Strategien zur Anpassung an den Klimawandel der österreichischen Wirtschaft: Beitrag zur nationalen KlimawandelAnpassungsstrategie Internes Arbeitspapier 29. November 2011 Gabriel Bachner, Birgit Bednar-Friedl, Olivia Koland, Karl Steininger, Brigitte Wolkinger Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel, Universität Graz Maria Balas, Astrid Felderer, Martin König Umweltbundesamt Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis............................................................................................ 2 1 Einleitung ................................................................................................... 3 1.1 Abgrenzung des Aktivitätsfeldes „Wirtschaft“ ............................................ 3 1.2 Einfluss klimatischer Bedingungen auf Unternehmensentscheidungen .. 5 1.3 Einfluss marktwirtschaftlicher Bedingungen auf Unternehmensentscheidungen ..................................................................... 7 1.4 Wirtschaftsstruktur und Anpassungskapazität ........................................... 8 2 Sensitivität und Vulnerabilität von Produktion und Handel................ 10 2.1 Produktionswirtschaft .................................................................................. 10 2.2 Einzel- und Großhandel ............................................................................... 12 2.3 Fokus Lebensmittelproduktion und -handel .............................................. 13 2.4 Fokus Chemieindustrie ................................................................................ 15 3 Sensitivität und Vulnerabilität der Versicherungswirtschaft .............. 19 4 Allgemeine sektorspezifische Handlungsprinzipien ........................... 23 4.1 Produktion und Handel ................................................................................ 23 4.2 Versicherungswirtschaft .............................................................................. 24 5 Handlungsempfehlungen für das Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ ............ 26 5.1 Fokus Produktion und Handel..................................................................... 26 5.2 Fokus Versicherungswirtschaft .................................................................. 37 6 Literatur .................................................................................................... 43 7 Anhang ..................................................................................................... 44 2 1 Einleitung 1.1 Abgrenzung des Aktivitätsfeldes „Wirtschaft“ Das Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ befasst sich mit den drei Wirtschaftsbereichen • Sachgütererzeugung (Produktion von Waren) • Handel • Versicherungswirtschaft Diese Wirtschaftsbereiche sind von hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung, da diese mit 18% (Sachgütererzeugung und Bergbau), 14% (Handel) und 5% (Kredit- und Versicherungswesen) zum Bruttoinlandsprodukt beitragen (Anteil an Bruttowertschöpfung zu Herstellungspreisen; Statistik Austria 2011). Zudem gehören die Bereiche Handel und Versicherungswirtschaft zum tertiären Sektor, der über die letzten Jahrzehnte starke Wachstumsraten zu Lasten des primären und sekundären Sektors aufwies. Obwohl die Sachgüterzeugung und der Handel im Vergleich zu beispielsweise Land- und Forstwirtschaft eindeutig weniger klimasensitiv sind, rechtfertigt ihre hohe volkswirtschaftliche Bedeutung somit eine Behandlung im Rahmen der nationalen Klimawandelanpassungsstrategie. Der Bereich Versicherungen ist als stärker klimasensitiv zu charakterisieren und wird deshalb zusätzlich im Aktivitätsfeld behandelt. Hauptergebnisse der Leistungs‐ und Strukturstatistik 2009 nach aggregierten Wirtschaftsbereichen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Unternehmen Beschäftigte Bruttowertschöpfung Bruttoinvestitionen Bergbau Energie‐ und Wasserversorgung, Abfallentsorgung Handel Dienstleistungen Herstellung von Waren Bau Finanz‐ und Versicherungsleistungen Quelle: Statistik Austria, Leistungs‐ und Strukturstatistik 2009 Abbildung 1: Leistungs- und Strukturdaten für den Produzierenden Bereich, Handel und Dienstleistungen auf ÖNACE 2008 Abschnittsebene (1-Steller) 3 Abbildung 1 verdeutlicht, dass die Sachgütererzeugung (Herstellung von Waren) 23% der Beschäftigen in Österreichs Privatwirtschaft umfasst bei einem Anteil von 9% der Unternehmen, sodass die Unternehmensgröße hier über den anderen Produktions- und Dienstleistungsbereichen liegt. Auch im Handel und im Versicherungswesen ist ein hoher Anteil an Beschäftigten zu finden, die durchschnittliche Unternehmensgröße ist jedoch geringer. Im Vergleich zum Handel ist die durchschnittliche Wertschöpfung je Unternehmen in der Sachgütererzeugung und der Finanz- und Versicherungsbereich hoch. Die Bruttoinvestitionen je Wertschöpfungseinheit sind in der Sachgüterzeugung rund doppelt so hoch wie in den beiden anderen Bereichen, was einerseits auf die Unternehmensgröße und andererseits auf die Branchenunterschiede zurückzuführen ist. Im Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ werden im Detail die Branchen Lebensmittel & Getränke, chemische Erzeugnisse und Versicherungswesen beleuchtet. Damit wird sichergestellt, dass Sektoren mit unterschiedlicher Betroffenheit gegenüber dem Klimawandel und mit unterschiedlicher gesamtwirtschaftlicher Wichtigkeit für die Anpassungsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft in die Betrachtung mit einfließen, um letztlich sektoral abgeglichene Handlungsoptionen als Beitrag zur nationalen Anpassungsstrategie ableiten zu können. Mit dieser Auswahl wird zudem ein stark regional differenzierter Bereich (Nahrungsmittel) einem großindustriellen und international ausgerichteten Wirtschaftsbereich gegenübergestellt (Chemieindustrie). Die Versicherungswirtschaft ist zwar im Anteil an der österreichischen Wertschöpfung klein, wird jedoch ökonomisch bedeutsam und relevant für die Anpassungsstrategie, durch ihre Verflechtung mit anderen klimasensitiven Sektoren und ihre Mitbestimmung der wirtschaftlichen Effekte, die mit den Auswirkungen des Klimawandels in diesen Sektoren verbunden sind: Die Versicherungswirtschaft unterstützt mit ihren Versicherungsprodukten die Anpassung in verschiedensten vom Klimawandel betroffenen Bereichen (z.B. Landwirtschaft, Tourismus, Gesundheit) und stellt damit der österreichischen Wirtschaft eine mögliche Form der Anpassung zur Verfügung. Versicherungen sind aber auch durch den Klimawandel sowie durch die staatliche Anpassungspolitik direkt in ihrem Geschäftsergebnis betroffen; so können Anpassungsinvestitionen durch die öffentliche Hand direkte Schadensbegleichungen aufgrund von Elementarschäden mindern. Das Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ ist hinsichtlich der Produktionsvoraussetzungen eng verflochten mit den dem Klima direkt ausgesetzten Aktivitätsfeldern „Landwirtschaft“, „Forstwirtschaft“, „Energie“ und „Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft“. Hinsichtlich der Produktionsauswirkungen weist das Aktivitätsfeld enge Bezüge zu „Ökosystemen/Biodiversität“ und auch „Tourismus“ auf. 4 1.2 Einfluss klimatischer Bedingungen auf Unternehmensentscheidungen Die Betroffenheit sowie damit verbundene Risiken und Chancen des Klimawandels für den Wirtschaftsstandort Österreich selbst und speziell für die Wirtschaftsbereiche Sachgütererzeugung, Handel und Versicherungswirtschaft (in Ergänzung zu den bereits in der Anpassungsstrategie behandelten Aktivitätsfeldern) sind geprägt durch Beziehungen des Wirtschaftskreislaufs, in dem Firmen, Haushalte und Staat als AkteurInnen auftreten und miteinander interagieren. Der Klimawandel fungiert in diesem komplexen Zusammenspiel als zusätzlicher Stressfaktor, dem jedoch jetzt schon und auch künftig weit mehr Beachtung geschenkt werden muss. So sind z.B. produzierende Bereiche über Vorleistungs- und Nachfrageverflechtungen voneinander – und somit auch von sich ändernden Klimabedingungen z.B. bei den landwirtschaftlichen Vorleistungen für die NahrungsGenussmittelindustrie – abhängig, während Angebots- und Nachfragebeziehungen zwischen Produktion und Konsum die Preisbildung auf Produkt- und Dienstleistungsmärkten beeinflussen und ihrerseits durch sich ändernde Klimabedingungen beeinflusst werden. Schließlich werden auf der Mikroebene des einzelnen Unternehmens Produktionsentscheidungen getroffen, und jeder Haushalt entscheidet darüber, was er in Zeiten des globalen Wandels konsumieren möchte. Potentielle Auswirkungen durch den Klimawandel auf die Wirtschaft hängen einerseits davon ab, wo Unternehmen einer Branche räumlich angesiedelt sind bzw. welchen Klimaänderungen sie ausgesetzt sind (Exposition der betrachteten Region bezüglich der Klimaänderungen), und andererseits davon, wie sensitiv die Branche gegenüber Änderungen des Klimas ist (wie empfindlich die Branche auf die Exposition der Klimaänderung reagiert). Dabei gilt, je wichtiger ein betroffener Sektor für die Gesamtwirtschaft und je höher die Klimasensitivität des Sektors, desto höher sind die potenziellen Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort insgesamt. Schließlich ergibt sich die Vulnerabilität zunächst eines Wirtschaftsbereichs oder einer Branche (daraus folgend aber auch des Wirtschaftsstandortes insgesamt) aus dem Zusammenwirken der potentiellen Auswirkungen und der Anpassungskapazität an den Klimawandel (vgl. Abbildung 2), die u.a. davon abhängig ist, wie sich die Marktlage für eine Branche bzw. die Rentabilität der Unternehmen darstellt (etwa die Verfügbarkeit von Rücklagen oder einbehaltenen Gewinnen, um z.B. in Hochwasserschutz oder eine Umstellung der Produktpalette zu investieren, oder die Möglichkeit, erhöhte Kosten durch höhere Preise an die KundInnen weiterzugeben), aber auch davon, welche Technologien zur Verfügung stehen und wie der politische Wille zur Gestaltung von Anpassungsmaßnahmen ist. Das Setzen von konkreten Anpassungsmaßnahmen durch die Unternehmen oder den Staat hat zum Ziel, die Vulnerabilität zu verringern und mögliche Chancen des Klimawandels zu nutzen. 