ASS, Plättchen und Krebs aus dem internistischen Blickwinkel

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2/2016
Berichte über aktuelle Forschung zur Acetylsalicylsäure sowie über Entwicklungen im Bereich der Therapie
Jahrgang 28 / Oktober 2016
Vielfältige Anwendungsgebiete von ASS erfordern eine ganzheitliche Betrachtung
ASS, Plättchen und Krebs
aus dem internistischen Blickwinkel
Ob Krebs oder andere Erkrankungen – die Flut neuer Erkenntnisse zur Wirkung von Acetylsalicylsäure ist
unge­brochen. Ärzte sollten daher bei der Entscheidung für die ASS-Therapie über den „Tellerrand“ ihres
Fach­gebietes blicken: Nicht als Kardiologe oder Onkologe, sondern als Internist sollte die Wirkung eines
Arzneimittels wie ASS im Ganzen betrachtet werden, so das Fazit einer aktuellen Übersichtsarbeit [1].
In den vergangenen Jahren zeigten mehrere nachträgliche Auswertungen klinischer Studien, dass die regelmäßige Einnahme von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) das Risiko reduziert, an Krebs
zu erkranken und zu versterben. Die chemopräventive Wirkung und die Verbesserung der Überlebensrate wurden zunächst
für kolorektale Karzinome (CRC) nachgewiesen. Mittlerweile konnten die günstigen Effekte von ASS bei einer Vielzahl weiterer Krebserkrankungen, auch bei nicht
gastrointestinalen Tumoren, gezeigt werden. Dabei stieg der Nutzen von ASS mit
der Dauer der Anwendung und war insbesondere nach 10-jähriger Einnahmezeit
nachweisbar.
entgegen.
AA = Arachidonsäure, COX = Cyclooxygenase, HETE
= Hydroxyeicosatetraensäure, TXS = Thromboxansynthetase, PG = Prostaglandin, PGES = Prostaglandin-E-Synthase, PGDS = Prostaglandin-D-Synthase,
TXA2 = Thromboxan A2, 15-epi-LXA4 = 15-LipoxinA4
fördert. Dies könnte eine Immunevasion
begünstigen, d.h. die Tumorzellen könnten
sich der Erkennung durch das Immunsystem entziehen. Darüber hinaus sind die
Plättchen wesentlich für die in Darmkrebszellen beobachtete, abnorme COX-2Expression mitverantwortlich. Dadurch
tragen sie zur Down-Regulation von Onkosuppressor-Genen und zur Hochregu­
lation von Onkogenen wie Cyclin B1 bei.
Die Adhäsion von Plättchen an Tumorzellen führt auch zu einer erhöhten Expression
von Genen, die in die epithelial-mesenchymale Transition (EMT) involviert sind, z.B.
die EMT-induzierenden Transkriptionsfak-
Chemopräventiver Effekt:
„Zünglein an der Waage“
Die Inhibierung der Plättchenaktivität ist
sowohl für die kardioprotektiven als auch
für die chemopräventiven Effekte niedrig
dosierter ASS verantwortlich. In der kardiovaskulären Prävention ist die ASS-Prophylaxe seit langem etabliert. ASS hat ihren präventiven Nutzen in dieser Indikation in vielen klinischen Studien unter Beweis gestellt,
wenngleich die Wirkung mit einem erhöhten Blutungsrisiko einherging. Nationale
und internationale Leitlinien empfehlen
daher, bei der Entscheidung zum langfristigen Einsatz von niedrig dosierter ASS, den
präventiven Nutzen gegen ein mögliches
Blutungsrisiko abzuwägen. Bei Patienten
mit einem durchschnittlichen kardiovaskulären Risiko halten sich Nutzen und Risiko
jedoch in etwa die Waage. Sekundäranaly-
▲
Vielfältige chemopräventive
Mechanismen
In-vitro- und In-vivo-Daten zeigten, dass
die Thrombozyten in eine Vielzahl von
Mechanismen bei Karzinogenese, Tumorwachstum, Tumorangiogenese und Metastasenbildung involviert sind. Im Hinblick auf gastrointestinale Tumoren stellt
die Inhibierung der Plättchenaktivierung
im Frühstadium der Carcinogenese offensichtlich den primären Wirkmechanismus
von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure
dar. So konnte gezeigt werden, dass die
Bildung von Tumorzell-induzierten Plätt­
chenaggregaten die Freisetzung von
Faktoren, die die Tumorangiogenese stimulieren, sowie von Wachstumsfaktoren
erhöht und die Tumorzelldissemination
toren ZEB1 und TWIST1
und der mesenchymale
Acetylierung
Acetylierung
Marker Vimentin.
