Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Auswirkungen, Chancen & Risiken, Optionen & Strategien Studien-Langfassung Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft 1010 Wien | Stubenring 1 | www.bmwfw.gv.at www.bmwfw.gv.at IMPRESSUM Auftraggeber: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), Sektion Tourismus und Historische Objekte, Tourismus-Servicestelle (Abteilung II/3) Projektkoordination: Dr. Monika Wallergraber, Tourismus-Servicestelle, BMWFW Auftragnehmer: Dr. Volker Fleischhacker, Institut für touristische Raumplanung-ITR, Tulln an der Donau (Projektleitung) Unter Mitarbeit: Mag. Dr. Herbert Formayer und DI Thomas Gerersdorfer, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Meteorologie und Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit – BOKU-Met, DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH (Ausarbeitung der Good-Practise-Beispiele) Begleitgruppe: Mag. Maria Aigner, WKÖ-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Mag. Tobias Gamper, BMWFW, II/1 Mag. Rainer Jelinek, Oberösterreich Tourismus Dr. Dagmar Lund-Durlacher, Modul University Dr. Thomas Mayr, BMWFW, II/2 Michaela Reitterer, Österreichische Hoteliervereinigung Dr. Robert Steiger, alpS gmbh Heidi Tscharf, Österreich Werbung Dr. Monika Wallergraber, BMWFW, II/3 DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH, Moderation Layout: Jacqueline Fritsche, Tourismus-Servicestelle, BMWFW Titelbild: © Österreich Werbung/Weinhaeupl W., Großglockner (3 797 m), Aussicht von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe Nachdruck: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), März 2015 KLIMAWANDEL UND TOURISMUS IN ÖSTERREICH 2030 Auswirkungen Chancen & Risiken Optionen & Strategien Institut für touristische Raumplanung – ITR Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Meteorologie und Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Bearbeitung: Dr. Volker Fleischhacker, Institut für touristische Raumplanung – ITR (Projektleitung) Unter Mitarbeit der Projekt-Kooperation „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“ Mag. Dr. Herbert Formayer und DI Thomas Gerersdorfer, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Meteorologie und Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit – BOKU-Met, DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH (Ausarbeitung der Good-Practise Beispiele) Begleitgruppe: Mag. Maria Aigner, WKÖ-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Mag. Tobias Gamper, BMWFJ, III/1 Mag. Rainer Jelinek, Oberösterreich Tourismus Dr. Dagmar Lund-Durlacher, Modul University Dr. Thomas Mayr, BMWFJ, III/2 Michaela Reitterer, Österreichische Hoteliervereinigung Dr. Robert Steiger, alpS gmbh Heidi Tscharf, Österreich Werbung Dr. Monika Wallergraber, BMWFJ, III/3 DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH, Moderation Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), Sektion Tourismus und Historische Objekte, Abteilung III/3 Hersteller: Institut für touristische Raumplanung - ITR: Dr. Volker Fleischhacker. Büro: A-3430 Tulln an der Donau, Feldgasse 32, Tel.: +43 / 2272 / 64005 E-Mail: [email protected] Tulln an der Donau, November 2012 2 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Inhalt Zusammenfassung………………………………………………………………………………………………..4 Einleitung………………………………………………………………………………………………………….13 Zielsetzung ……………………………………………………………………………………………………….13 MODUL I – Grundlagen 1. Das Klima ändert sich………………………………………………………………………………………..15 1.1 Ausgangslage – Weltweit/Europa……………………………………………………………………..15 1.2 Ausgangslage – Alpenraum/Österreich……………………………………………………………...17 1.3 Naturräumliche Konsequenzen – Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen …………………………………………………………....................22 2. Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den Klimawandel……………………………………..25 2.1 Wintersporttourismus……………………………………………………………………………………25 2.1.1 Höhenlage der Schigebiete in Österreich ………………………………………………………..25 2.1.2 Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete……………………………………………...........26 2.1.3 Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07 ………………….31 2.1.4 Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs……………………………33 2.1.5 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter…………………………………………..36 2.2 Sommertourismus………………………………………………………………………………………..37 2.2.1 Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotential…………...........37 2.2.2 Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus………………..38 2.2.3 Zukünftiges Gefährdungspotenzial für den Alpintourismus……………………………………40 2.2.4 Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus……….....................42 2.2.5 Hot Summer in the City……………………………………………………………………………..42 2.2.6 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer………………………………………..43 3. Herausforderungen und Trends der Zukunft………………………….............................................44 3.1 Reiseverhalten, Gästebedürfnisse……………………………………………………………………44 3.2 Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung……………………………………………..........47 MODUL II – Chancen & Risiken, Optionen & Strategien 4. Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente…………………………………………54 5. Anpassungsoptionen/-strategien……………………………………………………...........................61 5.1 Handlungsfelder und Kernstrategien………………………………………………………….........61 5.2 Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus…………………………….61 6. Verminderungsstrategien………………………………………………………………..........................66 6.1 Kernstrategien……………………………………………………………………………………………66 6.2 Einschätzungen der Wichtigkeit von Verminderungsstrategien/-maßnahmen………………66 7. Good-Practise Beispiele/Maßnahmen zu Klimaschutz und Anpassung……………………………69 7.1 Kriterienkatalog für die Auswahl von Good-Practise Beispielen im Tourismus………………69 7.2 Good-Practise Beispiele – Fokus Klimaschutz………………………………………………………70 7.3 Good-Practise Beispiele – Fokus Anpassung……………………………………………………….75 Literaturverzeichnis…………………………………………………………………………….……………….77 Anhang…………………………………………………………………………………………………………….81 3 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Zusammenfassung Die Studie „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“ befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Österreichischen Tourismus und den möglichen Anpassungsoptionen. Im folgendem Bericht werden erstmals in systematischer, kurzer und prägnanter Form die wichtigsten und aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Thematik zusammengestellt bzw. aufbereitet. Den touristischen Partnern und Leistungsträgern in Österreich – von der betrieblichen, regionalen bis zur nationalen Ebene – soll eine fundierte bzw. praxisnahe zukunftsgerichtete Unterlage zur Verfügung gestellt werden. ■ Das Klima ändert sich ■ Die aktuellsten Klimaszenarien Alle Globalen Klimamodelle zeigen einen Temperaturanstieg im 21. Jahrhundert der proportional zu den vom Menschen ausgestoßenen Treibhausgasen erfolgt. Die Differenzierung zwischen den verschiedenen Emissionsszenarien - also das Wirken des unterschiedlichen Verhaltens der Menschen – erfolgt jedoch großteils erst in der zweiten Hälfe des Jahrhunderts. Dies bedeutet, dass die klimatischen Veränderungen der nächsten zwei bis drei Dekaden nicht mehr verhindert werden können. Eine systematische Auseinandersetzung mit den möglichen Folgen dieser klimatischen Veränderungen in den jeweiligen Regionen und Wirtschaftssektoren ist daher ein Gebot der Stunde. ■ Die künftige klimatische Situation im Alpenraum bzw. in Österreich Im Alpenraum muss man von einem weiteren Temperaturanstieg von etwa 1 bis 2 Grad bis zur Mitte des Jahrhunderts ausgehen. Die weitere Entwicklung ist vom menschlichen Verhalten abhängig und Werte von unter 3 bis hin zu 6 oder gar 7 Grad Erwärmung sind möglich. Die Aussagen bezüglich des Niederschlags sind wesentlich weniger belastbar als jene für die Temperatur, da größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Modellen und Emissionsszenarien bestehen. Generell zeichnet sich aber ab, dass signifikante Veränderungen im Niederschlag erst in der zweiten Jahrhunderthälfte auftreten. Die Jahresniederschlagsmengen dürften in etwa konstant bleiben, jedoch die Niederschläge im Sommerhalbjahr ab- und im Winterhalbjahr zunehmen. Im Sommerhalbjahr sind auch häufiger stabile Schönwetterperioden zu erwarten und generell wird die Niederschlagsintensität zunehmen. ■ Naturräumliche Konsequenzen - Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen Aus den Klimaszenarien können folgende Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen skizziert werden: Landschaft: Der Klimawandel führt u. a. zu einer Verschiebung der Vegetationszonen, zu einer Veränderung der Artenzusammensetzung und wahrscheinlich auch zu einer Verringerung der Artenvielfalt. Geänderte Landnutzungen führen zur Veränderung des Landschaftsbildes. Extensivierungen, wie etwa das Auflassen von Almen, führen zu einer fortschreitenden Verwaldung, Gletscher: Der Rückzug der Gletscher wird sich fortsetzen, damit wird sich auch das alpine Landschaftsbild, das in Österreich von über 900 Gletschern in einer Höhenlage zwischen 2 100 m und 3 800 m stark geprägt wird, wesentlich verändern (Attraktionsverlust, „leuchtende“ Firne müssen freigelegten Schuttarealen weichen). Permafrost: Mit einer Erhöhung der Permafrostgrenze infolge des Klimawandels ist zu rechnen, wobei die Erhöhung der Permafrostgrenze parallel mit der Erhöhung der Lufttemperatur laufen könnte. Durch das Tauen von Permafrost in hochalpinen Regionen ist mit ansteigenden Sturzprozessen zu rechnen (massiv erhöhte Steinschlag-/Felssturzgefahr), was sich besonders auf alpine Wanderwege und Klettersteige negativ auswirken kann. Extremereignisse: Temperatur Extrema oder extreme Wetterereignisse können Steinschlag und Felsstürze auslösen, Starkniederschläge können vermehrt zu Hochwasser und Muren Abgängen bzw. gefährlichen Hangbewegungen und im Winter vermehrt zu Lawinenabgängen führen, 4 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Niederschlag/Wettersicherheit: Während der Sommermonate ist mit einer Abnahme der Niederschlagshäufigkeit zu rechnen und die Häufigkeit von „Schönwetterperioden“ wird zunehmen. Die größere „Wettersicherheit“ fördert damit die Planbarkeit und die zur Verfügung stehende Zeit für naturkonsumierende Aktivitäten, sogenannte „Outdoor-Aktivitäten“ der Sommergäste. Hitzeperioden: Mit dem Anstieg der Temperaturen ist mit einem häufigeren Auftreten von Hitzetagen und längeren Hitzeperioden zu rechnen. Besonders höher gelegen alpine Bereiche mit dem angenehmen „kühlen“ Klima in heißen Sommern und der Seentourismus werden profitieren. Wassertemperaturen in Seen und Flüssen: Die oberflächennahen Wassertemperaturen werden steigen – im Sommer wesentlich stärker als im Winter - und dadurch länger „badetaugliche“ Temperaturen erreichen. Hochwasser: Eine generelle Aussage über die Veränderung des Hochwasserrisikos für ganz Österreich ist nicht möglich. Natürliche Schwankungen der Hochwässer sind wesentlich größer als Änderungen aufgrund des Klimawandels. Niederwasser: Die Abflüsse bei Winterniederwasser werden wegen höherer Temperatur und damit verstärkter Verdunstung deutlich erhöht, in den Sommermonate muss man deutlich früher und stärker mit Niedrigwasserständen in den österreichischen Flüssen rechnen. Wasserhaushalt: In Österreich ist mit keinem großräumigen Mangel an Rohwasser für die Wasserversorgung zu rechnen. Kleinräumig könnten sich jedoch vorhandene Engpässe in Gebieten mit ungünstigem Wasserdargebot verstärken. Windverhältnisse und Nebel Belastbare Aussagen bezüglich zukünftiger Windverhältnisse (Segeln, Surfen, Sturmhäufigkeit) und Nebel sind derzeit noch nicht möglich. ■ Die Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den Klimawandel Wintersporttourismus Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete Ein regionaler Vergleich der natürlichen Schneefallgrenze der rund 230 Wintersport-Gemeinden mit der mittleren Höhenlage der Schigebiete zeigt, dass derzeit die Schigebiete in Vorarlberg und Tirol etwa 160 bis 180 m deutlich, in Salzburg mit 55 m über einem verlässlichen Schneedeckenaufbau liegen. In den Kärntner Wintersport-Gemeinden wird ein sicherer Schneedeckenaufbau sogar erst ab rund 1 535 m erreicht. Trotz der überdurchschnittlich hoch gelegenen Schigebiete in Kärnten (Median 1.507 m) liegen sie knapp 30 m unter dem gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau. Die tiefer gelegenen Wintersport-Gemeinden in der Steiermark (1 132 m), Oberösterreich (925 m) und Niederösterreich (916 m) liegen derzeit bereits rund 110 bis 210 m unter einem verlässlichen Schneedeckenaufbau. Im schneearmen Winter 2006/07 zeigte sich, wie sich ein warmer und teilweise trockener Winter selbst bei derzeitigen Klimabedingungen auf den österreichischen Wintersporttourismus auswirken kann. Das Ergebnis ist deutlich, aber nicht überraschend: Je höher die Schigebiete über der natürlichen Schneefallgrenze liegen, umso besser schnitten diese Gemeinden in der Regel im schneearmen Winter ab. Die WintersportGemeinden, die derzeit mindestens 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegen, mussten im Winter 2006/07 im Durchschnitt Nächtigungseinbußen von 3,3 % verzeichnen, sie waren deutlich geringer als in den Gemeinden, die im „Übergangsbereich“ (über/unter 100 m dem gesicherten Schneedeckenaufbau) liegen (-5,8 %). Die Gemeinden, die bereits 100 m und mehr unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, mussten mit -6,8 % doppelt so starke Frequenzeinbußen hinnehmen wie die schneesicheren Schigebiete. 5 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Die Nächtigungsfrequenzen im schneearmen Winter 2006/07 beweisen auch, dass die acht Gletscherschigebiete Österreichs einen Wettbewerbsvorteil darstellen. In den acht GletscherschigebietsStandortgemeinden wurde insgesamt zwar auch ein Nächtigungsrückgang registriert, mit -2,0 % gegenüber dem Durchschnitt der Winter 2005/06 und 2007/08 fiel er aber deutlich geringer aus, als in den übrigen Wintersport-Gemeinden Österreichs. Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreich Betrachtet man Szenarien für die nächsten Jahrzehnte, so ergibt sich für den Winter in Österreich ein mittlerer Temperaturanstieg von 0,5 ° +/- 0,1 °C pro Dekade. Für den Wintersporttourismus bedeutet dies, dass bei 1 °C Erwärmung bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze um ca. 150 m in die Höhe steigt, was für die Schigebiete bzw. Wintersport-Gemeinden Österreichs deutliche Konsequenzen hätte (vgl. Abb. 1). + Von den 128 Wintersport-Gemeinden, die derzeit über bzw. im Übergangsbereich der natürlichen Schneefallgrenze liegen und in denen im Winter 2009/10 fast 31 Mio. Nächtigungen gezählt wurden, würden bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C zwei Drittel (65,6 %) oder 84 Schigebiete noch über einen schneesicheren Schneedeckenaufbau verfügen. + Die Zahl der Schigebiete, die bereits derzeit unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, würde sich bis 2030 von heute 101 auf 145 erhöhen (+44 %). + Von der steigenden natürlichen Schneegrenze werden am stärksten die tiefer gelegenen Schigebiete in Niederösterreich getroffen. Relativ stark betroffen sind auch Salzburg und Kärnten. + Weniger stark trifft die Klimaerwärmung den Vorarlberger und Tiroler schneeabhängigen Wintersporttourismus sowie jenen in Oberösterreich. Abbildung 1: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter Die Ergebnisse einer Befragung im Jahre 2010 der österreichischen Urlaubsreisenden zeigen sehr deutlich, wie die Wintersporturlauber auf die Zukunftsszenarien der Wissenschaft reagieren. Wenn nämlich eine Abfolge von 6 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 mehreren schneearmen Winter mit schlechten Schneebedingungen gegeben ist, würde eine deutliche Mehrheit der Schi-/Schneeurlauber, insgesamt sind es 61 %, das Schifahren stark reduzieren (14 %), nur bei guter Schneelage einen Schiurlaub (18 %) oder nur mehr Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen (19 %) unternehmen. Jeder Zehnte würde mit dem Schifahren sogar aufhören, jeder vierte Schiurlauber würde schneesicherere Alternativen/Gebiete aufsuchen. Sommertourismus Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotential Basierend auf berechneten Klimaprojektionen nach Klimaszenarien des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg, könnten sich für den Zeitraum 2021 – 2050 in Österreich folgende positive Aspekte aus der TourismusKlimatologie und der Human-Biometeorologie ergeben; + Verlängerung der Sommervor- und –nachsaison und Zunahme der Perioden mit komfortablen thermischen Bedingungen für Freizeit und Erholung. Diesem aus touristischer Sicht positiven Trend stehen einige weniger günstige Faktoren entgegen, wie die + Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzestress, wobei die höheren Lagen über 1 000m -1 200 m nicht betroffen sind, eine Erhöhung der Tage mit Schwüle in den Lagen unter 1000 m und eine leichte Erhöhung der Tage mit langen Niederschlagsereignissen Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus Eine - auf Basis langjähriger Expertisen - durchgeführte Einschätzung der Betroffenheit der wichtigsten Tourismussegmente im österreichischen Tourismus, ergab folgendes Ergebnis:1 + Der Seentourismus in Österreich, der durch eine hohe Klima-/Wettersensitivität geprägt ist, kann auch den positivsten Auswirkungen des Klimawandels rechnen. mit + Generell positiv, aber mit Problemen des Klimawandels konfrontiert, sind die Auswirkungen für die hochsensitiven Segmente Alpintourismus (Gletscherrückgang, Instabilität des Permafrostbereiches, Abflussschwankungen der Flüsse) und für den Donautourismus (Niedrigwasserstände im Sommer/Frühherbst) einzustufen. + Positive Auswirkungen sind auch für den Schutzgebiets- und Weinstraßentourismus, für die Luftkurorte sowie für das Segment Urlaub auf dem Lande möglich, sie weisen aber nur eine mittlere Klima/Wettersensitivität auf. + Abgesehen von der Hitzebelastung im Hochsommer sind die Auswirkungen für den gering klima/wettersensitiven Städtetourismus vorwiegend positiv zu bewerten. + Für die gering sensitiven Segmente Kongress- und Kur-/Gesundheitstourismus sind die Auswirkungen der Klimaänderung als indifferent einzustufen bzw. sie wären nur in geringem Maße betroffen. Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus Welche Auswirkungen die klimabedingten Wasserspiegelschwankungen des Neusiedler Sees auf das Verhalten von Touristen haben, wurde mittels Befragungen von Urlaubern und Wochenendgästen in der Region untersucht und erbrachte u.a. folgende Ergebnisse:2 1 2 Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006 Pröbstl, U., Jiricka, A. et. al. (2007) : See-Vision : Einfluss von klimabedingten Wasserschwankungen im Neusiedler See auf die Wahrnehmung und das Verhalten von Besucherinnen und Besucher. StartClim 2006 7 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 + Für die meisten Urlauber ist eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See nicht entscheidend, solange noch ein ansprechendes Bild des Sees vorhanden ist. Eingeschränkte Bademöglichkeiten können durch Pools/Bäder kompensiert werden. Für die Tages- und Wochenendbesucher sind dagegen die Möglichkeiten, eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See durch Pools zu kompensieren, begrenzt. + Deutliche Einbußen ergeben sich auch im Bereich Segeln. Neben dem See ist das gehobene sportbezogene Infrastrukturangebot (Reiten, Golf) von geringem Einfluss. Die Überlegungen, durch mehr Information zum Steppensee die Akzeptanz von Wasserschwankungen zu erhöhen, bestätigen sich bislang nicht. Hot Town, Summer in the City Eine Befragung von 365 Tourist/-innen im Juli 2010 und 2011 unmittelbar nach einem Hitzetag in Wien und die im Rahmen eines World Cafés durchgeführte Diskussion mit Fachleuten zeigen, dass vor allem in den Bereichen Begrünung, Information von Tourist/-innen (z. B. Kennzeichnung von Trinkbrunnen und kühlen Orten in Stadtplänen, Bereitstellung hitzeadäquater Besichtigungstips in den Gästeunterkünften und über InternetApplikationen) sowie Weiterbildung von Touristiker/-innen Handlungsbedarf gegeben ist. Ein besonderes Plus für Wien und auch andere österreichische Städte ist der leichte Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser. Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer Im Rahmen einer repräsentativen Online-Befragung von über 800 österreichischen Urlaubsreisenden im Jahr 2009 wurde erstmals auch untersucht, wie Urlauber in ihrem Urlaubsverhalten reagieren, wenn es z. B. an den Küstenzielen am Mittelmeer in den Sommermonaten zu heiß wird, Trockenheit und Wassermangel herrschen. Die Reaktionen auf die regionalen Klima-Szenarien für den Sommer eröffnen Chancen für den österreichischen Tourismus.3 Aus den Befragungsergebnisse geht nämlich deutlich hervor, dass bei einer Abfolge von mehreren extrem heißen Sommer mit unattraktiven Bedingungen am Mittelmeer rund 30 % der österreichischen Strand/Badeurlauber keinen Mittelmeerurlaub mehr machen, sondern die heimischen Seen für einen Badeurlaub nutzen würden. Weiters würde jeder sechste Strandurlauber statt eines Badeurlaubes künftig etwas anderes unternehmen, z. B. einen Wander-/Bergurlaub. ■ Herausforderungen und Trends der Zukunft Die österreichische Tourismuswirtschaft wird auch in Zukunft dynamisch bleiben. Verschiedene aktuelle Trends tourismusrelevanter sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen werden aber ihre Spuren hinterlassen. Die Tourismuswirtschaft muss sich daher auf den Wandel im Reiseverhalten und bei der Gästebedürfnisse einstellen. Reiseverhalten und Gästebedürfnisse Veränderte Einstellungen zum Reisen, wie Differenzierung/Individualisierung/Multioptionalität, Spontaneität, häufigere und kürzere Reisen, Saisonalität, Preissensibilität, billigere Reisen, steigendes Anspruchsniveau, mehr Sicherheitsbedürfnis/-denken werden zu weiteren strukturellen Veränderungen führen. Gesucht wird eine Vertrautheit, Wohlfühlelemente werden wichtiger, ebenso Erlebnisorientierung, Einfachheit, Authentizität, Originalität und Ehrlichkeit. Betriebe müssen Authentisches anbieten, das gleichzeitig eine Spitzenleistung ist, der Gast vergleicht. Der Trend zum naturnahen Tourismus bzw. zu naturbezogenen Reisen, zur Umweltverantwortung, zum Wandern bzw. Urlaub in den Alpen, zum nachhaltigen Lebensstil, zum bewussten Konsum- und Reiseverhalten eröffnen der Destination Österreich zusätzliche Chancen. Das Online-Suchen und Buchen bzw. das verändernde Buchungsverhalten, die Online Bewertungs-/Empfehlungsplattformen, die Kommunikation über soziale Netzwerke führ(t)en zu Veränderungen. Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung Gesellschaftliche Tendenzen – Die Tourismuswirtschaft muss sich auf den demographischen Wandel einstellen, die Reisenden werden älter, mehr ältere, weniger jüngere Menschen werden reisen, ein Rückgang der 3 Fleischhacker V., Formayer H., Seisser O., Wolf-Eberl S., Kromb-Kolb (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden; Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend 8 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Kinder und Jugendlichen ist fix, die Pluralisierung und Individualisierung der Gesellschaft schreitet fort, neue Familien- und Haushaltsstrukturen werden sich nachfragesteigend auswirken, die Zunahme der Singles führt zu vermehrten Kurz- und Cluburlauben sowie Städtereisen, die zunehmende Migration hat Auswirkungen auf die Reisemotive. Das wachsendes Gesundheits- und Umweltbewusstsein bietet der Natur-Pur-Destination Österreich zusätzliche Chancen. Ein Wertewandel zeichnet sich ab – ökologische, soziale und ethische Werte werden wichtiger. In unserer Kommunikationsgesellschaft werden die Urlauber immer aufgeklärter, die Ansprüche und Erwartungen erhöhen sich rasant. Für die touristischen Leistungsanbieter ist es von großer Bedeutung, ihr Bewusstsein für die sich wandelnden Anforderungen zu schärfen. Ökonomische Tendenzen – Bei der Wirtschaftsentwicklung werden eine Stagnation sowie auch ein stagnierendes Einkommen erwartet. Der Zukunftsmarkt Tourismus wächst aber weiter. Nach der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO) werden die internationalen Touristenankünfte bis zum Jahr 2030 weltweit um 3,3 Prozent pro Jahr wachsen und auf 1,81 Milliarden ansteigen, was eine 92 %ige Zunahme des Welttourismus gegenüber 2010 bedeuten würde (1,5 Mrd. im Jahr 2023). Abbildung 2: Prognose der internationale Gästeankünfte für das Jahr 2030 9 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Abbildung 3: Entwicklung der %-Anteile Österreichs an den internationalen Ankünften weltweit, in Europa bzw. West-Europa 1990 - 2010 Folgerungen für die österreichische Tourismuswirtschaft auf Basis der globalen UNWTO Prognose ■ Tatsache ist, dass Österreich zwar langfristig Weltmarktanteile verliert, es gewinnt aber seit 2005 in der wichtigsten globalen Tourismusdestination in Europa, in Westeuropa sogar seit 2000, Marktanteile bei den internationalen Gästeankünften. Österreich verfügt somit aufgrund seiner sommer- und wintertouristischen Gesamtperformance (breite nachfragerechte Produktvielfalt) über eine überdurchschnittliche Wettbewerbsfähigkeit. ■ Für Österreich kann im UNWTO Prognosezeitraum 2010 bis 2030 bei weitem nicht das globale Wachstum in der Höhe von +92,4 % unterstellt werden, der Marktanteil Österreichs könnte sich aber in Westeuropa bis 2030 auf etwa 15 % einpendeln (Europa-Marktanteil: etwa 4,5 %). Das würde bedeuten, dass Österreich im Jahre 2030 rund 33 Mio. internationale Gäste begrüßen könnte (+50 % gegenüber 2010; absolut: +11 Mio.). Der Weltmarktanteil läge im Jahr 2030 bei etwa 1,8 % (2010: 2,34 %), der Anteil in Europa bei 4,4 % (2010: 4,6 %) bzw. in Westeuropa bei etwa 14,8 % (2010: 14,3 %). Aufstrebende Märkte mit hohem Potential: Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 5 bis 10 Prozent dürften sich zu sehr wichtigen touristischen Quellmärkten entwickeln. Im Quellmarkt Deutschland ist nur mehr eine geringe Steigerung zu erwarten. Entsprechend der demographischen Entwicklung bilden die 50 bis 65-Jährigen (Golden Ager) bis ca. 2020 und die 65 bis 75Jährigen (Senioren) von 2020 bis 2030 das stärkste Wachstums Segment mit zusammen über 4 Mio. Personen. Auch der Binnenreisemarkt zeigt insgesamt bescheidene Wachstumsraten. In Österreich bilden die über 60Jährigen bis 2030 aber ein starkes Wachstum Segment, das sich zwischen 2009 und 2030 um 46 % oder um fast 0,9 Mio. Menschen erhöht. Diese Kunden wünschen in erster Linie Ruhe kombiniert mit Erholung und Erlebnis. In ihrer Wunschdestination ist ein hoher Qualitätsstandard Voraussetzung. Die Preissensibilität – der Wettbewerb wird intensiver, steigende Energiepreise schmälern das Urlaubsbudget, schneegebundener Wintertourismus stößt an seine Wachstumsgrenzen, der alpiner Sommer besitzt Wachstumpotenzial. 