Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur

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Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage
Barbara Stiegler
Inhalt
1.
Fragestellung
2.
Geschlechtertheoretische Grundlagen von Politikstrategien
oder gibt es eine Frauenpolitik ohne Theorie der Geschlechter?
2.1 Differenztheorie und Identitätspolitik
2.2 Dekonstruktion der Kategorie Geschlecht und Parodie
2.3 Geschlecht als Strukturkategorie im Herrschaftszusammenhang – Analyse und Aufklärung
2.4 Geschlechtertheorien und politische Strategien
3.
Strategien der Frauen- und Geschlechterpolitik
oder die vier Säulen: Quote, Normierung, Mainstreaming und autonome Praxis
3.1 Egalitäre Repräsentation: Quotierung
3.2 Legalisierung und Normierung
3.3 Initiative und Kontrolle: Mainstreaming
3.4 Orte für Frauen zur Selbstverständigung, Rückbesinnung und autonomen Praxis
Fazit
Literaturverzeichnis
Lesehinweis
Zur Autorin
Genderorientierung in der Jugendhilfeplanung und Jugendpflege in Niedersachsen
www.genderorientierung.de
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage, Abt. Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1998.
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1.
Fragestellung
Organisationsformen und Strategien zur Frauen- und Geschlechterfrage sind in Bewegung. Es gibt
Veränderungen von Ressortzuschnitten auf Bundes- und Landesebene, die Stellung von
Gleichstellungsbeauftragten im Reformprozeß von Verwaltungen ist in der Diskussion.
Frauenministerien werden aufgelöst, und es ist umstritten, ob das ein Machtverlust der Frauenpolitik
bedeutet oder eine Qualitätsverbesserung ist. Große Gewerkschaften schließen sich zusammen, und
es steht noch offen, ob diese Zusammenschlüsse eine besondere Form des Frauenausschlusses mit
sich bringt. Demgegenüber setzt sich eine neue Strategie immer stärker durch: Mainstreaming.
Entwickelt auf internationaler, speziell europäischer Ebene scheint Mainstreaming als eine
Möglichkeit, die Geschlechterfrage zu lösen und die Frauen aus ihrer Zweitrangigkeit zu befreien. Da
wird Frauenförderpolitik als überholt abgetan, der Querschnittspolitik wird die mangelnde Parteilichkeit
für Frauen angekreidet und Mainstreaming gilt als postmoderne Innovation der Frauenpolitik. Andere
sehen im Mainstreaming aber auch einen „alten Hut", einen Neuaufguß schon sehr alter
Bemühungen, Querschnittspolitik zu betreiben. Und manche halten Mainstreaming sogar deswegen
für modern, weil es die längst fällige Anpassung an Männer und männliches Denken bedeutet.
Organisatorische Veränderungen, aber auch die Formen konkreter Mittelvergaben geraten ins
Kreuzfeuer frauenpolitischer Strategieüberlegungen: Ist die Zeit reif für Integrationspolitik
(Mainstreaming), für Bündnisse mit Männern und für die Kürzung von Mitteln für frauenspezifische
Projekte, oder ist angesichts der Verschärfung der Geschlechterhierarchie und der Verknappung von
öffentlichen Mitteln und damit auch des politischen Spielraumes eher eine konsequente Frauenpolitik
angesagt? Geht es gerade jetzt um die Stärkung der Eigenständigkeit der Frauenpolitik, die Stärkung
autonomer Projekte und Bewegungen? Macht Mainstreaming gar die Politik der
geschlechtergerechten Quotierung von Positionen überflüssig, oder setzt es sie voraus? In welchem
Verhältnis stehen diese beiden politischen Strategien zur Frauenförderpolitik?
Zur Beantwortung dieser vielfältigen Fragen und zur Beurteilung der Positionen wird im folgenden eine
Orientierung in den Geschlechtertheorien gesucht. In diesen neuen Diskursen finden sich ebenfalls
sehr verschiedene Perspektiven und Positionen, dennoch können sie zur Selbstaufklärung der
Standpunkte beitragen. Denn jede frauenpolitische Strategie läßt sich in einer spezifischen Sicht auf
die Geschlechterfrage verankern, sie beantwortet auf ihre Weise die Frage nach dem
Selbstverständnis von Frauen und der Bedeutung der Kategorie Geschlecht. Geschlechtertheorien
bieten auch eine Erklärung für auf die von vielen bedauerte Tatsache, daß nicht jede Frau feministisch
denkt, daß nicht jede Frau sich diskriminiert fühlt und daß nicht jede Frau die Notwendigkeit einer
Frauenförderpolitik sieht. Ist dies als Unaufgeklärtheit zu verbuchen, die durch Bildung oder direkte
Diskriminierungserfahrung zu verändern ist, oder sind vielleicht nur die Geschlechtertheorien, und
besonders die alltäglichen, nicht in der Lage, die Realität zu erfassen? Anknüpfend an die neuen
Diskurse um das Mainstreaming und die alten um die Frauenförderung, die Quotierung und die
autonome (Projekt-)Praxis soll geklärt werden, welche Theorie der Geschlechter jeweils die eine oder
andere Strategie trägt. Es wird der Versuch gemacht, die Theorieentwürfe mit der frauenpolitischen
Praxis zu verknüpfen und ein Stück weit aufzuklären.
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Zunächst werden dazu geschlechtertheoretische Grundlagen für die verschiedenen politischen
Strategien erläutert und in einem zweiten Schritt die verschiedenen Strategien in ihren jeweiligen
Legitimationen und Begrenzungen analysiert.
2.
Geschlechtertheoretische Grundlagen von Politikstrategien oder gibt es
eine Frauenpolitik ohne Theorie der Geschlechter?
Im folgenden werden drei geschlechtertheoretische Ansätze vorgestellt und ihre Verknüpfung zu
spezifischen frauenpolitischen Strategien aufgezeigt. Die Darstellung bezieht sich auf die Grundideen
und kann demzufolge der Komplexität, wie sie in den Texten ihrer VertreterInnen zu finden ist, nicht
gerecht werden.
2.1 Differenztheorie und Identitätspolitik
DifferenztheoretikerInnen gehen davon aus, daß es zwei Geschlechter gibt. Diese beiden
Geschlechter sind in der Natur der Menschen angelegt und die Stereotype und Normen, die die
Geschlechterbilder prägen, sind kulturell und gesellschaftlich bestimmt. Das natürlich angelegte
Geschlecht wird mit Sex bezeichnet, die kulturellen und gesellschaftlichen Momente, die die
Geschlechterbilder und -normen bestimmen, werden als Gender bezeichnet. Die Trennung der
Geschlechter wird in ihren Auswirkungen auf Frauen kritisiert: Das den Frauen Zugewiesene wird als
gesellschaftlich unterbewertet, als zweitrangig, als weniger mächtig analysiert gegenüber dem, was
den Männern zugewiesen ist. Männer bestimmen die politischen Strukturen, Staat und Wirtschaft
tragen männliche Züge. Frauen werden andere Qualitäten als Männern zugeschrieben, und die Kritik
richtet sich auf die Unsichtbarmachung dieser Qualitäten in der Öffentlichkeit, auf ihre mangelnde
Repräsentanz, aber auch auf die institutionellen Strukturen und Mechanismus, die diese
Unterdrückung aufrechterhalten. Nicht die Spaltung selber, sondern nur die mangelhafte
Ermächtigung des weiblichen Teiles sind Gegenstand für die Geschlechterpolitik, die auf der
Differenztheorie basiert.
Die konsequenteste politische Strategie aus dieser Sichtweise besteht in dem Aufbau
frauenspezifischer Gegenstrukturen. In Beziehungsnetzen, in denen nur Frauen arbeiten und leben,
soll ihnen Raum zur Entfaltung ihrer eigenen, geschlechtsspezifischen Vorstellung vom Leben und
Arbeiten gegeben werden. Insbesondere ihr doppelter Lebensentwurf, der Privates und Berufliches
vereinbart, soll in diesen Räumen realisiert werden. Die Autonomie von männlich geprägten
Organisationen wird als Voraussetzung für die Entfaltung der Gegenkultur angesehen – positiviertes
Weibliches soll Entwicklungschancen bekommen, die nicht durch männliche Kontrolle beschnitten
werden. Die subjektiven Erfahrungen als Frau, also die Ebene der Geschlechterbeziehungen, werden
ernst genommen, zum Sprechen gebracht und bilden die Grundlage politischer Handlungen. Die
weibliche Subjektivität wird zum Programm erhoben. Das Gemeinsame der Frauen wird in ihrer
Geschlechtsidentität gesehen. Die konkreten Formen solcher weiblichen Gegenstrukturen sind sehr
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vielfältig: Viele Frauenprojekte, die Mütterzentren, Frauengruppen, einige Konzepte von
Frauenuniversitäten begründen sich in der Differenztheorie und machen den spezifisch weiblichen
Erfahrungshintergrund zur Grundlage eigenständiger Repräsentationen in der jeweiligen
Öffentlichkeit. Das "Müttermanifest" der Grünen von 1987 ist ein Dokument eindeutiger
Identitätspolitik, die auf der Differenztheorie der Geschlechter aufbaut.