Die ASS-vermittelte PlättAA
COX-2
COX-1
chenhemmung stellt offenbar die Antitumor-Aktivität wieder her, indem
15(R)-HETE
TXS
PGIs
PGH2
PGES
PGDS
sie die Freisetzung von
TXA2
PGI2
PGFs
PGE2
PGD2
parakrinen Lipiden und
Proteinmediatoren blo15-epi-LXA4
Entzündung – Karzinogenese
ckiert,
welche
die
COX-2-Expression in beAbb. 1: Prostaglandine, insbesondere Prostaglandin
nachbarten kernhaltigen
E2 (PGE2) sind wichtige Mediatoren COX-abhängiger
Zellen im Bereich der mukosalen Läsion inMechanismen der Karzinogenese. Die ASS-induzierte
duziert (Abb. 1).
Plättcheninaktivierung wirkt diesen Mechanismen
ASS
2
sen von Studien zur kardiovaskulären Primärprävention zeigten jedoch, dass die
tägliche Einnahme von niedrig dosierter
ASS mit einem insgesamt geringerem Auftreten von Krebserkrankungen einherging.
Diese Reduktion in der Krebs-Gesamtinzidenz, die während der ersten zehn Jahre
einer regelmäßigen Einnahme offensichtlich wird, bewirkt eine Verschiebung der
Nutzen-Risiko-Balance in Richtung eines
erhöhten Nutzens. Der chemopräventive
Effekt von ASS könnte hier durchaus das
„Zünglein an der Waage“ sein, um die Entscheidung pro ASS-Prophylaxe zu fällen.
Hinzu kommen weitere positive Effekte
von ASS, u.a. bei venöser Thromboem­
bolie und zur Demenzprävention bei
altersbedingter kognitiver Dysfunktion,
die es ebenfalls zu berücksichtigen gilt.
Tabelle 1: Laufende Aspirin-Studien zur
Krebsprävention und adjuvanten Therapie.
Studie
n
Klinische Implikationen
• Die regelmäßige Einnahme von niedrig
dosierter Acetylsalicylsäure über einen langen Zeitraum bietet neben der Kardioprotektion auch günstige Effekte auf die Entstehung und den Verlauf von Krebserkrankungen, insbesondere gastrointestinalen
Tumoren – bei sehr günstigen Tagestherapiekosten.
• Sekundäre Analysen großer Herz-Kreislauf-Studien zeigten, dass die tägliche Einnahme niedrig dosierter ASS die Inzidenz
von Krebserkrankungen insgesamt reduziert – in welchem Ausmaß muss noch weiter abgeklärt werden.
• Bereits eine Reduktion der KrebsGesamt­inzidenz um 10% (beginnend während der ersten 10 Behandlungsjahre)
könnte die Nutzen-Risiko-Balance in einer
Population mit durchschnittlichem Risiko
günstig beeinflussen.
Dosierung
Dauer
• Mit der steigenden Lebenserwartung ist
eine Zunahme von älteren Patienten mit
Darmkrebs zu erwarten, bei denen eine adjuvante Chemotherapie aufgrund von Alter
bzw. Komorbiditäten nicht infrage kommt.
Hier könnte die Therapie mit niedrig dosierter ASS einen möglichen Nutzen darstellen, ebenso bei altersbedingten Kognitionsdefiziten.
