Rhein, Donau) und ggf. sogar Teileinzugsgebietes als Besatzfische verbracht und besetzt werden, z.B.: Bachforelle, Lachs, Hecht, Äsche, Huchen, Rutte, Rotauge, Brachse, Schleie, Barsch, Barbe, Zander, etc. Evolutionäre Kleinraumgruppe sollten allenfalls unter strenger Beachtung der lokalen Besatzherkunft und möglichst immer unter fischereifachlicher Anleitung besetzt werden. z.B.: Coregonen, Saibling, „Kleinfischarten“ Welche Erfolgsaussichten hat Fischbesatz? Vor pauschalen Aussagen ist zu warnen! Mögliche Gründe für mangelnden Besatzerfolg: • Wildfischbestände treten in Konkurrenz zu Besatzfischen • falsche Abstimmung der Besatzgrößen und –mengen auf vorhandene Bedingungen, falsche Einschätzung des Ertragspotenzials • hoher Fraßdruck durch fischfressende Vögel • Besatzfischqualität mangelhaft Erfolgskontrolle von Besatzmaßnahmen • Erfolgskontrollen der Einzelmaßnahmen durch Fischereiberechtigte • Exemplarische Erfolgskontrolle durch Fachleute Begleitmaßnahmen • Besatz dient häufig nur der Überbrückung von Defiziten (Symptombekämpfung) • Begleitmaßnahmen dienen immer der Ursachenbekämpfung! Vogelmanagement Renaturierung Landesfischereitag 2015 in Hirschaid 0 5 7 1 Huchen Karpfen 12 135 2 Schneider 1 Schmerle 30 Schleie 12 Saibling 3 Rutte Rotfeder 57 Rotauge 10 Regenb.for. 40 Nase 63 Laube 2.316 Fische in 171 Tagen Koppe 6 Hecht 7 Giebel 450 Elritze 12 Brachse 98 Barsch Barbe 1 Bachforelle 100 Äsche Aitel Aal Bauformen von Wanderhilfen: Naturnahe Bauweisen Fischwanderhilfen 300 200 351 236 169 Fischereiliches Management Fanglimit Schonmaße Methodenrestriktionen Schonstrecken Schonzeiten Fischereirecht-übergreifendes Management Bewirtschaftungskonzepte über Fischereirechtsgrenzen hinaus Digitale Fangauswertung, Besatzdokumentation, Besatzpläne, usw. Entsprechende Softwarepakete eröffnen neue Kommunikationswege zwischen den Vereinen Ermöglichen Aufstellung von flussgebietsbezogenen Besatzstrategien Zusammenfassung • Angelfischereiliche Hegeziele weniger ertrags- als bestandsorientiert • Vielerorts keine selbst erhaltenden natürlichen Fischbestände • Anthropogene Einflüsse bleiben, z.T. irreversibel • Daraus folgt: Besatzmaßnahmen für nachhaltige fischereiliche Nutzung oft notwendig • Durch Besatz sind Defizite an Gewässern überbrückbar (Symptombekämpfung) Wichtige Erkenntnisse • Besatz weniger erfolgreich als vermutet • Höhere Anforderung an Besatzfischqualität • Bewirtschaftungskonzepte über Fischereirechtsgrenzen hinaus • Besatzbegleitende Maßnahmen notwendig: – Verbesserung des Lebensraums – Management v. Prädatoren – Beschränkung der Befischungsmethoden und der Fischentnahme Vor Besatz • • • • • • Grundsätze der optimalen Besatzstrategie Bestandsanalyse Vergleich mit Leitbild Bewertung des Lebensraums Ermittlung der Ertragsfähigkeit Ermittlung der Gefährdungsursachen Besatzziel formulieren (nicht nur ertragsorientiert) Wenn Entscheidung für Besatz • • • • • • ganzheitliche Bewirtschaftungskonzepte über Fischereirechtsgrenzen hinaus Einhaltung natürlicher produktionsbiologischer Grenzen Berücksichtigung des Arten- und Populationsschutzes (Herkunft Besatzmaterial, Einzugsgebiete) Besatzfische in optimaler Qualität Durchführung von Erfolgskontrollen (Besatz- & Fangstatistik, etc.) besatzbegleitende Maßnahmen (Verbesserung des Lebensraums, Reduktion von Vogelprädation)