Basiswissen Diabetes mellitus Schulungsunterlage www.gesundheit-pflege.at Basiswissen Diabetes mellitus Diese Schulungsunterlage wurde überarbeitet von Prim. Doz. Dr. Mag. Christian-Heinz Anderwald, MBA Inhalt Seite Ursachen und Selbstkontrolle 2 Medikamentöse Therapiemöglichkeiten 5 Insulinschulung 8 Labor- und Kontrollparameter 13 BMI-Berechnung 13 Hypoglykämie 14 Hyperglykämie 17 Fußpflege bei Diabetes 18 Wundmanagement 19 Essen und Trinken bei Diabetes mellitus Typ-2 21 Ursachen und Selbstkontrolle Unter Diabetes mellitus, wörtlich übersetzt „honigsüßer Durchfluss“, versteht man die sogenannte „Zuckerkrankheit“. Gemeint ist, dass sich im Blut soviel Zucker befindet, dass er mit dem Urin ausgeschieden wird. Diese Erkrankung ist bereits seit dem Altertum bekannt. Erst Anfang des vorherigen Jahrhunderts (1909) erkannten die kanadischen Forscher Banting und Best den Stellenwert des Mangels am Hormon Insulin, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird, als Ursache dieser Erkrankung. Diabetes Mellitus Typ-1 und Typ-2 Ungefähr 8 bis 10 % aller Österreicherinnen und Österreicher leiden an Diabetes mellitus, der „Zuckerkrankheit“, wobei ein Gutteil noch nicht diagnostiziert ist. Wir können verschiedene Formen unterscheiden: Diabetes Typ-1: Beginnt zumeist im Kindes- beziehungsweise im Jugendalter. Die insulinproduzierenden Zellen, die sogenannten Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse, werden zerstört. Die Ursache ist eine Autoimmunkrankheit. Krankheitsbeginn ist üblicherweise zwischen dem 1. und 20. Lebensjahr. Diabetes Typ-2: Diabetes mellitus Typ-2 ist eine der häufigsten Volkskankheiten und macht den Großteil der Diabetes-Erkrankungen aus. Durch Fettleibigkeit (Adipositas) kommt es zur Insulinresistenz, das heißt zur verminderten Ansprechbarkeit von Geweben und Organen gegenüber Insulin. Zusätzlich besteht ein Insulin-Ausschüttungsdefekt in qualitativer und quantitativer Weise. Dies wird oft nicht erkannt und die Behandlung zu spät eingeleitet. Der Beginn setzt meistens nach dem 40. Lebensjahr ein. Oft sind schon Spätschäden entstanden (Augen, Niere, Herz-KreislaufSystem). Pankreopriver Diabetes, im Rahmen des sog. Typ-3-Diabetes: Diese Form entsteht durch wiederholte Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Durch diese Entzündungen werden die insulinproduzierenden Beta-Zellen zerstört. Ursache dieser Erkrankung sind zum Großteil Alkoholmissbrauch, aber auch Fettstoffwechselstörungen, vor allem massiv erhöhte Triglyzerid-Werte oder Cortison-Therapien. 2 Das (Kardio-)metabolische Syndrom oder Insulinresistenz-Syndrom Es existieren unterschiedliche Definitionen, in denen die Kombination von Adipositas (Taillenumfang bei Männern > 94 cm, bei Frauen > 80 cm) mit folgenden zentralen Risikofaktoren als metabolisches Syndrom bezeichnet wird. Risikofaktoren: •• Diabetes mellitus, erhöhte Nüchternglukose oder gestörte Glukosetoleranz •• Fettstoffwechselstörung (Triglyzeride oder HDL-Cholesterin ) •• Bluthochdruck oder dessen Behandlung •• Insulinresistenz Es besteht die Gefahr für Herz-Kreislauferkrankungen. Die Therapie ist eine Umstellung der Lebensgewohnheiten auf eine gesunde Lebensweise, regelmäßige Bewegung und das Ausschließen von Risikofaktoren sowie gegebenenfalls auch eine medikamentöse Behandlung. Folgeerscheinungen des Diabetes: Ein über einen längeren Zeitraum bestehender hoher Blutzuckerspiegel führt zu Schädigungen an sämtlichen Gefäßen. Viele Diabetikerinnen und Diabetiker entwickeln demnach ein diabetisches Spätsyndrom. Die häufigsten Spätschäden sind: •Makroangiopathie: Erkrankung der großen arteriellen Blutgefäße, die Atherosklerose mit Herzinfarkt, Schlaganfall und Gefäßver schlüsse zur Folge hat •Mikroangiopathie: Das ist eine Erkrankung der kleinen arteriellen Blutgefäße. Besonders betroffen sind die Augen mit Erblindung (Retinopathie) und die Nieren (Nephropathie). •Polyneuropathie: Schädigung der peripheren Nerven und damit verbundene Sensibilitätsstörungen, Schmerzen in den Extremitä ten und allgemein verminderte Schmerzwahrnehmung •Diabetischer Fuß: Es kommt zu Gewebsuntergang aufgrund von Durchblutungsstörungen oder verminderter Empfindlichkeit von Schmerz als Warnsignal. Am meisten betroffen sind Zehen und Fersen. •Erektile Dysfunktion beim Mann: Potenz ist gestört Therapiemöglichkeiten Diabetes ist wie der Bluthochdruck eine Erkrankung, die viel Disziplin und Selbstkontrolle erfordert, um Spätschäden zu vermeiden. Für die Selbstkontrolle werden Sie natürlich weiter unterrichtet und eingehend eingeschult. Was können Sie selbst tun: •• Blutzuckerwert nahe am Normalbereich halten •• Für normalen Blutdruck sorgen •• Diabetes-Pass führen •• Sich gesund ernähren •• Übergewicht vermeiden oder reduzieren •• Regelmäßige körperliche Aktivität Basiswissen Diabetes mellitus 3 Selbstkontrollen: Vorteile durch Selbstkontrollen: •• Verbesserte Lebensqualität und erhöhte