10 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Technologische Tendenzen – Durch zunehmende Motorisierung und Weiterentwicklung der Flugtechnik und der Flughafentechnologie, durch Großraumflugzeuge entstehen Impulse für den Ferntourismus. Im Individualverkehr wird noch auf umweltfreundliche Technologien gewartet, im Bahnbereich entstehen attraktive Schnellverbindungen. Ob die schnellen Züge innerhalb Europas im Urlaubsreiseverkehr eine Alternative für Flugverbindungen werden, ist offen. Die Informations- und Kommunikationstechnik-Systeme werden immer wichtiger. Das Internet wird zum zentralen Medium für Reiseinformationen und Buchungen. Der Zugriff auf Reiseinformationen wird immer schneller, einfacher und besser. Durchbruch durch neue Technologien und Baumaterialien unterstützen Bauen und Sanieren. Ökologische Tendenzen – intakte Natur wird knapp und damit wertvoller, erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung, Verkehrsstaus werden chronisch, die Individualisierung der Gesellschaft wird zum ökologischen Problem – der Druck auf die letzten natürlichen Reservate wächst weiter. ■ Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente Für die wichtigsten spezifischen Nachfragesegmente im österreichischen Tourismus wurden folgende mögliche Chancen und Risiken von den Begleitgruppenteilnehmern gemeinsam grob eingeschätzt: + Generell werden für den Sommertourismus in Österreich die Chancen insgesamt deutlich höher eingeschätzt als für den Wintertourismus, für den die Risiken bzw. Gefahren - vor allem für den schneeabhängigen Wintersporttourismus - als hoch bis sehr hoch eingestuft werden. + Die besten Chancen werden dem Seentourismus eingeräumt, aber auch für den Alpin-/Berg-, Donau- und Schutzgebietstourismus werden die Chancen als sehr gut eingestuft. Überdurchschnittliche Chancen sind auch für den Kur-/Gesundheits- und den Weinstraßentourismus gegeben. + Für den Städtetourismus werden die Klimawandel bedingten Chancen als eher bescheiden, die Risiken dagegen als überdurchschnittlich eingeschätzt. + Für den wenig klimasensitiven Kongress-/Tagungstourismus werden die Chancen, aber auch die Risiken sehr gering eingestuft. als ■ Wichtige Anpassungsoptionen/-strategien Der Tourismus kann sich den klimatischen Veränderungen in vielfältiger Weise anpassen. Die verschiedenen Anpassungsoptionen/-strategien ruhen auf drei Haupt-Handlungsfeldern mit sechs Haupt-Maßnahmen. Handlungsfeld „Angebotsentwicklung“ 1. Förderung von Innovationen und Diversifikation der Forschung 2. Sicherung und Weiterentwicklung des schneegebundenen Wintersportes Handlungsfeld „Gefahrenminimierung“ 3. Verstärkung der Gefahrenabwehr durch technische Maßnahmen 4. Risikoverminderung durch organisatorische Maßnahmen Handlungsfeld „Kommunikation“ 5. Klare Positionierung und gezieltes Marketing 6. Sensibilisierung der Bevölkerung Die detailliert aufbereiteten Anpassungsoptionen/-strategien wurden den einzelnen Nachfragesegmenten des österreichischen Tourismus praxisnah zugeordnet, die ja von der Klimaänderung unterschiedlich stark betroffen sind und den Handlungsbedarf dadurch unterschiedlich groß machen. 11 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Wichtige Verminderungsstrategien Der Tourismus ist ein wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit trägt der Tourismus rund 5 % zu den CO2-Emissionen bei (UNWTO 2007). In der Schweiz wurden bereits Verminderungsstrategien (Mitigation) zur Verminderung der Klimagase für touristische Partner und Leistungsträger erarbeitet, die auch für Österreich übertragbar sind.4 Die Verminderungsstrategien wurden grob in folgende sechs Kernstrategien unterteilt, wobei insgesamt 35 konkrete Strategien angeführt sind, die von den Begleitgruppenteilnehmern einzeln von sehr wichtig bis weniger wichtig bewertet wurden. 1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen – Energiesparen bei Transport, Infrastruktur und Aktivitäten, 2. Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Verkehrsmanagements, 3. Umstellung auf erneuerbare Energiequellen – klimaschonend produzieren, 4. Lenkung über finanzielle Anreize – Kompensation von CO2-Emissionen, 5. Kompensation von CO2-Emissionen, 6. Sensibilisierung von Bevölkerung und Gästen - Verstärkung der Kommunikation. ■ Good-Practise-Beispiele im Tourismus zu Klimaschutz und Anpassung Mehr als zehn Good-Practise-Beispiele werden detaillierter beschrieben, die zum Klimaschutz und/oder zur Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung beitragen. Sie zeigen - soweit vorhanden - die Aktivitäten aus allen Bundesländern, wobei es für die einzelnen Betriebe/Anbieter/Regionen im Tourismus unterschiedliche Möglichkeiten im Bereich Klimaschutz und Anpassung gibt. 4 Müller, H.R. u. Nydegger, F. (2008): 2030: Der Schweizer Tourismus im Klimawandel, Bern 12 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Einleitung Seit rund zwei Jahrzehnten befasst sich die internationale Politik mit Maßnahmen gegen die steigende Erderwärmung. Seit dem (Welt-)Klimagipfel 1992 ist vom „Zwei-Grad-Ziel“ die Rede5. Darunter ist zu verstehen, dass eine Erderwärmung um 2 Grad Celsius nach Ansicht der Wissenschaft eine kritische Marke ist: Steigt die Erdmitteltemperatur um mehr als 2 Grad, dann dürften die Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt kaum beherrschbar werden. Als Vergleichsbasis gilt dabei das „natürliche“ Klima, also die Welt vor Beginn der industriellen Revolution. Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels (internationale Ziele / Verpflichtungen / Vereinbarungen / Protokolle zur globalen Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen gegenüber dem Basisjahr 1990) und Anpassungsstrategien für die vom Klimawandel bedrohten Länder sind daher in den vergangenen Jahren zu Tätigkeitsschwerpunkten bzw. zu einem der dynamischsten Politikfelder sowohl bei den Vereinten Nationen (UN)6, der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO)7, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)8. Die Europäischen Union (EU)9 erkannte ebenfalls die Notwendigkeit der Anpassung an klimawandelbedingten Folgen und errichtete 2005 eine Arbeitsgruppe (Working Group II „Impacts and Adaptation“) im Rahmen des Europäischen Klimaschutzprogramms. Das Grünbuch der Europäischen Kommission zur Anpassung an den Klimawandel in Europa (2007) liefert erste Grundlagen für Anpassungsinitiativen auf EU-Ebene. Ein Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel (2009) gibt einen Aktionsrahmen vor, innerhalb dessen sich die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten sollen. Seit 2010 gibt es bei der EU eine eigene „Directorate-General for Climate Aktion“ („DG CLIMA“). Einige europäische Länder arbeiten derzeit an der Erstellung von nationalen Strategien zur Anpassung an das veränderte Klima (z.B. Deutschland, Frankreich) oder haben diese bereits verabschiedet (z.B. Finnland, Niederlande). In Österreich wurde der Prozess zur Entwicklung einer nationalen Strategie zur Anpassung an den Klimawandel im Jahre 2007 gestartet. Zielsetzung Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, Sektion Tourismus und Historische Objekte, (BMWFJ) befasst sich seit einigen Jahren verstärkt mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Österreichischen Tourismus und den möglichen Anpassungsoptionen.10 Im Vorhaben „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“ sollen erstmals in systematischer, kurzer und prägnanter Form die wichtigsten und aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Thematik zusammengestellt bzw. aufbereitet werden. Inhaltlich sollen 5 Seit dem Klimagipfel in Rio im Jahr 1992 wurden bisher 17 Vertragsstaatenkonferenzen der UN-Klimarahmenkonvention (oft auch (Welt)Klimagipfel genannt) abgehalten UNDP (2007): Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/08. Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt. Zusammenfassung; UNEP (2009): Climate Change. Science Compendium 2009; Die United Nation Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) hat mit dem Buenos Aires Programme, dem Nairobi Work Programme (2005-2010) und dem Bali Action Plan (2007) zu einem verbesserten Verständnis über die Notwendigkeit der Anpassung beigetragen 7 UNWTO (2009): From Davos to Copenhagen and Beyond: Advancing Tourism’s Response to Climate Change. UNWTO Background Paper 8 OECD (2011): Climate Change and Tourism Policy in the OECD Countries. CFE/TOU (2010) 10/Final 9 Europäische Kommission (2007): Grünbuch der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuß und Ausschuß der Regionen. Anpassung an den Klimawandel; SEK (2007) 849; Europäische Kommission (2009): Weißbuch. Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen. KOM (2009) 147 endgültig; EU-Projekt ClimAlpTour – Teil des „Alpine Space Programme 2007 – 2013“: HM Climalptour Experten-Symposium Ergebnisbericht 2011. Klimawandel und Tourismus im Alpenraum (Kohlbeck, F. u. Cremer, I.), Hochschule München, Fakultät Tourismus 10 Vgl. z. B.: StartCim 2007 u. 2008. Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawadel; Anpassung an den Klimawandel in Österreich – Wahrnehmung und Bewertung von Naturgefahren als Folge von Gletscherschwund und Permafrostdegradation in Tourismus-Destinationen am Beispiel des Tuxer Tals (Zillertaler Alpen); bmwfj (2010): Neue Wege im Tourismus. Die neue österreichische Tourismusstrategie; bmwfj, WKÖ u. ÖHV (2009): Energiemanagement in der Hotellerie und Gastronomie. Ein Leitfaden; „Klimawandel und Reiseverhalten“ (2009) Grundlagenstudie: Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen Tourismus – Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden 13 ITR – BOKU-Met 6 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ die aktuellsten Klimaszenarien skizziert, ■ die derzeitige und künftige klimatische Situation im Alpenraum bzw. in Österreich aufgezeigt, ■ die Sensitivität des Winter- und Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel dargestellt, ■ aktuelle Trends tourismusrelevanter sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen identifiziert, ■ Chancen und Risiken/Gefahren für die unterschiedlichen Tourismussegmente eingeschätzt und ■ wichtige Anpassungsoptionen/-strategien herausgearbeitet werden. Den touristischen Partnern und Leistungsträgern in Österreich – von der betrieblichen, regionalen bis zur nationalen Ebene – soll eine fundierte bzw. praxisnahe zukunftsgerichtete Unterlage zur Verfügung gestellt werden.11 Vor allem die Praktiker sollen sich durch diese Arbeit angesprochen fühlen. 11 Ähnliche Arbeiten/Studien wurden kürzlich in der Schweiz vom Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) der Universität Bern vorgelegt (Müller, H.R. u. Weber, F.(2008): 2030: Der Schweizer Tourismus im Klimawandel. Im Auftr. d. Schweiz Tourismus, Universität Bern; Müller, H.R. u. Lehman-Friedli, Th. (2011): Der Schweizer Tourismus im Klimawandel. Auswirkungen und Anpassungsoptionen. Im Auftr. d. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Universität Bern 14 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 MODUL I – Grundlagen 1. Das Klima ändert sich 1.1 Ausgangslage – Weltweit/Europa Um verschiedene zukünftige Entwicklungen erfassen zu können, müssen Annahmen über die zukünftige Entwicklung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre gemacht werden. Hierzu werden unterschiedliche Emissionsszenarien von anthropogenen (durch den Mensch verursachte) Treibhausgasen entwickelt, welche auf verschiedenen Annahmen, z. B. der Entwicklung der Weltbevölkerung, des technischen Fortschritts, der Bereitschaft für ökologisches Handeln, beruhen. Klimaszenarien Im letzten Bericht des „Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung“ (Intergovermental Panel on Climate Change – IPPC, 2007) wurden speziell drei Szenarien – B1, A1B und A2 – untersucht12. ■ B1 ist hierbei ein optimistisches Szenario, in dem es gelingt, bis Ende des Jahrhunderts die CO2Konzentration13 auf 550 ppm zu stabilisieren. ■ A1B ist ein „realistisches“ Szenario mit einem weiteren Anstieg der Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts, aber einer deutlichen Reduktion durch technischen Fortschritt in der zweiten Jahrhunderthälfte. ■ A2 kann als „weitermachen wie bisher“ interpretiert werden, wobei es der Menschheit auch nicht gelingt, das Bevölkerungswachstum in den Griff zu bekommen. Basierend auf diesen Szenarien für die Treibhausgaskonzentrationen können globale Klimamodelle (Generell Circulation Models - GCMs) Projektionen für die Zukunft berechnen. In den Abbildungen 1 und 2 sind die gemittelten Ergebnisse aller im IPCC verwendeten GCMs für Temperatur und Niederschlag zusammengestellt. Temperatur Bei der Temperatur zeigen alle Modelle klare räumliche Verteilungsmuster. Generell ist die Temperaturzunahme in den Tropen und über den Ozeanen geringer als in den mittleren und höheren Breiten und über den Kontinenten. Auch erwärmt sich die Nordhemisphäre rascher als die Südhemisphäre. Bis etwa 2020 (Abb. 1 links) zeigen sich noch keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Emissionsszenarien. Dieser Temperaturanstieg ist also unabhängig von unserem Verhalten und kann daher nicht mehr verhindert werden. Er beträgt global etwa ein Grad. Bis zum Ende des Jahrhunderts zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Emissionsszenarien von mehr als einem Grad in Mitteleuropa. 12 Vgl. Anhang „Die Emissions-Szenarien des IPPCC“ Kohlenstoffdioxid ist ein natürlicher Bestandteil der Luft, wo er derzeit (2011) in einer mittleren Konzentration von 0,039 Vol. % (390 ppm – parts per million, als Maß der Konzentration) vorkommt 15 ITR – BOKU-Met 13 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Abbildung 1: Entwicklung der Jahresmitteltemperatur im 21. Jahrhundert für drei verschiedene Emissionsszenarien. Mittel über alle Modelle (IPCC 2007). Die Szenarien des IPCC-Berichts 2007 ergeben eine Bandbreite der Erwärmung von 1,1 bis 6,4 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts ohne jedoch externe Rückkopplungsprozesse zu berücksichtigen. Einige dieser Rückkopplungsprozesse sind bekannt und werden auch als Kippeffekte (engl. Tipping Points, Lenton et al., 2008) bezeichnet. Zu diesen Kippeffekten gehört etwa der Zusammenbruch des Golfstroms, und damit verbunden eine Abkühlung des Nordatlantiks, oder das rasche Abschmelzen des arktischen Meereises. Einige dieser Kippeffekte hängen mit der Reaktion der Biosphäre zusammen. So könnte etwa durch die Verschiebung der Luftdruckzentren auf der Südhemisphäre dazu führen, dass es im Amazonasgebiet deutlich weniger regnet und der gesamte Amazonasregenwald in Savanne umgewandelt wird. Da aber bei einer Savanne wesentlich weniger Kohlenstoff in der Biomasse gespeichert ist als im tropischen Regenwald, würden Unmengen an zusätzlichem Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben. Gemeinsam ist all diesen Kippeffekten, dass sie die globale Erwärmung stark beschleunigen oder aber den Klimawandel regional stark modifizieren könnten. Zudem wissen wir nicht, wann ein Kippeffekt einsetzt. Sicher ist nur, dass je stärker der Klimawandel ausfällt und je rascher dieser abläuft, umso wahrscheinlicher wird es, dass der eine oder andere Kippeffekt zu wirken beginnt. Nur beim arktischen Meereisrückgang scheint dieser Prozess bereits eingesetzt zu haben. Niederschlag Aussagen über die Niederschlagsentwicklung im 21. Jahrhundert sind wesentlich unsicherer als jene zur Temperatur. Dies liegt daran, dass für die Niederschlagsproduktion verschiedene Prozesse in Frage kommen, wie etwa kleinräumige Wärmegewitter oder großräumige frontale Niederschläge. In Europa ergeben sich zwei Regionen mit signifikanten Niederschlagsänderungen (gepunktete Gebiete in Abbildung 2). Im Mittelmeerraum und auf der Iberischen Halbinsel zeigt sich eine markante Niederschlagsabnahme in allen Jahreszeiten. In Skandinavien und Nordrussland hingegen sieht man eine Zunahme des Niederschlags. 16 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Abbildung 2: Entwicklung des Niederschlags nach den A1B Szenarien für die letzten 20 Jahre des 21. Jahrhunderts. Links Winter (DJF) und rechts der Sommer (JJA). Die gepunkteten Bereiche kennzeichnen signifikante Änderungen. Mittel über alle Modelle; (IPCC 2007). 1.2 Ausgangslage – Alpenraum/Österreich Niederschlag Österreich liegt in der Westwindzone der gemäßigten nördlichen Breiten. Die wichtigsten Feuchtequellen für Österreich sind der Atlantik und das Mittelmeer. Der Niederschlag weist einen starken Jahresgang auf, wobei die Niederschlagsmaxima im Sommer auftreten. Rund die Hälfte des Jahresniederschlages fällt in den Monaten Mai bis August. Die Niederschlagscharakteristika in den einzelnen Regionen sind sehr unterschiedlich. So reicht die Spannbreite der Jahresniederschlagssummen von knapp 500 mm im Marchfeld und Weinviertel bis zu 2 500 mm in Vorarlberg. Dies hat zwei Hauptursachen: Einerseits liegt Österreich im Übergangsbereich vom atlantisch zum kontinental beeinflussten Klima. Dies bewirkt, dass in den östlichsten Regionen nur rund die Hälfte des Jahresniederschlages der westlichsten Regionen fällt. Andererseits wirken die Alpen stark modifizierend auf die Niederschlagsverteilung. In den Gebieten nördlich des Alpenhauptkammes führen hauptsächlich atlantische Fronten, die in westliche bis nordwestliche Strömungen eingebettet sind, zu Niederschlag. Hierbei verursacht die Stauwirkung der Alpen sehr hohe Niederschlagssummen und große Intensitäten. In den Gebieten südlich des Alpenhauptkammes treten hingegen Niederschläge großteils in Verbindung mit einem Mittelmeertief auf. Im Sommerhalbjahr spielen in ganz Österreich auch konvektive Niederschläge (Gewitter) eine wichtige Rolle. Temperatur Die Temperaturverteilung in Österreich ist stark durch die Alpen geprägt (siehe Abb. 3). Die Jahresmitteltemperaturen reichen von mehr als 10 °C im östlichen Flachland bis hin zu unter -4 °C an den höchsten Berggipfeln. Generell kann man in Österreich eine Abnahme der Temperatur um rund 6 °C je 1 000 m Seehöhe beobachten, wobei jedoch während der Wintermonate durch ausgeprägte Temperaturinversionen diese Temperaturabnahme mit der Höhe besonders in den alpinen Tal- und Beckenlagen gestört ist. Im Winter kann man daher erst ab einer Seehöhe von rund 1 500 m mit einer konstanten Temperaturabnahme mit der Höhe rechnen. Dies erkennt man auch in der Karte der Wintermitteltemperatur (Abbildung 3). Das Klagenfurter und Grazer Becken sind deutlich kühler als vergleichbare Höhenlagen im Donautal. Situation in der Vergangenheit ■ Die Lufttemperatur hat in Österreich seit Mitte der 1970er Jahre deutlich zugenommen (fast 1,5 °C). Es handelt sich dabei um einen für Österreich sehr einheitlichen Trend. Die Zunahme war im Sommer stärker als im Winter. 17 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Die Jahressummen des Niederschlages sind seit Mitte der 1970er Jahre überall gestiegen, außer im Südosten, wobei die Zunahme im Norden und inneralpin gleichmäßig ansteigend war (mehr als 15 % im Norden, ca. 10 % inneralpin) und im Westen und Südosten stark durch dekadische Minima und Maxima geprägt war. ■ Die Winterniederschläge sind seit Mitte der 1970er Jahre nördlich des Alpenhauptkammes etwas gestiegen und südlich des Alpenhauptkammes deutlich gefallen. In den anderen Jahreszeiten gab es eine geringe Zunahme des Niederschlages in ganz Österreich mit Ausnahme des Südens, wo die Trends sehr gering waren. Grundsätzlich muss man beim Niederschlag aber eher von dekadischen Schwankungen sprechen, da bei der Betrachtung der langfristigen Entwicklung kein einheitlicher Trend festgestellt werden kann wie bei der Temperatur. Daher ist es beim Niederschlag auch nicht zulässig, aus der Entwicklung der letzten Jahrzehnte, auf die nächsten Jahre zu schließen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Niederschlagsentwicklung im Nordburgenland. Vor und um die Jahrhundertwende gab es hier eine Niederschlagsreduktion von knapp 10 Prozent, die letzten drei Jahresniederschlagssummen hingegen waren überdurchschnittlich hoch (teilweise mehr als 50 %). Abbildung 3: Wintermittel der Lufttemperatur 1961-1990 in Österreich Natürliche Schneefallgrenze Die Temperaturverteilung ist natürlich auch hauptverantwortlich für den Aufbau einer Schneedecke. In den warmen Flachlandregionen Ostösterreichs (Wiener Becken, Donautal) ergeben sich im Mittel weniger als 75 Tage mit einer geschlossenen Schneedecke, in den Akkumulationsregionen der Gletscher hingegen bleibt der Schnee das ganze Jahr liegen. 18 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Für den Schneedeckenaufbau spielen jedoch nicht nur die mittleren thermischen Verhältnisse eine Rolle, sondern insbesondere die Temperatur, wenn Niederschlag fällt. Untersuchungen bzw. Berechnungen von Formayer14 zeigen, dass ein gesicherter Schneedeckenaufbau für den Wintersport in Österreich regional höchst unterschiedlich ist (siehe Abb. 4). So fallen derzeit in den alpinen Regionen Niederösterreichs und Oberösterreichs ab einer Seehöhe zwischen 1 000 und 1 100 m mindestens 90 Prozent des Winterniederschlages in Form von Schnee. Ab dieser Seehöhe kann man daher von einem natürlich gesicherten Schneedeckenaufbau ausgehen. In den westlichen alpinen Gebieten wird ein derartig sicherer Schneedeckenaufbau großteils erst ab 1 300 m erreicht und in den südlich des Alpenhauptkammes gelegenen Regionen überwiegend ab 1 500 m, teilweise sogar erst ab 1 600 m Seehöhe. Verursacht werden diese unterschiedlichen Schneefallgrenzen durch die Unterschiede der Luftmassen, welche in den verschiedenen Regionen den Niederschlag bringen. Im Nordosten Österreichs bringen vor allem Luftmassen aus dem Nord- und Ostseeraum Niederschlag im Winter, die besonders kalt sind, was den Schneefall auch in tiefen Lagen begünstigt. Im Westen stammen die Niederschlag bringenden Luftmassen vor allem aus dem Atlantikbereich und im Süden vom Mittelmeer. Diese Luftmassen sind jedoch deutlich wärmer und daher liegt die Schneefallgrenze höher. Abbildung 4: Seehöhe mit gesichertem Schneedeckenaufbau in Österreich 14 Formayer et al., (2009) 19 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Situation in der Zukunft Die globalen Klimamodelle zeigen alle im Alpenraum eine gleichmäßige Erwärmung. Auch bei einer detaillierteren Betrachtung mit regionalen Klimamodellen zeigt sich eine kontinuierliche Erwärmung, jedoch erkennt man zusätzlich Strukturen im Alpenraum. Im österreichischen Forschungsprojekt reclip:century15 wurden verschiedene Klimaszenarien für den Alpenraum aufbereitet. Die Ergebnisse für die Jahresmitteltemperatur sind in Abbildung 5 dargestellt. Hierbei zeigt sich bei dem A1B Emissionsszenario eine etwas geringere Erwärmung zwischen den Perioden 1970 - 2000 bis 2021 - 2050 von rund 1,5 Grad Celsius, wenn das GCM ECHAM516 verwendet wird. Bei dem GCM HADCM317 ergibt sich für den gleichen Zeitraum eine Erwärmung von mehr als 2 Grad, wobei der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Modellen im Sommer auftritt. Hier ist der Lauf mit HADCM3 deutlich trockener und damit auch wärmer. Neben diesen Unterschieden zwischen den Klimamodellen zeigt sich tendenziell auch eine etwas stärkere Erwärmung in höheren Lagen. Abbildung 5: Entwicklung der mittleren jährlichen Temperaturen: 30-Jahre-Periode 2021/2050 gegenüber 1971/2000, Temperaturänderung in °C (ECHAM5/CCLM18/A1B, ECHAM5/CCLM/B1, HADCM3/CCLM/A1B) (Loibl et al., 2011) Für den Alpenraum ergibt sich beim Jahresniederschlag bei den GCMs keine signifikante Änderung, jedoch dürfte der Alpenraum im Winter eher eine Niederschlagszunahme erfahren und im Sommer eine -abnahme. Durch die Lage der Alpen zwischen diesen beiden Polen der Niederschlagsentwicklung in Europa, scheint eine Zunahme der interannualen Variabilität wie es einige Studien zeigen (z. B. Seneviratne et al. 2006) durchaus plausibel. In Jahren mit stärkerem Mittelmeereinfluss kommt es zu trockeneren und im Sommer heißeren 15 Loibl et al., 2011 Globales Atmosphärenmodel 17 Hadley Centre coupled model, Version 3, ein gekoppeltes Atmosphären-Ozean-Zirkulationsmodell 18 Abgeleitet aus dem lokalen Vorhersagemodell des Deutschen Wetterdienstes, weiterentwickelt durch eine Gemeinschaft aus Forschungsinstituten und Universitäten 20 ITR – BOKU-Met 16 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Verhältnissen als bisher gewohnt; in Jahren mit stärkerem Einfluss aus Skandinavien hingegen kann es im Sommer sogar feuchter sein als derzeit, jedoch ebenfalls warm. Für den Alpenraum zeigen fast alle Studien sehr ähnliche Niederschlagsszenarien, mit einer Niederschlagsreduktion im Sommerhalbjahr, einer Niederschlagszunahme im Winter und Frühling und einem Gleichbleiben der Jahresniederschlagssumme. Für den Winter zeigen alle Modelle in Mitteleuropa eine Zunahme des Niederschlags, der Niederschlagshäufigkeit und auch der mittleren Niederschlagsintensität. Auch die reclip:century Modelle entsprechen diesem Bild (siehe Abb. 6), jedoch sind die Regionalergebnisse des ECHAM5 GCMs beim A1B Szenario deutlich feuchter als jene des HADCM3 GCMs. Der Hauptunterschied tritt hierbei im Sommer auf. Abbildung 6: Entwicklung des mittleren jährlichen Niederschlags: 30-Jahre-Periode 2021/2050 gegenüber 1971/2000, Niederschlagsänderung in mm/a (ECHAM5/CCLM/A1B, ECHAM5/CCLM/B1, HADCM3/CCLM/A1B) (Loibl et al., 2011) ■ Die Lufttemperatur wird in Österreich gemittelt über dem Zeitraum 2021 bis 2050 gegenüber 1961-2000 um ca. 1,5 bis 2,5 °C steigen, wobei die Zunahme im Sommer stark von der Niederschlagsentwicklung abhängt. Je trockener das Sommerszenario umso wärmer wird es. ■ Der Anteil des Schneeniederschlages und die Schneedeckendauer werden gemittelt über dem Zeitraum 2021 bis 2050 gegenüber 1970 bis 2000 weiter abnehmen. Die Veränderung von Schneeniederschlag und Schneedeckendauer ist stark von der Seehöhe abhängig und nicht linear. Es bestehen beim Schnee große regionale Unterschiede, bedingt durch die Lage, Exposition und mikroklimatische Faktoren. ■ Gemittelt über dem Zeitraum 2021 bis 2050 gegenüber 1970 bis 2000 werden die Winterniederschläge um etwa 10 % zunehmen, die Sommerniederschläge werden gleichbleiben oder abnehmen, wobei hier jedoch größere Unterschiede zwischen den verschiedenen Regionalmodellen auftreten. Die Jahresniederschlagssumme bleibt in etwa konstant, Diese Differenzierung in den saisonalen 21 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Niederschlagssummen wird aber erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert signifikant. Das ganze Jahr hindurch ist mit einer Zunahme der Niederschlagsintensität zu rechnen. ■ Kleinräumige Änderung des Niederschlages sind ebenfalls zu erwarten. Die derzeitigen Modellergebnisse sind jedoch unzuverlässig und widersprüchlich. ■ Die Aussage, dass Extremwerte des Niederschlages aufgrund der höheren Niederschlagssummen im Winter und aufgrund physikalischer Zusammenhänge mit dem erwartenden Temperaturanstieg einhergehenden höheren Feuchtegehaltes der Atmosphäre im Sommer (konvektive Ereignisse) zunehmen, ist derzeit spekulativ, da die bisherigen Niederschlagsdaten in Österreich mit ihrer räumlichen und zeitlichen Auflösung und Genauigkeit keine Hinweise auf eine Zunahme von Extremniederschlägen ergeben. Dies liegt jedoch überwiegend an der räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit der Beobachtungsdaten. Daher darf ein Anstieg von kleinräumigen Starkniederschlägen auf keinen Fall ausgeschlossen werden. 