Visuelle Wahrnehmung

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Visuelle Wahrnehmung
DI (FH) Dr. Alexander Berzler
Grundlagen der visuellen Wahrnehmung
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Wie funktioniert der Prozess des Sehens?
‐ Das Licht tritt zunächst durch die Cornea (Hornhaut) ein, durchquert das Kammerwasser, die Pupille, die Linse und den Glaskörper, und fällt dann auf die Netzhaut (Retina) an der Rückseite des Auges
‐ siehe hierzu die schematische Darstellung des Auges:
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Prozess des Sehens: ‐ Die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut reagieren auf das einfallende Licht, welches beim Durchqueren des Glaskörpers leicht gestreut wird, sodass das Bild, welches auf der Netzhaut entsteht, nicht völlig scharf ist. Eine der frühen Funktionen der visuellen Informationsverarbeitung besteht darin, dieses Bild scharf zu stellen ‐ Durch einen photochemischen Prozess wird das Licht in Nervenimpulse bzw. elektrische Signale umgewandelt. Im Auge gibt es zwei verschiedene Typen von Photorezeptoren: (a) Stäbchen und (b) Zapfen. 3
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Prozess des Sehens: ‐ Die Stäbchen benötigen im Vergleich zu den Zapfen weniger Lichtenergie, da sie im Allgemeinen für weniger scharfes Schwarz‐Weiß‐Sehen – wie es etwa nachts oder in einem dunklem Raum erlebt werden kann – zuständig sind. ‐ Die Zapfen hingegen sind für das Farbsehen zuständig und erbringen eine hohe Auflösung und Schärfe. ‐ Eine besonders hohe Dichte an Zapfen befindet sich in der Fovea (auch Gelber Fleck genannt), einem kleinen Bereich der Netzhaut. Wenn ein Objekt fixiert wird, dann bewegen sich die Augen so, dass das Objekt auf die Fovea fällt.
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Prozess des Sehens: ‐ In der Region der Fovea ist für jeden Zapfen eine eigene Ganglionzelle
vorhanden. In der Peripherie des visuellen Feldes, welches für die Erkennung eher globaler Informationen (und des Erkennens von Bewegung) verantwortlich ist, projizieren mehrere hundert Zapfen auf eine Ganglionzelle, was zu einer Verminderung der Sehschärfe führt. ‐ Unsere visuelle Aufmerksamkeit kann auf einige wenige Grad des Sehfeldes fokussiert werden. Dieser Aufmerksamkeitsfokus kann über dem visuellen Feld bewegt werden (durch das Bewegen der Augen und des Kopfes), um ein bedeutungshaltiges Ereignis außerhalb des fovealen Feldes zu verarbeiten.
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Prozess des Sehens: ‐ Im Auge bleibt ein kleiner, rezeptorloser Bereich frei, durch den eine Million Ganglienzellnervenfasern das Auge als Sehnerv verlassen. Dieser Bereich wird auch „blinder Fleck“ genannt, da sich in diesem keine Rezeptoren befinden und wir dadurch an dieser Stelle nichts sehen können.
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‐ Die optischen Nerven beider Augen treffen sich im „Chiasma opticum“.
Die Nerven der nasalen Seite überkreuzen sich und führen zur gegenüberliegenden Seite des Gehirns (im Gegensatz zu den Nerven der Außenseite, welche sich nicht kreuzen). ‐ Die rechten Hälften beider Augen sind somit mit der rechten Gehirnhälfte verbunden. Die Linse des Auges bündelt das Licht so, dass der linke Teil des visuellen Feldes auf die rechte Hälfte jedes Auges fällt. ‐ Informationen über den linken Teil des visuellen Feldes werden somit an die rechte, Informationen über die rechte Seite an die linke Gehirnhälfte übermittelt.