Lebenserwartung •• Weniger Komplikationen •• Reduktion von Spätschäden •• Eigenverantwortung wird gefördert •• Verminderte Krankenhausaufenthalte Arten von Selbstkontrollen: •• Blutzucker (BZ): nüchtern bis 120 mg/dl (6,7 mmol/l) (normal 70 - 100 mg/dl (eine Stunde danach) zwischen 140 - 160 mg/dl (7,8 - 8,9 mmol/l) (3,9 - 5,6 mmol/l)), nach dem Essen •• Regelmäßige Gewichtskontrolle und Abbau von Übergewicht Wer soll Blutzucker messen? Jede Diabetikerin und jeder Diabetiker sollte den Blutzucker kontrollieren. Wann soll getestet werden? Ob Sie nüchtern, vor jeder Mahlzeit, 1 - 2 Stunden nach jeder Mahlzeit oder vor der Nachtruhe messen sollen, hängt von der antidiabetischen Therapie ab. Wie soll getestet werden? Der Test erfolgt mittels Blutstropfen aus der Fingerbeere. Möglichst den seitlichen Rand verwenden. Sie benötigen: Stechgerät inklusive Nadel, Blutzuckertestgerät, Teststreifen Hände waschen (desinfizieren und gut trocknen lassen) Fingerbeere seitlich einstechen Blut in ausreichender Menge auftragen Blutzuckerwert ablesen und im Diabetestagebuch dokumentieren Diät: Die Diät sollte in jeder Diabetesbehandlung einen hohen Stellenwert einnehmen. Dazu gehört eine gesunde Vollwertkost. Diabetikerinnen und Diabetiker müssen speziell auf die Kohlenhydratmenge achten, da gerade diese blutzuckerwirksam sind. Ziel der Diät ist es, Gewicht zu reduzieren (vor allem bei Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetikern). Diabetikerinnen und -Diabetiker mit Insulintherapie müssen hingegen die Kohlenhydratmenge so genau wie möglich berechnen. Dies geschieht in Broteinheiten (BE). Eine BE entspricht etwa 10 - 12 g Kohlenhydraten. Ein normalgewichtiger Erwachsener ohne schwere körperliche Arbeit benötigt etwa 15 - 16 BE pro Tag. Bewegung: Eine regelmäßige und effektive Bewegung fördert den Stoffwechsel. Somit wird die Insulinresistenz im Körper gemindert. Zudem fühlt man sich frischer und verliert zugleich auch an Gewicht. 4 Medikamentöse Therapiemöglichkeiten Orale Antidiabetika Stufenplan der oralen antidiabetischen Therapie des Typ-2-Diabetes: Basistherapie: HbA1c-Zielwert: 6,5 % •• Ernährung •• Gewichtsreduktion Intervention: ≥ 7,0 % •• Tabakverzicht •• Schulung •• Bewegung Zu den am häufigsten verwendeten Diabetesmedikamenten zählen die Sulfonylharnstoffe. Sie lösen eine vermehrte Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse aus. Bei Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetikern sind Sulfonylharnstoffe derzeit etwas umstritten, da sie eventuell eine Stoffwechselstörung bedingt durch Hyperinsulinämie verursachen und somit eine Gewichtsreduktion erschweren. Deshalb werden bedingt Hemmstoffe der Kohlenhydratresorption eingesetzt, die Blutzuckerspitzen nach dem Essen vermeiden und die Insulinwirkung verbessern sollen. Wirkungen von oralen Antidiabetika: •• Biguanide (Metformin): Hemmung der Zuckerproduktion in der Leber •• Sulfonylharnstoffe und Glinide: verstärkte Insulinausschüttung in der Bauchspeicheldrüse •• Alpha-Glukosidase-Inhibitoren: Hemmung der Spaltung von Zweifachzuckern und Aufnahme der Kohlenhydrate im Darm •• Thiazolidindione: Verbesserung der Insulinempfindlichkeit •• Modulatoren der Inkretinwirkung (GLP-1, GIP): DPP-4-Hemmer (Gliptine), GLP-1-Agonisten Therapieoptionen: Insulin, Glitazone, (Metformin) Muskel Insulin, Glitazone Glukoseaufnahme Glukoseverwertung Metformin, Glitazone, Insulin Fettgewebe Leber Lipolyse Freie Fettsäuren Glukoseproduktion der Leber Sulfonylharnstoffe, Glinide Pankreas Ziel Insulin Alpha-Glukosidase-Inhibitoren D arm Kohlenhydrat-Resorption DPP-4-Hemmer, GLP-1-Agonisten Pankreas Wirkung der Inkretine Verbesserte Insulinausschüttung Basiswissen Diabetes mellitus 5 Sulfonylharnstoffe: Wirkung: •• Vermehrte Insulinfreisetzung aus den Betazellen •• Keine klinisch relevanten extrapankreatischen Effekte auf den Glukosestoffwechsel Therapieversagen: •• Ca. 20 % Primärversager •• Jedes Therapiejahr ca. 10 % Sekundärversager Kontraindikationen: •• Typ-1-Diabetes •• Gravidität •• Anamnestische Ketoazidose •• Schwere Nieren- und Lebererkrankungen Sulfonylharnstoff-Analoga (Repaglinid, Nateglinid): Wirkungsweise: •• Vermehrte Insulinfreisetzung aus den Betazellen mit kurzer Wirkung •• Rasche Wirkung zu den Hauptmahlzeiten •• Langfristige Beeinflussung von Morbidität und Mortalität ist bisher nicht untersucht Alpha-Glukosidase-Hemmer (Acarbose, Miglitol): Wirkung: •• Senkung der postprandialen Hyperglykämie Nebenwirkungen: •• Flatulenz, Tenesmen, Diarrhoe, Maldigestion •• Ca. 30 % der Acarbosemetabolite werden resorbiert •• Langzeiteffekte auf die Darmflora sind bisher nicht untersucht Kontraindikatoren: •• Chronische Darmerkrankungen •• Darmulcera •• Hernien •• Schwere Lebererkrankungen Modulatoren der Inkretinwirkung (GLP-1, GIP): GLP-1-Analoga: DPP-4-Hemmer: Exenatide, Liraglutide Sitagliptin, Vildagliptin, Saxagliptin, Linagliptin Wirkung: •• Vermehrte