Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030

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Klimawandel und Tourismus
in Österreich 2030
Auswirkungen, Chancen & Risiken,
Optionen & Strategien
Studien-Langfassung
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
1010 Wien | Stubenring 1 | www.bmwfw.gv.at
www.bmwfw.gv.at
IMPRESSUM
Auftraggeber:
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW),
Sektion Tourismus und Historische Objekte, Tourismus-Servicestelle (Abteilung II/3)
Projektkoordination:
Dr. Monika Wallergraber, Tourismus-Servicestelle, BMWFW
Auftragnehmer:
Dr. Volker Fleischhacker, Institut für touristische Raumplanung-ITR, Tulln an der Donau (Projektleitung)
Unter Mitarbeit:
Mag. Dr. Herbert Formayer und DI Thomas Gerersdorfer,
Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Meteorologie und Zentrum für Globalen
Wandel und Nachhaltigkeit – BOKU-Met,
DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH (Ausarbeitung der Good-Practise-Beispiele)
Begleitgruppe: Mag. Maria Aigner, WKÖ-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft
Mag. Tobias Gamper, BMWFW, II/1
Mag. Rainer Jelinek, Oberösterreich Tourismus
Dr. Dagmar Lund-Durlacher, Modul University
Dr. Thomas Mayr, BMWFW, II/2
Michaela Reitterer, Österreichische Hoteliervereinigung
Dr. Robert Steiger, alpS gmbh
Heidi Tscharf, Österreich Werbung
Dr. Monika Wallergraber, BMWFW, II/3
DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH, Moderation
Layout:
Jacqueline Fritsche, Tourismus-Servicestelle, BMWFW
Titelbild:
© Österreich Werbung/Weinhaeupl W.,
Großglockner (3 797 m), Aussicht von der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe
Nachdruck:
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), März 2015
KLIMAWANDEL UND TOURISMUS IN ÖSTERREICH 2030
Auswirkungen
Chancen & Risiken
Optionen & Strategien
Institut für touristische Raumplanung – ITR
Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Meteorologie und Zentrum für Globalen Wandel und
Nachhaltigkeit
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Bearbeitung:
Dr. Volker Fleischhacker, Institut für touristische Raumplanung – ITR (Projektleitung)
Unter Mitarbeit der Projekt-Kooperation „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“
Mag. Dr. Herbert Formayer und DI Thomas Gerersdorfer, Universität für Bodenkultur Wien, Institut
für Meteorologie und Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit – BOKU-Met,
DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH (Ausarbeitung der Good-Practise Beispiele)
Begleitgruppe: Mag. Maria Aigner, WKÖ-Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft
Mag. Tobias Gamper, BMWFJ, III/1
Mag. Rainer Jelinek, Oberösterreich Tourismus
Dr. Dagmar Lund-Durlacher, Modul University
Dr. Thomas Mayr, BMWFJ, III/2
Michaela Reitterer, Österreichische Hoteliervereinigung
Dr. Robert Steiger, alpS gmbh
Heidi Tscharf, Österreich Werbung
Dr. Monika Wallergraber, BMWFJ, III/3
DI Andrea Prutsch, Umweltbundesamt GmbH, Moderation
Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), Sektion Tourismus und
Historische Objekte, Abteilung III/3
Hersteller:
Institut für touristische Raumplanung - ITR: Dr. Volker Fleischhacker.
Büro: A-3430 Tulln an der Donau, Feldgasse 32, Tel.: +43 / 2272 / 64005
E-Mail: [email protected]
Tulln an der Donau, November 2012
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Inhalt
Zusammenfassung………………………………………………………………………………………………..4
Einleitung………………………………………………………………………………………………………….13
Zielsetzung ……………………………………………………………………………………………………….13
MODUL I – Grundlagen
1. Das Klima ändert sich………………………………………………………………………………………..15
1.1 Ausgangslage – Weltweit/Europa……………………………………………………………………..15
1.2 Ausgangslage – Alpenraum/Österreich……………………………………………………………...17
1.3 Naturräumliche Konsequenzen – Bedrohungen bzw. Veränderungen im
Erlebnisraum der Touristen …………………………………………………………....................22
2. Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den Klimawandel……………………………………..25
2.1 Wintersporttourismus……………………………………………………………………………………25
2.1.1 Höhenlage der Schigebiete in Österreich ………………………………………………………..25
2.1.2 Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete……………………………………………...........26
2.1.3 Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07 ………………….31
2.1.4 Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs……………………………33
2.1.5 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter…………………………………………..36
2.2 Sommertourismus………………………………………………………………………………………..37
2.2.1 Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotential…………...........37
2.2.2 Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus………………..38
2.2.3 Zukünftiges Gefährdungspotenzial für den Alpintourismus……………………………………40
2.2.4 Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus……….....................42
2.2.5 Hot Summer in the City……………………………………………………………………………..42
2.2.6 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer………………………………………..43
3. Herausforderungen und Trends der Zukunft………………………….............................................44
3.1 Reiseverhalten, Gästebedürfnisse……………………………………………………………………44
3.2 Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung……………………………………………..........47
MODUL II – Chancen & Risiken, Optionen & Strategien
4. Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente…………………………………………54
5. Anpassungsoptionen/-strategien……………………………………………………...........................61
5.1 Handlungsfelder und Kernstrategien………………………………………………………….........61
5.2 Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus…………………………….61
6. Verminderungsstrategien………………………………………………………………..........................66
6.1 Kernstrategien……………………………………………………………………………………………66
6.2 Einschätzungen der Wichtigkeit von Verminderungsstrategien/-maßnahmen………………66
7. Good-Practise Beispiele/Maßnahmen zu Klimaschutz und Anpassung……………………………69
7.1 Kriterienkatalog für die Auswahl von Good-Practise Beispielen im Tourismus………………69
7.2 Good-Practise Beispiele – Fokus Klimaschutz………………………………………………………70
7.3 Good-Practise Beispiele – Fokus Anpassung……………………………………………………….75
Literaturverzeichnis…………………………………………………………………………….……………….77
Anhang…………………………………………………………………………………………………………….81
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Zusammenfassung
Die Studie „Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030“ befasst sich mit den Auswirkungen des
Klimawandels auf den Österreichischen Tourismus und den möglichen Anpassungsoptionen. Im folgendem
Bericht werden erstmals in systematischer, kurzer und prägnanter Form die wichtigsten und aktuellsten
wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Thematik zusammengestellt bzw. aufbereitet. Den touristischen
Partnern und Leistungsträgern in Österreich – von der betrieblichen, regionalen bis zur nationalen Ebene – soll
eine fundierte bzw. praxisnahe zukunftsgerichtete Unterlage zur Verfügung gestellt werden.
■ Das Klima ändert sich
■ Die aktuellsten Klimaszenarien
Alle Globalen Klimamodelle zeigen einen Temperaturanstieg im 21. Jahrhundert der proportional zu den vom
Menschen ausgestoßenen Treibhausgasen erfolgt. Die Differenzierung zwischen den verschiedenen
Emissionsszenarien - also das Wirken des unterschiedlichen Verhaltens der Menschen – erfolgt jedoch
großteils erst in der zweiten Hälfe des Jahrhunderts. Dies bedeutet, dass die klimatischen Veränderungen der
nächsten zwei bis drei Dekaden nicht mehr verhindert werden können. Eine systematische
Auseinandersetzung mit den möglichen Folgen dieser klimatischen Veränderungen in den jeweiligen
Regionen und Wirtschaftssektoren ist daher ein Gebot der Stunde.
■ Die künftige klimatische Situation im Alpenraum bzw. in Österreich
Im Alpenraum muss man von einem weiteren Temperaturanstieg von etwa 1 bis 2 Grad bis zur Mitte des
Jahrhunderts ausgehen. Die weitere Entwicklung ist vom menschlichen Verhalten abhängig und Werte von
unter 3 bis hin zu 6 oder gar 7 Grad Erwärmung sind möglich. Die Aussagen bezüglich des Niederschlags
sind wesentlich weniger belastbar als jene für die Temperatur, da größere Unterschiede zwischen den
verschiedenen Modellen und Emissionsszenarien bestehen. Generell zeichnet sich aber ab, dass signifikante
Veränderungen
im
Niederschlag
erst
in
der
zweiten
Jahrhunderthälfte
auftreten.
Die
Jahresniederschlagsmengen dürften in etwa konstant bleiben, jedoch die Niederschläge im Sommerhalbjahr
ab- und im Winterhalbjahr zunehmen. Im Sommerhalbjahr sind auch häufiger stabile Schönwetterperioden zu
erwarten und generell wird die Niederschlagsintensität zunehmen.
■ Naturräumliche Konsequenzen - Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der
Touristen
Aus den Klimaszenarien können folgende Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen
skizziert werden:
Landschaft: Der Klimawandel führt u. a. zu einer Verschiebung der Vegetationszonen, zu einer
Veränderung der Artenzusammensetzung und wahrscheinlich auch zu einer Verringerung der Artenvielfalt.
Geänderte Landnutzungen führen zur Veränderung des Landschaftsbildes. Extensivierungen, wie etwa das
Auflassen von Almen, führen zu einer fortschreitenden Verwaldung,
Gletscher: Der Rückzug der Gletscher wird sich fortsetzen, damit wird sich auch das alpine Landschaftsbild,
das in Österreich von über 900 Gletschern in einer Höhenlage zwischen 2 100 m und 3 800 m stark geprägt
wird, wesentlich verändern (Attraktionsverlust, „leuchtende“ Firne müssen freigelegten Schuttarealen
weichen).
Permafrost: Mit einer Erhöhung der Permafrostgrenze infolge des Klimawandels ist zu rechnen, wobei die
Erhöhung der Permafrostgrenze parallel mit der Erhöhung der Lufttemperatur laufen könnte. Durch das Tauen
von Permafrost in hochalpinen Regionen ist mit ansteigenden Sturzprozessen zu rechnen (massiv erhöhte
Steinschlag-/Felssturzgefahr), was sich besonders auf alpine Wanderwege und Klettersteige negativ
auswirken kann.
Extremereignisse: Temperatur Extrema oder extreme Wetterereignisse können Steinschlag und Felsstürze
auslösen, Starkniederschläge können vermehrt zu Hochwasser und Muren Abgängen bzw. gefährlichen
Hangbewegungen und im Winter vermehrt zu Lawinenabgängen führen,
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Niederschlag/Wettersicherheit:
Während der Sommermonate ist mit einer Abnahme der
Niederschlagshäufigkeit zu rechnen und die Häufigkeit von „Schönwetterperioden“ wird zunehmen. Die
größere „Wettersicherheit“ fördert damit die Planbarkeit und die zur Verfügung stehende Zeit für
naturkonsumierende Aktivitäten, sogenannte „Outdoor-Aktivitäten“ der Sommergäste.
Hitzeperioden: Mit dem Anstieg der Temperaturen ist mit einem häufigeren Auftreten von Hitzetagen und
längeren Hitzeperioden zu rechnen. Besonders höher gelegen alpine Bereiche mit dem angenehmen „kühlen“
Klima in heißen Sommern und der Seentourismus werden profitieren.
Wassertemperaturen in Seen und Flüssen: Die oberflächennahen Wassertemperaturen werden
steigen – im Sommer wesentlich stärker als im Winter - und dadurch länger „badetaugliche“ Temperaturen
erreichen.
Hochwasser: Eine generelle Aussage über die Veränderung des Hochwasserrisikos für ganz Österreich ist
nicht möglich. Natürliche Schwankungen der Hochwässer sind wesentlich größer als Änderungen aufgrund
des Klimawandels.
Niederwasser: Die Abflüsse bei Winterniederwasser werden wegen höherer Temperatur und damit
verstärkter Verdunstung deutlich erhöht, in den Sommermonate muss man deutlich früher und stärker mit
Niedrigwasserständen in den österreichischen Flüssen rechnen.
Wasserhaushalt: In Österreich ist mit keinem großräumigen Mangel an Rohwasser für die
Wasserversorgung zu rechnen. Kleinräumig könnten sich jedoch vorhandene Engpässe in Gebieten mit
ungünstigem Wasserdargebot verstärken.
Windverhältnisse und Nebel
Belastbare Aussagen bezüglich zukünftiger Windverhältnisse (Segeln, Surfen, Sturmhäufigkeit) und Nebel
sind derzeit noch nicht möglich.
■ Die Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den
Klimawandel
Wintersporttourismus
Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete
Ein regionaler Vergleich der natürlichen Schneefallgrenze der rund 230 Wintersport-Gemeinden mit der
mittleren Höhenlage der Schigebiete zeigt, dass derzeit die Schigebiete in Vorarlberg und Tirol etwa 160 bis
180 m deutlich, in Salzburg mit 55 m über einem verlässlichen Schneedeckenaufbau liegen. In den Kärntner
Wintersport-Gemeinden wird ein sicherer Schneedeckenaufbau sogar erst ab rund 1 535 m erreicht. Trotz der
überdurchschnittlich hoch gelegenen Schigebiete in Kärnten (Median 1.507 m) liegen sie knapp 30 m unter
dem gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau. Die tiefer gelegenen Wintersport-Gemeinden in der
Steiermark (1 132 m), Oberösterreich (925 m) und Niederösterreich (916 m) liegen derzeit bereits rund 110 bis
210 m unter einem verlässlichen Schneedeckenaufbau.
Im schneearmen Winter 2006/07 zeigte sich, wie sich ein warmer und teilweise trockener Winter selbst bei
derzeitigen Klimabedingungen auf den österreichischen Wintersporttourismus auswirken kann. Das Ergebnis
ist deutlich, aber nicht überraschend: Je höher die Schigebiete über der natürlichen Schneefallgrenze liegen,
umso besser schnitten diese Gemeinden in der Regel im schneearmen Winter ab. Die WintersportGemeinden, die derzeit mindestens 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegen, mussten im
Winter 2006/07 im Durchschnitt Nächtigungseinbußen von 3,3 % verzeichnen, sie waren deutlich geringer als
in den Gemeinden, die im „Übergangsbereich“ (über/unter 100 m dem gesicherten Schneedeckenaufbau)
liegen (-5,8 %). Die Gemeinden, die bereits 100 m und mehr unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen,
mussten mit -6,8 % doppelt so starke Frequenzeinbußen hinnehmen wie die schneesicheren Schigebiete.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Die Nächtigungsfrequenzen im schneearmen Winter 2006/07 beweisen auch, dass die acht
Gletscherschigebiete Österreichs einen Wettbewerbsvorteil darstellen. In den acht GletscherschigebietsStandortgemeinden wurde insgesamt zwar auch ein Nächtigungsrückgang registriert, mit -2,0 % gegenüber
dem Durchschnitt der Winter 2005/06 und 2007/08 fiel er aber deutlich geringer aus, als in den übrigen
Wintersport-Gemeinden Österreichs.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreich
Betrachtet man Szenarien für die nächsten Jahrzehnte, so ergibt sich für den Winter in Österreich ein mittlerer
Temperaturanstieg von 0,5 ° +/- 0,1 °C pro Dekade. Für den Wintersporttourismus bedeutet dies, dass bei 1
°C Erwärmung bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze um ca. 150 m in die Höhe steigt, was für die
Schigebiete bzw. Wintersport-Gemeinden Österreichs deutliche Konsequenzen hätte (vgl. Abb. 1).
+ Von den 128 Wintersport-Gemeinden, die derzeit über bzw. im Übergangsbereich der natürlichen
Schneefallgrenze liegen und in denen im Winter 2009/10 fast 31 Mio. Nächtigungen gezählt wurden,
würden bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C zwei Drittel (65,6 %) oder 84 Schigebiete noch über einen
schneesicheren Schneedeckenaufbau verfügen.
+ Die Zahl der Schigebiete, die bereits derzeit unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, würde sich
bis 2030 von heute 101 auf 145 erhöhen (+44 %).
+ Von der steigenden natürlichen Schneegrenze werden am stärksten die tiefer gelegenen Schigebiete in
Niederösterreich getroffen. Relativ stark betroffen sind auch Salzburg und Kärnten.
+ Weniger stark trifft die Klimaerwärmung den Vorarlberger und Tiroler schneeabhängigen
Wintersporttourismus sowie jenen in Oberösterreich.
Abbildung 1: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs
Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter
Die Ergebnisse einer Befragung im Jahre 2010 der österreichischen Urlaubsreisenden zeigen sehr deutlich, wie
die Wintersporturlauber auf die Zukunftsszenarien der Wissenschaft reagieren. Wenn nämlich eine Abfolge von
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
mehreren schneearmen Winter mit schlechten Schneebedingungen gegeben ist, würde eine deutliche Mehrheit
der Schi-/Schneeurlauber, insgesamt sind es 61 %, das Schifahren stark reduzieren (14 %), nur bei guter
Schneelage einen Schiurlaub (18 %) oder nur mehr Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen (19 %)
unternehmen. Jeder Zehnte würde mit dem Schifahren sogar aufhören, jeder vierte Schiurlauber würde
schneesicherere Alternativen/Gebiete aufsuchen.
Sommertourismus
Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotential
Basierend auf berechneten Klimaprojektionen nach Klimaszenarien des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in
Hamburg, könnten sich für den Zeitraum 2021 – 2050 in Österreich folgende positive Aspekte aus der TourismusKlimatologie und der Human-Biometeorologie ergeben;
+ Verlängerung der Sommervor- und –nachsaison und Zunahme der Perioden mit komfortablen thermischen
Bedingungen für Freizeit und Erholung.
Diesem aus touristischer Sicht positiven Trend stehen einige weniger günstige Faktoren entgegen, wie die
+ Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzestress, wobei die höheren Lagen über 1 000m -1 200 m
nicht betroffen sind, eine Erhöhung der Tage mit Schwüle in den Lagen unter 1000 m und eine leichte
Erhöhung der Tage mit langen Niederschlagsereignissen
Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus
Eine - auf Basis langjähriger Expertisen - durchgeführte Einschätzung der Betroffenheit der wichtigsten
Tourismussegmente im österreichischen Tourismus, ergab folgendes Ergebnis:1
+ Der Seentourismus in Österreich, der durch eine hohe Klima-/Wettersensitivität geprägt ist, kann auch
den positivsten Auswirkungen des Klimawandels rechnen.
mit
+ Generell positiv, aber mit Problemen des Klimawandels konfrontiert, sind die Auswirkungen für die
hochsensitiven Segmente Alpintourismus (Gletscherrückgang, Instabilität des Permafrostbereiches,
Abflussschwankungen der Flüsse) und für den Donautourismus (Niedrigwasserstände im
Sommer/Frühherbst) einzustufen.
+ Positive Auswirkungen sind auch für den Schutzgebiets- und Weinstraßentourismus, für die Luftkurorte
sowie für das Segment Urlaub auf dem Lande möglich, sie weisen aber nur eine mittlere Klima/Wettersensitivität auf.
+ Abgesehen von der Hitzebelastung im Hochsommer sind die Auswirkungen für den gering klima/wettersensitiven Städtetourismus vorwiegend positiv zu bewerten.
+ Für die gering sensitiven Segmente Kongress- und Kur-/Gesundheitstourismus sind die Auswirkungen der
Klimaänderung als indifferent einzustufen bzw. sie wären nur in geringem Maße betroffen.
Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus
Welche Auswirkungen die klimabedingten Wasserspiegelschwankungen des Neusiedler Sees auf das Verhalten
von Touristen haben, wurde mittels Befragungen von Urlaubern und Wochenendgästen in der Region untersucht
und erbrachte u.a. folgende Ergebnisse:2
1
2
Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006
Pröbstl, U., Jiricka, A. et. al. (2007) : See-Vision : Einfluss von klimabedingten Wasserschwankungen im Neusiedler See auf die
Wahrnehmung und das Verhalten von Besucherinnen und Besucher. StartClim 2006
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
+ Für die meisten Urlauber ist eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See nicht entscheidend, solange
noch ein ansprechendes Bild des Sees vorhanden ist. Eingeschränkte Bademöglichkeiten können durch
Pools/Bäder kompensiert werden. Für die Tages- und Wochenendbesucher sind dagegen die
Möglichkeiten, eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See durch Pools zu kompensieren, begrenzt.
+ Deutliche Einbußen ergeben sich auch im Bereich Segeln. Neben dem See ist das gehobene sportbezogene
Infrastrukturangebot (Reiten, Golf) von geringem Einfluss. Die Überlegungen, durch mehr Information zum
Steppensee die Akzeptanz von Wasserschwankungen zu erhöhen, bestätigen sich bislang nicht.
Hot Town, Summer in the City
Eine Befragung von 365 Tourist/-innen im Juli 2010 und 2011 unmittelbar nach einem Hitzetag in Wien und die im
Rahmen eines World Cafés durchgeführte Diskussion mit Fachleuten zeigen, dass vor allem in den Bereichen
Begrünung, Information von Tourist/-innen (z. B. Kennzeichnung von Trinkbrunnen und kühlen Orten in
Stadtplänen, Bereitstellung hitzeadäquater Besichtigungstips in den Gästeunterkünften und über InternetApplikationen) sowie Weiterbildung von Touristiker/-innen Handlungsbedarf gegeben ist. Ein besonderes Plus für
Wien und auch andere österreichische Städte ist der leichte Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser.
Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer
Im Rahmen einer repräsentativen Online-Befragung von über 800 österreichischen Urlaubsreisenden im Jahr
2009 wurde erstmals auch untersucht, wie Urlauber in ihrem Urlaubsverhalten reagieren, wenn es z. B. an den
Küstenzielen am Mittelmeer in den Sommermonaten zu heiß wird, Trockenheit und Wassermangel herrschen.
Die Reaktionen auf die regionalen Klima-Szenarien für den Sommer eröffnen Chancen für den österreichischen
Tourismus.3 Aus den Befragungsergebnisse geht nämlich deutlich hervor, dass bei einer Abfolge von mehreren
extrem heißen Sommer mit unattraktiven Bedingungen am Mittelmeer rund 30 % der österreichischen Strand/Badeurlauber keinen Mittelmeerurlaub mehr machen, sondern die heimischen Seen für einen Badeurlaub
nutzen würden. Weiters würde jeder sechste Strandurlauber statt eines Badeurlaubes künftig etwas anderes
unternehmen, z. B. einen Wander-/Bergurlaub.
■ Herausforderungen und Trends der Zukunft
Die österreichische Tourismuswirtschaft wird auch in Zukunft dynamisch bleiben. Verschiedene aktuelle Trends
tourismusrelevanter sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen werden aber ihre Spuren hinterlassen. Die
Tourismuswirtschaft muss sich daher auf den Wandel im Reiseverhalten und bei der Gästebedürfnisse
einstellen.
Reiseverhalten und Gästebedürfnisse
Veränderte Einstellungen zum Reisen, wie Differenzierung/Individualisierung/Multioptionalität, Spontaneität,
häufigere und kürzere Reisen, Saisonalität, Preissensibilität, billigere Reisen, steigendes Anspruchsniveau, mehr
Sicherheitsbedürfnis/-denken werden zu weiteren strukturellen Veränderungen führen. Gesucht wird eine
Vertrautheit, Wohlfühlelemente werden wichtiger, ebenso Erlebnisorientierung, Einfachheit, Authentizität,
Originalität und Ehrlichkeit. Betriebe müssen Authentisches anbieten, das gleichzeitig eine Spitzenleistung ist,
der Gast vergleicht. Der Trend zum naturnahen Tourismus bzw. zu naturbezogenen Reisen, zur
Umweltverantwortung, zum Wandern bzw. Urlaub in den Alpen, zum nachhaltigen Lebensstil, zum bewussten
Konsum- und Reiseverhalten eröffnen der Destination Österreich zusätzliche Chancen. Das Online-Suchen und Buchen bzw. das verändernde Buchungsverhalten, die Online Bewertungs-/Empfehlungsplattformen, die
Kommunikation über soziale Netzwerke führ(t)en zu Veränderungen.
Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung
Gesellschaftliche Tendenzen – Die Tourismuswirtschaft muss sich auf den demographischen Wandel
einstellen, die Reisenden werden älter, mehr ältere, weniger jüngere Menschen werden reisen, ein Rückgang der
3
Fleischhacker V., Formayer H., Seisser O., Wolf-Eberl S., Kromb-Kolb (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige
Reiseverhalten im österreichischen Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden;
Forschungsbericht im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Kinder und Jugendlichen ist fix, die Pluralisierung und Individualisierung der Gesellschaft schreitet fort, neue
Familien- und Haushaltsstrukturen werden sich nachfragesteigend auswirken, die Zunahme der Singles führt zu
vermehrten Kurz- und Cluburlauben sowie Städtereisen, die zunehmende Migration hat Auswirkungen auf die
Reisemotive. Das wachsendes Gesundheits- und Umweltbewusstsein bietet der Natur-Pur-Destination Österreich
zusätzliche Chancen. Ein Wertewandel zeichnet sich ab – ökologische, soziale und ethische Werte werden
wichtiger. In unserer Kommunikationsgesellschaft werden die Urlauber immer aufgeklärter, die Ansprüche und
Erwartungen erhöhen sich rasant. Für die touristischen Leistungsanbieter ist es von großer Bedeutung, ihr
Bewusstsein für die sich wandelnden Anforderungen zu schärfen.
Ökonomische Tendenzen – Bei der Wirtschaftsentwicklung werden eine Stagnation sowie auch ein
stagnierendes Einkommen erwartet. Der Zukunftsmarkt Tourismus wächst aber weiter. Nach der
Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO) werden die internationalen Touristenankünfte
bis zum Jahr 2030 weltweit um 3,3 Prozent pro Jahr wachsen und auf 1,81 Milliarden ansteigen, was eine 92
%ige Zunahme des Welttourismus gegenüber 2010 bedeuten würde (1,5 Mrd. im Jahr 2023).
Abbildung 2: Prognose der internationale Gästeankünfte für
das Jahr 2030
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Abbildung 3: Entwicklung der %-Anteile Österreichs an den
internationalen Ankünften weltweit, in Europa bzw. West-Europa 1990 - 2010
Folgerungen für die österreichische Tourismuswirtschaft auf Basis der globalen
UNWTO Prognose
■ Tatsache ist, dass Österreich zwar langfristig Weltmarktanteile verliert, es gewinnt aber seit 2005 in der
wichtigsten globalen Tourismusdestination in Europa, in Westeuropa sogar seit 2000, Marktanteile bei den
internationalen Gästeankünften. Österreich verfügt somit aufgrund seiner sommer- und wintertouristischen
Gesamtperformance
(breite
nachfragerechte
Produktvielfalt)
über
eine
überdurchschnittliche
Wettbewerbsfähigkeit.
■ Für Österreich kann im UNWTO Prognosezeitraum 2010 bis 2030 bei weitem nicht das globale Wachstum in
der Höhe von +92,4 % unterstellt werden, der Marktanteil Österreichs könnte sich aber in Westeuropa bis 2030
auf etwa 15 % einpendeln (Europa-Marktanteil: etwa 4,5 %). Das würde bedeuten, dass Österreich im Jahre
2030 rund 33 Mio. internationale Gäste begrüßen könnte (+50 % gegenüber 2010; absolut: +11 Mio.). Der
Weltmarktanteil läge im Jahr 2030 bei etwa 1,8 % (2010: 2,34 %), der Anteil in Europa bei 4,4 % (2010: 4,6 %)
bzw. in Westeuropa bei etwa 14,8 % (2010: 14,3 %).
Aufstrebende Märkte mit hohem Potential: Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) mit einem
jährlichen Wirtschaftswachstum von 5 bis 10 Prozent dürften sich zu sehr wichtigen touristischen Quellmärkten
entwickeln. Im Quellmarkt Deutschland ist nur mehr eine geringe Steigerung zu erwarten. Entsprechend der
demographischen Entwicklung bilden die 50 bis 65-Jährigen (Golden Ager) bis ca. 2020 und die 65 bis 75Jährigen (Senioren) von 2020 bis 2030 das stärkste Wachstums Segment mit zusammen über 4 Mio. Personen.
Auch der Binnenreisemarkt zeigt insgesamt bescheidene Wachstumsraten. In Österreich bilden die über 60Jährigen bis 2030 aber ein starkes Wachstum Segment, das sich zwischen 2009 und 2030 um 46 % oder um fast
0,9 Mio. Menschen erhöht. Diese Kunden wünschen in erster Linie Ruhe kombiniert mit Erholung und Erlebnis. In
ihrer Wunschdestination ist ein hoher Qualitätsstandard Voraussetzung. Die Preissensibilität – der Wettbewerb
wird intensiver, steigende Energiepreise schmälern das Urlaubsbudget, schneegebundener Wintertourismus
stößt an seine Wachstumsgrenzen, der alpiner Sommer besitzt Wachstumpotenzial.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Technologische Tendenzen – Durch zunehmende Motorisierung und Weiterentwicklung der Flugtechnik und
der Flughafentechnologie, durch Großraumflugzeuge entstehen Impulse für den Ferntourismus. Im
Individualverkehr wird noch auf umweltfreundliche Technologien gewartet, im Bahnbereich entstehen attraktive
Schnellverbindungen. Ob die schnellen Züge innerhalb Europas im Urlaubsreiseverkehr eine Alternative für
Flugverbindungen werden, ist offen. Die Informations- und Kommunikationstechnik-Systeme werden immer
wichtiger. Das Internet wird zum zentralen Medium für Reiseinformationen und Buchungen. Der Zugriff auf
Reiseinformationen wird immer schneller, einfacher und besser. Durchbruch durch neue Technologien und
Baumaterialien unterstützen Bauen und Sanieren.