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Räumliche Wahrnehmung: ‐ Bis heute konnte noch nicht vollends geklärt werden, wie die räumliche Wahrnehmung physiologisch abläuft. Ein Indiz dafür ist der Umstand, dass unterschiedliche Erklärungsansätze vorliegen, die versuchen den Wahrnehmungsprozess der zweidimensionalen Abbildung des „dreidimensional Gesehenen“ zu deuten. ‐ Das visuelle System bedient sich für das Schließen auf Entfernung und zum räumlichen Erkennen einer großen Anzahl von Hinweisreizen:
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Räumliche Wahrnehmung ‐ Hinweisreize: ‐ Der Texturgradient: Weiter entfernte Objekte erscheinen dichter gepackt, Obwohl die Abbildung zweidimensional ist, führt die Veränderung in der Textur zum Eindruck von Tiefe (siehe die Abbildung links und in der Mitte), ‐ die Stereopsis (durch die Versetzung der Augen nehmen wir zwei geringfügig differente Bildausschnitte der Welt wahr, dies führt quasi zum 3D‐Sehen), ‐ die Bewegungsparallaxe (weiter entfernte Punkte wandern langsamer über die Netzhaut wie nähere Objekte Beispiel Zugfahrt) und die ‐ Raumfrequenzerklärung (nahe zusammen liegende Streifen haben z.B. eine höhere Raumfrequenz wie weiter auseinander liegende) (vgl. Abb. rechts)
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Objektwahrnehmung ‐ Hinweisreize: ‐ Das Wissen, wo sich Linien und Balken räumlich befinden reicht für eine „vollständige“ Repräsentation der Welt nicht aus. Es muss u.a. auch möglich sein, Linien zu Objekten zu gruppieren, um diese als zusammengehörige Einheit wahrzunehmen. In der unten stehenden Abbildung sind mehrere Objekte zu sehen: Viele Linien verlaufen kreuz und quer, aber dennoch ist es uns möglich „ganze“ Objekte zu sehen:
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Ein Beispiel wie die Wahrnehmung viele unterbrochene Linien zu einem zusammenhängenden Körper arrangiert. 10
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Visuellen Mustererkennung: Eine wichtige Aufgabe des visuellen Sehsystems liegt auch darin, Formen und Objekte, die wahrgenommen werden auch identifizieren zu können. Das ist die Aufgabe der visuellen Mustererkennung. Auch in diesem Bereich sind sich die Forscher noch nicht einig; der Forschungsfokus liegt dabei primär auf der Beantwortung der Frage, wie wir Buchstaben erkennen können. ‐
2 konkurrierende Ansätze:
1. Der Schablonenabgleich: kognitives Abgleichen von gesehen Objekten mit bereits gespeicherten Mustern
2. Merkmalsanalyse : jeder Reiz wird als Kombination elementarer Merkmale angesehen. 11
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Farbwahrnehmung: Über den Grund weshalb sich das menschliche Farbsehen entwickelte,
existiert unter anderem die Vermutung, dass diese zum Zwecke des
Auffindens von Früchten im Wald entwickelt wurde.
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Grundsätzlich haben Farben u.a. die folgenden zwei Funktionen inne:
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die Trennung von Wahrnehmungsfeldern
und die Signalgebung.
Neben dem farblichen Kontrast (z.B. reife und unreife Beeren am Busch) geben Farben auch Hinweise, ob Teile eines Gegenstandes zusammen gehören. 12
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Farbwahrnehmung:
Im Straßenverkehr reagieren wir auf die Signalgebungsfunktion von
Farben. Bestimmte Farben haben bestimmte Bedeutungen. Einige sind
erlernt bzw. kulturell tradiert (übertragen) (wie im Falle der
Verkehrsampel), andere sind angeboren. Als eines der unzähligen
Beispiele reagiert etwa in der Tierwelt ein Rotkehlweibchen auf die rote
Brust des Männchens.
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Weiters können Farben als Zeichen für Gefühle (Furcht: Blässe,
Verlegenheit: Röte im Gesicht) oder als Indikator für den
Gesundheitszustand (Hautfarbe) eines Menschen fungieren.
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Der Mensch ist in der Lage, 200 unterschiedliche Farben mit jeweils bis zu
500 Helligkeits‐ und 20 Sättigungswerten zu unterscheiden. Das
bedeutet, dass das menschliche visuelle Wahrnehmungssystem bis zu
2 Millionen Farbtöne unterscheiden kann.
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Farbwahrnehmung: Von den Rezeptoren in der Retina sind nur die Zapfen in der Lage,
unterschiedliche Farben zu kodieren. Nachtaktive Tiere etwa, welche nur
über Stäbchen verfügen, sehen keine Farben.
Die Zapfen unterscheiden sich dadurch, dass diese jeweils auf bestimmte
Wellenlängen im einfallenden Licht reagieren und diese Frequenzbereiche
besonders stark absorbieren.
Spektralfarben unterscheiden sich in ihrer Wellenlänge (in nm):
Wellenlängen von 400 bis 450 nm erscheinen violett,
450 bis 500 nm blau, 500 bis 570 nm grün,
570 bis 590 nm gelb, 590 bis 620 orange und 620 bis 700 nm rot.
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