• Der Nachweis der Antitumorwirkung
von ASS markiert einen großen klinischen
Durchbruch, allerdings muss die Evidenz in
placebokontrollierten randomisierten Studien (RCT) weiter erhärtet werden. Zu diesem Zweck wurden mehrere Studien zur
Wirkung von niedrig dosierter ASS bei Patienten mit neu diagnostizierten Krebserkrankungen initiiert (Tabelle 2).
■
1. Santilli F, Boccatonda A, Davì G. Aspirin, platelets, and cancer:The point of view of the internist. Eur J Intern Med 2016;
doi: 10.1016/j.ejim.2016.06.004. [Epub ahead of print]
Patienten
Primärer Endpunkt
AspECT
2.500 ASS 300 mg vs. Placebo
8 Jahre Barrett-Ösophagus
Tod/Adenokarzinom o. hochgradige Metaplasie
seAFOod
904
ASS 300 mg vs. Placebo
1 Jahr
≥1 Adenom pro 1 Jahr
Screening
Multiple Adenome im Darmkrebsscreening ASCOLT
2.660 ASS 200 mg vs. Placebo
3 Jahre Dukes-C- o. Hochrisiko- Dukes-B-Karzinom
5 Jahre krankheitsfreies Überleben
Add aspirin
9.920 ASS 100 mg vs. 5 Jahre
ASS 300 mg vs. Placebo
Darm-, Brust-, Speiseröhren-, Prostatakrebs
Krankheitsfreies
Überleben (Tod bei
Speise­röhrenkrebs)
AIDA
2.500 ASS 100 mg/d vs. Placebo
6 Jahre
für 3 Jahre, Standardchemo-
therapie wenn indiziert
Patienten nach Resektion Krankheitsfreies
von CRC Stadium II o. III Überleben
mit somatischen Mutationen
in Exon 9 o. 20 von PIK3CA
ASS vergl. mit Placebo 128
ASS o. Placebo oral 3 Jahre Therapie v. Hochrisiko-Pat. bei Hochrisiko-Pat.
1x täglich für 12 Monate
mit subsoliden
mit subsoliden Lungenknoten
Lungen­knoten
Differenz der Summe
der größten Durchmesser
von subsoliden (nichtsoliden o. teilweise
soliden) Lungenknoten
Adjuvantes ASS
185
bei Darmkrebs
Krankheitsfreies
Überleben
ASS 100 mg/d vs. Placebo
13 Jahre Darmkrebs Stadium II o. für 3 Jahre, Standardchemo-
III bei Pat. mit somatischen
therapie wenn indiziert
Mutationen
ASPIRIN
1.588 ASS 80 mg/d vs. Placebo 8 Jahre
für 5 Jahre. Pat.-Stratifizie- rung nach adjuvanter
Chemotherapie
Darmkrebs Stadium II oder III bei Pat.
45 Jahre o. älter
5-JahresGesamtüberleben
APREMEC
3.000
Postoperative Pat. mit
nicht metastasiertem CRC 3 Jahre krankheitsfreies
Überleben
ASS 200 mg/d vs. ASS 100 mg/d vs. Placebo
7 Jahre
33
Transiente ischämische Attacke (TIA) oder leichter ischämischer Schlaganfall
Frühe ASS-Einnahme ist die
wichtigste Maßnahme
Viele Patienten suchen erst Tage oder sogar Wochen nach einer TIA
oder einem leichteren Schlaganfall einen Arzt auf, selbst wenn sie
eine korrekte Selbstdiagnose gestellt hatten. Dabei kann die frühe
Einnahme von Acetylsalicylsäure das Rezidivrisiko deutlich senken [2].
Das Rezidivrisiko nach Schlaganfall ist
hoch. Nach einem leichteren ischämischen
Schlaganfall oder einer transienten ischämischen Attacke (TIA) ereignen sich bis zu
10% der Rezidive in der darauffolgenden
Woche. Eine aktuelle Studie zeigte nun,
dass eine frühe ASS-Einnahme das Rezidivrisiko in den ersten sechs Wochen nach einem ischämischen zerebrovaskulären Ereignis deutlich reduzieren kann und im Falle eines Rezidivs die Schwere bzw. den
Behinderungsgrad erheblich vermindert
(Abb. 2). Die Studie basierte auf den individuellen Daten von 15.778 Patienten aus 12
randomisierten kontrollierten ASS-Studien
in der Schlaganfallsekundärpräven­tion.