Insulinfreisetzung aus den Betazellen bei Hyperglykämie durch GLP-1-Effekt Wirkung: •• Verlängerung der körpereigenen GLP-1-Wirkung durch Hemmung des abbauenden Enzyms, der Dipeptidyl Peptidase-4 (DPP-4) Nebenwirkungen (GLP-1-Analoga, DPP-4-Hemmer): •Magen-Darmerscheinungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall •Pankreatitis •Schwindel, zentralnervöse Störungen Kontraindikationen (GLP-1-Analoga, DPP-4-Hemmer): •Schwere Niereninsuffizienz •Typ-1-Diabetes •Dekompensierte Leberzirrhose •Schwangerschaft 6 Metformin: Wirkung (Auswahl): •• Hemmung der hepatischen Glukoseproduktion •• Steigerung der peripheren Glukoseutilisation Nebenwirkungen (Auswahl): •• Gastrointestinale Störungen (5 bis 20 % bei Behandlungsbeginn) •• Laktazidose insbesondere bei eingeschänkter Nierenfunktion (selten, aber eine Letalität von 50 %) Indikation: In der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) wurde Metformin bei adipösen, jüngeren Typ-2Diabetikerinnen und -Diabetikern unter strikter Einhaltung der Kontraindikationen erfolgreich eingesetzt (Verminderung der diabetesbezogenen Todesfälle). Bei Kombination von Metformin mit Sulfonylharnstoffen war die Mortalität erhöht. Kontraindikationen (Glucophage, Diabetex, Meglucon): •• Azidose, Präkoma, hyperosmolares Koma •• (Schwere) Einschränkung der Leber- und Nierenfunktion (Krea > 1,3 - 1,5 mg/dl; mittelgradig) •• Schwere kardiovaskuläre Funktionseinschränkung •• Respiratorische Insuffizienz •• Schwere Infekte •• Katabole Zustände, z. B. Operationen mit Allgemeinanästhesie •• Röntgenuntersuchungen mit intravenösen Kontrastmitteln •• Reduktionsdiät (< 1000 kcal/die) •• Alkoholismus •• Geplante oder bestehende Schwangerschaft oder Stillperiode Quelle: Bundesanzeiger 9/94 Achtung: Die normale Nierenfunktion muss gesichert sein. Während der Therapie muss mindestens zweimal pro Jahr eine Serumkreatininbestimmung durchgeführt werden, bei interkurrenten Infekten auch öfter! Bei älteren Patientinnen und Patienten ist die Kreatinin-Clearance wichtig. Jährliche Blutbildkontrollen sollen stattfinden. Bei Leberfunktionsstörungen ist besondere Vorsicht geboten, da die Laktat-Clearance eingeschränkt sein kann. Bei Röntgenuntersuchungen mit intravenösen Kontrastmitteln sowie bei geplanten Operation mit Allgemeinanästhesie muss zwei Tage vorher die Behandlung mit Metformin abgesetzt und darf erst zwei Tage nachher wieder begonnen werden. Die Einnahme von Alkohol während der Therapie mit Metformin sollte unterlassen werden. Thiazolidindione („Glitazone“): Quelle: Wirkstoff aktuell der KBV 2001 Wirkungsweise: Glitazone aktivieren den nukleären PPAR-Gamma (peroxisomal proliferator activated receptor gamma), ein Rezeptor, der überwiegend im Fettgewebe exprimiert wird. Die Insulinwirkung wird verbessert, indem die Transkription von Genen der Adipozyten-Differenzierung sowie des Lipid- und Glukose-Metabolismus gesteigert wird. Die Insulinresistenz wird reduziert. Die Blutglukose-Konzentrationen gehen zusammen mit der Konzentration des zirkulierenden Insulins zurück. Nebenwirkungen: •• Mögliche Hepatotoxizität, daher ist ein Monitoring der Leberwerte wichtig •• Herzinsuffizienz •• Cave: Flüssigkeitsretention mit Ödembildung bei gleichzeitiger Gabe von nicht-steroidalen Antiphlogistika •• Gewichtszunahme •• Osteoporose, Frakturneigung (insbesondere Frauen) •• Erhöhte Morbidität von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz •• Möglicherweise vermehrte Harnblasenkarzinome Kontraindikationen: •• Lebererkrankungen •• Alle Grade der Herzinsuffizienz •• Hämaturie Basiswissen Diabetes mellitus 7 Insulinschulung B asis Verzögerungsinsulin Grundversorgung 40 - 50 % Getrennter Einsatz Insulingabe ist bei allen Diabetikerinnen und Diabetikern des Typs-1 und einem Teil des Typs-2 erforderlich. Insulin muss parenteral verabreicht werden, das heißt unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes, da es sonst von Verdauungsenzymen abgebaut wird. Insulin wird in der Regel subkutan, also unter die Haut, gespritzt. Es wird hierbei in IE (Internationale Einheiten) gemessen. Eine IE enthält etwa 0,05 mg Insulin. Eine IE Insulin senkt den Blutzuckerspiegel um etwa 30 - 50 mg/dl. Je nach Schweregrad wird bis zu dreimal täglich Insulin gespritzt. Es gibt so genannte Insulinpumpen, die kontinuierlich Insulin in den Körper verabreichen. B olus ∕ Normal-kurzwirkendes insulinAnaloginsulin Essens- Blutzuckerinsulin Korrektur 60 - 50 % Insulinarten 3h 6h 12 h 14 h 24 h Kurzzeit-Insulin-Analogon: Die Wirkung setzt unmittelbar nach dem Spritzen ein und hält 2 bis 3 Stunden an. Aussehen: klare Flüssigkeit Produkte: Novo Rapid, Humalog, Apidra Normalinsulin (kurzwirksames Insulin oder Altinsulin): Der Wirkeintritt erfolgt nach 30 Minuten, die Wirkdauer beträgt 4 bis 6 Stunden. Aussehen: klare Flüssigkeit (immer) Produkte: Actrapid, Lilly Normal, Insuman Rapid Mischinsulin (Kombinationinsulin): Mischinsuline