5 EXPOSITION der betrachteten Region bzgl. Klimaänderungen (+) (+) Potenzielle AUSWIRKUNGEN des Klimawandels auf die betrachtete Branche/Region (+) SENSITIVITÄT Vulnerabilität der betrachteten Branche gegenüber Wetter- bzw. Klimaänderunge n der betrachteten Branche/ Region bezüglich des Klimawandels (-) (-) grau ANPASSUNGSKAPAZITÄT reaktiv, reagierend an den Klimawandel grün smart ANPASSUNG regional sektoral proaktiv, antizipierend Mikroebene Abbildung 2: Vulnerabilität gegenüber dem Klimawandel und Anpassung daran (Quelle: adaptiert von Isoard et al., 2008) Das Bewusstsein darüber, dass Risiken und Chancen des Klimawandels zukünftig gewichtiger werden, auch wenn Aussagen zum Klimawandel nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit getroffen werden können, ist kritisch für die mittelfristige Unternehmensstrategie (Produktpalette, Produktionsbedingungen, Absatzund Rohstoffmärkte). Daher muss die Resilienz gegenüber einer entsprechenden Bandbreite an künftigen Klimabedingungen erhöht werden, was sich aber durch die Unsicherheiten, denen Unternehmen gegenüber stehen, nur schwierig ins Tagesgeschäft einbinden lässt (Quelle: Interviews). Dabei sind Unternehmen, die stark auf globalen Märkten involviert sind, nicht nur von lokalen Effekten sondern auch von Klimawandelfolgen in anderen Ländern abhängig. Hinsichtlich der Exposition und Sensitivität von Wirtschaftsbranchen gegenüber dem Klimawandel hat sich gezeigt, dass sich die klimabedingten Schadwirkungen auf Unternehmen grob zweiteilen lassen: in (i) die Auswirkungen sich allmählich ändernder Klimaparameter (Temperatur, Niederschlag) sowie (ii) die aus Unternehmenssicht sehr viel relevanten Änderungen in der Frequenz und Intensität extremer Witterungsperioden (z.B. Hitzewellen, Dürren, besonders hochwasserträchtige Wetterlagen) und Extremereignisse (z.B. Sturm, Hagel, Extremniederschläge und dadurch ausgelöste Massenbewegungen). Schadensstatistiken der Münchner Rückversicherung zeigen klare Anstiege in den geglätteten Trends sowohl der Anzahl als auch der (inflationsbereinigten) Schadenssummen von Extremereignissen und extremen Witterungsperioden, die zu einem guten Teil auf den menschlichen Klimawandel zurückzuführen sind. 6 1.3 Einfluss marktwirtschaftlicher Bedingungen auf Unternehmensentscheidungen Unternehmen treffen somit (Investitions-)Entscheidungen für eine Produktinnovation oder einen Standortwechsel in einem Umfeld zahlreicher Stressfaktoren (Marktlage, globale Finanzmärkte, institutionelles Umfeld). Zunehmend müssen Firmen den Faktor Klimawandel in das unternehmerische Risikomanagement integrieren. Entscheidungen unter Unsicherheit sind für viele industrielle und gewerbliche Branchen nicht neu; sie kennen ein gewisses Markt- und Investitionsrisiko, das durch die Klimaentwicklung aber noch verstärkt wird. Um beispielsweise längerfristig am Markt bestehen zu können bzw. kostendeckend zu arbeiten, geben Firmen, die eine gewisse Marktmacht besitzen (wie etwa der Lebensmitteleinzelhandel), höhere Einkaufspreise durchaus an die KundInnen weiter. So passt sich das Unternehmen laufend an die aktuelle Marktlage an. Oftmals überschneiden sich bereits umgesetzte Maßnahmen mit Klimawandel-Anpassungsstrategien bzw. werden diese bereits unbewusst ausgeübt. Investieren Unternehmen z.B. in die Entwicklung von neuen Technologien, kann dies den Grad ihrer Anpassungsfähigkeit erhöhen. Neue Produkte, die aufgrund der Marktlage (z.B. höhere Temperaturen in den Sommermonaten) auf den Markt gebracht worden sind, können bereits ein direkter Beitrag zur Anpassung sein. Auf der Nachfrageseite spiegeln sich geänderte Lebensstile und der wachsende Faktor Umweltbewusstsein in den Präferenzen und folglich im Konsumverhalten der Haushalte wider. Der „ökologische Fußabdruck“ als Ausdruck der Zukunftsfähigkeit des Lebensstils ist zu einem gängigen Konzept geworden, das auch von der breiten Bevölkerung als solches angenommen wird. Autonome (oder spontane) Anpassungen an die Folgen des Klimawandels erfolgen nicht nur auf der Seite der Unternehmen, wenn z.B. der Produktionsprozess durch erhöhte Außentemperaturen zusätzliche Kühlung erfordert, sondern auch KonsumentInnen reagieren spontan auf höhere Temperaturen (etwa wenn vermehrt Klimaanlagen nachgefragt werden). Jede mittel- oder langfristige Nachfrageänderung hat klarerweise Konsequenzen für die Produktion (das Angebot). Neben der autonomen Klimawandelanpassung durch private Wirtschaftssubjekte wird Anpassung auch durch die öffentlichen Hand ausgeübt, welcher eine wichtige Rolle in der Umsetzung von planerischen oder strukturellen Maßnahmen zukommt, die nicht über Märkte bereitgestellt werden (z.B. im Bereich Infrastruktur oder Raumplanung). Eine Kernaufgabe erwächst dem Staat in der Vorgabe von institutionellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die etwa dem einzelnen Unternehmen spezifische Handlungsmöglichkeiten und Anreize bieten (z.B. durch die Förderung von F&E oder durch die Adaptierung von bestehenden gewerbe- oder baurechtlichen Verordnungen durch Klimawandel bedingte Herausforderungen). Der Staat hat außerdem Entscheidungen über die Verteilung von Mitteln für den Bereich Anpassung zu treffen (zwischen Anpassungsoptionen unterschiedlicher Dringlichkeit und Fristigkeit). Öffentliche Finanzen 7 werden vor allem durch groß angelegte Projekte wie z.B. Schutzbauten vor Naturgefahren stark belastet. Als kleine offene Volkswirtschaft weist Österreich mit einer Exportquote von über 50% und einer Importquote von etwas unter 50% eine starke internationale Verflechtung auf (Statistik Austria 2010). Wichtigste Handelspartnerin ist dabei die EU und insbesondere Deutschland, während außerhalb Europas v.a. die USA und China wichtige HandelspartnerInnen darstellen. Export- und importseitig große Handelsvolumen entstehen bei Maschinen und Fahrzeugen, aber auch bei bearbeiteten Waren und chemischen Erzeugnissen. Brennstoffe und Rohstoffe weisen hingegen einen viel stärkeren Import- als Exportanteil auf (vgl. Abbildung 3). Somit ist Österreich nicht nur von heimischen Klimaänderungen direkt abhängig sondern auch indirekt abhängig von Klimaänderungen einerseits in Regionen, zu denen eine starke Rohstoff- oder Vorleistungsabhängigkeit besteht, als auch andererseits in diejenigen, die wichtige Hauptabsatzmärkte für Produkte und Dienstleistungen aus Österreich bilden. Import‐ und Exportvolumen nach Warenabschnitten 2010 50 40 30 20 in Mrd. EUR 10 0 10 20 30 40 50 Ernährung Getränke und Tabak Rohstoffe Brennstoffe, Energie Import von Waren Export von Waren Tier. u. pfl. Rohstoffe a.n.g. Öle und Fette Chemische Erzeugnisse a.n.g. Bearbeitete Waren Maschinen und Fahrzeuge Sonstige Fertigwaren Waren a.n.g. Quelle: Statistik Austria, Außenhandelsstatistik 2010 Abbildung 3: Österreichs Außenhandel nach Warenabschnitten 2010 1.4 Wirtschaftsstruktur und Anpassungskapazität Österreichs Wirtschaft ist geprägt durch einen hohen Anteil von Klein- und insbesondere Mittelbetrieben. In der Sachgüterzeugung weist beispielsweise die Nahrungsmittelerzeugung einen Anteil von beinahe 50% Kleinstunternehmen (mit bis 9 MitarbeiterInnen) und von rund 20% Kleinunternehmen (10-49 MitarbeiterInnen) auf, wohingegen in der chemischen Industrie der Anteil von großen und mittleren Unternehmen 8 (mit über bzw. bis zu 250 MitarbeiterInnen) mit jeweils 12% der Unternehmen deutlich höher liegt (Abbildung 4). Auch im Versicherungswesen sind Unternehmen deutlich größer. Die Unternehmensgröße kann für die Frage der Anpassungskapazität von Branchen relevant sein da Kleinst- und Kleinunternehmen deutlich geringere Eigenkapitalquoten (9% bzw. 20%) aufweisen als mittlere Unternehmen (29%) und Großunternehmen (34%) (KMU Forschung Austria, zitiert in AWS 2010), wobei hier der Richtwert bei 20% als betriebswirtschaftliche Mindestanforderung liegt. Somit sind mittlere und Großunternehmen tendenziell aufgrund ihrer höheren Eigenkapitalquote (Eigenkapital als Anteil am Gesamtkapital eines Unternehmens) eher in der Lage, selbst Anpassung an den Klimawandel vorzunehmen, während kleinere Unternehmen auf die Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen sein werden. Unternehmensgröße für die Bereiche Nahrungsmittel und Getränke, chemische Erzeugnisse und Versicherungen 0% 20% 40% 60% 80% 100% Herstellung von Nahrungsmitteln Getränkeherstellung Großhandel m. Nahrungsmitteln und Getränken Einzelhandel m. Nahrungsmitteln und Getränken Herstellung von chemischen Erzeugnissen Versicherungen und Rückversicherungen Kleinstunternehmen (bis 9 MitarbeiterInnen) Kleinunternehmen (10‐49 MitarbeiterInnen) Mittlere Unternehmen (50‐249 MitarbeiterInnen) Großunternehmen (250 und mehr MitarbeiterInnen) Quelle: Statistik Austria, Leistungs‐ und Strukturstatistik 2010 Abbildung 4: Unternehmensgröße für ausgewählte Produktions-, Handels- und Versicherungsbereiche 9 2 Sensitivität und Vulnerabilität von Produktion und Handel Unternehmen aus Produktion und Handel sind einerseits entlang der betrieblichen Wertschöpfungskette (Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Absatz), andererseits über Lieferbeziehungen vom Klimawandel betroffen und müssen dementsprechende Anpassungsmaßnahmen setzen (vgl. Abbildung 5). Abbildung 5: Betriebliche und überbetriebliche Wertschöpfungskette 2.1 Produktionswirtschaft Die Sachgütererzeugung (Produktion von Waren) ist durch den Klimawandel in vielerlei Hinsicht betroffen, wobei die Klimasensitivität für die meisten Bereiche mit gering bis mäßig einzuschätzen ist. Folgende Bereiche sind betroffen: • Produktion: Effizienz und Anwendbarkeit von Prozessen bzw. Verfahren sind potentiell betroffen (z.B. durch erhöhte Außen-/Innentemperatur, veränderte Verfügbarkeit von Kühlwasser), ebenso wie die Verfügbarkeit von Betriebsmitteln und Werkstoffen und damit verbundene Kosten; auch Versicherungskosten steigen möglicherweise an (Deutsche Bundesregierung, 2008; Firth und Colley, 2006). • Logistik: Geänderte Witterungs- oder klimatische Verhältnisse verlangen eine ReOptimierung von Güter-, Personen- und Energieströmen entlang des Wertschöpfungskettensystems einer Branche, etwa bei Fragen der (Zwischen-) Lagerung von sensiblen Gütern oder wenn Zulieferketten durch extreme Wettereignisse, z.B. durch Schäden am Transportnetz, unterbrochen werden (BSR, 2009a). • Vertrieb: Das erzeugte Produkt wird entweder direkt oder über den Handel (Spezial-, Groß-, Einzelhandel) an die EndverbraucherInnen gebracht. Potentiell betroffen sind – etwa durch hohe Temperaturen oder Extremwetterereignisse – die betriebliche 10 Infrastruktur und das Vertriebsnetz bzw. die Vertriebsinfrastruktur (Transportnetze) (BSR, 2009b; Scottish Government, 2009). Wie viel bzw. was abgesetzt werden kann, bestimmen mitunter KonsumentInnen über die Endnachfrage (autonome Anpassung an den Klimawandel auf der Nachfrageseite). Manche Unternehmen sehen sich zudem in der Verantwortung, klimafreundlich zu produzieren bzw. Waren mit geringem ökologischen Fußabdruck in die Regale zu bringen, da viele KonsumentInnen ihr Kaufverhalten nach wie vor stark am Preis des Produkts ausrichten. • Lieferkette: Die Lieferkette beschreibt Güterströme von deren Beschaffung (Zulieferung) über deren Verarbeitung in der Produktion bis zum Absatz des Endprodukts (KundInnen). Über vor- und nachgelagerte Lieferbeziehungen sind die produzierenden und Handel treibenden Wirtschaftsbranchen daher indirekt von Klimafolgen in einzelnen Branchen mit betroffen (Firth und Colley, 2006). • Vernetzung mit globalen Märkten: Vulnerabilität ist kein rein lokales Konzept, sondern wird auch global über Handelsverflechtungen bestimmt: Je nachdem wie stark national oder international ein Unternehmen ausgerichtet ist, wird es Auswirkungen des globalen Klimawandels, die außerhalb der nationalen Grenzen auftreten, zu spüren bekommen (etwa über Veränderungen der Weltmarktpreise) (vgl. Firth und Colley, 2006) • Produktpalette/Technologieentwicklung: Neue Rahmenbedingungen eines sich wandelnden Klimas können Produkte vom Markt drängen, weil sie nicht mehr bzw. zu wenig nachgefragt werden, oder es werden neue Produkte entwickelt und hergestellt (BSR, 2009b). Durch die klimawandelinduzierte erhöhte Nachfrage nach klimaschonenden Technologien, sehen sich manche Unternehmen durchaus auch auf der „Gewinnerseite“ des Klimawandels (Quelle: Interviews). Ziel ist es auch, Produkte in gleichbleibend hoher Qualität auf dem Markt zu halten (Qualitätssicherung). • Unternehmensinfrastruktur/physisches Kapital: Die betriebliche Infrastruktur (Gebäude, Produktions- und Lagerhallen, Maschinen, etc.) kann entweder durch äußere Einflüsse (Hochwasser, Hagelschlag, Stürme) beschädigt werden, oder zweckunmäßig werden (etwa durch zu hohe Durchschnittstemperaturen und Temperaturmaxima). • Humankapital/MitarbeiterInnen: Arbeitsbedingungen ändern sich schrittweise mit dem graduellen Anstieg von Temperatur und/oder Luftfeuchte, was einen Effekt auf die Produktivität sowie Motivation der MitarbeiterInnen hat (Ott und Richter, 2008). Aufgrund der strengen gesetzlichen Bestimmungen in Österreich ist es jedoch unwahrscheinlich, dass es durch den Klimawandel zu zusätzlichen Sicherheitsrisiken kommt (Quelle: Interviews). 