DCG-Informationen 32 (1): 21, 2001 Von wegen: „Dieser Buntbarsch ist sehr friedlich" Tino Schol Ich pflege seit zweieinhalb Jahren wieder Malawisee-Cichliden und bin immer wieder verblüfft über welches Durchsetzungsvermögen so manche Art verfügt. Schon öfter mußte ich regulierend eingreifen, da Arten, welche eigentlich als durchaus friedlich in der Literatur beschrieben werden, ein sehr großes Aggressionspotential entwickelten. So mußte ich ein Nimbochromis-fuscotaeniatusMännchen vor einem Otopharynx-lithobates-Männchen schützen, obwohl der N. fuscotaeniatus deutlich größer war und laut Literatur als aggressiver gilt. Ein ähnliches Phänomen beobachtete ich bei zwei Champsochromis-caeruleusMännchen. Der Größenunterschied betrug hier etwa vier Zentimeter. Das größere Tier unterdrückte das kleinere ständig. Nachdem die beiden Fische in ein größeres Aquarium umgesiedelt worden waren, wendete sich jedoch das Blatt. Um dem kleineren Männchen einen Vorteil zu verschaffen, hatte ich es ein paar Tage früher umgesetzt. Nachdem auch das größere Männchen nun in das neue Becken umgesetzt worden war, wurde es vom ehemaligen „Verlierer" heftig angegriffen, so daß ich mich entschied die Tiere wieder zu trennen. Auch ein 1100Liter-Becken reichte nicht aus, um zwei adulten Männchen dieser Art genügend Lebensraum zu bieten. Nachdem das größere C. caeruleus-Männchen des Widersachers entledigt war, begann ein Cyrtocara-moorii-Männchen nun seinerseits den doppelt so großen Champsochromis zu unterdrücken. Ich wunderte mich, daß der Champsochromis meinem N. fuscotaeniatus paroli bot, sich aber von dem C. moorii-Männchen in die Flucht schlagen ließ. Zum Glück normalisierte sich das Verhalten aber wieder, so daß die Gruppe momentan recht gut harmoniert. Hoffentlich bleibt das auch weiterhin so. DCG-Informationen 32 (1): 21, 2001 Männchen von Nimbochromis fuscotaeniatus - Foto: Spreinat Anmerkung der Redaktion: Tino Schol steht nicht allein mit seinen Erfahrungen. Natürlich hat die Beckengröße und -einrichtung sowie die Vergesellschaftung einen maßgeblichen Einfluß auf das Aggressionsverhalten von Malawisee-Cichliden, doch sollte man auf keinen Fall die individuellen Unterschiede der Tiere unterschätzen. Jeder Aquarianer wird die Erfahrung sicherlich schon gemacht haben, daß manche Tiere einer Art besonders aggressiv sind, andere dagegen eher friedfertig. Diese große innerartliche Varianz macht es auch so schwer, „sichere" Vorschläge für den Besatz eines solchen Malawisee-Aquariums zu unterbreiten. Hier ist immer die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl des Pflegers gefragt, um zu einem „funktionierenden" Besatz zu kommen. Andreas Spreinat