Eine italienische feministische Philosophinnengruppe (Diotima), die eine besondere Form der
differenztheoretischen Position vertritt, hat erst in jüngster Zeit eine frauenpolitische Strategie
vorgeschlagen, die die Beziehung zwischen Frauen in den Mittelpunkt stellt und diese Beziehung in
Form des gegenseitigen Anerkennens von Stärken und Schwächen zum Angelpunkt der Politik von
Frauen macht. Ohne dabei eine eigene Definition des "Weiblichen" zu geben, sieht diese Gruppe in
dem hauptsächlichen Bezug von Frauen auf Frauen, im "Affidamento", dem Sich-Anvertrauen einer
weiblichen Autorität, die Möglichkeit, daß sich die gesellschaftlichen Machtverhältnisse zugunsten von
Frauen verändern, daß "Patriarchat in seinem Ende" offenbar wird (Libreria 1996).
Die Differenztheorie der Geschlechter bildet auch den theoretischen Rahmen vieler empirischer
Untersuchungen über Frauen in der Politik: Während Frauen von männlichen Forschern in den
siebziger Jahren unterstellt wurde, sie seien unpolitisch, wird jetzt von überwiegend weiblichen
Forscherinnen mit differenztheoretischer Perspektive angenommen, daß Frauen aufgrund ihres
Geschlechts eine andere Politik machen, daß sie weibliche Werte und Verhaltensweisen in die Politik
einbringen und sie damit reformieren wollen. Als zu Männern komplementäre Wesen wird bei Frauen
ein weibliches Politikverständnis und ein spezifisches Verhalten in politischen Zusammenhängen
vorausgesetzt bzw. empirisch untersucht und teilweise gefunden, Frauen gelten dann als moralisch
besser, weniger verdorben und mit den Alltagserfahrungen mehr verbunden als Männer (z.B. Hoecker
1995, Schöler-Macher 1994, Schaeffer-Hegel u.a. 1995). Nicht immer werden die beschriebenen
Andersartigkeiten als reiner Ausdruck von Weiblichkeit interpretiert, es werden auch spezifische
Konfliktlagen von Frauen in der Politik gerade aus den unvereinbaren Erwartungen der männlich
geprägten Handlungsräume und dem weiblichen Geschlechterbild erklärt. Gemeinsam aber ist diesen
Forschungsarbeiten, daß sie nach dem "anderen", das Frauen in die Politik einbringen, fragen.
Bereits die Kritik von Feministinnen aus anderen Kulturen hat darauf hingewiesen, daß nicht alle
Frauen die Identität einer weißen Mittelschichtsfrau teilen. In der Tat hat westliches feministisches
Denken erst durch die Akzeptanz schwarzer feministischer Denktraditionen von der Annahme einer
universalen Weiblichkeit im Format der Middle Class White Women Abschied genommen und auch
andere Definitionen vom weiblichen Geschlecht akzeptiert. Die essentialistische Sicht auf die
Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die darauf abhebt, daß alle Frauen anders sind als
Männer und alle Frauen im Sinne der Geschlechtsidentität einander ähnlich sind, wird aus empirischer
Perspektive kritikwürdig: Die deutlichste Verwerfung dieser essentialistischen Theorie geschieht
jedoch durch Theoretikerinnen, die eine dekonstruktivistische Geschlechtertheorie vertreten.
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2.2 Dekonstruktion der Kategorie Geschlecht und Parodie
Die sogenannten poststrukturellen Geschlechtertheorien und die Queer-Theorien gehen davon aus,
daß Geschlecht keine natürliche Seinsform der Körper oder Individuen ist, sondern daß es eine
gesellschaftlich kulturelle Existenzweise ist, die sich durch historisch spezifische Denk-, Gefühls- und
Körperpraxen herstellt, und die auf der binären Logik dichotomer Opposition beruht. So wie die
Kategorien Mann und Frau einander polar gegenübergestellt werden, geschieht es auch mit den
Kategorien Kultur – Natur, Körper – Geist, Materie – Bewußtsein. Die Kritik dieser Denkweisen führt
zu der Annahme einer potentiellen Vielzahl von Geschlechtern, also verschiedener Weiblichkeiten und
Männlichkeiten.
Die bekannteste Vertreterin des Dekonstruktivismus in der Geschlechterfrage, Judith Buttler, kritisiert,
daß sich auch der Feminismus der Konstruktion des Geschlechts unterwirft und Frauen für ihre
Rechte als Frauen kämpfen, nachdem sie die von Männern erdachte Geschlechterdichotomie
übernommen und akzeptiert haben. Auch die Unterscheidung im Rahmen der Differenztheorie
zwischen Sex (als körperliches Geschlecht) und Gender (als kulturelle Geschlechtsnorm), die
zunächst die natürliche Basis bestimmter Geschlechtszuschreibungen in Frage gestellt hat, wird aus
dekonstruktivistischer Perspektive als kulturelle Fortschreibung der Geschlechterpolarität kritisiert.
Damit wird Sex als Bezeichnung des geschlechtlichen Körpers zum historischen, gesellschaftlichen
und kulturellen Phänomen. Die Dichotomie der Geschlechter wird genauso wie die Vorgängigkeit der
Natur vor der gesellschaftlichen Formung, besonders durch Bezeichnungen und Sprache, verworfen.
Empirisch läßt sich die Konstruktion der Geschlechtlichkeit durch die Untersuchung von
Transsexualität belegen. Transsexuelle Menschen sind an der interaktiven Konstruktion in der binären
Form der Geschlechter zwar beteiligt, aber die für ihren Körper vorgesehene Definition des
Geschlechts lehnen sie ab. Transsexuelle Menschen fühlen sich in dem Geschlecht, das aufgrund
ihrer biologischen Geschlechtsmerkmale für sie zutreffen soll, nicht zu Hause und identifizieren sich
mit dem je anderen Geschlecht. Das doing gender, also die alltägliche Praxis der
zweigeschlechtlichen Wahrnehmung, des Denkens und Handelns, wird seiner "Natürlichkeit" beraubt,
wenn Individuen die sozialen Konstruktionen nicht mitmachen, ein Hinweis darauf, daß der Körper
eher der Effekt als die Basis sozialer Prozesse ist. Die Travestie ist Ausdruck einer Praxis, die
gängige Geschlechterordnung als kulturelles Phänomen umzukehren. Das Spiel mit dem Geschlecht
hat provozierende Wirkung, ein Beleg für die Tiefe, mit der die kulturellen Konstruktionen verankert
sind.
Ohne eine prinzipielle Infragestellung der Natürlichkeit der zweigeschlechtlichen Ordnung, eine Idee,
die vielen absurd erscheint, lassen sich jedoch die Herstellungsmodi dieser Zweigeschlechtlichkeit
schlecht erkennen. Auf welche Weise die Differenz zwischen den Geschlechtern immer wieder neu
reproduziert wird, eröffnet sich nur dann, wenn sie selbst als konstruiert und nicht als überzeitlich,
natürlich Gegebenes angenommen wird. Insbesondere die die Zweigeschlechtlichkeit
normalisierenden Praktiken, die ständigen Wiederholungen und klaren Ausschließungen, sind
Gegenstand dekonstruktivistischer Untersuchungen: Institutionalisierte Heterosexualität und
geschlechtshierarchische Arbeitsteilung spielen dabei als materielle Strukturen der sozialen
Beziehung eine besondere Rolle.
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Die Queer-Theorien, die in subkulturellen Kontexten entwickelt wurden, benutzen keine
Identitätskategorien für das Geschlecht. Queer-TheoretikerInnen suchen nach
Geschlechterkonzepten, die nicht nur die Hierarchisierung (Mann - Frau), sondern auch die
Vereindeutigungen (Homosexuell-heterosexuell) vermeiden und kritisieren (vgl. Hark 1996). Sie
bezweifeln ebenfalls die Eindeutigkeit der Zweigeschlechtlichkeit und übertragen das Problem von der
Geschlechterdifferenz auf das Problem der Hetero- und Homosexualität.
Die Grundannahme dieser Geschlechtertheorien lauten:
-
Das duale Geschlechtersystem ist ein kulturelles Produkt.
-
Geschlecht ist eine Konstruktion, die durch ständige Interaktion, aber auch gesellschaftliche
Strukturen hergestellt wird.
-
Das Subjekt wird über ständige Ausgrenzungen des je anderen zum geschlechtlichen Wesen.
Wenn nun sowohl Sex als auch Gender der essentialistischen Gültigkeit beraubt sind, die Kategorie
Geschlecht dekonstruiert werden kann, eignet sie sich folglich auch nicht als Basis für eine spezielle
Politik. Eine prinzipiell so fragile Selbstkonzeptualisierung, eine solche Vieldeutigkeit in der
Bestimmung von Geschlecht kann demnach nicht dazu dienen, eine bestimmte Geschlechterpolitik zu
legitimieren. Buttler schlägt deswegen auch vor, diese Fragilität zu demonstrieren und durch Parodie
die herrschenden Geschlechternormen zu unterlaufen. Die Queertheorien bieten deutlichere
Ansatzpunkte für politisches Handeln. Die Basis ist nicht die geschlechtliche Identität sondern der
Widerstand und der Widerspruch gegen die hegemoniale heterosexuelle Normalität. Beweggrund für
politische Aktivität ist also nicht das authentische Selbst z. B. als Frau, Mutter oder Lesbe, sondern
gerade im Gegenzug zu einer solchen universellen Fundierung ist es das je konstruierte Selbst, das in
Opposition zu dem jeweiligen sozialen und politischen Gegenüber konstruiert wird.