wirken nach ca. 10 Minuten, ihre Wirkung hält 10 bis 12 Stunden an. Aussehen: milchig trübe Flüssigkeit Mischungen aus Kurzzeit-Analogon und Verzögerungsinsulin: Humalog Mix, Novo Mix Verzögerungsinsulin (Langzeitinsulin): Der Wirkeintritt erfolgt erst nach einer Stunde, dafür beträgt die Wirkdauer 12 bis 14 Stunden. Das Insulin ist an einen Verzögerungsstoff gebunden, dieser setzt sich nach längerem Stehenlassen am Boden des Fläschchens oder der Ampulle ab. Vor Gebrauch muss es unbedingt gemischt werden. Aussehen: milchig trübe Flüssigkeit (wenn gut vermischt) Produkte: Insuman basal, Insulatard, Lilly basal Langzeit Insulinanalogon: Die Wirkung tritt nach 2 Stunden ein und hält fast 24 Stunden an. Aussehen: klare Flüssigkeit Produkte: Lantus, Levemir 8 Normalinsulin:Kurzwirkendes Insulinanalogon: Blutzucker-Korrektur:Blutzucker-Korrektur: Allgemein gilt: Zielbereich z. B. 100 mg/dl (5,6 mmol/l), 1 IE senkt um 30 - 50 mg/dl (1,7 - 2,8 mmol/l) Essen: Zwischenmahlzeiten können zur Hauptmahlzeit hinzugerechnet werden. Essen: Für Zwischenmahlzeiten müssen Sie extra spritzen. Korrektur des Blutzuckers: Ist frühestens 4 Stunden nach dem letzten Bolus möglich. Korrektur des Blutzuckers: Ist frühestens 2 bis 3 Stunden nach dem letzten Bolus möglich. Das Blutzucker-Therapieziel wird vor den Hauptmahlzeiten individuell vereinbart: 100 - 120 mg/dl(5,6 - 6,7 mmol/l) im Normalfall 120 - 160 mg/dl(6,7 - 8,9 mmol/l) bei häufigen Unterzuckerungen und/oder schlechter Unterzuckerungswahrnehmung, vorübergehend bei akuten Augenkomplikationen vor dem Schlafengehen (Ausnahme: Schwangerschaft, Pumpentherapie) 120 mg/dl (6,7 mmol/l) Spritz-Ess-Abstand (SEA): BZ vor dem Essen Empfohlener SEA < 60 mg/dl (3,3 mmol/l) 2 - 4 Scheiben Traubenzucker essen, sofort die geplante Mahlzeit essen und nach dem Essen spritzen 60 - 80 mg/dl (3,3 - 4,4 mmol/l) 1 - 2 Scheiben Traubenzucker essen, sofort die geplante Mahlzeit essen und nach dem Essen spritzen 80 - 250 mg/dl (4,4 - 13,9 mmol/l) Spritzen und essen Ca. 15 Minuten warten > 250 mg/dl (13,9 mmol/l) Basiswissen Diabetes mellitus 9 Wohin wird das Insulin gespritzt? Am Besten wird Insulin in das Unterhautfettgewebe gespritzt, also subkutan. In Ausnahmesituationen kann Insulin auch in den Muskel (intramuskulär) gespritzt werden. Dadurch wirkt es schneller. In die Vene, also intravenös, darf ausschließlich die Ärztin bzw. der Arzt spritzen. Geeignete Spritzstellen: Oberarm: Insulinwirkung: mittelschnell Achtung: Nicht in den Muskel spritzen! Bauch: Insulinwirkung: am schnellsten Achtung: Nicht unmittelbar neben den Nabel spritzen! Oberschenkel: Insulinwirkung: am langsamsten Hüfte: Insulinwirkung: langsam (durch das subkutane Fettgewebe) Wichtige Hinweise zu den Spritzstellen: •• Spritzstellen bei jeder Injektion wechseln. Wird eine Stelle häufig verwendet kann es zu Verhärtungen und zur Bildung von Fettgewebe kommen. Dadurch kann das Insulin nur langsamer und nicht vollständig aufgenommen werden. •• Nie in Narben, Krampfadern oder blaue Flecken spritzen. •• Wärme beschleunigt die Insulinaufnahme, Kälte verzögert die Aufnahme. Bei der konventionellen Insulintherapie spritzt die Patientin oder der Patient zweimal täglich ein Mischinsulin, bei der intensivierten Insulintherapie dreimal pro Tag. Der Nachteil daran ist jedoch, dass dies einen starren Tagesund Essablauf mit sich bringt. Deshalb wählen viele Diabetikerinnen und -Diabetiker eine Insulintherapie nach dem Basis-Bolus-Konzept (auch „funktionelle Insulintherapie (FIT)“ genannt). Hierbei wird ein- bis zweimal täglich ein langwirkendes Insulin und zusätzlich vor jeder Mahlzeit, je nach Glukose-Wert, eine bestimmte Menge an kurzwirksamem Insulin im Verhältnis zu den einzunehmenden Broteinheiten verabreicht. 10 mmol/l mg/dl Morgens hohe Blutzucker-Werte? 140 7,8 100 5,6 60 3,3 22:00 03:00 07:00 22:00 03:00 07:00 22:00 03:00 07:00 — Gegenregulation (selten): Blutzuckeranstieg nach einer Unterzuckerung — Zu wenig Verzögerungsinsulin — Dawn-Phänomen: Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden Was tun? •• Verzögerungsinsulin (VI) um 10 % verringern Was tun? •• VI um 10 % erhöhen Was tun? •• VI abends später spritzen (23:00, 24:00 Uhr) •• morgendl. VI-Menge früher spritzen (z. B. 5:00 Uhr) •• Normalinsulin oder kurzwir kendes Analoginsulin spritzen (z. B. 5:00 Uhr) •• VI um 10 % erhöhen, zusätz lich 1 - 2 BE essen •• VI wechseln (anderes langwir kendes Insulin) •• Insulinpumpentherapie Flug mit Zeitverschiebung bei Therapie mit zweimal NPH-Insulin: Flugzeit: 8 Stunden New York Hamburg Hamburg New York Basis 07:00 morgens Basis 07:00 morgens 01:00 13:00 Flug Basis mehrer Boli oder kleine VI-Dosis Abflug 13:00 07:00 19:00 13:00 21:00 15:00 Abflug 04:00 22:00 18:00 19:00 00:00 01:00 01:00 02:00 07:00 08:00 Ankunft Basis abends Ankunft Basis abends Basiswissen Diabetes mellitus 11 Infekt mit Fieber Ketone im Harn testen. Ist der Keton-Wert