11 2.2 Einzel- und Großhandel Der Handel ist ein der Sachgütererzeugung nachgelagerter Sektor. Daher ist der Handel über die Kette Produktion – Großhandel – Einzelhandel – Endverbrauch über klimabedingte Änderungen in der Sachgütererzeugung indirekt mitbetroffen. Dies gilt insbesondere für den Lebensmitteleinzelhandel, wo Preise für frische Lebensmittel wetter- und witterungsbedingt bereits heute stark schwanken (Deutsche Bank Research, 2007). Der Handel ist direkten Klimaauswirkungen weniger stark ausgesetzt als z.B. die Landwirtschaft oder die Herstellung von Waren, aber er ist betroffen durch Kettenreaktionen entlang der Zuliefer- und Vertriebskette sowie durch Änderungen der Nachfrage (Firth und Colley, 2006). Bei der Versorgung mit landwirtschaftlichen oder energetischen Rohstoffen herrscht – neben Faktoren wie Spekulation und Bevölkerungswachstum – durch den Klimawandel eine zusätzlich erhöhte Unsicherheit hinsichtlich Qualität, Verfügbarkeit und Preisentwicklung. Rohstoffe, die hier einem besonderen Risiko unterliegen, sind Baumwolle, Leder, Zellulose, natürliche Fette und Öle (BSR, 2009b). Die Handelskette ist in Logistik, Zulieferung und Verteilung direkt betroffen, z.B. wenn der Aufkaufhandel oder die Absatzkette des Groß- und Einzelhandels durch Extremwetterereignisse beeinträchtigt ist (z.B. bei Beschädigung von Verkehrsinfrastruktur). Direkt wirken Klima- und Wetterparameter außerdem auf betriebliche Infrastruktur wie z.B. Lagerhallen (Auswirkungen durch Temperatur, Regen und Wind). Generell gilt für Groß- und Einzelhandel, dass Betriebe mit einem großen Fuhrpark mit erhöhten Transportkosten zu rechnen haben, weil Verkehrskosten im Steigen sind (Deutsche Bank Research, 2007). HändlerInnen, die Produkte auf globalen Märkten beziehen, sind zudem auch von Klimawandelfolgen in anderen Ländern betroffen, wenn es beispielsweise zu Ernteausfällen kommt (Firth und Colley, 2006). Arbeitsbedingungen werden negativ beeinflusst durch z.B. extremere Temperaturschwankungen oder häufige Hitzeperioden im Sommer, was mindernd auf Produktivität und Motivation der MitarbeiterInnen wirkt und den Kühlbedarf steigen lässt. Die EndverbraucherInnen bestimmen durch ihr Konsumverhalten das Ergebnis des Handels mit. So dürften in heißen Sommern Sparten wie Erfrischungsgetränke oder Speiseeis profitieren, während andere verlieren wie z.B. Salzgebäck oder Schokolade (wie z.B. der Rekordsommer 2003 bestätigt) (Deutsche Bank Research, 2007). Außerdem kann die Nachfrage nach umweltfreundlichen oder energieeffizienten Produkten steigen (z.B. im Elektroeinzelhandel), wie auch die Nachfrage nach Vorsorgeprodukten (z.B. Sandsäcke) (BSR, 2009a,b). Der Elektroeinzelhandel wird außerdem vermehrt Kühlgerate und Klimaanlagen anbieten. Der Bekleidungseinzelhandel hat sich auf extreme und unsichere Wetterlagen durch geeignete Kollektionen einzustellen. Der Handel mit Zweirädern ist stark witterungsabhängig und bevorzugt jedenfalls früh eintretende Frühlings- bzw. Sommertemperaturen (Deutsche Bank Research, 2007). 12 2.3 Fokus Lebensmittelproduktion und -handel Auswirkungen des Klimawandels auf den Nahrungsmittelsektor zeigen sich entlang der gesamten Wertschöpfungs- und Lieferkette: Produktionsprozess und Produktionsstandort Als Spezifikum für die Lebensmittelindustrie kann mitunter die Rolle der Wasserverfügbarkeit (Trinkwasser) als Input in der Produktion angesehen werden. Einige Sparten, die einen hohen Wasserbedarf haben (z.B. Verarbeitung von Obst, Gemüse, Fleisch) bzw. große Mengen an Trinkwasser benötigen (Käsereien, Abfüller), könnten aus Regionen, die sehr wahrscheinlich einen Rückgang der durchschnittlichen Niederschlagsmengen erleben werden, langfristig abwandern (Deutsche Bank Research, 2007). Unternehmen der österreichischen Getränke-Industrie orten bis jetzt jedoch keinen bevorstehenden Wassermangel. Viele Unternehmen sind an das öffentliche Wassernetz angeschlossen und auch teilweise über eigene Brunnen oder Quellschutzgebiete versorgt, was eine gewisse Versorgungssicherheit verspricht. Eine maßgebliche Betroffenheit der Produktqualität würde sich durch eine Verschlechterung der Trinkwasserqualität ergeben, der mittels technischen Vorkehrungen jedoch entgegengewirkt werden kann (Quelle: Interviews). Die Zunahme von extremen Wetterereignissen kann an Produktionsstätten bzw. Verkaufsflächen Schäden verursachen und dadurch wiederum den Ablauf der Produktion bzw. des Verkaufs beeinträchtigen (Hochwasser, Stromausfälle, Stürme und Hagel). Versorgungs- und Lieferkette Besonders betroffen ist die Nahrungsmittelindustrie durch ihre unmittelbare Verknüpfung mit der Landwirtschaft, die besonders sensitiv gegenüber dem Klimawandel ist. Die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie erlebt jetzt bereits Einschränkungen in der Versorgungskette, die innerhalb der nächsten Dekaden signifikant ansteigen werden (Scottish Government, 2009). Die Nahrungsmittelindustrie ist wesentlich von Inputs wie etwa Getreide, Ölsaaten, Fleisch oder Milchprodukten abhängig, deren Verfügbarkeit weltweit zunehmend unsicher wird (sowohl in Quantität als auch Qualität). Indirekt führen Ernteausfälle (aufgrund von Dürre oder Überschwemmungen) oder Qualitätseinbußen zusammen mit Spekulation zu einer hohen Volatilität der Preise für Nahrungsmittelrohstoffe bzw. einer verminderten Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Produkte, die als direkte Vorleistungen in die Lebensmittelindustrie eingehen und somit die Vulnerabilität der Lebensmittelindustrie erhöhen. Chancen tun sich jedoch auf, wenn höhere Sommertemperaturen in einer Region neue Kulturen (z.B. Wein) gedeihen lassen, die vor Ort bezogen werden können. Durch höhere Einstandspreise für Nahrungsmittelrohstoffe erhöhen sich auch für den Handel die Einkaufspreise, die wiederum an die KundenInnen weitergegeben werden (Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels, vgl. Deutsche Bank Research, 2007). Obwohl 13 die Preiselastizität der Nachfrage für Lebensmittel (Basisgüter) im Allgemeinen relativ gering ist, können höhere Preise einzelner Produkte deren Absatz mindern. Am Ende der Handelskette stehen die KonsumentInnen. Nachfrageschwankungen aufgrund extremer Witterung (z.B. besonders heißer Sommer) kennt der Handel bereits heute sowie aus der Vergangenheit. Diese Tendenzen könnten durch den Klimawandel noch verstärkt werden. Steigen im Sommer die Temperaturen oder verlängern sich Hitzeperioden, ändert sich beispielsweise der Getränkemix oder der Speiseeisabsatz. Im Getränkehandel kann es dabei zu einer höheren oder aber niedrigeren Nachfrage bestimmter Segmente kommen (je nachdem, wie heiß es ist). So steigt etwa der Bierkonsum bis 25°C, dann sinkt er wieder, während der Mineralwasserkonsum steigt. Im sehr heißen Sommer 2003 stieg der Absatz von Fruchtsäften beispielsweise massiv an, was von Unternehmen als durchaus positiv interpretiert wird. Der Absatz von Speiseeis steigt nur bis zu gewissen Temperaturen, dann geht er zurück, weil er Durst verursacht (Quelle: Interviews). Gerade im Nahrungsmittelrohstoff- und Lebensmittelbereich sind lokale/regionale Klimafolgen und Auswirkungen des globalen Klimawandels in anderen Ländern zu differenzieren (vgl. Scottish Government, 2007). Rohstoff- aber auch Gütermärkte sind stark vernetzt und wirken über Preise und Handelsströme auf die regionale/nationale Produktion. Die Auswirkungen, die ein Betrieb spürt, hängen stark davon ab, wie international er ausgerichtet ist (vgl. Firth und Colley, 2006). Logistik, Lagerung, Transport Eine logistische Herausforderung, sowohl in der Lebensmittelproduktion als auch im Lebensmittelhandel, sind der Transport und die Lagerung von leicht verderblichen oder sehr empfindlichen Waren. Steigende Durchschnittstemperaturen sowie Temperaturspitzen führen zu einem erhöhten Kühlbedarf bei der Produktion und Lagerung von Nahrung und Getränken bzw. bei deren Transport (Einhalten von Hygienestandards, Qualitätssicherung). Die Lebensmittelindustrie ist außerdem abhängig von verlässlichen Verteilungssystemen. Extremwetterereignisse können zu Schäden an Transportwegen führen und somit wiederum die Verfügbarkeit von Roh- und Hilfsstoffen sowie Fertigprodukten bzw. die Auslieferung von Fertigprodukten beeinträchtigen (BSR, 2009b). 14 Vulnerabilität Handlungsempfehlungen (auszugsweise) Geändertes Nachfrageverhalten durch KonsumentInnen erschwerte Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter Zunahme der Extremwetterereignisse (Hochwasser, Hagel, Sturm, Starkregen, Vermurungen, Dürre, Hitze, Schneelast) Beeinträchtigung des Produktionsprozesses (z.B. Kühlung, Hilfs- und Betriebsstoffe) Wasserknappheit Temperaturanstieg (Durchschnittstemperatur, Tagesmaxima/-minima) Klimaimpuls Beeinträchtigung der Lieferkette (Verfügbarkeit v. Rohstoffen) und innerbetrieblicher Logistik Sicherung von Zulieferung und Produktion durch langfristige Verträge und Ausweitung von Lagerbeständen Betroffenheit über Handelsverflechtungen u. globale Märkte, wirtschaftliche Lage Volatilität der Preise für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe bzw. (Halb-) Fertigprodukte Sicherung von Zulieferung, Transportnetzen und Produktion durch regional differenzierte Zuliefernetze Schäden an betrieblicher Infrastruktur (Produktionshallen, Lager, Verkaufsräume) Schäden an externer Infrastruktur (Transportnetze, Energieversorgung), Beeinträchtigung der Logistik Sicherung von Zulieferung, Transportnetzen und Produktion durch regionale Cluster und marktnahe Produktion Abbildung 6: Wirkung von Klimaänderungen auf die Vulnerabilität von Lebensmittelindustrie & -handel und mögliche Handlungsfelder (Anpassungsoptionen) 2.4 Fokus Chemieindustrie Auf folgende Bereiche der Chemieindustrie haben klima- und wetterbedingte Änderungen Einfluss: • Rohstoffverfügbarkeit: Die chemische Industrie ist von Rohstoffen abhängig, die starken Preisänderungen unterworfen sind (IHK, 2009). Klimabedingte Preisschwankungen, verursacht beispielsweise durch Ernteausfälle, sind insbesondere für nachwachsende Rohstoffe relevant. Durch den Klimawandel können diese Preisschwankungen, beispielsweise durch vermehrtes Auftreten von Extremwetterlagen, verstärkt werden. Bei den nicht nachwachsenden Rohstoffen wie Erdölprodukten/Erdgas und anorganischen Materialen sind eher politische Entscheidungen die größere Bedrohung für eine gesicherte Rohstoffversorgung (z.B. Konflikt Russland-Ukraine beim Erdgas oder die Unruhen in Libyen; politisch begründete künstliche Verknappung bei den Seltenen Erden aus China). Durch vermehrtes Auftreten von Extremwetterlagen kann es bei Rohstofflieferungen zwar zu kurzfristigen Produktionsunterbrechungen kommen, aus der Erfahrung der Unternehmen wirken sich aber andere Faktoren, wie z.B. Spekulationen mit 15 Rohstoffen, wesentlich gravierender auf die Rohstoffpreise aus (Faktor 10 bis 100). (Quelle: Interviews & Stakeholderprozess). • Logistik und Lagerung: Kritische Faktoren sind Engpässe in der Zulieferung aufgrund von Unterbrechung von Versorgungsketten sowie die Beeinträchtigung der Lagerung (Behälterdruck, Korrosionsraten) (Firth und Colley, 2006). • Wasser: Vor allem die Wasserverfügbarkeit (in Quantität und Qualität) ist wesentlich: Geringe Niederschläge im Sommer führen zu niedrigen Wasserständen und somit zu weniger Wasserverfügbarkeit; gleichzeitig erhöht sich die allgemeine Überschwemmungsgefahr (Ott und Richter, 2008). Durch erhöhte Temperaturen können sich Flussgeschwindigkeiten ändern, Verschmutzungen schlechter verteilt werden und Grenzwerte für Einleitung schwieriger erfüllbar werden (Firth und Colley, 2006). Andererseits steht man vor Einschränkungen in der Kühlung, wenn der Grundwasserspiegel sinkt und die Gewässertemperatur steigt. Auch Änderungen der Wasserqualität (durch Biomasse, Ablagerungen, Keimbelastung) sind ein Thema (Firth und Colley, 2006), wogegen aber mit geeigneten technischen Maßnahmen wie Filtrationsanlagen vorgegangen werden kann (Quelle: Interviews). • Infrastruktur: Herausforderungen erwachsen aus Verkehrsbeeinträchtigungen durch Extremwetterereignisse (aber es gibt