1.3 Naturräumliche Konsequenzen - Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen Aus den Klimaszenarien können sowohl negative, als auch positive Auswirkungen auf den Tourismus abgeleitet werden. Folgende Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen können skizziert werden (Aussagen von Kap. 1.3 teilweise bzw. modifiziert aus Blöschl et al., 2011): Landschaft Der Klimawandel führt u. a. zu einer Verschiebung der Vegetationszonen, zu einer Veränderung der Artenzusammensetzung und womöglich auch zu einer Verringerung der Artenvielfalt. Grundsätzlich muß man je Grad Erwärmung von einer Verschiebung der thermischen Eigenschaften von 150 m ausgehen (Waldgrenze, Übergänge Laubwald/Mischwald/Nadelwald, etc.). Neben den klimatologischen Veränderungen, führen auch geänderte Landnutzungen zur Veränderung des Landschaftsbildes. Extensivierungen, wie etwa das Auflassen von Almen, führen zu einer fortschreitenden Verwaldung, Die vollständige Verwaldung von Mittelgebirgsregionen reduziert jedoch die Attraktivität für den Tourismus (fehlende Rast- und Aussichtspunkte, Schitouren, etc.). Aus touristischer Sicht ist die Erhaltung der Kulturlandschaft, und hier speziell der alpinen Kulturlandschaft, wünschenswert. Gletscher Der Rückzug der Gletscher wird sich fortsetzen, damit wird sich auch das alpine Landschaftsbild, das in Österreich von über 900 Gletschern in einer Höhenlage zwischen 2100 m und 3800 m19 stark geprägt wird, wesentlich verändern (Attraktionsverlust, „leuchtende“ Firne müssen freigelegten Schuttarealen weichen). Die tatsächlichen Gletscherrückgänge sind im Einzelfall stark von der Topographie abhängig. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Gletscherschigebiete, aufgrund mangelnder Schneedecken und der Topographie, im Spätsommer und Frühwinter im besonderen Maße von der Temperaturerwärmung betroffen sein werden. Permafrost Mit einer Erhöhung der Permafrostgrenze infolge des Klimawandels ist zu rechnen, wobei die Erhöhung der Permafrostgrenze parallel mit der Erhöhung der Lufttemperatur laufen könnte. Durch die Veränderung der Permafrostausdehnung vergrößert sich auch das Geschiebepotenzial, das aber stark von den morphologischen Verhältnissen und den geotechnischen Eigenschaften der Gesteine abhängig ist. Bedingt durch das Tauen von Permafrost in hochalpinen Regionen ist mit ansteigenden Sturzprozessen zu rechnen (massiv erhöhte Steinschlag-/Felssturzgefahr), was sich besonders auf alpine Wanderwege und Klettersteige negativ auswirken kann (siehe Kapitel 2.2.3). Der tauende Permafrost stellt für zahlreiche Seilbahnunternehmen ein kostspieliges Risiko dar, da Fundamente von Seilbahnstützen und Stationen häufig im gefrorenen losen Gestein verankert sind. Eine Folge des Permafrostrückgangs war 2005 bereits auf der Postalm 19 Abermann, M., Kuhn, A. et al. (2011): Glaciers and climate change in Austria – what can we learn from 900 well studied glaciers? 12. Österreichischer Klimatag 21. u. 22. Sept. 2011, Tagungsband, S. V 34 22 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 in Salzburg zu beobachten, wo ein ganzer Hang ins Rutschen geriet und die Mure die Zufahrt zur Postalm verschüttete. Die Straße musste aus Sicherheitsgründen an die gegenüberliegende Talseite verlegt werden. Als weitere Effekte des Klimawandels sind die spektakulären Felsstürze im Sommer 2006 an der Ostwand des Eiger in der Schweiz (halbe Million Kubikmeter Fels) und in den Dolomiten zu erwähnen. Extremereignisse Temperatur Extrema oder extreme Wetterereignisse können Steinschlag und Felsstürze auslösen, Starkniederschläge können vermehrt zu Hochwasser und Muren bzw. gefährlichen Hangbewegungen (an Standorten mit „fließgefährdeten“ Böden) und im Winter vermehrt zu Lawinenabgängen führen, die die allgemeine Infrastruktur (Einrichtungen, Verkehrswege) bedrohen bzw. zerstören sowie das Destinations-Image negativ beeinflussen (steigende Image-Risiken). Da Klimamodelle nur eingeschränkt Aussagen über künftige Extremniederschläge machen können, sind die Unsicherheiten groß, besonders bei lokalen Ereignissen. Niederschlag/Wettersicherheit Während der Sommermonate ist mit einer Abnahme der Niederschlagshäufigkeit zu rechnen und die Häufigkeit von „Schönwetterperioden“ wird zunehmen. Die größere „Wettersicherheit“ fördert damit die Planbarkeit und die zur Verfügung stehende Zeit für Natur konsumierende Aktivitäten, sogenannte „Outdoor-Aktivitäten“ der Sommergäste. Dies gilt auch für die Übergangsjahreszeiten, wo im Frühjahr das frühere Einsetzen der Vegetationsperiode die Saison für Freiluft-Aktivitäten verlängert. Im Herbst sollten die stabileren Wetterlagen (Altweibersommer) begünstigend wirken. Es gibt auch einige Anzeichen, dass die Niederschlagsvariabilität von Jahr zu Jahr im Sommer zunehmen wird. Also generell eher deutlich trockenere Sommer, aber dazwischen immer wieder „verregnete“ Sommer. Hitzeperioden Mit dem erwarteten weiteren Anstieg der Temperaturen ist mit einem häufigeren Auftreten von Hitzetagen (Temperaturmaximum mindestens 30 °C) zu rechnen. Ebenso ist davon auszugehen, dass Hitzeperioden20 häufiger auftreten und länger andauern werden. Hitzeperioden sind für den Menschen wesentlich belastender als einzelne heiße Tage. Durch die stark zunehmende Hitzebelastung im Hochsommer speziell in den urbanen Räumen wird eine stärkere Nutzung der Naherholungsbereiche erfolgen und den Wunsch nach Kurzurlauben bei Großstadtbewohner erhöhen, wovon besonders höher gelegene alpine Bereiche mit dem angenehmen „kühlen“ Klima in heißen Sommern und der Seentourismus profitieren werden. Befragungen von Touristen/innen und Expertendiskussionen im Rahmen des Projektes „Hot Town, Summer in the City“ (StartClim 2010, Allex et al., 2011) zeigen ganz deutlich den Wunsch und Bedarf von Anpassungsmaßnahmen an die sich ändernden Verhältnisse auf. Dies Maßnahmen beziehen sich auf die Bereiche Architektur (z. B. thermischer Komfort in Hotels, Innenräumen), auf die Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung (z. B. Begrünung, Durchlüftung, Beschattung), auf infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. Trinkbrunnen) bis hin zu organisatorischen Anpassungsmaßnahmen z. B. (Hitzewarnsysteme, cool tours). Wassertemperaturen in Seen und Flüssen Da die Wassertemperaturen in den österreichischen Seen und Flüssen in erster Linie von der Lufttemperatur abhängen, werden generell auch die oberflächennahen Wassertemperaturen in den Seen Österreichs steigen – im Sommer wesentlich stärker als im Winter - und dadurch länger „badetaugliche“ Temperaturen erreichen. Eine Untersuchung Österreichischer Seen (Dokulil, 2009) ergab, dass bei einigen Seen die Erwärmung sogar rascher erfolgt als bei der Lufttemperatur. Damit wird die Attraktivität der zahlreichen österreichischen Seen (Wassersport, Baden) in den Sommermonaten zunehmen. Der Neusiedler See ist als Steppensee stark von einer Erhöhung der Temperaturen betroffen, da sich die Verdunstung erhöht und so der Wasserhaushalt des Sees beeinflusst wird. In mehrjährigen Phasen mit unterdurchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen muss daher von deutlich niedrigeren Wasserständen als in der Vergangenheit ausgegangen werden. 20 Nach Kysely et al. (2000) erfüllt eine Hitzeperiode folgende drei Bedingungen: Mindestens drei aufeinander folgende Tage müssen jeweils ein Temperaturmaximum von zumindest 30°C aufweisen. Die Periode gilt danach als fortlaufend, wenn das Maximum der einzelnen darauf folgenden Tage nicht unter 25°C liegt sowie das mittlere Temperaturmaximum während der gesamten Periode 30°C nicht unterschreitet. 23 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Hochwasser Bezüglich Hochwasser ist mit einer Verlagerung bzw. Zunahme des Hochwasserrisikos im Winter (Zunahme der Winterniederschläge und geringerer Schneeanteil in den tieferen und mittleren Höhenlagen) und Frühling zu rechnen. Eine generelle Aussage über die Veränderung des Hochwasserrisikos für ganz Österreich ist nicht möglich. Natürliche Schwankungen der Hochwässer sind wesentlich größer als Änderungen aufgrund des Klimawandels. Niederwasser Im Alpengebiet Österreichs werden die Abflüsse bei Winterniederwasser wegen höherer Temperatur deutlich erhöht. Während der Sommermonaten ist deutlich früher und stärker mit Niedrigwasserständen in den österreichischen Flüssen zu rechnen. Diese werden speziell in Gletschereinzugsgebieten Werte erreichen, die man derzeit aufgrund der „Gletscherspende“ nicht kennt (negative Auswirkungen auf das Rafting/Canyoning sowie den Angelsport). In den Flachlandregionen Ost- und Südösterreichs kann eine Abnahme der Abflüsse bei Niederwasser eintreten, was sich nachteilig auf die Flussschifffahrt (Donautourismus - u. a. sinkende Verkehrsleistung der Donauausflugs-/-kreuzfahrtschifffahrt) auswirkt. Wasserhaushalt Aufgrund der hohen Wasserverfügbarkeit in Österreich und der erwarteten geringen Änderung des Jahresniederschlages, ist mit keinem großräumigen Mangel an Rohwasser für die Wasserversorgung zu rechnen. Kleinräumig könnten sich jedoch vorhandene Engpässe in Gebieten mit ungünstigem Wasserdargebot (Trinkwasserversorgung überwiegend lokal aus oberflächigen Quellen) verstärken. Windverhältnisse und Nebel Belastbare Aussagen bezüglich zukünftiger Windverhältnisse (Segeln, Surfen, Sturmhäufigkeit) und Nebel sind derzeit noch nicht möglich. 24 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 2. Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den Klimawandel 2.1 Wintersporttourismus 2.1.1 Höhenlage der Schigebiete in Österreich Wie in Kap. 1.2 dargestellt, hängen die Schneefallgrenze und damit der Schneedeckenaufbau nicht nur von den mittleren Temperaturverhältnissen ab, sondern zeigen in Österreich klare regionale Strukturen21. Dies wirkt sich natürlich auf die Schneesicherheit von Schigebieten aus. Die mittlere Höhenlage der Schigebiete bzw. der Median-Wert22 der Talstationen aller Seilbahnanlagen in den 229 Wintersport-Gemeinden23 Österreichs liegt derzeit (Stand Ende 2010) in einer Seehöhe von 1 385 m, mit der deutlichen Tendenz, neue Anlagen in höheren bzw. schneesicheren Lagen zu situieren. Betrug der Median der Talstationen der Seilbahnen, die bis zum Jahr 1990 errichtet wurden 1 273 m, lag der Median der zwischen 2001 und 2010 installierten Seilbahnen bereits bei 1 483 m Seehöhe, immerhin um 210 m höher als vor 20 Jahren (siehe Tab.1). Tabelle 1: Höhenlage der Schigebiete in den Bundesländern 2010 Seilbahnbestand Stand 2010 Seehöhe in m* (Anzahl) Kärnten Niederösterreich** Oberösterreich Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg Österreich Inbetriebnahme bis Jahr 1990 Inbetriebnahme 2001 - 2010 Seehöhe in m* (Anzahl) Seehöhe in m* (Anzahl) 1 507 (82) 916 (91) 925 (40) 1 337 (262) 1 132 (76) 1 524 (511) 1 491 (138) 1 412 (38) 900 (71) 906 (24) 1 260 (90) 1 139 (20) 1 426 (193) 1 447 (67) 1 652 (17) 993 (13) 866 (9) 1 360 (81) 1 071 (20) 1 623 (156) 1 655 (34) 1 385 (1.200) 1 273 (503) 1 483 (331) *) Median der Seehöhe der Talstationen der Haupt- und Kleinseilbahnen in m **) Median der Seehöhe der Talstationen aller Seilbahnanlagen (inklusive Schlepplifte) Quelle: BMVIT,Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen In den Schigebieten Tirols liegt der Median-Wert der Talstationen derzeit bei 1 524 m, in Kärnten bei 1 507 m, in Vorarlberg bei 1 491 m und in Salzburg bei 1 337 m. Bereits tiefer liegt der Median-Wert der Talstationen in den Schigebieten der Steiermark (1 132 m), deutlich tiefer in Oberösterreich (925 m) und in Niederösterreich (916 m). 21 Formayer et al., 2009 Der Median (auch Zentralwert) bezeichnet eine Grenze zwischen zwei Hälften; in einer der Größe nach geordneten Liste von Daten derjenige Wert (in diesem Fall die Seehöhe der Talstationen in m), der genau in der Mitte liegt: 50 % der Messwerte liegen oberhalb und 50 % unterhalb des Median-Wertes. Gegenüber dem arithmetischen Mittel (Durchschnitt) hat der Median den Vorteil, robuster bzw. weniger empfindlich gegenüber Ausreißern (extreme Werte) zu sein. 23 Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 312 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs; von diesen 312 Gemeinden liegen für 229 Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der hier situierten Haupt- und Kleinseilbahnen (u. a. Seehöhe der Talstation in m) vor, in den übrigen 83 Wintersport-Gemeinden mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen, von denen keine Daten der Seehöhe der Talstationen (mit Ausnahme von Niederösterreich) vorliegen bzw. veröffentlicht werden. 25 ITR – BOKU-Met 22 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 2.1.2 Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete Stellt man für einen regionalen Vergleich die natürliche Schneefallgrenze der 229 Wintersport-Gemeinden den mittleren Höhenlagen der Schigebiete gegenüber24 (siehe Abb. 5 und Tab. 2), so liegen derzeit die Schigebiete in Vorarlberg und Tirol etwa 160 bis 180 m deutlich, in Salzburg mit 55 m über einem verlässlichen Schneedeckenaufbau. In den Kärntner Wintersport-Gemeinden wird ein sicherer Schneedeckenaufbau sogar erst ab rund 1 535 m erreicht. Trotz der überdurchschnittlich hoch gelegenen Schigebiete in Kärnten (Median 1.507 m) liegen sie knapp 30 m unter dem gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau. Die tiefer gelegenen Wintersport-Gemeinden in der Steiermark (1 132 m), Oberösterreich (925 m) und Niederösterreich (916 m) liegen derzeit bereits rund 110 bis 210 m unter einem verlässlichen Schneedeckenaufbau. Abbildung 7: Lage der Schigebiete in den Bundesländern über / unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau 24 Differenz zwischen den Median-Werten der Seehöhe der Talstationen und der Seehöhe der natürlichen Schneefallgrenze in den Schigebieten bzw. Wintersport-Gemeinden. Die Differenz zeigt, um wie viel Meter Seehöhe die Schigebiete über oder unter dem gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau liegen. 26 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Tabelle 2: Derzeitige Lage der Schigebiete in den Bundesländern über / unter einem gesicherten Schneedeckenaufbau Median der Seehöhe der Wintersportorte mit gesichertem Schneedeckenaufbau in m***) Median der Talstationen über / unter dem gesichertem Schneedeckenaufbau in m Median der Seehöhe der Talstationen der Seilbahnanlagen in den Wintersportorten* Kärnten Niederösterreich** Oberösterreich Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg 1 534 1 075 1 137 1 282 1 241 1 343 1 328 1 507 916 925 1 337 1 132 1 524 1 491 Österreich 1 327 1 385 - 27 159 212 55 109 182 163 59 *) Median der Seehöhe der 1.200 Talstationen der Haupt- und Kleinseilbahnen in m **) Median der Seehöhe der Talstationen aller 91 Seilbahnanlagen (inklusive Schlepplifte) ***) Median der Seehöhe der 229 Wintersportorte ab der derzeit mehr als 90 Prozent des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009 Schneesichere Schigebiete mit deutlich besseren Struktur- und Entwicklungsdaten Betrachtet man die einzelnen 229 Wintersport-Gemeinden Österreichs, in denen in der Wintersaison 2009/2010 fast 40 Mio. Nächtigungen oder zwei Drittel des gesamten Nächtigungsvolumens des Landes erzielt wurden (65,3 %), hinsichtlich ihrer derzeitigen natürlichen Schneesicherheit, so zeigt sich folgendes Bild (siehe Tab. 3): ■ 74 Wintersport-Gemeinden (32,2 %) liegen derzeit mindestens 100 m über einem gesichertem Schneedeckenaufbau, sind somit als sehr schneesicher (ohne Einbezug der technischen Beschneiung) einzustufen. ■ Weitere 54 Wintersport-Gemeinden (22,7 %) liegen im Übergangsbereich der natürlichen Schneesicherheit (bis zu 100 m unter und bis zu 100 m über der natürlichen Schneesicherheit), sind somit einigermaßen als schneesicher zu bezeichnen. 27 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Tabelle 3: Nachfragestruktur und -entwicklung in den Wintersport-Gemeinden Österreichs, die über bzw. unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen Derzeitige Lage der Schigebiete über / unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau*) WintersportGem.**) Nächtigungen Winter 2009/10 Median Nächtigungs- Nächtigungsder Winteranteil der anteil der nächtigungen Wintersaison Auslandsgäste 2009/10 im TJ im Winter 2008/09 2009/10 der Gemeinden in % in % Auslastung der Winterbetten 2009/10 Belegstage Veränderung der Nächtigungen Winter 1996/972009/10 in % Veränderung Tourismusder Intensität Nächtigungen Sommer Nächtigungen 1997TJ 2008/09 2009 in % pro EW 2001 über > 500 m 300-500 200-300 100-200 Übergangsbereich über 0-100 m unter 0-100 m unter 100-200 200-300 300-500 > 500 m Insgesam t Übrige WintersportGemeinden WintersportGemeinden gesamt**) Übrige Gemeinden Österreichs 10 28 16 20 74 5.477.962 8.170.054 2.946.888 3.762.876 20.357.780 244.957 171.001 119.669 158.530 155.300 76,5 72,9 62,7 59,2 69,3 95,7 88,8 88,0 83,9 89,6 102 86 80 72 86 30,4 26,5 38,9 25,7 29,1 23 31 54 5.757.811 4.768.351 10.526.162 147.666 86.819 105.929 60,4 55,4 58,4 81,3 83,7 82,4 73 71 72 24,1 27,0 25,4 27 23 35 16 101 229 4.229.163 1.939.396 3.044.842 836.226 10.049.627 40.933.569 112.278 37.612 34.382 38.601 45.935 92.299 55,4 54,0 52,0 39,1 51,2 61,4 80,8 70,4 85,5 76,5 80,2 85,3 65 61 58 49 60 74 8,3 17,7 12,9 9,4 11,5 23,4 - 82 2.348.871 16.452 40,8 71,7 43 18,2 - 11,6 311 43.282.440 58.186 59,5 84,6 71 20,1 - 0,2 1.300 19.413.031 2.973 37,2 58,2 47 52,2 - - 7,0 14,2 13,4 13,2 9,1 390 3,3 7,8 5,6 168 5,7 9,1 4,4 8,8 6,4 2,1 134 5,7 264 138 83 168 87 117 23 67 30 53 97 8 Österreich gesam t 1.611 62.695.471 5.010 50,5 76,3 62 28,5 2,7 15 *) Seehöhe ab der derzeit mehr als 90 Prozent des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen **) Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 311 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs; von diesen 311 Gemeinden liegen für 229 Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der hier situierten 1.200 Haupt- und Kleinseilbahnen vor, in den übrigen 82 Wintersport-Gemeinden mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen, von denen keine Daten der Seehöhe der Talstationen veröffentlicht w erden. Quelle: BMVIT,Seilbahnstatistik; Statistik Austria; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009 ■ Die 74 natürlich „schneesicheren“ Wintersport-Gemeinden weisen dabei deutlich bessere Struktur und Entwicklungsdaten auf als die weniger und nicht schneesicheren Gemeinden, wie: - - Größeres Nächtigungsvolumen und damit eine gute bis sehr gute nationale bzw. internationale Stellung bzw. Wahrnehmung durch umfangreiches und effektives Marketing (Wettbewerbsvorteile) Sehr hohe Tourismus-Intensität bzw. ökonomische Bedeutung des Tourismus (hohes Tourismusbewusstsein) Dominanz der Wintersaison Höherer Auslandsgästeanteil (internationale Ausrichtung) Höhere Bettenauslastung (professionelle Bewirtschaftung der Betten) Längere Aufenthaltsdauer der Wintergäste (Anreiz für längere Aufenthalte in größeren Gebieten, da mehr Abwechslung geboten wird) Stärkere Nachfrageentwicklung im Winter Höhere Attraktivität der Schigebiete (größerer Umfang des Seilbahnangebotes, überdurchschnittliche Transportkapazität-PersHm/h - pro Anlage; Folge: Durch die überdurchschnittliche Größe der Schigebiete werden insgesamt bessere Voraussetzungen für die Akzeptanz des Produktes geboten) Positive Frequenzentwicklung auch im Sommer Stärkere Bevölkerungszunahme 28 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Jene 54 Gemeinden, die im Übergangsbereich der natürlichen Schneesicherheit liegen (0 - 100 m über bzw. 0 - 100 m unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau), erreichen zwar nicht die sehr guten Struktur- bzw. Entwicklungsdaten der „schneesicheren“ Gemeinden, sie schneiden aber deutlich besser ab als die nicht schneesicheren, d. h., die bereits 100 und mehr Meter unter der natürlichen Schneedecke liegen. Schneesicherheit durch technische Beschneiung Maßgeblich für die Schneesicherheit eines Schigebietes ist heute jedoch nicht die Verfügbarkeit einer ausreichenden natürlichen Schneedecke, sondern es muss auch der Einsatz von künstlicher Beschneiung mitberücksichtigt werden. Die Errichtung von Beschneiungsanlagen begann Ende der 80er Jahre und heute gibt es kaum noch ein Schigebiet ohne zumindest teilweise technisch beschneite Pisten. In den letzten beiden Jahrzehnten wurde in den Alpenländern massivst in die technische Beschneiung investiert, mit dem Ergebnis, dass derzeit bereits fast die Hälfte aller alpinen Schipisten beschneit werden können. In Österreich, mit dem im Alpenraum umfangreichsten Schipistenangebot, werden im Durchschnitt bereits zwei Drittel der Pistenfächen technisch beschneit (siehe Tab. 4), Tendenz weiter steigend. Alleine im Jahr 2010 wurden 163 Mio. Euro in den Neubau und die Erweiterung/Modernisierung von Beschneiungsanlagen investiert (30 % der gesamten Investitionssumme der 254 Seilbahnunternehmen)25, im Betriebsjahr 2011 waren es weitere 100 Mio. Euro (20 % der Investitionssumme in der Höhe von insgesamt 494,2 Mio. Euro).26 Die technische Beschneiung ist in Österreich bereits ein integraler Teil der Wintersport-Gemeinden. Auch in der Schweiz, wo viele Schigebiete aufgrund der natürlichen Voraussetzungen in höheren Lagen situiert sind - ähnliches gilt auch für Frankreich und damit im Vergleich zu Österreich oder Italien komparative Vorteile besitzen, wird nun verstärkt in die Sicherung des Schibetriebes bzw. in Beschneiungsanlagen investiert (in den letzten Jahren: 47 Mio. CHF pro Jahr)27. Tabelle 4: Umfang der technischen Beschneiung in den Alpenländern 2009/10 Land Beschneibar in ha 16 760 5 300 15 750 7 920 599 900 60 in % Österreich Frankreich Italien Schweiz Deutschland Slowenien Lichtenstein Pistenfläche in ha 25 400 25 000 22 500 22 000 3 700 1 200 138 Alpenländer 99 938 47 289 47 66 21 70 36 16 75 43 Quelle: Abegg, B. (2011): Tourismus im Klimawandel. Ein Hintergrundbericht der CIPRA, Compact Nr. 01/2011, S. 10 In einer Untersuchung Österreichischer Schigebiete konnte gezeigt werden28, dass mit dem Einsatz derzeitiger Beschneiungstechnologie und entsprechender Beschneiungsintensität faktisch in allen Schigebieten in den nächsten Jahrzehnten eine ausreichende Schneesicherheit gewährleistet werden kann. Bei Einsatz einer Technologie bei der eine Beschneiung bereits ab -1 °C möglich ist, kann dies sogar bis in die Mitte des 21. Jahrhunderts sichergestellt werden. In Abbildung 8 sind Ergebnisse des Schigebiets Saalbach-Hinterglemm dargestellt. Es sind jeweils die Ausfälle an „Skierdays“ im Hochwinter Dezember, Jänner und Februar dargestellt. Die roten Balken stellen die mittleren 25 Manova (2010): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2009/10, S. 21 Fachverband der Seilbahnen, WKÖ (09 03 2012), Auskunft erteilt 27 Lang, Th. (2009): Energetische Bedeutung der technischen Pistenbeschneiung und Potentiale für Optimierungen. Schlussbericht, Bern 28 Prettenthaler, F. u. Formayer, H. (2011) 26 29 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Bedingungen (Median), die blauen Balken 5-jährige Ereignisse (80 % Perzentile) und die grauen Balken 20jährige Ereignisse (95 % Perzentile) dar. N bedeutet Naturschnee und a4 bis b1 stellen verschiedene Beschneiungsintensitäten und -technologien dar. Die drei Blöcke geben die mittleren Bedingungen von heute, 2025 und 2050 wider. Die Auswertung bezieht sich jeweils auf das Mittelstationsniveau des Schigebietes, da dort bei den Schigebieten aufgrund der winterlichen Temperaturinversion die größten Probleme der Schneesicherheit unter Berücksichtigung der Beschneiung auftreten. Ohne Beschneiung würden bereits heute im Mittel etwa 35 Tage wegen zu geringer Schneelage nicht zum Schifahren geeignet sein, bei 5-jährigen Ereignissen bereits 70 Tage und bei 20-jährigen Ereignissen könnte man den ganzen Hochwinter nicht fahren. Der heutige Stand von neu errichteten Beschneiungsanlagen entspricht in etwa der Säule b4. Unter derzeitigen Bedingungen kann man damit im Mittel den gesamten Hochwinter sicherstellen, bei 5-jährigen Ereignissen würde etwa eine Woche ausfallen und bei 20-jährigen Ereignissen wäre die Schisaison um 4 Wochen kürzer. Bis 2025 würden derzeit 20-jährige Ereignisse alle 5 Jahre auftreten. Um 2050 müsste mit dieser Beschneiungstechnologie trotz Beschneiung im Hochwinter mit 2 Wochen Ausfall gerechnet werden und bereits alle 5 Jahre müsste mit dem Ausfall von mehr als 40 Schitagen im Hochwinter gerechnet werden. Abbildung 8: Auswirkung des Einsatzes von verschiedenen Beschneiungsanlangen auf die Schneesicherheit des Schigebietes Saalbach-Hinterglemm derzeit und nach Klimaszenarien für 2025 und 2050 (Quelle: Prettenthaler und Formayer, 2011) Natürlich wird der Bedarf an Kunstschnee mit der Klimaerwärmung zunehmen und der Einsatz der Ressourcen Wasser und Energie stark ansteigen. Limitierend für die künstliche Beschneiung ist dadurch einerseits die Verfügbarkeit von Wasser und die ökonomische Sinnhaftigkeit der Beschneiung. Darüber hinaus bedeutet dies für Schigebiete mit geringer natürlicher Schneesicherheit, dass man immer häufiger den Schnee nur auf der Piste vorfindet. Ob und wie dies von den Touristen zukünftig aufgenommen wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. Folgerungen Die derzeit sehr schneesicheren, z. T. auch die im Übergangsbereich situierten Wintersport-Gemeinden sehen sich nicht nur mit einem geringeren Klimarisiko konfrontiert, sie verfügen auch aufgrund ihrer Größe, ihrer weit überdurchschnittlichen guten Struktur- und Entwicklungsdaten bzw. ihrer großen Wirtschaftskraft über mehr Finanzmittel um nötige Anpassungen vorzunehmen. Die bereits heute schon unter einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegenden Wintersport-Gemeinden sind durch den Klimawandel nicht nur weit stärker bedroht („Verlierer“ des Anpassungsprozesses), sondern verfügen aufgrund ihrer strukturellen Nachteile auch über weniger Mittel zur Finanzierung etwaiger kostspieliger Anpassungsmaßnahmen. 