Ökologische Tendenzen – intakte Natur wird knapp und damit wertvoller, erneuerbare Energien gewinnen an
Bedeutung, Verkehrsstaus werden chronisch, die Individualisierung der Gesellschaft wird zum ökologischen
Problem – der Druck auf die letzten natürlichen Reservate wächst weiter.
■ Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente
Für die wichtigsten spezifischen Nachfragesegmente im österreichischen Tourismus wurden folgende mögliche
Chancen und Risiken von den Begleitgruppenteilnehmern gemeinsam grob eingeschätzt:
+ Generell werden für den Sommertourismus in Österreich die Chancen insgesamt deutlich höher eingeschätzt
als für den Wintertourismus, für den die Risiken bzw. Gefahren - vor allem für den schneeabhängigen
Wintersporttourismus - als hoch bis sehr hoch eingestuft werden.
+ Die besten Chancen werden dem Seentourismus eingeräumt, aber auch für den Alpin-/Berg-, Donau- und
Schutzgebietstourismus werden die Chancen als sehr gut eingestuft. Überdurchschnittliche Chancen sind
auch für den Kur-/Gesundheits- und den Weinstraßentourismus gegeben.
+ Für den Städtetourismus werden die Klimawandel bedingten Chancen als eher bescheiden, die Risiken
dagegen als überdurchschnittlich eingeschätzt.
+ Für den wenig klimasensitiven Kongress-/Tagungstourismus werden die Chancen, aber auch die Risiken
sehr gering eingestuft.
als
■ Wichtige Anpassungsoptionen/-strategien
Der Tourismus kann sich den klimatischen Veränderungen in vielfältiger Weise anpassen. Die verschiedenen
Anpassungsoptionen/-strategien ruhen auf drei Haupt-Handlungsfeldern mit sechs Haupt-Maßnahmen.
Handlungsfeld „Angebotsentwicklung“
1. Förderung von Innovationen und Diversifikation der Forschung
2. Sicherung und Weiterentwicklung des schneegebundenen Wintersportes
Handlungsfeld „Gefahrenminimierung“
3. Verstärkung der Gefahrenabwehr durch technische Maßnahmen
4. Risikoverminderung durch organisatorische Maßnahmen
Handlungsfeld „Kommunikation“
5. Klare Positionierung und gezieltes Marketing
6. Sensibilisierung der Bevölkerung
Die detailliert aufbereiteten Anpassungsoptionen/-strategien wurden den einzelnen Nachfragesegmenten des
österreichischen Tourismus praxisnah zugeordnet, die ja von der Klimaänderung unterschiedlich stark betroffen
sind und den Handlungsbedarf dadurch unterschiedlich groß machen.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Wichtige Verminderungsstrategien
Der Tourismus ist ein wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit trägt der Tourismus rund 5 % zu den
CO2-Emissionen bei (UNWTO 2007). In der Schweiz wurden bereits Verminderungsstrategien (Mitigation) zur
Verminderung der Klimagase für touristische Partner und Leistungsträger erarbeitet, die auch für Österreich
übertragbar sind.4
Die Verminderungsstrategien wurden grob in folgende sechs Kernstrategien unterteilt, wobei insgesamt 35
konkrete Strategien angeführt sind, die von den Begleitgruppenteilnehmern einzeln von sehr wichtig bis weniger
wichtig bewertet wurden.
1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen – Energiesparen bei Transport, Infrastruktur und
Aktivitäten,
2. Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Verkehrsmanagements,
3. Umstellung auf erneuerbare Energiequellen – klimaschonend produzieren,
4. Lenkung über finanzielle Anreize – Kompensation von CO2-Emissionen,
5. Kompensation von CO2-Emissionen,
6. Sensibilisierung von Bevölkerung und Gästen - Verstärkung der Kommunikation.
■ Good-Practise-Beispiele im Tourismus zu Klimaschutz und
Anpassung
Mehr als zehn Good-Practise-Beispiele werden detaillierter beschrieben, die zum Klimaschutz und/oder zur
Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung beitragen. Sie zeigen - soweit vorhanden - die Aktivitäten aus
allen Bundesländern, wobei es für die einzelnen Betriebe/Anbieter/Regionen im Tourismus unterschiedliche
Möglichkeiten im Bereich Klimaschutz und Anpassung gibt.
4
Müller, H.R. u. Nydegger, F. (2008): 2030: Der Schweizer Tourismus im Klimawandel, Bern
12
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Einleitung
Seit rund zwei Jahrzehnten befasst sich die internationale Politik mit Maßnahmen gegen die steigende Erderwärmung. Seit
dem (Welt-)Klimagipfel 1992 ist vom „Zwei-Grad-Ziel“ die Rede5. Darunter ist zu verstehen, dass eine Erderwärmung um 2
Grad Celsius nach Ansicht der Wissenschaft eine kritische Marke ist: Steigt die Erdmitteltemperatur um mehr als 2 Grad, dann
dürften die Folgen des Klimawandels für Mensch und Umwelt kaum beherrschbar werden. Als Vergleichsbasis gilt dabei das
„natürliche“ Klima, also die Welt vor Beginn der industriellen Revolution.
Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels (internationale Ziele / Verpflichtungen / Vereinbarungen /
Protokolle zur globalen Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen gegenüber dem Basisjahr 1990) und
Anpassungsstrategien für die vom Klimawandel bedrohten Länder sind daher in den vergangenen Jahren zu
Tätigkeitsschwerpunkten bzw. zu einem der dynamischsten Politikfelder sowohl bei den Vereinten Nationen
(UN)6, der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO)7, der Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)8.
Die Europäischen Union (EU)9 erkannte ebenfalls die Notwendigkeit der Anpassung an klimawandelbedingten
Folgen und errichtete 2005 eine Arbeitsgruppe (Working Group II „Impacts and Adaptation“) im Rahmen des
Europäischen Klimaschutzprogramms. Das Grünbuch der Europäischen Kommission zur Anpassung an den
Klimawandel in Europa (2007) liefert erste Grundlagen für Anpassungsinitiativen auf EU-Ebene. Ein Weißbuch
zur Anpassung an den Klimawandel (2009) gibt einen Aktionsrahmen vor, innerhalb dessen sich die Europäische
Union und ihre Mitgliedsstaaten auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten sollen. Seit 2010 gibt es bei der EU
eine eigene „Directorate-General for Climate Aktion“ („DG CLIMA“).
Einige europäische Länder arbeiten derzeit an der Erstellung von nationalen Strategien zur Anpassung an das
veränderte Klima (z.B. Deutschland, Frankreich) oder haben diese bereits verabschiedet (z.B. Finnland,
Niederlande). In Österreich wurde der Prozess zur Entwicklung einer nationalen Strategie zur Anpassung an den
Klimawandel im Jahre 2007 gestartet.
Zielsetzung
Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, Sektion Tourismus und Historische Objekte,
(BMWFJ) befasst sich seit einigen Jahren verstärkt mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den
Österreichischen Tourismus und den möglichen Anpassungsoptionen.10 Im Vorhaben „Klimawandel und
Tourismus in Österreich 2030“ sollen erstmals in systematischer, kurzer und prägnanter Form die wichtigsten und
aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Thematik zusammengestellt bzw. aufbereitet werden.
Inhaltlich sollen
5
Seit dem Klimagipfel in Rio im Jahr 1992 wurden bisher 17 Vertragsstaatenkonferenzen der UN-Klimarahmenkonvention (oft auch (Welt)Klimagipfel genannt) abgehalten
UNDP (2007): Bericht über die menschliche Entwicklung 2007/08. Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten
Welt. Zusammenfassung; UNEP (2009): Climate Change. Science Compendium 2009; Die United Nation Framework Convention on
Climate Change (UNFCCC) hat mit dem Buenos Aires Programme, dem Nairobi Work Programme (2005-2010) und dem Bali Action Plan
(2007) zu einem verbesserten Verständnis über die Notwendigkeit der Anpassung beigetragen
7
UNWTO (2009): From Davos to Copenhagen and Beyond: Advancing Tourism’s Response to Climate Change. UNWTO Background Paper
8
OECD (2011): Climate Change and Tourism Policy in the OECD Countries. CFE/TOU (2010) 10/Final
9
Europäische Kommission (2007): Grünbuch der Kommission an den Rat, das europäische Parlament, den europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuß und Ausschuß der Regionen. Anpassung an den Klimawandel; SEK (2007) 849; Europäische Kommission (2009):
Weißbuch. Anpassung an den Klimawandel: Ein europäischer Aktionsrahmen. KOM (2009) 147 endgültig; EU-Projekt ClimAlpTour – Teil
des „Alpine Space Programme 2007 – 2013“: HM Climalptour Experten-Symposium Ergebnisbericht 2011. Klimawandel und Tourismus im
Alpenraum (Kohlbeck, F. u. Cremer, I.), Hochschule München, Fakultät Tourismus
10
Vgl. z. B.: StartCim 2007 u. 2008. Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawadel; Anpassung an den Klimawandel
in Österreich – Wahrnehmung und Bewertung von Naturgefahren als Folge von Gletscherschwund und Permafrostdegradation in
Tourismus-Destinationen am Beispiel des Tuxer Tals (Zillertaler Alpen); bmwfj (2010): Neue Wege im Tourismus. Die neue österreichische
Tourismusstrategie; bmwfj, WKÖ u. ÖHV (2009): Energiemanagement in der Hotellerie und Gastronomie. Ein Leitfaden; „Klimawandel und
Reiseverhalten“ (2009) Grundlagenstudie: Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen Tourismus
– Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden
13
ITR – BOKU-Met
6
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ die aktuellsten Klimaszenarien skizziert,
■ die derzeitige und künftige klimatische Situation im Alpenraum bzw. in Österreich aufgezeigt,
■ die Sensitivität des Winter- und Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel dargestellt,
■ aktuelle Trends tourismusrelevanter sozio-ökonomischer Rahmenbedingungen identifiziert,
■ Chancen und Risiken/Gefahren für die unterschiedlichen Tourismussegmente eingeschätzt und
■ wichtige Anpassungsoptionen/-strategien herausgearbeitet werden.
Den touristischen Partnern und Leistungsträgern in Österreich – von der betrieblichen, regionalen bis zur
nationalen Ebene – soll eine fundierte bzw. praxisnahe zukunftsgerichtete Unterlage zur Verfügung gestellt
werden.11 Vor allem die Praktiker sollen sich durch diese Arbeit angesprochen fühlen.
11
Ähnliche Arbeiten/Studien wurden kürzlich in der Schweiz vom Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus (FIF) der Universität Bern
vorgelegt (Müller, H.R. u. Weber, F.(2008): 2030: Der Schweizer Tourismus im Klimawandel. Im Auftr. d. Schweiz Tourismus, Universität
Bern; Müller, H.R. u. Lehman-Friedli, Th. (2011): Der Schweizer Tourismus im Klimawandel. Auswirkungen und Anpassungsoptionen. Im
Auftr. d. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Universität Bern
14
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
MODUL I – Grundlagen
1. Das Klima ändert sich
1.1 Ausgangslage – Weltweit/Europa
Um verschiedene zukünftige Entwicklungen erfassen zu können, müssen Annahmen über die zukünftige
Entwicklung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre gemacht werden. Hierzu werden unterschiedliche
Emissionsszenarien von anthropogenen (durch den Mensch verursachte) Treibhausgasen entwickelt, welche auf
verschiedenen Annahmen, z. B. der Entwicklung der Weltbevölkerung, des technischen Fortschritts, der
Bereitschaft für ökologisches Handeln, beruhen.
Klimaszenarien
Im letzten Bericht des „Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung“ (Intergovermental Panel on Climate
Change – IPPC, 2007) wurden speziell drei Szenarien – B1, A1B und A2 – untersucht12.
■ B1 ist hierbei ein optimistisches Szenario, in dem es gelingt, bis Ende des Jahrhunderts die CO2Konzentration13 auf 550 ppm zu stabilisieren.
■ A1B ist ein „realistisches“ Szenario mit einem weiteren Anstieg der Emissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts,
aber einer deutlichen Reduktion durch technischen Fortschritt in der zweiten Jahrhunderthälfte.
■ A2 kann als „weitermachen wie bisher“ interpretiert werden, wobei es der Menschheit auch nicht gelingt, das
Bevölkerungswachstum in den Griff zu bekommen.
Basierend auf diesen Szenarien für die Treibhausgaskonzentrationen können globale Klimamodelle (Generell
Circulation Models - GCMs) Projektionen für die Zukunft berechnen. In den Abbildungen 1 und 2 sind die
gemittelten Ergebnisse aller im IPCC verwendeten GCMs für Temperatur und Niederschlag zusammengestellt.
Temperatur
Bei der Temperatur zeigen alle Modelle klare räumliche Verteilungsmuster. Generell ist die Temperaturzunahme
in den Tropen und über den Ozeanen geringer als in den mittleren und höheren Breiten und über den
Kontinenten. Auch erwärmt sich die Nordhemisphäre rascher als die Südhemisphäre. Bis etwa 2020 (Abb. 1
links) zeigen sich noch keine Unterschiede zwischen den verschiedenen Emissionsszenarien. Dieser
Temperaturanstieg ist also unabhängig von unserem Verhalten und kann daher nicht mehr verhindert werden. Er
beträgt global etwa ein Grad. Bis zum Ende des Jahrhunderts zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede
zwischen den Emissionsszenarien von mehr als einem Grad in Mitteleuropa.
12
Vgl. Anhang „Die Emissions-Szenarien des IPPCC“
Kohlenstoffdioxid ist ein natürlicher Bestandteil der Luft, wo er derzeit (2011) in einer mittleren Konzentration von 0,039 Vol. % (390 ppm –
parts per million, als Maß der Konzentration) vorkommt
15
ITR – BOKU-Met
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Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Abbildung 1: Entwicklung der Jahresmitteltemperatur im 21. Jahrhundert für drei verschiedene
Emissionsszenarien. Mittel über alle Modelle (IPCC 2007).
Die Szenarien des IPCC-Berichts 2007 ergeben eine Bandbreite der Erwärmung von 1,1 bis 6,4 Grad bis zum
Ende des Jahrhunderts ohne jedoch externe Rückkopplungsprozesse zu berücksichtigen. Einige dieser
Rückkopplungsprozesse sind bekannt und werden auch als Kippeffekte (engl. Tipping Points, Lenton et al., 2008)
bezeichnet. Zu diesen Kippeffekten gehört etwa der Zusammenbruch des Golfstroms, und damit verbunden eine
Abkühlung des Nordatlantiks, oder das rasche Abschmelzen des arktischen Meereises. Einige dieser
Kippeffekte hängen mit der Reaktion der Biosphäre zusammen. So könnte etwa durch die Verschiebung der
Luftdruckzentren auf der Südhemisphäre dazu führen, dass es im Amazonasgebiet deutlich weniger regnet und
der gesamte Amazonasregenwald in Savanne umgewandelt wird. Da aber bei einer Savanne wesentlich weniger
Kohlenstoff in der Biomasse gespeichert ist als im tropischen Regenwald, würden Unmengen an zusätzlichem
Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben. Gemeinsam ist all diesen Kippeffekten, dass sie die globale
Erwärmung stark beschleunigen oder aber den Klimawandel regional stark modifizieren könnten. Zudem wissen
wir nicht, wann ein Kippeffekt einsetzt. Sicher ist nur, dass je stärker der Klimawandel ausfällt und je rascher
dieser abläuft, umso wahrscheinlicher wird es, dass der eine oder andere Kippeffekt zu wirken beginnt. Nur beim
arktischen Meereisrückgang scheint dieser Prozess bereits eingesetzt zu haben.
Niederschlag
Aussagen über die Niederschlagsentwicklung im 21. Jahrhundert sind wesentlich unsicherer als jene zur
Temperatur. Dies liegt daran, dass für die Niederschlagsproduktion verschiedene Prozesse in Frage kommen,
wie etwa kleinräumige Wärmegewitter oder großräumige frontale Niederschläge.
In Europa ergeben sich zwei Regionen mit signifikanten Niederschlagsänderungen (gepunktete Gebiete in
Abbildung 2). Im Mittelmeerraum und auf der Iberischen Halbinsel zeigt sich eine markante
Niederschlagsabnahme in allen Jahreszeiten. In Skandinavien und Nordrussland hingegen sieht man eine
Zunahme des Niederschlags.
16
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Abbildung 2: Entwicklung des Niederschlags nach den A1B Szenarien für die letzten 20 Jahre des 21.
Jahrhunderts. Links Winter (DJF) und rechts der Sommer (JJA). Die gepunkteten Bereiche kennzeichnen
signifikante Änderungen. Mittel über alle Modelle; (IPCC 2007).
1.2 Ausgangslage – Alpenraum/Österreich
Niederschlag
Österreich liegt in der Westwindzone der gemäßigten nördlichen Breiten. Die wichtigsten Feuchtequellen für
Österreich sind der Atlantik und das Mittelmeer. Der Niederschlag weist einen starken Jahresgang auf, wobei die
Niederschlagsmaxima im Sommer auftreten. Rund die Hälfte des Jahresniederschlages fällt in den Monaten Mai
bis August. Die Niederschlagscharakteristika in den einzelnen Regionen sind sehr unterschiedlich. So reicht die
Spannbreite der Jahresniederschlagssummen von knapp 500 mm im Marchfeld und Weinviertel bis zu 2 500 mm
in Vorarlberg. Dies hat zwei Hauptursachen: Einerseits liegt Österreich im Übergangsbereich vom atlantisch zum
kontinental beeinflussten Klima. Dies bewirkt, dass in den östlichsten Regionen nur rund die Hälfte des
Jahresniederschlages der westlichsten Regionen fällt. Andererseits wirken die Alpen stark modifizierend auf die
Niederschlagsverteilung. In den Gebieten nördlich des Alpenhauptkammes führen hauptsächlich atlantische
Fronten, die in westliche bis nordwestliche Strömungen eingebettet sind, zu Niederschlag. Hierbei verursacht die
Stauwirkung der Alpen sehr hohe Niederschlagssummen und große Intensitäten. In den Gebieten südlich des
Alpenhauptkammes treten hingegen Niederschläge großteils in Verbindung mit einem Mittelmeertief auf. Im
Sommerhalbjahr spielen in ganz Österreich auch konvektive Niederschläge (Gewitter) eine wichtige Rolle.
Temperatur
Die Temperaturverteilung in Österreich ist stark durch die Alpen geprägt (siehe Abb. 3). Die
Jahresmitteltemperaturen reichen von mehr als 10 °C im östlichen Flachland bis hin zu unter -4 °C an den
höchsten Berggipfeln. Generell kann man in Österreich eine Abnahme der Temperatur um rund 6 °C je 1 000 m
Seehöhe beobachten, wobei jedoch während der Wintermonate durch ausgeprägte Temperaturinversionen diese
Temperaturabnahme mit der Höhe besonders in den alpinen Tal- und Beckenlagen gestört ist. Im Winter kann
man daher erst ab einer Seehöhe von rund 1 500 m mit einer konstanten Temperaturabnahme mit der Höhe
rechnen. Dies erkennt man auch in der Karte der Wintermitteltemperatur (Abbildung 3). Das Klagenfurter und
Grazer Becken sind deutlich kühler als vergleichbare Höhenlagen im Donautal.
Situation in der Vergangenheit
■ Die Lufttemperatur hat in Österreich seit Mitte der 1970er Jahre deutlich zugenommen (fast 1,5 °C). Es
handelt sich dabei um einen für Österreich sehr einheitlichen Trend. Die Zunahme war im Sommer stärker als
im Winter.
17
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Die Jahressummen des Niederschlages sind seit Mitte der 1970er Jahre überall gestiegen, außer im
Südosten, wobei die Zunahme im Norden und inneralpin gleichmäßig ansteigend war (mehr als 15 % im
Norden, ca. 10 % inneralpin) und im Westen und Südosten stark durch dekadische Minima und Maxima geprägt
war.
■ Die Winterniederschläge sind seit Mitte der 1970er Jahre nördlich des Alpenhauptkammes etwas gestiegen
und südlich des Alpenhauptkammes deutlich gefallen. In den anderen Jahreszeiten gab es eine geringe
Zunahme des Niederschlages in ganz Österreich mit Ausnahme des Südens, wo die Trends sehr gering waren.
Grundsätzlich muss man beim Niederschlag aber eher von dekadischen Schwankungen sprechen, da bei der
Betrachtung der langfristigen Entwicklung kein einheitlicher Trend festgestellt werden kann wie bei der
Temperatur. Daher ist es beim Niederschlag auch nicht zulässig, aus der Entwicklung der letzten Jahrzehnte,
auf die nächsten Jahre zu schließen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Niederschlagsentwicklung im
Nordburgenland. Vor und um die Jahrhundertwende gab es hier eine Niederschlagsreduktion von knapp 10
Prozent, die letzten drei Jahresniederschlagssummen hingegen waren überdurchschnittlich hoch (teilweise
mehr als 50 %).
Abbildung 3: Wintermittel der Lufttemperatur 1961-1990 in Österreich
Natürliche Schneefallgrenze
Die Temperaturverteilung ist natürlich auch hauptverantwortlich für den Aufbau einer Schneedecke. In den
warmen Flachlandregionen Ostösterreichs (Wiener Becken, Donautal) ergeben sich im Mittel weniger als 75
Tage mit einer geschlossenen Schneedecke, in den Akkumulationsregionen der Gletscher hingegen bleibt der
Schnee das ganze Jahr liegen.
18
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Für den Schneedeckenaufbau spielen jedoch nicht nur die mittleren thermischen Verhältnisse eine Rolle, sondern
insbesondere die Temperatur, wenn Niederschlag fällt. Untersuchungen bzw. Berechnungen von Formayer14
zeigen, dass ein gesicherter Schneedeckenaufbau für den Wintersport in Österreich regional höchst
unterschiedlich ist (siehe Abb. 4). So fallen derzeit in den alpinen Regionen Niederösterreichs und
Oberösterreichs ab einer Seehöhe zwischen 1 000 und 1 100 m mindestens 90 Prozent des
Winterniederschlages in Form von Schnee. Ab dieser Seehöhe kann man daher von einem natürlich gesicherten
Schneedeckenaufbau ausgehen. In den westlichen alpinen Gebieten wird ein derartig sicherer
Schneedeckenaufbau großteils erst ab 1 300 m erreicht und in den südlich des Alpenhauptkammes gelegenen
Regionen überwiegend ab 1 500 m, teilweise sogar erst ab 1 600 m Seehöhe.
Verursacht werden diese unterschiedlichen Schneefallgrenzen durch die Unterschiede der Luftmassen, welche in
den verschiedenen Regionen den Niederschlag bringen. Im Nordosten Österreichs bringen vor allem Luftmassen
aus dem Nord- und Ostseeraum Niederschlag im Winter, die besonders kalt sind, was den Schneefall auch in
tiefen Lagen begünstigt. Im Westen stammen die Niederschlag bringenden Luftmassen vor allem aus dem
Atlantikbereich und im Süden vom Mittelmeer. Diese Luftmassen sind jedoch deutlich wärmer und daher liegt die
Schneefallgrenze höher.
Abbildung 4: Seehöhe mit gesichertem Schneedeckenaufbau in Österreich
14
Formayer et al., (2009)
19
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Situation in der Zukunft
Die globalen Klimamodelle zeigen alle im Alpenraum eine gleichmäßige Erwärmung. Auch bei einer
detaillierteren Betrachtung mit regionalen Klimamodellen zeigt sich eine kontinuierliche Erwärmung, jedoch
erkennt man zusätzlich Strukturen im Alpenraum. Im österreichischen Forschungsprojekt reclip:century15 wurden
verschiedene Klimaszenarien für den Alpenraum aufbereitet. Die Ergebnisse für die Jahresmitteltemperatur
sind in Abbildung 5 dargestellt. Hierbei zeigt sich bei dem A1B Emissionsszenario eine etwas geringere
Erwärmung zwischen den Perioden 1970 - 2000 bis 2021 - 2050 von rund 1,5 Grad Celsius, wenn das GCM
ECHAM516 verwendet wird. Bei dem GCM HADCM317 ergibt sich für den gleichen Zeitraum eine Erwärmung von
mehr als 2 Grad, wobei der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Modellen im Sommer auftritt. Hier ist der
Lauf mit HADCM3 deutlich trockener und damit auch wärmer. Neben diesen Unterschieden zwischen den
Klimamodellen zeigt sich tendenziell auch eine etwas stärkere Erwärmung in höheren Lagen.
Abbildung 5: Entwicklung der mittleren jährlichen Temperaturen: 30-Jahre-Periode 2021/2050
gegenüber 1971/2000, Temperaturänderung in °C (ECHAM5/CCLM18/A1B, ECHAM5/CCLM/B1,
HADCM3/CCLM/A1B) (Loibl et al., 2011)
Für den Alpenraum ergibt sich beim Jahresniederschlag bei den GCMs keine signifikante Änderung, jedoch
dürfte der Alpenraum im Winter eher eine Niederschlagszunahme erfahren und im Sommer eine -abnahme.
Durch die Lage der Alpen zwischen diesen beiden Polen der Niederschlagsentwicklung in Europa, scheint eine
Zunahme der interannualen Variabilität wie es einige Studien zeigen (z. B. Seneviratne et al. 2006) durchaus
plausibel. In Jahren mit stärkerem Mittelmeereinfluss kommt es zu trockeneren und im Sommer heißeren
15
Loibl et al., 2011
Globales Atmosphärenmodel
17
Hadley Centre coupled model, Version 3, ein gekoppeltes Atmosphären-Ozean-Zirkulationsmodell
18
Abgeleitet aus dem lokalen Vorhersagemodell des Deutschen Wetterdienstes, weiterentwickelt durch eine Gemeinschaft aus
Forschungsinstituten und Universitäten
20
ITR – BOKU-Met
16
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Verhältnissen als bisher gewohnt; in Jahren mit stärkerem Einfluss aus Skandinavien hingegen kann es im
Sommer sogar feuchter sein als derzeit, jedoch ebenfalls warm.
Für den Alpenraum zeigen fast alle Studien sehr ähnliche Niederschlagsszenarien, mit einer
Niederschlagsreduktion im Sommerhalbjahr, einer Niederschlagszunahme im Winter und Frühling und einem
Gleichbleiben der Jahresniederschlagssumme. Für den Winter zeigen alle Modelle in Mitteleuropa eine Zunahme
des Niederschlags, der Niederschlagshäufigkeit und auch der mittleren Niederschlagsintensität. Auch die
reclip:century Modelle entsprechen diesem Bild (siehe Abb. 6), jedoch sind die Regionalergebnisse des ECHAM5
GCMs beim A1B Szenario deutlich feuchter als jene des HADCM3 GCMs. Der Hauptunterschied tritt hierbei im
Sommer auf.
Abbildung 6: Entwicklung des mittleren jährlichen Niederschlags: 30-Jahre-Periode 2021/2050
gegenüber 1971/2000, Niederschlagsänderung in mm/a (ECHAM5/CCLM/A1B, ECHAM5/CCLM/B1,
HADCM3/CCLM/A1B) (Loibl et al., 2011)
■ Die Lufttemperatur wird in Österreich gemittelt über dem Zeitraum 2021 bis 2050 gegenüber 1961-2000 um
ca. 1,5 bis 2,5 °C steigen, wobei die Zunahme im Sommer stark von der Niederschlagsentwicklung abhängt. Je
trockener das Sommerszenario umso wärmer wird es.
■ Der Anteil des Schneeniederschlages und die Schneedeckendauer werden gemittelt über dem Zeitraum
2021 bis 2050 gegenüber 1970 bis 2000 weiter abnehmen. Die Veränderung von Schneeniederschlag und
Schneedeckendauer ist stark von der Seehöhe abhängig und nicht linear. Es bestehen beim Schnee große
regionale Unterschiede, bedingt durch die Lage, Exposition und mikroklimatische Faktoren.
■ Gemittelt über dem Zeitraum 2021 bis 2050 gegenüber 1970 bis 2000 werden die Winterniederschläge um
etwa 10 % zunehmen, die Sommerniederschläge werden gleichbleiben oder abnehmen, wobei hier jedoch
größere
Unterschiede
zwischen
den
verschiedenen
Regionalmodellen
auftreten.
Die
Jahresniederschlagssumme bleibt in etwa konstant, Diese Differenzierung in den saisonalen
21
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Niederschlagssummen wird aber erst in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhundert signifikant. Das ganze Jahr
hindurch ist mit einer Zunahme der Niederschlagsintensität zu rechnen.
■ Kleinräumige Änderung des Niederschlages sind ebenfalls zu erwarten. Die derzeitigen Modellergebnisse sind
jedoch unzuverlässig und widersprüchlich.
■ Die Aussage, dass Extremwerte des Niederschlages aufgrund der höheren Niederschlagssummen im Winter
und aufgrund physikalischer Zusammenhänge mit dem erwartenden Temperaturanstieg einhergehenden
höheren Feuchtegehaltes der Atmosphäre im Sommer (konvektive Ereignisse) zunehmen, ist derzeit spekulativ,
da die bisherigen Niederschlagsdaten in Österreich mit ihrer räumlichen und zeitlichen Auflösung und
Genauigkeit keine Hinweise auf eine Zunahme von Extremniederschlägen ergeben. Dies liegt jedoch
überwiegend an der räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit der Beobachtungsdaten. Daher darf ein Anstieg
von kleinräumigen Starkniederschlägen auf keinen Fall ausgeschlossen werden.