negativ, beachten Sie folgende Punkte. Was tun? •• VI morgens, mittags und abends um 10 - 20 % erhöhen •• Alle BE-Faktoren um 0,5 erhöhen •• Korrekturregel verschärfen z. B. von 50 auf 40 mg/dl (2,8 auf 2,2 mmol/l) pro IE Insulin •• Alle vier Stunden den Blutzucker messen Bei einer Besserung nicht vergessen, die Insulinmengen wieder zu vermindern. Stoffwechselentgleisung – Ketoazidose Bei Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und/oder Blutzucker > 350 - 400 mg/dl (19,4 - 22,2 mmol/l) Keton testen (Harn) Keton ++ bis +++ Arzt informieren Holen Sie sich Hilfe! Sie dürfen nicht einschlafen. Keton negativ Blutzucker-Korrektur je nach kurzwirkendem Insulin, drei bzw. vier Stunden nach dem letzten Bolus Sofort 20 % der gesamten Tagesinsulinmenge in Form von kurzwirkendem Insulin spritzen, viel Wasser trinken, nach 2 h den Blutzucker messen. Blutzucker erneut über 240 mg/dl (13,3 mmol/l) und Keton ++ bis +++: Erneut 20 % der gesamten Tagesinsulinmenge in Form von kurzwirkendem Insulin spritzen, viel Wasser trinken, nach 2 h den Blutzucker messen. Blutzucker unter 240 mg/dl (13,3 mmol/l) und Keton ++ bis +++: 10 % der gesamten Tagesinsulinmenge in Form von kurzwirkendem Insulin spritzen, viel Wasser trinken, nach 2 h den Blutzucker messen. Blutzucker unter 180 mg/dl (10,0 mmol/l) und Keton 0 bis +: Jetzt kein zusätzliches Insulin mehr spritzen, weiter viel Wasser trinken, 2 BE essen (günstig ist eine Banane), da der Blutzucker noch weiter sinkt (Hypoglykämiegefahr), nach 2 h den Blutzucker messen Erforschen Sie die Ursache Ihrer Entgleisung! 12 Labor- und Kontrollparameter Blutzucker Normalwerte bei Erwachsenen und Jugendlichen: Nüchtern: 80 - 110 mg/dl (4,4 - 6,1 mmol/l) Nach dem Essen: ≤ 140 - 160 mg/dl (7,8 - 8,9 mmol/l) Quelle: Diabetes Care 25 (2): 275-278, 2002 HbA1c HbA1c: (%) HbA1c: (mmol/mol) 4 20,2 5 31,1 100 6 42,1 135 7 53,0 170 8 63,9 205 9 74,9 240 10 85,8 275 11 96,7 310 12 107,7 345 HbA1c ist eine Form des Hämoglobins, also des roten Blutfarbstoffes, an den Glukose gebunden ist. Der HbA1c-Wert ist das „Blutzuckergedächtnis“ über ca. drei Monate. Er ist eine Verbindung von Glukose und Hämoglobin. Der Wert verändert sich unter anderem durch die Blutzuckerkonzentration im Blut und durch den Abbau der roten Blutkörperchen. Mittlerer Blutzucker: (mg/dl) 65 Bei Cholesterin-Normalwerten Blutdruck Die Messung erfolgt indirekt über eine Blutdruckmanschette entweder manuell oder automatisch mittels eines digitalen Gerätes. Der obere Wert wird Systole genannt, der untere Diastole. Blutdruckwerte: Hochnormal: 140/90 mmHg Normal: 130/85 mmHg Optimal: 120/80 mmHg BMI Kategorie: Untergewicht Der BMI ist eine international anerkannte Maßeinheit, mit der sich das Körpergewicht individuell bewerten lässt. Berechnung: BMI = Körpergewicht in kg (Körpergröße in m)2 Basiswissen Diabetes mellitus BMI (kg/m²): < 18,5 Normalgewicht 18,5 - 24,9 Übergewicht 25,0 - 29,9 Adipositas Grad I 30,0 - 34,9 Adipositas Grad II 35,0 - 40,0 Adipositas Grad III > 40,0 13 Hypoglykämie Definition Von einer Hypoglykämie spricht man, wenn der gemessene Blutzuckerwert unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) liegt. Manche Diabetikerinnen und Diabetiker bemerken ihre Unterzuckerung aber auch schon, wenn der Blutzucker noch höher, z. B. bei ca. 80 - 90 mg/dl (4,4 - 5,0 mmol/l) liegt. Warnzeichen kündigen diesen Mangelzustand an. Bei lange bestehendem Diabetes sind diese Warnzeichen schwächer ausgebildet und können sogar ganz ausfallen. Deshalb sollte jede bzw. jeder lernen, einen Mangelzustand zu erkennen. Ursachen Bei jeder Unterzuckerung des Körpers ist es wichtig, nach der Ursache zu suchen, um eine weitere Unterzuckerung vermeiden zu können. Es kommt jedoch häufig vor, dass die Ursachen einer Hypoglykämie nicht gefunden werden. Daher empfiehlt es sich die Blutzuckerwerte aufzuschreiben und so zu kontrollieren. Häufige Ursachen: Zu viel Insulin Verwechslung verschiedener Insulinarten untereinander Insulin nicht richtig durchmischt (Misch-, Verzögerungsinsulin) Beschleunigte Insulinaufnahme durch: •Warmes Bad •Spritzen in Muskelgewebe •Massieren der Spritzstelle ... Zu hohe Dosis von Zuckertabletten (welche die Insulinproduktion anregen): •Doppelte Einnahme bzw. zusätzliche Tabletteneinnahme •Veränderte Dosis durch stärkere Gewichtsabnahme •Wechselwirkung zu anderen Medikamenten (z. B. Schmerzmedikamente ...) Außergewöhnliche körperliche Bewegung oder Sport Zu wenige Kohlenhydrate: •Zu langer Spritz-Ess-Abstand •Zu wenige BE‘s gegessen •Falsche Schätzung der BE‘s •Zwischenmahlzeiten ausgelassen •Erbrechen und/oder Durchfall Fasten Übermäßiger Alkoholkonsum 14 Symptome Die Anzeichen einer Unterzuckerung sind wie bei der Hyperglykämie (zu viel Zucker) sehr individuell. Die Liste gibt Ihnen nur einen kurzen Überblick. •• Hungergefühl, Heißhunger •Herzklopfen •• Zittrige Hände, weiche Knie •Schweißausbrüche (kalter Schweiß) •• Blasses