Abb. 2: Gepoolte Analyse der Wirkung von ASS
allein versus Kontrollen auf das absolute Risiko eines
Schlaganfallrezidivs in der Sekundärprävention nach
TIA oder ischämischem Schlaganfall.
Direkter Nutzen der frühen
ASS-Einnahme
ASS reduzierte das Risiko, in den ersten
sechs Wochen ein Schlaganfallrezidiv zu
erleiden um etwa 60%. Das Risiko für einen Schlaganfall mit Behinderung oder
tödlichem Ausgang wurde um rund 70%
reduziert. Der größte Nutzen zeigte sich
bei Patienten mit TIA oder leichterem
Schlaganfall. Schlaganfallrezidive, die trotz
ASS-Medikation auftraten, verliefen deutlich weniger schwer. Diese Effekte waren
unabhängig von der eingenommen Dosis,
Patientencharakteristika oder der Ätiologie
Ereignisse pro 100 Personenjahre
40–
n Ischämischer Schlaganfall
ohne Behinderung
n Ischämischer Schlaganfall
mit Behinderung oder Tod
35–
30–
25–
20–
15–
10–
5–
0–
ASS Kontrolle ASS Kontrolle ASS Kontrolle
allein
allein
allein
0–6 Wochen
6–12 Wochen
Aspirin® protect 100mg / Aspirin® protect 300mg
Aspirin® N 100mg / Aspirin® N 300mg
Wirkstoff: Acetylsalicylsäure; Zusammensetzung: 1 magensaftresistente Tablette Aspirin protect
100mg/300mg enthält: Wirkstoff: Acetylsalicylsäure 100 mg bzw. 300 mg; sonstige Bestandteile: Cellulosepulver, Maisstärke, Lacküberzug: Methacrylsäure-Ethylacrylat-Copolymer 1:1-Dispersion 30% (Ph.
Eur.), Polysorbat 80, Natriumdodecylsulfat, Talkum, Triethylcitrat. 1 Tablette Aspirin N 100mg/300mg
enthält: Wirkstoff: Acetylsalicylsäure 100 mg bzw. 300 mg; sonstige Bestandteile: Maisstärke, Cellulosepulver. Anwendungsgebiete: Aspirin protect 100mg/ Aspirin N 100mg: instabile Angina pectoris
(Herzschmerzen aufgrund von Durchblutungsstörungen in den Herzkranzge­fäßen) – als Teil der Standardtherapie; akuter Herzinfarkt – als Teil der Standardtherapie; zur Vorbeugung eines weiteren Herzinfarktes nach erstem Herzinfarkt (Reinfarktprophylaxe); nach Operationen oder anderen Eingriffen an
arteriellen Blutgefäßen (nach arteriellen gefäßchirurgischen oder interventionellen Eingriffen, z.B. nach
aortokoronarem Venen-Bypass [ACVB], bei perkutaner transluminaler koronarer Angioplastie [PTCA]);
zur Vorbeugung von vorübergehender Mangeldurchblutung im Gehirn (TIA: transitorisch ischämische
Attacken) und Hirninfarkten, nachdem Vorläuferstadien (z.B. vorübergehende Lähmungserscheinungen
im Gesicht oder der Armmuskulatur oder vorübergehender Sehverlust) aufgetreten sind. Außerdem für
Aspirin protect 100mg: Kawasaki-Syndrom – zur Entzündungshemmung für die Dauer der Fieber-Phase,
– zur Vorbeugung gegen Blutgerinnsel bei Wandveränderungen der Herzkranzgefäße (prophylaktische
Thrombozytenaggregationshemmung bei koronararteriellen Aneurismen). Aspirin protect 300mg/ Aspirin N 300mg: zur Vorbeugung eines weiteren Herzinfarktes nach erstem Herzinfarkt (Reinfarktprophy­
laxe). Hinweise: Diese Arzneimittel eignen sich nicht zur Behandlung von Schmerzzuständen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Acetylsalicylsäure, andere Salicylate oder einen der sonstigen
Bestandteile; wenn in der Vergangenheit gegen Salicylate oder andere nichtsteroidale Entzündungshemmer mit Asthmaanfällen oder in anderer Weise allergisch reagiert wurde; bei akuten Magen- und Darmgeschwüren; bei krankhaft erhöhter Blutungsneigung (hämorraghische Diathese); Leber- und Nierenversagen; schwere, nicht medikamentös eingestellte Herzinsuffizienz; Kombination mit Methotrexat 15 mg