Die dekonstruktivistische Theorie der Geschlechter bietet eine Interpretationsfolie, unter der viele
bislang unbequeme und offene Fragen der realen Geschlechterpolitik besser verstanden werden
können. Eine Frage, die in der Frauen- und Geschlechterpolitik immer wieder diskutiert wird, nämlich,
warum nicht alle Frauen feministische Politik machen wollen, warum es so verschiedene
Frauenpolitiken gibt, kann aus der Perspektive der Dekonstruktionstheorie beantwortet werden. Das
Problem stellt sich ja nur dann, wenn man davon ausgeht, daß Frau-Sein einen Identitätsbezug hat,
der für alle Frauen gleich ist. Die dekonstruktivistische Sichtweise öffnet dagegen den Blick sowohl auf
den vielfach gebrochenen Weg, auf dem eine Geschlechtsidentität erworben werden kann und nicht
muß und verweist gleichzeitig auf andere, ebenfalls gesellschaftlich konstruierte Identitätsangebote
wie ethnische Herkunft, Klassenzugehörigkeit, generative Position oder Alter. Jede dieser Kategorien
für sich hat eine kulturelle und subjektive Geschichte und für jede einzelne Person gibt es eine
Vielzahl von identitätsformenden Beschränkungen. Darum muß sich nicht jede Frau mit einer
spezifischen Definition von Frau identifizieren, denn je nach Lebenslage sind ganz andere
Identifikationen für sie bedeutsam. So kann bei einer Frau ihre Herkunft oder ihr Alter, ihre generative
Position oder ihre sozio-ökonomische Position viel bedeutsamer sein als ihre Identifikation als Frau.
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Die jeweilige Identität ist bestimmt durch ein fragiles Konstrukt verschiedener Identitäten, bei weitem
nicht und nicht immer durch die Geschlechterdualität. Es bedarf offenbar einer von sehr vielen Frauen
gefühlten Betroffenheit, wie sie etwa die Beschränkung der Selbstbestimmung über den eigenen
Körper darstellt, damit sich Frauen als Frauen identifizieren und politisch eindeutig Stellung nehmen.
Die alltägliche, strukturelle Diskriminierung des weiblichen Geschlechts muß nicht für jede Frau so
erfahrbar sein, daß sie sich aktiv dagegen wehrt. Noch weniger ist es selbstverständlich, daß alle
Frauen eine einzige Lösung gegen diese Diskriminierung anstreben. So versucht Young (1995), das
Geschlecht als serielle Identität zu deuten. Das bedeutet, daß das Geschlecht erst dann ein
politisches Movens wird, wenn bestimmte Strukturen oder Situationen Frauen als Frauen kenntlich
machen und die so kenntlichen Subjekte die Diskriminierung als Frauen in ähnlicher Weise erfahren.
Erst dann werden sie sich dagegen wehren. Feminismus ist danach ein reflektierter Impuls zur
Bildung von Gruppen von Frauen und als Frauen mit dem Ziel, die Strukturen zu verändern, die sie als
Frauen identifizieren.
Gegen die Dekonstruktionsperspektiven in der Geschlechterfrage wird eingewendet, sie würden
entpolitisierend wirken, weil sie das Subjekt der Frauenbewegung zerstören. Wenn es nicht mehr
darum gehen kann, definierte Entitäten des Frau-Seins und daraus abgeleitete Interessen zu
vertreten, kann sich auch politisches Handeln nicht mehr im Rückgriff auf gemeinsame substantielle
Eigenheiten legitimieren. Vielmehr müssen die politischen Ziele stets neu bestimmt und miteinander
ausgehandelt werden und im Rahmen wechselnder Bündnisse durchgesetzt werden.
Frauenbewegung heißt Frauenbewegung, repräsentiert aber nicht alle Frauen. Selbst beim
Kernthema Gewalt und § 218 sind die Frauen nicht einer Meinung: Männergewalt gegen Frauen wird
nicht von allen als Element der herrschenden Geschlechterverhältnisse interpretiert, sondern die
gemeinsame Empörung hat verschiedene Motive: humanitäre Einstellungen, die sich genauso gegen
Gewalt gegen Kinder, Schwächere oder gar Tiere beziehen, sind genauso vertreten wie die
Sichtweise, daß sich in der Gewalt gegen Frauen patriarchalische Strukturen zuspitzen. Deswegen ist
die Zielbestimmung von Frauenpolitik wichtiger als die konzeptualisierte Motivation. Wenn die Ziele
bündnisfähig sind, wird etwas gesellschaftlich sichtbar gemacht und durchsetzbar. Schäfer (1998)
interpretiert die feministische Politik in der Zeit der Wende im Sinne der Buttler’schen Dekonstruktion
der Geschlechtsidentität. Was die 1.200 Frauen aus der DDR in der Volksbühne 1998 verband und
sie im UFV (Unabhängigen Frauenverband) zum politischen Subjekt werden ließ, war nicht ihre
Geschlechtsidentität, sondern das Gemeinsame in der Abwehr eines spezifischen Identitätsangebotes
und Gebotes der DDR-Kultur und -Politik. Die vielen Frauen wollten sich je an ihrem Ort davon
absetzen, sich davon befreien und mit ihren anderen Vorstellungen vom Frau-Sein sichtbar werden.
Nicht eine gemeinsame Identität war das politisch Bewegende sondern die geschlechtlich begründete
Kritik an der alten DDR-Gesellschaft. Auch hier wird deutlich, daß die Kategorie Geschlecht als
potentieller, nicht als wesentlicher und allgegenwärtiger Begründungszusammenhang dient. Während
für einige Frauen die Bühne der Politik nur und wesentlich durch die Geschlechterverhältnisse geprägt
ist, stehen für andere Frauen Fragen der Humanität und Unterdrückung unabhängig vom Geschlecht
im Vordergrund. Die Dekonstruktionsperspektive eröffnet nun ein Verständnis dafür, daß Frauen nicht
überall und immer die Geschlechterfrage stellen und unter diesen Gesichtspunkten politisch handeln.
Geschlecht ist nur eine unter mehreren potentiellen Betrachtungsperspektiven, die von vielen Frauen
in vielen Bereichen benutzt wird, von anderen Frauen aber nicht. Eine solche Argumentation darf nun
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nicht dazu benutzt werden, das beharrliche Nachdenken, Nachforschen und politische Handeln der
Frauen zu kritisieren, die pointiert nach den Geschlechterverhältnissen fragen, sie anprangern und zu
verändern versuchen. Die Denk- und Forschungsarbeit, die die gängigen Theorien und die
gesellschaftlichen Verhältnisse daraufhin untersuchen, in welcher Weise und in welcher Tiefe sie
durch das Geschlechterverhältnis geprägt sind, stehen erst am Anfang.
Kritisiert werden dekonstruktivistische Ansätze in der Geschlechtertheorie aber noch grundsätzlicher,
wenn ihnen die Vernachlässigung von gesellschaftlich-historischen Herrschaftszusammenhängen und
objektiven Strukturen auch zwischen den Geschlechtern vorgeworfen wird (Knapp 1994). Allerdings
schließt der dekonstruktivistische Blick solche Zusammenhänge nicht an sich aus, wenn sie auch
bislang keine große Rolle in den Denkanstrengungen dieser Richtung gespielt haben.
2.3 Geschlecht als Strukturkategorie im Herrschaftszusammenhang –
Analyse und Aufklärung
Nicht die analytisch mögliche Auflösung der Kategorie Geschlecht als subjektiv identitätsstiftende
Kategorie, sondern vielmehr die durch sie verursachte Prägung gesellschaftlicher Strukturen, steht im
Zentrum feministischer Sichtweisen, die den Anspruch nicht aufgeben wollen, in einer Analyse
gesellschaftlicher System die geschlechtsspezifischen Herrschaftsstrukturen zu identifizieren. Bei
dieser Betrachtung stellt sich die Frage, wie denn gesellschaftliche Systeme immer wieder neu die
Geschlechterdifferenz produzieren, Schließung und Ausschließungsprozesse über die
Geschlechtervariable funktionieren und wie die reale Ungleichheit und Hierarchie zwischen Männern
und Frauen hergestellt wird. Als besonders wirksamer Mechanismus erweist sich der der Leugnung
geschlechtsspezifischer Bezüge. Feministische Politikwissenschaftlerinnen arbeiten sowohl an dem
Nachweis des Androzentrismus der geltenden Theorie zu Staat und Politik als auch an der
Dechiffrierung staatlicher Institutionen und Politiken als geschlechtsneutral. Der Staat wird als
männlichen Normen gemäße Institution analysiert, die nicht nur durch die Geschlechterhierarchie
strukturiert ist, sondern die auch auf anderen binären Dualismen beruht: so der Trennung zwischen
Öffentlichkeit und Privatheit, zwischen Staat und Familie. Feministische Politiktheorie will die
Entstehungsprozesse der Vergeschlechtlichung staatlicher Strukturen aufdecken, feministische Politik
die weitere Vergeschlechtlichung seiner Gestaltungsergebnisse stoppen (Kreisky 1995).