Gesicht und blasse Haut •Ungenauer Gang •• Kribbeln der Lippen •Gedächtnisstörungen •• Kopfschmerzen •Abewesendes Verhalten •• Sehstörungen, z. B. verschwommenes Sehen •Nervosität und Unruhe •• Sprachstörungen •Aggressivität, Traurigkeit, Euphorie Achtung: Bei den ersten Anzeichen müssen Sie reagieren! Wichtig: Erst essen, dann messen. SofortmaSSnahmen Liegt eine Hypoglykämie vor nehmen Sie sofort ein bis zwei rasch wirkende Broteinheiten zu sich! Rasch wirkende BE‘s:Ungeeignete BE‘s: •• Traubenzucker •Schokolade, Süßigkeiten •• Fruchtsaft (Orangensaft, Apfelsaft ...) •Vollkornprodukte •• Coca Cola, Fanta ... •Milch und Milchprodukte •• Haushaltzucker (Rohrzucker) •Fettreiche Nahrungsmittel (Wurstsemmel, Butterbrot ...) •• Honig •Produkte für Diabetikerinnen und Diabetiker •• Sirup •Diätlimonaden und „Light“-Getränke •• Flüssigzucker •• Datteln Nächste Schritte: 1 bis 2 mittellangsam wirkende Broteinheiten verhindert einen weiteren Abfall des Blutzuckers. Mittellangsam wirkende BE‘s: •• Weißbrot •• Semmel •• Zwieback •• Obst und Kompotte MaSSnahmen bei Bewusstlosigkeit: 1.) Ruhe bewahren! 2.) Umgehend ärztliche Hilfe anfordern! Sind Sie als Ersthelferin oder -helfer alleine, kümmern Sie sich zuerst um die ohnmächtige Person. Versuchen Sie sich weitere Helfer zu holen, indem Sie um Hilfe rufen. 3.) Atemwege der Patientin bzw. des Patienten freimachen. 4.) Patientin bzw. Patienten in stabile Seitenlage bringen. 5.) Gut informierte und geschulte Angehörige können der Patientin bzw. dem Patienten Glukagon (z. B. GlucaGen®) unter die Haut spritzen. Glukagon ist ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel erhöht, indem es Reserven aus der Leber freisetzt. Achtung: Bei Bewusstlosigkeit darf nichts eingeflößt und kein Traubenzucker in die Wangentasche gelegt werden. Es besteht Erstickungsgefahr durch den fehlenden Schluckreflex. Basiswissen Diabetes mellitus 15 Bewusstsein prüfen: Laut ansprechen, anfassen, schütteln Atmung prüfen: Atemwege freimachen, Kopf nackenwärts beugen, Unterkiefer anheben, sehen, hören, fühlen Atmung feststellbar? Person ansprechbar? Nein Stabile Seitenlage: Ellbogen und Knie bilden ein Dreieck, Körper in Seitenlage drehen, Kopf nackenwärts, Gesicht Richtung Boden, Mund öffnen Ja Notruf 144 (Ö) / 112 (EU): Wo ist der Notfallort? Was ist passiert? Wieviele Personen sind betroffen? Wer ruft an? Bewusstsein und Atmung überwachen. Vermeiden Insulin: •• Genaue Dosierung beachten! •• Korrektur mit Normalinsulin erst nach 4 Stunden bzw. bei Humalog und NovoRapid nach 2 bis 3 Stunden •• Gutes Durchmischen von Misch- und Verzögerungsinsulin •• Achtung bei verändertem Insulinbedarf (Bewegung, Gewichtsabnahme, Krankheit ...) Zuckertabletten (welche die Insulinproduktion anregen): •• Dosierung einhalten •• Einnahme nicht willkürlich erhöhen Körperliche Bewegung und Sport Kohlenhydrate: •• Lange Spritz-Ess-Abstände vermeiden! •• Mahlzeiten mit Tabletteneinnahme / Insulintherapie abstimmen Alkohol: Übermäßigen Alkoholkonsum sollen Sie meiden, insbesondere hochprozentige Spirituosen. Generell soll Alkohol nur zu den Mahlzeiten getrunken werden und das in Maßen! Was muss ich immer griffbereit haben? Als Diabetikerin oder Diabetiker müssen Sie immer damit rechnen, eine Unterzuckerung zu bekommen. Deshalb sollten Sie in jeder Lebenslage ausreichende Mengen an schnell verwertbaren Kohlenhydraten griffbereit haben. Blutzuckermessgerät: Kontrollieren Sie regelmäßig Ihren Blutzucker, nur so können Sie lernen, Ihre Blutzuckerreaktion richtig einzuschätzen. Traubenzucker: Tragen Sie stets Würfelzucker, Traubenzucker oder Zuckergel mit sich. Angehörige informieren: Informieren Sie Ihre Angehörigen über Diabetes, über Hypoglykämie-Symptome und darüber, was im Falle einer Hypoglykämie zu tun ist. 16 Hyperglykämie Definition HYPER GLYC ÄMIE = zuviel Zucker im Blut Eine Hyperglycämie beruht auf Insulinmangel und/oder Insulinresistenz. Sie besteht immer dann, wenn der Blutzucker die festgesetzten Zielwerte wesentlich übersteigt. Eine hyperglykämische Stoffwechselentgleisung kann dann vorliegen, wenn Blutzuckerwerte über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) mehrfach überschritten werden. Ursachen Weniger Bewegung als üblich / gewohnt Zu geringe Tablettendosis Vergessen blutzuckersenkende Tabletten einzunehmen Unregelmäßige Tabletteneinnahme Zu wenig Insulin: •• Zu wenig Insulin gespritzt (zu wenige IE eingestellt) •• Vergessen das Insulin zu spritzen •• Keine Korrektur gesetzt bei erhöhtem Wert •• Unwirksames Insulin durch falsche Lagerung (Wärme, Kälte) •• Gesteigerter Bedarf – Abnahme der Eigeninsulinproduktion •• Erhöhter Bedarf bei Krankheit, Infekte, Entzündungen Medikamenteneinnahme mit Blutzucker erhöhender Nebenwirkung: •• Cortison •• Blutdrucktabletten •• Hormontabletten ... Gewichtszunahme Stress und Ärger Pen ist kaputt, Blutzuckermessgerät zeigt falsche Werte Symptome •• Starkes