30 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 2.1.3 Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07 Der Winter 2006/07 war in Österreich mit Abstand der wärmste seit Beginn der Beobachtungen29. Er zeigte auf, wie sich ein warmer und teilweise trockener Winter selbst bei derzeitigen Klimabedingungen auf den österreichischen Wintersporttourismus auswirken kann. So nahm der Nächtigungstourismus in Österreich in diesem schneearmen Winter 2006/07 um 0,9 % ab, wobei die Nächtigungsabnahme in den „schneeabhängigen“ 229 Wintersport-Gemeinden mit 2,9 % mehr als dreimal so stark war. In den Gemeinden ohne Seilbahnangebot bzw. Wintersport konnten die Winternächtigungen dagegen um 2,8 % gesteigert werden. Jene WintersportGemeinden die über einen gesicherten Schneedeckenaufbau liegen, mussten deutlich geringere Nächtigungseinbußen hinnehmen (-0,8 %) als jene Gemeinden, die derzeit unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen (-6,5 %). Die Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07 zeigt sich korrekter, wenn die allgemeinen Nachfragetendenzen herausgefiltert und der schneearme Winter 2006/07 mit dem Durchschnittswert der Winternächtigungen 2005/06 und 2007/08 verglichen wird (vgl. Tab. 5). Tabelle 5: Nachfrageentwicklung in den WintersportGemeinden im schneearmen Winter 2006/07 Derzeitige Lage der Schigebiete über / unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau*) WinterVeränderung der sportNächtigungen im Gemeinden schneearmen Winter 2006/07 gegenüber dem Durchschnitt der Winter 2005/06 und 2007/08 in % über > 500 m 300 - <500 200 - <300 100 - <200 Übergangsbereich über 0 - <100 m unter 0 - <100 m unter 100 - <200 200 - <300 300 - <500 > 500 m Insgesamt Übrige Gemeinden Österreichs Österreich gesamt 10 28 16 20 74 -2,3 -3,6 -6,1 -3,9 -3,3 23 31 54 -4,4 -7,5 -5,8 27 23 35 16 101 229 -6,2 -5,5 -8,5 -6,4 -6,8 -4,9 1.300 1.611 -1,4 -3,6 *) Seehöhe ab der derzeit mehr als 90 Prozent des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen Quelle:Statistik Austria; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009; 29 Formayer, H.(2007): Klimawandel im Alpenraum. Schriftenreihe Club Niederösterreich Nr. 1/2007, S. 12 31 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Das Ergebnis ist deutlich, aber nicht überraschend: Je höher die Schigebiete über der natürlichen Schneefallgrenze liegen, umso besser schnitten diese Gemeinden in der Regel im schneearmen Winter ab. Die 74 Wintersport-Gemeinden, die derzeit mindestens 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegen, mussten im Winter 2006/07 im Durchschnitt Nächtigungseinbußen von -3,3 % verzeichnen, sie waren deutlich geringer als in den Gemeinden, die im „Übergangsbereich“ (über/unter 100 m dem gesicherten Schneedeckenaufbau) liegen (-5,8 %). Die Gemeinden, die bereits 100 m und mehr unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, mussten mit -6,8 % doppelt so starke Frequenzeinbußen hinnehmen wie die schneesicheren Schigebiete. Weitaus stärkere Einbußen als im Beherbergungswesen mussten die Seilbahnunternehmen in diesem Winter verkraften. Mit einem Umsatzrückgang von 21,2 % im Winter 2006/07 gegenüber dem Durchschnitt der Wintersaisonen 2005/06 und 2007/0830 fiel der schneebedingte Einnahmenausfall besonders stark aus. Wettbewerbsvorteil Gletscherschigebiet Die Nächtigungsfrequenzen im schneearmen Winter 2006/07 beweisen auch, dass die acht Gletscherschigebiete Österreichs auch im Winter einen Wettbewerbsvorteil darstellen. In den acht GletscherschigebietsStandortgemeinden31 wurde insgesamt zwar auch ein Nächtigungsrückgang registriert, mit -2,0 % gegenüber dem Durchschnitt der Winter 2005/06 und 2007/08 fiel er aber deutlich geringer aus, als in den übrigen Wintersport-Gemeinden Österreichs. Im Gegensatz zum Nächtigungstourismus in den Gletscherschigebiets-Gemeinden konnten die Gletscherbahnunternehmen im schneearmen Winter 2006/07 ein Umsatzplus von knapp 40 % zum Vorjahr erzielen (Steigerung von 61 Mio. auf 85 Mio. Euro). Zum Vergleich: Umsatzrückgang aller Seilbahnunternehmen Österreichs im Winter 2006/07: -12,2 %32. 2.1.4 Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs Die im Zusammenhang mit dem Tourismus am häufigsten diskutierte Konsequenz einer Klimaveränderung im Alpenraum ist die steigende Schneesicherheitsgrenze. Betrachtet man Szenarien für die nächsten Jahrzehnte, so ergibt sich für den Winter in Österreich ein mittlerer Temperaturanstieg von 0,5 ° +/- 0.1 °C pro Dekade. Gleichzeitig ist mit einer Zunahme der Niederschläge im Winter in der Größenordnung von etwa 10 % bis 20 % zu rechnen33, wobei es zu der paradoxen Situation kommt, dass die Schneedecke in mittleren Höhen abnimmt, in großer Höhe aber zunimmt. Nachteilig ist auch die Tatsache, dass aufgrund der Klimaentwicklung im Spätwinter künftig eher mehr Niederschläge und damit Schnee in mittleren und höheren Lagen fallen wird. Diese längere Schneedecken-Andauer mit Naturschnee in den höheren Lagen ist kaum mehr nutzbar, da im Frühling für die Schneesportklientel andere Freiluft-Sportaktivitäten im Vordergrund stehen. Für den Wintersporttourismus bedeutet dies, dass bei 1 °C Erwärmung bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze um ca. 150m in die Höhe steigt, was für die Schigebiete bzw. Wintersport-Gemeinden Österreichs deutliche Konsequenzen hätte (vgl. Tab. 6 und Abb. 9 ). ■ Von den 128 Wintersport-Gemeinden, die derzeit über bzw. im Übergangsbereich der natürlichen Schneefallgrenze liegen und in denen im Winter 2009/10 fast 31 Mio. Nächtigungen gezählt wurden, würden bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C zwei Drittel (65,6 %) oder 84 Schigebiete noch über einen schneesicheren Schneedeckenaufbau verfügen. ■ Die Zahl der Schigebiete, die bereits derzeit unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, würde sich bis ca. 2030 von heute 101 auf 145 erhöhen (+44 %). 30 31 Manova (2010): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2009/10, Wien Flattach (Mölltaler Gletscher), Kaprun (Kitzsteinhorn), Ramsau a. D. (Dachsteingletscher), St. Leonhard i. P. (Pitztaler Gletscher), Sölden (Rettenbach-Tiefenbach Ferner), Neustift i. St. (Stubaier Gletscher), Kaunertal (Kaunertaler Gletscher) und Tux (Hintertuxer Gletscher) 32 Manova (2007): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2006/07 33 Formayer, H.(2007), S. 16 32 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Von der steigenden natürlichen Schneegrenze werden am stärksten die tiefer gelegenen Schigebiete in Niederösterreich getroffen. Relativ stark betroffen sind auch Salzburg und Kärnten. ■ Weniger stark trifft die Klimaerwärmung den Vorarlberger und Tiroler schneeabhängigen Wintersporttourismus sowie jenen in Oberösterreich. Tabelle 6: Zahl der Schigebiete mit natürlich gesichertem Schneedeckenaufbau in Österreich unter derzeitigen und künftigen Klimabedingungen Schneesichere und im Übergangsbereich liegende Schigebiete*) Schigebiete bzw. i. Vgl. WintersportGemeinden**) Derzeit Nächtigungen Winter 2009/10 +1° C zu heute ca. 2030 in % Kärnten Niederösterreich Oberösterreich Salzburg Steiermark Tirol Vorarlberg 20 17 8 42 24 90 28 11 5 4 26 12 55 15 900.150 191.674 187.372 9.238.384 1.238.178 16.360.673 2.767.511 6 2 3 15 8 38 12 -45 -60 -25 -42 -33 -31 -20 Österreich 229 128 30.883.942 84 -34 *) Wintersport-Gemeinden liegen mind. 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau (74) sowie im Übergangsbereich von 100 m unter bis 100 m (54) über der natürliche Schneedecke **) Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 311 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs; von diesen 311 Gemeinden liegen für 229 Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der hier situierten 1.200 Haupt- und Kleinseilbahnen vor, in den übrigen 82 Schigebiets-Gemeinden mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen, von denen keine Daten der Seehöhe der Talstationen veröffentlicht werden Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009 33 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Höhenlage und natürliche Schneesicherheit der Schigebiete in Österreich Schigebiete liegen derzeit über dem gesicherten Schneedeckenaufbau 1800 Seehöhe der natürlichen Schneefallgrenze in m 1700 Künftig 2030 1600 1500 Knt 1400 NÖ OÖ 1300 Sbg 1200 Stmk Tir 1100 Vbg 1000 900 400 600 800 Quelle: ITR und BOKU-Met 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 Median der Seehöhe der Talstationen der Seilbahnen in den Schigebieten in m Abbildung 9: Höhenlage und natürliche Schneesicherheit der Schigebiete in Österreich Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs 45 Über gesichertem Schneedeckenaufbau Anzahl der Wintersport-Gemeinden 40 Übergangsbereich Unter gesichertem 41 Schneedeckenaufbau Anzahl derzeit Anzahl künftig 35 35 31 30 41 32 31 28 27 25 23 22 21 20 20 17 18 17 16 15 11 10 11 10 6 5 0 > 500 m 300-500 200-300 100-200 über 0-100 unter 0-100 unter 100200 m 200-300 300-500 > 500 m Lage der Wintersport-Gemeinden über / unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009 Abbildung 10: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs 34 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Auftauender Permafrost als Gefahr für Seilbahnen Experten/-innen sind sich einig, dass nur eine langjährige Überwachung Aufschluss über das Verhalten des Permafrosts und die mögliche Gefahr für hochalpine Bauten wie Seilbahnen geben kann. Das Wissen über die alpenweite Verbreitung von Permafrostzonen ist aber noch fragmentarisch. In dem von der EU finanzierten Projekt PermaNET soll eine erste internationale einheitliche wissenschaftlich fundierte Permafrostkarte des Alpenbogens bis 2011 von Experten aus den fünf Alpenländern erstellt werden. Damit soll eine solide Datenbasis für die weitere wissenschaftliche Forschung des Permafrosts und auch eine Übersicht der möglichen Verbreitung des Phänomens erstellt werden. Erste Probleme zeigen sich bereits bei hochgelegenen Seilbahnen im alpinen Raum. Die derzeitigen Fundamente der Seilbahnstützen und -stationen sind tief im Permafrost, also im „ewigen Eis“, verankert. Taut nun wegen der Klimaerwärmung der Permafrost im Sommer auf, werden diese Verankerungen durch Setzungen und Verschiebungen instabil. Wartungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie Bauvorhaben werden deutlich erhöhte Kosten verursachen, was ökonomische Konsequenzen zur Folge hat. Ein besonders spektakuläres Beispiel stellt hierfür der Gipfel des Sonnblicks mit dem historischen meteorologischen Observatorium auf 3106 Meter Seehöhe dar. Das Observatorium wäre fast ein „Opfer“ der Klimaerwärmung geworden, da der Permafrost in der Gipfelregion zu tauen begann und dadurch der stark zerklüftete Fels an Stabilität verlor. In einer groß angelegten Sanierung der Gipfelpyramide wurde dem Fels mit bautechnischen Maßnahmen unter die Arme gegriffen, u. a. wurden zwischen sechs und zehn Meter lange Stahlanker in den stabilen Felskern geschraubt. Mittlerweile wird der Permafrost im Situation in Österreich ■ Nimmt man für einen ersten groben Überblick eine alpine Permafrostgrenze ab etwa 2 500m an34, so liegen in Österreich bei 95 Haupt- und Kleinseilbahnen die Stützen und Stationsbereiche zum Teil oder komplett im Permafrostbereich, die eine Gesamtlänge von 147 Kilometer umfassen. Von diesen betroffenen 95 Seilbahnanlagen befinden sich 32 Anlagen mit einer Gesamtlänge von fast 38 Kilometer komplett (Tal- und Bergstationen, Stützen) in Permafrostgebieten35. Tabelle 7: Höhenlage der Tal- und Bergstationen der Haupt- und Kleinseilbahnen Österreichs Höhenlage in Meter 2500 - <2600 2600 - <2700 2700 - <2800 2800 - <2900 2900 - <3000 3000 - <3200 3200 - <3400 >3400 Anzahl Talstationen Bergstationen 4 14 7 2 4 15 25 15 8 8 16 7 1 1 32 95 Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen 34 Der Permafrost tritt ab dieser Höhenlage nicht kontinuierlich (flächig) auf, sondern meist diskontinuierlich (fleckig) auf, die Verteilung wird in erster Linie durch die klimatischen Bedingungen bestimmt, weiters durch die Hangneigung, die Hangausrichtung, die Seehöhe, die Vegetation und die Beschaffenheit des Untergrundes 35 ITR-Datenbank und Berechnungen, BMVIT, Seilbahnstatistik; 35 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 2.1.5 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter Die Ergebnisse einer Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden aus dem Jahre 2009 zeigen sehr deutlich, wie die Wintersporturlauber auf die Zukunftsszenarien der Wissenschaft reagieren36. Der alpine Klimawandel im Winter könnte zu gravierenden Änderungen im Reiseverhalten der österreichischen Schi/Schneeurlauber führen. Wenn nämlich eine Abfolge von mehreren schneearmen Winter mit schlechten Schneebedingungen gegeben ist, würde eine deutliche Mehrheit der Schi-/Schneeurlauber, insgesamt sind es 61%, das Schifahren stark reduzieren (14%), nur bei guter Schneelage einen Schiurlaub (18%) oder nur mehr Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen (19%) unternehmen. Jeder Zehnte würde mit dem Schifahren sogar aufhören, jeder vierte Schiurlauber würde schneesicherere Alternativen/Gebiete aufsuchen. Daraus resultieren natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Wintersportorte bzw. die ganze Tourismuswirtschaft. Der Wintersporttourismus der Österreicher wird sich durch die veränderten klimatischen Bedingungen vorerst durch Verlagerung in höhere schneesicherere Zonen anpassen. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob die Kapazität in den künftig schneesicheren höher gelegenen Wintersport-Gemeinden in Österreich überhaupt vorhanden ist, um die „zusätzlichen“ Schi-/Schneeurlauber dort aufzunehmen. Eventuell stellt sich diese Frage gar nicht, weil ja die deutliche Mehrheit der Schifahrer bei jahrelang schlechten Schneebedingungen das Schifahren reduziert bzw. mit dem Schifahren aufhört oder nur bei guten Schneebedingungen TagesSchiausflüge bzw. einen Schi(kurz)urlaub macht. Abbildung Künftiges Winter-Urlaubsreiseverhalten der Schiurlauber Frage: Und wenn eine Abfolge von mehreren schneearmen Wintern bzw. Winter mit schlechten Schneebedingungen nacheinander gegeben sind. Was würden Sie in diesem Fall tun? Mache wie immer Schiurlaub, aber in schneesicherer Region 25 Künftiges Verhalten Besuche ein Gebiet mit zusätzlichen Attraktionen 5 Mache wie immer zur gleichen Zeit im gleichen Gebiet Urlaub 3 Nur mehr Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen unternehmen 19 Mache Schiurlaub, wenn Schneelage gut ist 18 3 Fahre in mein Schigebiet, aber zu einem anderen Zeitpunkt Häufigkeit des Schifahrens stark verringern 14 Mit den Schifahren ganz aufhören 10 Weiß nicht 2 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Datenbasis: Repräsentativauswahl von 185 österr. Schi-/Schneeurlaubern Abbildung 11: Künftiges Winter-Urlaubsreisen der österreichischen Schiurlauber In den tiefer gelegenen Höhenlagen wird auf alle Fälle eine Diversifizierung der Tourismusbranche auf neue Bereiche bzw. alternative Angebote unvermeidlich werden, wobei dies bereits mittelfristig notwendig werden könnte. Letztlich wollen Schiurlauber aber Schi fahren, sodass hier Kompensationsmöglichkeiten begrenzt sind. Verschärft wird diese Entwicklung durch das Hauptproblem des schneegebundenen Wintersporttourismus, die hohe interannuale Variabilität bzw. die durch die Befragung festgestellte sehr hohe Bereitschaft der Schifahrer, 36 Fleischhacker V., Formayer H. et al. (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden; Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend. 36 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 nur dann Schi zu fahren (Schiurlaub und Tages-Schiausflüge), wenn die Schneebedingungen gut sind. Wenn zunehmend nur Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen unternommen werden, würde dies in erster Linie die Hotellerie in den Wintersportorten treffen (Nächtigungseinbußen). 2.2 Sommertourismus Im Rahmen des österreichischen Klima(folgen)forschungsprogramm StartClim wurden bereits mehrere Studien zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Sommertourismus in Österreich durchgeführt (www.austroclim.at/startclim). 2.2.1 Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotenzial Eine Analyse von meteorologischen und klimatologischen Größen aus der Tourismus-Klimatologie und der Human-Biometeorologie zeigt37, dass sich in Österreich - basierend auf berechneten Klimaprojektionen nach Klimaszenarien des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg - für den Zeitraum 2021 – 2050 folgende positive Aspekte ergeben könnten: ■ Verlängerung der Sommervor- und –nachsaison und ■ Zunahme der Perioden mit komfortablen thermischen Bedingungen für Freizeit und Erholung. Diesem aus touristischer Sicht positiven Trend stehen einige weniger günstige Faktoren entgegen, wie die ■ Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzestress, wobei die höheren Lagen über 1 000m - 1 200 m nicht betroffen sind, ■ eine Erhöhung der Tage mit Schwüle in den Lagen unter 1000 m und eine ■ leichte Erhöhung der Tage mit langen Niederschlagsereignissen, die möglicherweise von dem Rückgang der Zahl der Tage mit leichten oder keinem Niederschlag nicht kompensiert werden können. 2.2.2 Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus In einer weiteren Analyse wurde der wissenschaftliche Schwerpunkt auf die Klimasensitivität unterschiedlicher Nachfragesegmente gelegt38. Im österreichischen Sommertourismus wird nämlich das Nächtigungsvolumen von den Nachfragesegmenten Städte-, Kongress-, Kur-/Gesundheitstourismus, Urlaube in Luftkurorten, Seen-, Donau-, Schutzgebiets-, Weinstraßentourismus, Urlaub auf dem Lande oder Alpin-/Bergtourismus geprägt. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Anforderungen an die „natürlichen Qualitätskriterien“, wie Landschaft/Natur und Wetter/Klima, und ihrer differenzierten Palette an Natur konsumierenden Freiluftaktivitäten, sind die Nachfragesegmente in unterschiedlichem Maße von klimatischen bzw. Witterungsverhältnissen abhängig und daher auch von einer Klimaänderung betroffen. Diese erste, auf Basis langjähriger Expertise durchgeführte Einschätzung der Betroffenheit der wichtigsten Tourismussegmente, ergab folgendes Ergebnis (vgl. auch Abb. 8): ■ Der Seentourismus in Österreich, der durch eine hohe Klima-/Wettersensitivität geprägt ist, kann auch mit den positivsten Auswirkungen des Klimawandels rechnen. ■ Generell positiv, aber mit Problemen des Klimawandels konfrontiert, sind die Auswirkungen für die hochsensitiven Segmente Alpintourismus (Gletscherrückgang, Instabilität des Permafrostbereiches, Abflussschwankungen der Flüsse) und für den Donautourismus (Niedrigwasserstände im Sommer/Frühherbst) einzustufen. 37 38 Koch, E., Rudel, E. et al.(2007): Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Torismuspotential. StartClim 2006 Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006 37 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Positive Auswirkungen sind auch für den Schutzgebiets- und Weinstraßentourismus, für die Luftkurorte sowie für das Segment Urlaub auf dem Lande möglich, sie weisen aber nur eine mittlere Klima/Wettersensitivität auf. ■ Vorwiegend positiv sind die Auswirkungen für den gering klima-/wettersensitiven Städtetourismus zu bewerten. ■ Für die gering sensitiven Segmente Kongress- und Kur-/Gesundheitstourismus sind die Auswirkungen der Klimaänderung als indifferent einzustufen bzw. sie wären nur in geringem Maße betroffen. Sensitivität und Wirkung des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus in Österreich 3,0 Seentourismus 2,5 positiv Urlaub am Lande Weinstrassen 2,0 Auswirkung - 0,5 1,0 Schutzgebiete Luftkurorte 1,5 2,0 2,5 3,0 Donautourismus Städtetourismus 1,5 vorwiegend positiv Alpintourismus 1,0 0,5 indifferent Kongresstourismus Kur-/Gesundheitstourismus geringe Bearbeitung: ITR und BOKU-Met - mittlere hohe -0,5 Sensitivität Quelle: Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006 Abbildung 12: Sensitivität und Wirkung des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus in Österreich Die charakteristische Lage der einzelnen Segmente in diesem Portfolio/Koordinatenkreuz ergibt sich aus den ermittelten Durchschnittswerten der Bewertungsdimensionen „Sensitivität“ (0,6 bis 2,86) und „Wirkung des Klimawandels“ (-0,2 bis 2,4), wobei die unterschiedlichen Größen der Portfoliofelder aus den abgeleiteten Schwellenwerten der Sensitivitäts- und Auswirkungs-Stufen resultieren. Die drei Größenstufen der Segmente zeigen die unterschiedliche Bedeutung bzw. das Nächtigungsvolumen der wichtigsten Nachfragesegmente des Sommertourismus in Österreich. Verbesserte Klimakenngrößen für den Seentourismus Am Beispiel von zwei großen Seenregionen zeigen die Untersuchungsergebnisse, welche positiven Auswirkungen die künftigen regionalen Klimakenngrößen in den Sommermonaten für die Tourismusbranche haben. So führt in den Seengebieten in Oberösterreich-Salzburg bzw. in Kärnten der Temperaturanstieg für die 2040er Jahre zu folgender deutlich erhöhten Bade-Attraktivität: ■ Zunahme der „Sommertage“ (>25 °C) um etwa 40 %, ■ Verdoppelung der „Hitzetage“ (>30 °C) und zu einer 38 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Halbierung der „kühlen Tage“ (<20 °C). Das künftige mittlere tägliche Temperaturmaximum wird sich besonders im Herbst-Monat September (auf 24° bzw. 25 °C), aber auch im Vorsaison-Monat Juni (auf 25 ° bzw. 26 °C), spürbar erhöhen. Die Badesaison/tauglichkeit der beiden Seenregionen würde sich künftig somit über rund vier Monate erstrecken, sehr gute „natürliche“ Voraussetzungen also, um vor allem die derzeit sehr bescheidenen Frequenzanteile in der Vor- und Nachsaison und damit auch die Wirtschaftlichkeit (Auslastung) im Sommertourismus zu erhöhen. ■ Merklicher Anstieg der Oberflächenwassertemperatur um etwa 2 °C39 Die Badeattraktivität der Seen wird markant zunehmen und das Imageproblem, das den österreichischen Seendestinationen anhaftet, nämlich „schön, aber kalt für Wassersport“, kann somit künftig beseitigt werden. Positive Auswirkungen für Freizeitaktivitäten Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine aktuelle Studie, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf sieben ausgewählte Tourismusregionen in Oberösterreich mit ihren spezifischen Angebots- bzw. Nachfragesegmenten beschäftigt40, die auch für andere Destinationen beispielhaft sein können. Vor allem die wichtigen sportlichen Freizeitaktivitäten rund um den Fit-/Wellnessbereich wie Radfahren, Mountainbiken, Reiten und Wandern, ebenso Wassersport und Golf, können bereits früher und länger im Jahr ausgeübt werden und können speziell in den Übergangsjahreszeiten aufgrund der höheren Temperaturen und der längeren Vegetationsperiode mit einer gesteigerten Attraktivität rechnen. Die Attraktivität von Naherholungsgebieten, wie Gewässer/Seen oder kühler Gebirgsregionen, wird aufgrund der längeren Andauer von stabilen Schönwetterperioden – auch im Ausflugstourismus – zunehmen. Im Sinne einer „Renaissance der Sommerfrische“ werden in den nächsten Jahrzehnten vor allem Oberösterreichs Seen und Wandergebiete mit dem Thema Wassersport und Wandern sowie auch die Themen/Segmente Rad oder Mountainbiken profitieren. 