1.3 Naturräumliche Konsequenzen - Bedrohungen bzw. Veränderungen im
Erlebnisraum der Touristen
Aus den Klimaszenarien können sowohl negative, als auch positive Auswirkungen auf den Tourismus abgeleitet
werden. Folgende Bedrohungen bzw. Veränderungen im Erlebnisraum der Touristen können skizziert werden
(Aussagen von Kap. 1.3 teilweise bzw. modifiziert aus Blöschl et al., 2011):
Landschaft
Der Klimawandel führt u. a. zu einer Verschiebung der Vegetationszonen, zu einer Veränderung der
Artenzusammensetzung und womöglich auch zu einer Verringerung der Artenvielfalt. Grundsätzlich muß man je
Grad Erwärmung von einer Verschiebung der thermischen Eigenschaften von 150 m ausgehen (Waldgrenze,
Übergänge Laubwald/Mischwald/Nadelwald, etc.).
Neben den klimatologischen Veränderungen, führen auch geänderte Landnutzungen zur Veränderung des
Landschaftsbildes. Extensivierungen, wie etwa das Auflassen von Almen, führen zu einer fortschreitenden
Verwaldung, Die vollständige Verwaldung von Mittelgebirgsregionen reduziert jedoch die Attraktivität für den
Tourismus (fehlende Rast- und Aussichtspunkte, Schitouren, etc.). Aus touristischer Sicht ist die Erhaltung der
Kulturlandschaft, und hier speziell der alpinen Kulturlandschaft, wünschenswert.
Gletscher
Der Rückzug der Gletscher wird sich fortsetzen, damit wird sich auch das alpine Landschaftsbild, das in
Österreich von über 900 Gletschern in einer Höhenlage zwischen 2100 m und 3800 m19 stark geprägt wird,
wesentlich verändern (Attraktionsverlust, „leuchtende“ Firne müssen freigelegten Schuttarealen weichen). Die
tatsächlichen Gletscherrückgänge sind im Einzelfall stark von der Topographie abhängig.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die Gletscherschigebiete, aufgrund mangelnder Schneedecken und
der Topographie, im Spätsommer und Frühwinter im besonderen Maße von der Temperaturerwärmung betroffen
sein werden.
Permafrost
Mit einer Erhöhung der Permafrostgrenze infolge des Klimawandels ist zu rechnen, wobei die Erhöhung der
Permafrostgrenze parallel mit der Erhöhung der Lufttemperatur laufen könnte. Durch die Veränderung der
Permafrostausdehnung vergrößert sich auch das Geschiebepotenzial, das aber stark von den morphologischen
Verhältnissen und den geotechnischen Eigenschaften der Gesteine abhängig ist.
Bedingt durch das Tauen von Permafrost in hochalpinen Regionen ist mit ansteigenden Sturzprozessen zu
rechnen (massiv erhöhte Steinschlag-/Felssturzgefahr), was sich besonders auf alpine Wanderwege und
Klettersteige negativ auswirken kann (siehe Kapitel 2.2.3). Der tauende Permafrost stellt für zahlreiche
Seilbahnunternehmen ein kostspieliges Risiko dar, da Fundamente von Seilbahnstützen und Stationen häufig im
gefrorenen losen Gestein verankert sind. Eine Folge des Permafrostrückgangs war 2005 bereits auf der Postalm
19
Abermann, M., Kuhn, A. et al. (2011): Glaciers and climate change in Austria – what can we learn from 900 well studied glaciers? 12.
Österreichischer Klimatag 21. u. 22. Sept. 2011, Tagungsband, S. V 34
22
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
in Salzburg zu beobachten, wo ein ganzer Hang ins Rutschen geriet und die Mure die Zufahrt zur Postalm
verschüttete. Die Straße musste aus Sicherheitsgründen an die gegenüberliegende Talseite verlegt werden. Als
weitere Effekte des Klimawandels sind die spektakulären Felsstürze im Sommer 2006 an der Ostwand des Eiger
in der Schweiz (halbe Million Kubikmeter Fels) und in den Dolomiten zu erwähnen.
Extremereignisse
Temperatur Extrema oder extreme Wetterereignisse können Steinschlag und Felsstürze auslösen,
Starkniederschläge können vermehrt zu Hochwasser und Muren bzw. gefährlichen Hangbewegungen (an
Standorten mit „fließgefährdeten“ Böden) und im Winter vermehrt zu Lawinenabgängen führen, die die
allgemeine Infrastruktur (Einrichtungen, Verkehrswege) bedrohen bzw. zerstören sowie das Destinations-Image
negativ beeinflussen (steigende Image-Risiken). Da Klimamodelle nur eingeschränkt Aussagen über künftige
Extremniederschläge machen können, sind die Unsicherheiten groß, besonders bei lokalen Ereignissen.
Niederschlag/Wettersicherheit
Während der Sommermonate ist mit einer Abnahme der Niederschlagshäufigkeit zu rechnen und die Häufigkeit
von „Schönwetterperioden“ wird zunehmen. Die größere „Wettersicherheit“ fördert damit die Planbarkeit und die
zur Verfügung stehende Zeit für Natur konsumierende Aktivitäten, sogenannte „Outdoor-Aktivitäten“ der
Sommergäste. Dies gilt auch für die Übergangsjahreszeiten, wo im Frühjahr das frühere Einsetzen der
Vegetationsperiode die Saison für Freiluft-Aktivitäten verlängert. Im Herbst sollten die stabileren Wetterlagen
(Altweibersommer) begünstigend wirken. Es gibt auch einige Anzeichen, dass die Niederschlagsvariabilität von
Jahr zu Jahr im Sommer zunehmen wird. Also generell eher deutlich trockenere Sommer, aber dazwischen
immer wieder „verregnete“ Sommer.
Hitzeperioden
Mit dem erwarteten weiteren Anstieg der Temperaturen ist mit einem häufigeren Auftreten von Hitzetagen
(Temperaturmaximum mindestens 30 °C) zu rechnen. Ebenso ist davon auszugehen, dass Hitzeperioden20
häufiger auftreten und länger andauern werden. Hitzeperioden sind für den Menschen wesentlich belastender als
einzelne heiße Tage. Durch die stark zunehmende Hitzebelastung im Hochsommer speziell in den urbanen
Räumen wird eine stärkere Nutzung der Naherholungsbereiche erfolgen und den Wunsch nach Kurzurlauben bei
Großstadtbewohner erhöhen, wovon besonders höher gelegene alpine Bereiche mit dem angenehmen „kühlen“
Klima in heißen Sommern und der Seentourismus profitieren werden.
Befragungen von Touristen/innen und Expertendiskussionen im Rahmen des Projektes „Hot Town, Summer in
the City“ (StartClim 2010, Allex et al., 2011) zeigen ganz deutlich den Wunsch und Bedarf von
Anpassungsmaßnahmen an die sich ändernden Verhältnisse auf. Dies Maßnahmen beziehen sich auf die
Bereiche Architektur (z. B. thermischer Komfort in Hotels, Innenräumen), auf die Stadt-, Raum- und
Landschaftsplanung (z. B. Begrünung, Durchlüftung, Beschattung), auf infrastrukturelle Maßnahmen (z.B.
Trinkbrunnen) bis hin zu organisatorischen Anpassungsmaßnahmen z. B. (Hitzewarnsysteme, cool tours).
Wassertemperaturen in Seen und Flüssen
Da die Wassertemperaturen in den österreichischen Seen und Flüssen in erster Linie von der Lufttemperatur
abhängen, werden generell auch die oberflächennahen Wassertemperaturen in den Seen Österreichs steigen –
im Sommer wesentlich stärker als im Winter - und dadurch länger „badetaugliche“ Temperaturen erreichen. Eine
Untersuchung Österreichischer Seen (Dokulil, 2009) ergab, dass bei einigen Seen die Erwärmung sogar rascher
erfolgt als bei der Lufttemperatur. Damit wird die Attraktivität der zahlreichen österreichischen Seen
(Wassersport, Baden) in den Sommermonaten zunehmen.
Der Neusiedler See ist als Steppensee stark von einer Erhöhung der Temperaturen betroffen, da sich die
Verdunstung erhöht und so der Wasserhaushalt des Sees beeinflusst wird. In mehrjährigen Phasen mit
unterdurchschnittlichen Jahresniederschlagsmengen muss daher von deutlich niedrigeren Wasserständen als in
der Vergangenheit ausgegangen werden.
20
Nach Kysely et al. (2000) erfüllt eine Hitzeperiode folgende drei Bedingungen: Mindestens drei aufeinander folgende Tage müssen jeweils
ein Temperaturmaximum von zumindest 30°C aufweisen. Die Periode gilt danach als fortlaufend, wenn das Maximum der einzelnen darauf
folgenden Tage nicht unter 25°C liegt sowie das mittlere Temperaturmaximum während der gesamten Periode 30°C nicht unterschreitet.
23
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Hochwasser
Bezüglich Hochwasser ist mit einer Verlagerung bzw. Zunahme des Hochwasserrisikos im Winter (Zunahme der
Winterniederschläge und geringerer Schneeanteil in den tieferen und mittleren Höhenlagen) und Frühling zu
rechnen. Eine generelle Aussage über die Veränderung des Hochwasserrisikos für ganz Österreich ist nicht
möglich. Natürliche Schwankungen der Hochwässer sind wesentlich größer als Änderungen aufgrund des
Klimawandels.
Niederwasser
Im Alpengebiet Österreichs werden die Abflüsse bei Winterniederwasser wegen höherer Temperatur deutlich
erhöht. Während der Sommermonaten ist deutlich früher und stärker mit Niedrigwasserständen in den
österreichischen Flüssen zu rechnen. Diese werden speziell in Gletschereinzugsgebieten Werte erreichen, die
man derzeit aufgrund der „Gletscherspende“ nicht kennt (negative Auswirkungen auf das Rafting/Canyoning
sowie den Angelsport). In den Flachlandregionen Ost- und Südösterreichs kann eine Abnahme der Abflüsse bei
Niederwasser eintreten, was sich nachteilig auf die Flussschifffahrt (Donautourismus - u. a. sinkende
Verkehrsleistung der Donauausflugs-/-kreuzfahrtschifffahrt) auswirkt.
Wasserhaushalt
Aufgrund der hohen Wasserverfügbarkeit in Österreich und der erwarteten geringen Änderung des
Jahresniederschlages, ist mit keinem großräumigen Mangel an Rohwasser für die Wasserversorgung zu
rechnen. Kleinräumig könnten sich jedoch vorhandene Engpässe in Gebieten mit ungünstigem Wasserdargebot
(Trinkwasserversorgung überwiegend lokal aus oberflächigen Quellen) verstärken.
Windverhältnisse und Nebel
Belastbare Aussagen bezüglich zukünftiger Windverhältnisse (Segeln, Surfen, Sturmhäufigkeit) und Nebel sind
derzeit noch nicht möglich.
24
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
2. Sensitivität des Tourismus in Österreich auf den Klimawandel
2.1 Wintersporttourismus
2.1.1 Höhenlage der Schigebiete in Österreich
Wie in Kap. 1.2 dargestellt, hängen die Schneefallgrenze und damit der Schneedeckenaufbau nicht nur von den
mittleren Temperaturverhältnissen ab, sondern zeigen in Österreich klare regionale Strukturen21. Dies wirkt sich
natürlich auf die Schneesicherheit von Schigebieten aus.
Die mittlere Höhenlage der Schigebiete bzw. der Median-Wert22 der Talstationen aller Seilbahnanlagen in den
229 Wintersport-Gemeinden23 Österreichs liegt derzeit (Stand Ende 2010) in einer Seehöhe von 1 385 m, mit der
deutlichen Tendenz, neue Anlagen in höheren bzw. schneesicheren Lagen zu situieren. Betrug der Median der
Talstationen der Seilbahnen, die bis zum Jahr 1990 errichtet wurden 1 273 m, lag der Median der zwischen 2001
und 2010 installierten Seilbahnen bereits bei 1 483 m Seehöhe, immerhin um 210 m höher als vor 20 Jahren
(siehe Tab.1).
Tabelle 1:
Höhenlage der Schigebiete in den Bundesländern 2010
Seilbahnbestand
Stand 2010
Seehöhe in
m* (Anzahl)
Kärnten
Niederösterreich**
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
Österreich
Inbetriebnahme
bis Jahr 1990
Inbetriebnahme
2001 - 2010
Seehöhe in m*
(Anzahl)
Seehöhe in m*
(Anzahl)
1 507 (82)
916 (91)
925 (40)
1 337 (262)
1 132 (76)
1 524 (511)
1 491 (138)
1 412 (38)
900 (71)
906 (24)
1 260 (90)
1 139 (20)
1 426 (193)
1 447 (67)
1 652 (17)
993 (13)
866
(9)
1 360 (81)
1 071 (20)
1 623 (156)
1 655 (34)
1 385 (1.200)
1 273 (503)
1 483 (331)
*) Median der Seehöhe der Talstationen der Haupt- und Kleinseilbahnen in m
**) Median der Seehöhe der Talstationen aller Seilbahnanlagen (inklusive Schlepplifte)
Quelle: BMVIT,Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen
In den Schigebieten Tirols liegt der Median-Wert der Talstationen derzeit bei 1 524 m, in Kärnten bei
1 507 m, in Vorarlberg bei 1 491 m und in Salzburg bei 1 337 m. Bereits tiefer liegt der Median-Wert der
Talstationen in den Schigebieten der Steiermark (1 132 m), deutlich tiefer in Oberösterreich (925 m) und in
Niederösterreich (916 m).
21
Formayer et al., 2009
Der Median (auch Zentralwert) bezeichnet eine Grenze zwischen zwei Hälften; in einer der Größe nach geordneten Liste von Daten
derjenige Wert (in diesem Fall die Seehöhe der Talstationen in m), der genau in der Mitte liegt: 50 % der Messwerte liegen oberhalb und 50
% unterhalb des Median-Wertes. Gegenüber dem arithmetischen Mittel (Durchschnitt) hat der Median den Vorteil, robuster bzw. weniger
empfindlich gegenüber Ausreißern (extreme Werte) zu sein.
23
Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 312 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs; von diesen 312 Gemeinden liegen für 229
Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der hier situierten Haupt- und Kleinseilbahnen (u. a. Seehöhe der Talstation in m) vor, in den
übrigen 83 Wintersport-Gemeinden mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen,
von denen keine Daten der Seehöhe der Talstationen (mit Ausnahme von Niederösterreich) vorliegen bzw. veröffentlicht werden.
25
ITR – BOKU-Met
22
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
2.1.2 Derzeitige Schneesicherheit der Schigebiete
Stellt man für einen regionalen Vergleich die natürliche Schneefallgrenze der 229 Wintersport-Gemeinden den
mittleren Höhenlagen der Schigebiete gegenüber24 (siehe Abb. 5 und Tab. 2), so liegen derzeit die Schigebiete in
Vorarlberg und Tirol etwa 160 bis 180 m deutlich, in Salzburg mit 55 m über einem verlässlichen
Schneedeckenaufbau. In den Kärntner Wintersport-Gemeinden wird ein sicherer Schneedeckenaufbau sogar erst
ab rund 1 535 m erreicht. Trotz der überdurchschnittlich hoch gelegenen Schigebiete in Kärnten (Median 1.507
m) liegen sie knapp 30 m unter dem gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau.
Die tiefer gelegenen Wintersport-Gemeinden in der Steiermark (1 132 m), Oberösterreich (925 m) und
Niederösterreich (916 m) liegen derzeit bereits rund 110 bis 210 m unter einem verlässlichen
Schneedeckenaufbau.
Abbildung 7: Lage der Schigebiete in den Bundesländern über / unter
dem gesicherten Schneedeckenaufbau
24
Differenz zwischen den Median-Werten der Seehöhe der Talstationen und der Seehöhe der natürlichen Schneefallgrenze in den
Schigebieten bzw. Wintersport-Gemeinden. Die Differenz zeigt, um wie viel Meter Seehöhe die Schigebiete über oder unter dem
gesicherten natürlichen Schneedeckenaufbau liegen.
26
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Tabelle 2:
Derzeitige Lage der Schigebiete in den Bundesländern über / unter einem
gesicherten Schneedeckenaufbau
Median der Seehöhe der
Wintersportorte mit
gesichertem
Schneedeckenaufbau in m***)
Median der
Talstationen über
/ unter dem
gesichertem
Schneedeckenaufbau in m
Median der Seehöhe
der Talstationen der
Seilbahnanlagen in
den
Wintersportorten*
Kärnten
Niederösterreich**
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
1 534
1 075
1 137
1 282
1 241
1 343
1 328
1 507
916
925
1 337
1 132
1 524
1 491
Österreich
1 327
1 385
-
27
159
212
55
109
182
163
59
*) Median der Seehöhe der 1.200 Talstationen der Haupt- und Kleinseilbahnen in m
**) Median der Seehöhe der Talstationen aller 91 Seilbahnanlagen (inklusive Schlepplifte)
***) Median der Seehöhe der 229 Wintersportorte ab der derzeit mehr als 90 Prozent
des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen
Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009
Schneesichere Schigebiete mit deutlich besseren Struktur- und Entwicklungsdaten
Betrachtet man die einzelnen 229 Wintersport-Gemeinden Österreichs, in denen in der Wintersaison 2009/2010
fast 40 Mio. Nächtigungen oder zwei Drittel des gesamten Nächtigungsvolumens des Landes erzielt wurden (65,3
%), hinsichtlich ihrer derzeitigen natürlichen Schneesicherheit, so zeigt sich folgendes Bild (siehe Tab. 3):
■ 74 Wintersport-Gemeinden (32,2 %) liegen derzeit mindestens 100 m über einem gesichertem
Schneedeckenaufbau, sind somit als sehr schneesicher (ohne Einbezug der technischen Beschneiung)
einzustufen.
■ Weitere 54 Wintersport-Gemeinden (22,7 %) liegen im Übergangsbereich der natürlichen Schneesicherheit
(bis zu 100 m unter und bis zu 100 m über der natürlichen Schneesicherheit), sind somit einigermaßen als
schneesicher zu bezeichnen.
27
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Tabelle 3:
Nachfragestruktur und -entwicklung in den Wintersport-Gemeinden Österreichs, die über bzw. unter
der natürlichen Schneefallgrenze liegen
Derzeitige Lage der
Schigebiete über /
unter dem
gesicherten
Schneedeckenaufbau*)
WintersportGem.**)
Nächtigungen
Winter
2009/10
Median
Nächtigungs- Nächtigungsder Winteranteil der
anteil der
nächtigungen Wintersaison Auslandsgäste
2009/10
im TJ
im Winter
2008/09
2009/10
der Gemeinden
in %
in %
Auslastung
der Winterbetten
2009/10
Belegstage
Veränderung
der
Nächtigungen
Winter
1996/972009/10 in %
Veränderung
Tourismusder
Intensität
Nächtigungen
Sommer
Nächtigungen
1997TJ 2008/09
2009 in %
pro EW 2001
über
> 500 m
300-500
200-300
100-200
Übergangsbereich
über 0-100 m
unter 0-100 m
unter
100-200
200-300
300-500
> 500 m
Insgesam t
Übrige WintersportGemeinden
WintersportGemeinden gesamt**)
Übrige Gemeinden
Österreichs
10
28
16
20
74
5.477.962
8.170.054
2.946.888
3.762.876
20.357.780
244.957
171.001
119.669
158.530
155.300
76,5
72,9
62,7
59,2
69,3
95,7
88,8
88,0
83,9
89,6
102
86
80
72
86
30,4
26,5
38,9
25,7
29,1
23
31
54
5.757.811
4.768.351
10.526.162
147.666
86.819
105.929
60,4
55,4
58,4
81,3
83,7
82,4
73
71
72
24,1
27,0
25,4
27
23
35
16
101
229
4.229.163
1.939.396
3.044.842
836.226
10.049.627
40.933.569
112.278
37.612
34.382
38.601
45.935
92.299
55,4
54,0
52,0
39,1
51,2
61,4
80,8
70,4
85,5
76,5
80,2
85,3
65
61
58
49
60
74
8,3
17,7
12,9
9,4
11,5
23,4
-
82
2.348.871
16.452
40,8
71,7
43
18,2
-
11,6
311
43.282.440
58.186
59,5
84,6
71
20,1
-
0,2
1.300
19.413.031
2.973
37,2
58,2
47
52,2
-
-
7,0
14,2
13,4
13,2
9,1
390
3,3
7,8
5,6
168
5,7
9,1
4,4
8,8
6,4
2,1
134
5,7
264
138
83
168
87
117
23
67
30
53
97
8
Österreich gesam t 1.611
62.695.471
5.010
50,5
76,3
62
28,5
2,7
15
*) Seehöhe ab der derzeit mehr als 90 Prozent des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen
**) Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 311 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs;
von diesen 311 Gemeinden liegen für
229 Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der hier situierten 1.200 Haupt- und Kleinseilbahnen vor, in den übrigen 82 Wintersport-Gemeinden
mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen, von denen keine Daten der Seehöhe
der Talstationen veröffentlicht w erden.
Quelle: BMVIT,Seilbahnstatistik; Statistik Austria; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009
■ Die 74 natürlich „schneesicheren“ Wintersport-Gemeinden weisen dabei deutlich bessere Struktur und
Entwicklungsdaten auf als die weniger und nicht schneesicheren Gemeinden, wie:
-
-
Größeres Nächtigungsvolumen und damit eine gute bis sehr gute nationale bzw. internationale Stellung
bzw. Wahrnehmung durch umfangreiches und effektives Marketing (Wettbewerbsvorteile)
Sehr
hohe
Tourismus-Intensität
bzw.
ökonomische
Bedeutung
des
Tourismus
(hohes
Tourismusbewusstsein)
Dominanz der Wintersaison
Höherer Auslandsgästeanteil (internationale Ausrichtung)
Höhere Bettenauslastung (professionelle Bewirtschaftung der Betten)
Längere Aufenthaltsdauer der Wintergäste (Anreiz für längere Aufenthalte in größeren Gebieten, da mehr
Abwechslung geboten wird)
Stärkere Nachfrageentwicklung im Winter
Höhere Attraktivität der Schigebiete (größerer Umfang des Seilbahnangebotes, überdurchschnittliche
Transportkapazität-PersHm/h - pro Anlage; Folge: Durch die überdurchschnittliche Größe der Schigebiete
werden insgesamt bessere Voraussetzungen für die Akzeptanz des Produktes geboten)
Positive Frequenzentwicklung auch im Sommer
Stärkere Bevölkerungszunahme
28
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Jene 54 Gemeinden, die im Übergangsbereich der natürlichen Schneesicherheit liegen (0 - 100 m über bzw. 0
- 100 m unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau), erreichen zwar nicht die sehr guten Struktur- bzw.
Entwicklungsdaten der „schneesicheren“ Gemeinden, sie schneiden aber deutlich besser ab als die nicht
schneesicheren, d. h., die bereits 100 und mehr Meter unter der natürlichen Schneedecke liegen.
Schneesicherheit durch technische Beschneiung
Maßgeblich für die Schneesicherheit eines Schigebietes ist heute jedoch nicht die Verfügbarkeit einer
ausreichenden natürlichen Schneedecke, sondern es muss auch der Einsatz von künstlicher Beschneiung
mitberücksichtigt werden. Die Errichtung von Beschneiungsanlagen begann Ende der 80er Jahre und heute gibt
es kaum noch ein Schigebiet ohne zumindest teilweise technisch beschneite Pisten. In den letzten beiden
Jahrzehnten wurde in den Alpenländern massivst in die technische Beschneiung investiert, mit dem Ergebnis,
dass derzeit bereits fast die Hälfte aller alpinen Schipisten beschneit werden können. In Österreich, mit dem im
Alpenraum umfangreichsten Schipistenangebot, werden im Durchschnitt bereits zwei Drittel der Pistenfächen
technisch beschneit (siehe Tab. 4), Tendenz weiter steigend. Alleine im Jahr 2010 wurden 163 Mio. Euro in den
Neubau und die Erweiterung/Modernisierung von Beschneiungsanlagen investiert (30 % der gesamten
Investitionssumme der 254 Seilbahnunternehmen)25, im Betriebsjahr 2011 waren es weitere 100 Mio. Euro (20 %
der Investitionssumme in der Höhe von insgesamt 494,2 Mio. Euro).26 Die technische Beschneiung ist in
Österreich bereits ein integraler Teil der Wintersport-Gemeinden. Auch in der Schweiz, wo viele Schigebiete
aufgrund der natürlichen Voraussetzungen in höheren Lagen situiert sind - ähnliches gilt auch für Frankreich und damit im Vergleich zu Österreich oder Italien komparative Vorteile besitzen, wird nun verstärkt in die
Sicherung des Schibetriebes bzw. in Beschneiungsanlagen investiert (in den letzten Jahren: 47 Mio. CHF pro
Jahr)27.
Tabelle 4:
Umfang der technischen Beschneiung in den Alpenländern 2009/10
Land
Beschneibar
in ha
16 760
5 300
15 750
7 920
599
900
60
in %
Österreich
Frankreich
Italien
Schweiz
Deutschland
Slowenien
Lichtenstein
Pistenfläche
in ha
25 400
25 000
22 500
22 000
3 700
1 200
138
Alpenländer
99 938
47 289
47
66
21
70
36
16
75
43
Quelle: Abegg, B. (2011): Tourismus im Klimawandel. Ein
Hintergrundbericht der CIPRA, Compact Nr. 01/2011, S. 10
In einer Untersuchung Österreichischer Schigebiete konnte gezeigt werden28, dass mit dem Einsatz derzeitiger
Beschneiungstechnologie und entsprechender Beschneiungsintensität faktisch in allen Schigebieten in den
nächsten Jahrzehnten eine ausreichende Schneesicherheit gewährleistet werden kann. Bei Einsatz einer
Technologie bei der eine Beschneiung bereits ab -1 °C möglich ist, kann dies sogar bis in die Mitte des 21.
Jahrhunderts sichergestellt werden.
In Abbildung 8 sind Ergebnisse des Schigebiets Saalbach-Hinterglemm dargestellt. Es sind jeweils die Ausfälle
an „Skierdays“ im Hochwinter Dezember, Jänner und Februar dargestellt. Die roten Balken stellen die mittleren
25
Manova (2010): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2009/10, S. 21
Fachverband der Seilbahnen, WKÖ (09 03 2012), Auskunft erteilt
27
Lang, Th. (2009): Energetische Bedeutung der technischen Pistenbeschneiung und Potentiale für Optimierungen. Schlussbericht, Bern
28
Prettenthaler, F. u. Formayer, H. (2011)
26
29
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Bedingungen (Median), die blauen Balken 5-jährige Ereignisse (80 % Perzentile) und die grauen Balken 20jährige Ereignisse (95 % Perzentile) dar. N bedeutet Naturschnee und a4 bis b1 stellen verschiedene
Beschneiungsintensitäten und -technologien dar. Die drei Blöcke geben die mittleren Bedingungen von heute,
2025 und 2050 wider. Die Auswertung bezieht sich jeweils auf das Mittelstationsniveau des Schigebietes, da dort
bei den Schigebieten aufgrund der winterlichen Temperaturinversion die größten Probleme der Schneesicherheit
unter Berücksichtigung der Beschneiung auftreten.
Ohne Beschneiung würden bereits heute im Mittel etwa 35 Tage wegen zu geringer Schneelage nicht zum
Schifahren geeignet sein, bei 5-jährigen Ereignissen bereits 70 Tage und bei 20-jährigen Ereignissen könnte man
den ganzen Hochwinter nicht fahren. Der heutige Stand von neu errichteten Beschneiungsanlagen entspricht in
etwa der Säule b4. Unter derzeitigen Bedingungen kann man damit im Mittel den gesamten Hochwinter
sicherstellen, bei 5-jährigen Ereignissen würde etwa eine Woche ausfallen und bei 20-jährigen Ereignissen wäre
die Schisaison um 4 Wochen kürzer. Bis 2025 würden derzeit 20-jährige Ereignisse alle 5 Jahre auftreten. Um
2050 müsste mit dieser Beschneiungstechnologie trotz Beschneiung im Hochwinter mit 2 Wochen Ausfall
gerechnet werden und bereits alle 5 Jahre müsste mit dem Ausfall von mehr als 40 Schitagen im Hochwinter
gerechnet werden.
Abbildung 8: Auswirkung des Einsatzes von verschiedenen Beschneiungsanlangen auf die
Schneesicherheit des Schigebietes Saalbach-Hinterglemm derzeit und nach Klimaszenarien für 2025 und
2050 (Quelle: Prettenthaler und Formayer, 2011)
Natürlich wird der Bedarf an Kunstschnee mit der Klimaerwärmung zunehmen und der Einsatz der Ressourcen
Wasser und Energie stark ansteigen. Limitierend für die künstliche Beschneiung ist dadurch einerseits die
Verfügbarkeit von Wasser und die ökonomische Sinnhaftigkeit der Beschneiung. Darüber hinaus bedeutet dies
für Schigebiete mit geringer natürlicher Schneesicherheit, dass man immer häufiger den Schnee nur auf der Piste
vorfindet. Ob und wie dies von den Touristen zukünftig aufgenommen wird, ist derzeit schwer abzuschätzen.