Durstgefühl und trockener Mund •Sehstörungen •• Trockene Haut, rotes Gesicht •Schwächeanfall •• Übelkeit, Erbrechen •Vermehrter Harndrang (Polyurie) •• Bauchschmerzen •Juckreiz auf der Haut •• Abgeschlagenheit •Chronische Infektionen •• Konzentrationsschwierigkeiten •• Verwirrung Die Symptome können bis zum hyperglykämischen Koma führen. Kennzeichen hierfür sind tiefe Bewusstlosigkeit, Kussmaulatmung und ein Blutzuckerwert von zumindest 300 mg/dl (16,7 mmol/l). Basiswissen Diabetes mellitus 17 SofortmaSSnahmen •• Ärztin oder Arzt verständigen •• Blutzuckerkontrolle •• Vitalfunktionen überprüfen (Blutdruck, Puls, Temperatur) •• Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage •• Bei Ansprechbarkeit: Flüssigkeit geben FuSSpflege bei Diabetes Unsere Füße tragen uns täglich mehrere Kilometer. Somit zählen sie zu den wichtigsten Körperteilen, die wir besitzen. Dennoch werden sie oft auch sehr vernachlässigt. Gerade bei Diabetikerinnen und Diabetikern ist es sehr wichtig, auf die Füße zu achten und sie ausreichend zu pflegen. Bei langjährig schlecht eingestelltem Diabetes kommt es zu Schädigungen an Gefäßen und Nerven. Dadurch ergeben sich speziell an den Füßen oft irreversible Schäden. Verletzungen werden durch die verminderte Schmerzwahrnehmung oft nicht oder zu spät erkannt. Durch mangelnde Produktion an Fußschweiß kommt es zur Austrocknung der Haut an der Fußsohle. Die Haut wird rissig und anfälliger für Wunden. Tipps für gesunde FüSSe Waschen Sie Ihre Füße täglich ca. 5 Minuten in warmem Wasser (ca. 30° C). Überprüfen Sie die Temperatur mittels einem Thermometer, da durch die Nervenschädigung die Temperaturwahrnehmung beeinträchtigt sein kann. Benutzen Sie eine milde Seife, spülen Sie die Seife gründlich ab und trocknen Sie die Füße sorgfältig, besonders zwischen den Zehen, mit einem weichen Handtuch ab. Untersuchen Sie dabei die Füße auf Hautveränderungen und Verletzungen, nehmen Sie für die Fußsohle gegebenenfalls einen Spiegel zu Hilfe. Die Pflege Ihrer Füße gehört in professionelle Hände! Pediküre bzw. medizinische Fußpflege ist das Richtige. Schützen Sie Ihre FüSSe: Schutz vor Wunden: •• Verwenden Sie keine scharfen Werkzeuge, keine Scheren, auch keine Hornhaut- oder Hühneraugensalben. •• Laufen Sie nicht barfuß! Die Gefahr von Verletzungen ist zu groß. Schutz vor Verbrennungen: •• Schützen Sie Ihre Füße vor heißem Sand und Sonnenbrand. •• Benutzen Sie nie eine Wärmflasche oder ein Heizkissen, um die Füße zu wärmen. Es besteht die Gefahr, dass Sie die Temperatur nicht richtig wahrnehmen und es könnte zu Verbrennungen kommen. Frühzeitige Behandlung: •• Zeigen Sie auch jede kleinste Veränderung oder Verletzung Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Ideales Schuhwerk und Strümpfe: Socken: •• Tragen Sie nach Möglichkeit Socken aus Materialien, die Ihre Haut atmen lassen (Wolle, Baumwolle, Seide). •• Wechseln Sie Strümpfe täglich! Schuhe: •• Achten Sie darauf, dass der Schuh nirgends drückt. Prüfen Sie mit der Hand, ob die Innenflächen des Schuhs glatt sind. •• Auch die alten Schuhe sollten vor dem Anziehen durch die Fingerspitzen auf Unebenheiten untersucht werden. •• Bei besonders gefährdeten Füßen gibt es die Möglichkeit einen Spezialschuh für Diabetikerinnen und Diabetiker anfertigen zu lassen. Fragen Sie Ihre Ärztin bzw. Ihren Arzt. 18 Wundmanagement Einfluss der Ernährung auf Chronische Wunden Die Wundheilung erfordert eine ausreichende Energieund Nährstoffversorgung. Voraussetzungen für ein optimales Abheilen chronischer Wunden sind die Behandlung der Grunderkrankung, die gute lokale Wundversorgung und ein guter Ernährungszustand der Patientin oder des Patienten. Liegt ein schlechter Ernährungszustand vor, so können Reinigungs- und Abwehrprozesse, sowie die Gefäßneubildung und die Gewebeaufbauprozesse bedeutend beeinträchtigt sein. Energie: Energie spielt eine wichtige Rolle in der Wundheilung. Sämtliche Aufbauprozesse erfordern Energie. Mangelnde Energie hat Wundheilungsstörungen zur Folge. Wichtige Energielieferanten sind Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Kohlenhydrate: Kohlenhydrate liefern Glukose. Diese wird genutzt, um Zellenergie in Form von ATP zu gewinnen. Sind zu wenig Kohlenhydrate vorhanden, so wird Glycerin, Milchsäure und Muskelprotein genutzt, um Glukose neu zu synthetisieren. Dies führt zum Proteinabbau und somit zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes und einer verlangsamten Wundheilung. Bei länger bestehender Hyperglykämie entsteht eine Verschlechterung der Wundheilung, nicht zuletzt durch die hohe Glukose-Konzentration im Wundsekret, das ein Nährmedium für Bakterien ist. Proteine: Proteine und Aminosäuren sind für eine optimale Wundheilung von entscheidender Bedeutung. Eine unzureichende Protein-Versorgung führt zu reduzierter Fibroblastenaktivität, verminderter Kollagensynthese, verzögerter Angiogenese und geschwächter Immunabwehr. Durch