Wer das Geschlecht als Strukturkategorie zur Analyse geschlechtsspezifischer
Herrschaftsverhältnisse benutzt, setzt voraus, daß alle gesellschaftlichen Strukturen in einer
bestimmten Weise "vergeschlechtlicht" sind. Die Aufklärung über diese verschiedenen Formen, das
Herauslösen geschlechtshierarchischer Formen des Zusammenlebens, der
geschlechtshierarchischen Prägung von Institutionen eröffnet gleichzeitig Wege zum Abbau der
Geschlechterhierarchie. Allerdings wird bei der Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse, als deren Teil
das Geschlechterverhältnis angesehen wird, klar, daß die Kategorie Geschlecht nicht in der Lage ist,
alle Herrschaftsformen zu begreifen. Spezifische Unterdrückungsformen gibt es auch über Kategorien
wie Ethnie, Klasse und Alter. Entscheidend ist, daß diese Formen miteinander verwoben sind und es
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einer starken analysierenden Kraft bedarf, gerade diese Verwobenheit zu erkennen, ohne die eine
oder andere Kategorie zu vernachlässigen. Erst eine Kontextualisierung, also ganz konkrete
Betrachtung definierter Positionen, Situationen und Verhältnisse läßt erkennen, in welcher
spezifischen Weise Frauen als Geschlechtsgruppe jeweils in einen Unterdrückungszusammenhang
gebracht werden.
Während dekonstruktivistische Ansätze versuchen, das Subjekt von den gesellschaftlichen und
kulturellen Determinanten des binären Geschlechtscodes zu befreien, indem sie dessen Legitimität in
Frage stellen, versuchen Feministinnen, die Geschlecht als Strukturkategorie zur Analyse von
Herrschaftsverhältnissen benutzen, überhaupt erst einmal die binäre Geschlechtskodierung und die
damit verborgene Beherrschung des weiblichen Geschlechts in gesellschaftlichen und kulturellen
Systemen nachzuweisen. Marxistisch orientierte Feministinnen kritisieren einerseits die
Geschlechtsblindheit marxistischer Gesellschaftsanalyse, andererseits versuchen sie aber, die
analytischen Instrumente dieser Theorie zu verändern und zu erweitern und die Verschränkung von
Klassenherrschaft und Geschlechterherrschaft zu bestimmen. Das Geschlechterverhältnis wird dabei
immer als objektives Verhältnis zwischen Genusgruppen angesehen, das mit den
Klassenverhältnissen verschränkt ist, aber nicht in ihnen aufgeht. Aus dieser Perspektive gibt es eine
definierbare Gemeinsamkeit von Frauen, nämlich die Benachteiligungs- und Entwertungsstrukturen,
die sich quer durch alle sozialen Bereiche und Klassen vereinheitlichen lassen. Sie bilden die
objektiven Erfahrungsbedingungen von Geschlecht, die Frauen treffen. Ob diese Bedingungen den
einzelnen Frauen bewußt sind oder nicht, ob Frauen diese Bedingungen akzeptieren oder gegen sie
kämpfen, das konkrete Handeln der Frauen ist zunächst nicht ausschlaggebend für die Bestimmung
objektiver Geschlechtsdiskriminierungen.
Die Strukturen und Mechanismen, die Frauen zu Frauen machen, also die gesellschaftlichen
Erfahrungen aufgrund des Geschlechts, sind aber nur einerseits von Diskriminierung und Abwertung
gekennzeichnet. Andererseits bieten sie aber auch die Chance, Utopien vom besseren Leben zu
entwickeln. In diesem Bild vom besseren Leben sind die positiven Erfahrungen von Sozialität und
Gebundenheit menschlicher Existenz aufgehoben. Das heißt die gesellschaftlichen Erfahrungen von
Frauen, allerdings nicht von jeder Frau, bieten auch einen spezifischen Zugang zu Visionen und
lassen andere und neue entwickeln. Die Besonderheit, in die viele Frauen gestellt werden, ihre
Lebensentwürfe und Lebenspraxen, die anders sind als die der meisten Männer, führen auch zu
einem anderen gesellschaftlichen Blick: Das privat gehaltene wird zum Politikum gemacht und die
Dualität von Privatheit und Öffentlichkeit in Frage gestellt, der Begriff des Politischen kann von Frauen
aufgrund ihrer Lebensweise erweitert werden. Solche feministischen Utopien vom guten Leben in
Akzeptanz der natürlichen Ressourcen und im friedlichen Miteinander lassen sich nicht nur durch die
Aufhebung der Geschlechterdifferenz in der Beteiligung am politischen System durchsetzen, sondern
erfordern auch Politikkonzepte, die jenseits der Geschlechterdifferenz angesiedelt sind und die eine
Ökologisierung und Demokratisierung sowie Befriedung durchzusetzen versuchen. In diesen
utopischen Zielen können Frauen auch mit Männern übereinstimmen (Holland-Cunz 1998).
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2.4 Geschlechtertheorien und politische Strategien
Die dargestellten und skizzenhaft verkürzten Geschlechtertheorien führen, wie gezeigt in ihrer
Reinform zu unterschiedlichen politischen Strategien: Differenztheorien begründen eine autonome,
von Männern und Männlichem abgegrenzte Politik. Die Dekonstruktionstheorien legitimieren jede Art
von Politik, die geschlechtliche Identitäten nicht ausgrenzt, sondern entgrenzt und die
gesellschaftlichen Konstruktionen als solche kenntlich macht, sie delegitimieren jede Form der
Geschlechterherrschaft und ermutigen dazu, sich von allen Zuschreibungen aufgrund des
Geschlechts zu befreien. Gesellschaftskritische Geschlechtertheorien bieten Analyseraster und
Erkenntnisse über die je vorhandenen Formen der Geschlechterhierarchie und Frauendiskriminierung.
Aus dem Geschlecht an sich läßt sich direkt kein politisches Programm und keine politische Strategie
ableiten, diesen Aspekt betonen die Dekonstruktionstheorien. Dennoch ist die
Geschlechtszugehörigkeit oder besser die Zuweisung einer Person im Rahmen einer binären
Geschlechterordnung in vielen Bereichen Anlaß zur Diskriminierung oder Privilegierung, diese
Verhältnisse werden von den gesellschaftskritischen Geschlechtertheorien hervorgehoben. Der Abbau
dieser Diskriminierungen und Privilegierungen ist nur politisch zu erreichen.
Für eine Politik des Mainstreaming, die bewußt innerhalb der herrschenden Strukturen ansetzt und
diese von innen heraus mit dem Ziel des Abbau der Geschlechterhierarchie verändern will, bieten alle
drei Ansätze wichtige Orientierungen. Differenztheoretische Entwürfe und auf ihnen basierende
Studien gehen von der bestehenden Geschlechterdifferenz aus und zeichnen sich durch eine
Gegenbewegung gegen die herrschende Mißachtung des den Frauen Zugeschriebenen aus. Sie
halten daran fest, daß die Werte und Orientierungen, die im Rahmen der Geschlechterpolarisierung
den Frauen zugeschrieben werden, nicht verachtenswert sind, sondern vielmehr aufgewertet werden
müssen. Damit bieten sie, auch wenn man ihre Identitätstheorie nicht teilt, eine wichtige Hilfe, damit
Frauen die Diskriminierung, die ihrem Geschlecht widerfährt, nicht auch selber akzeptieren und in
dem männlichen Lebensentwurf und männlichem Verhalten das allgemein Menschliche sehen, dem
sie sich anpassen müssen. Dekonstruktionstheorien können die für viele Frauenpolitikerinnen so
schmerzhafte Tatsache erklären, warum nicht alle Frauen entschiedene Geschlechterpolitik machen,
sich gegen Diskriminierung wehren. Der Abschied von dem Identitätsgedanken, nach dem alle
Frauen, weil Sie Frauen sind, auch dieselbe Geschlechtsidentität entwickeln, öffnet Räume zur
Entwicklung einer anderen Politik: Nicht mehr die gemeinsame Identität stiftet die politischen
Zusammenhänge, sondern die geschlechterpolitischen Ziele sind immer wieder historisch anders und
neu im speziellen Kontext zu bestimmen und zu verfolgen. Danach gibt es keine eindeutigen, aus dem
Geschlecht ableitbaren politischen Ziele, aber jeweils gültige, die sich auf den momentanen Kontext
beziehen. Die oft befürchtete Beliebigkeit dieser Theorie kann durch die jeweilige Kontextsensibilität
der politisch Handelnden umgangen werden. Dekonstruktionstheorien können die Akzeptanz
unterschiedlicher Positionen in der Geschlechterfrage fördern. Gesellschaftskritische
Geschlechtertheorien sagen bewußt wenig über subjektive Identitäten aus. Sie beziehen sich auf die
Analyse des Geschlechterverhältnisses. Damit bieten Sie eine Fülle von Erkenntnissen über die
Mechanismen, mit denen diese Hierarchien in allen gesellschaftlichen Feldern hergestellt werden.