Folgerungen
Die derzeit sehr schneesicheren, z. T. auch die im Übergangsbereich situierten Wintersport-Gemeinden sehen
sich nicht nur mit einem geringeren Klimarisiko konfrontiert, sie verfügen auch aufgrund ihrer Größe, ihrer weit
überdurchschnittlichen guten Struktur- und Entwicklungsdaten bzw. ihrer großen Wirtschaftskraft über mehr
Finanzmittel um nötige Anpassungen vorzunehmen.
Die bereits heute schon unter einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegenden Wintersport-Gemeinden sind
durch den Klimawandel nicht nur weit stärker bedroht („Verlierer“ des Anpassungsprozesses), sondern verfügen
aufgrund ihrer strukturellen Nachteile auch über weniger Mittel zur Finanzierung etwaiger kostspieliger
Anpassungsmaßnahmen.
30
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
2.1.3 Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07
Der Winter 2006/07 war in Österreich mit Abstand der wärmste seit Beginn der Beobachtungen29. Er zeigte auf,
wie sich ein warmer und teilweise trockener Winter selbst bei derzeitigen Klimabedingungen auf den
österreichischen Wintersporttourismus auswirken kann. So nahm der Nächtigungstourismus in Österreich in
diesem schneearmen Winter 2006/07 um 0,9 % ab, wobei die Nächtigungsabnahme in den „schneeabhängigen“
229 Wintersport-Gemeinden mit 2,9 % mehr als dreimal so stark war. In den Gemeinden ohne Seilbahnangebot
bzw. Wintersport konnten die Winternächtigungen dagegen um 2,8 % gesteigert werden. Jene WintersportGemeinden die über einen gesicherten Schneedeckenaufbau liegen, mussten deutlich geringere
Nächtigungseinbußen hinnehmen (-0,8 %) als jene Gemeinden, die derzeit unter der natürlichen
Schneefallgrenze liegen (-6,5 %).
Die Sensitivität der Wintersport-Gemeinden im schneearmen Winter 2006/07 zeigt sich korrekter, wenn die
allgemeinen Nachfragetendenzen herausgefiltert und der schneearme Winter 2006/07 mit dem Durchschnittswert
der Winternächtigungen 2005/06 und 2007/08 verglichen wird (vgl. Tab. 5).
Tabelle 5:
Nachfrageentwicklung in den WintersportGemeinden im schneearmen Winter 2006/07
Derzeitige Lage der
Schigebiete über /
unter dem
gesicherten
Schneedeckenaufbau*)
WinterVeränderung der
sportNächtigungen im
Gemeinden schneearmen Winter 2006/07
gegenüber dem Durchschnitt
der Winter 2005/06 und
2007/08 in %
über
> 500 m
300 - <500
200 - <300
100 - <200
Übergangsbereich
über 0 - <100 m
unter 0 - <100 m
unter
100 - <200
200 - <300
300 - <500
> 500 m
Insgesamt
Übrige Gemeinden
Österreichs
Österreich gesamt
10
28
16
20
74
-2,3
-3,6
-6,1
-3,9
-3,3
23
31
54
-4,4
-7,5
-5,8
27
23
35
16
101
229
-6,2
-5,5
-8,5
-6,4
-6,8
-4,9
1.300
1.611
-1,4
-3,6
*) Seehöhe ab der derzeit mehr als 90 Prozent des Winterniederschlages (Dez., Jan., Feb.) in Form von Schnee fallen
Quelle:Statistik Austria; ITR-Datenbank & Berechnungen;
Formayer et al., 2009;
29
Formayer, H.(2007): Klimawandel im Alpenraum. Schriftenreihe Club Niederösterreich Nr. 1/2007, S. 12
31
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Das Ergebnis ist deutlich, aber nicht überraschend: Je höher die Schigebiete über der natürlichen
Schneefallgrenze liegen, umso besser schnitten diese Gemeinden in der Regel im schneearmen Winter ab. Die
74 Wintersport-Gemeinden, die derzeit mindestens 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau liegen,
mussten im Winter 2006/07 im Durchschnitt Nächtigungseinbußen von -3,3 % verzeichnen, sie waren deutlich
geringer als in den Gemeinden, die im „Übergangsbereich“ (über/unter 100 m dem gesicherten
Schneedeckenaufbau) liegen (-5,8 %). Die Gemeinden, die bereits 100 m und mehr unter der natürlichen
Schneefallgrenze liegen, mussten mit -6,8 % doppelt so starke Frequenzeinbußen hinnehmen wie die
schneesicheren Schigebiete.
Weitaus stärkere Einbußen als im Beherbergungswesen mussten die Seilbahnunternehmen in diesem Winter
verkraften. Mit einem Umsatzrückgang von 21,2 % im Winter 2006/07 gegenüber dem Durchschnitt der
Wintersaisonen 2005/06 und 2007/0830 fiel der schneebedingte Einnahmenausfall besonders stark aus.
Wettbewerbsvorteil Gletscherschigebiet
Die Nächtigungsfrequenzen im schneearmen Winter 2006/07 beweisen auch, dass die acht Gletscherschigebiete
Österreichs auch im Winter einen Wettbewerbsvorteil darstellen. In den acht GletscherschigebietsStandortgemeinden31 wurde insgesamt zwar auch ein Nächtigungsrückgang registriert, mit -2,0 % gegenüber
dem Durchschnitt der Winter 2005/06 und 2007/08 fiel er aber deutlich geringer aus, als in den übrigen
Wintersport-Gemeinden Österreichs.
Im Gegensatz zum Nächtigungstourismus in den Gletscherschigebiets-Gemeinden konnten die
Gletscherbahnunternehmen im schneearmen Winter 2006/07 ein Umsatzplus von knapp 40 % zum Vorjahr
erzielen (Steigerung von 61 Mio. auf 85 Mio. Euro). Zum Vergleich: Umsatzrückgang aller Seilbahnunternehmen
Österreichs im Winter 2006/07: -12,2 %32.
2.1.4 Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs
Die im Zusammenhang mit dem Tourismus am häufigsten diskutierte Konsequenz einer Klimaveränderung im
Alpenraum ist die steigende Schneesicherheitsgrenze. Betrachtet man Szenarien für die nächsten Jahrzehnte, so
ergibt sich für den Winter in Österreich ein mittlerer Temperaturanstieg von 0,5 ° +/- 0.1 °C pro Dekade.
Gleichzeitig ist mit einer Zunahme der Niederschläge im Winter in der Größenordnung von etwa 10 % bis 20 %
zu rechnen33, wobei es zu der paradoxen Situation kommt, dass die Schneedecke in mittleren Höhen abnimmt, in
großer Höhe aber zunimmt. Nachteilig ist auch die Tatsache, dass aufgrund der Klimaentwicklung im Spätwinter
künftig eher mehr Niederschläge und damit Schnee in mittleren und höheren Lagen fallen wird. Diese längere
Schneedecken-Andauer mit Naturschnee in den höheren Lagen ist kaum mehr nutzbar, da im Frühling für die
Schneesportklientel andere Freiluft-Sportaktivitäten im Vordergrund stehen.
Für den Wintersporttourismus bedeutet dies, dass bei 1 °C Erwärmung bis 2030 die natürliche Schneefallgrenze
um ca. 150m in die Höhe steigt, was für die Schigebiete bzw. Wintersport-Gemeinden Österreichs deutliche
Konsequenzen hätte (vgl. Tab. 6 und Abb. 9 ).
■ Von den 128 Wintersport-Gemeinden, die derzeit über bzw. im Übergangsbereich der natürlichen
Schneefallgrenze liegen und in denen im Winter 2009/10 fast 31 Mio. Nächtigungen gezählt wurden, würden
bei einer Temperaturerhöhung um 1 °C zwei Drittel (65,6 %) oder 84 Schigebiete noch über einen
schneesicheren Schneedeckenaufbau verfügen.
■ Die Zahl der Schigebiete, die bereits derzeit unter der natürlichen Schneefallgrenze liegen, würde sich bis ca.
2030 von heute 101 auf 145 erhöhen (+44 %).
30
31
Manova (2010): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2009/10, Wien
Flattach (Mölltaler Gletscher), Kaprun (Kitzsteinhorn), Ramsau a. D. (Dachsteingletscher), St. Leonhard i. P. (Pitztaler Gletscher), Sölden
(Rettenbach-Tiefenbach Ferner), Neustift i. St. (Stubaier Gletscher), Kaunertal (Kaunertaler Gletscher) und Tux (Hintertuxer Gletscher)
32
Manova (2007): Wirtschaftsbericht der Seilbahnen. Trends Winter 2006/07
33
Formayer, H.(2007), S. 16
32
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Von der steigenden natürlichen Schneegrenze werden am stärksten die tiefer gelegenen Schigebiete in
Niederösterreich getroffen. Relativ stark betroffen sind auch Salzburg und Kärnten.
■ Weniger stark trifft die Klimaerwärmung den Vorarlberger und Tiroler schneeabhängigen Wintersporttourismus
sowie jenen in Oberösterreich.
Tabelle 6:
Zahl der Schigebiete mit natürlich gesichertem Schneedeckenaufbau in
Österreich unter derzeitigen und künftigen Klimabedingungen
Schneesichere und im Übergangsbereich
liegende Schigebiete*)
Schigebiete bzw.
i. Vgl.
WintersportGemeinden**)
Derzeit
Nächtigungen Winter
2009/10
+1° C
zu heute
ca. 2030
in %
Kärnten
Niederösterreich
Oberösterreich
Salzburg
Steiermark
Tirol
Vorarlberg
20
17
8
42
24
90
28
11
5
4
26
12
55
15
900.150
191.674
187.372
9.238.384
1.238.178
16.360.673
2.767.511
6
2
3
15
8
38
12
-45
-60
-25
-42
-33
-31
-20
Österreich
229
128
30.883.942
84
-34
*) Wintersport-Gemeinden liegen mind. 100 m über einem gesicherten Schneedeckenaufbau (74)
sowie im Übergangsbereich von 100 m unter bis 100 m (54) über der natürliche Schneedecke
**) Gemeinden mit drei und mehr Seilbahnanlagen – 311 „Wintersport-Gemeinden“ Österreichs;
von diesen 311 Gemeinden liegen für 229 Wintersport-Gemeinden die technischen Daten der
hier situierten 1.200 Haupt- und Kleinseilbahnen vor, in den übrigen 82 Schigebiets-Gemeinden
mit drei und mehr Anlagen besteht das Seilbahnangebot in der Regel aus einigen Schleppliftanlagen, von denen keine Daten der Seehöhe der Talstationen veröffentlicht werden
Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009
33
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Höhenlage und natürliche Schneesicherheit der Schigebiete in Österreich
Schigebiete liegen
derzeit über dem
gesicherten
Schneedeckenaufbau
1800
Seehöhe der natürlichen Schneefallgrenze in m
1700
Künftig 2030
1600
1500
Knt
1400
NÖ
OÖ
1300
Sbg
1200
Stmk
Tir
1100
Vbg
1000
900
400
600
800
Quelle: ITR und BOKU-Met
1000
1200
1400
1600
1800
2000
2200
Median der Seehöhe der Talstationen der Seilbahnen in den Schigebieten in m
Abbildung 9: Höhenlage und natürliche Schneesicherheit der Schigebiete in Österreich
Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete
Österreichs
45
Über gesichertem
Schneedeckenaufbau
Anzahl der Wintersport-Gemeinden
40
Übergangsbereich
Unter gesichertem 41
Schneedeckenaufbau
Anzahl derzeit
Anzahl künftig
35
35
31
30
41
32
31
28
27
25
23
22
21
20
20
17
18
17
16
15
11
10
11
10
6
5
0
> 500 m
300-500
200-300
100-200
über 0-100 unter 0-100
unter 100200 m
200-300
300-500
> 500 m
Lage der Wintersport-Gemeinden über / unter dem gesicherten Schneedeckenaufbau
Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen; Formayer et al., 2009
Abbildung 10: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schigebiete Österreichs
34
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Auftauender Permafrost als Gefahr für Seilbahnen
Experten/-innen sind sich einig, dass nur eine langjährige Überwachung Aufschluss über das Verhalten des
Permafrosts und die mögliche Gefahr für hochalpine Bauten wie Seilbahnen geben kann. Das Wissen über die
alpenweite Verbreitung von Permafrostzonen ist aber noch fragmentarisch. In dem von der EU finanzierten
Projekt PermaNET soll eine erste internationale einheitliche wissenschaftlich fundierte Permafrostkarte des
Alpenbogens bis 2011 von Experten aus den fünf Alpenländern erstellt werden. Damit soll eine solide Datenbasis
für die weitere wissenschaftliche Forschung des Permafrosts und auch eine Übersicht der möglichen Verbreitung
des Phänomens erstellt werden. Erste Probleme zeigen sich bereits bei hochgelegenen Seilbahnen im alpinen
Raum. Die derzeitigen Fundamente der Seilbahnstützen und -stationen sind tief im Permafrost, also im „ewigen
Eis“, verankert. Taut nun wegen der Klimaerwärmung der Permafrost im Sommer auf, werden diese
Verankerungen durch Setzungen und Verschiebungen instabil. Wartungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie
Bauvorhaben werden deutlich erhöhte Kosten verursachen, was ökonomische Konsequenzen zur Folge hat.
Ein besonders spektakuläres Beispiel stellt hierfür der Gipfel des Sonnblicks mit dem historischen
meteorologischen Observatorium auf 3106 Meter Seehöhe dar. Das Observatorium wäre fast ein „Opfer“ der
Klimaerwärmung geworden, da der Permafrost in der Gipfelregion zu tauen begann und dadurch der stark
zerklüftete Fels an Stabilität verlor. In einer groß angelegten Sanierung der Gipfelpyramide wurde dem Fels mit
bautechnischen Maßnahmen unter die Arme gegriffen, u. a. wurden zwischen sechs und zehn Meter lange
Stahlanker in den stabilen Felskern geschraubt. Mittlerweile wird der Permafrost im
Situation in Österreich
■ Nimmt man für einen ersten groben Überblick eine alpine Permafrostgrenze ab etwa 2 500m an34, so liegen in
Österreich bei 95 Haupt- und Kleinseilbahnen die Stützen und Stationsbereiche zum Teil oder komplett im
Permafrostbereich, die eine Gesamtlänge von 147 Kilometer umfassen. Von diesen betroffenen 95
Seilbahnanlagen befinden sich 32 Anlagen mit einer Gesamtlänge von fast 38 Kilometer komplett (Tal- und
Bergstationen, Stützen) in Permafrostgebieten35.
Tabelle 7:
Höhenlage der Tal- und Bergstationen
der Haupt- und Kleinseilbahnen Österreichs
Höhenlage
in Meter
2500 - <2600
2600 - <2700
2700 - <2800
2800 - <2900
2900 - <3000
3000 - <3200
3200 - <3400
>3400
Anzahl
Talstationen
Bergstationen
4
14
7
2
4
15
25
15
8
8
16
7
1
1
32
95
Quelle: BMVIT, Seilbahnstatistik; ITR-Datenbank & Berechnungen
34
Der Permafrost tritt ab dieser Höhenlage nicht kontinuierlich (flächig) auf, sondern meist diskontinuierlich (fleckig) auf, die Verteilung wird in
erster Linie durch die klimatischen Bedingungen bestimmt, weiters durch die Hangneigung, die Hangausrichtung, die Seehöhe, die
Vegetation und die Beschaffenheit des Untergrundes
35
ITR-Datenbank und Berechnungen, BMVIT, Seilbahnstatistik;
35
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
2.1.5 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Winter
Die Ergebnisse einer Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden aus dem Jahre 2009 zeigen sehr
deutlich, wie die Wintersporturlauber auf die Zukunftsszenarien der Wissenschaft reagieren36. Der alpine
Klimawandel im Winter könnte zu gravierenden Änderungen im Reiseverhalten der österreichischen Schi/Schneeurlauber führen. Wenn nämlich eine Abfolge von mehreren schneearmen Winter mit schlechten
Schneebedingungen gegeben ist, würde eine deutliche Mehrheit der Schi-/Schneeurlauber, insgesamt sind es
61%, das Schifahren stark reduzieren (14%), nur bei guter Schneelage einen Schiurlaub (18%) oder nur mehr
Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen (19%) unternehmen. Jeder Zehnte würde mit dem Schifahren
sogar aufhören, jeder vierte Schiurlauber würde schneesicherere Alternativen/Gebiete aufsuchen.
Daraus resultieren natürlich erhebliche Auswirkungen auf die Wintersportorte bzw. die ganze
Tourismuswirtschaft. Der Wintersporttourismus der Österreicher wird sich durch die veränderten klimatischen
Bedingungen vorerst durch Verlagerung in höhere schneesicherere Zonen anpassen. Diesbezüglich stellt sich die
Frage, ob die Kapazität in den künftig schneesicheren höher gelegenen Wintersport-Gemeinden in Österreich
überhaupt vorhanden ist, um die „zusätzlichen“ Schi-/Schneeurlauber dort aufzunehmen. Eventuell stellt sich
diese Frage gar nicht, weil ja die deutliche Mehrheit der Schifahrer bei jahrelang schlechten Schneebedingungen
das Schifahren reduziert bzw. mit dem Schifahren aufhört oder nur bei guten Schneebedingungen TagesSchiausflüge bzw. einen Schi(kurz)urlaub macht.
Abbildung
Künftiges Winter-Urlaubsreiseverhalten der Schiurlauber
Frage: Und wenn eine Abfolge von mehreren schneearmen Wintern bzw. Winter mit schlechten Schneebedingungen
nacheinander gegeben sind. Was würden Sie in diesem Fall tun?
Mache wie immer Schiurlaub, aber in schneesicherer Region
25
Künftiges Verhalten
Besuche ein Gebiet mit zusätzlichen Attraktionen
5
Mache wie immer zur gleichen Zeit im gleichen Gebiet Urlaub
3
Nur mehr Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen
unternehmen
19
Mache Schiurlaub, wenn Schneelage gut ist
18
3
Fahre in mein Schigebiet, aber zu einem anderen Zeitpunkt
Häufigkeit des Schifahrens stark verringern
14
Mit den Schifahren ganz aufhören
10
Weiß nicht
2
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Datenbasis: Repräsentativauswahl von 185 österr. Schi-/Schneeurlaubern
Abbildung 11: Künftiges Winter-Urlaubsreisen der österreichischen Schiurlauber
In den tiefer gelegenen Höhenlagen wird auf alle Fälle eine Diversifizierung der Tourismusbranche auf neue
Bereiche bzw. alternative Angebote unvermeidlich werden, wobei dies bereits mittelfristig notwendig werden
könnte. Letztlich wollen Schiurlauber aber Schi fahren, sodass hier Kompensationsmöglichkeiten begrenzt sind.
Verschärft wird diese Entwicklung durch das Hauptproblem des schneegebundenen Wintersporttourismus, die
hohe interannuale Variabilität bzw. die durch die Befragung festgestellte sehr hohe Bereitschaft der Schifahrer,
36
Fleischhacker V., Formayer H. et al. (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen
Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden; Forschungsbericht im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.
36
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
nur dann Schi zu fahren (Schiurlaub und Tages-Schiausflüge), wenn die Schneebedingungen gut sind. Wenn
zunehmend nur Tagesschiausflüge bei guten Schneebedingungen unternommen werden, würde dies in erster
Linie die Hotellerie in den Wintersportorten treffen (Nächtigungseinbußen).
2.2 Sommertourismus
Im Rahmen des österreichischen Klima(folgen)forschungsprogramm StartClim wurden bereits mehrere Studien
zu den Auswirkungen des Klimawandels auf den Sommertourismus in Österreich durchgeführt
(www.austroclim.at/startclim).
2.2.1 Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Tourismuspotenzial
Eine Analyse von meteorologischen und klimatologischen Größen aus der Tourismus-Klimatologie und der
Human-Biometeorologie zeigt37, dass sich in Österreich - basierend auf berechneten Klimaprojektionen nach
Klimaszenarien des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg - für den Zeitraum 2021 – 2050 folgende
positive Aspekte ergeben könnten:
■ Verlängerung der Sommervor- und –nachsaison und
■ Zunahme der Perioden mit komfortablen thermischen Bedingungen für Freizeit und Erholung.
Diesem aus touristischer Sicht positiven Trend stehen einige weniger günstige Faktoren entgegen, wie die
■ Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Hitzestress, wobei die höheren Lagen über 1 000m - 1 200 m nicht
betroffen sind,
■ eine Erhöhung der Tage mit Schwüle in den Lagen unter 1000 m und eine
■ leichte Erhöhung der Tage mit langen Niederschlagsereignissen, die möglicherweise von dem Rückgang der
Zahl der Tage mit leichten oder keinem Niederschlag nicht kompensiert werden können.
2.2.2 Auswirkungen des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus
In einer weiteren Analyse wurde der wissenschaftliche Schwerpunkt auf die Klimasensitivität unterschiedlicher
Nachfragesegmente gelegt38. Im österreichischen Sommertourismus wird nämlich das Nächtigungsvolumen von
den Nachfragesegmenten Städte-, Kongress-, Kur-/Gesundheitstourismus, Urlaube in Luftkurorten, Seen-,
Donau-, Schutzgebiets-, Weinstraßentourismus, Urlaub auf dem Lande oder Alpin-/Bergtourismus geprägt.
Aufgrund ihrer unterschiedlichen Anforderungen an die „natürlichen Qualitätskriterien“, wie Landschaft/Natur und
Wetter/Klima, und ihrer differenzierten Palette an Natur konsumierenden Freiluftaktivitäten, sind die
Nachfragesegmente in unterschiedlichem Maße von klimatischen bzw. Witterungsverhältnissen abhängig und
daher auch von einer Klimaänderung betroffen.
Diese erste, auf Basis langjähriger Expertise durchgeführte Einschätzung der Betroffenheit der wichtigsten
Tourismussegmente, ergab folgendes Ergebnis (vgl. auch Abb. 8):
■ Der Seentourismus in Österreich, der durch eine hohe Klima-/Wettersensitivität geprägt ist, kann auch mit den
positivsten Auswirkungen des Klimawandels rechnen.
■ Generell positiv, aber mit Problemen des Klimawandels konfrontiert, sind die Auswirkungen für die
hochsensitiven Segmente Alpintourismus (Gletscherrückgang, Instabilität des Permafrostbereiches,
Abflussschwankungen der Flüsse) und für den Donautourismus (Niedrigwasserstände im
Sommer/Frühherbst) einzustufen.
37
38
Koch, E., Rudel, E. et al.(2007): Auswirkungen des Klimawandels auf das klimatische Torismuspotential. StartClim 2006
Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006
37
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Positive Auswirkungen sind auch für den Schutzgebiets- und Weinstraßentourismus, für die Luftkurorte
sowie für das Segment Urlaub auf dem Lande möglich, sie weisen aber nur eine mittlere Klima/Wettersensitivität auf.
■ Vorwiegend positiv sind die Auswirkungen für den gering klima-/wettersensitiven Städtetourismus zu
bewerten.
■ Für die gering sensitiven Segmente Kongress- und Kur-/Gesundheitstourismus sind die Auswirkungen der
Klimaänderung als indifferent einzustufen bzw. sie wären nur in geringem Maße betroffen.
Sensitivität und Wirkung des Klimawandels auf die Segmente des
Sommertourismus in Österreich
3,0
Seentourismus
2,5
positiv
Urlaub am Lande
Weinstrassen
2,0
Auswirkung
-
0,5
1,0
Schutzgebiete
Luftkurorte
1,5
2,0
2,5
3,0
Donautourismus
Städtetourismus
1,5
vorwiegend positiv
Alpintourismus
1,0
0,5
indifferent
Kongresstourismus
Kur-/Gesundheitstourismus
geringe
Bearbeitung: ITR und BOKU-Met
-
mittlere
hohe
-0,5
Sensitivität
Quelle: Fleischhacker, V. u. Formayer, H. (2007): Die Sensitivität des Sommertourismus in Österreich auf den Klimawandel. StartClim 2006
Abbildung 12: Sensitivität und Wirkung des Klimawandels auf die Segmente des Sommertourismus in
Österreich
Die charakteristische Lage der einzelnen Segmente in diesem Portfolio/Koordinatenkreuz ergibt sich aus den
ermittelten
Durchschnittswerten der Bewertungsdimensionen „Sensitivität“ (0,6 bis 2,86) und „Wirkung des Klimawandels“ (-0,2 bis 2,4), wobei die
unterschiedlichen Größen der Portfoliofelder aus den abgeleiteten Schwellenwerten der Sensitivitäts- und Auswirkungs-Stufen resultieren.
Die drei Größenstufen der Segmente zeigen die unterschiedliche Bedeutung bzw. das Nächtigungsvolumen der wichtigsten
Nachfragesegmente des Sommertourismus in Österreich.
Verbesserte Klimakenngrößen für den Seentourismus
Am Beispiel von zwei großen Seenregionen zeigen die Untersuchungsergebnisse, welche positiven
Auswirkungen die künftigen regionalen Klimakenngrößen in den Sommermonaten für die Tourismusbranche
haben. So führt in den Seengebieten in Oberösterreich-Salzburg bzw. in Kärnten der Temperaturanstieg für die
2040er Jahre zu folgender deutlich erhöhten Bade-Attraktivität:
■ Zunahme der „Sommertage“ (>25 °C) um etwa 40 %,
■ Verdoppelung der „Hitzetage“ (>30 °C) und zu einer
38
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Halbierung der „kühlen Tage“ (<20 °C).
Das künftige mittlere tägliche Temperaturmaximum wird sich besonders im Herbst-Monat September (auf 24°
bzw. 25 °C), aber auch im Vorsaison-Monat Juni (auf 25 ° bzw. 26 °C), spürbar erhöhen. Die Badesaison/tauglichkeit der beiden Seenregionen würde sich künftig somit über rund vier Monate erstrecken, sehr gute
„natürliche“ Voraussetzungen also, um vor allem die derzeit sehr bescheidenen Frequenzanteile in der Vor- und
Nachsaison und damit auch die Wirtschaftlichkeit (Auslastung) im Sommertourismus zu erhöhen.
■ Merklicher Anstieg der Oberflächenwassertemperatur um etwa 2 °C39
Die Badeattraktivität der Seen wird markant zunehmen und das Imageproblem, das den österreichischen
Seendestinationen anhaftet, nämlich „schön, aber kalt für Wassersport“, kann somit künftig beseitigt werden.
Positive Auswirkungen für Freizeitaktivitäten
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine aktuelle Studie, die sich mit den Auswirkungen des Klimawandels
auf sieben ausgewählte Tourismusregionen in Oberösterreich mit ihren spezifischen Angebots- bzw.
Nachfragesegmenten beschäftigt40, die auch für andere Destinationen beispielhaft sein können. Vor allem die
wichtigen sportlichen Freizeitaktivitäten rund um den Fit-/Wellnessbereich wie Radfahren, Mountainbiken, Reiten
und Wandern, ebenso Wassersport und Golf, können bereits früher und länger im Jahr ausgeübt werden und
können speziell in den Übergangsjahreszeiten aufgrund der höheren Temperaturen und der längeren
Vegetationsperiode mit einer gesteigerten Attraktivität rechnen.
Die Attraktivität von Naherholungsgebieten, wie Gewässer/Seen oder kühler Gebirgsregionen, wird aufgrund der
längeren Andauer von stabilen Schönwetterperioden – auch im Ausflugstourismus – zunehmen. Im Sinne einer
„Renaissance der Sommerfrische“ werden in den nächsten Jahrzehnten vor allem Oberösterreichs Seen und
Wandergebiete mit dem Thema Wassersport und Wandern sowie auch die Themen/Segmente Rad oder
Mountainbiken profitieren.
2.2.3 Zukünftiges Gefährdungspotenzial für den Alpintourismus
Als Folge des Klimawandels werden sich natürliche Prozesse im Hochgebirgsraum oberhalb der Waldgrenze
(Z. B. Stein-/Blockschlag, Fels-/Bergsturz, Rutschung, Setzungserscheinungen an Bauwerken) verstärken, sie
können somit eine wachsende Gefahr für Personen und Infrastruktur darstellen. Während für Siedlungen,
Verkehrswege, Wirtschaftsflächen und touristisch intensiv genutzte Flächen (z. B. Schipisten) ein ausgeklügeltes
System an permanenten und temporären Schutzmaßnahmen existiert, stellt sich zunehmend die Frage nach der
Gewährleistung der Sicherheit für Personen bzw. Gäste, die sich abseits dieser geschützten Areale auf alpinen
Wegen und Routen bewegen.
In zwei tourismusintensiven Hochgebirgsregionen wurden einschlägige Untersuchungen durchgeführt: Tuxer Tal,
Großglockner-Pasterze.
Gefährliche Prozesse durch Gletscherschwund und auftauenden Permafrost
■ Beispiel Tuxer Tal 41
Mittels eines vereinfachten Modells kann gezeigt werden, mit welcher Art von Schadensereignissen in welchen
Abschnitten einer Hochgebirgsregion infolge von Gletscherrückgang oder Auftauen des Permafrostes unter
39
Dokulil, M. T. (2009): Abschätzung der klimabedingten Temperaturänderungen bis zum Jahr 2050 während der Badesaison. Studie i. A. d.
Österreichischen Bundesforste
40
Formayer, H. u. Kromb-Kolb, H. (2009): Klimawandel und Tourismus in Oberösterreich. Forschungsbericht i. A. Amtes d. OÖ LReg. u. d.