Verletzungen und starker Exsudation (Ausschwitzung) der Wunde kommt es zu Proteinverlusten. Aminosäuren: Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. Für die Wundheilung wichtige Aminosäuren sind Arginin und Glutamin, sie fördern die Immunabwehr und dienen als Energiequelle. Fett: Fett ist ein wichtiger Energielieferant. Wasser: Für eine normale Zellfunktion ist eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Flüssigkeit wichtig. Durch Wunddrainage kann es zu größeren Flüssigkeitsverlusten kommen. Über Getränke sollten pro Tag mindestens 2 Liter Wasser aufgenommen werden. Mikronährstoffe: Verschiedene Vitamine und Mineralstoffe sind für eine optimale Wundheilung von Bedeutung. •• Wichtige Vitamine: Vitamin C, A, E, K, Vitamin-B-Komplex, D, H •• Wichtige Mineralstoffe: Eisen, Kupfer, Selen, Zink, Magnesium, Mangan Basiswissen Diabetes mellitus 19 Chronisch stagnierende Wunden Definition: Von einer chronisch stagnierenden Wunde wird gesprochen, wenn es über einen Zeitraum von 4 bis 6 Wochen zu keinem Fortschritt im Heilungsprozess kommt. Diese Stagnation wird ausgelöst durch eine Mangelversorgung des Gewebes. Besonderheiten: Ungleichgewicht im Wundmilieu Proteasegehalt im Exsudat (entzündliche Absonderung) steigt überproportional an: Proteasen sind Enzyme, die andere Enzyme, Proteine und Polypeptide hydrolytisch abbauen können. Überschüssige Proteasen richten sich gegen den Selbstheilungsprozess des Organismus: •• Bauen neu gebildetes Gewebe ab •• Verhindern so das Abheilen der Wunde •• Es kommt zum Abbau positiver Wundheilungsfaktoren Kollagen: Es ist das bedeutendstes Protein der menschlichen Haut. Kollagenfasern stützen und stärken das Bindegewebe. Bei einem Defekt erfolgt die Reparatur mit körpereigenem Kollagen. Das Wirkprinzip: Der Organismus nützt die Gerüsteigenschaften des Kollagens. In allen Phasen des Heilungsprozesses werden zahlreiche physiologische Funktionen unterstützt. Alginate in Verbandsmaterialien fördern aktiv den Wundheilungsvorgang, insbesondere bei stagnierenden Wunden. 20 Essen und Trinken bei Diabetes Mellitus Typ-2 Die Behandlung von Diabetes mellitus beruht auf drei Säulen: •• Ernährung •• Bewegung •• Medikamente / Insulin Besonders wichtig bei der Diabetes-Therapie sind regelmäßige Kontrollen um evtuelle Spätschäden (Gefäße, Herz, Nieren, Augen, Nerven) möglichst hintan zu halten bzw. rechtzeitig behandeln zu können. Ernährungsempfehlungen bei Diabetes mellitus Wie für den gesunden Menschen wird auch für Diabetikerinnen und Diabetiker eine ausgewogene und abwechslungsreiche Mischkost empfohlen. Zusätzlich sind für Personen, die an Diabetes erkrankt sind, folgende Punkte wichtig. 1.) Gewichtsreduktion: Bei bestehendem Übergewicht sollte das Abnehmen im Vordergrund stehen. Dadurch kann Insulin wieder besser wirken und die Blutzuckerwerte verbessern sich. Schon bei einer Gewichtsreduktion von 10 % werden deutliche Erfolge spürbar. Eine langsame, aber dauerhafte Reduktion von Gewicht ist von großer Bedeutung. Dazu ist eine Ernährungsumstellung und regelmäßige Bewegung unerlässlich. Besonderes Augenmerk gilt dabei einem sparsamen Umgang mit Fett: •• 2 EL Streichfett in Form von Butter oder Margarine pro Tag •• 2 EL Kochfett in Form von hochwertigem Pflanzenöl pro Tag •• Fettarme Zubereitungsmethoden •• Fettarme Milch und Milchprodukte •• Fettarmes Fleisch und wenig magere Wurst 2.) Mahlzeitenverteilung: Für Diabetikerinnen und Diabetiker ist wichtig, nur drei Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. 3.) Ballaststoffe: Ballaststoffe sorgen für eine lang anhaltende Sättigung und sind in der Lage, den Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit zu verzögern. Ballaststoffreiche Lebensmittel sind: Vollkornprodukte, Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst ... 4.) Getränke: Bei Getränken ist es besonders wichtig, dass diese keinen Zucker enthalten. Zucker aus Getränken geht besonders schnell ins Blut über und führt zu Blutzuckerspitzen. Auch Fruchtsäfte sind für Diabetikerinnen und Diabetiker nur bedingt geeignet, da auch in ungezuckerten oder „light“ Säften Fruchtzucker vorhanden ist, der von der Leber in Glukose umgewandelt werden kann. Gut geeignet sind Wasser, Mineralwasser, Tees eventuell mit Süßstoff und sehr stark verdünnte Fruchtsäfte oder ähnliches. 5.) Zucker: Mehlspeisen sind bei gut eingestellten Blutzuckerwerten nicht ganz verboten, sollten aber sehr sparsam genossen werden. Idealerweise ersetzt man einen Teil des Mehls durch Vollkornmehl und reduziert den Zucker bei selbst gemachten Mehlspeisen. impreSSum: Medieninhaber: Dr. Dr. Wagner GmbH Für den Inhalt verantwortlich: Diätologinnen und Diätologen der Reha-Klinik Agathenhof Überarbeitet von: Prim. Doz. Dr. Mag. Christian-Heinz Anderwald, MBA•Reha-KlinikAgathenhof Layout und Gestaltung: www.werbecluster.at Irrtum und Änderungen vorbehalten Stand: 11/2012 Basiswissen Diabetes mellitus 21