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Die verschiedenen Ansätze der Geschlechtertheorien lassen sich auch auf verschiedene
Analyseebenen beziehen.
1. Geschlechtsidentität und Geschlechterbeziehungen
2. Geschlechterverhältnisse
3. Geschlechterpolitik
Geschlechtsidentität bezeichnet die eigene Ein- und Zuordnung eines Individuums im Rahmen oder
außerhalb der Geschlechterdualität und die Internalisierung entsprechender Normen und
Verhaltensweisen. Geschlechterbeziehungen bezeichnen das Miteinander-Umgehen von Männern
und Frauen, das private und öffentliche Verhalten konkreter Personen. Geschlechterbeziehungen
können – begrenzt – durch individuelles Verhalten verändert werden, sie sind beeinflußt von der
Geschlechtsidentität.
Die verbreitete Erfahrung aus den Geschlechterbeziehungen ist von großer Bedeutung für die
Bündnisstrategien in der Frauen- und Geschlechterpolitik. Ob ein politisches Zusammengehen mit
Männern für Frauen überhaupt als politische Strategie denkbar ist oder nicht, hängt im wesentlichen
nicht von der Einschätzung der Geschlechterverhältnisse ab, sondern eher von den konkreten
Bedingungen der politischen Orte.
Geschlechterverhältnisse bezeichnen die gesellschaftlichen Strukturen, Institutionen und
Mechanismen, durch die die beiden Geschlechter definiert und einander zugeordnet werden, durch
die sie hierarchisiert werden. Geschlechterverhältnisse lassen sich in theoretischer und historischer
Perspektive in ihrem Wandel erkennen. Während die Geschlechterbeziehungen kulturell heterogen
sind, ist das hierarchische Geschlechterverhältnis weitaus eindeutiger.
Erklärte Geschlechterpolitik ist getragen von den individuellen Erfahrungen aus den
Geschlechterbeziehungen und den Erkenntnissen über die Geschlechterverhältnisse. Ihr Ziel ist es,
die Geschlechterverhältnisse nach einer bestimmten Vorstellung zu gestalten oder sie so zu belassen.
Weil das hierarchische Geschlechterverhältnis ein wesentlicher Bestandteil der gesellschaftlichen
Verhältnisse ist, betrifft jede Art der politischen Gestaltung oder Veränderung dieser Verhältnisse auch
das Geschlechterverhältnis, direkt und ausgewiesen oder indirekt und unausgewiesen.
3.
Strategien der Frauen- und Geschlechterpolitik oder die vier Säulen:
Quote, Normierung, Mainstreaming und autonome Praxis
Jede politische Institution, sei es eine Partei, eine Gewerkschaft oder ein Verband ist ein Ort, in dem
ritualisierte und/oder verrechtlichte Handlungsmuster und Denkformen praktiziert werden. In diesen ist
die hierarchische Geschlechterdifferenz verankert. Die Strukturen schließen Frauen weitgehend aus,
Genderorientierung in der Jugendhilfeplanung und Jugendpflege in Niedersachsen
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Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage, Abt. Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1998.
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Verhaltensformen bringen die wenigen oft zum Schweigen, Handlungsziele lassen Fraueninteressen
weitgehend unberücksichtigt. Politische Institutionen sind so geformt, daß sie die herrschenden
Geschlechterverhältnisse nicht verändern, sondern stabilisieren.
Geschlechterpolitik ist nun eine Politik, die
1. die Geschlechtsdiskriminierung innerhalb der Institution aufzeigt und ihre Ursachen benennt
2. die vermeintliche Geschlechtsneutralität der Politik nach außen als indirekte Diskriminierung von
Frauen aufzeigt
3. im Innern egalitäre Geschlechterverhältnisse schaffen will
4. die Politik nach außen zum Abbau der Geschlechterhierarchie nutzt.
Welche Strategien dazu geeignet erscheinen, wird im folgenden aufgezeigt.
3.1 Egalitäre Repräsentation: Quotierung
3.1.1
Die Quote beendet den Frauenausschluß
Es besteht weitgehend Einigkeit darin, daß die im Grundgesetz verankerte Gleichstellung von Frauen
noch nicht erreicht ist. Wie sie allerdings inhaltlich gefüllt wird, ist bereits Gegenstand politischer
Auseinandersetzungen. Der kleinste gemeinsame Nenner einer Geschlechterpolitik ist vielleicht die
Anerkennung der Tatsache, daß Frauen in den politischen Entscheidungsgremien nicht genügend
vertreten sind. Dazu werden Statistiken über Frauenanteile in Regierungen und Parlamenten,
politischen Funktionen, Ehrenämtern und Entscheidungsorganen erstellt, und fast überall ist eine
quantitative Dominanz männlicher Personen zu registrieren. Weil Demokratie nun auf dem Prinzip der
vollständigen und gleichen Mitwirkung und Repräsentation aller Mitglieder einer Gesellschaft beruht,
widerspricht dieses Phänomen dem Gleichberechtigungsgrundsatz. Die Ursachen für die mangelnde
Repräsentation und Beteiligung werden jedoch verschieden gedeutet. Es ist noch gar nicht lange her,
da galten in der politikwissenschaftlichen Forschung Frauen als unpolitisch, politisch desinteressiert
und eher apathisch, kurz defizitär. Und diese Zuschreibungen wurden auch mit empirischen
Forschungsergebnissen aus der Meinungsforschung untermauert. Eine politisch aktive Frau wurde als
die typische Ausnahme von der Regel angesehen, die ihrerseits die politische Trägheit aller anderen
nur noch bestätigte. Erst Politikwissenschaftlerinnen haben in den letzten zehn Jahren den Mythos
von den politisch defizitären Frauen als diskriminierende Zuschreibung kritisiert (Sauer 1998). Sie
haben gezeigt,
-
daß es die Strukturen sind, die Frauen ausgrenzen,
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
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-
daß es bei Zugrundelegung eines erweiterten Politikbegriffs durchaus politische Aktivitäten von
Frauen gibt,
-
daß es gerade ein Ausdruck des hierarchischen Geschlechterverhältnisses ist, wenn Frauen als
Frauen für defizitär gehalten werden.
Um die Unterrepräsentanz von Frauen in politischen Institutionen aufzuheben, ist die Quotierung der
Geschlechter eine angemessene Strategie. Sie zielt darauf, formal die Gleichheit der Geschlechter in
politischen Entscheidungsgremien herzustellen. Dabei werden Frauen nicht aufgrund dessen, daß
ihnen irgendwelche besonderen Merkmale, etwa weibliche Eigenschaften, Sichtweisen oder
Einstellung generell zugeschrieben werden, aufgenommen, sondern vielmehr deswegen, weil sie
aufgrund ihres Geschlechts quantitativ bislang offensichtlich ausgeschlossen worden sind. Die
Tatsache des Ausschlusses qua Geschlecht ist die Begründung für die Geschlechterquote. Die
erforderliche und herzustellende vermehrte Beteiligung von Frauen bietet allerdings keinerlei Garantie
für irgendeine politische Zielsetzung, das Geschlecht ist keine Garantie für die Vertretung eines
bestimmten politischen Programms. Aber, die Geschlechterparität eines Gremiums ist Beleg dafür,
daß nicht aufgrund des Geschlechts diskriminiert wird. Frauen werden also nicht aufgrund irgendeiner
Bestimmung von Weiblichkeit aufgenommen, sondern nur deshalb, weil das weibliche Geschlecht
bislang als weniger bedeutend und damit für ausschließbar gehalten wurde. Diese formale
Betrachtung ist die einzige, die die Quote wirklich begründet, jede weitere inhaltliche Begründung darf
und kann sich nicht auf das Geschlecht berufen, weil sie Gefahr läuft, ins Gegenteil gewendet zu
werden. Wer damit beginnt, Frauen nicht nur wegen ihres bisherigen Ausschlusses qua Geschlecht
Plätze in politischen Gremien einzuräumen, wird im Konfliktfall Probleme damit haben, zu begründen,
warum eine bestimmte politische Idee oder eine bestimmte politische Einstellung bzw. bestimmte
Fähigkeiten nur von Frauen und nicht auch von Männern eingebracht werden können. Eine
differenztheoretische Begründung der Quotierungsstrategie führt sehr bald zu empirischen Aporien:
genauso wenig wie jedem konkreten männlichen Menschen patriarchale Verhaltensweisen und
Sichtweisen unterstellt werden können, können auch nicht jeder weiblichen Person spezifisch
weibliche Verhaltens- und Sichtweisen unterstellt werden. Wenn auch die Wahrscheinlichkeit groß ist,
daß Frauen in politischen Gremien spezielle Erfahrungen, die durch die Geschlechterhierarchie
geprägt sind, einbringen, kann die Begründung für eine Geschlechterparität nicht darin liegen, daß
diese Erfahrungen sinnvoll für das Gremium sind. Der Nachweis, daß solche Erfahrungen nur und
ausschließlich von Frauen und von jeder Frau einzubringen sind, ist theoretisch und empirisch schwer
zu erbringen.