Landes-Tourismusorganisation OÖ, BOKU-Met Report 18
41
Pröbstl, U., Damm, B. et al. (2009): Wahrnehmung und Bewertung von Naturgefahren als Folge von Gletscherschwund und
Permafrostdegradition in Tourismusgebieten am Beispiel des Tuxer Tals (Zillertaler Alpen/Österreich). StartClim 2008
39
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Berücksichtigung des Temperaturszenarios +1,5° C gerechnet werden muss. Die dargelegte Modellierung erlaubt
– alpinen Vereinen, Gemeinden, Tourismusbetrieben und interessierten Personen – schnell und mit begrenztem
Aufwand eine mögliche Betroffenheit durch den Rückgang des Permafrostes (räumliche Ausbreitung von
Anrissbereichen von Steinschlag-, Blockschlag- und Felssturzprozessen) festzustellen. Auch die zunehmende
Ausaperung der Gletscher (Steinschlag, Blockschlaggefahr), das Abschmelzen von Gletscherzungen (häufig
zunehmende Steilheit), die Absenkung von Gletscheroberflächen (Ausbildung von Felsstufen beim Übergang von
Gletscher auf Fels, vergrößerter Bergschrund) und die Laufverlagerungen von Gletscherbächen betreffen die
Wegverläufe. Zur Reduzierung bzw. Vermeidung unverhältnismäßiger Risiken ergibt sich zumindest für
verschiedene Hüttenzugänge, Höhenwanderwege und Übergänge die Notwendigkeit von Anpassung, Neubau
und Instandhaltung von Weganlagen.
Besonders
wichtig:
Vorausschauende Abschätzung
Entwicklung von Maßnahmen
von
Sicherheitsaspekten
und
frühzeitige
Eine Befragung von über 300 Bergtouristen und Erholungssuchenden im Rahmen dieser Untersuchung zeigt
nämlich, wie wichtig eine vorausschauende Abschätzung von Sicherheitsaspekten und frühzeitige Entwicklung
von Maßnahmen sind. Etwa die Hälfte der Befragten ist den bequemen Bergwanderern zuzuordnen, die auch
den Ausblick in die Landschaft besonders schätzen. Diese Gruppe erweist sich im Hinblick auf
Gefahrensituationen als sehr unerfahren und unsicher, was die Bedeutung von einschlägigen Informationen
unterstreicht. Sie reagieren stark auf eine Veränderung der Bedingungen und zeigen eine hohe Bereitschaft in
ungünstigen Fällen die Tourismusdestination zu verlassen. Daraus ergeben sich mögliche negative
Auswirkungen auf die regionale touristische Wertschöpfung.
Die Befragungsergebnisse zeigen auch, dass die Maßnahmen, die mit der Kartenherstellung/-nachführung zu tun
haben, primär als Aufgabe des Landes und des Bundes gesehen werden. Im Gegensatz dazu werden
Verbesserungen bei Markierungen und Hinweisschildern eher als Aufgabe der alpinen Vereine betrachtet. Das
gilt auch in gleicher Weise auch für Führungen, Schulungen und Wartungsarbeiten. Eine zweite wichtige Rolle im
Hinblick auf die Adaption ist nach Ansicht der Befragten von den Gemeinden zu tragen, die bei Wartung,
Schutzmaßnahmen und Markierung von knapp einem Viertel der Befragten in der Pflicht gesehen werden.
■ Beispiel Großglockner-Pasterzengebiet 42
Im Großglockner-Pasterzengebiet, in einer der meistbesuchten Hochgebirgslandschaften Österreichs, wurden im
Rahmen einer StartClim-Studie jene potenziell gefährliche Sturz- und flächenhafte Abtragungsprozesse
untersucht und modelliert, die vor allem durch den Gletscherrückgang und den auftauenden Permafrost
verursacht werden könnten.
Aus den Untersuchungsergebnissen konnte eine aktuelle Gefährdungskarte abgeleitet werden, die das
untersuchte Gebiet flächenhaft in vier Gefährdungsklassen gliedert.
+ Situation in der Zukunft
Mit Hilfe von Daten aus Klimamodellen wurden die Bedingungen für ein Szenario 2030 abgeschätzt und auch
eine Gefährdungskarte für das Jahr 2030 erstellt. Durch Überlagerung mit dem Wege- und Routennetz wurden
Karten der Verletzlichkeit einzelner Wegabschnitte erstellt, wobei leicht zu erkennen ist, wie stark die einzelnen
Weg- und Routenabschnitte von gefährlichen Prozessen betroffen sind.
Folgerungen
42
Lieb G. K. Kern K. et. al. (2010): AlpinRiskGP – Abschätzung des derzeitigen und zukünftigen Gefährdungspotentials für Alpintouristinnen/touristen und Infrastruktur bedingt durch Gletscherrückgang und Permafrostveränderung im Großglockner-Pasterzengebiet (Hohe Tauern,
Österreich). StartClim 2009
40
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Die Ergebnisse zeigen klar, dass sowohl der Anteil der Wege und Routen in den höheren
Gefährdungsklassen bis 2030 zunehmen werden. Die Vulnerabilitätskarten wurden auch von Kundigen der
Region begutachtet und im Hinblick auf mögliche Maßnahmen bewertet. Die vorgeschlagenen Maßnahmen
reichen von konkreten Wegsicherungsarbeiten (z. B. Auflassung oder Neuanlage (Umleitungen) von Wegen bzw.
Wegabschnitten) bis zu neuen Organisationsformen in der Wegerhaltung und des Wegemanagements: z. B.
Einrichtung eines Wege-Informationssystems, professionelle Wegarbeiter-Teams).
Die entwickelte Methode ist auf andere Hochgebirgsregionen übertragbar. Auch die Untersuchungen im Tuxer
Täler können Vorbildcharakter für touristisch genutzte Hochgebirgsregionen bekommen.
2.2.4 Auswirkungen des Klimawandels auf den Neusiedler See-Tourismus
Die klimabedingten Wasserspiegelschwankungen des Neusiedler Sees und deren Auswirkungen auf das
Verhalten von Touristen waren Thema einer Analyse, die mittels Befragungen von Urlaubern und
Wochenendgästen der Region erfolgte und folgende Ergebnisse erbrachte43:
■ Für die meisten Urlauber ist eine eingeschränkte Bademöglichkeit im See nicht entscheidend, solange noch
ein ansprechendes Bild des Sees vorhanden ist. Eingeschränkte Bademöglichkeiten können durch
Pools/Bäder kompensiert werden.
■ Anders sehen dies die vielen Tages- und Wochenendbesucher. Aus ihrer Sicht sind die Möglichkeiten, eine
eingeschränkte Bademöglichkeit im See durch Pools zu kompensieren, begrenzt.
■ Deutliche Einbußen ergeben sich auch im Bereich Segeln.
■ Ein Potenzial an Adaptionsmöglichkeiten zeigt sich vor allem bei den Urlaubern aufgrund des hohen Interesses
an Natur-, Kultur- und weinbezogenen Angeboten.
■ Neben dem See und den charakteristischen Angeboten der Neusiedlerseeregion ist das gehobene
sportbezogene Infrastrukturangebot (Reiten, Golf) von geringem Einfluss.
Die Überlegungen durch mehr Information zum Steppensee die Akzeptanz von Wasserschwankungen zu
erhöhen bestätigt sich bislang nicht.
2.2.5 Hot Town, Summer in the City
Die Verstärkung des Wärmeinseleffekts durch den Klimawandel beeinflusst sowohl die Stadtbevölkerung als
auch den Städtetourismus. Dieser hat in den Sommermonaten Juli und August die höchste Anzahl an Tourist/innen zu verzeichnen. Viele Studien weisen darauf hin, dass in Städten in Zukunft mit einer kontinuierlichen
Zunahme der Hitzetage und –perioden zu rechnen ist. Schon heute treten in Wien im Mittel 11 bis 13 Hitzetage
pro Jahr auf, deren Anzahl könnte sich bis Mitte des Jahrhunderts sogar mehr als verdoppeln. Im Rahmen der
Studie „Hot Town, Summer in the City“ wurden am Beispiel Wiens die Auswirkungen von Hitzetagen auf das
Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von Städtetourist/-innen untersucht44.
Eine Befragung von 365 Tourist/-innen im Juli 2010 und 2011 unmittelbar nach einem Hitzetag und die im
Rahmen eines World Cafés durchgeführte Diskussion mit Fachleuten zeigt, dass vor allem in den Bereichen
Begrünung, Information von Tourist/-innen (z.B. Kennzeichnung von Trinkbrunnen und kühlen Orten in
Stadtplänen, Bereitstellung hitzeadäquater Besichtigungstips in den Gästeunterkünften und über Internet-
43
Pröbstl, U., Jiricka, A. et. al. (2007) : See-Vision : Einfluss von klimabedingten Wasserschwankungen im Neusiedler See auf die
Wahrnehmung und das Verhalten von Besucherinnen und Besucher. StartClim 2006
44
Allex, B.; Liebl, U.; Brandenburg, C. Gerersdorfer, T. Czachs, C. (2011): „Hot town, Summer in the city“ - Die Auswirkungen von Hitzetagen
auf das Freizeit- und Erholungsverhalten sowie das Besichtigungsprogramm von StädtetouristInnen – dargestellt am Beispiel Wiens.
Endbericht von Start-Clim2010.F. In: StartClim2010: Anpassung an den Klimawandel: Weitere Beiträge zur Erstellung einer
Anpassungsstrategie für Österreich, Auftraggeber: BMLFUW, BMWF, BMWFJ, ÖBF
41
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Applikationen) sowie Weiterbildung von Touristiker/-innen Handlungsbedarf gegeben ist. Ein besonderes Plus für
Wien und auch andere österreichische Städte ist der leichte Zugang zum qualitativen Trinkwasser.
Folgende Maßnahmen zur Anpassung des Städtetourismus an die zu erwartenden höheren Temperaturen
wurden in der Studie identifiziert: Maßnahmen im Bereich der Tourismus-Architektur (z.B. Dach- und
Fassadenbegrünung, helle Baumaterialien), Maßnahmen in der Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung (z.B.
Freihaltung von Grünzügen und Frischluftschneisen, Einsatz von Verdunstungskühlung durch bewegtes Wasser),
infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. Trinkbrunnen, beschattete Sitzgelegenheiten) sowie organisatorische
Maßnahmen (z.B. Hitzewarnsysteme, Öffnen von „Abkühlungsorten“).
2.2.6 Klimawandel und künftiges Reiseverhalten im Sommer
Im Rahmen einer repräsentativen Online-Befragung von über 800 österreichischen Urlaubsreisenden wurde
erstmals auch untersucht45, wie der Urlauber in seinem Urlaubsverhalten reagiert, wenn es z. B. an den
Küstenzielen am Mittelmeer in den Sommermonaten einfach zu heiß wird, Trockenheit und Wassermangel
herrschen.
■ Chancen für den Sommertourismus
Die Reaktionen auf die regionalen Klima-Szenarien für den Sommer eröffnen Chancen für den
österreichischen Tourismus. Aus den Befragungsergebnisse geht nämlich deutlich hervor, dass bei einer
Abfolge von mehreren extrem heißen Sommer mit unattraktiven Bedingungen am Mittelmeer rund 30 % der
österreichischen Strand-/Badeurlauber keinen Mittelmeerurlaub mehr machen, sondern die heimischen Seen
für einen Badeurlaub nutzen würden. Weiters würde jeder sechste Strandurlauber statt eines Badeurlaubes
künftig etwas anderes unternehmen, z. B. einen Wander-/Bergurlaub.
Für den seit langem insgesamt stagnierenden heimischen Sommertourismus ergeben sich damit langfristig
große Chancen, in erster Linie für den Seentourismus, der, trotz wetterbedingter zeitweiliger
Nachfragesteigerungen, seit vielen Jahren mit Nachfrageproblemen zu kämpfen hat und die stärksten
Marktanteilsverluste im österreichischen Sommertourismus aufweist.
Die Seengebiete verfügen neben dem Nächtigungstourismus auch über einen starken Tagesausflugsverkehr,
der mit den künftig wärmeren Bedingungen im Frühling, Sommer und Herbst zunehmen könnte. Ohne
entsprechende infrastrukturelle Angebotsverbesserungen (vom Beherbergungsbereich bis zu vermehrt
öffentlich zugänglichen See-Strandflächen) sind die Chancen aber nur marginal nutzbar.
45
Fleischhacker V., Formayer H. et al. (2009): Auswirkungen des Klimawandels auf das künftige Reiseverhalten im österreichischen
Tourismus. Am Beispiel einer repräsentativen Befragung der österreichischen Urlaubsreisenden; Forschungsbericht im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.
42
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Abbildung
Künftiges Sommer-Urlaubsreiseverhalten der Strand-/Badeurlauber
Frage: Und wenn mehrere extrem heiße Sommer mit unattraktiven Bedingungen im Hochsommer am Mittelmeer
auftreten; wie würden Sie sich da verhalten?
Künftiges Verhalten
Mache keinen Meer-/Strandurlaub, sondern nutze die
heimischen Seen für Badeurlaub
28
Mache keinen Badeurlaub, sondern anderes (Wandern,…)
16
Fahre in mein Urlaubsgebiet, aber zu einem anderen
Zeitpunkt, um der extremen Hitze zu entgehen
21
Mache Meer-/Badeurlaub, jedoch nur bei guten bzw.
angenehmen Bedingungen
15
Mache wie immer zur gleichen Zeit im gleichen Gebiet Urlaub
2
Mache wie immer Meer-/Badeurlaub, aber in kühleren
Regionen
12
Weiß nicht
7
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Datenbasis: Repräsentativauswahl von 617 österr. Strand-/Badeurlauber am Meer
Abbildung 13: Künftiges Sommer-Urlaubsreiseverhalten der österreichischen Strand-/Badeurlauber
■ Verstärkte Nutzung der Naherholungsräume
Ein weiterer positiver Aspekt für den alpinen Sommertourismus: Die Hitzebelastung in den Städten wird
einerseits zu einer verstärkten Nutzung der Naherholungsräume, auch der Alpen für Kurzurlaube führen. Für
die Sommer-Destination Österreich ist ein zusätzlich positiver bzw. verstärkender Aspekt das steigende
Gesundheitsbewusstsein. Das beeinflusst zwar das touristische Nachfragevolumen nicht, sehr wohl aber die
Entscheidungsfindung für oder gegen eine Urlaubsdestination.
Andererseits besteht aber auch die Möglichkeit, der großen Hitze der Stadt zu entfliehen, indem die
Erreichbarkeit von Naherholungsgebieten (z. B. großen Parkanlagen, Wäldern, Nationalparks) mit öffentlichen
Verkehrsmitteln verbessert wird sowie die Information zu deren Erreichbarkeit verfügbar ist. Die Bewerbung
von alternativen Möglichkeiten der Zielerreichung (in Wien z. B. fahren Bootstaxis am Donaukanal) und –
nutzung könnte zur verstärkten Nutzung auch der Naherholungsräume führen (siehe auch StartClim2010,
Allex et al., 2011).
■ Steigende Nachfrage nach gesunden, sauberen Destinationen
Destinationen mit potenziellen Gefahren für die Gesundheit (die als „ungesund“ wahrgenommen werden; zu
heiß, mangelhafte Trinkwasserversorgung/Wasserknappheit, verschmutztes Wasser,…) geraten unter Druck
bzw. werden gemieden. Eine steigende Nachfrage nach gesunden, sauberen Destinationen, wie sie das
alpine Österreich bietet, ist daher bei unterstützenden bzw. gezielten Marketingstrategien realistisch.
43
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
3. Herausforderungen und Trends der Zukunft
Auch ohne Klimawandel befindet sich der Tourismus in einem sich ändernden Umfeld. Urlaub und Reisen bleiben
ein bedeutender Wachstumsmarkt, er wird aber komplexer und volatiler und dadurch wird es auch immer
anspruchsvoller markante Zukunftstrends herauszuarbeiten. Der Klimawandel könnte jedoch zu einer
veränderten Akzentuierung der Tourismusgewohnheiten führen. Genaue Aussagen über Zukunftstrends der
Tourismuswirtschaft sind schwierig. Es ist aber durchaus möglich, in Bezug auf den Tourismus in Österreich
allgemeine und spezifische Nachfrageveränderungen bzw. aktuelle Trends der Tourismusnachfrage zu
identifizieren, die bestimmte Entwicklungen wahrscheinlich machen. Einerseits können damit die anstehenden
Herausforderungen von den touristischen Leistungsträgern bewältigt, und andererseits die Chancen der Trends
der Zukunft genutzt werden.
3.1 Reiseverhalten, Gästebedürfnisse
Folgende wichtige Trends im Reiseverhalten der Touristen und bei den Gästebedürfnissen sind anzuführen:
■ Trend zur Differenzierung/Individualisierung, individueller durch zunehmende Reiseerfahrung und autonom
planende Nachfrager, Individualität als Leitmotiv durchdringt bereits alle Altersgruppen und Lebensbereiche:
Motive, Reiseverhaltensmuster und Urlaubsformen fächern sich zunehmend auf, es entstehen immer mehr
und immer kleinere Segmente. Gesucht werden flexiblere Urlaubs-/Reiseangebote für unabhängiges Reisen
nach eigenen Vorstellungen, Angebote, die für ihn/sie persönlich maßgeschneidert sind und gleichzeitig
Kontaktmöglichkeiten bieten sowie innovative Produkte und Vertriebswege. Statt Massenware zu
konsumieren, verlangt eine wachsende Zahl von Verbrauchern nach speziellen Lösungen. Der/Die Einzelne
ist dabei die wichtigste Instanz, nach der sich Angebote ausrichten müssen. Jeder will individuell behandelt
werden. Maßgeschneiderte Produkte und personalisierte Services werden zunehmend zur
Selbstverständlichkeit. A-la-carte-Angebote werden immer populärer. Die neuen, immer ausgeklügelten
Technologien fördern die wachsenden individualisierten Reisedienstleistungen. Für die Tourismusanbieter
besteht die Herausforderung darin, die Wünsche der Kunden/Gäste zu antizipieren und mit wechselnden
neuen Angeboten zu befriedigen.
■ Trend zu spontanen Reiseentscheidungen, Spontaneität wird zu einem wesentlichen Muster des
Kundenverhaltens: Gesucht werden Angebote mit Überraschungseffekt, die in letzter Minute gebucht werden
können. Die interaktiven Medien unterstützen und ermöglichen das kurzfristige und spontane Verhalten. Je
spontaner aber die Kunden werden, umso schwieriger wird es jedoch, ihr Verhalten zu prognostizieren.
■ Trend zu häufigeren und kürzeren Reisen aufgrund der wachsenden Mobilitätsbereitschaft: Gesucht werden
Reiseangebote, die zwischendurch Abwechslung schaffen. Daraus ergibt sich ein größerer Bedarf an mehr
Produkten und Erlebnissen sowie an kulturellen Events und Attraktionen.
■ Saisonalität: Die Kurzreisen werden öfter und verteilt über das ganze Jahr unternommen werden (begünstigt
durch die Verlängerung der Saison – gutes Wetter), sie werden weniger auf eine Saison konzentriert. Die
Reiseströme werden dadurch tendenziell ausgeglichener, was zu einer Absenkung der Spitzenbelastungen in
den Destinationen beiträgt. Die Saisonalität wird abflachen.
■ Zunehmende Preissensibilität, Trend zu billigeren Reisen: Gesucht werden preisgünstige Angebote, die es
erlauben, mehrfach zu verreisen. Überkapazitäten bzw. funktionierende Konkurrenzmärkte und Internet sind
die Treiber dieses Trends. Auch in diesem „Billig“-Segment mit den günstigen, unterhaltsamen
Standardprodukten sucht der Kunde Verlässlichkeit und ein gewisses Mindest-Niveau. Berechenbarkeit,
Sauberkeit, Unterhaltungswert und Inszenierung bleiben hierbei wichtig.
Die Zahl der „Schnäppchenjäger“ (häufig, aber nicht immer, jüngere Reisende) nimmt zu.
■ Steigendes Anspruchsniveau, Trend zur behaglichen Umgebung: Gesucht werden Destinationen und
Gästeunterkünfte mit Atmosphäre und hohem Komfort. Im Premiumsegment sind Innovation und wirkliche
Differenzierung gefragt. Das bereits hohe Qualitätsbewusstsein, die große Reiseerfahrung, die ausgeprägte
Preis-Leistungssensibilität und die zusätzlichen Informationsquellen führen zu weiter zunehmender
Qualitätsorientierung. Die anspruchsvoller werdenden Gäste mit ihren steigenden Erwartungen an die Qualität
44
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
der touristischen Angebote lösen deshalb auch einen dauernden Anpassungsdruck auf die
Tourismusunternehmer aus. Die Anbieter können diese steigenden Erwartungen nur erfüllen, wenn sie sich im
Angebot spezialisieren.
■ Wachsendes Sicherheitsbedürfnis und -denken, Trend zu Sicherheit und hohem Anspruch: Gesucht werden
(vermeintliche) sichere Reisen bzw. Destinationen.
■ Trend zu mehr individuellem Wohlbefinden, Gesundheits- und Wellnessangeboten. Die Nachfrage an solchen
Produkten wird vor allem in den Industrieländern ansteigen. Tourismus-, Freizeit- und Gesundheitsangebote
wachsen immer stärker zusammen, die Betriebe in diesen Bereichen entwickeln immer mehr kombinierte
Produkte. Die Beliebtheit von hochprofessionellen Wellness-/Gesundheitshotels wächst: Gesucht werden
Angebote/Urlaubsformen, die den überreizten Menschen ganzheitlich beseelen. Wellnessangebote mit
gesunder Ernährung, körperlicher Bewegung, Schönheitspflege (markant steigend), vielfältigsten
Therapieformen, Stressbewältigung, spirituellem Charakter, Körperdesign/-optimierung, viel Erholung und
Angebote die Wohlbefinden und Spaß kombinieren haben Zukunft. Die Interessengruppen überschneiden
sich, sind daher unbedingt differenziert zu betrachten (keine Angebotsvermischung und halbherzigen
Produkte).
Wohlfühlelemente werden wichtiger: Für die Wahl eines Hotels werden künftig weiche Faktoren – wie die
Atmosphäre eines Hauses, der Stil, die Farben, die Lichtgestaltung, die Materialien, die Düfte (rauchfreies
Ambiente), die Authentizität, die Individualität, die persönliche Kontaktpflege oder die Freundlichkeit sowie die
Motivation der Mitarbeiter – einen immer höheren Stellenwert einnehmen.
■ Trend zum Erlebnis, zur Erlebnisorientierung: Im Urlaub will man was erleben, nachholen, was im
arbeitsintensiven Alltag zu kurz kommt. Gefragt sind Angebote mit einzigartigen, lustvollen, spannenden,
intensiven Erlebnissen und viel Abwechslung, auch in intakter Natur und Umwelt, an die man sich gerne
wieder erinnert und die man auch gerne mit anderen teilt. Immer gilt dabei, das Erlebnis ist das Marketing.
■ Der Trend zur „Eventisierung“ wird von der Sozialpsychologie als Kompensation eines Verlustes an
traditionellen Verbindlichkeiten gedeutet46. Hochdifferenzierte/-individualisierte Gesellschaften suchen nämlich
ihr Erlebnis/Glück auch in punktuellen, „situativen“ arrangierten Gemeinschaftserlebnissen, die sich ja
grundsätzlich beliebig vermehren/arrangieren lassen.
■ Trend zur Multioptionalität: Die Gäste werden in Zukunft zugleich Authentisches und Neues, Ausspannen und
Aktivitäten suchen, sie werden den Wunsch nach Entschleunigung äußern, aber gleichzeitig viel erleben
wollen. Sie möchten ihren Urlaub aktiv gestalten und mit möglichst vielen individuellen Erlebnissen füllen. Kurz
gesagt, dieser Typ Gast möchte eine multioptionale Angebotspalette. Der Gast kann immer weniger allein mit
hochwertigen naturlandschaftlichen Produkten gewonnen werden. Es muss ergänzend ein erlebnisreicher
Zugang zu den touristischen Angeboten und Infrastrukturen geschaffen werden. Von den Destinationen
Österreichs dürfte in Zukunft deshalb mehr Flexibilität und Vielseitigkeit erwartet werden.
■ Überkommene lokale bzw. regionale Feste müssen, um beim Publikum/bei den Gästen Aufmerksamkeit zu
erregen bzw. zu Punkten, im Sinne einer „Neuerfindung des Traditionellen“ mindestens mit populären,
destinationsspezifischen Eventelementen angereichert werden, die vom Gemeinschaftserlebnis getragen
wird.
■ Trend zur neuen Einfachheit: Man sucht Leistungen und Angebote, die sich wirklich am Kunden ausrichten
und ihn nicht verwirren. Dies verlangt nach klaren Informationen hinsichtlich der Leistungsinhalte und der
Aufwendungen, die der Kunde aufzubieten hat.
■ Trend zur Authentizität/Originalität/Ehrlichkeit: Man sucht echte, authentische Angebote/Urlaube mit mehr
Qualität, Natürlichkeit und damit Gesundheit sowie kulturelle Einzigartigkeit. Alles Aufgesetzte und Inszenierte
nervt. Das Atmosphärische – die immaterielle Qualität des Urlaubs – wird immer wichtiger, ebenso
Leidenschaft, Begeisterung und Ehrlichkeit gegenüber dem Gast (ungekünstelte Gastfreundschaft), als
Grundessenzen für ein wirklich authentisches Angebot. Immer mehr Reisende legen Wert auf diese Art des
46
Schnaas, D. u. Schwarz, Ch. (2012): Lizenz zum Ausflippen, Wirtschaftswoche, 8/2012, S. 118ff
45
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
bewussten Reisens (nachhaltiger Tourismus). Auch eine signifikant wachsende Zahl von Reiseveranstaltern
ist dabei, den Touristen die Möglichkeit zu bieten, eine besonders authentische Reiseerfahrung zu machen,
die Einheimische und ihre Umwelt positiv einbezieht.
■ Trend zum naturnahen Tourismus, steigende Sensibilität für die Umwelt bzw. Umweltverantwortung:
Erlebnisse bzw. Aktivitäten in intakter Natur und Umwelt bleiben auch in Zukunft für die eigene
Urlaubszufriedenheit wichtig. Die zunehmenden Natursportaktivitäten gewinnen ihren besonderen Reiz aus
der Verbindung von Bewegungs- und Naturerlebnissen. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Megatrends
wie „Alterung“, dem wachsenden Interesse an Gesundheitsprävention, „neue Einfachheit“, zurück zur Natur
und Entschleunigung werden in Zukunft gesundheitsorientierte, schnell erlernbare und lebenslang
auszuübende Aktivitäten noch mehr Anhänger finden, wie z. B. Wandern, Nordic Walking, Laufen, Radfahren,
Schilanglauf und Winterwandern.
Vor allem das Wandern in den verschiedenen Facetten, das Segment der Zukunft für Jung und Alt, wird
erneut zum Trend, wird dem jüngeren Publikum zugänglich und erlebt ein Revival. Aus den unterschiedlichen
Bedürfnissen kristallisieren sich für die zukünftigen Alpinsommer-Gäste auch unterschiedliche Typen heraus,
wie die „zielstrebigen Gesundsheitswanderer“, die „Regenerationswanderer“, „Wandern als Herausforderung“
oder Wandern als „Naturerlebnis, Geselligkeit, Familienausflug“.
Für einen Urlaub in den Alpen bleiben auch in Zukunft die schöne Landschaft, die guten
Erholungsmöglichkeiten, die Erreichbarkeit mit dem Auto, die gastfreundlichen Menschen und die vielen
Wanderwege wichtige Entscheidungsgründe für einen Urlaub in Österreich. Der Gast kann aber auch in
Zukunft nicht allein mit hochwertigen naturlandschaftlichen Produkten gewonnen werden.
Ein nachhaltiger Lebensstil wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen (z.B. LOHAS, d. h. „Lifestyle of Health
and Sustainability“). In diesem wachsenden Gästesegment spielen Werte wie Erfahrung, Engagement,
Gelassenheit, Freundschaft, Ehrlichkeit, Sinnsuche und Verantwortung eine große Rolle.
■ Die Nachhaltigkeit gehört zu einem der großen Trends im Tourismus. Aber: Das World Tourismus Forum
Luzern hat nun wissenschaftlich untersucht, was Touristen unter Nachhaltigkeit verstehen. Und wie wichtig sie
für ihre Urlaubsplanung ist. Die ernüchternde Erkenntnis: Bei den Faktoren, die die Buchung beeinflussen,
setzen die Deutschen Nachhaltigkeit auf Rang sieben. Auch weltweit landet das Thema ebenfalls auf Platz
sieben. Davor liegen jedenfalls in Deutschland, Kultur, Wetter, Landschaft, Anreisemöglichkeit, Essen und der
Preis.
■ Die steigende Nachfrage nach umweltvertäglichen sowie naturbezogenen Reisen wird zu einer größeren
Produktvielfalt und verfeinerter Produktentwicklung in diesem Segment führen.
■ Trend zum „Green Living“, das neue bewusste Konsum- und Reiseverhalten: Um Klimawandel, erhöhten
Ressourcenverbrauch und Umweltbeeinträchtigung auszugleichen und das schlechte Gewissen zu beruhigen,
avanciert ökologisches und soziales Bewusstsein zum Trend. Wachsendes Interesse der Urlaubsreisenden an
umwelt-, energie- und klimaschonenden Hotels. Auch hier gilt: Die Positionierung als „grünes Hotel“ ist
glaubwürdig umzusetzen.