oder mehr pro Woche; in den letzten 3 Monaten der Schwangerschaft in einer Dosierung von mehr als
>12 Wochen
des zerebrovaskulären Ereignisses. Der
Nutzen von ASS war auch 6–12 Wochen
nach dem Indexereignis nachweisbar, aber
nicht mehr nach 12 Wochen. Die Kombination von ASS mit Dipyridamol erbrachte
keinen zusätzlichen Nutzen im Vergleich zu
ASS allein innerhalb der ersten 12 Wochen.
Hier zeigte sich erst nach 12 Wochen ein
Effekt auf das Rezidivrisiko und die Schwere von Schlaganfallrezidiven.
Die Analyse der individuellen Daten von
40.531 Patienten aus drei kontrollierten
ASS-Studien, die innerhalb von 48 Stunden
nach schwerem akuten ischämischen
Schlaganfall randomisiert worden waren,
zeigte, dass Patienten mit geringer ausgeprägten neurologischen Defiziten am meisten von der frühen ASS-Medikation profitieren. Der Nutzen war bereits am zweiten
Tag nach Behandlungsbeginn offensichtlich (2–3 Tage Hazard Ratio 0,37, 95%-Konfidenzintervall 0,25–0,57, p < 0,0001).
Das Fazit der Autoren: Die frühe Einnahme von ASS ist die wichtigste Maßnahme
bei TIA oder leichterem ischämischen
Schlaganfall. Aufklärungskampagnen sind
dringend notwendig, um das Bewusstsein
der Patienten für die Bedeutung der frühen
ASS-Einnahme zu schärfen.
■
2. Rothwell PM, Algra A, Chen Z et al. Effects of aspirin on risk
and severity of early recurrent stroke after transient ischaemic
attack and ischaemic stroke: time-course analysis of randomised trials. Lancet 2016; 388: 365–75
150 mg Acetylsalicylsäure pro Tag. Nebenwirkungen: Verdauungstrakt: Häufig: Magen-DarmBeschwerden wie Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfälle. Geringfügige Blutverluste aus dem Magen-Darm-Bereich (Mikroblutungen). Gelegentlich: Magen- oder Darmblutungen.
Nach längerer Anwendung von Aspirin protect kann eine Blutarmut (Eisenmangel­anämie) durch verborgene Blutverluste aus dem Magen- oder Darmbereich auftreten. Magen- oder Darmgeschwüre, die sehr
selten zum Durchbruch führen können. Magen-Darm-Entzündungen. Bei Auftreten von schwarzem
Stuhl oder blutigem Erbrechen (Zeichen einer schweren Magenblutung) müssen Sie sofort Ihren Arzt
benachrichtigen. Haut: Gelegentlich: Hautreaktionen (bis hin zu schweren, fieberhaft verlaufenden Hautausschlägen mit Schleimhautbeteiligungen (Erythema exsudativum multiforme)). Überempfindlichkeitsreaktionen: Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, der Atemwege, des Magen-Darm-Bereichs
und des Herz-Kreislauf-Systems, vor allem bei Asthmatikern. Folgende Krankheitsmerkmale können
auftreten: z. B. Blutdruckabfall, Anfälle von Atemnot, Entzündungen der Nasenschleimhaut, verstopfte
Nase, allergischer Schock, Schwellungen von Gesicht, Zunge und Kehlkopf (Quincke-Ödem). Nervensystem: Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrtheit, gestörtes Hörvermögen oder Ohrensausen (Tinnitus) können Anzeichen einer Überdosierung sein. Blut: Selten bis sehr selten sind auch schwerwiegende Blutungen wie z.B. Hirnblutungen, besonders bei Patienten mit nicht eingestelltem Bluthochdruck und/oder
gleichzeitiger Behandlung mit blutgerinnungs-hemmenden Arzneimitteln (Antikoagulantien) berichtet
worden, die in Einzelfällen möglicherweise lebensbedrohlich sein können. Beschleunigter Abbau bzw.