auch eine positive Entwicklung durch weniger Einschränkungen im Winter aufgrund weniger Eisund Frosttage), Produktionsstörungen oder -ausfälle durch extreme Temperatur oder Infrastrukturschäden durch (Extrem-)Wetterereignisse (IHK, 2009). • Energieerzeugung: Wie in anderen Branchen müssen künftige Preissteigerungen fossiler Energieträger sowie höhere Kosten für Emissionszertifikate mit einkalkuliert werden, ebenso wie höhere Versicherungsprämien und Abschreibungsraten (Ott und Richter, 2008). Zusätzlich gibt es sowohl bei den verschiedenen Kraftwerkstypen als auch in den Übertragungsnetzen Vulnerabilitäten gegenüber Extremwetterereignissen und extremen Witterungsperioden, die zu erheblichen Beeinträchtigungen, Versorgungsengpässen und Black-Outs führen können (Ebinger und Vergara, 2011). Versorgungsengpässe werden dabei insbesondere beim vermehrten Einsatz erneuerbarer Energieträger in der Stromerzeugung befürchtet (Quelle: Interviews und Beteiligungsprozess). Teilweise sind Unternehmen bereits mit eigenen Kraftwerksanlagen ausgestattet, um eine autonome Stromversorgung zu gewährleisten (Quelle: Interviews). Wägt man die verschiedenen Risiken für die chemische Industrie ab, so stellen die Energieund Rohstoffkosten die wesentlichen Kostenfaktoren dar, wohingegen Infrastrukturkosten aufgrund der langen Nutzungsdauern kaum ins Gewicht fallen (Quelle: Interviews u. Beteiligungsprozess). Für Standortentscheidungen sind darüber hinaus politische Rahmenbedingungen (Emissionshandel, Energieeffizienz-RL, Energiesteuer) 16 ausschlaggebend. Bezüglich der politischen Rahmenbedingungen wäre v.a. eine Erhöhung der Planungssicherheit wichtig sowie ein zumindest in der EU akkordiertes Vorgehen, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zu vermeiden, aber auch Chancen auf dem internationalen Markt gegenüber Konkurrenten aus China und Indien zu gewährleisten (Quelle: Interviews u. Beteiligungsprozess). Die Chemieindustrie ist durch die Folgen des Klimawandels nicht nur gefährdet, es ergeben sich auch Chancen. Einerseits liefert die Chemieindustrie einen wichtigen Beitrag zur Verlangsamung des Klimawandels und Reduktion seiner Folgen, insbesondere über Produktinnovationen. So werden klimafreundliche Technologien (z.B. neue Katalysatoren, Werkstoffe, Dämmmaterial, Kühltechnik, etc.) durch den Klimawandel vorangetrieben, was enorme Exportchancen birgt (Deutsche Bank Research, 2007). Die Chemieindustrie handelt dabei vorrangig spontan und reagiert auf neue Gegebenheiten (autonome Anpassung). Wie die Interviews gezeigt haben, sieht sich die Branche auch selbst als Problemlöserin. Gesetzliche Rahmenbedingungen geben dafür einen entsprechenden Handlungsraum vor und sollten gegebenenfalls an neue Erfordernisse angepasst werden (z.B. Adaptionen im Baurecht etc.). Somit sieht sich die chemische Industrie mehr über die regulative/marktwirtschaftliche Seite des Klimawandels negativ betroffen, als durch die direkten physischen Auswirkungen (Quelle: Interviews). Andererseits ist die Chemieindustrie mit vielen anderen Branchen verbunden, an die sie Stoffe liefert. So fungiert die chemische Industrie als Zulieferin von Pflanzenschutz- und Düngemitteln für die Landwirtschaft, wo es durch den Klimawandel zu einem erhöhten Bedarf kommen kann (Quelle: Interviews). Chemische Produkte finden Absatz im Gesundheitssektor (Medikamente) und der Automobilindustrie, aber auch in der Bauindustrie, der Verpackungsindustrie sowie der Elektrotechnik (VCI, 2011). 17 Vulnerabilität Handlungsempfehlungen (auszugsweise) Zunahme der Extremwetterereignisse (Hochwasser, Hagel, Sturm, Starkregen, Vermurungen, Dürre, Hitze, Schneelast) erschwerte Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter Wasserknappheit Temperaturanstieg (Durchschnittstemperatur, Tagesmaxima/-minima) Klimaimpuls Beeinträchtigung des Produktionsprozesses (z.B. Kühlung, Hilfs- und Betriebsstoffe) Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz von Produktion, Vertrieb und betrieblicher Infrastruktur Änderung der Nachfrage von anderen Firmen (Vorleistungen) und VerbraucherInnen (Konsum) Entwicklung von klimafreundlichen und anpassungsfördernden Produkten Beeinträchtigung der Lieferkette (Verfügbarkeit v. Rohstoffen) und innerbetrieblicher Logistik Betroffenheit über Handelsverflechtungen u. globale Märkte, wirtschaftliche Lage Volatilität der Preise für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe bzw. (Halb-) Fertigprodukte Schäden an betrieblicher Infrastruktur (Produktionshallen, Lager, Verkaufsräume) Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz von Produktion, Vertrieb und betrieblicher Infrastruktur Schäden an externer Infrastruktur (Transportnetze, Energieversorgung), Beeinträchtigung der Logistik Maßnahmen zur Erhöhung der Energie-Versorgungssicherheit durch Ausbau der Kraft-WärmeKopplung und Netzausbau Abbildung 7: Wirkung von Klimaänderungen auf die Vulnerabilität der Chemieindustrie und mögliche Handlungsfelder (Anpassungsoptionen) 18 3 Sensitivität und Vulnerabilität der Versicherungswirtschaft Der Klimawandel stellt für die Versicherungswirtschaft sowohl Herausforderungen als auch Chancen dar. Wenn die sich aus dem Klimawandel ergebenden Chancen durch die Versicherungswirtschaft genützt und öffentliche Rahmenbedingungen klug gesetzt werden, wird sich die Bedeutung der Versicherungswirtschaft erhöhen. Die Versicherungswirtschaft gestaltet mögliche Anpassungsoptionen für die österreichische Wirtschaft wesentlich mit. Im Allgemeinen sind Versicherungen vom Klimawandel durch das Risiko der zu Versichernden betroffen. Zukünftig werden sich Bedürfnisse und in Anspruch genommene Leistungen durch ein häufigeres Zustandekommen von Schäden (vorrangig durch Extremwetterereignisse) ändern. Die Zahl der Naturkatastrophen ist seit den 1950er Jahren angestiegen, vor allem Hochwasser und Stürme, ebenso wie die davon versicherten Schäden (vgl. Munich Re, 2010). Dieser Trend zeigt sich auch in den Daten für Österreich, vgl. Abbildung 8. Es kommt daher zu einer generellen Nachfragesteigerung nach Versicherungsprodukten im öffentlichen und privaten Sektor (Allianz Group und WWF, 2005). Wetterkatastrophen in Österreich 1980 – 2010 Gesamtschäden und versicherte Schäden 2002: 2002: 3,8 3,8 Mrd. Mrd. EUR, EUR, davon davon rund rund 33 Mrd. EUR Mrd. EUR Augusthochwässer Augusthochwässer 2002 2002 (Mio. EUR) 1 000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 Gesamtschäden (in Werten von 2010) 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 Versicherte Schäden (in Werten von 2010) Abbildung 8: Auswertung der Schäden großer meteorologischer Extremereignisse in Österreich. Quelle: NatCat-Service der Munich Re. 19 Durch steigenden Wohlstand kann es ebenfalls zu einer höheren Nachfrage nach Versicherungsprodukten kommen, weil die exponierten Werte zunehmen und bei Eintreffen eines Ereignisses die Schäden größer werden. In jenen Regionen, die einen Anstieg der Bevölkerungsdichte verzeichnen, steigt auch die Zahl der exponierten Personen (vgl. Botzen et al., 2010). Die Kombination aus Gesellschaftswandel und Klima(wandel) ist es also, die die Versicherungswirtschaft hoch vulnerabel macht und in den drei Jahrzehnten von 1980 bis 2010 zu Schäden von knapp 10 Mrd. EURO durch extreme Wetterereignisse allein in Österreich geführt hat. Bei den ereignisbezogenen Schäden liegen Niederschlagsereignisse und Ihre direkten Folgen (v.a. Hochwässer und Massenbewegungen) mit 56% der Schadenssummen vor Sturmschäden, die rund ein Drittel der Schäden ausmachen. Zuletzt verursachen extreme Witterungsperioden (‚klimatologische Ereignisse‘) 12% der monetären Schäden. (Auswertung der Munich Re/NatCatService) Auffällig ist der weit größere Anteil versicherter Schäden bei Sturm im Gegensatz zu Hochwasser, was mit der besseren Durchversicherung von Sturm bzw. der derzeit noch schwierigen Versicherbarkeit von Hochwasserschäden zu tun hat. Bei letzteren greift bekanntermaßen immer noch großteils der nationale Katastrophenfonds, während die Versicherungen etwa von den 3 Mrd. EURO Schäden der beiden Augusthochwässer lediglich 400 Mio. EURO getragen haben. (Auswertung der Munich Re/NatCatService) Bei den Todesopfern ist der Hitzesommer 2003 zu nennen, der mit 330 knapp die Hälfte aller von 1980-2010 verzeichneten 710 Opfer extremer Wetterereignisse und Witterungsperioden forderte. (Auswertung der Munich Re/NatCatService) Die Versicherungsbranche kann durch die Gestaltung ihrer Produkte maßgeblichen Einfluss auf das Konsumverhalten nehmen. So können etwa Prämienreduzierungen für getroffene Anpassungsmaßnahmen Anreizstrukturen schaffen, die oft weit wirksamer sind als rein politische Vorgaben oder Richtlinien. Die Versicherungswirtschaft kann somit nicht unwesentlich Einfluss nehmen auf die gesellschaftliche ‚Lernkurve‘ hinsichtlich Anpassung, die neben dem Klimawandel selbst, sowie den dem Wetter ausgesetzten Werten, maßgeblich die künftigen Kosten des Klimawandels bedingen. Herausforderungen, vor denen die Versicherungswirtschaft steht, sind: • Steigende Unsicherheit der Voraussagbarkeit von Ereignissen: Einfache Trendfortschreibung der Vergangenheit ist nicht mehr sinnvoll, da sich das Klima rasch verändert. Der Klimawandel muss in Prognosen und Risikoanalysen der Versicherungen mit einfließen. Probleme ergeben sich, da Modellszenarien über zukünftige Klimaentwicklung vielfach große Bandbreiten aufweisen. • Festsetzung von Prämienhöhen: Prämien, die auf historischen Daten basieren, werden die durch Klimaänderung entstehenden Schäden nicht mehr decken können. 20 • Fehlende Liquidität und starke Schwankungen bei unvorhersehbarer Akkumulation von Extremereignissen. • Fehlende Anpassungsflexibilität bestehender Verträge kann unter neuen Bedingungen zu „Fehlverhalten“ der Produkte führen (Allianz Group und WWF, 2005). • Es kann dazu kommen, dass bei einer zeitlich punktuellen Häufung von sehr großen Schadenfällen (z.B. mehrere Hurrikans zum selben Zeitpunkt) die Rückversicherungskapazität am Weltmarkt zu gering wird, da viele Erstversicherungen gleichzeitig die Rückversicherungen belasten. • Bei zu hohem Risiko und zu geringer Risikostreuung kommt es zu Rückzug von Versicherungen (unversicherbare Ereignisse), was zu einem Verlust von Geschäftsfeldern führt. Somit trägt das Risiko das Individuum bzw. der Staat. Im Interesse aller Beteiligten sollten Risiken absicherbar gestaltet werden können, sei es durch Versicherungen oder andere Formen (wie etwa Wetterderivate, die jedoch in Österreich eine untergeordnete Rolle spielen). Teilweise werden die „Grenzen der Versicherbarkeit“ bereits jetzt spürbar (Quelle: Interviews). Zu den Chancen, die der Klimawandel der Versicherungswirtschaft bringt, zählen: • Steigende Nachfrage nach Risikoübernahmen von klimawandelbedingten Ereignissen: Dies ist Herausforderung und Chance zugleich. Die Nachfrage nach Versicherungen von klimawandelbedingten Schadensereignissen steigt. Versicherungsprämien und -tarife müssen durch die zunehmende Häufigkeit von Schadenereignissen immer wieder angepasst werden. In der jüngeren Vergangenheit hatten Naturkatastrophenereignisse (vor allem Sturm und Hochwasser) Prämien erhöhende Wirkung (Quellen: Interviews; Mills, 2007). • Produktinnovationen und neue Geschäftsfelder: o Naturkatastrophen-Vollversicherung (mit risikozonierter Prämiengestaltung) verbunden mit der (quasi verpflichtenden) Feuerversicherung, um die Risikostreuung zu erhöhen und die Versicherbarkeit zu gewährleisten o Versicherungsprodukte mit Selbstbehalten, Präventionsanreiz liefern (Quelle: Interviews) o Versicherung von Projekten zur Erreichung der Klimaschutzziele o Versicherung von technologischen Neuentwicklungen und Prototypen zum Klimaschutz o Versicherung von Risiken im Zuge der Forschung nach emissionsarmen Technologien (Forschungsrisiken) 21 die zugleich einen o • Angebot von grünen Produkten (z.B. günstigere Haftpflichtversicherung für Treibstoff sparende Fahrzeuge) (Allianz Group und WWF, 2005) Häufung von Schadensereignissen können – in Verbindung mit gezielten Informationskampagnen – zu erhöhtem Problembewusstsein hinsichtlich Versicherungsprodukten und deren Leistungen für Privathaushalte und Unternehmen führen, so dass die Versicherten gezielter die Leistungen von Versicherungen wählen können. Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen (Hochwasser, Hagel, Sturm, Starkregen, Vermurungen, Dürre, Hitze, Schneelast) Klimaimpuls Vulnerabilität Anstieg der Schadenssummen durch Zunahme von Extremereignissen Nachfragesteigerung nach Risikoübernahme klimawandelbedingter Ereignisse Steigende Risiken und mögl.Verlust v. Geschäftsfeldern (unversicherbar) Handlungsempfehlungen (auszugsweise) Bessere Risikostreuung für Versicherer und damit Erhöhung der Versicherbarkeit klima- bzw. wetterinduzierter Schäden Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zur Vermeidung von Schäden, Stärkung der Eigenverantwortung v. Versicherten Ausreichende Liquidität und Rückversicherungskapazität steigende Unsicherheit bzgl. der Vorhersagbarkeit von Ereignissen Adäquate Zukunftsszenarienbasierte Risikoabschätzung, Zusammenarbeit mit F&E, Monitoring von wiss. Ergebnissen Abbildung 9: Wirkung von Klimaänderungen auf die Versicherungswirtschaft und mögliche Handlungsfelder (Anpassungsoptionen) 22 4 Allgemeine sektorspezifische Handlungsprinzipien 4.1 Produktion und Handel Produktions- und Vertriebsbedingungen • Bei allen Anpassungsmaßnahmen ist wesentlich, dass der Produktionsbetrieb sowie der Vertrieb der Waren aufrecht erhalten werden kann. Damit dies gewährleistet werden kann, ist der Schutz der betrieblichen Infrastruktur zentral. • Hinsichtlich Arbeitsschutz, Produktivität und Motivation der MitarbeiterInnen soll vor allem auch dem Aufrechterhalten adäquater Arbeitsbedingungen Rechnung getragen werden. • Die Versicherbarkeit und somit praktische Versicherung insbesondere der betrieblichen Infrastruktur muss sichergestellt sein. • Neben marktbezogenen und regulatorischen Rahmenbedingungen sind auch Klimafolgen in der Standortentscheidung des Unternehmens mit zu berücksichtigen. Zulieferkette, Transportnetze, Logistik • Eine zentrale Herausforderung besteht in der Gewährleistung der Versorgungssicherheit und der Qualität von Produkten (Rohstoffe, Halb- und Fertigprodukte) entlang der Zulieferkette. • Kritische Handlungsfelder sind zudem die Sicherstellung der externen Infrastruktur (Transportwege, Energieversorgung) und das Aufrechterhalten der Logistik, damit Güter-, Personen- und Energieströme auch unter geänderten Witterungs- und Klimaverhältnissen funktionieren. Marktliche Rahmenbedingungen • Unternehmen sind es gewohnt, Risiken einzukalkulieren wie etwa die allgemeine wirtschaftliche Lage oder die Situation auf globalen Finanzmärkten, die auf die Realwirtschaft rückwirken können. Das bisherige Markt- und Investitionsrisiko wird durch die Unsicherheit der zukünftigen Klimaentwicklung noch verstärkt. Dabei tun sich sowohl Risiken als auch Chancen auf. Nicht selten führen Unternehmen bereits unbewusst Klimawandelanpassungsmaßnahmen durch. • Damit Unternehmen den Faktor Klimawandel in das unternehmerische Risikomanagement einbinden und auf mögliche Risiken und Chancen reagieren zu können, ist notwendig, dass sie die ihre Betroffenheit über Handelsverflechtungen 23 und die Entwicklung auf globalen Märkten sowie der allgemeinen Wirtschaftslage berücksichtigen. Zudem muss die Volatilität der Preise für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe bzw. (Halb-)Fertigprodukte mit einberechnet sowie auf Nachfrageänderungen durch Firmen und KonsumentInnen reagiert bzw. müssen diese antizipiert werden. Gesetzliche Rahmenbedingungen und Verwaltung • Ein Screening gesetzlicher Vorgaben (z.B. Bauverordnung, Gewerberecht, Raumordnung) hinsichtlich ihrer „Anpassungstauglichkeit“ erscheint für manche Anpassungsmaßnahmen unumgänglich. Allerdings wird auch bei solchen (oftmals mit Verbauungen einhergehenden) Maßnahmen weiterhin darauf zu achten sein, dass sie die hinter den rechtlichen Rahmenbedingungen stehenden politischen Absichten (etwa den Schutz der Umwelt im Sinne der UVP) auch weiterhin nicht konterkarieren. • Notwendige Voraussetzung, damit Anpassungsmaßnamen von Firmen umgesetzt werden können, ist die Vernetzung von Maßnahmen aus unterschiedlichen Bereichen sowie die Stärkung der Schnittstelle Verwaltung-Unternehmen durch Zusammenführen von Kompetenzen zum Thema Klimawandel. Am Beispiel Lebensmittelindustrie wird deutlich, dass die Zukunft der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie im Vernetzen von Maßnahmen unterschiedlicher Sektoren liegt (z.B. Energiewirtschaft, Wasserversorgung, Landnutzung, ÖkosystemDienstleistungen & Biodiversität). 4.2 Versicherungswirtschaft Zusammenarbeit mit F&E und Monitoring wissenschaftlicher Ergebnisse • Die auf historischen Daten basierte Vorhersagbarkeit (etwa Jährlichkeit beim Hochwasser) wird durch den Klimawandel enorm erschwert und z.T. unmöglich gemacht. Bei zukünftigen Planungen und Produktentwicklungen sind die Erkenntnisse aus den Klimaszenarien (insbesondere in Hinblick auf Extremereignisse) zu berücksichtigen und regelmäßig zu evaluieren. Seitens der Versicherungswirtschaft besteht Interesse, aktuelle Forschungserkenntnisse bezüglich Klimaänderungen und dessen Auswirkungen bestmöglich zu kennen und zu verstehen. Ziel ist es, Risiken durch Wetterereignisse (zum Beispiel Hagel) besser vorhersagen zu können. Auch durch Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen sollen belastbare Modelle erstellt werden, die Risiken besser voraussagbar machen. Bewusstseinsbildung zur Stärkung der Eigenverantwortung, Schadensmanagement 24 • Die Schaffung von Bewusstsein über das Zustandekommen von Schäden kann helfen, diese auf ein Minimum zu reduzieren, wovon Versicherte profitieren (z.B. Fenster schließen bei Sturm oder Einbau von Rückschlagventilen zur Vermeidung von Rückstau aus der Kanalisation nach Starkniederschlägen). Das KundInnenservice durch Versicherungen in dieser Hinsicht kann weiter ausgebaut werden. • Begrenzung von Folgeschäden als KundInnenservice: Da große Schadenereignisse oft räumlich und zeitlich sehr punktuell auftreten, können nach den Ereignissen notwendige Dienstleistungen knapp werden. Durch zusätzliche Leistungen seitens der Versicherungen kann es nicht nur finanzielle Ersatzleistungen geben, sondern auch organisatorische, wie zum Beispiel das Suchen und Finden von DienstleisterInnen bei Schadenereignissen/Katastrophen (aus anderen Regionen). Risikostreuung, Produktinnovation • Risikostreuung durch Vernetzung innerhalb der Branche (z.B. Mitversicherungsgemeinschaft): Die Zusammenarbeit von Versicherungen, die z.B. einen unterschiedlichen geografischen Schwerpunkt haben, zur wechselseitigen Risikostreuung kann weiter ausgebaut werden. • Vollversicherung/Quasi-Pflichtversicherung für Naturgefahren: Derzeit besteht aus risikotechnischen Gründen keine Möglichkeit, Naturkatastrophen über bestimmte Grenzen hinaus zu versichern. Mit einer Risikostreuung (Kopplung mit Feuerversicherung ist dzt. in Diskussion) wäre dies möglich. Somit wären auch Naturkatastrophen vollständig versicherbar. 25 5 Handlungsempfehlungen für das Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ 5.1 Fokus Produktion und Handel 5.1.1 Sicherung von Zulieferung, Transportnetzen und Produktion durch differenzierte Zuliefernetze, regionale Cluster und marktnahe Produktion Ziel Durch regional und saisonal differenzierte Zuliefernetze Gewährleistung der Versorgungssicherheit landwirtschaftlicher Produkte, Reduktion des Risikos von Ausfällen in der Lieferkette landwirtschaftlicher Rohstoffe Durch Regionalisierung der Vorlieferbeziehungen Reduktion des Risikos von Ausfällen und/oder Preis- und Mengenschwankungen (Verfügbarkeit) in der Zulieferkette Sicherstellen der Transportwege der Zuliefer- und Vertriebsnetze, Reduktion des Risikos von Unterbrechungen entlang des Transportnetzes, Sicherstellen der Qualität von landwirtschaftlichen Produkten oder Lebensmitteln Bedeutung Durch regionale Cluster und marktnahe Produktion werden Transportwege kürzer. Somit sinkt einerseits das Risiko einer unterbrochenen Versorgungsoder Lieferkette durch etwaige Schäden an der Verkehrsinfrastruktur. Wird nahe großen Absatzmärkten produziert, sinkt andererseits das Risiko unterbrochener Vertriebs- oder Absatznetze. Zulieferung aus unterschiedlichen Regionen (breitere Streuung und Verminderung des Risikos eines Totalausfalls) sowie saisonal unterschiedliche Zulieferungen (unterschiedliche Erntezeitpunkte) stellen die Versorgung mit landwirtschaftlichen Gütern sicher und reduzieren zusätzlich das Risiko von Unterbrechungen entlang der Transportinfrastruktur. Verkürzte Transportwege von Nahrungsmittelrohstoffen oder Lebensmitteln mindern außerdem die Gefahr eines Qualitätsverlustes durch den Transport oder durch lange Zwischenlagerung. Auch Kosten für Logistik können eingespart werden. Durch regionale Cluster Transportwege reduziert, Entlastungen führt und marktnahe Produktion werden was bei Treibhausgas-Emissionen die zu Regionale Cluster und marktnahe Produktion sind für einen stark regional differenzierten Bereich, wie es beispielsweise die Nahrungsmittelherstellung ist, von großer Bedeutung, während diese Maßnahmen für großindustrielle und/oder international ausgerichtete Wirtschaftsbereiche, wie etwa die Chemieindustrie, wenig bis gar nicht relevant sind. 26 Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Verkehrsinfrastruktur, Energiewirtschaft (dezentrale Energieversorgung) Bezug zu bestehenden Instrumenten Raumplanung Stand der Umsetzung Aus der Getränke-Herstellung ist bekannt, dass regional differenzierte Zuliefernetze bereits aufgebaut werden. Regionalität“ und „Regionalisierung“ sind zunehmend ein Thema und werden in etlichen Regionen Österreichs vorangetrieben, auch wenn Rahmenbedingungen (Verordnungen, Gesetze, Kommunikation Verwaltung-Unternehmen) oftmals noch hinderlich sind. Durch den immer bewussteren Konsum der VerbraucherInnen kommt es zu einem Anstieg der Nachfrage Produkten aus Österreich bzw. aus den Regionen, was der regionalen Zusammenarbeit förderlich ist. notwendige weitere Schritte Aufrechterhaltung der Ausgleichszahlungen für Landwirtschaftsbetriebe (nach Auslaufen der Förderperiode 2013), relevant v.a. für BezieherInnen landwirtschaftlicher Produkte wie die Lebensmittelindustrie Förderung von F&E, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der Landwirtschaft zu erhöhen (relevant insbesondere für Lebensmittelindustrie) Erleichterung der Kommunikation mit Behörden und Stärkung der Schnittstelle Verwaltung-Unternehmen durch Zusammenführen von Kompetenzen zum Thema Klimawandel (z.B. in einer lokalen Ansprechperson bzw. einer konkreten Institution) Verstärkte Vernetzung mit anderen Firmen in der Region, Zusammenführen und Verbreiten vorhandenen Wissens und vorhandener Praktiken (Best Practice Beispiele), Unterstützung von Pionierprojekten und Pilotversuchen Bewusstseinsschaffung in der Bevölkerung und in den Regionen Regionalförderungen Möglicher Ressourcenb edarf Ausbau der Logistiksysteme Mögliches Konfliktpoten zial Eine geografisch weiter gestreute Zulieferbasis kann wegen längerer Transportwege zu zusätzlichen Treibhausemissionen führen Handlungsträ Unternehmen; Bund, Länder, Gemeinden 27 gerInnen Zeithorizont 5.1.2 Mittelfristig, langfristig (räumliche Umverteilung wirtschaftlicher Aktivitäten, d.h. Umsiedelung von Unternehmen und Haushalten) Sicherung von Zulieferung und Produktion durch langfristige Verträge und Ausweitung von Lagerbeständen Ziel Durch langfristige Verträge bzw. Ausweitung bestehender Verträge Aufrechterhalten von Prozessen der Güterströme entlang der Wertschöpfungskette, Verminderung des Ausfallsrisikos landwirtschaftlicher Zulieferprodukte, Sicherstellen der Qualität von landwirtschaftlichen Vorleistungen Durch Ausweitung der Lagerbestände Reduktion des Risikos von Ausfällen und/oder Preis- und Mengenschwankungen (Verfügbarkeit) in der Zulieferkette, Vermeidung von Versorgungsengpässen Bedeutung Extremwetterereignisse wie Dürren in landwirtschaftlichen Anbaugebieten können zu Ernteausfällen führen, worauf deren globale Verfügbarkeit sinkt und die Preise steigen. Durch andere Extremwetterereignisse wie etwa Stürme kann es dazu kommen, dass die Transportinfrastruktur Schaden nimmt, was zu Unterbrechungen in der Versorgungskette führt. Um diese Fluktuationen zu vermeiden, werden die Lagerbestände erweitert. Dies kann jedoch insbesondere bei Lebensmitteln dazu führen, dass der Kühlbedarf steigt, was bei konventionellen Technologien zu erhöhtem Energiebedarf und steigenden Kosten führt. Während für die Nahrungsmittelindustrie aufgrund starker klimabedingter Schwankungen landwirtschaftlicher Rohstoffe o.a. Maßnahmen eine sinnvolle Option darstellen, sind für stärker international orientierte Wirtschaftsbereiche wie etwa die Chemieindustrie klimabedingte Preisschwankungen nur für nachwachsende Rohstoffe relevant, während für nicht nachwachsende Rohstoffe (z.B. Erdölprodukten/Erdgas) eher politische Entscheidungen die größere Bedrohung für eine gesicherte Rohstoffversorgung darstellen. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Verkehrsinfrastruktur, Bauen und Wohnen Bezug zu bestehenden Instrumenten Vertragsrecht (ABGB) Stand der Im Bereich der Fleisch verarbeitenden Industrie z.B. werden langfristige Hinsichtlich erweiterter Lagerkapazitäten: Verordnungen (länderspezifisch) 28 Baurecht und dessen Umsetzung Verträge mit heimischen Landwirtschaftsunternehmen abgeschlossen bzw. ausgeweitet, um die Zulieferung von Fleisch zu gewährleisten notwendige weitere Schritte Aufrechterhaltung der Ausgleichszahlungen für Landwirtschaftsunternehmen (nach Auslaufen der Förderperiode 2013), relevant v.a. für BezieherInnen landwirtschaftlicher Produkte wie die Lebensmittelindustrie Förderung von F&E, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) Landwirtschaft zu erhöhen (relevant für Lebensmittelindustrie) der Möglicher Ressourcenb edarf Mittel zur Förderung von F&E Mögliches Konfliktpoten zial Maßnahmen sind u.U. mit stark erhöhten Kosten der Lagerhaltung verbunden. Ausbau der Lagerkapazitäten ist daher nur dann effizient, wenn die erhöhten Kosten der Lagerhaltung die vermiedenen Kosten der Lieferausfälle und/oder Preiserhöhungen landwirtschaftlicher Rohstoffe nicht übersteigen. ggf. Ausbau der Lagerkapazitäten Weiters kann es durch eine Ausweitung von Lagerbeständen zu vermehrtem Flächenbedarf kommen. Falls es durch Ausweitung der Lagerbestände zu einem vermehrten Einsatz von konventionellen Klimaanlagen kommt, erhöht sich in jedem Fall der Energiebedarf (die Klimaschutzrelevanz ist zudem abhängig vom verwendeten Strommix). Handlungsträ gerInnen Unternehmen; Bund Zeithorizont Mittelfristig 29 5.1.3 Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz von Produktion, Vertrieb und betrieblicher Infrastruktur Ziel Beibehaltung des Produktionsablaufs und Sicherstellen adäquater Bedingungen der Lagerhaltung, Vermeiden von Qualitätseinbußen durch beeinträchtigte Lagerhaltung, funktionierende Logistik bei höheren Außentemperaturen und während Dürreperioden sowie Schutz der betrieblichen Infrastruktur bei Hochwasser und sonstigen Extremereignissen (Sturm, Hagel, Schneelast) Bedeutung Durch erhöhte Außentemperaturen steigen auch die Innentemperaturen in Lagerund Produktionshallen sowie Bürogebäuden. Dieser Temperaturanstieg wiederum kann die Qualität der Produkte beeinflussen (z.B. Lebensmittel im Handel), weshalb bereits heute in Produktions- und Lagerhallen gekühlt wird. Ein zusätzlicher Kühlbedarf ergibt sich für Bürogebäude. Durch geeignete bauliche Maßnahmen und den Einsatz von passiven und alternativen Kühlmethoden bei der Klimatisierung der Produktionshallen (Isolierung / Klimaanlagen) können diese negativen Folgen verhindert werden. Bei sehr hohen Außentemperaturen kann auch eine Kühlung im Produktionsablauf mit Wasser aus Kühlwassertürmen nicht erfolgen, und es muss auf mit hohem Energieaufwand gekühltes Wasser zurückgegriffen werden. Durch vermehrte Trockenheit kommt es regional zu einem Mangel an Wasser, da das öffentliche Wassernetz nicht genügend Versorgung gewährleistet. Es soll daher vermehrt Brauchwasser wiederaufbereitet werden. Ferner ist die Regenwasserspeicherung eine stärker zu forcierende Alternative für wasserintensive Produktion (z.B. in der Chemieindustrie). Gebäude müssen zudem naturkatastrophentauglicher gebaut werden, um Extremwetterereignissen standzuhalten. Besonders gefährdet sind Dächer und Fassaden, die vor allem durch Hagel, Stürme und Schneelast Schaden nehmen können. Durch Stürme kommt es zunehmend zu Glasschäden z.B. im Bereich der Verkaufsflächen. Im Zuge von Neubauten und Renovierungen sollten Gläser mit höherer Belastbarkeit eingesetzt werden. Durch die unmittelbare Nähe zu Flüssen bzw. Gewässern, die oft für Kühlprozesse notwendig ist, erhöht sich die Gefahr von Überschwemmungen. Durch geeigneten Hochwasserschutz der öffentlichen Hand (z.B. Dämme, Schaffung von Retensionsflächen) sowie die örtliche und überörtliche Raumordnung (Anreize für Ansiedelungen in vor Hochwasser sicheren Gebieten) können Schäden abgewendet werden. Die Unternehmen selbst können vorsorgen, indem Investitionen etwa in Notstromaggregate oder Pumpen getätigt oder auch gemeinsam mit 30 anderen Unternehmen die örtlichen Feuerwehren gestärkt werden. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Energiewirtschaft, Wasserwirtschaft, Ökosysteme/Biodiversität Bauen und Wohnen, Bezug zu bestehenden Instrumenten Gewerberecht und Gewerbeordnung (Bund), Wasserrecht (Bund), Baurecht und dessen Verordnungen (Länder), Raumordnung und UVP Stand der Umsetzung Zumeist wird bei Investitionen in Kühlanlagen überdimensioniert, um auf den erwarteten Temperaturanstieg vorbereitet zu sein. Im Bereich der Milch verarbeitenden Nahrungsmittelherstellung läuft derzeit ein Pilotprojekt zur Wiederaufbereitung von Brauchwasser, da die Herstellung der Milchprodukte (z.B. Käserei) große Mengen an Wasser benötigt. Die „Härtung“ der betrieblichen Infrastruktur gegenüber Extremereignissen wie Sturm, Hagel und Schneelast erfolgt teilweise im Zuge von Sanierungsmaßnahmen. Hochwasserschutz geschieht zum Teil autonom. In einigen Bundesländern ist die Regenwasserspeicherung derzeit verboten. Zudem kann es zu Problemen bei der Abwassereinleitung aufgrund zu hoher Temperaturen kommen. Für groß dimensionierte Anlagen, wie sie in der Chemieindustrie oft vorkommen, kann mittels Regenwasserspeicherung alleine keine Produktion aufrechterhalten werden. notwendige weitere Schritte Durchforsten gewerberechtlicher Bestimmungen besonderer Bestimmungen für Pionierprojekte Staatliche Subventionen öffentlichen Hand für nötige Investitionen und im Möglichkeit Interesse der Unternehmensseitige Investition in F&E bezüglich Kühlung (z.B. Flussgebietsbezogene Analysen, innovative Kühlansätze, Änderung der Wasserqualität hinsichtlich Biomassewachstum, Ablagerungen und Keimbelastung) Vernetzung von Maßnahmen unterschiedlicher Bereiche (aus etwa Energiewirtschaft, Wasserwirtschaft und Produktion) Anpassung von bestehenden Gesetzen für Regenwasserspeicherung Möglicher Ressourcenb edarf Investitionen in Kühlanlagen, Klimatisierung, Wasseraufbereitungsanlagen, Regenwasserspeicherung, Gebäude- und Hochwasserschutzmaßnahmen 31 Mögliches Konfliktpoten zial Natur- und Artenschutz bei Eingriffen in Ökosysteme (betrifft v.a. Hochwasserschutz) Handlungsträ gerInnen Unternehmen sowie Bund, Länder und Gemeinden Zeithorizont zum Großteil mittelfristig 32 5.1.4 Maßnahmen zur Erhöhung der Energie-Versorgungssicherheit durch verstärkten Einsatz regenerativer Energien, Ausbau der Kräft-Wärme-Kopplung, Netzausbau und effizienzsteigernde Maßnahmen Ziel Erhöhung der energetischen Versorgungssicherheit alternativer/energieeffizienter Technologien) (und Förderung Bedeutung Durch Effizienz steigernde Technologien werden Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern und Preisschwankungen reduziert. Beispiele: erneuerbare Energieträger (z.B. Photovoltaik), Wärmedämmung / Sanierung von Gebäuden, passive Kühlung und aktive Kühlung mit alternativen Technologien (z.B. solare Kühlung), solare Heizung. Ferner werden bei dezentraler Energieversorgung die Abhängigkeiten von der Energie-Netzinfrastruktur gemindert, was die Gefahr eines Black Outs reduziert. Energieintensive Branchen wie die chemische Produktion sind v.a. in Hinblick auf die Sicherstellung der Energieversorgung vulnerabel, da idR länger laufende chemische Prozesse durch Unterbrechungen der Stromversorgung gestört werden können. Eine Maßnahme zur Sicherstellung der Transportnetze wäre daher die Forcierung von energieeffizienten KWK zur Eigenstromproduktion. Bei alldem ergeben sich starke Synergien zu den Klimaschutzzielen. In energieintensiven chemischen Industrien ist Elektrizität ein bedeutender Produktionsfaktor, dessen Verfügbarkeit für einen ununterbrochenen Produktionsprozess sichergestellt werden muss. Werden durch Stromausfälle (z.B. durch Stürme oder schwere Schneelasten) Anlagen heruntergefahren, welche normalerweise immer laufen, kommt es zu Umsatzrückgängen. Die in Diskussion befindliche Ringleitung würde die Versorgungssicherheit des österreichischen Stromnetzes erhöhen. Weiters könnte diese mittels der Bildung von staatlichen Erdgasreserven, beispielsweise um Lieferunterbrechungen zu kompensieren, erhöht werden. Aus Sicht der Risikominderung, was die Anfälligkeit der Infrastruktur auf Stürme oder Schneelasten betrifft, sowie aus Gründen des Natur- und Anrainerschutzes sind Erdkabel zu bevorzugen. Blitzortungssysteme können Unternehmen helfen bei anstehenden Unwettern auf etwaige eigene Notstromsysteme umzuschalten, um Strom- und Produktionsausfälle zu vermeiden. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld Energiewirtschaft, Ökosysteme und Biodiversität 33 ern Bezug zu bestehenden Instrumenten Emissionshandel, KWK-Richtlinie der EU, KWK-Gesetz, Ökostromgesetz, UVP Stand der Umsetzung Alternative Energien amortisieren sich bislang noch zu langfristig, daher z.T. nur mit Förderungen der öffentlichen Hand machbar Energieeffizienz wird zu einem gewissen betriebswirtschaftlichen Gründen angestrebt. Grad bereits aus Ein derzeitiges Hindernis bei der Einspeisung in das Fernwärmenetz besteht in der räumlichen Trennung von Industrie- und Wohngebieten (vorgeschriebene Bebauungs- und Sicherheitszonen), wodurch eine Einspeisung nicht kostendeckend ist. Stromringleitung in Diskussion Erdgasreserven existieren bereits Blitzortungssysteme werden von ZAMG und Versicherungen zur Verfügung gestellt notwendige weitere Schritte Ausbau der Förderungen regenerativer Energien für Betriebe. Förderung von energieeffizienten KWK-Anlagen zur Eigenstromerzeugung sowie in der Reststoffverwertung und Einspeisung von Abwärme in die Netze etwa durch eine Befreiung von der Energieabgabe. Für die Einspeisung in das Fernwärmenetz wäre eine Förderung wünschenswert, damit Energie nicht ungenutzt verloren geht. Möglicher Ressourcenb edarf Förderungen und betriebliche Investitionen Eine mögliche Stromringleitung würde Ressourcen in Form von Flächen in Anspruch nehmen. Die Kosten von Erdkabeln übersteigen jene für Überlandleitungen deutlich. Mögliches Konfliktpoten zial Im Falle von Überlandstromleitungen (Ringleitung): mit Anrainern und Naturschutz Handlungsträ gerInnen Unternehmen, Bund und Länder, Energie-Wirtschaft Zeithorizont kurz- bis mittelfristig, im Falle der Ringleitung: langfristig 34 5.1.5 Entwicklung von klimafreundlichen und anpassungsfördernden Produkten Ziel Erhöhung der Anpassungskapazität mit Hilfe innovativer Produkte Bedeutung Diese Maßnahme kann als Anpassungsoption gesehen werden, da die entstehenden Produktinnovationen aus klimawandelbedingten Nachfrageänderungen kommen. Neben den bereits betriebswirtschaftlichen Vorteilen einer Effizienzverbesserung wird durch den Klimawandel auch per Gesetz verlangt in dieser Hinsicht gewisse Ziele zu erreichen (Emissionsreduktion, Energieeffizienz, etc.). Auf diese regulatorisch-marktwirtschaftliche Folge des Klimawandels kann beispielsweise die chemische Industrie mit Produktinnovationen als Problemlöser reagieren. Beispiele sind: Leichtbauweise in der Automobilindustrie, Dämmmaterial, Niedrigtemperaturwaschmittel, Wasserkraftanlagen, mobile Hochwasserschutzelemente. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Bezug zu bestehenden Instrumenten Patentwesen Stand der Umsetzung Das Vorantreiben von Produktinnovationen ist ein laufender Prozess – einerseits durch den herrschenden Wettbewerb, und andererseits durch Klimaschutzauflagen seitens der Gesetzgebung. notwendige weitere Schritte Förderung von F&E Bedachtnahme auf Produktinnovationen in der Bauordnung Beschleunigung von Patentverfahren Vereinheitlichung der Europäischen Union gesetzlichen Möglicher Ressourcenb edarf Mögliches Konfliktpoten zial 35 Rahmenbedingungen in der Handlungsträ gerInnen Unternehmen (angebots- und nachfrageseitig) und öffentliche Hand (nachfrageseitig) Zeithorizont Variabel 36 5.2 Fokus Versicherungswirtschaft 5.2.1 Adäquate Zukunftsszenarien-basierte Risikoabschätzung, Zusammenarbeit mit F&E, Monitoring von wissenschaftlichen Ergebnissen Ziel Weniger Gewicht auf historische (math. ‚stationäre‘) Daten und Entwicklung neuer Risikoabschätzungsverfahren unter Berücksichtigung von Klimaszenarien; bessere Risikoabschätzungsgrundlagen für Unternehmen Bedeutung Die auf historischen Daten basierte Vorhersagbarkeit (z.B. Jährlichkeit bei Hochwasserereignissen) wird durch den Klimawandel schwieriger, teils unmöglich. Bei zukünftigen Planungen und Produktentwicklungen sind die Erkenntnisse aus Klimaszenarien (insbesondere in Hinblick auf Extremereignisse) zu berücksichtigen und regelmäßig zu evaluieren. Seitens der Versicherungswirtschaft besteht Interesse, aktuelle Forschungserkenntnisse bezüglich Klimaänderungen und dessen Auswirkungen bestmöglich zu kennen und zu verstehen. Ziel ist es, Risiken durch Wetterereignisse (zum Beispiel Hagel) besser vorhersagen zu können. Auch durch Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen sollen belastbare Modelle erstellt werden, die Risiken besser voraussagbar machen. Für künftige Schadensabschätzungen sind neben den Klimaszenarien auch Szenarienbildungen des Gebäudebestandes und der Infrastruktur notwendig sowie die Berücksichtigung der gesellschaftlichen ‚Lernkurve‘ hinsichtlich Anpassung. Generell sollten Unternehmen besser über den aktuellen Stand des Problems "Klimawandel" informiert werden, damit diese besser reagieren können bzw. Anpassungsmaßnahmen treffen. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Bezug zu bestehenden Instrumenten Patentwesen Stand der Umsetzung Monitoring von wissenschaftlichen Ergebnissen wird bereits teilweise betrieben notwendige weitere Förderung von F&E 37 Schritte Möglicher Ressourcenb edarf Mögliches Konfliktpoten zial Handlungsträ gerInnen Versicherungsunternehmen und Wissenschaft Zeithorizont kurz- bis mittelfristig 38 5.2.2 Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zur Vermeidung von Schadensfällen und Stärkung der Eigenverantwortung von Versicherten Ziel Die Schaffung von Bewusstsein über das Zustandekommen von Schäden kann helfen diese auf ein Minimum zu reduzieren, wovon Versicherte profitieren (z.B. Fenster schließen bei Sturm, Einbau von Rückschlagventilen). Bedeutung Durch die besonders große Reichweite der Versicherungen in der Bevölkerung hat diese Maßnahme großes Potential. Mögliches Instrument: Informationskampagne Verteilen von Broschüren in der Bevölkerung Gespräche der VersicherungsvertreterInnen mit KundInnen online-Dienste (z.B. hora.gv.at) GIS-Anwendungen auf Mobiltelefonen Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Bezug zu bestehenden Instrumenten KundInnenservice der Versicherungen Stand der Umsetzung Über Informationskampagnen wird die Stärkung der Eigenverantwortung bereits teilweise umgesetzt. notwendige weitere Schritte Kooperation von Versicherungsunternehmen, Wissenschaft, Politik und Verwaltung Möglicher Ressourcenb edarf Mögliches Konfliktpoten zial Handlungsträ gerInnen Versicherungsunternehmen und öffentliche Institutionen Zeithorizont mittelfristig 39 5.2.3 Bessere Risikostreuung für Versicherungen und damit Erhöhung der Versicherbarkeit klima- bzw. wetterinduzierter Schäden Ziel Risikostreuung durch Vernetzung innerhalb der Branche; Mitversicherungsgemeinschaft; Zusammenarbeit von Versicherungen, die z.B. einen unterschiedlichen geografischen Schwerpunkt haben. Einführung einer kombinierten Feuer- und Naturgefahrenversicherung zur breiteren Risikostreuung und somit voller Versicherbarkeit von Naturkatastrophen bei gleichzeitiger Verminderung des Rückversicherungsbedarfs. Bedeutung Versicherungen sind bei sehr großen Schäden/Risiken nur bedingt in der Lage, den Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten. Durch die Beteiligung anderer PartnerInnen aus der Branche werden sowohl die Risiken als auch die Prämien aufgeteilt, womit es leichter fällt, gewisse Risiken zu versichern. Derzeit besteht aus risikotechnischen Gründen keine Möglichkeit Naturkatastrophen über bestimmte Grenzen hinaus zu versichern. Mit einer Risikostreuung (Koppelung mit anderer Schadensklasse) wäre dies möglich. Die Vollversicherung gegen Naturkatastrophen stellt eine neue Option dar, bei der an die Feuerversicherung eine Nat.Kat-Versicherung obligatorisch gekoppelt wird (mit risikozonierter Prämiengestaltung) und 100% Schadensabdeckung nach Naturkatastrophen gewährleisten kann. Selbstbehalt stellt eine unmittelbare Verknüpfung zu einem Präventionsanreiz dar. Daher Einführung einer kombinierten Feuer- und Naturgefahrenversicherung geplant. Damit wäre auch eine Entlastung des Katastrophenfonds möglich. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Bezug zu bestehenden Instrumenten Versicherungsvertragsgesetz Stand der Umsetzung Dzt. in Diskussion. Mitversicherungsgemeinschaften werden z.T. schon praktiziert. notwendige weitere Schritte Koordination innerhalb der Versicherungsbranche und Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (Koppelung Feuersparte mit Naturgefahren) Möglicher Ressourcenb edarf Mögliches 40 Konfliktpoten zial Handlungsträ gerInnen Versicherungsunternehmen und Bund (Gesetzgebung) Zeithorizont kurz- bis mittelfristig 41 5.2.4 Bereitstellen von Dienstleistungen für die KundInnen nach Schadensfällen Ziel Unterstützung bei Schadensbehebung Begrenzung von Folgeschäden. und -management; damit Bedeutung Da große Schadenereignisse oft räumlich und zeitlich sehr punktuell auftreten, können nach den Ereignissen notwendige Dienstleistungen knapp werden. Durch zusätzliche Leistungen seitens der Versicherungen sollen es nicht nur finanzielle Ersatzleistungen geben, sondern auch organisatorische, wie zum Beispiel das Suchen und Finden von DienstleisterInnen bei Schadenereignissen/Katastrophen. Um diese Dienstleistung zur Verfügung zu stellen, müssen Versicherungen in ruhigen Zeiten gute Beziehungen zu DienstleisterInnen aufbauen, damit diese auch in Zeiten mit knappen Ressourcen (z.B. aus anderen Regionen) zur Verfügung stehen. Bezug zu anderen Aktivitätsfeld ern Bauen und Wohnen Bezug zu bestehenden Instrumenten Stand der Umsetzung Im Aufbau notwendige weitere Schritte Koordination innerhalb der Versicherungsbranche und Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes (Koppelung Feuersparte mit Naturgefahren) Möglicher Ressourcenb edarf Mögliches Konfliktpoten zial Handlungsträ gerInnen Versicherungen, andere DienstleisterInnen Zeithorizont kurz- bis mittelfristig 42 6 Literatur Allianz Group und WWF (2005), Climate Change & the Financial Sector: An Agenda for Action. London. Botzen, W., van den Berg, J., Bouwer, L. (2010), Climate change and increased risk for the insurance sector: a global perspective and an assessment for the Netherlands. Nat Hazards, 52, 577–598. BSR (2009a), Adapting to Climate Change: A Guide for the Consumer Products Industry, www.bsr.org/adaptation. BSR (2009b), Adapting to Climate Change: A guide for Food, Beverage, and Agriculture Companies, www.bsr.org/adaptation. Deutsche Bank Research (2007), Klimawandel und Branchen – Manche mögen’s heiß. Deutsche Bundesregierung (2008), Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Berlin. Ebinger, J. und Vergara, W. (2011), Climate Impacts on Energy Systems. Key issues for energy sector adaptation. World Bank study, Washington. www.esmap.org/esmap/sites/esmap.org/files/EBook_Climate%20Impacts%20on%20Energy%20Systems..pdf, entn. Sept. 2011. Firth, J. und Colley, M. (2006), The Adaptation Tipping Point: Are UK Businesses Climate Proof? Acclimatise and UKCIP, Oxford. Industrie und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) (2009), Die Wirtschaft und der Klimawandel - Reaktionen der Unternehmen. München. Isoard S., T. Grothmann and M. Zebisch (2008), Climate Change Impacts, Vulnerability and Adaptation: Theory and Concepts. Workshop ‘Climate Change Impacts and Adaptation in the European Alps: Focus Water’, UBA Vienna. Mills, E. (2007), Synergisms between climate change mitigation and adaptation: an insurance perspective. Mitig Adapt Strat Glob Change 12: 809–842. Munich Re (2010), Topics Geo - Annual review: Natural catastrophes 2010, München. Network for Business Sustainability (NBS) (2009), Business Adaptation to Climate Change A systematic review of the body of research. St. Richmond. www.nbs.net/wpcontent/uploads/NBS_ClimateAdaptation_2009.ppt, entnommen im Juli 2011. Ott, H. und Richter, C. (2008), Anpassung an den Klimawandel - Risiken und Chancen für deutsche Unternehmen. Wuppertal Papers Nr. 171, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Wuppertal. Scottish Government (2009), Scotland’s Climate Change Adaptation Framework - Business and Industry Sector Action Plan. Edinburgh. www.scotland.gov.uk/Topics/Environment/climatechange/scotlandsaction/adaptation/AdaptationFramework/SAP/BusinessandIndustry Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI) (2011), Chemie Cluster Nordrhein-Westfahlen. Düsseldorf. www.exzellenz.nrw.de/chemie/noth/clusterinfo/landescluster/chemie/, entnommen im August 2011. 