Die Begründung für geschlechtsspezifische Quotierungen im politischen Gremium kann also nur im
formalen Ausschluß des Geschlechts begründet sein, ansonsten würden Frauen in ihren vielfältigen
Differenzen mißachtet. Auch Männern wird ihre Berechtigung, Positionen in der Überzahl zu besetzen,
nicht deswegen abgesprochen, weil sie eine spezifische, falsche, nicht gewünschte und vor allen
Dingen einheitlich getragene Einstellung besäßen, sondern, weil ihre Überzahl ein Phänomen ist, das
auf den Ausschluß von Frauen hinweist.
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Die Umsetzungsprobleme von Quotierungsbeschlüssen sind vielfältig: In der Regel sind sie ein
Lehrbuch für die Geschlechterhierarchie in dem jeweiligen politischen System und können auch als
solches gelesen werden.
Drei typische Argumente werden im folgenden widerlegt:
"Wir finden keine Frau, die Frauen wollen gar nicht."
Mit dieser Frage werden Frauen selbst zu den Schuldigen für ihren Ausschluß qua Geschlecht
gemacht und eine Rechtfertigung für den Ausschluß in den einzelnen Personen gesucht. In der Tat
sind viele politische Entscheidungsgremien männlich dominiert, sodaß ihre Struktur im Inneren und
ihre Produkte als Politik so geschlechtsspezifisch einseitig empfunden werden und Frauen zunächst
keinen Zugang haben, selbst wenn er ihnen formal offensteht. In solchen Fällen ausgeprägter
männlicher Dominanz ist das Quotierungsverfahren für viele Frauen besonders problematisch, setzt
es sie doch einer Paradoxie aus, der sie kaum entrinnen können: Um in einem solchen Gremium
mitzubestimmen, müssen sie sich als über Quote hineingekommen wahrnehmen lassen (Quotenfrau).
Die Quote wird dabei als Unterstützung für in irgendeiner Weise defizitäre Frauen angesehen und
nicht als Wiedergutmachung für diskriminierende Strukturen. Frauen steht es nun frei, sich das ihrem
Geschlecht unterstellte Defizit als eigenes anzuziehen, dann sind sie die defizitäre Frau, die das
Gremium nun endlich aufnimmt. Oder: Sie wehren sich gegen das unterstellte Defizit, dann sind sie
gar nicht die Frau, die gemeint ist. Vor die Wahl gestellt, sich Defizite zuschreiben zu lassen oder die
falsche Person zu sein, verzichten Frauen oft lieber auf eine Beteiligung. Die Konsequenz daraus ist
allerdings, daß der Ausschluß qua Geschlecht fortgesetzt werden kann. Wenn also keine Frau zur
Partizipation bereit ist, ist die Geschlechterkultur dafür verantwortlich und nicht nur die Gruppe der
Frauen. Die Geschlechterkultur zu verändern, ist aber Sache beider Geschlechter.
"Wir können erfahrene Männer nicht zurückweisen."
Die hierarchischen Geschlechterverhältnisse führen in vielen Fällen zu dem Dilemma, daß einzelne
Männer ausbaden müssen, was Generationen vor ihnen in die Strukturen hineingelegt worden ist. Am
Fall des einzelnen Mannes wird deutlich, was in den unzähligen Fällen von Frauen gerade verdeckt
war: Das Geschlecht ist ein Selektionsmerkmal, für Männer ein einschließendes, für Frauen ein
ausschließendes. Die Geschlechterdifferenz ist politisiert, und zwar so, daß das Geschlecht von
Männern keine Rolle zu spielen scheint, das Geschlecht von Frauen aber ein verdeckter
Ausschlußgrund ist. Für Männer gelten spezifische Erfahrungen und Qualifikationen als
Einschlußgründe, Merkmale, die viele Frauen in dieser Form gar nicht erwerben können. Ohne einen
Traditionsbruch, nämlich den Ausschluß von Männern im Einzelfall, läßt sich diese
Geschlechterungleichheit in politischen Gremien nicht aufheben. Die jeweils berufene oder gewählte
Frau ist dann nicht als Person mit dem nicht zum Zuge kommenden Mann zu vergleichen, sondern sie
ist als Stellvertreterin für das bisher ausgeschlossene Geschlecht zu sehen, und je nachdem, welchen
politischen Stellenwert die Geschlechterdiskriminierung bereits hat, wird das Einzelschicksal eines
Mannes auch in Kauf genommen. Frauen sind weder herzlos noch dumm, wenn sie trotz eines
männlichen Einzelschicksals auf ihren Platz Wert legen, sondern sie vertreten konsequent eine
Geschlechterparität.
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"Frauen fehlen die Voraussetzungen, um berufen zu werden."
Beteiligung in politischen Gremien basiert oft auf dem Innehaben bestimmter anderer Positionen, auf
dem Vorliegen von Voraussetzungen. Wenn zu einer bestimmten Zeit keine Frau solche
Voraussetzungen mitbringt, so ist das zunächst ein wichtiger Indikator für Frauendiskriminierungen in
anderen, den politischen Gremien vorgelagerten Bereichen. Die Gründe sind genau zu erheben und
durch neue Maßnahmen zu beheben. Ebenso ist es aber auch möglich, die Berechtigung der Gesetze
und Voraussetzungen zu hinterfragen. Wenn sie auch nur den Anschein von Tradition und
Gewohnheit haben, sind sie, weil frauenausschließend, zu revidieren, das gilt häufig für geborene
Mitgliedschaften.
3.1.2
Effekte erhöhter Beteiligung von Frauen in Entscheidungsgremien
Wer von einer essentiellen Differenz zwischen Männern und Frauen ausgeht und sie zur Grundlage
der Betrachtung macht, sieht Weiblichkeit als Ressource zur Verbesserung der Politik an und setzt
darauf, daß Frauen in ihrem Anderssein neue Impulse und andere Werte in die bislang männlich
geprägten Strukturen und Inhalte einbringen. Nicht zuletzt die Theorien über eine weibliche Moral
(Gilligan 1982) bestärkten Hoffnungen, daß mehr Frauen in der Politik auch eine andere Politik
machen. Frauen werden als weniger verdorben, emotionaler, moralisch besser angesehen und als
komplementäre Wesen zu Männern definiert, die endlich, wenn sie in den Entscheidungsgremien
partizipieren, den von Männern bisher verdrängten Werten Gewicht verleihen können. Die Frage, wie
eine weibliche Politik aussieht und ob es einen weiblichen Politikstil gibt, ist Gegenstand vieler
Studien, die sich auf Frauen in der Politik beziehen. Ob Frauen ein anderes Selbstbild in ihrer
politischen Arbeit haben als Männer, ist empirisch mit "Jain" zu beantworten (Sauer 1994). Eine bei
allen Frauen gleiche weibliche Geschlechtsidentität läßt sich nicht finden, nicht alle Politikerinnen
verhalten sich gleich, haben dieselben Vorstellungen von sich als Frau, ja wollen aufgrund ihres
Geschlechts etwas besonderes, anderes sein. Längst nicht alle leiten aus einem weiblichen
Geschlechterstereotyp ihre politischen Verhaltensweisen oder spezifischen Orientierungen ab. Viele
fühlen sich eher ihren Vätern und deren Werten, also den männlichen Orientierungen, verbunden. Die
Befunde sind keinesfalls eindeutig. Mit Recht wird auch der Ansatz, nach dem geschlechtsspezifisch
Anderen zu suchen, kritisiert und gegen die Differenztheorie aufgeführt, daß Geschlecht keine
Kategorie zur Beschreibung von Wesen und Identität sein kann, sondern eine Strukturkategorie zur
Analyse von Besonderheiten, die gesellschaftlich hergestellt werden und mit denen sich Individuen
auseinanderzusetzen haben. Wann, wo und auf welche Weise das Geschlecht im politischen
Beteiligungsprozeß welche Bedeutung bekommt, ist nun kulturell-historisch je verschieden. Schon der
Vergleich zwischen Bundesrepublik Deutschland und DDR zeigt, daß sehr verschiedenartige
Erfahrungen vorhanden sind. Während für politisch handelnde Frauen in der DDR ihr Geschlecht beim
Eintritt in die Politik keine große Rolle spielte und sie sich als 16- bis 18 jährige nicht als „besonderes"
Geschlecht fühlten, ist politische Beteiligung für Frauen in der Bundesrepublik viel stärker von der
Balance zwischen Frau-Bleiben und Politik-Machen geprägt. Sie fühlen sich eher fremd (Penrose
1994, Schöler-Macher 1994). Andererseits gibt es auch in der Bundesrepublik jüngere Frauen, die
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sich in Institutionen eher als Mitspielerinnen mit hohem Kapital fühlen, die lernen, die Regeln für sich
zu nutzen und sich nicht als Fremde zu verstehen versuchen (Hasenjürgen 1996). Es kommt
demnach auf den historischen und kulturellen Kontext an, ob Weiblichkeit als Identitätsproblem im
Widerspruch zum politischen Kontext erlebt wird.