Zerfall der roten Blutkörperchen und eine bestimmte Form der Blutarmut bei Patienten mit schwerem
Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel. Blutungen wie z.B. Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Hautblutungen oder Blutungen der Harn ableitenden Wege und der Geschlechtsorgane mit einer möglichen
Verlängerung der Blutungszeit. Diese Wirkung kann über 4 bis 8 Tage nach der Einnahme anhalten. Leber: Sehr selten: Erhöhungen der Leberwerte. Nieren: Sehr selten: Nierenfunktionsstörungen und akutes
Nierenversagen. Stoffwechsel: Sehr selten: Verminderung der Blutzuckerwerte (Hypoglykämie). Acetylsalicylsäure vermindert in niedriger Dosierung die Harnsäureausscheidung. Bei hierfür gefährdeten Patienten kann dies unter Umständen einen Gichtanfall auslösen.
Bayer Vital GmbH, 51368 Leverkusen, Deutschland
Stand 01/2012
4
Sekundärprävention des kolorektalen Karzinoms
Die regelmäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure nach der Diagnose
„Darmkrebs“ senkt offensichtlich sowohl die darmkrebsspezifische
Sterblichkeit als auch die Gesamtmortalität. Dies zeigt eine große
bevölkerungsbasierte Studie aus Norwegen [3].
Die regelmäßige Einnahme von ASS
in der Primärprävention des kolorektalen
Karzinoms (CRC) wird kontrovers diskutiert. Anders sieht es aus in der Sekundärprävention. Hier ist aus der NutzenRisiko-Perspektive die Langzeiteinnahme
gerecht­fertigt. Dies untermauern die Daten einer populationsbasierten retrospektiven Kohortenstudie, in der die Daten von
23.162 Darmkrebspatienten aus dem norwegischen Krebsregister ausgewertet wurden. Davon hatten 6.102 Patienten nach
der CRC-Diagnose ASS eingenommen
(26,3%). Nach drei Jahren waren in dieser
Gruppe 2.071 Patienten (32,9%) verstorben, davon 1.158 (19,0%) am kolorektalen Karzinom. Von den 17.060 Patienten,
die nach der Darmkrebsdiagnose kein
ASS angewendet hatten, waren nach drei
Jahren 7.218 (42,3%) verstorben, davon
5.375 (31,5%) am CRC. In der statistischen
Analyse war die ASS-Anwendung nach der
CRC-Diagnose unabhängig von anderen
Variablen mit einem verbesserten CRCspezifischen Überleben (Hazard Ratio
[HR] 0,85; 95%-Konfidenzintervall [KI]
0,79–0,92) sowie einem verbesserten Gesamtüberleben (HR 0,95; 95%-KI 0,90–
1,01) assoziiert.