2.2.3 Zukünftiges Gefährdungspotenzial für den Alpintourismus Als Folge des Klimawandels werden sich natürliche Prozesse im Hochgebirgsraum oberhalb der Waldgrenze (Z. B. Stein-/Blockschlag, Fels-/Bergsturz, Rutschung, Setzungserscheinungen an Bauwerken) verstärken, sie können somit eine wachsende Gefahr für Personen und Infrastruktur darstellen. Während für Siedlungen, Verkehrswege, Wirtschaftsflächen und touristisch intensiv genutzte Flächen (z. B. Schipisten) ein ausgeklügeltes System an permanenten und temporären Schutzmaßnahmen existiert, stellt sich zunehmend die Frage nach der Gewährleistung der Sicherheit für Personen bzw. Gäste, die sich abseits dieser geschützten Areale auf alpinen Wegen und Routen bewegen. In zwei tourismusintensiven Hochgebirgsregionen wurden einschlägige Untersuchungen durchgeführt: Tuxer Tal, Großglockner-Pasterze. Gefährliche Prozesse durch Gletscherschwund und auftauenden Permafrost ■ Beispiel Tuxer Tal 41 Mittels eines vereinfachten Modells kann gezeigt werden, mit welcher Art von Schadensereignissen in welchen Abschnitten einer Hochgebirgsregion infolge von Gletscherrückgang oder Auftauen des Permafrostes unter 39 Dokulil, M. T. (2009): Abschätzung der klimabedingten Temperaturänderungen bis zum Jahr 2050 während der Badesaison. Studie i. A. d. Österreichischen Bundesforste 40 Formayer, H. u. Kromb-Kolb, H. (2009): Klimawandel und Tourismus in Oberösterreich. Forschungsbericht i. A. Amtes d. OÖ LReg. u. d. Landes-Tourismusorganisation OÖ, BOKU-Met Report 18 41 Pröbstl, U., Damm, B. et al. (2009): Wahrnehmung und Bewertung von Naturgefahren als Folge von Gletscherschwund und Permafrostdegradition in Tourismusgebieten am Beispiel des Tuxer Tals (Zillertaler Alpen/Österreich). StartClim 2008 39 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Berücksichtigung des Temperaturszenarios +1,5° C gerechnet werden muss. Die dargelegte Modellierung erlaubt – alpinen Vereinen, Gemeinden, Tourismusbetrieben und interessierten Personen – schnell und mit begrenztem Aufwand eine mögliche Betroffenheit durch den Rückgang des Permafrostes (räumliche Ausbreitung von Anrissbereichen von Steinschlag-, Blockschlag- und Felssturzprozessen) festzustellen. Auch die zunehmende Ausaperung der Gletscher (Steinschlag, Blockschlaggefahr), das Abschmelzen von Gletscherzungen (häufig zunehmende Steilheit), die Absenkung von Gletscheroberflächen (Ausbildung von Felsstufen beim Übergang von Gletscher auf Fels, vergrößerter Bergschrund) und die Laufverlagerungen von Gletscherbächen betreffen die Wegverläufe. Zur Reduzierung bzw. Vermeidung unverhältnismäßiger Risiken ergibt sich zumindest für verschiedene Hüttenzugänge, Höhenwanderwege und Übergänge die Notwendigkeit von Anpassung, Neubau und Instandhaltung von Weganlagen. Besonders wichtig: Vorausschauende Abschätzung Entwicklung von Maßnahmen von Sicherheitsaspekten und frühzeitige Eine Befragung von über 300 Bergtouristen und Erholungssuchenden im Rahmen dieser Untersuchung zeigt nämlich, wie wichtig eine vorausschauende Abschätzung von Sicherheitsaspekten und frühzeitige Entwicklung von Maßnahmen sind. Etwa die Hälfte der Befragten ist den bequemen Bergwanderern zuzuordnen, die auch den Ausblick in die Landschaft besonders schätzen. Diese Gruppe erweist sich im Hinblick auf Gefahrensituationen als sehr unerfahren und unsicher, was die Bedeutung von einschlägigen Informationen unterstreicht. Sie reagieren stark auf eine Veränderung der Bedingungen und zeigen eine hohe Bereitschaft in ungünstigen Fällen die Tourismusdestination zu verlassen. Daraus ergeben sich mögliche negative Auswirkungen auf die regionale touristische Wertschöpfung. Die Befragungsergebnisse zeigen auch, dass die Maßnahmen, die mit der Kartenherstellung/-nachführung zu tun haben, primär als Aufgabe des Landes und des Bundes gesehen werden. Im Gegensatz dazu werden Verbesserungen bei Markierungen und Hinweisschildern eher als Aufgabe der alpinen Vereine betrachtet. Das gilt auch in gleicher Weise auch für Führungen, Schulungen und Wartungsarbeiten. Eine zweite wichtige Rolle im Hinblick auf die Adaption ist nach Ansicht der Befragten von den Gemeinden zu tragen, die bei Wartung, Schutzmaßnahmen und Markierung von knapp einem Viertel der Befragten in der Pflicht gesehen werden. ■ Beispiel Großglockner-Pasterzengebiet 42 Im Großglockner-Pasterzengebiet, in einer der meistbesuchten Hochgebirgslandschaften Österreichs, wurden im Rahmen einer StartClim-Studie jene potenziell gefährliche Sturz- und flächenhafte Abtragungsprozesse untersucht und modelliert, die vor allem durch den Gletscherrückgang und den auftauenden Permafrost verursacht werden könnten. Aus den Untersuchungsergebnissen konnte eine aktuelle Gefährdungskarte abgeleitet werden, die das untersuchte Gebiet flächenhaft in vier Gefährdungsklassen gliedert. + Situation in der Zukunft Mit Hilfe von Daten aus Klimamodellen wurden die Bedingungen für ein Szenario 2030 abgeschätzt und auch eine Gefährdungskarte für das Jahr 2030 erstellt. Durch Überlagerung mit dem Wege- und Routennetz wurden Karten der Verletzlichkeit einzelner Wegabschnitte erstellt, wobei leicht zu erkennen ist, wie stark die einzelnen Weg- und Routenabschnitte von gefährlichen Prozessen betroffen sind. Folgerungen 42 Lieb G. K. Kern K. et. al. (2010): AlpinRiskGP – Abschätzung des derzeitigen und zukünftigen Gefährdungspotentials für Alpintouristinnen/touristen und Infrastruktur bedingt durch Gletscherrückgang und Permafrostveränderung im Großglockner-Pasterzengebiet (Hohe Tauern, Österreich). StartClim 2009 40 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Die Ergebnisse zeigen klar, dass sowohl der Anteil der Wege und Routen in den höheren Gefährdungsklassen bis 2030 zunehmen werden. Die Vulnerabilitätskarten wurden auch von Kundigen der Region begutachtet und im Hinblick auf mögliche Maßnahmen bewertet. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen von konkreten Wegsicherungsarbeiten (z. B. Auflassung oder Neuanlage (Umleitungen) von Wegen bzw. Wegabschnitten) bis zu neuen Organisationsformen in der Wegerhaltung und des Wegemanagements: z. B. Einrichtung eines Wege-Informationssystems, professionelle Wegarbeiter-Teams). Die entwickelte Methode ist auf andere Hochgebirgsregionen übertragbar. Auch die Untersuchungen im Tuxer Täler können Vorbildcharakter für touristisch genutzte Hochgebirgsregionen bekommen. 2.2.4 Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus Die klimabedingten Wasserspiegelschwankungen des Neusiedler Sees und deren Auswirkungen auf das Verhalten von Touristen waren Thema einer Analyse, die mittels Befragungen von Urlaubern und Wochenendgästen der Region erfolgte und folgende Ergebnisse erbrachte43: ■ Für die meisten Urlauber ist eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See nicht entscheidend, solange noch ein ansprechendes Bild des Sees vorhanden ist. Eingeschränkte Bademöglichkeiten können durch Pools/Bäder kompensiert werden. ■ Anders sehen dies die vielen Tages- und Wochenendbesucher. Aus ihrer Sicht sind die Möglichkeiten, eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See durch Pools zu kompensieren, begrenzt. ■ Deutliche Einbußen ergeben sich auch im Bereich Segeln. ■ Ein Potenzial an Adaptionsmöglichkeiten zeigt sich vor allem bei den Urlaubern aufgrund des hohen Interesses an Natur-, Kultur- und weinbezogenen Angeboten. ■ Neben dem See und den charakteristischen Angeboten der Neusiedlerseeregion ist das gehobene sportbezogene Infrastrukturangebot (Reiten, Golf) von geringem Einfluss. Die Überlegungen durch mehr Information zum Steppensee die Akzeptanz von Wasserschwankungen zu erhöhen bestätigt sich bislang nicht. 2.2.5 Hot Town, Summer in the City Die Verstärkung des Wärmeinseleffekts durch den Klimawandel beeinflusst sowohl die Stadtbevölkerung als auch den Städtetourismus. Dieser hat in den Sommermonaten Juli und August die höchste Anzahl an Tourist/innen zu verzeichnen. Viele Studien weisen darauf hin, dass in Städten in Zukunft mit einer kontinuierlichen Zunahme der Hitzetage und –perioden zu rechnen ist. Schon heute treten in Wien im Mittel 11 bis 13 Hitzetage pro Jahr auf, deren Anzahl könnte sich bis Mitte des Jahrhunderts sogar mehr als verdoppeln. Im Rahmen der Studie „Hot Town, Summer in the City“ wurden am Beispiel Wiens die Auswirkungen von Hitzetagen auf das Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von Städtetourist/-innen untersucht44. Eine Befragung von 365 Tourist/-innen im Juli 2010 und 2011 unmittelbar nach einem Hitzetag und die im Rahmen eines World Cafés durchgeführte Diskussion mit Fachleuten zeigt, dass vor allem in den Bereichen Begrünung, Information von Tourist/-innen (z.B. Kennzeichnung von Trinkbrunnen und kühlen Orten in Stadtplänen, Bereitstellung hitzeadäquater Besichtigungstips in den Gästeunterkünften und über Internet- 43 Pröbstl, U., Jiricka, A. et. al. (2007) : See-Vision : Einfluss von klimabedingten Wasserschwankungen im Neusiedler See auf die Wahrnehmung und das Verhalten von Besucherinnen und Besucher. StartClim 2006 44 Allex, B.; Liebl, U.; Brandenburg, C. Gerersdorfer, T. Czachs, C. (2011): „Hot town, Summer in the city“ - Die Auswirkungen von Hitzetagen auf das Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von StädtetouristInnen – dargestellt am Beispiel Wiens. Endbericht von Start-Clim2010.F. In: StartClim2010: Anpassung an den Klimawandel: Weitere Beiträge zur Erstellung einer Anpassungsstrategie für Österreich, Auftraggeber: BMLFUW, BMWF, BMWFJ, ÖBF 41 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Applikationen) sowie Weiterbildung von Touristiker/-innen Handlungsbedarf gegeben ist. Ein besonderes Plus für Wien und auch andere österreichische Städte ist der leichte Zugang zum qualitativen Trinkwasser. Folgende Maßnahmen zur Anpassung des Städtetourismus an die zu erwartenden höheren Temperaturen wurden in der Studie identifiziert: Maßnahmen im Bereich der Tourismus-Architektur (z.B. Dach- und Fassadenbegrünung, helle Baumaterialien), Maßnahmen in der Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung (z.B. Freihaltung von Grünzügen und Frischluftschneisen, Einsatz von Verdunstungskühlung durch bewegtes Wasser), infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. Trinkbrunnen, beschattete Sitzgelegenheiten) sowie organisatorische Maßnahmen (z.B. Hitzewarnsysteme, Öffnen von „Abkühlungsorten“). 2.2.6 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer Im Rahmen einer repräsentativen Online-Befragung von über 800 österreichischen Urlaubsreisenden wurde erstmals auch untersucht45, wie der Urlauber in seinem Urlaubsverhalten reagiert, wenn es z. B. an den Küstenzielen am Mittelmeer in den Sommermonaten einfach zu heiß wird, Trockenheit und Wassermangel herrschen. ■ Chancen für den Sommertourismus Die Reaktionen auf die regionalen Klima-Szenarien für den Sommer eröffnen Chancen für den österreichischen Tourismus. Aus den Befragungsergebnisse geht nämlich deutlich hervor, dass bei einer Abfolge von mehreren extrem heißen Sommer mit unattraktiven Bedingungen am Mittelmeer rund 30 % der österreichischen Strand-/Badeurlauber keinen Mittelmeerurlaub mehr machen, sondern die heimischen Seen für einen Badeurlaub nutzen würden. Weiters würde jeder sechste Strandurlauber statt eines Badeurlaubes künftig etwas anderes unternehmen, z. B. einen Wander-/Bergurlaub. Für den seit langem insgesamt stagnierenden heimischen Sommertourismus ergeben sich damit langfristig große Chancen, in erster Linie für den Seentourismus, der, trotz wetterbedingter zeitweiliger Nachfragesteigerungen, seit vielen Jahren mit Nachfrageproblemen zu kämpfen hat und die stärksten Marktanteilsverluste im österreichischen Sommertourismus aufweist. Die Seengebiete verfügen neben dem Nächtigungstourismus auch über einen starken Tagesausflugsverkehr, der mit den künftig wärmeren Bedingungen im Frühling, Sommer und Herbst zunehmen könnte. Ohne entsprechende infrastrukturelle Angebotsverbesserungen (vom Beherbergungsbereich bis zu vermehrt öffentlich zugänglichen See-Strandflächen) sind die Chancen aber nur marginal nutzbar. 45 Fleischhacker V., Formayer H. et al. (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden; Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend. 42 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Abbildung Künftiges Sommer-Urlaubsreiseverhalten der Strand-/Badeurlauber Frage: Und wenn mehrere extrem heiße Sommer mit unattraktiven Bedingungen im Hochsommer am Mittelmeer auftreten; wie würden Sie sich da verhalten? Künftiges Verhalten Mache keinen Meer-/Strandurlaub, sondern nutze die heimischen Seen für Badeurlaub 28 Mache keinen Badeurlaub, sondern anderes (Wandern,…) 16 Fahre in mein Urlaubsgebiet, aber zu einem anderen Zeitpunkt, um der extremen Hitze zu entgehen 21 Mache Meer-/Badeurlaub, jedoch nur bei guten bzw. angenehmen Bedingungen 15 Mache wie immer zur gleichen Zeit im gleichen Gebiet Urlaub 2 Mache wie immer Meer-/Badeurlaub, aber in kühleren Regionen 12 Weiß nicht 7 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Datenbasis: Repräsentativauswahl von 617 österr. Strand-/Badeurlauber am Meer Abbildung 13: Künftiges Sommer-Urlaubsreiseverhalten der österreichischen Strand-/Badeurlauber ■ Verstärkte Nutzung der Naherholungsräume Ein weiterer positiver Aspekt für den alpinen Sommertourismus: Die Hitzebelastung in den Städten wird einerseits zu einer verstärkten Nutzung der Naherholungsräume, auch der Alpen für Kurzurlaube führen. Für die Sommer-Destination Österreich ist ein zusätzlich positiver bzw. verstärkender Aspekt das steigende Gesundheitsbewusstsein. Das beeinflusst zwar das touristische Nachfragevolumen nicht, sehr wohl aber die Entscheidungsfindung für oder gegen eine Urlaubsdestination. Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, der großen Hitze der Stadt zu entfliehen, indem die Erreichbarkeit von Naherholungsgebieten (z. B. großen Parkanlagen, Wäldern, Nationalparks) mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbessert wird sowie die Information zu deren Erreichbarkeit verfügbar ist. Die Bewerbung von alternativen Möglichkeiten der Zielerreichung (in Wien z. B. fahren Bootstaxis am Donaukanal) und – nutzung könnte zur verstärkten Nutzung auch der Naherholungsräume führen (siehe auch StartClim2010, Allex et al., 2011). ■ Steigende Nachfrage nach gesunden, sauberen Destinationen Destinationen mit potenziellen Gefahren für die Gesundheit (die als „ungesund“ wahrgenommen werden; zu heiß, mangelhafte Trinkwasserversorgung/Wasserknappheit, verschmutztes Wasser,…) geraten unter Druck bzw. werden gemieden. Eine steigende Nachfrage nach gesunden, sauberen Destinationen, wie sie das alpine Österreich bietet, ist daher bei unterstützenden bzw. gezielten Marketingstrategien realistisch. 43 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 3. Herausforderungen und Trends der Zukunft Auch ohne Klimawandel befindet sich der Tourismus in einem sich ändernden Umfeld. Urlaub und Reisen bleiben ein bedeutender Wachstumsmarkt, er wird aber komplexer und volatiler und dadurch wird es auch immer anspruchsvoller markante Zukunftstrends herauszuarbeiten. Der Klimawandel könnte jedoch zu einer veränderten Akzentuierung der Tourismusgewohnheiten führen. Genaue Aussagen über Zukunftstrends der Tourismuswirtschaft sind schwierig. Es ist aber durchaus möglich, in Bezug auf den Tourismus in Österreich allgemeine und spezifische Nachfrageveränderungen bzw. aktuelle Trends der Tourismusnachfrage zu identifizieren, die bestimmte Entwicklungen wahrscheinlich machen. Einerseits können damit die anstehenden Herausforderungen von den touristischen Leistungsträgern bewältigt, und andererseits die Chancen der Trends der Zukunft genutzt werden. 3.1 Reiseverhalten, Gästebedürfnisse Folgende wichtige Trends im Reiseverhalten der Touristen und bei den Gästebedürfnissen sind anzuführen: ■ Trend zur Differenzierung/Individualisierung, individueller durch zunehmende Reiseerfahrung und autonom planende Nachfrager, Individualität als Leitmotiv durchdringt bereits alle Altersgruppen und Lebensbereiche: Motive, Reiseverhaltensmuster und Urlaubsformen fächern sich zunehmend auf, es entstehen immer mehr und immer kleinere Segmente. Gesucht werden flexiblere Urlaubs-/Reiseangebote für unabhängiges Reisen nach eigenen Vorstellungen, Angebote, die für ihn/sie persönlich maßgeschneidert sind und gleichzeitig Kontaktmöglichkeiten bieten sowie innovative Produkte und Vertriebswege. Statt Massenware zu konsumieren, verlangt eine wachsende Zahl von Verbrauchern nach speziellen Lösungen. Der/Die Einzelne ist dabei die wichtigste Instanz, nach der sich Angebote ausrichten müssen. Jeder will individuell behandelt werden. Maßgeschneiderte Produkte und personalisierte Services werden zunehmend zur Selbstverständlichkeit. A-la-carte-Angebote werden immer populärer. Die neuen, immer ausgeklügelten Technologien fördern die wachsenden individualisierten Reisedienstleistungen. Für die Tourismusanbieter besteht die Herausforderung darin, die Wünsche der Kunden/Gäste zu antizipieren und mit wechselnden neuen Angeboten zu befriedigen. ■ Trend zu spontanen Reiseentscheidungen, Spontaneität wird zu einem wesentlichen Muster des Kundenverhaltens: Gesucht werden Angebote mit Überraschungseffekt, die in letzter Minute gebucht werden können. Die interaktiven Medien unterstützen und ermöglichen das kurzfristige und spontane Verhalten. Je spontaner aber die Kunden werden, umso schwieriger wird es jedoch, ihr Verhalten zu prognostizieren. ■ Trend zu häufigeren und kürzeren Reisen aufgrund der wachsenden Mobilitätsbereitschaft: Gesucht werden Reiseangebote, die zwischendurch Abwechslung schaffen. Daraus ergibt sich ein größerer Bedarf an mehr Produkten und Erlebnissen sowie an kulturellen Events und Attraktionen. ■ Saisonalität: Die Kurzreisen werden öfter und verteilt über das ganze Jahr unternommen werden (begünstigt durch die Verlängerung der Saison – gutes Wetter), sie werden weniger auf eine Saison konzentriert. Die Reiseströme werden dadurch tendenziell ausgeglichener, was zu einer Absenkung der Spitzenbelastungen in den Destinationen beiträgt. Die Saisonalität wird abflachen. ■ Zunehmende Preissensibilität, Trend zu billigeren Reisen: Gesucht werden preisgünstige Angebote, die es erlauben, mehrfach zu verreisen. Überkapazitäten bzw. funktionierende Konkurrenzmärkte und Internet sind die Treiber dieses Trends. Auch in diesem „Billig“-Segment mit den günstigen, unterhaltsamen Standardprodukten sucht der Kunde Verlässlichkeit und ein gewisses Mindest-Niveau. Berechenbarkeit, Sauberkeit, Unterhaltungswert und Inszenierung bleiben hierbei wichtig. Die Zahl der „Schnäppchenjäger“ (häufig, aber nicht immer, jüngere Reisende) nimmt zu. ■ Steigendes Anspruchsniveau, Trend zur behaglichen Umgebung: Gesucht werden Destinationen und Gästeunterkünfte mit Atmosphäre und hohem Komfort. Im Premiumsegment sind Innovation und wirkliche Differenzierung gefragt. Das bereits hohe Qualitätsbewusstsein, die große Reiseerfahrung, die ausgeprägte Preis-Leistungssensibilität und die zusätzlichen Informationsquellen führen zu weiter zunehmender Qualitätsorientierung. Die anspruchsvoller werdenden Gäste mit ihren steigenden Erwartungen an die Qualität 44 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 der touristischen Angebote lösen deshalb auch einen dauernden Anpassungsdruck auf die Tourismusunternehmer aus. Die Anbieter können diese steigenden Erwartungen nur erfüllen, wenn sie sich im Angebot spezialisieren. ■ Wachsendes Sicherheitsbedürfnis und -denken, Trend zu Sicherheit und hohem Anspruch: Gesucht werden (vermeintliche) sichere Reisen bzw. Destinationen. ■ Trend zu mehr individuellem Wohlbefinden, Gesundheits- und Wellnessangeboten. Die Nachfrage an solchen Produkten wird vor allem in den Industrieländern ansteigen. Tourismus-, Freizeit- und Gesundheitsangebote wachsen immer stärker zusammen, die Betriebe in diesen Bereichen entwickeln immer mehr kombinierte Produkte. Die Beliebtheit von hochprofessionellen Wellness-/Gesundheitshotels wächst: Gesucht werden Angebote/Urlaubsformen, die den überreizten Menschen ganzheitlich beseelen. Wellnessangebote mit gesunder Ernährung, körperlicher Bewegung, Schönheitspflege (markant steigend), vielfältigsten Therapieformen, Stressbewältigung, spirituellem Charakter, Körperdesign/-optimierung, viel Erholung und Angebote die Wohlbefinden und Spaß kombinieren haben Zukunft. Die Interessengruppen überschneiden sich, sind daher unbedingt differenziert zu betrachten (keine Angebotsvermischung und halbherzigen Produkte). Wohlfühlelemente werden wichtiger: Für die Wahl eines Hotels werden künftig weiche Faktoren – wie die Atmosphäre eines Hauses, der Stil, die Farben, die Lichtgestaltung, die Materialien, die Düfte (rauchfreies Ambiente), die Authentizität, die Individualität, die persönliche Kontaktpflege oder die Freundlichkeit sowie die Motivation der Mitarbeiter – einen immer höheren Stellenwert einnehmen. ■ Trend zum Erlebnis, zur Erlebnisorientierung: Im Urlaub will man was erleben, nachholen, was im arbeitsintensiven Alltag zu kurz kommt. Gefragt sind Angebote mit einzigartigen, lustvollen, spannenden, intensiven Erlebnissen und viel Abwechslung, auch in intakter Natur und Umwelt, an die man sich gerne wieder erinnert und die man auch gerne mit anderen teilt. Immer gilt dabei, das Erlebnis ist das Marketing. ■ Der Trend zur „Eventisierung“ wird von der Sozialpsychologie als Kompensation eines Verlustes an traditionellen Verbindlichkeiten gedeutet46. Hochdifferenzierte/-individualisierte Gesellschaften suchen nämlich ihr Erlebnis/Glück auch in punktuellen, „situativen“ arrangierten Gemeinschaftserlebnissen, die sich ja grundsätzlich beliebig vermehren/arrangieren lassen. ■ Trend zur Multioptionalität: Die Gäste werden in Zukunft zugleich Authentisches und Neues, Ausspannen und Aktivitäten suchen, sie werden den Wunsch nach Entschleunigung äußern, aber gleichzeitig viel erleben wollen. Sie möchten ihren Urlaub aktiv gestalten und mit möglichst vielen individuellen Erlebnissen füllen. Kurz gesagt, dieser Typ Gast möchte eine multioptionale Angebotspalette. Der Gast kann immer weniger allein mit hochwertigen naturlandschaftlichen Produkten gewonnen werden. Es muss ergänzend ein erlebnisreicher Zugang zu den touristischen Angeboten und Infrastrukturen geschaffen werden. Von den Destinationen Österreichs dürfte in Zukunft deshalb mehr Flexibilität und Vielseitigkeit erwartet werden. ■ Überkommene lokale bzw. regionale Feste müssen, um beim Publikum/bei den Gästen Aufmerksamkeit zu erregen bzw. zu Punkten, im Sinne einer „Neuerfindung des Traditionellen“ mindestens mit populären, destinationsspezifischen Eventelementen angereichert werden, die vom Gemeinschaftserlebnis getragen wird. ■ Trend zur neuen Einfachheit: Man sucht Leistungen und Angebote, die sich wirklich am Kunden ausrichten und ihn nicht verwirren. Dies verlangt nach klaren Informationen hinsichtlich der Leistungsinhalte und der Aufwendungen, die der Kunde aufzubieten hat. ■ Trend zur Authentizität/Originalität/Ehrlichkeit: Man sucht echte, authentische Angebote/Urlaube mit mehr Qualität, Natürlichkeit und damit Gesundheit sowie kulturelle Einzigartigkeit. Alles Aufgesetzte und Inszenierte nervt. Das Atmosphärische – die immaterielle Qualität des Urlaubs – wird immer wichtiger, ebenso Leidenschaft, Begeisterung und Ehrlichkeit gegenüber dem Gast (ungekünstelte Gastfreundschaft), als Grundessenzen für ein wirklich authentisches Angebot. Immer mehr Reisende legen Wert auf diese Art des 46 Schnaas, D. u. Schwarz, Ch. (2012): Lizenz zum Ausflippen, Wirtschaftswoche, 8/2012, S. 118ff 45 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 bewussten Reisens (nachhaltiger Tourismus). Auch eine signifikant wachsende Zahl von Reiseveranstaltern ist dabei, den Touristen die Möglichkeit zu bieten, eine besonders authentische Reiseerfahrung zu machen, die Einheimische und ihre Umwelt positiv einbezieht. ■ Trend zum naturnahen Tourismus, steigende Sensibilität für die Umwelt bzw. Umweltverantwortung: Erlebnisse bzw. Aktivitäten in intakter Natur und Umwelt bleiben auch in Zukunft für die eigene Urlaubszufriedenheit wichtig. Die zunehmenden Natursportaktivitäten gewinnen ihren besonderen Reiz aus der Verbindung von Bewegungs- und Naturerlebnissen. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Megatrends wie „Alterung“, dem wachsenden Interesse an Gesundheitsprävention, „neue Einfachheit“, zurück zur Natur und Entschleunigung werden in Zukunft gesundheitsorientierte, schnell erlernbare und lebenslang auszuübende Aktivitäten noch mehr Anhänger finden, wie z. B. Wandern, Nordic Walking, Laufen, Radfahren, Schilanglauf und Winterwandern. Vor allem das Wandern in den verschiedenen Facetten, das Segment der Zukunft für Jung und Alt, wird erneut zum Trend, wird dem jüngeren Publikum zugänglich und erlebt ein Revival. Aus den unterschiedlichen Bedürfnissen kristallisieren sich für die zukünftigen Alpinsommer-Gäste auch unterschiedliche Typen heraus, wie die „zielstrebigen Gesundsheitswanderer“, die „Regenerationswanderer“, „Wandern als Herausforderung“ oder Wandern als „Naturerlebnis, Geselligkeit, Familienausflug“. Für einen Urlaub in den Alpen bleiben auch in Zukunft die schöne Landschaft, die guten Erholungsmöglichkeiten, die Erreichbarkeit mit dem Auto, die gastfreundlichen Menschen und die vielen Wanderwege wichtige Entscheidungsgründe für einen Urlaub in Österreich. Der Gast kann aber auch in Zukunft nicht allein mit hochwertigen naturlandschaftlichen Produkten gewonnen werden. Ein nachhaltiger Lebensstil wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen (z.B. LOHAS, d. h. „Lifestyle of Health and Sustainability“). In diesem wachsenden Gästesegment spielen Werte wie Erfahrung, Engagement, Gelassenheit, Freundschaft, Ehrlichkeit, Sinnsuche und Verantwortung eine große Rolle. ■ Die Nachhaltigkeit gehört zu einem der großen Trends im Tourismus. Aber: Das World Tourismus Forum Luzern hat nun wissenschaftlich untersucht, was Touristen unter Nachhaltigkeit verstehen. Und wie wichtig sie für ihre Urlaubsplanung ist. Die ernüchternde Erkenntnis: Bei den Faktoren, die die Buchung beeinflussen, setzen die Deutschen Nachhaltigkeit auf Rang sieben. Auch weltweit landet das Thema ebenfalls auf Platz sieben. Davor liegen jedenfalls in Deutschland, Kultur, Wetter, Landschaft, Anreisemöglichkeit, Essen und der Preis. ■ Die steigende Nachfrage nach umweltvertäglichen sowie naturbezogenen Reisen wird zu einer größeren Produktvielfalt und verfeinerter Produktentwicklung in diesem Segment führen. ■ Trend zum „Green Living“, das neue bewusste Konsum- und Reiseverhalten: Um Klimawandel, erhöhten Ressourcenverbrauch und Umweltbeeinträchtigung auszugleichen und das schlechte Gewissen zu beruhigen, avanciert ökologisches und soziales Bewusstsein zum Trend. Wachsendes Interesse der Urlaubsreisenden an umwelt-, energie- und klimaschonenden Hotels. Auch hier gilt: Die Positionierung als „grünes Hotel“ ist glaubwürdig umzusetzen. Eine energieeffiziente Bauweise, eine umweltschonende Ausstattung und eine durchdachte Abfallentsorgung werden dabei ebenso erwartet wie passende gastronomische Angebote und Mitarbeiter, die in umweltgerechtem Handeln geschult sind. Die steigende Anzahl Bio-, Fairtrade- und Nachhaltigkeitslabels ist Ausdruck dieser Sehnsucht nach Konsum ohne Reue und schlechtes Gewissen. ■ Trend zum Online-Suchen und -Buchen. Das Internet ist bereits ein Massenmedium, ein Infrastruktursystem des kommunikativen Alltags, nicht nur für die junge, sondern auch zunehmend für die reife Zielgruppe. Alter, Bildung und Einkommen dürften immer weniger Einfluss auf die Internetnutzung haben. Ohne Netzadresse gilt man als Irrläufer der Medienevolution, ohne Internetauftritt als Methusalem, ohne Buchungsmöglichkeit als hoffnungslos rückständig. Von den Beherbergungsbetrieben wird ein laufend aktualisierter, unverwechselbarer, auch witziger und informativer Internet-Auftritt erwartet. Nicht nur der erste Kontakt findet 46 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 im Netz statt, auch die Betreuung läuft zunehmend online. In Österreich ist Schätzungen zufolge derzeit47 erst jeder zweite Hotelbetrieb, Pension oder Gasthof online buchbar. ■ Das Buchungsverhalten wird sich weiter in Richtung kurzfristig ändern: Späteres, von der Schnee- und Wetterlage abhängiges Buchen wird dominieren. ■ Die nutzergenerierten Online-Bewertungs-/Empfehlungsplattformen entwickeln sich neben den persönlichen Empfehlungen von Freunden/Bekannten zu den nützlichsten Informationsquellen. OnlineBewertungssysteme und Blogs ermöglichen es, eine Destination, ein Hotel, ein Restaurant auf Herz und Nieren zu prüfen. Destinations-Websites bieten einen guten Überblick, sind nützlich und machen Lust auf Urlaub. Man hält sie allerdings für nicht neutral und sucht daher immer häufiger nach Online-Reiseberichten. Während Verbreitung und Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien weiter wachsen, verlieren klassische Imagewerbung und gedruckte Hochglanzbroschüren der Anbieter zunehmend ihre Wirkung. Der Trend zu Buchung und Kommunikation über soziale Netzwerke wird in Zukunft zum Alltag werden. In den USA nutzen heute bereits 52 Prozent der erwachsenen Urlauber soziale Netzwerke, um sich mit Freunden über ihr nächstes Reiseziel auszutauschen oder von Reiseunternehmen direkt informiert zu werden. Wie schnell diese Entwicklung passiert, hängt vor allem davon ab, wie stark es Facebook und Co gelingt, sich als glaubwürdige Infokanäle zu etablieren. Die Konsumenten/Gäste werden verstärkt das Internet auch dazu nutzen, um vor Ort nach Events, Aktivitäten, Attraktionen, kulturellen Tourismusprodukte u. a. m. zu suchen anstatt es nur als Informationsquelle vor der Reise zu verwenden. Bereits derzeit können mit mobilen Applikationen via Handy tagesaktuelle detaillierte Informationen zu österreichischen oder anderen alpinen Schigebieten abgerufen werden, z. B. über iSki Austria. Alle touristischen Leistungsträger werden dank GPS und Google Earth allgegenwärtig. Google digitalisiert bereits die Straßen (vereinzelt auch Schigebiete), an einer GPS-gestützten Digitalisierung des umfangreichen alpinen Wanderwegenetzes wird gearbeitet. Google Maps Street View wird die Wahrnehmung touristischer Räume nachhaltig beeinflussen. Diesbezüglich stellt sich die Frage, wie wird der Gast zukünftig sein Hotel auswählen, wenn er sich die angrenzenden Straßenzüge und die zugehörige Klientel im Voraus ansehen kann? 3.2 Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung Die wesentlichsten Triebkräfte der Veränderung im externen Umfeld des Tourismus, die wechselweise auf der Nachfrage- und Angebotsseite wirken, sind: Gesellschaftliche Tendenzen ■ Alternde Bevölkerung, die Reisenden werden älter: Dass der demografische Wandel den Tourismus nachhaltig verändern wird, ist heute unbestritten. In vielen hochentwickelten Ländern tragen Geburtenrückgang und steigende Lebenserwartung dank medizinischem Fortschritt dazu bei, dass der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung insgesamt zunimmt. Mittel- bis langfristiges Wachstum der älteren Bevölkerungsgruppen ist vor allem in Europa zu erwarten. Die ältere Generation ist derzeit jedoch gesünder, fitter und - zumindest im Moment – wohlhabender als je zuvor. Es werden also mehr ältere Menschen und weniger jüngere reisen. Insgesamt sind die älteren Reisenden eine überdurchschnittlich anspruchsvolle Zielgruppe. In Österreich wird sich die Bevölkerungszahl nach den Prognosen der Statistik Austria von derzeit 8,42 Mio. (2011) auf 8,99 Mio. im Jahr 2030 erhöhen, die Altersstruktur verschiebt sich dabei sehr deutlich hin zu den älteren Menschen. Stehen derzeit 23,3 % der Bevölkerung im Alter von 60 und mehr Jahren, so werden es langfristig (2030) 31.2 % sein (2,81 Mio.), 2050 sogar 34,5 % (3,23 Mio.). 47 ÖHV-Kongress 2011 47 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Rückgang der Anzahl der Kinder und der Jugendlichen. ■ Zunahme der Pluralisierung der Gesellschaft und der Individualisierung. Die Gesellschaft differenziert sich horizontal in soziale Milieus und nicht vertikal in einer Klassengesellschaft. ■ Auflösung von traditionellen Lebensmustern, Entstehung neuer Familien- und Haushaltsstrukturen. Die klassische bürgerliche Kleinfamilie zerfällt in viele verschiedene Familienvarianten. Alleinerzieher/-innen und Patchwork-Familien, in denen Kinder aus verschiedenen Ehen in einem Haushalt zusammen leben, werden immer häufiger. Dies führt dazu, dass auch Urlaube in ganz neuen familiären Konstellationen verbracht werden. Die Veränderungen der Familien- und Haushaltsstrukturen dürften sich eher nachfragesteigend auswirken. Familien mit Kindern verlieren an Bedeutung, die Anzahl der Singles nimmt zu, ebenso die Zwei-PersonenHaushalte. Mit der wachsenden Zahl derer, die Single sind oder werden, wird auch eine Zunahme an Kurzund Cluburlauben erwartet. ■ Die zunehmende Migration führt zu einer bunteren Gesellschaft. Dies wird einen starken Einfluss auf die Reisemotive haben, wie z. B. vermehrte Verwandten- und Bekanntenbesuche, geringes Interesse für den alpinen Schisport. Im Rahmen der deutschen Reiseanalyse 2011 wurden erstmals auch die Reisen der deutschsprachigen Ausländer in Deutschland ermittelt, dabei wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 rund 6 Mio. Reisen von Nicht-Deutschen durchgeführt wurden, was einen Anteil von 8,6 % aller Urlaubsreisen (5 Tage und länger) ausmachte48. Sie sind damit ein wichtiges Segment der potenziellen Nachfrage aus dem deutschen Quellmarkt. ■ Allgemein wachsendes Gesundheits- und Umweltbewusstsein. Gebiete mit verschmutzter Luft und verbauten Landschaften werden gemieden. Das Image von Destinationen wird zunehmend mit diesen Fragen in Zusammenhang gebracht. ■ Wertewandel in der Gesellschaft, Gäste werden wertebewusster: Ökologische, soziale und ethische Werte werden wichtiger. Stand in der vergangenen hedonistisch geprägten Spaß- und Erlebnisgesellschaft noch persönliche Lust, Leistung, Status und der materielle Besitz im Vordergrund, tendieren nun immer mehr Konsumenten vermehrt auf immaterielle, ethische und ökologische Zusatznutzen bei ihren Kaufentscheiden. Diese Tendenzen haben auch Auswirkungen auf die zukünftige Tourismusentwicklung: Man sucht Ruhe und Stille, Ausgleich vom stressigen Alltag, Selbstverwirklichung, Sinn und Glück, gesundheitsfördernde „WorkLife-Balance“, schöne Landschaften, authentische Erlebnisse, Begegnung mit der regionalen Kultur, regionaltypisches Essen u. a. m.. Vor allem die Kulinarik wird ein immer wichtigerer Bestandteil im bunten Motivbündel der Urlaubsgäste, auch der Gäste in Österreich. Die bereits große Vielfalt an regionalen, qualitativ hochwertigen Küchen ist eine Stärke Österreichs („Kulinarikland Österreich“) und bietet somit sehr positive Entwicklungsperspektiven. ■ Durch unsere Kommunikationsgesellschaft werden die Urlauber immer aufgeklärter, und sie wissen, wie sie schnell und ohne großen zeitlichen Aufwand Angebote vergleichen können. So erhöhen sich Ansprüche und Erwartungen immer rasanter. Ökonomischen Tendenzen ■ Bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung bestehen derzeit folgende mehr oder weniger breit akzeptierte Annahmen: Gemäß dem Konzept der langen Kondratjew-Zyklen49 kann davon ausgegangen werden, dass nach dem IT-Boom getriebenen Wachstum in den neunziger Jahren und dem Finanzmarkt getriebenen Wachstum in den frühen zweitausender Jahren nun ein längerer Abschnitt der Stagnation ansteht, der möglicherweise erst langfristig in ein neues Wachstum (oder gar Blase) münden könnte. Der kommende 48 FUR Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (2011): Die 41. Reiseanalyse RA 2001. Erste ausgewählte Ergebnisse Konjunkturbewegungen in langen Wellen von ca. 40 bis 60 Jahren Dauer mit einer darauf folgenden Übergangsphase zum nächste Zyklus, benannt nach dem russischen Ökonom N. D. Kondratjew. Die Bezeichnung „Kondratjew-Zyklus“ wurde 1938 von J. Schumpeter in seinem Werk über Konjunkturzyklen geprägt. 48 ITR – BOKU-Met 49 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 „sechste Kondratjew“ wird nach Expertenmeinung beherrscht werden von den Themen bzw. Schlüsselfaktoren der Wirtschaft, wie Biotechnologie, Nanotechnologie, Cleantechnologien (regenerative Energien, Energiesparen, Energieeffizienz, Energiespeicherung, Elektromobilität, Wasser und Abfall, Recycling etc.) und Gesundheitsmarkt. ■ Stagnierende Einkommen: Zentraler Bestimmungsfaktor des Tourismuswachstums ist und bleibt die Entwicklung der verfügbaren Einkommen. Gesamthaft dürfte kurz- und mittelfristig die Kaufkraft stagnieren bzw. eine Steigerung des verfügbaren Einkommens wenig wahrscheinlich sein. In den hochentwickelten Ländern Europas wird das Urlaubsbudget nicht mehr wesentlich steigen. ■ Zukunftsmarkt Tourismus: Der weltweite Tourismus wächst weiter. Eine Vielzahl von Quellen geht von einem Wachstum des weltweiten Reiseverkehrs aus. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 3,5 % der Weltbevölkerung an internationalen Reisen teilnimmt. Dieser Anteil könnte im nächsten Jahrzehnt gemäß der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen auf 7 % anwachsen. Von 1995 bis 2010 haben sich allein die internationalen Touristenankünfte von 528 Mio. auf 940 Mio. entwickelt, sich also beinahe verdoppelt. Nach der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO)50 werden die internationalen Touristenankünfte bis zum Jahr 2030 weltweit um 3,3 Prozent pro Jahr wachsen und auf 1,81 Milliarden ansteigen, was eine 92 %ige Zunahme des Welttourismus gegenüber 2010 bedeuten würde (1,5 Mrd. 2023). Europa ist nach wie vor das unbestrittene Zentrum des Welttourismus. Aber: In Europa weht zunehmend ein „schärferer“ Wind, denn Ost- und Südasien sowie der Mittlere Osten ziehen laufend mehr Gäste an. Der Marktanteil Europas wird sich zwischen 2010 und 2030 von 51 % auf 41 % verringern, wobei sich aber die absolute Zahl der internationalen Ankünfte von derzeit 477 Mio. (2010) auf 744 Mio. im Jahr 2030 erhöhen wird (+56 %, absolut +267 Mio.). Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate 2010-2030 für West-Europa wird auf 1,8 % geschätzt, die Zahl der internationalen Ankünfte im Jahr 2030 auf 222 Mio. (+68 Mio.). Ob Österreich vom prognostizierten Wachstum profitieren kann (Anteil Österreichs in West-Europa 2010: 14,3 %), hängt vor allem davon ab, ob Österreich künftig Besucher/-innen aus den aufstrebenden Märkten anziehen kann. Prognose Welttourismus Internationale Ankünfte im Jahr 2030 Mio. 2000,0 1809 1800,0 1600,0 1400,0 1200,0 940 1000,0 798 744 675 800,0 528 600,0 400,0 200,0 435 261,5 108,6 385,6 439,4 476,6 304,1 112,2 222 139,7 141,7 153,7 0,0 1990 Quelle: UNWTO 1995 2000 Global 2005 2010 Europa 2015 2020 2025 2030 West-Europa Abbildung 14: Prognose der internationale Gästeankünfte für das Jahr 2030 50 UNWTO (2011): Tourism towards 2030. Global overview 49 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Österreichs Anteil am Welttourismus %-Anteil an internationalen Ankünften 1990 - 2010 20,00 17,50 15,30 15,00 14,11 14,32 4,55 4,62 12,88 10,00 7,27 5,65 4,67 5,00 4,38 3,25 2,66 2,34 2,50 0,00 1990 Quelle: UNWTO 1995 Global 2000 Europa 2005 2010 West-Europa Abbildung 15: Entwicklung der %-Anteile Österreichs an den internationalen Ankünften weltweit, in Europa bzw. West-Europa 1990 – 2010 ■ Gäste aus aufstrebenden Märkten: Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 5 bis 10 Prozent dürften sich zu sehr wichtigen touristischen Quellmärkten entwickeln. Bei den 3 Milliarden neuen „potenziellen Touristen“ im Osten findet eine gewaltige Verlagerung zu Wohlstand und Macht statt. In Indien und vor allem in China, der dynamischste Wachstumsmarkt der Welt, wächst eine wohlhabende Mittelschicht heran, die sich von ihrem wachsenden Einkommen auch Reisen ins Ausland erlauben wird können. Zwar liegen deren bevorzugte Reiseziele vorerst in den benachbarten asiatischen Ländern, doch folgt an zweiter Stelle bereits Europa. Mit dem In-Kraft-Treten des Memorandum of Understanding zwischen der EU und China (ADS) im Jahr 2004 ist für Touristengruppen aus China ab 5 Personen ein Urlaub in der EU möglich. Gäste aus China, Indien oder dem Nahen Osten stellen für europäische Destinationen also ein hohes Potenzial dar, bringen aber gleichzeitig auch neue Herausforderungen mit sich. Die signifikante Verschiebung in der Bedeutung einzelner Herkunftsmärkte führt auch zu einer strategischen Neuorientierung in der Marktbearbeitung. Um neue Zielgruppen zu gewinnen, müssen deren spezifische Erwartungen und Wünsche an Reisen und Urlaube berücksichtigt werden. Dies bedingt eine intensive Auseinandersetzung mit neuen Kulturen, Sprachen, Wertvorstellungen und Bedürfnissen, die teilweise erheblich von denen westeuropäischer Touristen abweichen. Im Kalenderjahr 2010 entfielen in Österreich erst 1,6 % aller ausländischen Gästeankünfte auf China, Indien und die arabischen Länder Asiens (362.117). Seit Mitte 2011 verfügt die TUI, der weltgrößte Reisekonzern, als einziger Veranstalter Europas über die Lizenz, chinesische Touristen nach Europa holen zu dürfen. Dadurch und mit der Liberalisierung der Reiserestriktionen beschleunigen sich die Zuwachsraten von Urlaubern aus dem wachstumsstarken Pauschalreisemarkt nach Europa und damit auch nach Österreich. Im Jahr 2010 reisten bereits rund 3,8 Mio. Chinesen nach Europa51, Tendenz weiter steigend. ■ Im wichtigsten Quellmarkt des österreichischen Tourismus, in Deutschland (49 % aller ausländischen Gästeankünfte in Österreichs 2010), wird die Zahl der Reisenden nur noch gering steigen. Prognosezahlen aus Deutschland zeigen, dass die deutsche Bevölkerung unter 50 Jahren bis 2050 um fast 30 % abnehmen 51 WirtschaftsWoche Nr. 29, 2011, S. 48; TouristikPresse.net vom 29.08.2011 50 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 wird, die Gesamtzahl daher zwischen 2010 und 2050 von heute 82,5 Mio. auf nur noch 73,6 Mio. schrumpfen wird. Entsprechend der demographischen Entwicklung bilden die 50 bis 65-Jährigen (Golden Ager) bis ca. 2020 und die 65 bis 75-Jährigen (Senioren) von 2020 bis 2030 das stärkste Wachstumssegment mit zusammen über 4 Mio. Personen mehr dar. ■ Binnenreisemarkt: Infolge des bereits hohen Niveaus und des hohen Sättigungsgrades des Binnenreiseverkehrs muss bezüglich der zukünftigen Entwicklung davon ausgegangen werden, dass mittelbis langfristig nur mehr relativ bescheidene Wachstumsraten erreicht werden können. Auch in Österreich bilden die über 60-Jährigen bis 2030 aber ein starkes Wachstum Segment, das sich zwischen 2009 und 2030 um 46 % oder um fast 0,9 Mio. Menschen erhöht. ■ Preissensibilität: Die Preissensibilität der Gäste nimmt tendenziell zu. Der Wettbewerb wird intensiver, Gäste erwarten mehr Leistung für wenig Geld. Es bilden sich mehr Marktsegmente in Bezug auf Preis und Qualität. Polarisierung der Nachfrage nach Billig- und Luxusangeboten, wobei die Extreme zunehmen, z. B. Segmente mit sehr geringer Zahlungsbereitschaft (Billigstreisen) und Segmente mit sehr hoher Zahlungsbereitschaft (Luxus pur). Bei einer großen Gruppe haben Preis und Qualität einen fast gleichen Stellenwert. Immer wichtiger wird gute Qualität zu tiefen Preisen (Schnäppchen). Nur für einen sehr geringen Prozentsatz der Gäste spielt der Preis keine Rolle. ■ Steigende Energiepreise: Langfristig ist von einem deutlichen Anstieg der Energie- und vor allem der Ölpreise ausgehen. Sie wirken sich in zweifacher Hinsicht auf den Tourismus aus: Die Ausgaben für nicht touristische Güter steigen und schmälern das Urlaubsbudget; zugleich steigen die Kosten für die Urlaubsreise je nach Reisedistanz. ■ Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesundheit werden beim Kaufentscheid zum bedeutenden Faktor. ■ Auch ohne Klimawandel befindet sich der schneegebundene Wintertourismus in einem sich verändernden Umfeld. In rund 80 Ländern weltweit wird Schisport betrieben. Die etwa 2.000 Schigebiete (mindestens fünf Seilbahnanlagen) werden jährlich von geschätzten 400 Mio. Schifahrern besucht, bei einer Gesamtzahl alpiner Schifahrer weltweit von etwa 110 Millionen. Diese Zahlen haben sich aber in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Der klassische Wintersporttourismus in den Alpen stößt an seine Wachstumsgrenzen, in den traditionellen, weiter entwickelten Quellmärkten ist kein generelles Wachstum zu erwarten (in Japan sogar Rückgang des Schisports). Auch aus neuen Quellmärkten Osteuropa und Asien ist derzeit wenig Wachstum zu beobachten, es sind aber Gebiete mit Potenzial für eine zukünftige positive Marktentwicklung. Aufgrund dieser Entwicklung nimmt die Konkurrenz um Marktanteile zwischen den Destinationen national wie international zu. Die Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea werden sicher für Werbung in ganz Asien sorgen. Die Märkte in Asien sind aber sehr unterschiedlich weit entwickelt, wobei das größte Potenzial jedoch in China steckt (1990 zu 2006 auf 4,5 Mio. mit Potenzial auf 13 Mio. Schifahrer)52. Der Reiz des Schisportes dürfte auch längerfristig gegeben sein. Exklusivität bzw. Luxuscharakter des Schneesports könnten zunehmen. Die Herausforderung bleibt aber primär, die Leute vom Sofa auf die Schipiste zu kriegen. 52 Jenn, W. et al. (2011), S. 14 51 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Folgerungen für die österreichische Tourismuswirtschaft auf Basis der globalen UNWTO Prognose Folgende grobe Perspektiven können abgeleitet werden: ■ Tatsache ist, dass Österreich zwar langfristig Weltmarktanteile verliert, es gewinnt aber seit 2005 in der wichtigsten globalen Tourismusdestination in Europa, in Westeuropa sogar seit 2000, Marktanteile bei den internationalen Gästeankünften. Österreich verfügt somit aufgrund seiner sommer- und wintertouristischen Gesamtperformance (breite nachfragerechte Produktvielfalt) über eine überdurchschnittliche Wettbewerbsfähigkeit. ■ Für Österreich kann im UNWTO Prognosezeitraum 2010 bis 2030 bei weitem nicht das globale Wachstum in der Höhe von +92,4 % unterstellt werden, der Marktanteil Österreichs könnte sich aber in Westeuropa bis 2030 auf etwa 15 % einpendeln (Europa-Marktanteil: etwa 4,5 %). Das würde bedeuten, dass Österreich im Jahre 2030 rund 33 Mio. internationale Gäste begrüßen könnte (+50 % gegenüber 2010; absolut: +11 Mio.). Der Weltmarktanteil läge im Jahr 2030 bei etwa 1,8 % (2010: 2,34 %), der Anteil in Europa bei 4,4 % (2010: 4,6 %) bzw. in Westeuropa bei etwa 14,8 % (2010: 14.3 %). Technologische Tendenzen ■ Die zunehmende Motorisierung und die Weiterentwicklung der Flugtechnik haben den Tourismus fundamental verändert. Diese Dynamik wird, etwas verlangsamt, weiter auf den Tourismus wirken, wodurch die touristischen Quell- und Zielländer näher zusammenrücken. Nach Prognosen der ICAO (International Civil Aviation Organisation) im Jahr 2011 könnte sich die Zahl der beförderten Passagiere im weltweiten Flugverkehr von 5,3 Mrd. im Jahr 2010 auf 11,0 Mrd. im Jahr 2027 erhöhen und damit mehr als verdoppeln. Um das Wachstum bei den Flugreisen zu bewältigen wird die teils bereits vor 40 Jahren entwickelte Flughafentechnik beinahe überall, so die IATA (Internationale Air Transport Assoziation), ersetzt werden (müssen). Flughafenforscher und Mobilitätswissenschaftler entwickeln und testen bereits völlig neue Abfertigungskonzepte, neue Techniken im Tower und am Flugfeld, sie werden die Abläufe auf den Flughäfen radikal beschleunigen bzw. die Wartezeiten wesentlich verkürzen53. ■ Flugzeugtechnologie: Im Flugverkehr vollzieht sich ein weiterer Schritt in Richtung Großraumflugzeuge. Davon könnte der Ferntourismus neue Impulse erhalten. Ob eine weitere Senkung der Distanzkosten trotz steigender Energiepreise wahrscheinlich ist, ist aber fraglich. Die technische Optimierung im Flugbereich dürfte nämlich langsam an Grenzen stoßen. Es wird schwierig, kleine Effizienzsteigerungen im Hinblick auf Treibstoffverbrauch mit der neuen Generation Langstreckenflugzeuge zu erreichen. ■ Im Individualverkehr wartet man auf die Verbreitung umweltfreundlicher Technologien, welche die heutigen Unterschiede zwischen dem öffentlichen und privaten Verkehr nivellieren können. ■ Im Bahnbereich können neue Angebotskonzepte und vor allem Schnellverbindungen das Angebot prägen. Die Bahn wird dadurch bei kürzeren Reisen zu einer bedeutenden Konkurrenz für Flugreisen. ■ Die „Humanisierung der Technologie“ führt zum Durchbruch bei den Informationstechnik-Systemen und anderen Kommunikationstechnologien. Durch sie wird es möglich sein, Reisen zu personalisieren, zu optimieren, angenehmer zu machen, zu flexibilisieren und einen höheren Standard an außergewöhnlichen Dienstleistungen zu bieten. Diese Entwicklungen erhöhen den Innovationsdruck im österreichischen Tourismus. ■ Neue Technologien und Materialien unterstützen auch nachhaltiges Bauen und Sanieren. Intelligentes, effizientes Energiemanagement ist ein Treiber des technischen Fortschritts, ebenso wie die zunehmende Abstützung auf erneuerbare Energie. 53 WirtschaftsWoche Nr. 38, 19.09.2011, S. 84-88 52 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Ökologische Tendenzen ■ Intakte Natur wird knapp und dadurch wertvoller. Die Natur dient den Konsumenten in der postmodernen Wohlstandsgesellschaft auch zukünftig als Projektionsfläche für Sehnsüchte und Gegenwelt zu ihrem Alltag. Die beruhigende Wirkung einer intakten Natur auf die Menschen sowie ihr Einfluss auf die physische, psychische und soziale Gesundheit ist eine Tatsache. ■ Klimaveränderung und Naturereignisse führen zur regionalen Vor- und Nachteilen (Schnee wird knapp, Hitzeperioden nehmen zu, gemäß den „Desaster-Statistiken“ der Rückversicherer werden schwere Katastrophen häufiger). ■ Erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung, weil sie der Klimaerwärmung entgegenwirken und weil die Ölreserven knapp werden. ■ Verkehrsstaus werden chronisch, die Folgenschäden nehmen zu, Reisen in Hochsaisonzeiten wird immer mehr zur Tortur. ■ Individualisierung wird zum ökologischen Problem, wachsender Druck auf die letzten natürlichen Reservate. 53 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 MODUL II – Chancen & Risiken, Optionen & Strategien 4. Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente des Tourismus Die Chancen und Risiken der Klimaänderung für den Tourismus sind vielfältig. Für die wichtigsten spezifischen Nachfragesegmente im österreichischen Tourismus wurden folgende mögliche Chancen und Risiken von den BegleitgruppenteilnehmerInnen gemeinsam herausgearbeitet bzw. grob eingeschätzt: Abbildung 16: Chancen und Risiken für den Tourismus in Österreich aufgrund der Klimaänderung Hauptsächliche Chancen und Risiken für den Tourismus in Österreich aufgrund der Klimaänderung Nachfragesegmente Chancen Risiken Focus Sommertourismus ■ Generell ■ Alpin-/Bergtourismus ■ Seentourismus ■ Städtetourismus +Saisonverlängerung, breiteres- Extreme Wettersituationen Österreich-Angebot, Umlenkung der (Katastrophen) Touristenströme - Energie- und Ressourcenknappheit +Wetterunabhängige Tourismusangebote - Steigende Transportkosten +Mindsetting des Urlaubers nicht zu- Unzureichender Ausbau der Fliegen (Emissionen) – Bevorzugung öffentlichen Verkehrsinfrastruktur naher Urlaubsziele - Durch spontaneres Buchungs+ Steigende Transportkosten verhalten höhere Wettersensitivität + Technischer Fortschritt + Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur + Gutes und ausreichend vorhandenes Wasserangebot + Ganzjahresangebote (Kur-/Gesundheit, Städte) + Längere Saison - Katastrophen/extreme + Schönwetterperioden Wettersituationen/Hitze/Stürme/ + Stabileres Wetter (Outdoor-Aktivitäten) Hochwasser (Muren) + Kühle Höhenlage - Wege/Steinschlaggefahr – + Sommerfrische statt Strandurlaub Kosten der Infrastruktur + Rückkehr der traditionellen - Durch Rückgang von Permafrost Sommerfrische in den Bergen Han Steinschlaggefahr und Hang+ Angenehme Tages- und rutschungen Nachttemperaturen - Attraktivitätsverlust durch Gletscherschmelze + Höhere Seen-Wassertemperaturen - Erhaltung der Wasserqualität + Schönwetterperioden - Algenwachstum, Veränderung des + Positionierung der österreichischen Fischbestandes Seen als Badeurlaubsdestination - Regenperioden (in Konkurrenz zum Mittelmeer) + Umlenkung der Tourismusströme aus dem Mittelmeerraum + Fokussiering auf Familientourismus + Vermehrter Inlandstourismus + Saisonverlängerung - Hitze bzw. Hitzeperioden in den + „Coole“ Plätze schaffen – Städten, Nächte ohne Erholung Beschattungen/Springbrunnen/Wasser - Durch Hitze im Sommer + Positionierung als verhältnismäßig Gesundheitsgefahren, kühle Städte Mindsetting – Feinstaub, Ozon 54 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Kur-/Gesundheitstourismus ■ Donautourismus ■ Schutzgebietstourismus ■ Weinstraßentourismus ■ Kongresstourismus +Trend zu Gesundheit - Thermen könnten im Sommer +Demografische Entwicklung (steigende an Attraktivität verlieren Lebenserwartung bzw. älter werdende (Seentourismus als Gewinner) Bevölkerung) +Geringe Wetterund Saisonabhängigkeit +Verstärkte Nachfrage im Winter als Alternative zum Schisport +Mindsetting Umweltprobleme, deshalb stärkere Bedeutung der Gesundheit + Radfahren (stabiles Wetter) - Häufigere Überschwemmungen + Verstärkter Radtourismus - Beeinträchtigung der + Wandern (stabiles Wetter) Donauschifffahrt durch Hochwasser + Urlaub mit dem Rad nimmt zu bzw. Niederstände/-wasser + Flussschifffahrt statt Flugreisen - Hochwassereinfluss auf Radwege, + Fluss spendet Kühle Fauna und Flora + Demografische Entwicklung – begünstigt Schiffstourismus + Stärkere Nachfrage nach intakter Natur - Verlust an Biodiversität + Längere Outdoor-Saison - Verlust an einzigartige + Erhalt von Biodiversität Naturphänomene (z. B. Gletscher) - Wetterextreme - Auswirkungen auf / Veränderungen von Fauna und Flora z.B. Verwaldung von von Almen - Überschwemmungen + Stabileres Herbstwetter - Weinernte in der Hauptreisezeit, + Weinqualität wird durch mehr Sonne dadurch weniger Besucher immer besser - Extreme Wettersituationen + Regionalität (neues Mindsetting) + Saisonverlängerung auch für Kongresse und Seminare im Februar und März - Mobilitätseinschränkung durch steigende Energiepreis für internationale Kongresse - Überhitzung der Stadt, Bevorzugung nördlicher gelegener Städte + Neue schneeunabhängige Angebote + Stärkung der anderen Segmente abseits vom Wintersport - Extreme Wettersituationen (z.B. Lawinen-Katastrophen), dadurch - Bedrohung der Winterdestinationen/ Schigebiete/Wintersport-Gemeinden + Alternativangebote entwickeln + Konkurrenzfähigkeit gegenüber Nachbarländern aufzeigen - Schneemangel - Schneesicherheit (in Höhenlagen) - Saisonverkürzung in tiefen Lagen - Fehlende Winterlandschaft bzw. Attraktivität der Winterlandschaft - Weißes Band auf grünem Berg - Steigende Beschneiungskosten (Energiekosten) und damit zusammenhängend - steigende Schipasspreise Wintertourismus ■ Generell ■ Wintersporttourismus 55 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Einschätzung der Chancen und Risiken Die für die Nachfragesegmente oben genannten Chancen und Risiken sind nicht nur sehr vielfältig bzw. zahlreich, die Chancen und Risiken, die sich durch die Klimaänderung ergeben, werden durch die Begleitgruppenteilnehmer auch differenziert eingestuft. Die grobe Einschätzung der Chancen und Risiken zeigt folgendes Ergebnis: ■ Generell werden für den Sommertourismus in Österreich die Chancen insgesamt deutlich höher eingeschätzt als für den Wintertourismus, für den die Risiken bzw. Gefahren - vor allem für den schneeabhängigen Wintersporttourismus - als hoch bis sehr hoch eingestuft werden. ■ Wie aus den beiden folgenden Abbildungen zu ersehen ist, werden die besten Chancen den Seentourismus eingeräumt, aber auch für den Alpin-/Berg-, Donau- und Schutzgebietstourismus werden die Chancen als sehr gut eingestuft. Überdurchschnittliche Chancen sind weiters für den Kur-/Gesundheits- und den Weinstraßentourismus gegeben. ■ Für den Städtetourismus werden die Klimawandel bedingten Chancen als eher bescheiden, die Risiken dagegen als überdurchschnittlich eingeschätzt. ■ Für den wenig klimasensitiven Kongress-/Tagungstourismus werden die Chancen, aber auch die Risiken als sehr gering eingestuft. Abbildung 17: Einschätzungen von Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken/Gefahren durch die TeilnehmerInnen der Begleitgruppe Nachfragesegmente 0 1 Chancen 2 3 4 5 0 1 Risiken 2 3 4 5 Focus Sommertourismus ■■■ ■■ ■■ ■■■ ■■■ ■■ Generell Alpin-/Bergtourismus ■■ ■■ ■■ ■■ ■■■ ■ Seentourismus Städtetourismus ■ ■■ ■ Kur-/Gesundheitstourismus Donautourismus ■■ ■ ■ Weinstrassentourismus ■■■ ■■■ ■ ■ ■■ ■ ■■ ■■■ ■ ■■ ■■■ ■■■ ■ Schutzgebietstourismus Kongresstourismus ■■ ■■ ■■ ■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■ ■■ ■■■ ■ ■■ ■■ ■■ ■ ■■ ■ ■■ ■■ ■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■■ ■ ■■ ■ ■ ■■■ ■■■ ■■ ■■ ■ ■ ■ Wintertourismus Generell Wintersporttourismus Einschätzung 0 1 2 3 ■■■ ■ keine Chancen / keine Risiken wenige / kaum bescheidene / einige überdurchschnittliche / deutliche ■■ ■■ ■ ■■ ■ ■■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■ ■■■ ■■■ 4 gute / hohe 5 sehr gute, beste Chancen / sehr hohe Risiken 56 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Abbildung 18: Einschätzung von Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken der Nachfragesegmente durch die Teilnehmer der Begleitgruppe Einschätzungen von Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken der Nachfragesegmente durch die Teilnehmer der Begleitgruppe 9 Sommertourismus generell Seentourismus sehr gute Alpin/Bergtourismus 8 Donautourismus 7 Schutzgebietstourismus 6 Chancen Kur-/Gesundheitstourismus 5 0 Weinstrassen1 tourismus 2 3 4 Städtetourismus 5 6 7 8 9 4 3 2 wenig Kongresstourismus Wintertourismus generell Wintersporttourismus 1 0 Bearbeitung: ITR wenig Risiken/Gefahren sehr hohe Folgerungen Aus den segmentspezifischen Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken können grobe Einschätzungen der möglichen Entwicklungstendenzen im Sommer- und Wintertourismus abgeleitet werden. Diesbezüglich ist aber zu berücksichtigen, dass die Klimaänderung nur einer von mehreren Faktoren ist, welche die mittel- bis langfristige touristische Entwicklung beeinflussen (siehe auch Kap. 3.). ■ Sommertourismus Seit dem Tiefstand im Nächtigungstourismus 1996 stagniert zwar der Sommertourismus insgesamt auf einem hohen Nachfragevolumen zwischen rund 60 und 64 Mio. Nächtigungen, die Hauptnachfragesegmente zeigen in den letzten 15 Jahren aber höchst unterschiedliche Nachfragedynamiken, die auch durch die derzeitige sehr differenzierte Performance bzw. Wettbewerbsfähigkeit der sommertouristischen Nachfragesegmente wesentlich bestimmt wird. Sehr positiv ist: Den derzeitigen Problemsegmenten des österreichischen Sommertourismus, nämlich den beiden nachfragestärksten Segmenten Alpin-/Bergtourismus und Seentourismus (Marktanteil rund 70 %), werden die besten Klimawandel bedingten Chancen eingeräumt. Sie weisen seit langem eine (stark) 57 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 unterdurchschnittliche Entwicklung der Sommernächtigen auf und mussten dadurch markante Marktanteilsverluste hinnehmen (zwischen 1996 und 2009: -4,2 %-Punkte), was auch als Indikator der unterdurchschnittlichen Wettbewerbsfähigkeit betrachtet werden kann. Dies gilt vor allem für den Seentourismus. Um aber die Chancen zu nutzen, müssen die als derzeit sehr unbefriedigend einzustufenden Struktur- und Entwicklungsmerkmale des Sommertourismus gezielt verbessert werden. Weitere positive Aspekte: Für die bereits seit eineinhalb Jahrzehnten (stark) überdurchschnittlich wachsenden Segmente Donau-, Weinstraßen-, Kur- und Gesundheits- sowie Schutzgebietstourismus eröffnen sich mittel- bis langfristig zusätzliche gute bis sehr gute Klimawandel bedingte Chancen. Konnten diese Wachstumssegmente des Sommertourismus in Österreich bislang die mengenmäßigen saisonalen Frequenzabnahmen des Alpin/Bergtourismus und des Seentourismus im besten Fall ausgleichen, bieten sich nun mittel- bis langfristig weitere zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten für den gesamten Sommertourismus in Österreich an. 58 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Tabelle 8: Charakteristik der Ausgangssituation und Tendenzen der Nachfragesegmente des Sommertourismus in Österreich Alpin-/ Bergtouris.54 Zahl der Gemeinden Ø Höhenlage m ü. M. Wohnbevölkerung 2001 in 1.000 Gästebetten 2009 in 1.000 Nächtigungen TJ 2008/09 in 1.000 Sommernächtigungen 2009 in 1.000 Sommernächtigungen / Einwohner Jahresnächtigungen / Einwohner 467 . 995 591 71,534 29,177 29,3 71,9 Seentouris.55 Städtetouris.56 Schutzgebiete57 Kur-/ Gesundheitstour.58 Luftkurorte59 WeinStraßentouris.60 Donautouris.61 Kongresstouris.62 108 530 543 162 17,346 12,610 23,2 31,9 9 343 2,412 93 15,427 9,068 3,8 6,4 274 547 668 184 21,190 10,400 15,6 31,7 99 502 399 109 15,879 8,366 21,0 39,8 36 744 103 55 5,795 3,576 34,7 56,3 164 254 727 49 5,157 3,586 4,9 7,1 88 306 406 19 1,786 1,271 3,1 4,4 103 617 885 262 34,341 15,076 17,0 38,8 72,7 58,8 49,1 52,7 61,7 69,5 71,2 43,9 62,0 75,7 69,6 41,3 61,2 31,2 61,1 68,6 4,2 2,1 3,9 4,7 4,5 3,0 1,9 4,1 22,5 61,3 16,2 31,1 38,1 30,9 22,5 54,3 23,2 26,1 46,2 27,7 22,2 59,5 18,3 29,7 43,2 27,1 31,7 40,9 27,4 22,7 53,0 24,3 -1,0 1,6 1,8 0,7 -1,0 1,5 0,9 -0,4 4,4 -0,6 2,8 - 0,7 3,0 1,4 0,3 0,4 63 80 16 95 97 4 52 69 11 74 85 13 60 73 12 69 81 13 62 71 11 54 66 6 39,1 77,4 40,1 51,5 43,2 46,2 52,8 48,1 3,2 5,5 4,7 5,9 1,6 5,5 7,8 6,0 Strukturmerkmale des Sommertourismus Sommeranteil - Saisonalität Nächtigungsanteil im Sommer 2009 % 40,8 Auslandsgästeanteil Nächtigungsanteil im Sommer 2009 % 81,7 Aufenthaltsdauer Ø Aufenthaltsdauer d. Gäste im Sommer in 4,7 Tagen 2009 Saisonverlauf Frühling 19,7 Sommer 56,5 Herbst 23,8 Saison-Nächtigungsanteil Sommer % Dynamik im Sommertourismus Ø jährliche Veränderung der Nächtigungen -0,2 1996-2009 in % Sensitivität – Nachfrageentwicklung im Hitzesommer 2003 Veränderung d. Nächtigungen 2003 gegen Ø 1,4 Sommer 2002/04 in % Bettenauslastung Sommer 2009 Ø Zahl d. Belegstage Gästebetten ges. 46 Ø Zahl d. Belegstage in der Hotellerie 65 Verändg. d. Belegstage in der Hotellerie 11 1996 - 2009 Qualitätsstruktur u. –dynamik des Gästebettenangebotes %-Anteil der 3-/4-/5-Sterne-Betten an Betten37,0 insgesamt 2009 Veränderung 1996-2009 in % Punkten 4,3 Quelle: ITR-Datenbank & Bearbeitung; Statistik Austria 54 Alpine Gemeinden mit einer durchschnittlichen Höhenlage von 1000 m und darüber und mit einer Höhendifferenz (Minimum bis Maximum) von 1000 m und darüber Gemeinden an 46 Seen 56 Wien und die Landeshauptstädte 57 Gemeinden mit Flächenanteilen an ausgewählten gemanagten großflächigen Schutzgebieten (Nationalparks, Naturparke, Ramsargebiete, Biosphärenpark) 58 Kurorte mit ortsgebundenem Heilvorkommen, mit Kuranstalten auf der Grundlage ortsgebundener Heilvorkommen und mit Einrichtungen für Kneipp- und sonstigen Kuren, Gemeinden mit Thermalquellen/Thermen: in einigen Fällen inklusive Umgebungsgemeinden 59 Heilklimatische Kurorte, Luftkurorte 60 Gemeinden an den 23 Weinstrassen im Burgenland, in Niederösterreich und der Steiermark 61 Gemeinden unmittelbar an der Donau (ohne Linz und Wien) 62 Städte/Gemeinden mit „Kongresszentren“ (ohne Wien und Landeshauptstädte) und größeren Kongress-/Tagungskapazitäten (Anbieter mit Sälen mit über 300 Sitzplätzen) 59 ITR – BOKU-Met 55 Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 ■ Wintertourismus Der schneegebundene Wintersporttourismus wird von den Begleitgruppenmitgliedern als das Nachfragesegment mit den mit Abstand höchsten Risiken und den geringsten Chancen eingeschätzt. Für den Wintertourismus generell werden die klimawandel-bedingten Chancen und Risiken etwas günstiger eingestuft. Dazu folgende Anmerkungen: Durch die technische Beschneiung wird auch in den nächsten 20 Jahren in den österreichischen Schigebieten eine ausreichende Schneedecke möglich sein. Bei Einsatz einer Technologie, bei der eine Beschneiung bereits ab -1 °C möglich ist, kann dies sogar bis Mitte des 21. Jahrhunderts sichergestellt werden. Die prognostizierbaren Konsequenzen des Klimawandels und die Vulnerabilität gegenüber seinen Folgen sind aber ungleichmäßig auf die Wintersport-Gemeinden bzw. -Gebiete Österreichs verteilt. Schneeurlauber werden sich - zum Teil auch durch den „medial gemachten Schneemangel“ - auf höher gelegene Schigebiete konzentrieren und den bisherigen deutlichen Nachfragetrend in den 311 Wintersport-Gemeinden Österreichs in den nächsten Jahrzehnten verstärken (vgl. Tab. 3). Die 74 Wintersport-Gemeinden bzw. Schigebiete in höheren Lagen Österreichs, in denen über 20 Mio. Winternächtigungen bzw. fast ein Drittel des gesamten Winternächtigungsvolumen Österreichs erzielt werden, werden aufgrund ihrer großen Wirtschaftskraft bzw. ihrer größeren Investitionen in die Beschneiungstechnik, v. a. durch Erhöhung der erzeugten Schneemenge pro Zeiteinheit und eine entsprechende große Vorhaltung von Wasserkapazitäten (Speicherseen), in den nächsten Jahren ein „neues“ Vertrauen in die Schneesicherheit aufbauen bzw. zurückgewinnen. D. h., für die Schneeurlauber wird es das Thema Schneemangel in den nächsten Wintersaisonen kaum mehr geben. Die schneegebundenen Winterurlauber/-sportler werden künftig wissen, in welchen Schigebieten er eine Schneegarantie vorfindet. Dieses Prädikat haben sich in Österreich bereits zahlreiche Schigebiete durch ihre Investitionen in der Vergangenheit geschaffen. Die 54 Wintersport-Gemeinden bzw. Schigebiete im Übergangsbereich (0-100 m über/unter der natürlichen Schneefallgrenze), in denen 10 Mio. Winternächtigungen erreicht werden, werden durch größere Investitionen in die Beschneiungstechnik die alles entscheidende Schneesicherheit gewährleisten können. Aber auch die rund 100 Wintersport-Gemeinden in tieferen Lagen (rund 10 Mio. Winternächtigungen) werden je nach ihrer Situation bzw. Wirtschaftskraft mit technischer Beschneiung ein ausreichendes Produkt für eine bestimmte Zielgruppe aus dem Wintersportmarkt anbieten können, wobei die Kosten für diese Lagenproportional höher sein werden. 60 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 5. Anpassungsoptionen/-strategien 5.1 Handlungsfelder und Kernstrategien Der Tourismus kann sich den klimatischen Veränderungen in vielfältiger Weise anpassen. Die verschiedenen Anpassungsoptionen (Adaption) aus der Literatur, die auch für Österreich durchaus übertragbar sind, können grob in folgende drei Handlungsfelder mit insgesamt sechs Kernstrategien unterteilt werden. Handlungsfeld „Angebotsentwicklung“ 1. Förderung von Innovationen und Diversifikation der Forschung 2. Sicherung und Weiterentwicklung des schneegebundenen Wintersportes Handlungsfeld „Gefahrenminimierung“ 3. Verstärkung der Gefahrenabwehr durch technische Massnahmen 4. Risikoverminderung durch organisatorische Massnahmen Handlungsfeld „Kommunikation“ 5. Klare Positionierung und gezieltes Marketing 6. Sensibilisierung der Bevölkerung 5.2 Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus Nachfolgend sind zahlreiche Anpassungsoptionen/-strategien aus der Literatur angeführt. Diese wurden vom Bearbeitungsteam und von den Begleitgruppenteilnehmern gemeinsam den einzelnen Nachfragesegmenten des österreichischen Tourismus praxisnah zugeordnet. Da die Nachfragesegmente von der Klimaänderung unterschiedlich stark betroffen sind, ist der segmentspezifische Handlungsbedarf auch unterschiedlich groß. Die in der Übersicht 19 angeführten einzelnen Optionen sind nach der Einschätzung der Wichtigkeit angeordnet. 61 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Übersicht 19: Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus Handlungsfeld „Angebotsentwicklung“ 1. Förderung von Innovation und Diversifikation Intensivierung der Forschung Nachfragesegmente des Tourismus Wintersport AlpinBerg Seen Städte Schutzgebiete Kur-, Gesund -heit Luftkurorte Weinstraßen Donau Kongress 1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten 0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten CH 2030 (2011 bzw. 2008) Wellness ausbauen und Aspekte der alpinen Wellness verstärken (Luft, Höhenlage, Licht, Ernährung und Kultur) 1 1 1 0 0 1 1 0 0 0 Aufwertung und Popularisierung der Sommersaison – Revival der „Sommerfrische“ 0 1 1 0 1 1 1 0 1 0 Qualitätsentwicklung und –strategie vorantreiben 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Ausflugsziele mit neuen Ganzjahresangeboten/attraktionen ergänzen (UPS´s) 1 1 1 0 0 0 1 1 1 0 Auf neue touristische Aktivitäten einstellen bzw. Schwerpunkte verlagern, neue Sportarten, Kreativkurse und Weiterbildungsangebote etc. 1 1 1 0 0 1 1 0 0 0 Perspektiven für tiefer gelegene Wintersportorte frühzeitig entwickeln 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Langsam-Tourismus, Ruhe, Stille, Authentizität als Qualitätsmerkmal forcieren 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Nachhaltigkeitsziele und –maßnahmen definieren 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Touristische Inwertsetzung und Förderung der naturräumlichen und kulturellen regionalen Eigenheiten 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Nachhaltige Technologien auf Betriebsebene fördern 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Neue Sommerattraktionen schaffen – Events weiterentwickeln 0 1 1 1 0 0 1 1 1 0 Angebote Frühherbst attraktivieren 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 Entwicklungen vor Ort beobachten und Handlungsbedarf frühzeitig erkennen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Verhaltensänderungen der Gäste beobachten und berücksichtigen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Forschung betreffend Beschneiungs- und Schnee-Sicherheitsmaßnahmen forcieren, Planungsgrundlagen zur Beschneiung (inkl. Speicherseen) optimieren 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Unterstützung bieten (Motivation, Beratung, Infrastruktur, Fördergelder, Plattformen, etc.),damit innovative Nischenprodukte entstehen können 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Naturnahen Tourismus als bewusste Alternative zu Fernreisen stärken 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Randregionen vorsichtig begleiten 0 1 0 0 1 0 0 0 0 0 Schnee- und insbesondere schiunabhängige Angebote ausbauen 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Lehre und Forschung zu Adaptionsprozessen verstärken, Vermittlung der Erkenntnisse 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Diversifizierte Urlaubspakete schnüren (Wohnung, Wellness, Anfahrt, alles inkl.) 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0 Spezifische Forschungsvorhaben verfolgen und unterstützen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Kulturangebote ausbauen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 62 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Indoor-Attraktionen ausbauen, Infrastruktur anpassen 1 1 1 2. Sicherung und Weiterentwicklung des Schnee-/Schisports O.I.T.A.F. (2008) 1 1 0 1 0 0 1 Wintersport Bereits erschlossene hochgelegene Gebiete gezielt fördern (Schneesicherheit erhöhen – räumliche Expansion) 1 Gesamtkonzept zur Beschneiung erarbeiten (Planungen optimieren) 1 Pisten gezielt beschneien, Speicherseen errichten 1 Investitionen in „Wassersicherheit“ 1 Speicherseen für Wasservorräte ausbauen 1 Schneesicherheit mit zusätzlichen und leistungsfähigen Beschneiungsanlagen sichern, Effektivität erhöhen 1 Seilbahnunternehmen fusionieren, Schigebiete optimieren, Steuern und Gebühren von Fusionen reduzieren 1 Nutzung von technologischen Fortschritten in der technischen Beschneiung 1 Pistenkorrekturen (Einsparungen bei Produktion von Kunstschnee) 1 Bahnkapazitäten erhöhen vor allem für Rücktransport am Abend 1 Schischulen in Höhe verlegen 1 OECD (2007)/Abegg: Erzeugung von Kunstschnee ist die wichtigste Anpassungsstrategie 1 Pistenpräparierung (Verringerung der für den Schibetrieb erforderlichen Mindestschneehöhe um 10-20 cm) 1 Verlegung der Schipisten in höhere Lagen und auf Nordhänge; Verlagerung auf die lokalklimatisch am besten geeigneten Gebiete 1 Gletscherschilauf; Längerfristig ist das Gletscherschifahren keine ergiebige Alternative für den scheeabhängigen Wintersport, da die Gletscher in Zukunft stark zurückgehen werden 1 Schutz der Gletscher vor dem Abschmelzen durch weiße Kunstoffplanen (die punktuell eingesetzten Abdeckungen können den allgemeinen Gletscherschwund nicht aufhalten) 1 Diversifizierung der Tourismuseinnahmen 1 Einsatz von Versicherungen (Verringerung von finanziellen Verlusten infolge einzelner schneearmer Winter) 1 Finanzielle Unterstützung kostspieliger Anpassungsmaßnahmen der am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete – „Verlierer“ des Anpassungsprozesses (kleinere, zumeist niedriger liegender Wintersportorte, die auch über weniger Mittel zur Finanzierung kostspieliger Anpassungsmaßnahmen verfügen) 1 Landschaftliche Anpassungen, Pistenbau, Schneezäune, Pflanzen von Bäumen zur Beschattung der Pisten, Entwässerungen, Windschutz usw. können zusätzliche „Schneetage“ gewonnen werden 1 63 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Handlungsfeld „Gefahrenminimierung" Nachfragesegmente des Tourismus 3. Verstärkung der Gefahrenabwehr durch technische Maßnahmen CH 2030 (2011 bzw. 2008) Wintersport AlpinBerg Seen Städte Kur-, SchutzLuftWeinKonGesund Donau gebiete kurorte straßen gress -heit Gefährdete Gebiete konsequent und systematisch beobachten 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Gefahrenabwehr und vor allem Hochwasserschutz verstärken 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 Infrastrukturen vor Naturgefahren schützen 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 Fundamente von Anlagen vor Naturgefahren sichern 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 Risikoanalysen durchführen, Risikokartierung laufend aktualisieren 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 Landschaftliche Veränderungen lenken, Schutzund Freihaltezonen einrichten 1 1 1 0 0 1 1 1 1 0 1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten 0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten Kur-, SchutzLuftWeinKonGesund Donau gebiete kurorte straßen gress -heit 4. Risikoverminderung durch organisatorische Maßnahmen Wintersport AlpinBerg Naturgefahrenszenarien Winter/Sommer für Destinationen entwickeln 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Krisenmanagement aufziehen und verfeinern 1 1 0 1 1 0 1 1 1 0 Kooperationen zum Lernen und gegenseitigen Unterstützen in der Gefahrenprävention fördern 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Erarbeitung eines Manuels (für Aktionen nach innen & außen) 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Klare Aufgabenteilung zwischen Gemeinde und Tourismusorganisation 1 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Gefahrenzonenpläne erstellen bzw. anpassen /aktualisieren und in der Planung (nicht nur im Tourismus) berücksichtigen 1 1 0 1 1 0 1 1 1 0 Evakuierungs- und Kommunikationskonzepte erstellen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Seen Städte Versicherungsprämienausgleich planen und umsetzen 64 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten 0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten Handlungsfeld „Kommunikation“ 5. Klare Positionierung und gezieltes Marketing Nachfragesegmente des Tourismus Kur-, Winter- AlpinSchutzLuftSeen Städte Gesund sport Berg gebiete kurorte -heit Weinstraßen Donau Kongress Gemeinsam Destinationsentwicklungsstrategie erarbeiten 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Schneesicherheit – sofern vorhanden – vermehrt kommunizieren 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Marketing auf Stärken konzentrieren, „Sommerfrische“ nutzen und bewerben 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Auf bestimmte Segmente spezialisieren 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Klimaschonenden Tourismus kommunizieren, Umsetzung der Nachhaltigkeitscharta im Tourismus unterstützen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Diversifikation und Branding auf der Ebene der Destinationen und der Betriebe verstärken 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Wasser und vor allem Naturbademöglichkeiten propagieren 0 1 1 1 1 1 1 0 1 1 Regionale und überregionale Kooperationen auf allen Leistungsträgerstufen fördern/verstärken 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Naturparke sowie Langsam-Tourismus vermarkten 0 1 1 0 1 1 1 1 1 0 Erfahrungsaustausch-Gremien bilden 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 6. Sensibilisierung der Bevölkerung Kur-, Winter- AlpinSchutzSeen Städte Gesund sport /Berg gebiete -heit Luftkurorte WeinDonau straßen Kongress Bevölkerung, Gäste und Behörden mittels einfach verständlichen Broschüren regelmäßig informieren 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Gemeinsame Anpassungsstrategie erarbeiten 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Bevölkerung und Touristen für Klimafragen sensibilisieren – Ängste der Bevölkerung aufgreifen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Leistungsträger und Verbände bezüglich Klimaänderung sensibilisieren 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Lokale Bevölkerung und Gäste an Planungsarbeiten partizipieren lassen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Wachsendes Sicherheitsbedürfnis der Gäste berücksichtigen – Gäste offen informieren 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 Bevölkerung über Wetterrisiken und Naturgefahren aufklären 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 65 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 6. Verminderungsstrategien Der Tourismus ist auch ein wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit trägt der Tourismus rund 5 % zu den CO2-Emissionen bei (UNWTO 2007). In der Schweizer Studie „2030: Der Schweizer Tourismus im Klimawandel“ (Müller & Weber 2008, S. 19f) wurden bereits Verminderungsstrategien (Mitigation) zur Verminderung der Klimagase für touristische Partner und Leistungsträger erarbeitet, die auch für Österreich durchaus übertragbar sind. 6.1 Kernstrategien Die verschiedenen Verminderungsstrategien wurden grob in folgende sechs Kernstrategien unterteilt: 1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen – Energiesparen bei Transport, Infrastruktur und Aktivitäten, 2. Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Verkehrsmanagements, 3. Umstellung auf erneuerbare Energiequellen – klimaschonend produzieren, 4. Lenkung über finanzielle Anreize – Kompensation von CO2-Emissionen 5. Kompensation von CO2-Emissionen 6. Sensibilisierung von Bevölkerung und Gästen - Verstärkung der Kommunikation 6.2 Einschätzungen der Wichtigkeit von Verminderungsstrategien/-maßnahmen Nachfolgend sind die konkreten Verminderungsstrategien aus der Schweizer Studie angeführt. Die Wichtigkeit dieser Strategien bzw. zahlreichen Maßnahmen wurde von den Begleitgruppenteilnehmern einzeln von sehr wichtig bis weniger wichtig für die touristischen Partner und Leistungsträger im österreichischen Tourismus bewertet. Das zusammenfassende Ergebnis ist in der nachfolgenden Übersicht dargestellt. 66 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Übersicht 20: Verminderungsstrategien für touristische Partner und Leistungsträger (Müller & Weber 2008, S. 19f; FIF 2011, S. 62f) – Bewertung durch die Begleitgruppenteilnehmer sehr wichtig weniger wichtig 1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen Energie- und CO2-Sparprogramme propagieren und weiterentwickeln CO2-reduziert heizen Abwärmenutzung intensivieren und kommunizieren Erneuerbare Energien fördern, auf regionale Produkte (Holz) setzen Gebäude besser isolieren (Wärme/Kälte) Regionale Produkte bevorzugt berücksichtigen Antriebsysteme, Klimaanlagen energetisch optimieren (Wärme/Kälte-Dämmung) Ferien- und Zweitwohnungen bedarfsgerecht heizen (Fernsteuerung) 1 9 Ersatz von Kohle- und Gaskraftwerke durch alternative Anlagen befürworten 110 Holz als Baumaterial verwenden (Bindung von CO2) 2. 1 1 1 2 Förderung des öffentlichen Verkehrsmanagements Verkehrs ÖV-Verbindungen attraktivieren Attraktivierung der Reisemittel (Anreise als Erlebnis) Anreiz für ÖV schaffen Kooperation mit (SBB,DB) ÖBB etc. Verkehrsmanagement innerorts optimieren Neue Mobilitätsformen unterstützen Verbindungen, Fahrpläne optimieren Verkehrsmanagement verbessern Alternative Treibstoffe und Antriebssysteme im ÖV propagieren 10 Zubringerbusse organisieren 11 Alpentaxis anbieten 12 Parkplatzbewirtschaftung 13 An-/Abflugregime im Flugverkehr verbessern Car-Sharing popularisieren – Optimierung x □ □ x x □ □ □ □ □ □ x x □ □ x x □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ x x x □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ x x x x x □ x x □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ x □ □ □ x x x x x □ □ □ □ □ □ □ □ x □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ des 67 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 3. Lenkung über finanzielle Anreize – konsequente Anwendung des Verursacherprinzips 1 Energie stärker besteuern 2 Schadstoffarme Fahrzeuge begünstigen 3 CO2-Abgabe unterstützen 4 Parkgebühren flächendeckend einführen □ □ □ □ □ x □ □ □ □ □ □ x □ □ x □ □ x □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ x □ □ □ □ x x x □ □ □ □ 4. Kompensation von CO2-Emissionen 1 Klimaneutrale Produkte und Angebote schaffen 2 Dem Gast die Möglichkeit geben, Emissionen der Anreise zu kompensieren 3 Kompensationsprojekte über Emissionshandel unterstützen 4 Kooperation mit Kompensationspartner eingehen 5. Verstärkung der Kommunikation 1 Innovationen stimulieren, Anreize schaffen 2 Visualisierung der Klimaänderung und Sensibilisierung 3 Mit Partnern arbeiten x □□□□□ □□x □□□ □x □□□□ 68 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 7. Good-Practise Beispiele zu Klimaschutz und Anpassung 7.1 Kriterienkatalog für die Auswahl von Good-Practise Beispielen im Tourismus: Fokus auf Klimaschutz und Anpassung Ziel: Identifizierung von Good-Practise-Beispielen im Bereich Tourismus, die zum Klimaschutz und/oder zur Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung beitragen. 1. Allgemeine Anforderungen an die Beispiele: ■ Sie sollen Möglichkeiten aufzeigen, die einzelne Personen in der Tourismusbranche im Bereich Klimaschutz/Anpassung haben ■ Sie sollen – soweit vorhanden - Aktivitäten aus allen Bundesländern zeigen ■ Forschungsprojekte wurden nur dann zu berücksichtigt, wenn sie im Rahmen der Arbeit auch tatsächliche Maßnahmen in Regionen umgesetzt haben ■ Ein Zugang zu den Informationen soll gegeben sein 2. Datenquellen für die Sammlung von Beispielen ■ ■ ■ ■ ■ ■ ■ Ist-Stands-Analyse von Anpassungsmaßnahmen CIPRA Datenbank AMICA Datenbank Klimabündnis Alpine Spate Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Lebensministerium 3. Evaluierung anhand von spezifischen Kriterien und Bewertung mit Punkten A. Spezifische Kriterien für Klimaschutzmaßnahmen ■ ■ ■ ■ Wichtigkeit der Maßnahme (Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen) Zusätzlicher Nutzen für andere Bereiche/Sektoren Großer Nutzen bei relativ geringen Kosten (Low-Regret) Keine negativen Effekt auf Anpassung Spezifische Kriterien für Anpassungsmaßnahmen ■ Wichtigkeit der Maßnahme (Beitrag zur ■ Dringlichkeit der Maßnahmen (wenn Reduzierung der Vulnerabilität oder von Risiken) Aufschieben der Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt langlebiger Infrastruktur) gewisse Möglichkeiten verschließen oder viel höhere Kosten verursachen würde; z.B. bei ■ Verbesserung der Resilienz ■ Nutzen von positiven Chancen des Klimawandels ■ Großer Nutzen bei relativ geringen Kosten (Low-Regret) ■ Zusätzlicher Nutzen für andere Bereiche/Sektoren bzw. umweltpolitischen und/oder wirtschaftlichen Nutzen (Synergieeffekte, No-Regret) ■ Keine negativen Effekt auf Klimaschutz Bewertungsschema: Klimaschutz- bzw. Anpassungsmaßnahmen wurden anhand dieser spezifischen Kriterien evaluiert. Dabei erfolgt die Einschätzung nach einem 5-skaligen Punktesystem (sehr positiv +2; positiv +1; neutral bzw. nicht relevant 0; negativ -1; sehr negativ -2) 69 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 7.2 Good-Practise Beispiele - Fokus Klimaschutz Hotels/Unterkunft Klimaneutrales Hotel Kristiania WO? Lech am Arlberg, Tirol WER? Hotel WAS? Energie, Mobilität SEIT WANN? KONTAKT Gertrud Schneider WEITERE INFOS www.kristiania.at KURZBESCHREIBUNG Eine intakte Umwelt liegt dem Hotel Kristiania am Herzen: Das direkt im Herzen der Arlberger Skiwelt gelegene Hotel hat sich dazu entschlossen, aktiv Verantwortung im Klimaschutz zu übernehmen. Um gezielte Maßnahmen ergreifen zu können, lässt sich das Hotel eine individuelle Bilanz über den CO2-Ausstoß des Hotelbetriebs erstellen. Bei der Berechnung aller CO2-Emissionen, die durch den Hotelbetrieb entstehen, werden unter anderem der Energie- und Wasserverbrauch, die Mobilität der MitarbeiterInnen, Lebensmittel und Getränke und deren Transporte, der Papierverbrauch des Hotels und weitere Faktoren berücksichtigt. Aus der Emissionsübersicht geht hervor, an welchen Punkten angesetzt werden sollte, um den Emissionsausstoß des Hotels zu minimieren. Emissionen, die nicht reduziert werden können, werden durch das Instrument der Klimaneutralität ausgeglichen: In Höhe des Emissionsausstoßes werden Emissionsminderungszertifikate gekauft und dadurch Klimaschutzprojekte (z.B. fördern von erneuerbaren Energien) ermöglicht. Auch die Gäste des Hotels Kristiania haben die Möglichkeit, mittels eines Rechners den CO2-Fußabdruck, der durch die Anreise, Übernachtung und den Aufenthalt entsteht, zu berechnen und diesen durch den Kauf von Zertifikaten auszugleichen. Boutiquehotel Stadthalle Wien WO? Wien WER? Hotel WAS? Energie, Wasser, Mobilität SEIT WANN? 2002 KONTAKT Michaela Reitterer WEITERE INFOS www.hotelstadthalle.at KURZBESCHREIBUNG Im Boutiquehotel Stadthalle Wien ist alles ein bisschen anders: 160m² Solaranlage, 84m² Photovoltaikanlage, einer Wasser-Wärmepumpe und 3 Windrädern erzeugen die Energie, die für den Betrieb des Hotels benötigt (z.B. Heizung, Lüftung) wird. Der neue Zubau weist mittels Grundwasserwärmepumpe, Photovoltaikanlage, Solaranlage und drei Windrädern sogar eine Null-Energie-Bilanz auf! Um dies zu erreichen, sind die 38 Zimmer im Passivhaus zusätzlich nur mit LED- und Sparlampen ausgestattet. Aber auch das Trinkwasser ist ein kostbarer Schatz für das Stadthotel und wird sorgsam eingesetzt: So wird das Regenwasser gesammelt und für die Toilettenspülungen und Bewässerung der Grün Oase im Innengarten verwendet. Die Gäste des Hotels haben zusätzlich die Möglichkeit, die Stadt und Umgebung klimaneutral mittels Hoteleigenen E-Bikes zu erkunden. All das Engagement des Hotels verdient hohe Auszeichnungen: Neben dem EU-Umweltzeichen, dem Green 70 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Brands Zertifikat und weiteren Auszeichnungen wurde das Boutiquehotel Stadthalle Wien auch als „Klimabündnis-Betrieb“ und klima.aktiv Partner aufgenommen. VILA VITA Pannonia WO? Pamhagen, Burgenland WER? Hotel WAS? Energie SEIT WANN? 2006 KONTAKT Bert Jandl WEITERE INFOS http://www.vilavitahotels.com KURZBESCHREIBUNG Allein die Lage am Rande des Nationalparks Neusiedler See / Seewinkel setzt schon ein besonderes Verständnis für den Umweltschutz voraus. Das 200 Hektar große Naturparadies des VILA VITA Pannonia Hotels liegt mitten im UNESCO Welterbe-Gebiet Fertö - Neusiedler See. Um auch langfristig ein Anziehungspunkt für die Gäste zu bleiben, engagiert es sich daher aktiv im Umweltschutz. Das 2010 eröffnete „dynamo-Energiezentrum“, ein ökotouristische Zentrum für erneuerbare Energien mit Biomasse-Heizwerk, Fotovoltaikanlage und zusätzlichen Sonnenkollektoren, wird zukünftig 85% des thermischen Energiebedarfs der Hotelanlage decken. Bei der Planung der Heizanlage spielte neben der erwünschten CO2-Reduktion ein zweiter Umstand eine entscheidende Rolle: der mehr als 140 Hektar große Waldbestand, der zum Areal gehört, liefert den Großteil der benötigten Hackschnitzel! Durch all die Maßnahmen und weiteren – wie dem 25 Meter hohen Aussichtturm - verfügt VILA VITA über innovative und ökologisch wertvolle neue Attraktionen. Heinrich-Kiener-Haus WO? Hochgründeck, Salzburg WER? Schutzhütte WAS? Energie, Wasser SEIT WANN? 1980 KONTAKT Hermann Hinterhölzl WEITERE INFOS http://www.hochgruendeck.at/ KURZBESCHREIBUNG Bereits seit Jahrzehnten zählt das Heinrich Kiener Haus, gelegen auf dem 1.800 m hohen Hochgründeck in Salzburg, zu den ökologischsten Häusern in den Alpen. Das komplett aus Holz errichtete Haus ist energieautonom: der Strom wird mittels Solaranlage, Fotovoltaikanlage und Windkraftwerk gewonnen und in Batterien gespeichert, sodass selbst Schlechtwetterzeiten die Stromversorgung nicht beeinträchtigen. Das Trinkwasser wird mit Hilfe einer solarbetriebenen Wasserpumpe 100 Höhenmeter in ein Hochbassin gepumpt. Außerdem entwickelte der Wirt eine „Grauwasseranlage", in der die Abwässer aus Küche und Waschraum in sieben Stufen gereinigt werden. Beim Klimabündnis-Betrieb stehen Bio- und Fairtrade-Produkte auf der Speisekarte. Was in der Region zu bekommen ist, wie Fleisch, Milchprodukte, Brot, bezieht der Hüttenwirt auch von den LandwirtInnen der unmittelbaren Umgebung. Neben der gesicherten Qualität ist der kurze Weg für die Beschaffung auch ein klarer Beitrag zum Klimaschutz. 71 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Linkbox: Leitfaden Link: Energiemanagement in der Hotellerie und Gastronomie Energiemonitor Link Hotel der Zukunft Link Österreichische Umweltzeichen für Tourismusbetriebe Link Solarwärme für Hotels Link (inklusive vorbildliche Anlagen) Regionen Almenland Steiermark WO? Naturpark Almenland, Steiermark WER? Region WAS? Energie, Mobilität SEIT WANN? 1995 KONTAKT Jakob Wild (GF Leader Verein) WEITERE INFOS http://www.almenland.at/ KURZBESCHREIBUNG Der Naturpark Almenland besteht aus 12 Gemeinden, die sich gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, bis zum Jahr 2020 CO2-neutral zu werden. Um dies zu erreichen, sollen umfassende Maßnahmen in den Bereichen Energie, Mobilität und Kaufverhalten umgesetzt werden. Dies sind u.a. energiesparende Maßnahmen der Wirtschaft (z.B. regionale Gewerbebetriebe Einbau 100% erneuerbare Energie, Almenland Haus), neue Technologien und innovative Energieprojekte (z.B. CO2 neutrale sanfte Mobilität im Naturpark, Kleinwasserkraftwerke), Almenland Photovoltaik (z.B. 500 Dächer Programm in 12 Almenland-Gemeinden), usw. Auch durch die Partnerschaft der Region Almenland mit dem Verbund sollen möglichst viele Projekte in den Bereichen ÖKO-Stromerzeugung, Heizen, Mobilität usw. umgesetzt werden. Alpine Pearls WO? Österreichische Alpen WER? Region WAS? Mobilität SEIT WANN? 2006 KONTAKT Karmen Mentil WEITERE INFOS http://www.alpine-pearls.com/ KURZBESCHREIBUNG Alpine Pearls ist das Netzwerk von 27 außergewöhnlichen Urlaubsorten in den Alpen mit höchstem Anspruch an umweltfreundliche, bewusste und stressfreie Erholung. Alle Alpine Pearls verbindet ein klares Motto: Urlaub vom Auto! So ermöglichen die Perlen allen Gästen die Möglichkeit der autofreien An- und Abreise sowie der einfachen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel vor Ort. Als erste touristische Kooperation bieten die Alpine Pearls durch ihre vielen umweltfreundlichen Angebote rund um die Sanfte Mobilität auch klimaneutrale Ferien an. Im Österreichischen Anteil der Alpen liegen vier Perlen: Hinterstoder (OÖ), Mallnitz (K), Neukirchen (Sbg.) und Werfenweng (Sbg.). 72 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Schladming-Dachstein WO? WER? Schladming-Dachstein, Ramsau und Filzmoos, Steiermark Region WAS? Mobilität SEIT WANN? 2011 KONTAKT Hermann Gruber WEITERE INFOS Link KURZBESCHREIBUNG Die abwechslungsreichen Landschaften zwischen dem Hohen Dachstein und den Schladminger-Tauern sorgen für Bewegung – ein Paradies für Aktivurlauber. Seit kurzem kann die Region Schladming-Dachstein, Ramsau und Filzmoos neu bereist werden: mittels E-Bike. Dafür wurde ein 200 Kilometer langes und 5.000 Höhenmeter umfassendes Radwegenetz angelegt, der einen herrlichen Ausblick auf eine prächtige Bergkulisse garantiert. In der Urlaubsregion wurden dafür insgesamt acht Verleih- sowie 22 extra Akkuwechselstationen errichtet, in denen die Radler überall die gleichen Räder vorfinden. Ein Flyer mit Vorschlägen für Touren sowie der Lage der Verleihund Akkustationen ist im Internet verfügbar. Anbieter Nationalparkregion Hohe Tauern Kärnten WO? WER? Großkirchheim, Heiligenblut, Mallnitz, Malta, Mörtschach, Obervellach, Winklern, Kärnten Region WAS? Mobilität SEIT WANN? 2010 KONTAKT Andreas Kleinwächter WEITERE INFOS Link KURZBESCHREIBUNG In der Nationalpark-Region Hohe Tauern in Kärnten können Gäste ihren Urlaub mit ruhigem Gewissen erleben: ein sensationelles Wanderbus-Service im Rahmen des klima:aktiv-Programmes erspart dem Nationalpark-Klima mehr als 3.000 Tonnen CO2 pro Jahr! Den BesucherInnen steht dadurch ein Wanderbus-Service zur Verfügung, der in 13 Gemeinden angeboten wird und 30 Wander- und Ausflugsziele erschließt. Für die innerregionale Mobilität steht eine Mobilitäts-Service-Zentrale den Gästen zur Verfügung. Die bestehende NationalparkKärnten Card deckt auch den Preis für die innerörtliche Mobilität. 2011 nahmen bereits über 23.000 Fahrgäste das Angebot des Wanderbusses an. Um eine autofreie Anreise in die Region zu ermöglichen, wurden zusätzlich vergünstigte Shuttledienste von den wichtigsten regionalen Bahnhöfen eingerichtet. 73 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Ski-Audit für Seilbahnen – Auszeichnung pro natura-pro ski Award WO? WER? Lech am Arlberg, Vorarlberg, Kitzsteinhorn, Salzburg Seilbahnen WAS? Energie, Wasser SEIT WANN? 2009 & 2011 KONTAKT Michael Manhart, Alexandra Jiricka WEITERE INFOS www.skiaudit.info KURZBESCHREIBUNG Bereits seit vielen Jahren werden die Skilifte Lech nach umweltrelevanten Kriterien (wie z.B. EMAS, ISO) evaluiert. Die regelmäßig erfolgenden Wiederholungsaudits bewirken ständiges Auseinandersetzen mit Umweltthemen im Seilbahn und Pistenbereich, bei Betrieb, Planung und flankierenden Bereichen, wie Renaturierung, Beschneiung, Kapazitätsüberlegungen, Entsorgung, Umgang mit dem Gast etc. Diese Bemühungen wurde durch die Verleihung des pro natura-pro Ski AWARD09 anlässlich der Alpenkonferenz 2009 in Evian / Frankreich belohnt. Mit diesem Preis möchte die Stiftung jenen Betrieben zur mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verhelfen, die sich konsequent zu einer Beachtung der Anliegen von Natur, Landschaft und Umwelt entschlossen haben. In den letzten Jahren wurden weitere engagierte Betriebe mit dem pro natura-pro ski Award ausgezeichnet, wie z.B. 2011 das Kitzsteinhorn oder das Schnalstal (Südtirol). Carbon-Foot-Print für Seilbahnbetriebe WO? WER? Lech am Arlberg, Vorarlberg Seilbahnen in Kooperation mit Universität WAS? Energie, CO2-Bilanz SEIT WANN? 2012 KONTAKT Alexandra Jiricka, Michael Manhart WEITERE INFOS www.skiaudit.info KURZBESCHREIBUNG An Hand eines Pilot-Projektes im Skigebiet Lech am Arlberg wurde versucht ein passender Ansatz zu finden, der Aussagekraft und Transparenz eines Carbon-Food-Prints für die Seilbahnbranche bietet und dabei möglichst (kosten-)effizient bleibt. Das Projekt wurde von der Universität für Bodenkultur gemeinsam mit der OITAF (Internationaler Verband der Seilbahnen) initiiert und vom Umweltbundesamt in Wien (Abteilung Verkehr und Lärm) in der Berechnung der CO2-Äquivalente unterstützt. Die Bilanzierung der CO2- Emissionen in einem komplexen Betrieb wie den Skiliften Lech erfolgte dabei unter Einsatz eines computerbasierten Modelles. Das vom Umweltbundesamt für Österreich adaptierte Modell GEMIS – Österreich (Gesamt Emissions Modell Integrierter Systeme) ermöglicht es, die Umweltauswirkungen unterschiedlicher Systeme zu berechnen und miteinander vergleichbar zu machen. In die Berechnung der CO2Äquivalente (emittierte Menge CO2) fließen alle wesentlichen Prozesse, wie zum Bespiel die Rohstoffgewinnung, Primärenergieerzeugung, Emissionen des Transportes und so weiter ein. Dies führt zu einem aussagekräftigen Ergebnis, da neben den entstehenden Emissionen vor Ort auch vorgelagerte Prozesse in der Bilanzierung berücksichtigt werden. 74 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Energy-Camp WO? WER? Naturparkgemeinde Moschendorf, Burgenland Region in Kooperation mit Universität WAS? Energie SEIT WANN? 2011 KONTAKT Alexandra Jiricka WEITERE INFOS http://www.energy-camp.at/de/ KURZBESCHREIBUNG „Wir versorgen uns selbst mit Energie“ lautet das Motto für die TeilnehmerInnen des innovativen Energy-Camps. Im Naturpark Weinidylle wird spielerisch vermittelt, wie einfach es sein kann die benötigte Energie selbst zu produzieren oder die Energie der Sonne dazu zu nutzen. So wird z.B. in Solarzelten übernachtet, deren Solarpaneele am Dach Sonnenenergie sammeln, die am Abend wiederum für die Beleuchtung des Camps sorgt. Wasser für das Frühstück erwärmen sich durch die am Abend zuvor in Stellung gebrachten Solarkocher. Das e‐bike soll untere anderen dazu dienen, um die Verpflegung von umliegenden Höfen oder Märkten ins Camp zu bringen. Die TeilnehmerInnen bestimmen selbst wer, was, wann und vor allem wie machen soll und werden so spielerisch auf das Thema Energie sensibilisiert. Diese Energy-Camps stehen in der Schulzeit ausschließlich Schulklassen zur Verfügung; in den Ferien finden Ferien- und Familiencamps statt. 7.3 Good-Practise Beispiele - Fokus Anpassung Wasser in der Stadt WO? Wien WER? Stadt Wien WAS? Anpassung an Hitze SEIT WANN? - KONTAKT Christiane Brandenburg WEITERE INFOS Link KURZBESCHREIBUNG Die Verstärkung des Wärmeinseleffekts durch den Klimawandel in Städten beeinflusst die Stadtbevölkerung und auch den Städtetourismus. Maßnahmen im Bereich der Tourismus-Architektur (z.B. Dach- und Fassadenbegrünung, helle Baumaterialien), Maßnahmen in der Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung (z.B. Freihaltung von Grünzügen und Frischluftschneisen, Einsatz von Verdunstungskühlung durch bewegtes Wasser), infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. Trinkbrunnen, beschattete Sitzgelegenheiten) sowie organisatorische Maßnahmen (z.B. Hitzewarnsysteme, Öffnen von „Abkühlungsorten“) können zur Anpassung beitragen. Die gute Qualität des Wassers ist eine große Stärke österreichischer Städte und durch die Betonung dieser Besonderheit kann das Bild einer kühlen Stadt in einem heißen Sommer transportiert und als „Unique Selling Proposition“ vermarktet 75 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Grünes Netz Graz WO? Graz, Steiermark WER? Stadt Graz WAS? Anpassung an Hitze SEIT WANN? 2007 KONTAKT Magistrat Graz WEITERE INFOS Link KURZBESCHREIBUNG Mit einer Länge von über 560 km erstreckt sich das Grüne Netz Graz über das gesamte Stadtgebiet. Die Hauptaufgabe des Grünen Netzes Graz ist die Vernetzung bestehender Grün- und Freiflächen durch verbindende Wege und Grünelemente. Es ist eine wesentliche Maßnahme für die Erhaltung und den Ausbau der Lebensqualität in der Stadt Graz. Durch die Vernetzung von bestehenden Grün- und Freiflächen wird auch die stadtklimatische Situation verbessert. Dies ist umso bedeutender, da die Klimawandel-bedingte Zunahme von Hitzetagen in dichtbebauten Gebieten besonders bemerkbar sein wird. Ein Netz aus Grünflächen ermöglicht, dass die „Erholungsfunktion" bereits vor der Haustür beginnt. 76 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Literaturverzeichnis Abegg, B. (2011): Tourismus im Klimawandel. Ein Hintergrundbericht der CIPRA. Compact Nr. 01/2011 Abermann, M., Kuhn, A. et al. (2011): Glaciers and climate change in Austria – what can we learn from 900 well studied glaciers? 12. Österreichischer Klimatag 21. u. 22. Sept. 2011, Tagungsband, S. V 34 Allex, B.; Liebl, U.; Brandenburg, C; Gerersdorfer, T. Czachs, C. (2011): „Hot town, summer in the city“ - Die Auswirkungen von Hitzetagen auf das Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von StädtetouristInnen – dargestellt am Beispiel Wiens. Endbericht von Start-Clim2010.F. In: StartClim2010: Anpassung an den Klimawandel: Weitere Beiträge zur Erstellung einer Anpassungsstrategie für Österreich, Auftraggeber: BMLFUW, BMWF, BMWFJ, ÖBF Arbeitsgemeinschaft Ecoplan/Sigmaplan (2007): Auswirkungen der Klimaänderung auf die Schweizer Volkswirtschaft (nationale Einflüsse), Bern Bieger, Th. u. Laesser Ch. (2010): Tourismustrends – zwischen Nachfragesog und Angebotsdruck. Schweizer Jahrbuch für Tourismus 2009, S. 13-34 Born, K. (2010): Nachfragetrends im Wintertourismus. D-A-CH Seilbahntagung 2010, Interlaken Bosshart, D. und Frick, K. (Gottlieb Duttweiler Institut) (2006): Die Zukunft des Ferienreisens – Trendstudie. Im Auftrag von Kuoni, Zürich Brandenburg, Ch. Allex, B., Liebl, U., Chachs, Ch. U. Gerersdorfer, Th. (2011): „Hot town, summer in the city“ Die Auswirkungen von Hitzetagen auf das Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von StädtetouristInnen – dargestellt am Beispiel Wiens. StartClim2010. F Büro für Technikfolgeabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) (2006): Zukunftstrends im Tourismus. Drucksache 16/478, Berlin De Voldere, I. et al (2009): Study on the Competitiveness of the EU tourism industry. Final Report, Brüssel Dokulil, M. T. (2009): Abschätzung der klimabedingten Temperaturänderungen bis zum Jahr 2050 während der Badesaison. Studie i. A. d. Österreichischen Bundesforste Ehmer, Ph. und Heymann, E. (2008): Klimawandel und Tourismus: Wohin geht die Reise? Deutsche Bank Research; Aktuelle Themen 416, Frankfurt am Main Europäische Kommission (2007): Grünbuch der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen. Anpassung an den Klimawandel – Optionen für Maßnahmen; SEK (2007) 849 Europäische Kommission (2009): Weißbuch. Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen. 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Die drei A1-Gruppen unterscheiden sich in ihrer technologischen Hauptstossrichtung: fossil-intensiv (A1F1), nichtfossile Energiequellen (A1T) oder eine ausgewogene Nutzung aller Quellen (A1B) (wobei ausgewogene Nutzung definiert ist als eine nicht allzu große Abhängigkeit von einer bestimmten Energiequelle und durch Annahme eines ähnlichen Verbesserungspotentials für alle Energieversorgungs- und -verbrauchstechnologien). A2. Die A2-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sehr heterogene Welt. Das Grundthema ist Autarkie und Bewahrung lokaler Identitäten. Regionale Fruchtbarkeitsmuster konvergieren nur sehr langsam, was eine stetig zunehmende Bevölkerung zur Folge hat. Die wirtschaftliche Entwicklung ist vorwiegend regional orientiert und das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum und technologische Veränderungen sind bruchstückhafter und langsamer als in anderen Modellgeschichten. B1. Die B1-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sich näher kommende Welt, mit der gleichen, Mitte des 21. Jahrhunderts kulminierenden und danach rückläufigen Weltbevölkerung wie in der A1Modellgeschichte, jedoch mit raschen Änderungen der wirtschaftlichen Strukturen in Richtung einer Dienstleistungs- und Informationswirtschaft, bei gleichzeitigen Rückgang des Materialverbrauchs und Einführung von sauberen und ressourcen-effizienten Technologien. Das Schwergewicht liegt auf globalen Lösungen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Nachhaltigkeit, einschließlich erhöhter sozialer Gerechtigkeit, aber ohne zusätzliche Klimainitiativen. 81 ITR – BOKU-Met Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030 Auswirkungen, Chancen & Risiken, Optionen & Strategien Studien-Langfassung Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft 1010 Wien | Stubenring 1 | www.bmwfw.gv.at www.bmwfw.gv.at