So wenig, wie die Geschlechterdifferenz die Begründung für die Quote hergeben kann, sondern die
Geschlechterhierarchie herangezogen werden muß, so wenig darf aus der Tatsache, daß nicht alle
Frauen, die in politischer Verantwortung stehen, die Geschlechterhierarchie in Frage stellen und
Frauenpolitik machen oder machen wollen, geschlossen werden, daß dann auch ihre Beteiligung nicht
unbedingt erforderlich ist.
Die empirischen Studien über Politikerinnen zeigen sehr eindeutig, daß Frauen die Zweitrangigkeit
ihres Geschlechts zu spüren bekommen und auch selber spüren. Auf der Ebene der
Geschlechterbeziehungen erfahren alle die Selbstverständlichkeit, mit der Männer über Frauen
hinwegreden, die Verantwortung an sich ziehen, indem sie Ritterlichkeit ausüben, Frauen in ihre
Obhut nehmen, kurz, das ganze Spielfeld der geschlechtsspezifischen Interaktionsformen in Gruppen
und Gremien und deren Umfeld. Selbst wenn sie nicht diese direkt diskriminierenden Erfahrungen
thematisieren, ist die Kritik der politisch verantwortlichen Frauen an Umgangsformen in der Politik sehr
verbreitet. Die individuelle Reaktion darauf ist jedoch nicht bei allen gleich: Einige versuchen, die
Erfahrungen zu vergessen, und gehen bewußt darüber hinweg. Manche Frauen in männlich
dominierten Organisationen identifizieren sich gerade mit der traditionellen Geschlechterrolle, nutzen
weibliche Attribute wie Schmuck, bestimmte Kleidung und vermeiden es, männliches
Dominanzverhalten zu kritisieren. Das ist nicht immer Ausdruck „weiblicher Schwäche", sondern oft
das Ergebnis eines bestimmten Abwägungsprozesses, den Frauen immer wieder neu vollziehen
müssen: Befunde aus der Frauenforschung belegen, daß Frauen in männlichen Berufspositionen die
Männer in denselben Positionen irritieren und diese Irritation männlichen Denkens und Fühlens
aushalten müssen. Wenn diese Frauen dann ihre Identität nicht in traditionellen
Geschlechtsrollenattributen unterstreichen, verstärkt sich die Irritation, weil dann auch die traditionell
männliche Identität in Frage gestellt wird, die sich ja gerade aus der Andersartigkeit gegen Frauen
konstituiert. Diese Infragestellung gängiger Repräsentations- und Interaktionsformen ist für viele
Männer eine enorme Provokation, auf die sie mit vernichtender Mißachtung reagieren. Sie sprechen
diesen Frauen, die so etwas auslösen, einfach das Geschlecht ab. "Das ist keine Frau mehr." Frauen,
die sich in männlich geprägten Institutionen durchsetzen wollen, müssen kalkulieren, wie viel
Provokation sie sich und anderen zumuten können. Für Frauen in der Politik kommt erschwerend
hinzu, daß sie mit den Männern der je eigenen Fraktion auch über gemeinsame politische Ziele
verbunden sind, die durchzusetzen sie sich gegenseitig brauchen.
Andere Frauen bemühen sich, gegen männliches Dominanzverhalten anzugehen und durch
Selbstbehauptung die geschlechtsspezifischen Unterdrückungsversuche außer Kraft zu setzen. Diese
Frauen wollen einen Beitrag zur Veränderung von Umgangsformen zwischen Männern und Frauen
leisten. Sie sehen diese Umgangsformen als Ausdruck der Geschlechterhierarchie und versuchen, sie
zu verändern. Sie nehmen ihre persönlichen Erfahrungen nicht als private, sondern als Indikator eines
Strukturmerkmals genau der gesellschaftlichen Strukturen, in denen sie politisch handelnd tätig sind.
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Die Einbindung einzelner Frauen in politischen Gremien ist also keine Garantie für eine andere Kultur
des Umgangs, für eine andere Politik nach außen. Dennoch zeigen Erfahrungen und Studien aus den
nordischen Ländern, daß es so etwas wie das Gesetz der kritischen Masse gibt: sind in einem
Gremium mindestens 30% Frauen, so steigt die Wahrscheinlichkeit, daß Umgangsformen und
Regularien in Frage gestellt und verändert werden. So gelang es Frauen in Skandinavien, sowohl die
Umgangsformen innerhalb der politischen Institutionen als auch die Argumente im politischen Diskurs
zu verändern, als sie mehr als 30% der Sitze inne hatten (Dahlerup 1991). Die Europäische
Kommission setzt ebenso darauf, daß eine erhöhte Beteiligung von Frauen eine höhere GenderSensibilität des Outputs politischer Gremien bewirkt (Euro. Kom. 1997, S. 4).
Nicht zuletzt werden die Rahmenbedingungen, unter denen politische Gremien zu arbeiten gewohnt
sind, berührt, wenn Frauen, nicht qua Geschlecht, aber aufgrund ihrer geschlechtsspezifisch
zugewiesenen Lebenssituation den politischen Normalarbeitstag in Frage stellen. Um die
Vereinbarkeit politischer Arbeit mit der Betreuung von Kindern und Hilfebedürftigen herzustellen,
drängen sie auf kürzere Sitzungen, andere Sitzungszeiten und effektivere Formen der politischen
Präsentation. Je mehr Frauen vertreten sind, desto eher wird eine von ihnen diese Vereinbarkeit
einfordern und so eher werden wiederum andere Frauen dies unterstützen. An dieser Stelle scheint
die quantitative Besetzung von Positionen mit der Chance der Durchsetzung spezifischer inhaltlicher
Positionen verknüpft: Gerade da, wo die Umstände voll und ganz auf die Lebenssituation von
Männern ohne Verpflichtung zu privater unbezahlter Arbeit abgestellt sind, werden Frauen gar nicht
anders können als neue Bedingungen zu fordern, um mitmachen zu können, – es sei denn, sie führen
ein ähnliches Leben wie die Männer. Die skandinavischen Erfahrungen zeigen aber auch, daß die
Durchsetzung der von Frauen eingebrachten Themen und Vorstellungen mit der Quote noch nicht
garantiert ist. Erst über die konsequente Rekrutierung von Frauen, die auch ein Gender-Bewußtsein
haben, das sich auf die politischen Ziele ihrer Organisation und auf deren Strukturen bezieht, und über
Bündnispolitik kann dies erreicht werden.
Ein weiterer Beleg für eine Schnittstelle von quantitativer Beteiligung von Frauen und der inhaltlichen
Gestaltung von Politik ist die Bündnispolitik der Frauen. Daß sie auch quer durch Parteien
hindurchgehen kann und erfolgreich ist, beweist in der Bundesrepublik Deutschland die
parlamentarische Entscheidung über Vergewaltigung in der Ehe und den Schwangerschaftsabbruch.
In diesen Fragen haben Parlamentarierinnen ihre Loyalität gegenüber der eigenen Partei teilweise
aufgegeben und die Bedeutung des Geschlechts an erste Stelle gestellt. Sie haben primär als Frauen
aus der Betroffenheit durch eine spezielle Form der Geschlechterhierarchie entschieden. Ohne die
berechtigte Hoffnung, daß das Frauenbündnis seine Position auch mehrheitlich durchsetzen wird,
wäre es wohl kaum zu diesem Bündnis gekommen. Das zeigt, daß erst die reale Mehrheit der Frauen
solche Entscheidungen zustande bringt.
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3.2 Legalisierung und Normierung
Geschlechterverhältnisse spiegeln sich auch in Gesetzen und Normen wider. Sie zu verändern, ist
immer schon eine Strategie von Frauen gewesen. Das formale Prinzip der geschlechterbezogenen
Chancengleichheit oder das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist im Grundgesetz
verankert. In politischen Organisationen und in Gremien, die geschlechterparitätisch besetzt werden
sollen, sowie in Institutionen, in denen Diskriminierung abgebaut werden soll, kann dieser Grundsatz
aufgegriffen und konkretisiert werden. In den je spezifischen Regelwerken, Satzungen, Richtlinien,
Leitbildern oder Vereinbarungen ist er hineinzunehmen, damit die geschlechtsbezogene
Chancengleichheit eine Zielgröße ist, der sich die Organisation selbst verpflichtet fühlt. Ob es sich um
eine zu reformierende Verwaltung, um eine Partei oder eine Gewerkschaft handelt: die Erfahrung
zeigt, daß es meist ein langwieriger Prozeß ist, eine solche Selbstverpflichtung nach innen und außen
herzustellen. In der Regel ist allerdings die Diskussion um die Verankerung geschlechtsbezogener
Chancengleichheit im normativen Regelwerk auch ein wichtiger Teil der Verankerung des Ziels in der
Organisationskultur. Diese Diskussion dient der Sensibilisierung aller Beteiligten für die
Geschlechterfrage an dem je spezifischen Ort.
Im Rahmen dieser Diskussionen wird über Begriffe diskutiert werden müssen. Es ist zu entscheiden,
welcher Begriff benutzt werden soll:
-
die Durchsetzung des Gleichheitsgrundsatzes von Mann und Frau,
-
die Chancengleichheit der Frau,
-
die Gleichberechtigung der Frau,
-
die Gleichstellung von Frau und Mann,
-
die Geschlechtergerechtigkeit,
-
die Geschlechterdemokratie,
-
die emanzipatorische Geschlechterdemokratie.