Eine energieeffiziente Bauweise, eine umweltschonende Ausstattung und eine durchdachte Abfallentsorgung
werden dabei ebenso erwartet wie passende gastronomische Angebote und Mitarbeiter, die in
umweltgerechtem Handeln geschult sind. Die steigende Anzahl Bio-, Fairtrade- und Nachhaltigkeitslabels ist
Ausdruck dieser Sehnsucht nach Konsum ohne Reue und schlechtes Gewissen.
■ Trend zum Online-Suchen und -Buchen. Das Internet ist bereits ein Massenmedium, ein Infrastruktursystem
des kommunikativen Alltags, nicht nur für die junge, sondern auch zunehmend für die reife Zielgruppe. Alter,
Bildung und Einkommen dürften immer weniger Einfluss auf die Internetnutzung haben. Ohne Netzadresse gilt
man als Irrläufer der Medienevolution, ohne Internetauftritt als Methusalem, ohne Buchungsmöglichkeit als
hoffnungslos rückständig. Von den Beherbergungsbetrieben wird ein laufend aktualisierter,
unverwechselbarer, auch witziger und informativer Internet-Auftritt erwartet. Nicht nur der erste Kontakt findet
46
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
im Netz statt, auch die Betreuung läuft zunehmend online. In Österreich ist Schätzungen zufolge derzeit47 erst
jeder zweite Hotelbetrieb, Pension oder Gasthof online buchbar.
■ Das Buchungsverhalten wird sich weiter in Richtung kurzfristig ändern: Späteres, von der Schnee- und
Wetterlage abhängiges Buchen wird dominieren.
■
Die nutzergenerierten Online-Bewertungs-/Empfehlungsplattformen entwickeln sich neben den
persönlichen Empfehlungen von Freunden/Bekannten zu den nützlichsten Informationsquellen. OnlineBewertungssysteme und Blogs ermöglichen es, eine Destination, ein Hotel, ein Restaurant auf Herz und
Nieren zu prüfen. Destinations-Websites bieten einen guten Überblick, sind nützlich und machen Lust auf
Urlaub. Man hält sie allerdings für nicht neutral und sucht daher immer häufiger nach Online-Reiseberichten.
Während Verbreitung und Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien weiter wachsen,
verlieren klassische Imagewerbung und gedruckte Hochglanzbroschüren der Anbieter zunehmend ihre
Wirkung.
Der Trend zu Buchung und Kommunikation über soziale Netzwerke wird in Zukunft zum Alltag werden. In
den USA nutzen heute bereits 52 Prozent der erwachsenen Urlauber soziale Netzwerke, um sich mit
Freunden über ihr nächstes Reiseziel auszutauschen oder von Reiseunternehmen direkt informiert zu werden.
Wie schnell diese Entwicklung passiert, hängt vor allem davon ab, wie stark es Facebook und Co gelingt, sich
als glaubwürdige Infokanäle zu etablieren.
Die Konsumenten/Gäste werden verstärkt das Internet auch dazu nutzen, um vor Ort nach Events, Aktivitäten,
Attraktionen, kulturellen Tourismusprodukte u. a. m. zu suchen anstatt es nur als Informationsquelle vor der
Reise zu verwenden. Bereits derzeit können mit mobilen Applikationen via Handy tagesaktuelle detaillierte
Informationen zu österreichischen oder anderen alpinen Schigebieten abgerufen werden, z. B. über iSki
Austria. Alle touristischen Leistungsträger werden dank GPS und Google Earth allgegenwärtig. Google
digitalisiert bereits die Straßen (vereinzelt auch Schigebiete), an einer GPS-gestützten Digitalisierung des
umfangreichen alpinen Wanderwegenetzes wird gearbeitet. Google Maps Street View wird die Wahrnehmung
touristischer Räume nachhaltig beeinflussen. Diesbezüglich stellt sich die Frage, wie wird der Gast zukünftig
sein Hotel auswählen, wenn er sich die angrenzenden Straßenzüge und die zugehörige Klientel im Voraus
ansehen kann?
3.2 Treibende Faktoren der Tourismusentwicklung
Die wesentlichsten Triebkräfte der Veränderung im externen Umfeld des Tourismus, die wechselweise auf der
Nachfrage- und Angebotsseite wirken, sind:
Gesellschaftliche Tendenzen
■ Alternde Bevölkerung, die Reisenden werden älter: Dass der demografische Wandel den Tourismus
nachhaltig verändern wird, ist heute unbestritten. In vielen hochentwickelten Ländern tragen
Geburtenrückgang und steigende Lebenserwartung dank medizinischem Fortschritt dazu bei, dass der Anteil
älterer Menschen an der Bevölkerung insgesamt zunimmt. Mittel- bis langfristiges Wachstum der älteren
Bevölkerungsgruppen ist vor allem in Europa zu erwarten. Die ältere Generation ist derzeit jedoch gesünder,
fitter und - zumindest im Moment – wohlhabender als je zuvor. Es werden also mehr ältere Menschen und
weniger jüngere reisen. Insgesamt sind die älteren Reisenden eine überdurchschnittlich anspruchsvolle
Zielgruppe.
In Österreich wird sich die Bevölkerungszahl nach den Prognosen der Statistik Austria von derzeit 8,42 Mio.
(2011) auf 8,99 Mio. im Jahr 2030 erhöhen, die Altersstruktur verschiebt sich dabei sehr deutlich hin zu den
älteren Menschen. Stehen derzeit 23,3 % der Bevölkerung im Alter von 60 und mehr Jahren, so werden es
langfristig (2030) 31.2 % sein (2,81 Mio.), 2050 sogar 34,5 % (3,23 Mio.).
47
ÖHV-Kongress 2011
47
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Rückgang der Anzahl der Kinder und der Jugendlichen.
■ Zunahme der Pluralisierung der Gesellschaft und der Individualisierung. Die Gesellschaft differenziert sich
horizontal in soziale Milieus und nicht vertikal in einer Klassengesellschaft.
■ Auflösung von traditionellen Lebensmustern, Entstehung neuer Familien- und Haushaltsstrukturen. Die
klassische bürgerliche Kleinfamilie zerfällt in viele verschiedene Familienvarianten. Alleinerzieher/-innen und
Patchwork-Familien, in denen Kinder aus verschiedenen Ehen in einem Haushalt zusammen leben, werden
immer häufiger. Dies führt dazu, dass auch Urlaube in ganz neuen familiären Konstellationen verbracht
werden. Die Veränderungen der Familien- und Haushaltsstrukturen dürften sich eher nachfragesteigend
auswirken.
Familien mit Kindern verlieren an Bedeutung, die Anzahl der Singles nimmt zu, ebenso die Zwei-PersonenHaushalte. Mit der wachsenden Zahl derer, die Single sind oder werden, wird auch eine Zunahme an Kurzund Cluburlauben erwartet.
■ Die zunehmende Migration führt zu einer bunteren Gesellschaft. Dies wird einen starken Einfluss auf die
Reisemotive haben, wie z. B. vermehrte Verwandten- und Bekanntenbesuche, geringes Interesse für den
alpinen Schisport. Im Rahmen der deutschen Reiseanalyse 2011 wurden erstmals auch die Reisen der
deutschsprachigen Ausländer in Deutschland ermittelt, dabei wurde festgestellt, dass im Jahr 2010 rund 6
Mio. Reisen von Nicht-Deutschen durchgeführt wurden, was einen Anteil von 8,6 % aller Urlaubsreisen (5
Tage und länger) ausmachte48. Sie sind damit ein wichtiges Segment der potenziellen Nachfrage aus dem
deutschen Quellmarkt.
■ Allgemein wachsendes Gesundheits- und Umweltbewusstsein. Gebiete mit verschmutzter Luft und
verbauten Landschaften werden gemieden. Das Image von Destinationen wird zunehmend mit diesen Fragen
in Zusammenhang gebracht.
■ Wertewandel in der Gesellschaft, Gäste werden wertebewusster: Ökologische, soziale und ethische Werte
werden wichtiger. Stand in der vergangenen hedonistisch geprägten Spaß- und Erlebnisgesellschaft noch
persönliche Lust, Leistung, Status und der materielle Besitz im Vordergrund, tendieren nun immer mehr
Konsumenten vermehrt auf immaterielle, ethische und ökologische Zusatznutzen bei ihren Kaufentscheiden.
Diese Tendenzen haben auch Auswirkungen auf die zukünftige Tourismusentwicklung: Man sucht Ruhe und
Stille, Ausgleich vom stressigen Alltag, Selbstverwirklichung, Sinn und Glück, gesundheitsfördernde „WorkLife-Balance“, schöne Landschaften, authentische Erlebnisse, Begegnung mit der regionalen Kultur,
regionaltypisches Essen u. a. m..
Vor allem die Kulinarik wird ein immer wichtigerer Bestandteil im bunten Motivbündel der Urlaubsgäste, auch
der Gäste in Österreich. Die bereits große Vielfalt an regionalen, qualitativ hochwertigen Küchen ist eine
Stärke Österreichs („Kulinarikland Österreich“) und bietet somit sehr positive Entwicklungsperspektiven.
■ Durch unsere Kommunikationsgesellschaft werden die Urlauber immer aufgeklärter, und sie wissen, wie sie
schnell und ohne großen zeitlichen Aufwand Angebote vergleichen können. So erhöhen sich Ansprüche und
Erwartungen immer rasanter.
Ökonomischen Tendenzen
■ Bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung bestehen derzeit folgende mehr oder weniger breit akzeptierte
Annahmen: Gemäß dem Konzept der langen Kondratjew-Zyklen49 kann davon ausgegangen werden, dass
nach dem IT-Boom getriebenen Wachstum in den neunziger Jahren und dem Finanzmarkt getriebenen
Wachstum in den frühen zweitausender Jahren nun ein längerer Abschnitt der Stagnation ansteht, der
möglicherweise erst langfristig in ein neues Wachstum (oder gar Blase) münden könnte. Der kommende
48
FUR Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (2011): Die 41. Reiseanalyse RA 2001. Erste ausgewählte Ergebnisse
Konjunkturbewegungen in langen Wellen von ca. 40 bis 60 Jahren Dauer mit einer darauf folgenden Übergangsphase zum nächste Zyklus,
benannt nach dem russischen Ökonom N. D. Kondratjew. Die Bezeichnung „Kondratjew-Zyklus“ wurde 1938 von J. Schumpeter in seinem
Werk über Konjunkturzyklen geprägt.
48
ITR – BOKU-Met
49
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
„sechste Kondratjew“ wird nach Expertenmeinung beherrscht werden von den Themen bzw.
Schlüsselfaktoren der Wirtschaft, wie Biotechnologie, Nanotechnologie, Cleantechnologien (regenerative
Energien, Energiesparen, Energieeffizienz, Energiespeicherung, Elektromobilität, Wasser und Abfall,
Recycling etc.) und Gesundheitsmarkt.
■ Stagnierende Einkommen: Zentraler Bestimmungsfaktor des Tourismuswachstums ist und bleibt die
Entwicklung der verfügbaren Einkommen. Gesamthaft dürfte kurz- und mittelfristig die Kaufkraft stagnieren
bzw. eine Steigerung des verfügbaren Einkommens wenig wahrscheinlich sein. In den hochentwickelten
Ländern Europas wird das Urlaubsbudget nicht mehr wesentlich steigen.
■ Zukunftsmarkt Tourismus: Der weltweite Tourismus wächst weiter. Eine Vielzahl von Quellen geht von einem
Wachstum des weltweiten Reiseverkehrs aus. Es wird geschätzt, dass derzeit etwa 3,5 % der
Weltbevölkerung an internationalen Reisen teilnimmt. Dieser Anteil könnte im nächsten Jahrzehnt gemäß der
Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen auf 7 % anwachsen. Von 1995 bis 2010 haben sich
allein die internationalen Touristenankünfte von 528 Mio. auf 940 Mio. entwickelt, sich also beinahe
verdoppelt. Nach der Welttourismusorganisation bei den Vereinten Nationen (UNWTO)50 werden die
internationalen Touristenankünfte bis zum Jahr 2030 weltweit um 3,3 Prozent pro Jahr wachsen und auf 1,81
Milliarden ansteigen, was eine 92 %ige Zunahme des Welttourismus gegenüber 2010 bedeuten würde (1,5
Mrd. 2023).
Europa ist nach wie vor das unbestrittene Zentrum des Welttourismus. Aber: In Europa weht zunehmend ein
„schärferer“ Wind, denn Ost- und Südasien sowie der Mittlere Osten ziehen laufend mehr Gäste an. Der
Marktanteil Europas wird sich zwischen 2010 und 2030 von 51 % auf 41 % verringern, wobei sich aber die
absolute Zahl der internationalen Ankünfte von derzeit 477 Mio. (2010) auf 744 Mio. im Jahr 2030 erhöhen
wird (+56 %, absolut +267 Mio.). Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate 2010-2030 für West-Europa
wird auf 1,8 % geschätzt, die Zahl der internationalen Ankünfte im Jahr 2030 auf 222 Mio. (+68 Mio.). Ob
Österreich vom prognostizierten Wachstum profitieren kann (Anteil Österreichs in West-Europa 2010: 14,3 %),
hängt vor allem davon ab, ob Österreich künftig Besucher/-innen aus den aufstrebenden Märkten anziehen
kann.
Prognose Welttourismus
Internationale Ankünfte im Jahr 2030
Mio.
2000,0
1809
1800,0
1600,0
1400,0
1200,0
940
1000,0
798
744
675
800,0
528
600,0
400,0
200,0
435
261,5
108,6
385,6
439,4
476,6
304,1
112,2
222
139,7
141,7
153,7
0,0
1990
Quelle: UNWTO
1995
2000
Global
2005
2010
Europa
2015
2020
2025
2030
West-Europa
Abbildung 14: Prognose der internationale Gästeankünfte für das Jahr 2030
50
UNWTO (2011): Tourism towards 2030. Global overview
49
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Österreichs Anteil am Welttourismus
%-Anteil an internationalen Ankünften 1990 - 2010
20,00
17,50
15,30
15,00
14,11
14,32
4,55
4,62
12,88
10,00
7,27
5,65
4,67
5,00
4,38
3,25
2,66
2,34
2,50
0,00
1990
Quelle: UNWTO
1995
Global
2000
Europa
2005
2010
West-Europa
Abbildung 15: Entwicklung der %-Anteile Österreichs an den
internationalen Ankünften weltweit, in Europa bzw. West-Europa 1990 – 2010
■ Gäste aus aufstrebenden Märkten: Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) mit einem
jährlichen Wirtschaftswachstum von 5 bis 10 Prozent dürften sich zu sehr wichtigen touristischen
Quellmärkten entwickeln. Bei den 3 Milliarden neuen „potenziellen Touristen“ im Osten findet eine gewaltige
Verlagerung zu Wohlstand und Macht statt. In Indien und vor allem in China, der dynamischste
Wachstumsmarkt der Welt, wächst eine wohlhabende Mittelschicht heran, die sich von ihrem wachsenden
Einkommen auch Reisen ins Ausland erlauben wird können. Zwar liegen deren bevorzugte Reiseziele vorerst
in den benachbarten asiatischen Ländern, doch folgt an zweiter Stelle bereits Europa. Mit dem In-Kraft-Treten
des Memorandum of Understanding zwischen der EU und China (ADS) im Jahr 2004 ist für Touristengruppen
aus China ab 5 Personen ein Urlaub in der EU möglich. Gäste aus China, Indien oder dem Nahen Osten
stellen für europäische Destinationen also ein hohes Potenzial dar, bringen aber gleichzeitig auch neue
Herausforderungen mit sich. Die signifikante Verschiebung in der Bedeutung einzelner Herkunftsmärkte führt
auch zu einer strategischen Neuorientierung in der Marktbearbeitung. Um neue Zielgruppen zu gewinnen,
müssen deren spezifische Erwartungen und Wünsche an Reisen und Urlaube berücksichtigt werden. Dies
bedingt eine intensive Auseinandersetzung mit neuen Kulturen, Sprachen, Wertvorstellungen und
Bedürfnissen, die teilweise erheblich von denen westeuropäischer Touristen abweichen. Im Kalenderjahr 2010
entfielen in Österreich erst 1,6 % aller ausländischen Gästeankünfte auf China, Indien und die arabischen
Länder Asiens (362.117).
Seit Mitte 2011 verfügt die TUI, der weltgrößte Reisekonzern, als einziger Veranstalter Europas über die
Lizenz, chinesische Touristen nach Europa holen zu dürfen. Dadurch und mit der Liberalisierung der
Reiserestriktionen beschleunigen sich die Zuwachsraten von Urlaubern aus dem wachstumsstarken
Pauschalreisemarkt nach Europa und damit auch nach Österreich. Im Jahr 2010 reisten bereits rund 3,8 Mio.
Chinesen nach Europa51, Tendenz weiter steigend.
■ Im wichtigsten Quellmarkt des österreichischen Tourismus, in Deutschland (49 % aller ausländischen
Gästeankünfte in Österreichs 2010), wird die Zahl der Reisenden nur noch gering steigen. Prognosezahlen
aus Deutschland zeigen, dass die deutsche Bevölkerung unter 50 Jahren bis 2050 um fast 30 % abnehmen
51
WirtschaftsWoche Nr. 29, 2011, S. 48; TouristikPresse.net vom 29.08.2011
50
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
wird, die Gesamtzahl daher zwischen 2010 und 2050 von heute 82,5 Mio. auf nur noch 73,6 Mio. schrumpfen
wird. Entsprechend der demographischen Entwicklung bilden die 50 bis 65-Jährigen (Golden Ager) bis ca.
2020 und die 65 bis 75-Jährigen (Senioren) von 2020 bis 2030 das stärkste Wachstumssegment mit
zusammen über 4 Mio. Personen mehr dar.
■
Binnenreisemarkt: Infolge des bereits hohen Niveaus und des hohen Sättigungsgrades des
Binnenreiseverkehrs muss bezüglich der zukünftigen Entwicklung davon ausgegangen werden, dass mittelbis langfristig nur mehr relativ bescheidene Wachstumsraten erreicht werden können. Auch in Österreich
bilden die über 60-Jährigen bis 2030 aber ein starkes Wachstum Segment, das sich zwischen 2009 und 2030
um 46 % oder um fast 0,9 Mio. Menschen erhöht.
■ Preissensibilität: Die Preissensibilität der Gäste nimmt tendenziell zu. Der Wettbewerb wird intensiver, Gäste
erwarten mehr Leistung für wenig Geld. Es bilden sich mehr Marktsegmente in Bezug auf Preis und Qualität.
Polarisierung der Nachfrage nach Billig- und Luxusangeboten, wobei die Extreme zunehmen, z. B. Segmente
mit sehr geringer Zahlungsbereitschaft (Billigstreisen) und Segmente mit sehr hoher Zahlungsbereitschaft
(Luxus pur). Bei einer großen Gruppe haben Preis und Qualität einen fast gleichen Stellenwert. Immer
wichtiger wird gute Qualität zu tiefen Preisen (Schnäppchen). Nur für einen sehr geringen Prozentsatz der
Gäste spielt der Preis keine Rolle.
■ Steigende Energiepreise: Langfristig ist von einem deutlichen Anstieg der Energie- und vor allem der Ölpreise
ausgehen. Sie wirken sich in zweifacher Hinsicht auf den Tourismus aus: Die Ausgaben für nicht touristische
Güter steigen und schmälern das Urlaubsbudget; zugleich steigen die Kosten für die Urlaubsreise je nach
Reisedistanz.
■ Nachhaltigkeit, Umwelt und Gesundheit werden beim Kaufentscheid zum bedeutenden Faktor.
■ Auch ohne Klimawandel befindet sich der schneegebundene Wintertourismus in einem sich verändernden
Umfeld. In rund 80 Ländern weltweit wird Schisport betrieben. Die etwa 2.000 Schigebiete (mindestens fünf
Seilbahnanlagen) werden jährlich von geschätzten 400 Mio. Schifahrern besucht, bei einer Gesamtzahl
alpiner Schifahrer weltweit von etwa 110 Millionen. Diese Zahlen haben sich aber in den letzten Jahren nicht
wesentlich verändert. Der klassische Wintersporttourismus in den Alpen stößt an seine Wachstumsgrenzen, in
den traditionellen, weiter entwickelten Quellmärkten ist kein generelles Wachstum zu erwarten (in Japan sogar
Rückgang des Schisports). Auch aus neuen Quellmärkten Osteuropa und Asien ist derzeit wenig Wachstum
zu beobachten, es sind aber Gebiete mit Potenzial für eine zukünftige positive Marktentwicklung. Aufgrund
dieser Entwicklung nimmt die Konkurrenz um Marktanteile zwischen den Destinationen national wie
international zu. Die Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea werden sicher für Werbung in ganz Asien
sorgen. Die Märkte in Asien sind aber sehr unterschiedlich weit entwickelt, wobei das größte Potenzial jedoch
in China steckt (1990 zu 2006 auf 4,5 Mio. mit Potenzial auf 13 Mio. Schifahrer)52. Der Reiz des Schisportes
dürfte auch längerfristig gegeben sein. Exklusivität bzw. Luxuscharakter des Schneesports könnten
zunehmen. Die Herausforderung bleibt aber primär, die Leute vom Sofa auf die Schipiste zu kriegen.
52
Jenn, W. et al. (2011), S. 14
51
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Folgerungen für die österreichische Tourismuswirtschaft auf Basis der globalen UNWTO Prognose
Folgende grobe Perspektiven können abgeleitet werden:
■ Tatsache ist, dass Österreich zwar langfristig Weltmarktanteile verliert, es gewinnt aber seit 2005 in der
wichtigsten globalen Tourismusdestination in Europa, in Westeuropa sogar seit 2000, Marktanteile bei den
internationalen Gästeankünften. Österreich verfügt somit aufgrund seiner sommer- und wintertouristischen
Gesamtperformance
(breite
nachfragerechte
Produktvielfalt)
über
eine
überdurchschnittliche
Wettbewerbsfähigkeit.
■ Für Österreich kann im UNWTO Prognosezeitraum 2010 bis 2030 bei weitem nicht das globale Wachstum in
der Höhe von +92,4 % unterstellt werden, der Marktanteil Österreichs könnte sich aber in Westeuropa bis
2030 auf etwa 15 % einpendeln (Europa-Marktanteil: etwa 4,5 %). Das würde bedeuten, dass Österreich im
Jahre 2030 rund 33 Mio. internationale Gäste begrüßen könnte (+50 % gegenüber 2010; absolut: +11
Mio.). Der Weltmarktanteil läge im Jahr 2030 bei etwa 1,8 % (2010: 2,34 %), der Anteil in Europa bei 4,4 %
(2010: 4,6 %) bzw. in Westeuropa bei etwa 14,8 % (2010: 14.3 %).
Technologische Tendenzen
■ Die zunehmende Motorisierung und die Weiterentwicklung der Flugtechnik haben den Tourismus fundamental
verändert. Diese Dynamik wird, etwas verlangsamt, weiter auf den Tourismus wirken, wodurch die
touristischen Quell- und Zielländer näher zusammenrücken.
Nach Prognosen der ICAO (International Civil Aviation Organisation) im Jahr 2011 könnte sich die Zahl der
beförderten Passagiere im weltweiten Flugverkehr von 5,3 Mrd. im Jahr 2010 auf 11,0 Mrd. im Jahr 2027
erhöhen und damit mehr als verdoppeln. Um das Wachstum bei den Flugreisen zu bewältigen wird die teils
bereits vor 40 Jahren entwickelte Flughafentechnik beinahe überall, so die IATA (Internationale Air Transport
Assoziation), ersetzt werden (müssen). Flughafenforscher und Mobilitätswissenschaftler entwickeln und testen
bereits völlig neue Abfertigungskonzepte, neue Techniken im Tower und am Flugfeld, sie werden die Abläufe
auf den Flughäfen radikal beschleunigen bzw. die Wartezeiten wesentlich verkürzen53.
■ Flugzeugtechnologie: Im Flugverkehr vollzieht sich ein weiterer Schritt in Richtung Großraumflugzeuge.
Davon könnte der Ferntourismus neue Impulse erhalten. Ob eine weitere Senkung der Distanzkosten trotz
steigender Energiepreise wahrscheinlich ist, ist aber fraglich. Die technische Optimierung im Flugbereich
dürfte nämlich langsam an Grenzen stoßen. Es wird schwierig, kleine Effizienzsteigerungen im Hinblick auf
Treibstoffverbrauch mit der neuen Generation Langstreckenflugzeuge zu erreichen.
■ Im Individualverkehr wartet man auf die Verbreitung umweltfreundlicher Technologien, welche die heutigen
Unterschiede zwischen dem öffentlichen und privaten Verkehr nivellieren können.
■ Im Bahnbereich können neue Angebotskonzepte und vor allem Schnellverbindungen das Angebot prägen.
Die Bahn wird dadurch bei kürzeren Reisen zu einer bedeutenden Konkurrenz für Flugreisen.
■ Die „Humanisierung der Technologie“ führt zum Durchbruch bei den Informationstechnik-Systemen und
anderen Kommunikationstechnologien. Durch sie wird es möglich sein, Reisen zu personalisieren, zu
optimieren, angenehmer zu machen, zu flexibilisieren und einen höheren Standard an außergewöhnlichen
Dienstleistungen zu bieten. Diese Entwicklungen erhöhen den Innovationsdruck im österreichischen
Tourismus.
■ Neue Technologien und Materialien unterstützen auch nachhaltiges Bauen und Sanieren. Intelligentes,
effizientes Energiemanagement ist ein Treiber des technischen Fortschritts, ebenso wie die zunehmende
Abstützung auf erneuerbare Energie.
53
WirtschaftsWoche Nr. 38, 19.09.2011, S. 84-88
52
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Ökologische Tendenzen
■ Intakte Natur wird knapp und dadurch wertvoller. Die Natur dient den Konsumenten in der postmodernen
Wohlstandsgesellschaft auch zukünftig als Projektionsfläche für Sehnsüchte und Gegenwelt zu ihrem Alltag.
Die beruhigende Wirkung einer intakten Natur auf die Menschen sowie ihr Einfluss auf die physische,
psychische und soziale Gesundheit ist eine Tatsache.
■ Klimaveränderung und Naturereignisse führen zur regionalen Vor- und Nachteilen (Schnee wird knapp,
Hitzeperioden nehmen zu, gemäß den „Desaster-Statistiken“ der Rückversicherer werden schwere
Katastrophen häufiger).
■ Erneuerbare Energien gewinnen an Bedeutung, weil sie der Klimaerwärmung entgegenwirken und weil die
Ölreserven knapp werden.
■ Verkehrsstaus werden chronisch, die Folgenschäden nehmen zu, Reisen in Hochsaisonzeiten wird immer mehr
zur Tortur.
■ Individualisierung wird zum ökologischen Problem, wachsender Druck auf die letzten natürlichen Reservate.