43 7 Anhang 7.1 Abgrenzung des Aktivitätsfeldes Wirtschaft 7.1.1 Die Stellung klimasensitiver Sektoren in Österreichs Wirtschaft Jene Sektoren, die am sensitivsten gegenüber dem Klimawandel sind, sind nicht die wirtschaftlich bedeutsamsten Sektoren: • Österreichs drei bedeutsamste Sektoren sind: Sachgüterzeugung (21% der Gesamtverwendung = Summe aus Intermediärverbrauch und Endnachfrage von Haushalten/ Staat), Dienstleistungen (17%) und öffentliche Dienstleistungen (14,5%) • Die hoch klimasensitiven Sektoren sind wirtschaftlich weniger bedeutsam: Land- und Forstwirtschaft (1,5%), Verkehr- und Nachrichtenübermittlung (7,2%), Kredit- und Versicherungswesen (3%) • Mäßig klimasensitive Sektoren sind: die Energie- und Wasserversorgung (4,4%), der Handel (8%) und das Beherbergungs- und Gaststättenwesen (3,7%) • Gering klimasensitive Sektoren sind die Sachgütererzeugung (21%) und das Bauwesen (7,4%) Öffentliche Dienstleistungen (Verwaltung, Schulen, Gesundheitswesen ,…), 14.5% Land‐ und Forstwirtschaft, 1.5% Sachgüter‐ erzeugung, 21% Realitätenwesen, Vermietung, unternehmensbez. Dienstleistungen, 17.0% Energie‐ und Wasserversorgung, 4.4% Kredit‐ und Versicherungswes en, 3% Verkehr und Nachrichtenüberm ittlung, 7.2% Bauwesen, 7.4% Handel; Beherbergungs‐ Instandhaltung und Gaststättenwesen, und Reparatur v. KFZ und 3.7% Gebrauchsgütern, 8% Abbildung 10: Sektorale Bedeutung (Anteil an Gesamtverwendung; Daten: Input-OutputStatistik 2006, Statistik Austria 2010) 44 7.1.2 Abgrenzung und Bedeutung des Aktivitätsfeldes Wirtschaft Das Aktivitätsfeld „Wirtschaft“ der Österreichischen Anpassungsstrategie umfasst folgende Wirtschaftszweige (dargestellt in Tabelle 1): • Sachgütererzeugung, ÖNACE 2003-Abschnitt D (ÖNACE 2008-Abschnitt C) • Handel (Abschnitt G, ÖNACE 2003 und 2008) und das • Kredit- und Versicherungswesen, ÖNACE 2003-Abschnitt J (ÖNACE-2008 Abschnitt K). Tabelle 1: Gegenüberstellung Wirtschaftszweige (Branchen) und Aktivitätsfelder der Österreichischen Anpassungsstrategie ÖNACE 2003-Abschnitte bzw. CPAKlassifikation * Behandlung in der Österreichischen Anpassungsstrategie* Aktivitätsfelder Landwirtschaft und Forstwirtschaft A Land- und Forstwirtschaft B Fischerei und Fischzucht C Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden D Sachgütererzeugung E Energie- und Wasserversorgung F Bauwesen G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und Gebrauchsgütern H Beherbergungs- und Gaststättenwesen I Verkehr und Nachrichtenübermittlung J Kredit- und Versicherungswesen K Realitätenwesen, Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen L Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung, Sozialversicherung M Unterrichtswesen N Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen O Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen Aktivitätsfeld Wirtschaft Aktivitätsfelder Elektrizitätswirtschaft und Wasserhaushalt & Wasserwirtschaft Aktivitätsfeld Bauen und Wohnen Aktivitätsfeld Wirtschaft Aktivitätsfeld Tourismus Aktivitätsfeld Verkehrsinfrastruktur Aktivitätsfeld Wirtschaft Aktivitätsfeld Gesundheit Sektorübergreifende Aktivitätsfelder: Schutz vor Naturgefahren, Natürliche Ökosysteme & Biodiversität 45 7.1.3 Sektorale Auswahl: Schwerpunktsetzung Nahrungsmittel, chemische Produktion und Versicherungswesen Die Auswahl der spezifischen Branchen erfolgt durch die Verschneidung von wirtschaftlicher Bedeutung und Klimasensitivität der Branchen auf Zweistellerebene (vgl. Tabelle 2): • innerhalb der Sachgütererzeugung Schwerpunkt auf Nahrungsmittel, ÖNACE 2003-Zweisteller C15 (wegen mäßiger Klimasensitivität), und auf chemische Erzeugnisse C24, da die Branche ein sehr unterschiedliches Vorleistungsspektrum bzw. unterschiedliche sektorübergreifende Verflechtungen hat • innerhalb des Handels Schwerpunkt auf Handel mit Nahrungsmitteln & Getränken (aufgrund der starken Verflechtung mit der stark klimasensitiven Landwirtschaft) sowie mit chemischen Erzeugnissen • innerhalb des Kredit- und Versicherungswesen auf Versicherungen C66 (wegen hoher Klimasensitivität) Tabelle 2: Wirtschaftliche Bedeutung auf Zweistellerebene (ÖNACE 2003-Unterabschnitte) ÖNACE 2003-Abschnitte bzw. CPA-Klassifikation Anteil Gesamtverwendung* Rang Sektorauswahl X D SACHGÜTERERZEUGUNG C15 Nahrungs- und Futtermittel, Getränke 2.3% 2 C16 Tabakerzeugnisse 0.0% 22 C17 Textilien 0.3% 18 C18 Bekleidung 0.1% 19 C19 Leder und Lederwaren 0.1% 20 C20 Holz sowie Holz-, Kork- und Flechtwaren (ohne Möbel) 1.1% 7 C21 Papier, Pappe und Waren daraus 0.8% 11 C22 Verlags- und Druckerzeugnisse, bespielte Ton-, Bild- und Datenträger 0.9% 10 C23 Kokereierzeugnisse, Mineralölerzeugnisse, Spalt- und Brutstoffe 0.6% 15 C24 Chemische Erzeugnisse 1.3% 6 C25 Gummi- und Kunststoffwaren 0.7% 13 C26 Glas, Keramik, bearbeitete Steine und Erden 0.9% 9 C27 Metalle und Halbzeug daraus 1.9% 4 C28 Metallerzeugnisse 1.7% 5 C29 Maschinen 2.8% 1 C30 Büromaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und -einrichtungen 0.0% 23 46 X ÖNACE 2003-Abschnitte bzw. CPA-Klassifikation Anteil Gesamtverwendung* Rang C31 Geräte der Elektrizitätserzeugung und verteilung u.ä. 1.1% 8 C32 Nachrichtentechnik, Rundfunk- und Fernsehgeräte sowie elektronische Bauelemente 0.6% 14 C33 Medizin-, meß-, steuerungs-, und regelungstechnische Erzeugnisse, optische Erzeugnisse; Uhren 0.4% 17 C34 Kraftwagen und Kraftwagenteile 2.3% 3 C35 Sonstige Fahrzeuge 0.5% 16 C36 Möbel, Schmuck, Musikinstrumente, Sportgeräte, Spielwaren und sonstige Erzeugnisse 0.8% 12 C37 Rückgewinnungsleistungen 0.1% 21 C50 Handelsleistungen mit Kraftfahrzeugen, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen; Tankstellenleistungen 1.1% C51 Handelsvermittlungs- und Großhandelsleistungen (ohne Handelsleistungen mit Kraftfahrzeugen) 4.5% C52 Einzelhandelsleistungen (ohne Handelsleistungen mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellenleistungen); Reparaturarbeiten an Gebrauchsgütern 2.6% J KREDIT- UND VERSICHERUNGSWESEN C65 Dienstleistungen der Kreditinstitute 2.1% C66 Dienstleistungen der Versicherungen (ohne Sozialversicherung) 0.9% C67 Mit den Tätigkeiten der Kreditinstitute und Versicherungen verbundene Dienstleistungen 0.4% Sektorauswahl G X * Gesamtverwendung = Summe aus Intermediärverbrauch und Endnachfrage von Haushalten/Staat 7.2 Dokumentation des Prozesses und Erfahrungen aus der Stakeholdereinbindung 7.2.1 Dokumentation des Interviewprozesses Im Rahmen der Sammlung von Vulnerabilitäten und Klimawandelanpassungsoptionen der Bereiche Produktion und Handel von Lebensmitteln, Chemieindustrie sowie Versicherungswesen wurden relevante Unternehmen und Interessensgruppen kontaktiert, um in 20 bis 30-minütigen fragebogengeleiteten qualitativen ExpertInnen-Interviews 47 herauszufinden, wie sich das Problemfeld Klimawandel und Klimawandelanpassung aus Sicht der Sektoren darstellt und wie mögliche Anpassungsmaßnahmen aussehen könnten. Diese Unternehmen und Interessensgruppen wurden im Vorfeld von Umweltbundesamt und Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz gezielt ausgewählt, um einen möglichst breiten Betrachtungswinkel der Problemstellung zu gewährleisten. Per E-Mail wurden die potentiellen InterviewpartnerInnen zunächst vom Umweltbundesamt kontaktiert (Juli 2011), um die erforderlichen Informationen über die nationale Klimawandelanpassungsstrategie zu liefern und um Unterstützung bzw. Mitarbeit zu erbitten. Auch auf den geplanten Stakeholder-Workshop (Anfang September 2011) wurde bereits in diesem Schreiben aufmerksam gemacht. Der detaillierte Ablaufplan ist aus Abbildung 11 ersichtlich. Zeitgleich wurde durch Literaturanalyse recherchiert, wie stark und durch welche Mechanismen die einzelnen Branchen vom Klimawandel betroffen sind bzw. vor welchen Herausforderungen die Wirtschaftssektoren durch geänderte Klimabedingungen stehen. Insbesondere der Abschlussbericht „Stakeholder-Dialoge: Chancen und Risiken des Klimawandels“ des deutschen Umweltbundesamts und KomPass (2011) lieferten in dieser Phase wertvolle Beiträge über die Betroffenheiten der Sektoren Chemieindustrie und Versicherungswirtschaft. Somit konnte eine erste Vulnerabilitätsabschätzung der zu analysierenden Sektoren getroffen werden. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde anschließend für jede Branche ein eigener Interviewleitfaden erstellt. Dieser teilte sich auf allgemeine Fragenblöcke auf, die – jeweils branchenspezifische – Nachhakpunkte enthielten. Nach telefonischer Absprache wurden vor den Gesprächen die folgenden Fragen mit dazugehörigen Beispielen per E-Mail an interviewrelevante Personen zugesandt, womit eine gewisse Vorbereitung auf das Gespräch seitens der InterviewpartnerInnen ermöglicht wurde: • Ist Ihrer Meinung nach Ihr Unternehmen/ Ihre Branche von den Folgen des Klimawandels betroffen? • Wie stark ist Ihr Unternehmen vom Klimawandel betroffen? • Haben Sie bereits Anpassungsmaßnahmen in Ihrem Unternehmen durchgeführt? • Welche Anpassungsoptionen kann die Versicherungswirtschaft für Ihr Unternehmen/ Ihre Branchen bereitstellen? In den darauf folgenden (Telefon-)Interviews (insgesamt wurden 30 Interviews geführt) wurden – neben subjektiv eingeschätzten Betroffenheiten – sehr unternehmensspezifische Klimawandelanpassungsoptionen genannt. Um die Interview-Ergebnisse zu konkreten aber auch allgemeinen (sektorspezifischen) Maßnahmen ausarbeiten zu können, wurden diese mit Literatur ergänzt. 48 Juni 2011 Literaturrecherche über Vulnerabilitäten der zu untersuchenden Sektoren Juni 2011 Erstellung sektorspezifischer Fragebögen Juli / August 2011 Stakeholder-Interviews August 2011 Sammlung möglicher Vulnerabilitäten und erster Maßnahmenoptionen August 2011 Vorbereitendes Handout für Stakeholder-Workshop 8. September 2011 September / Oktober 2011 Stakeholder-Workshop Angepasstes Handout für Stakeholder und weitere Feedback Schleife Policy Paper Ende Oktober 2011 Abbildung 11: Prozess-Struktur 7.2.2 Stakeholder-Workshop Anfang September 2011 fand am Umweltbundesamt ein ganztägiger Stakeholder-Workshop statt, an dem VertreterInnen der Unternehmen, der Ministerien, diversen Kammern und sonstiger relevanter Institutionen teilnahmen. Ziele der Veranstaltung waren Dissemination und Diskussion erster Ergebnisse, Harmonisierung der Sichtweisen, verbesserte Kommunikation und Einbindung der Stakeholder (z.B. um konkrete Erfordernisse aus der Wirtschaft hinsichtlich zu schaffender Entscheidungsgrundlagen für Anpassungsmaßnahmen in den jeweiligen Branchen zu erheben) sowie „Awareness Raising" für das Aktivitätsfeld Wirtschaft bzw. ausgewählte Branchen daraus. Zur Vorbereitung wurde allen angemeldeten Workshop-TeilnehmerInnen ein Handout zugesandt, in dem kurz beschrieben wird, wie sich der Klimawandel auf die österreichische 49 Wirtschaft auswirken kann bzw. wie sensitiv und vulnerabel die untersuchten Branchen sind und vor welchen Herausforderungen diese stehen. Außerdem wurden erste Ergebnisse zu Anpassungsoptionen aus Literaturrecherche und Interviews konzentriert dargestellt. In einem Einführungsblock wurden die nationale Klimawandelanpassungsstrategie und das Teilprojekt zu den Anpassungserfordernissen der österreichischen Wirtschaft vorgestellt. Es folgten Erfahrungsberichte aus Deutschland und Großbritannien: Clemens Haße (UBA Deutschland) berichtete von Aspekten und Erfahrungen mit Anpassungsmaßnahmen im Rahmen der Anpassungsstrategie Deutschland, die 2008 von der Bundesregierung beschlossen wurde. Good Practice Beispiele aus dem UK Climate Impacts Programme zur zielgruppenorientierten Unterstützung von Anpassung präsentierte Kay Johnstone (UKCIP). Anschließend wurden erste Ergebnisse aus den bereits durchgeführten Interviews und der Literaturrecherche präsentiert. Konkret wurden für die ausgewählten Branchen direkte und indirekte Betroffenheit und mögliche Anpassungsoptionen aufgezeigt. Am Nachmittag wurden die Stakeholder aktiv in das Geschehen eingebunden. In Kleingruppen wurden die bereits erarbeiteten Maßnahmen zur Klimawandelanpassung bezüglich Inhalt, AkteurInnenkulisse, Zeitperspektive, Bezug zu anderen Instrumenten und Aktivitätsfeldern sowie Klimaschutzrelevanz kritisch diskutiert, vervollständigt und modifiziert. Somit konnte innerhalb der Branchen ein gewisser Grad an Konsens zur Tauglichkeit und Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen erarbeitet werden. Die Ergebnisse des Workshops bildeten wertvolle Inputs, um das im Vorfeld ausgesandte Handout um Einschätzungen der betroffenen Unternehmen zu ergänzen und wo nötig zu korrigieren. Das daraus entstandene Arbeitspapier wurde zusammen mit dem Protokoll des Workshops an alle Workshop-TeilnehmerInnen verschickt, um gegebenenfalls weiteres Feedback einzuholen. Dieses Schriftstück bildete die Grundlage für das zu erstellende Policy Paper. 50