3. Bains SJ, Mahic M, Myklebust TÅ et al. Aspirin as secondary
prevention in patients with colorectal cancer:
An unselected population-based study. J Clin Oncol 2016;
34: 2501–8. DOI: 10.1200/JCO.2015.65.3519
Kein Absetzen der ASS-Prophylaxe bei Leistenbruch-OP
Patienten, die zur kardiovaskulären Prophylaxe niedrig dosierte Acetylsalicylsäure
(ASS) einnehmen, sollten die Einnahme auch bei einer geplanten Leistenbruch-OP
nicht unterbrechen, insbesondere bei höherem kardiovaskulären Risiko. Zu diesem
Schluss kommt eine aktuelle Studie [5], welche die Sicherheit der perioperativen
ASS-Anwendung bei Patienten mit elektiver, primärer Leistenhernien-OP untersuchte. An der Studie hatten u. a. 142 Patienten teilgenommen, die präoperativ eine
ASS-Prophylaxe erhalten hatten. Die Patienten waren entweder nach der Lichtenstein-Methode (n = 85) offen operiert oder die Hernie laparoskopisch verschlossen
worden (n = 57). 27 der 57 Patienten (47,3%) der Laparoskopie-Gruppe und 55 der
85 (64,7%) offen operierten Gruppe hatten zwischen drei und sieben Tagen
prä­operativ ASS abgesetzt. Die Gruppen waren vergleichbar im Hinblick auf den
intraoperativen Blutverlust, die Operationsdauer, unmittelbare postoperative
Blutungskomplikationen sowie spätere Wundheilungsstörungen. Keiner der
laparoskopisch behandelten Patienten erlitt ein schwerwiegendes kardiovaskuläres
Ereignis (MACE). In der offen operierten Gruppe traten drei MACE auf. Betroffen
waren zwei Patienten, die ASS abgesetzt hatten, sowie ein Patient, der die ASS-Einnahme fortgesetzt hatte (p = 0,943). Perioperative Todesfälle traten nicht auf.
5. Ong W et al. Is preoperative withdrawal of aspirin necessary in patients undergoing elective inguinal hernia repair?
Surg Endosc 2016. DOI: 10.1007/s00464-016-4926-6
ASS drittelt das
Gliom-Risiko
Die regelmäßige Einnahme niedrig
dosierter Acetylsalicylsäure schützt
offensichtlich vor dem Auftreten von
Gliomen. Andere nicht steroidale
Antirheumatika (NSAR) können das
Gliom-Risiko in gewissem Ausmaß bei
Frauen reduzieren, aber nicht bei
Männern. Zu diesen Ergeb­­nissen
kommt eine internatio­nale Fall-Kon­
troll-Studie [4]. Die Auswertung der
Daten von 4.533 ASS-Anwendern und
4.171 Kontrollen spricht dafür, dass
Patienten, die mindestens 6 Monate
lang regelmäßig niedrig dosierte
Acetylsalicylsäure eingenommen
hatten, damit ihr Gliom-Risiko im
Vergleich zu Nicht-Anwendern um
33% reduzierten (Odds Ratio [OR]
0,67, 95%-Konfidenzintervall [KI]
0,54–0,83). Dabei stieg der Nutzen der
ASS-Anwendung mit der Einnahmedauer. Eine NSAR-Einnahme von 6
Monaten oder länger zeigte dagegen
keine Assoziation mit dem Gliom-Risiko
(OR 0,87, 95%-KI 0,71–1,07). In
geschlechtsstratifizierten Subgruppenanalysen konnte für NSAR lediglich ein
protektiver Effekt bei Frauen (OR 0,72,
95%-KI 0,55–0,93), aber nicht bei
Männern (OR 1,03, 95%-KI 0,86–1,23)
gezeigt werden.
4. Lai RK et al. Aspirin, non-steroidal anti-inflammatory drugs
(NSAIDs) and the risk of glioma: Results from the Glioma
International Case Control Study. AACR, 107th Annual
Meeting 2016, New Orleans, LA (USA). Abstract 3446
IMPRESSUM
Quellen: Siehe Literaturhinweise im Text.
Herausgeber: Bayer Vital GmbH,
CH-Scientific Affairs, Leverkusen.
Konzeption: Apothekerin Brigitte Havertz
Redaktion: Dr. med. Kirsten Westphal
Gestaltung: Atelier 59, Eutin
Druck: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG
DruckMedien, Geldern
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Herausgebers.
© OHV, München
Aspirin® ist eingetragenes Warenzeichen der
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L.DE.COM.CC.10.2016.1239
ASS nach der Darmkrebsdiagnose
erhöht die Überlebenschancen
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