53
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
MODUL II – Chancen & Risiken, Optionen & Strategien
4. Chancen und Risiken/Gefahren für die Nachfragesegmente des
Tourismus
Die Chancen und Risiken der Klimaänderung für den Tourismus sind vielfältig. Für die wichtigsten spezifischen
Nachfragesegmente im österreichischen Tourismus wurden folgende mögliche Chancen und Risiken von den
BegleitgruppenteilnehmerInnen gemeinsam herausgearbeitet bzw. grob eingeschätzt:
Abbildung 16: Chancen und Risiken für den Tourismus in Österreich aufgrund der Klimaänderung
Hauptsächliche Chancen und Risiken für den Tourismus in Österreich aufgrund der
Klimaänderung
Nachfragesegmente
Chancen
Risiken
Focus
Sommertourismus
■ Generell
■ Alpin-/Bergtourismus
■ Seentourismus
■ Städtetourismus
+Saisonverlängerung,
breiteres- Extreme Wettersituationen
Österreich-Angebot, Umlenkung der (Katastrophen)
Touristenströme
- Energie- und Ressourcenknappheit
+Wetterunabhängige Tourismusangebote - Steigende Transportkosten
+Mindsetting des Urlaubers nicht zu- Unzureichender Ausbau der
Fliegen (Emissionen) – Bevorzugung öffentlichen Verkehrsinfrastruktur
naher Urlaubsziele
- Durch spontaneres Buchungs+ Steigende Transportkosten
verhalten höhere Wettersensitivität
+ Technischer Fortschritt
+ Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur
+ Gutes und ausreichend vorhandenes
Wasserangebot
+ Ganzjahresangebote (Kur-/Gesundheit,
Städte)
+ Längere Saison
- Katastrophen/extreme
+ Schönwetterperioden
Wettersituationen/Hitze/Stürme/
+ Stabileres Wetter (Outdoor-Aktivitäten) Hochwasser (Muren)
+ Kühle Höhenlage
- Wege/Steinschlaggefahr –
+ Sommerfrische statt Strandurlaub
Kosten der Infrastruktur
+ Rückkehr der traditionellen
- Durch Rückgang von Permafrost Sommerfrische in den Bergen
Han Steinschlaggefahr und Hang+ Angenehme Tages- und
rutschungen
Nachttemperaturen
- Attraktivitätsverlust durch
Gletscherschmelze
+ Höhere Seen-Wassertemperaturen
- Erhaltung der Wasserqualität
+ Schönwetterperioden
- Algenwachstum, Veränderung des
+ Positionierung der österreichischen
Fischbestandes
Seen als Badeurlaubsdestination
- Regenperioden
(in Konkurrenz zum Mittelmeer)
+ Umlenkung der Tourismusströme aus
dem Mittelmeerraum
+ Fokussiering auf Familientourismus
+ Vermehrter Inlandstourismus
+ Saisonverlängerung
- Hitze bzw. Hitzeperioden in den
+ „Coole“ Plätze schaffen –
Städten, Nächte ohne Erholung
Beschattungen/Springbrunnen/Wasser - Durch Hitze im Sommer
+ Positionierung als verhältnismäßig
Gesundheitsgefahren,
kühle Städte
Mindsetting – Feinstaub, Ozon
54
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Kur-/Gesundheitstourismus
■ Donautourismus
■ Schutzgebietstourismus
■ Weinstraßentourismus
■ Kongresstourismus
+Trend zu Gesundheit
- Thermen könnten im Sommer
+Demografische Entwicklung (steigende an Attraktivität verlieren
Lebenserwartung bzw. älter werdende (Seentourismus als Gewinner)
Bevölkerung)
+Geringe
Wetterund
Saisonabhängigkeit
+Verstärkte Nachfrage im Winter als
Alternative zum Schisport
+Mindsetting Umweltprobleme, deshalb
stärkere Bedeutung der Gesundheit
+ Radfahren (stabiles Wetter)
- Häufigere Überschwemmungen
+ Verstärkter Radtourismus
- Beeinträchtigung der
+ Wandern (stabiles Wetter)
Donauschifffahrt durch Hochwasser
+ Urlaub mit dem Rad nimmt zu
bzw. Niederstände/-wasser
+ Flussschifffahrt statt Flugreisen
- Hochwassereinfluss auf Radwege,
+ Fluss spendet Kühle
Fauna und Flora
+
Demografische
Entwicklung
–
begünstigt Schiffstourismus
+ Stärkere Nachfrage nach intakter Natur - Verlust an Biodiversität
+ Längere Outdoor-Saison
- Verlust an einzigartige
+ Erhalt von Biodiversität
Naturphänomene (z. B. Gletscher)
- Wetterextreme
- Auswirkungen auf / Veränderungen
von Fauna und Flora z.B. Verwaldung
von von Almen
- Überschwemmungen
+ Stabileres Herbstwetter
- Weinernte in der Hauptreisezeit,
+ Weinqualität wird durch mehr Sonne dadurch weniger Besucher
immer besser
- Extreme Wettersituationen
+ Regionalität (neues Mindsetting)
+ Saisonverlängerung auch für
Kongresse und Seminare im Februar
und März
- Mobilitätseinschränkung durch
steigende Energiepreis für
internationale Kongresse
- Überhitzung der Stadt,
Bevorzugung nördlicher gelegener
Städte
+ Neue schneeunabhängige Angebote
+ Stärkung der anderen Segmente
abseits vom Wintersport
- Extreme Wettersituationen
(z.B. Lawinen-Katastrophen), dadurch
- Bedrohung der Winterdestinationen/
Schigebiete/Wintersport-Gemeinden
+ Alternativangebote entwickeln
+ Konkurrenzfähigkeit gegenüber
Nachbarländern aufzeigen
- Schneemangel
- Schneesicherheit (in Höhenlagen)
- Saisonverkürzung in tiefen Lagen
- Fehlende Winterlandschaft bzw.
Attraktivität der Winterlandschaft
- Weißes Band auf grünem Berg
- Steigende Beschneiungskosten
(Energiekosten) und damit
zusammenhängend
- steigende Schipasspreise
Wintertourismus
■ Generell
■ Wintersporttourismus
55
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Einschätzung der Chancen und Risiken
Die für die Nachfragesegmente oben genannten Chancen und Risiken sind nicht nur sehr vielfältig bzw.
zahlreich, die Chancen und Risiken, die sich durch die Klimaänderung ergeben, werden durch die
Begleitgruppenteilnehmer auch differenziert eingestuft. Die grobe Einschätzung der Chancen und Risiken zeigt
folgendes Ergebnis:
■ Generell werden für den Sommertourismus in Österreich die Chancen insgesamt deutlich höher eingeschätzt
als für den Wintertourismus, für den die Risiken bzw. Gefahren - vor allem für den schneeabhängigen
Wintersporttourismus - als hoch bis sehr hoch eingestuft werden.
■ Wie aus den beiden folgenden Abbildungen zu ersehen ist, werden die besten Chancen den Seentourismus
eingeräumt, aber auch für den Alpin-/Berg-, Donau- und Schutzgebietstourismus werden die Chancen als sehr
gut eingestuft. Überdurchschnittliche Chancen sind weiters für den Kur-/Gesundheits- und den
Weinstraßentourismus gegeben.
■ Für den Städtetourismus werden die Klimawandel bedingten Chancen als eher bescheiden, die Risiken
dagegen als überdurchschnittlich eingeschätzt.
■ Für den wenig klimasensitiven Kongress-/Tagungstourismus werden die Chancen, aber auch die Risiken als
sehr gering eingestuft.
Abbildung 17:
Einschätzungen von Klimawandel-bedingten Chancen und
Risiken/Gefahren durch die TeilnehmerInnen der Begleitgruppe
Nachfragesegmente
0
1
Chancen
2
3
4
5
0
1
Risiken
2
3
4
5
Focus
Sommertourismus
■■■ ■■
■■
■■■ ■■■ ■■
Generell
Alpin-/Bergtourismus
■■ ■■
■■
■■ ■■■
■
Seentourismus
Städtetourismus
■
■■ ■
Kur-/Gesundheitstourismus
Donautourismus
■■ ■
■
Weinstrassentourismus
■■■ ■■■ ■
■
■■ ■
■■ ■■■ ■
■■
■■■ ■■■ ■
Schutzgebietstourismus
Kongresstourismus
■■ ■■
■■
■ ■■ ■■
■■
■■ ■■ ■
■■
■■■ ■ ■■ ■■
■■ ■
■■
■
■■ ■■ ■
■■
■■ ■■ ■■
■■
■■ ■■ ■■■
■
■■ ■
■
■■■ ■■■
■■
■■
■
■
■
Wintertourismus
Generell
Wintersporttourismus
Einschätzung 0
1
2
3
■■■ ■
keine Chancen / keine Risiken
wenige / kaum
bescheidene / einige
überdurchschnittliche / deutliche
■■ ■■ ■
■■
■ ■■■
■■ ■■ ■■
■■
■■ ■■■ ■■■
4 gute / hohe
5 sehr gute, beste Chancen / sehr hohe Risiken
56
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Abbildung 18:
Einschätzung von Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken der Nachfragesegmente durch
die Teilnehmer der Begleitgruppe
Einschätzungen von Klimawandel-bedingten
Chancen und Risiken der Nachfragesegmente
durch die Teilnehmer der Begleitgruppe
9
Sommertourismus
generell
Seentourismus
sehr gute
Alpin/Bergtourismus
8
Donautourismus
7
Schutzgebietstourismus
6
Chancen
Kur-/Gesundheitstourismus
5
0
Weinstrassen1
tourismus
2
3
4
Städtetourismus
5
6
7
8
9
4
3
2
wenig
Kongresstourismus
Wintertourismus
generell
Wintersporttourismus
1
0
Bearbeitung: ITR
wenig
Risiken/Gefahren
sehr hohe
Folgerungen
Aus den segmentspezifischen Klimawandel-bedingten Chancen und Risiken können grobe Einschätzungen der
möglichen Entwicklungstendenzen im Sommer- und Wintertourismus abgeleitet werden. Diesbezüglich ist aber
zu berücksichtigen, dass die Klimaänderung nur einer von mehreren Faktoren ist, welche die mittel- bis
langfristige touristische Entwicklung beeinflussen (siehe auch Kap. 3.).
■ Sommertourismus
Seit dem Tiefstand im Nächtigungstourismus 1996 stagniert zwar der Sommertourismus insgesamt auf einem
hohen Nachfragevolumen zwischen rund 60 und 64 Mio. Nächtigungen, die Hauptnachfragesegmente zeigen in
den letzten 15 Jahren aber höchst unterschiedliche Nachfragedynamiken, die auch durch die derzeitige sehr
differenzierte Performance bzw. Wettbewerbsfähigkeit der sommertouristischen Nachfragesegmente wesentlich
bestimmt wird.
Sehr positiv ist:
Den derzeitigen Problemsegmenten des österreichischen Sommertourismus, nämlich den beiden
nachfragestärksten Segmenten Alpin-/Bergtourismus und Seentourismus (Marktanteil rund 70 %), werden
die besten Klimawandel bedingten Chancen eingeräumt. Sie weisen seit langem eine (stark)
57
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
unterdurchschnittliche Entwicklung der Sommernächtigen auf und mussten dadurch markante
Marktanteilsverluste hinnehmen (zwischen 1996 und 2009: -4,2 %-Punkte), was auch als Indikator der
unterdurchschnittlichen Wettbewerbsfähigkeit betrachtet werden kann. Dies gilt vor allem für den
Seentourismus. Um aber die Chancen zu nutzen, müssen die als derzeit sehr unbefriedigend einzustufenden
Struktur- und Entwicklungsmerkmale des Sommertourismus gezielt verbessert werden.
Weitere positive Aspekte:
Für die bereits seit eineinhalb Jahrzehnten (stark) überdurchschnittlich wachsenden Segmente Donau-,
Weinstraßen-, Kur- und Gesundheits- sowie Schutzgebietstourismus eröffnen sich mittel- bis langfristig
zusätzliche gute bis sehr gute Klimawandel bedingte Chancen. Konnten diese Wachstumssegmente des
Sommertourismus in Österreich bislang die mengenmäßigen saisonalen Frequenzabnahmen des Alpin/Bergtourismus und des Seentourismus im besten Fall ausgleichen, bieten sich nun mittel- bis langfristig weitere
zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten für den gesamten Sommertourismus in Österreich an.
58
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Tabelle 8:
Charakteristik der Ausgangssituation und Tendenzen der Nachfragesegmente des Sommertourismus in Österreich
Alpin-/
Bergtouris.54
Zahl der Gemeinden
Ø Höhenlage m ü. M.
Wohnbevölkerung 2001 in 1.000
Gästebetten 2009 in 1.000
Nächtigungen TJ 2008/09 in 1.000
Sommernächtigungen 2009 in 1.000
Sommernächtigungen / Einwohner
Jahresnächtigungen / Einwohner
467
.
995
591
71,534
29,177
29,3
71,9
Seentouris.55
Städtetouris.56
Schutzgebiete57
Kur-/
Gesundheitstour.58
Luftkurorte59
WeinStraßentouris.60
Donautouris.61
Kongresstouris.62
108
530
543
162
17,346
12,610
23,2
31,9
9
343
2,412
93
15,427
9,068
3,8
6,4
274
547
668
184
21,190
10,400
15,6
31,7
99
502
399
109
15,879
8,366
21,0
39,8
36
744
103
55
5,795
3,576
34,7
56,3
164
254
727
49
5,157
3,586
4,9
7,1
88
306
406
19
1,786
1,271
3,1
4,4
103
617
885
262
34,341
15,076
17,0
38,8
72,7
58,8
49,1
52,7
61,7
69,5
71,2
43,9
62,0
75,7
69,6
41,3
61,2
31,2
61,1
68,6
4,2
2,1
3,9
4,7
4,5
3,0
1,9
4,1
22,5
61,3
16,2
31,1
38,1
30,9
22,5
54,3
23,2
26,1
46,2
27,7
22,2
59,5
18,3
29,7
43,2
27,1
31,7
40,9
27,4
22,7
53,0
24,3
-1,0
1,6
1,8
0,7
-1,0
1,5
0,9
-0,4
4,4
-0,6
2,8
- 0,7
3,0
1,4
0,3
0,4
63
80
16
95
97
4
52
69
11
74
85
13
60
73
12
69
81
13
62
71
11
54
66
6
39,1
77,4
40,1
51,5
43,2
46,2
52,8
48,1
3,2
5,5
4,7
5,9
1,6
5,5
7,8
6,0
Strukturmerkmale des
Sommertourismus
Sommeranteil - Saisonalität
Nächtigungsanteil im Sommer 2009 %
40,8
Auslandsgästeanteil
Nächtigungsanteil im Sommer 2009 %
81,7
Aufenthaltsdauer
Ø Aufenthaltsdauer d. Gäste im Sommer in 4,7
Tagen 2009
Saisonverlauf
Frühling
19,7
Sommer
56,5
Herbst
23,8
Saison-Nächtigungsanteil Sommer %
Dynamik im Sommertourismus
Ø jährliche Veränderung der Nächtigungen -0,2
1996-2009 in %
Sensitivität – Nachfrageentwicklung im Hitzesommer 2003
Veränderung d. Nächtigungen 2003 gegen Ø 1,4
Sommer 2002/04 in %
Bettenauslastung Sommer 2009
Ø Zahl d. Belegstage Gästebetten ges.
46
Ø Zahl d. Belegstage in der Hotellerie
65
Verändg. d. Belegstage in der Hotellerie
11
1996 - 2009
Qualitätsstruktur u. –dynamik
des Gästebettenangebotes
%-Anteil der 3-/4-/5-Sterne-Betten an Betten37,0
insgesamt 2009
Veränderung 1996-2009 in % Punkten
4,3
Quelle: ITR-Datenbank & Bearbeitung; Statistik Austria
54
Alpine Gemeinden mit einer durchschnittlichen Höhenlage von 1000 m und darüber und mit einer Höhendifferenz (Minimum bis Maximum)
von 1000 m und darüber
Gemeinden an 46 Seen
56
Wien und die Landeshauptstädte
57
Gemeinden mit Flächenanteilen an ausgewählten gemanagten großflächigen Schutzgebieten (Nationalparks, Naturparke, Ramsargebiete,
Biosphärenpark)
58
Kurorte mit ortsgebundenem Heilvorkommen, mit Kuranstalten auf der Grundlage ortsgebundener Heilvorkommen und mit Einrichtungen für
Kneipp- und sonstigen Kuren, Gemeinden mit Thermalquellen/Thermen: in einigen Fällen inklusive Umgebungsgemeinden
59
Heilklimatische Kurorte, Luftkurorte
60
Gemeinden an den 23 Weinstrassen im Burgenland, in Niederösterreich und der Steiermark
61
Gemeinden unmittelbar an der Donau (ohne Linz und Wien)
62
Städte/Gemeinden mit „Kongresszentren“ (ohne Wien und Landeshauptstädte) und größeren Kongress-/Tagungskapazitäten (Anbieter mit
Sälen mit über 300 Sitzplätzen)
59
ITR – BOKU-Met
55
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
■ Wintertourismus
Der schneegebundene Wintersporttourismus wird von den Begleitgruppenmitgliedern als das
Nachfragesegment mit den mit Abstand höchsten Risiken und den geringsten Chancen eingeschätzt. Für den
Wintertourismus generell werden die klimawandel-bedingten Chancen und Risiken etwas günstiger eingestuft.
Dazu folgende Anmerkungen:
Durch die technische Beschneiung wird auch in den nächsten 20 Jahren in den österreichischen Schigebieten
eine ausreichende Schneedecke möglich sein. Bei Einsatz einer Technologie, bei der eine Beschneiung bereits
ab -1 °C möglich ist, kann dies sogar bis Mitte des 21. Jahrhunderts sichergestellt werden.
Die prognostizierbaren Konsequenzen des Klimawandels und die Vulnerabilität gegenüber seinen Folgen sind
aber ungleichmäßig auf die Wintersport-Gemeinden bzw. -Gebiete Österreichs verteilt. Schneeurlauber werden
sich - zum Teil auch durch den „medial gemachten Schneemangel“ - auf höher gelegene Schigebiete
konzentrieren und den bisherigen deutlichen Nachfragetrend in den 311 Wintersport-Gemeinden Österreichs in
den nächsten Jahrzehnten verstärken (vgl. Tab. 3).
Die 74 Wintersport-Gemeinden bzw. Schigebiete in höheren Lagen Österreichs, in denen über 20 Mio.
Winternächtigungen bzw. fast ein Drittel des gesamten Winternächtigungsvolumen Österreichs erzielt werden,
werden aufgrund ihrer großen Wirtschaftskraft bzw. ihrer größeren Investitionen in die Beschneiungstechnik, v.
a. durch Erhöhung der erzeugten Schneemenge pro Zeiteinheit und eine entsprechende große Vorhaltung von
Wasserkapazitäten (Speicherseen), in den nächsten Jahren ein „neues“ Vertrauen in die Schneesicherheit
aufbauen bzw. zurückgewinnen. D. h., für die Schneeurlauber wird es das Thema Schneemangel in den
nächsten Wintersaisonen kaum mehr geben. Die schneegebundenen Winterurlauber/-sportler werden künftig
wissen, in welchen Schigebieten er eine Schneegarantie vorfindet. Dieses Prädikat haben sich in Österreich
bereits zahlreiche Schigebiete durch ihre Investitionen in der Vergangenheit geschaffen.
Die 54 Wintersport-Gemeinden bzw. Schigebiete im Übergangsbereich (0-100 m über/unter der natürlichen
Schneefallgrenze), in denen 10 Mio. Winternächtigungen erreicht werden, werden durch größere Investitionen
in die Beschneiungstechnik die alles entscheidende Schneesicherheit gewährleisten können.
Aber auch die rund 100 Wintersport-Gemeinden in tieferen Lagen (rund 10 Mio. Winternächtigungen) werden je
nach ihrer Situation bzw. Wirtschaftskraft mit technischer Beschneiung ein ausreichendes Produkt für eine
bestimmte Zielgruppe aus dem Wintersportmarkt anbieten können, wobei die Kosten für diese
Lagenproportional höher sein werden.
60
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
5. Anpassungsoptionen/-strategien
5.1 Handlungsfelder und Kernstrategien
Der Tourismus kann sich den klimatischen Veränderungen in vielfältiger Weise anpassen. Die verschiedenen
Anpassungsoptionen (Adaption) aus der Literatur, die auch für Österreich durchaus übertragbar sind, können
grob in folgende drei Handlungsfelder mit insgesamt sechs Kernstrategien unterteilt werden.
Handlungsfeld „Angebotsentwicklung“
1. Förderung von Innovationen und Diversifikation der Forschung
2. Sicherung und Weiterentwicklung des schneegebundenen Wintersportes
Handlungsfeld „Gefahrenminimierung“
3. Verstärkung der Gefahrenabwehr durch technische Massnahmen
4. Risikoverminderung durch organisatorische Massnahmen
Handlungsfeld „Kommunikation“
5. Klare Positionierung und gezieltes Marketing
6. Sensibilisierung der Bevölkerung
5.2 Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus
Nachfolgend sind zahlreiche Anpassungsoptionen/-strategien aus der Literatur angeführt. Diese wurden vom
Bearbeitungsteam und von den Begleitgruppenteilnehmern gemeinsam den einzelnen Nachfragesegmenten des
österreichischen Tourismus praxisnah zugeordnet. Da die Nachfragesegmente von der Klimaänderung
unterschiedlich stark betroffen sind, ist der segmentspezifische Handlungsbedarf auch unterschiedlich groß.
Die in der Übersicht 19 angeführten einzelnen Optionen sind nach der Einschätzung der Wichtigkeit angeordnet.
61
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Übersicht 19: Anpassungsoptionen für die Nachfragesegmente des Tourismus
Handlungsfeld
„Angebotsentwicklung“
1. Förderung von Innovation und
Diversifikation Intensivierung der
Forschung
Nachfragesegmente des Tourismus
Wintersport
AlpinBerg
Seen
Städte
Schutzgebiete
Kur-,
Gesund
-heit
Luftkurorte
Weinstraßen
Donau
Kongress
1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten
0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten
CH 2030 (2011 bzw. 2008)
Wellness ausbauen und Aspekte der alpinen
Wellness verstärken (Luft, Höhenlage, Licht,
Ernährung und Kultur)
1
1
1
0
0
1
1
0
0
0
Aufwertung und Popularisierung der
Sommersaison – Revival der „Sommerfrische“
0
1
1
0
1
1
1
0
1
0
Qualitätsentwicklung und –strategie vorantreiben
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Ausflugsziele mit neuen Ganzjahresangeboten/attraktionen ergänzen (UPS´s)
1
1
1
0
0
0
1
1
1
0
Auf neue touristische Aktivitäten einstellen bzw.
Schwerpunkte verlagern, neue Sportarten,
Kreativkurse und Weiterbildungsangebote etc.
1
1
1
0
0
1
1
0
0
0
Perspektiven für tiefer gelegene Wintersportorte
frühzeitig entwickeln
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
Langsam-Tourismus, Ruhe, Stille, Authentizität
als Qualitätsmerkmal forcieren
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Nachhaltigkeitsziele und –maßnahmen definieren
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Touristische Inwertsetzung und Förderung
der naturräumlichen und kulturellen regionalen
Eigenheiten
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Nachhaltige Technologien auf Betriebsebene
fördern
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Neue Sommerattraktionen schaffen – Events
weiterentwickeln
0
1
1
1
0
0
1
1
1
0
Angebote Frühherbst attraktivieren
0
1
1
1
1
1
1
1
1
0
Entwicklungen vor Ort beobachten und
Handlungsbedarf frühzeitig erkennen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Verhaltensänderungen der Gäste
beobachten und berücksichtigen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Forschung betreffend Beschneiungs- und
Schnee-Sicherheitsmaßnahmen forcieren,
Planungsgrundlagen zur Beschneiung (inkl.
Speicherseen) optimieren
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Unterstützung bieten (Motivation, Beratung,
Infrastruktur, Fördergelder, Plattformen, etc.),damit
innovative Nischenprodukte entstehen können
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Naturnahen Tourismus als bewusste Alternative
zu Fernreisen stärken
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Randregionen vorsichtig begleiten
0
1
0
0
1
0
0
0
0
0
Schnee- und insbesondere schiunabhängige
Angebote ausbauen
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
Lehre und Forschung zu Adaptionsprozessen
verstärken, Vermittlung der Erkenntnisse
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Diversifizierte Urlaubspakete schnüren
(Wohnung, Wellness, Anfahrt, alles inkl.)
1
1
1
1
1
1
1
1
1
0
Spezifische Forschungsvorhaben verfolgen
und unterstützen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Kulturangebote ausbauen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
62
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Indoor-Attraktionen ausbauen,
Infrastruktur anpassen
1
1
1
2. Sicherung und Weiterentwicklung
des Schnee-/Schisports O.I.T.A.F. (2008)
1
1
0
1
0
0
1
Wintersport
Bereits erschlossene hochgelegene Gebiete
gezielt fördern (Schneesicherheit erhöhen – räumliche Expansion)
1
Gesamtkonzept zur Beschneiung erarbeiten
(Planungen optimieren)
1
Pisten gezielt beschneien,
Speicherseen errichten
1
Investitionen in „Wassersicherheit“
1
Speicherseen für Wasservorräte ausbauen
1
Schneesicherheit mit zusätzlichen und leistungsfähigen
Beschneiungsanlagen sichern, Effektivität erhöhen
1
Seilbahnunternehmen fusionieren, Schigebiete optimieren, Steuern und
Gebühren von Fusionen reduzieren
1
Nutzung von technologischen Fortschritten
in der technischen Beschneiung
1
Pistenkorrekturen (Einsparungen bei Produktion
von Kunstschnee)
1
Bahnkapazitäten erhöhen vor allem für Rücktransport am Abend
1
Schischulen in Höhe verlegen
1
OECD (2007)/Abegg:
Erzeugung von Kunstschnee ist die wichtigste Anpassungsstrategie
1
Pistenpräparierung (Verringerung der für den Schibetrieb erforderlichen
Mindestschneehöhe um 10-20 cm)
1
Verlegung der Schipisten in höhere Lagen und
auf Nordhänge; Verlagerung auf die lokalklimatisch am besten
geeigneten Gebiete
1
Gletscherschilauf; Längerfristig ist das Gletscherschifahren keine
ergiebige Alternative für den scheeabhängigen Wintersport, da die
Gletscher in Zukunft stark zurückgehen werden
1
Schutz der Gletscher vor dem Abschmelzen durch weiße Kunstoffplanen
(die punktuell eingesetzten Abdeckungen können den
allgemeinen Gletscherschwund nicht aufhalten)
1
Diversifizierung der Tourismuseinnahmen
1
Einsatz von Versicherungen (Verringerung von finanziellen Verlusten
infolge einzelner schneearmer Winter)
1
Finanzielle Unterstützung kostspieliger Anpassungsmaßnahmen der am
stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Gebiete – „Verlierer“
des Anpassungsprozesses (kleinere, zumeist niedriger liegender
Wintersportorte, die auch über weniger Mittel zur Finanzierung
kostspieliger Anpassungsmaßnahmen verfügen)
1
Landschaftliche Anpassungen, Pistenbau, Schneezäune, Pflanzen von
Bäumen zur Beschattung der Pisten, Entwässerungen, Windschutz usw.
können zusätzliche „Schneetage“ gewonnen werden
1
63
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Handlungsfeld
„Gefahrenminimierung"
Nachfragesegmente des Tourismus
3. Verstärkung der Gefahrenabwehr
durch technische Maßnahmen
CH 2030 (2011 bzw. 2008)
Wintersport
AlpinBerg
Seen Städte
Kur-,
SchutzLuftWeinKonGesund
Donau
gebiete
kurorte straßen
gress
-heit
Gefährdete Gebiete konsequent und
systematisch beobachten
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
Gefahrenabwehr und vor allem
Hochwasserschutz verstärken
1
1
0
0
0
0
0
0
1
0
Infrastrukturen vor Naturgefahren schützen
1
1
0
0
0
0
0
0
1
0
Fundamente von Anlagen vor
Naturgefahren sichern
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
Risikoanalysen durchführen, Risikokartierung
laufend aktualisieren
1
1
0
0
0
0
0
0
1
0
Landschaftliche Veränderungen lenken, Schutzund Freihaltezonen einrichten
1
1
1
0
0
1
1
1
1
0
1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten
0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten
Kur-,
SchutzLuftWeinKonGesund
Donau
gebiete
kurorte straßen
gress
-heit
4. Risikoverminderung durch
organisatorische Maßnahmen
Wintersport
AlpinBerg
Naturgefahrenszenarien Winter/Sommer für
Destinationen entwickeln
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Krisenmanagement aufziehen und verfeinern
1
1
0
1
1
0
1
1
1
0
Kooperationen zum Lernen und gegenseitigen
Unterstützen in der Gefahrenprävention fördern
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Erarbeitung eines Manuels (für Aktionen nach
innen & außen)
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Klare Aufgabenteilung zwischen Gemeinde und
Tourismusorganisation
1
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Gefahrenzonenpläne erstellen bzw. anpassen
/aktualisieren und in der Planung (nicht nur im
Tourismus) berücksichtigen
1
1
0
1
1
0
1
1
1
0
Evakuierungs- und Kommunikationskonzepte
erstellen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Seen Städte
Versicherungsprämienausgleich planen
und umsetzen
64
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
1 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen zu den Segmenten
0 = Anpassungsoptionen/-maßnahmen passen (eher) nicht zu den Segmenten
Handlungsfeld „Kommunikation“
5. Klare Positionierung
und gezieltes Marketing
Nachfragesegmente des Tourismus
Kur-,
Winter- AlpinSchutzLuftSeen Städte
Gesund
sport Berg
gebiete
kurorte
-heit
Weinstraßen
Donau
Kongress
Gemeinsam Destinationsentwicklungsstrategie
erarbeiten
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Schneesicherheit – sofern vorhanden –
vermehrt kommunizieren
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Marketing auf Stärken konzentrieren,
„Sommerfrische“ nutzen und bewerben
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Auf bestimmte Segmente spezialisieren
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Klimaschonenden Tourismus kommunizieren,
Umsetzung der Nachhaltigkeitscharta
im Tourismus unterstützen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Diversifikation und Branding auf der Ebene
der Destinationen und der Betriebe verstärken
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Wasser und vor allem Naturbademöglichkeiten
propagieren
0
1
1
1
1
1
1
0
1
1
Regionale und überregionale Kooperationen auf
allen Leistungsträgerstufen fördern/verstärken
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Naturparke sowie Langsam-Tourismus
vermarkten
0
1
1
0
1
1
1
1
1
0
Erfahrungsaustausch-Gremien bilden
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
6. Sensibilisierung der Bevölkerung
Kur-,
Winter- AlpinSchutzSeen Städte
Gesund
sport /Berg
gebiete
-heit
Luftkurorte
WeinDonau
straßen
Kongress
Bevölkerung, Gäste und Behörden mittels
einfach verständlichen Broschüren regelmäßig
informieren
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Gemeinsame Anpassungsstrategie erarbeiten
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Bevölkerung und Touristen für Klimafragen
sensibilisieren – Ängste der Bevölkerung
aufgreifen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Leistungsträger und Verbände bezüglich
Klimaänderung sensibilisieren
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Lokale Bevölkerung und Gäste an
Planungsarbeiten
partizipieren lassen
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Wachsendes Sicherheitsbedürfnis der Gäste
berücksichtigen – Gäste offen informieren
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Bevölkerung über Wetterrisiken und
Naturgefahren aufklären
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
65
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
6. Verminderungsstrategien
Der Tourismus ist auch ein wichtiger Mitverursacher der Klimaänderung. Weltweit trägt der Tourismus rund 5 %
zu den CO2-Emissionen bei (UNWTO 2007). In der Schweizer Studie „2030: Der Schweizer Tourismus im
Klimawandel“ (Müller & Weber 2008, S. 19f) wurden bereits Verminderungsstrategien (Mitigation) zur
Verminderung der Klimagase für touristische Partner und Leistungsträger erarbeitet, die auch für Österreich
durchaus übertragbar sind.
6.1 Kernstrategien
Die verschiedenen Verminderungsstrategien wurden grob in folgende sechs Kernstrategien unterteilt:
1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen – Energiesparen bei Transport, Infrastruktur
und Aktivitäten,
2. Förderung des öffentlichen Verkehrs – Optimierung des Verkehrsmanagements,
3. Umstellung auf erneuerbare Energiequellen – klimaschonend produzieren,
4. Lenkung über finanzielle Anreize – Kompensation von CO2-Emissionen
5. Kompensation von CO2-Emissionen
6. Sensibilisierung von Bevölkerung und Gästen - Verstärkung der Kommunikation
6.2 Einschätzungen der Wichtigkeit von Verminderungsstrategien/-maßnahmen
Nachfolgend sind die konkreten Verminderungsstrategien aus der Schweizer Studie angeführt. Die Wichtigkeit
dieser Strategien bzw. zahlreichen Maßnahmen wurde von den Begleitgruppenteilnehmern einzeln von sehr
wichtig bis weniger wichtig für die touristischen Partner und Leistungsträger im österreichischen Tourismus
bewertet. Das zusammenfassende Ergebnis ist in der nachfolgenden Übersicht dargestellt.
66
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Übersicht 20:
Verminderungsstrategien für touristische Partner und Leistungsträger
(Müller & Weber 2008, S. 19f; FIF 2011, S. 62f) – Bewertung durch die Begleitgruppenteilnehmer
sehr
wichtig
weniger
wichtig
1. Reduktion des Energieverbrauchs bzw. der CO2-Emissionen
Energie- und CO2-Sparprogramme propagieren und weiterentwickeln
CO2-reduziert heizen
Abwärmenutzung intensivieren und kommunizieren
Erneuerbare Energien fördern, auf regionale Produkte (Holz) setzen
Gebäude besser isolieren (Wärme/Kälte)
Regionale Produkte bevorzugt berücksichtigen
Antriebsysteme, Klimaanlagen energetisch optimieren (Wärme/Kälte-Dämmung)
Ferien- und Zweitwohnungen bedarfsgerecht heizen (Fernsteuerung)
1 9
Ersatz von Kohle- und Gaskraftwerke durch alternative Anlagen befürworten
110
Holz als Baumaterial verwenden (Bindung von CO2)
2.
1 1
1
2
Förderung des öffentlichen
Verkehrsmanagements
Verkehrs
ÖV-Verbindungen attraktivieren
Attraktivierung der Reisemittel (Anreise als Erlebnis)
Anreiz für ÖV schaffen
Kooperation mit (SBB,DB) ÖBB etc.
Verkehrsmanagement innerorts optimieren
Neue Mobilitätsformen unterstützen
Verbindungen, Fahrpläne optimieren
Verkehrsmanagement verbessern
Alternative Treibstoffe und Antriebssysteme im ÖV propagieren
10
Zubringerbusse organisieren
11
Alpentaxis anbieten
12
Parkplatzbewirtschaftung
13
An-/Abflugregime im Flugverkehr verbessern
Car-Sharing popularisieren
–
Optimierung
x
□
□
x
x
□
□
□
□
□
□
x
x
□
□
x
x
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
x
x
x
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
x
x
x
x
x
□
x
x
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
x
□
□
□
x
x
x
x
x
□
□
□
□
□
□
□
□
x
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
des
67
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
3. Lenkung über finanzielle Anreize – konsequente Anwendung des
Verursacherprinzips
1
Energie stärker besteuern
2
Schadstoffarme Fahrzeuge begünstigen
3
CO2-Abgabe unterstützen
4
Parkgebühren flächendeckend einführen
□
□
□
□
□
x
□
□
□
□
□
□
x
□
□
x
□
□
x
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
□
x
□
□
□
□
x
x
x
□
□
□
□
4. Kompensation von CO2-Emissionen
1
Klimaneutrale Produkte und Angebote schaffen
2
Dem Gast die Möglichkeit geben, Emissionen der Anreise zu kompensieren
3
Kompensationsprojekte über Emissionshandel unterstützen
4
Kooperation mit Kompensationspartner eingehen
5. Verstärkung der Kommunikation
1
Innovationen stimulieren, Anreize schaffen
2
Visualisierung der Klimaänderung und Sensibilisierung
3
Mit Partnern arbeiten
x □□□□□
□□x □□□
□x □□□□
68
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
7. Good-Practise Beispiele zu Klimaschutz und Anpassung
7.1 Kriterienkatalog für die Auswahl von Good-Practise Beispielen im Tourismus:
Fokus auf Klimaschutz und Anpassung
Ziel:
Identifizierung von Good-Practise-Beispielen im Bereich Tourismus, die zum Klimaschutz und/oder zur
Anpassung an die Folgen der globalen Erwärmung beitragen.
1. Allgemeine Anforderungen an die Beispiele:
■
Sie sollen Möglichkeiten aufzeigen, die einzelne Personen in der Tourismusbranche im Bereich
Klimaschutz/Anpassung haben
■ Sie sollen – soweit vorhanden - Aktivitäten aus allen Bundesländern zeigen
■ Forschungsprojekte wurden nur dann zu berücksichtigt, wenn sie im Rahmen der Arbeit auch
tatsächliche Maßnahmen in Regionen umgesetzt haben
■ Ein Zugang zu den Informationen soll gegeben sein
2. Datenquellen für die Sammlung von Beispielen
■
■
■
■
■
■
■
Ist-Stands-Analyse von Anpassungsmaßnahmen
CIPRA Datenbank
AMICA Datenbank
Klimabündnis
Alpine Spate
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
Lebensministerium
3. Evaluierung anhand von spezifischen Kriterien und Bewertung mit Punkten
A. Spezifische Kriterien für Klimaschutzmaßnahmen
■
■
■
■
Wichtigkeit der Maßnahme (Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen)
Zusätzlicher Nutzen für andere Bereiche/Sektoren
Großer Nutzen bei relativ geringen Kosten (Low-Regret)
Keine negativen Effekt auf Anpassung
Spezifische Kriterien für Anpassungsmaßnahmen
■ Wichtigkeit der Maßnahme (Beitrag zur
■ Dringlichkeit der Maßnahmen (wenn
Reduzierung der Vulnerabilität oder von Risiken)
Aufschieben der Maßnahme zu einem späteren Zeitpunkt
langlebiger Infrastruktur) gewisse Möglichkeiten verschließen oder viel höhere Kosten verursachen
würde; z.B. bei
■ Verbesserung der Resilienz
■ Nutzen von positiven Chancen des Klimawandels
■ Großer Nutzen bei relativ geringen Kosten (Low-Regret)
■ Zusätzlicher Nutzen für andere Bereiche/Sektoren bzw. umweltpolitischen und/oder
wirtschaftlichen Nutzen (Synergieeffekte, No-Regret)
■ Keine negativen Effekt auf Klimaschutz
Bewertungsschema:
Klimaschutz- bzw. Anpassungsmaßnahmen wurden anhand dieser spezifischen Kriterien evaluiert. Dabei erfolgt
die Einschätzung nach einem 5-skaligen Punktesystem (sehr positiv +2; positiv +1; neutral bzw. nicht relevant 0;
negativ -1; sehr negativ -2)
69
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
7.2 Good-Practise Beispiele - Fokus Klimaschutz
Hotels/Unterkunft
Klimaneutrales Hotel Kristiania
 WO?
Lech am Arlberg, Tirol
 WER?
Hotel
 WAS?
Energie, Mobilität
 SEIT WANN?
 KONTAKT
Gertrud Schneider
 WEITERE INFOS
www.kristiania.at
KURZBESCHREIBUNG
Eine intakte Umwelt liegt dem Hotel Kristiania am Herzen: Das direkt im Herzen der Arlberger Skiwelt gelegene
Hotel hat sich dazu entschlossen, aktiv Verantwortung im Klimaschutz zu übernehmen. Um gezielte
Maßnahmen ergreifen zu können, lässt sich das Hotel eine individuelle Bilanz über den CO2-Ausstoß des
Hotelbetriebs erstellen. Bei der Berechnung aller CO2-Emissionen, die durch den Hotelbetrieb entstehen, werden
unter anderem der Energie- und Wasserverbrauch, die Mobilität der MitarbeiterInnen, Lebensmittel und Getränke
und deren Transporte, der Papierverbrauch des Hotels und weitere Faktoren berücksichtigt. Aus der
Emissionsübersicht geht hervor, an welchen Punkten angesetzt werden sollte, um den Emissionsausstoß des
Hotels zu minimieren. Emissionen, die nicht reduziert werden können, werden durch das Instrument der
Klimaneutralität ausgeglichen: In Höhe des Emissionsausstoßes werden Emissionsminderungszertifikate
gekauft und dadurch Klimaschutzprojekte (z.B. fördern von erneuerbaren Energien) ermöglicht. Auch die Gäste
des Hotels Kristiania haben die Möglichkeit, mittels eines Rechners den CO2-Fußabdruck, der durch die Anreise,
Übernachtung und den Aufenthalt entsteht, zu berechnen und diesen durch den Kauf von Zertifikaten
auszugleichen.
Boutiquehotel Stadthalle Wien
 WO?
Wien
 WER?
Hotel
 WAS?
Energie, Wasser, Mobilität
 SEIT WANN?
2002
 KONTAKT
Michaela Reitterer
 WEITERE INFOS
www.hotelstadthalle.at
KURZBESCHREIBUNG
Im Boutiquehotel Stadthalle Wien ist alles ein bisschen anders: 160m² Solaranlage, 84m² Photovoltaikanlage,
einer Wasser-Wärmepumpe und 3 Windrädern erzeugen die Energie, die für den Betrieb des Hotels benötigt
(z.B. Heizung, Lüftung) wird. Der neue Zubau weist mittels Grundwasserwärmepumpe, Photovoltaikanlage,
Solaranlage und drei Windrädern sogar eine Null-Energie-Bilanz auf! Um dies zu erreichen, sind die 38 Zimmer
im Passivhaus zusätzlich nur mit LED- und Sparlampen ausgestattet. Aber auch das Trinkwasser ist ein
kostbarer Schatz für das Stadthotel und wird sorgsam eingesetzt: So wird das Regenwasser gesammelt und für
die Toilettenspülungen und Bewässerung der Grün Oase im Innengarten verwendet. Die Gäste des Hotels haben
zusätzlich die Möglichkeit, die Stadt und Umgebung klimaneutral mittels Hoteleigenen E-Bikes zu erkunden. All
das Engagement des Hotels verdient hohe Auszeichnungen: Neben dem EU-Umweltzeichen, dem Green
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Brands Zertifikat und weiteren Auszeichnungen wurde das Boutiquehotel Stadthalle Wien auch als
„Klimabündnis-Betrieb“ und klima.aktiv Partner aufgenommen.
VILA VITA Pannonia
 WO?
Pamhagen, Burgenland
 WER?
Hotel
 WAS?
Energie
 SEIT WANN?
2006
 KONTAKT
Bert Jandl
 WEITERE INFOS
http://www.vilavitahotels.com
KURZBESCHREIBUNG
Allein die Lage am Rande des Nationalparks Neusiedler See / Seewinkel setzt schon ein besonderes Verständnis
für den Umweltschutz voraus. Das 200 Hektar große Naturparadies des VILA VITA Pannonia Hotels liegt mitten
im UNESCO Welterbe-Gebiet Fertö - Neusiedler See. Um auch langfristig ein Anziehungspunkt für die Gäste zu
bleiben, engagiert es sich daher aktiv im Umweltschutz. Das 2010 eröffnete „dynamo-Energiezentrum“, ein
ökotouristische Zentrum für erneuerbare Energien mit Biomasse-Heizwerk, Fotovoltaikanlage und zusätzlichen
Sonnenkollektoren, wird zukünftig 85% des thermischen Energiebedarfs der Hotelanlage decken. Bei der
Planung der Heizanlage spielte neben der erwünschten CO2-Reduktion ein zweiter Umstand eine entscheidende
Rolle: der mehr als 140 Hektar große Waldbestand, der zum Areal gehört, liefert den Großteil der benötigten
Hackschnitzel! Durch all die Maßnahmen und weiteren – wie dem 25 Meter hohen Aussichtturm - verfügt VILA
VITA über innovative und ökologisch wertvolle neue Attraktionen.
Heinrich-Kiener-Haus
 WO?
Hochgründeck, Salzburg
 WER?
Schutzhütte
 WAS?
Energie, Wasser
 SEIT WANN?
1980
 KONTAKT
Hermann Hinterhölzl
 WEITERE INFOS
http://www.hochgruendeck.at/
KURZBESCHREIBUNG
Bereits seit Jahrzehnten zählt das Heinrich Kiener Haus, gelegen auf dem 1.800 m hohen Hochgründeck in
Salzburg, zu den ökologischsten Häusern in den Alpen. Das komplett aus Holz errichtete Haus ist
energieautonom: der Strom wird mittels Solaranlage, Fotovoltaikanlage und Windkraftwerk gewonnen und in
Batterien gespeichert, sodass selbst Schlechtwetterzeiten die Stromversorgung nicht beeinträchtigen. Das
Trinkwasser wird mit Hilfe einer solarbetriebenen Wasserpumpe 100 Höhenmeter in ein Hochbassin gepumpt.
Außerdem entwickelte der Wirt eine „Grauwasseranlage", in der die Abwässer aus Küche und Waschraum in
sieben Stufen gereinigt werden. Beim Klimabündnis-Betrieb stehen Bio- und Fairtrade-Produkte auf der
Speisekarte. Was in der Region zu bekommen ist, wie Fleisch, Milchprodukte, Brot, bezieht der Hüttenwirt auch
von den LandwirtInnen der unmittelbaren Umgebung. Neben der gesicherten Qualität ist der kurze Weg für die
Beschaffung auch ein klarer Beitrag zum Klimaschutz.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Linkbox:
 Leitfaden Link: Energiemanagement in der Hotellerie und Gastronomie
 Energiemonitor Link
 Hotel der Zukunft Link
 Österreichische Umweltzeichen für Tourismusbetriebe Link
 Solarwärme für Hotels Link (inklusive vorbildliche Anlagen)
Regionen
Almenland Steiermark
 WO?
Naturpark Almenland, Steiermark
 WER?
Region
 WAS?
Energie, Mobilität
 SEIT WANN?
1995
 KONTAKT
Jakob Wild (GF Leader Verein)
 WEITERE INFOS
http://www.almenland.at/
KURZBESCHREIBUNG
Der Naturpark Almenland besteht aus 12 Gemeinden, die sich gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, bis zum Jahr
2020 CO2-neutral zu werden. Um dies zu erreichen, sollen umfassende Maßnahmen in den Bereichen Energie,
Mobilität und Kaufverhalten umgesetzt werden. Dies sind u.a. energiesparende Maßnahmen der Wirtschaft (z.B.
regionale Gewerbebetriebe Einbau 100% erneuerbare Energie, Almenland Haus), neue Technologien und
innovative Energieprojekte (z.B. CO2 neutrale sanfte Mobilität im Naturpark, Kleinwasserkraftwerke), Almenland
Photovoltaik (z.B. 500 Dächer Programm in 12 Almenland-Gemeinden), usw. Auch durch die Partnerschaft der
Region Almenland mit dem Verbund sollen möglichst viele Projekte in den Bereichen ÖKO-Stromerzeugung,
Heizen, Mobilität usw. umgesetzt werden.
Alpine Pearls
 WO?
Österreichische Alpen
 WER?
Region
 WAS?
Mobilität
 SEIT WANN?
2006
 KONTAKT
Karmen Mentil
 WEITERE INFOS
http://www.alpine-pearls.com/
KURZBESCHREIBUNG
Alpine Pearls ist das Netzwerk von 27 außergewöhnlichen Urlaubsorten in den Alpen mit höchstem Anspruch
an umweltfreundliche, bewusste und stressfreie Erholung. Alle Alpine Pearls verbindet ein klares Motto: Urlaub
vom Auto! So ermöglichen die Perlen allen Gästen die Möglichkeit der autofreien An- und Abreise sowie der
einfachen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel vor Ort. Als erste touristische Kooperation bieten die Alpine
Pearls durch ihre vielen umweltfreundlichen Angebote rund um die Sanfte Mobilität auch klimaneutrale Ferien
an. Im Österreichischen Anteil der Alpen liegen vier Perlen: Hinterstoder (OÖ), Mallnitz (K), Neukirchen (Sbg.)
und Werfenweng (Sbg.).
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Schladming-Dachstein
 WO?
 WER?
Schladming-Dachstein, Ramsau und
Filzmoos, Steiermark
Region
 WAS?
Mobilität
 SEIT WANN?
2011
 KONTAKT
Hermann Gruber
 WEITERE INFOS
Link
KURZBESCHREIBUNG
Die abwechslungsreichen Landschaften zwischen dem Hohen Dachstein und den Schladminger-Tauern sorgen
für Bewegung – ein Paradies für Aktivurlauber. Seit kurzem kann die Region Schladming-Dachstein, Ramsau
und Filzmoos neu bereist werden: mittels E-Bike. Dafür wurde ein 200 Kilometer langes und 5.000 Höhenmeter
umfassendes Radwegenetz angelegt, der einen herrlichen Ausblick auf eine prächtige Bergkulisse garantiert. In
der Urlaubsregion wurden dafür insgesamt acht Verleih- sowie 22 extra Akkuwechselstationen errichtet, in denen
die Radler überall die gleichen Räder vorfinden. Ein Flyer mit Vorschlägen für Touren sowie der Lage der Verleihund Akkustationen ist im Internet verfügbar.
Anbieter
Nationalparkregion Hohe Tauern Kärnten
 WO?
 WER?
Großkirchheim, Heiligenblut, Mallnitz,
Malta, Mörtschach, Obervellach,
Winklern, Kärnten
Region
 WAS?
Mobilität
 SEIT WANN?
2010
 KONTAKT
Andreas Kleinwächter
 WEITERE INFOS
Link
KURZBESCHREIBUNG
In der Nationalpark-Region Hohe Tauern in Kärnten können Gäste ihren Urlaub mit ruhigem Gewissen erleben:
ein sensationelles Wanderbus-Service im Rahmen des klima:aktiv-Programmes erspart dem Nationalpark-Klima
mehr als 3.000 Tonnen CO2 pro Jahr! Den BesucherInnen steht dadurch ein Wanderbus-Service zur Verfügung,
der in 13 Gemeinden angeboten wird und 30 Wander- und Ausflugsziele erschließt. Für die innerregionale
Mobilität steht eine Mobilitäts-Service-Zentrale den Gästen zur Verfügung. Die bestehende NationalparkKärnten Card deckt auch den Preis für die innerörtliche Mobilität. 2011 nahmen bereits über 23.000 Fahrgäste
das Angebot des Wanderbusses an. Um eine autofreie Anreise in die Region zu ermöglichen, wurden zusätzlich
vergünstigte Shuttledienste von den wichtigsten regionalen Bahnhöfen eingerichtet.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Ski-Audit für Seilbahnen – Auszeichnung pro natura-pro ski Award
 WO?
 WER?
Lech am Arlberg, Vorarlberg, Kitzsteinhorn,
Salzburg
Seilbahnen
 WAS?
Energie, Wasser
 SEIT WANN?
2009 & 2011
 KONTAKT
Michael Manhart, Alexandra Jiricka
 WEITERE INFOS www.skiaudit.info
KURZBESCHREIBUNG
Bereits seit vielen Jahren werden die Skilifte Lech nach umweltrelevanten Kriterien (wie z.B. EMAS, ISO)
evaluiert. Die regelmäßig erfolgenden Wiederholungsaudits bewirken ständiges Auseinandersetzen mit
Umweltthemen im Seilbahn und Pistenbereich, bei Betrieb, Planung und flankierenden Bereichen, wie
Renaturierung, Beschneiung, Kapazitätsüberlegungen, Entsorgung, Umgang mit dem Gast etc. Diese
Bemühungen wurde durch die Verleihung des pro natura-pro Ski AWARD09 anlässlich der Alpenkonferenz
2009 in Evian / Frankreich belohnt. Mit diesem Preis möchte die Stiftung jenen Betrieben zur mehr
Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verhelfen, die sich konsequent zu einer Beachtung der Anliegen von Natur,
Landschaft und Umwelt entschlossen haben.
In den letzten Jahren wurden weitere engagierte Betriebe mit dem pro natura-pro ski Award ausgezeichnet, wie
z.B. 2011 das Kitzsteinhorn oder das Schnalstal (Südtirol).
Carbon-Foot-Print für Seilbahnbetriebe
 WO?
 WER?
Lech am Arlberg, Vorarlberg
Seilbahnen in Kooperation mit Universität
 WAS?
Energie, CO2-Bilanz
 SEIT WANN?
2012
 KONTAKT
Alexandra Jiricka, Michael Manhart
 WEITERE INFOS
www.skiaudit.info
KURZBESCHREIBUNG
An Hand eines Pilot-Projektes im Skigebiet Lech am Arlberg wurde versucht ein passender Ansatz zu finden, der
Aussagekraft und Transparenz eines Carbon-Food-Prints für die Seilbahnbranche bietet und dabei möglichst
(kosten-)effizient bleibt. Das Projekt wurde von der Universität für Bodenkultur gemeinsam mit der OITAF
(Internationaler Verband der Seilbahnen) initiiert und vom Umweltbundesamt in Wien (Abteilung Verkehr und
Lärm) in der Berechnung der CO2-Äquivalente unterstützt.
Die Bilanzierung der CO2- Emissionen in einem komplexen Betrieb wie den Skiliften Lech erfolgte dabei unter
Einsatz eines computerbasierten Modelles. Das vom Umweltbundesamt für Österreich adaptierte Modell GEMIS
– Österreich (Gesamt Emissions Modell Integrierter Systeme) ermöglicht es, die Umweltauswirkungen
unterschiedlicher Systeme zu berechnen und miteinander vergleichbar zu machen. In die Berechnung der CO2Äquivalente (emittierte Menge CO2) fließen alle wesentlichen Prozesse, wie zum Bespiel die Rohstoffgewinnung,
Primärenergieerzeugung, Emissionen des Transportes und so weiter ein. Dies führt zu einem aussagekräftigen
Ergebnis, da neben den entstehenden Emissionen vor Ort auch vorgelagerte Prozesse in der Bilanzierung
berücksichtigt werden.
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Energy-Camp
 WO?
 WER?
Naturparkgemeinde Moschendorf,
Burgenland
Region in Kooperation mit Universität
 WAS?
Energie
 SEIT WANN?
2011
 KONTAKT
Alexandra Jiricka
 WEITERE INFOS
http://www.energy-camp.at/de/
KURZBESCHREIBUNG
„Wir versorgen uns selbst mit Energie“ lautet das Motto für die TeilnehmerInnen des innovativen Energy-Camps.
Im Naturpark Weinidylle wird spielerisch vermittelt, wie einfach es sein kann die benötigte Energie selbst zu
produzieren oder die Energie der Sonne dazu zu nutzen. So wird z.B. in Solarzelten übernachtet, deren
Solarpaneele am Dach Sonnenenergie sammeln, die am Abend wiederum für die Beleuchtung des Camps sorgt.
Wasser für das Frühstück erwärmen sich durch die am Abend zuvor in Stellung gebrachten Solarkocher. Das
e‐bike soll untere anderen dazu dienen, um die Verpflegung von umliegenden Höfen oder Märkten ins Camp zu
bringen. Die TeilnehmerInnen bestimmen selbst wer, was, wann und vor allem wie machen soll und werden so
spielerisch auf das Thema Energie sensibilisiert. Diese Energy-Camps stehen in der Schulzeit ausschließlich
Schulklassen zur Verfügung; in den Ferien finden Ferien- und Familiencamps statt.
7.3 Good-Practise Beispiele - Fokus Anpassung
Wasser in der Stadt
 WO?
Wien
 WER?
Stadt Wien
 WAS?
Anpassung an Hitze
 SEIT WANN?
-
 KONTAKT
Christiane Brandenburg
 WEITERE INFOS
Link
KURZBESCHREIBUNG
Die Verstärkung des Wärmeinseleffekts durch den Klimawandel in Städten beeinflusst die Stadtbevölkerung und
auch den Städtetourismus. Maßnahmen im Bereich der Tourismus-Architektur (z.B. Dach- und
Fassadenbegrünung, helle Baumaterialien), Maßnahmen in der Stadt-, Raum- und Landschaftsplanung (z.B.
Freihaltung von Grünzügen und Frischluftschneisen, Einsatz von Verdunstungskühlung durch bewegtes Wasser),
infrastrukturelle Maßnahmen (z.B. Trinkbrunnen, beschattete Sitzgelegenheiten) sowie organisatorische
Maßnahmen (z.B. Hitzewarnsysteme, Öffnen von „Abkühlungsorten“) können zur Anpassung beitragen. Die gute
Qualität des Wassers ist eine große Stärke österreichischer Städte und durch die Betonung dieser Besonderheit
kann das Bild einer kühlen Stadt in einem heißen Sommer transportiert und als „Unique Selling Proposition“
vermarktet
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ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Grünes Netz Graz
 WO?
Graz, Steiermark
 WER?
Stadt Graz
 WAS?
Anpassung an Hitze
 SEIT WANN?
2007
 KONTAKT
Magistrat Graz
 WEITERE INFOS
Link
KURZBESCHREIBUNG
Mit einer Länge von über 560 km erstreckt sich das Grüne Netz Graz über das gesamte Stadtgebiet. Die
Hauptaufgabe des Grünen Netzes Graz ist die Vernetzung bestehender Grün- und Freiflächen durch
verbindende Wege und Grünelemente. Es ist eine wesentliche Maßnahme für die Erhaltung und den Ausbau der
Lebensqualität in der Stadt Graz. Durch die Vernetzung von bestehenden Grün- und Freiflächen wird auch die
stadtklimatische Situation verbessert. Dies ist umso bedeutender, da die Klimawandel-bedingte Zunahme von
Hitzetagen in dichtbebauten Gebieten besonders bemerkbar sein wird. Ein Netz aus Grünflächen ermöglicht,
dass die „Erholungsfunktion" bereits vor der Haustür beginnt.
76
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Literaturverzeichnis
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Kurzfassung. Studie i. Auftr. d. BMLFUW u.d. Bundesländer
80
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus in Österreich 2030
Anhang
Die Emissions-Szenarien des IPCC
A1. Die A1-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine zukünftige Welt mit sehr raschen
Wirtschaftswachstum, einer bis Mitte des 21. Jahrhundert kulminierenden und danach rückläufigen
Weltbevölkerung, und rascher Einführung neuer und effizienterer Technologien. Wichtige grundlegende
Themen sind Annäherung von Regionen, Entwicklung von Handlungskompetenz sowie zunehmende kulturelle
und soziale Interaktion bei gleichzeitiger substantieller Verringerung regionaler Unterschiede der Pro-KopfEinkommen.
Die A1-Szenarien-Familie teilt sich in drei Gruppen auf, die unterschiedliche Ausrichtungen technologischer
Änderungen im Energiesystem beschreiben. Die drei A1-Gruppen unterscheiden sich in ihrer technologischen
Hauptstossrichtung: fossil-intensiv (A1F1), nichtfossile Energiequellen (A1T) oder eine ausgewogene Nutzung
aller Quellen (A1B) (wobei ausgewogene Nutzung definiert ist als eine nicht allzu große Abhängigkeit von
einer bestimmten Energiequelle und durch Annahme eines ähnlichen Verbesserungspotentials für alle
Energieversorgungs- und -verbrauchstechnologien).
A2. Die A2-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sehr heterogene Welt. Das Grundthema ist
Autarkie und Bewahrung lokaler Identitäten. Regionale Fruchtbarkeitsmuster konvergieren nur sehr langsam,
was eine stetig zunehmende Bevölkerung zur Folge hat. Die wirtschaftliche Entwicklung ist vorwiegend
regional orientiert und das Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum und technologische Veränderungen sind
bruchstückhafter und langsamer als in anderen Modellgeschichten.
B1. Die B1-Modellgeschichte bzw. -Szenarien-Familie beschreibt eine sich näher kommende Welt, mit der
gleichen, Mitte des 21. Jahrhunderts kulminierenden und danach rückläufigen Weltbevölkerung wie in der A1Modellgeschichte, jedoch mit raschen Änderungen der wirtschaftlichen Strukturen in Richtung einer
Dienstleistungs- und Informationswirtschaft, bei gleichzeitigen Rückgang des Materialverbrauchs und
Einführung von sauberen und ressourcen-effizienten Technologien. Das Schwergewicht liegt auf globalen
Lösungen für eine wirtschaftliche, soziale und umweltgerechte Nachhaltigkeit, einschließlich erhöhter sozialer
Gerechtigkeit, aber ohne zusätzliche Klimainitiativen.
81
ITR – BOKU-Met
Klimawandel und Tourismus
in Österreich 2030
Auswirkungen, Chancen & Risiken,
Optionen & Strategien
Studien-Langfassung
Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft
1010 Wien | Stubenring 1 | www.bmwfw.gv.at
www.bmwfw.gv.at
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