Jeder dieser Begriffe muß im Kontext einer politischen Organisation genau definiert werden, und nur
die Beteiligten können letztlich vereinbaren, was es nun konkret bedeuten soll.
Allerdings sind die gewählten Begriffe für die Zielsetzung nicht beliebig. Das Bewußtsein von der
Geschlechterfrage und die Geschlechtertheorie, unter der sie gesehen wird, spiegeln sich nämlich in
den Begriffen wider: Wer z. B. Frauenpolitik sagt, will Politik für Frauen machen,
Antidiskriminierungspolitik benennt dagegen, worum es geht, wer Lesben- und Schwulenpolitik sagt,
will Politik für diese Gruppen machen, Antiheterosexismuspolitik sagt demgegenüber, was es zu
verändern gilt.
Die traditionelle begriffliche Zieltrias der Frauenpolitik
-
Chancengleichheit in der Lebensgestaltung,
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage, Abt. Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1998.
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-
Partnerschaft von Mann und Frau,
-
Frauenförderung,
basiert auf der Annahme einer Geschlechterdifferenz und will sie auch nur teilweise verändern:
Chancengleichheit muß nicht von jedem und jeder genutzt werden, Partnerschaft verträgt sich auch
mit dem Ernährermodell und Frauenförderung kann sich vor allem auf die Erleichterung der
traditionellen Arbeitsteilung der Geschlechter für die Frauen beziehen.
Demgegenüber setzt der Begriff der Gleichstellung auf einen Zustand, in dem keine ungleichen
Positionen aufgrund des Geschlechts zulässig sein sollen. Geschlechterdemokratie spricht von der
Ermächtigung beider Geschlechter zur Aushandlung von Normen und politischen Zielsetzungen und
emanzipatorische Geschlechterdemokratie betont die Veränderungen, die für beide Geschlechter
anstehen.
Normen und Leitbegriffe sind sehr abstrakt, dennoch bieten sie Voraussetzungen für konkrete Politik.
Die Entwicklung einer Politik des Mainstreaming ist ohne die Verankerung von Chancengleichheit in
den Vertragstexten der europäischen Staaten nicht denkbar. Politische Aktivitäten können sich auf
solche Normen berufen, von ihnen legitimiert werden und nicht zuletzt bieten sie auch einzelnen
Frauen, die sich diskriminiert fühlen, eine Bezugsgröße und ermutigen sie, sich gegen Diskriminierung
zu wehren. Normative Festlegungen sind, wenn sie gültig gemacht worden sind, allerdings nicht
automatisch auch wirksam, wie die vielen Studien zum Rechtsbewußtsein zeigen (vgl. Lautmann
1986). Wenn aber die Umsetzung von Normen und Leitbildern nicht automatisch funktioniert, stellt
sich die Frage nach den geeigneten Strategien der Umsetzung.
3.3 Initiative und Kontrolle: Mainstreaming
3.3.1
Definition von Mainstreaming
Der Mainstreaming-Ansatz der Frauen- und Geschlechterpolitik ist auf EU-Ebene am klarsten
ausgearbeitet. Um ihn richtig zu begreifen, müssen die dort gegebenen Rahmenbedingungen genau
betrachtet werden. Vorschnell wird nämlich Mainstreaming als neueste, modernste Form gegenüber
einer als veraltet angesehenen Frauenförderung gelobt, nicht selten, um der als Frauenförderung
mißachteten Strategie dann die Ressourcen und Machtmittel nehmen zu können.
Mainstreaming setzt voraus,
1. daß die Geschlechterfrage als politische Frage gesehen wird,
2. daß politische Interventionen dem Ziel der Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit und
dem Durchsetzen der Menschenrechte auch für Frauen zu dienen haben,
3. daß bisherige Strategien als ergänzungsbedürftig angesehen werden.
Genderorientierung in der Jugendhilfeplanung und Jugendpflege in Niedersachsen
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage, Abt. Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1998.
19
Mainstreaming bedeutet dann konkret die Aktivierung aller Potentiale zur Herstellung der
Chancengleichheit. Auf europäischer Ebene sind dies besonders
-
die rechtlichen Instrumentarien,
-
die Finanzmittel,
-
die Analysemittel,
-
die Moderationspotentiale.
Zur Herstellung der Chancengleichheit werden verschiedene Ansätze genutzt:
-
die Förderung von Frauen als diskriminierter Gruppe,
-
die Herstellung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, damit Chancengleichheit möglich wird,
-
die Bewußtseinsbildung über die Geschlechterfrage, insbesondere bei männlichen Akteuren.
Eine wichtige Aktivität im Rahmen von Mainstreaming ist das Gender-Controlling, also die Analyse
jeder politischen Aktivität unter der Fragestellung, welchen Beitrag sie zur Chancengleichheit leistet:
-
Aktionsprogramme werden bereits im Entwurf und Planungsstadium unter der Geschlechterfrage
analysiert und verändert.
-
Politische Konzepte werden unter der Geschlechterfrage analysiert, evaluiert und neu entworfen.
-
Der Zugang zu Programmen und Finanzmitteln für Frauen wird geprüft und verbessert.
Entscheidend ist die Idee, die das Mainstreaming trägt: Die Geschlechterfrage wird als ein
wesentliches Kriterium bei der Lösung sozialer, wirtschaftlicher und umweltpolitischer Probleme
angesehen. Die scheinbare Geschlechtsneutralität vieler Problemstellungen wird als solche erkannt
und die Geschlechterbezüge werden deutlich gemacht bzw. erarbeitet. Das hat zur Konsequenz, daß
nicht Frauen spezielle Sitzungen zu ihren Problemen abhalten, sondern daß in allen Sitzungen das
spezielle Problem der Geschlechter behandelt wird. Ein solcher Anspruch ist der Tragweite
geschlechtshierarchischer Verhältnisse in allen Teilbereichen der Gesellschaft angemessen, das
Einlösen dieses Anspruchs jedoch ist ein Prozeß.
Im Idealfall
-
sind vielfältige Methoden zur spezifischen Analyse des Geschlechterverhältnisses in allen
Sachfragen vorhanden,
-
sind politischen Akteure gendersensibel, und zwar sowohl im persönlichen Verhalten als auch in
ihrer Problemsicht,
-
werden die Geschlechterverhältnisse als selbstverständliche Elemente komplexer
Problemlösungen betrachtet und bereits im Planungsstadium berücksichtigt,
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werden Effekte politischer Maßnahmen in ihren Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis
evaluiert und Maßnahmen, die es nicht enthierarchisieren, ausgeschieden,
-
erübrigt sich die Kontrolle, ob die Gender-Perspektive integrierter Bestandteil aller politischer
Aktivitäten ist.
3.3.2
3.3.2 Voraussetzungen von Mainstreaming
Mainstreaming ist eine Strategie, die das Einlassen auf Institutionen und das Mitmachen innerhalb
dieser Institutionen voraussetzt, eine nicht ganz unumstrittene Voraussetzung, denn die
Frauenbewegung als starke politische Kraft lebte gerade von der kritischen Distanz zur etablierten
Politik und ihren Institutionen. Sie kämpft um Freiräume und die Erweiterung des Politischen, um das,
was bislang privat gehalten wurde. Eine feministische Gegenöffentlichkeit ist durch Frauen in den
Institutionen sicher nicht herzustellen. Mainstreaming paßt sich einerseits also den vorgegebenen
Lösungskalkülen an und ist dadurch auch immer beschränkt, andererseits nutzt es die gegebenen
Kalküle für die Geschlechterfrage. Und diese Nutzung kann neue Potentiale eröffnen. Gerade wenn
die vorhandenen Kalküle daraufhin geprüft werden, an welchen Stellen sie geschlechtsspezifische
Auswirkungen produzieren, dann werden Veränderungen sichtbar, die sonst im Nebel des "Normalen"
gar nicht zur Debatte stehen. Solche Analyse des "Gendering-Prozesses" ist höchst anspruchsvoll
und keine einfache Aufgabe.
Mainstreaming ist eine Strategie der Geschlechterpolitik. Diese Strategie entlastet keineswegs von der
politischen Debatte und Entscheidung über die Art der Veränderung des Geschlechterverhältnisses.
Die quantitative Gleichstellung der Geschlechtergruppen ist dabei in vielen Fällen noch kein Beleg für
reale Chancengleichheit. Wer Geschlecht als Strukturkategorie zur Analyse von
geschlechtsspezifischen Herrschaftsverhältnissen benutzt, muß über den Nachweis statistischer
Ungleichheit der Geschlechter weit hinausgehen. Ohne eine ausgewiesene Gesellschaftstheorie und
eine Theorie der Geschlechterverhältnisse lassen sich nämlich die ausgewiesenen
Geschlechterdifferenzen in Arbeitsmarkt-, Gesundheits-, Wohlfahrtsstatistiken nicht interpretieren. Die
schlichte Forderung, daß Männer- und Frauenanteile in jeder zählbaren Weise gleichzumachen sind,
trägt nicht weit. Selbst wenn z. B. genauso viele Frauen wie Männer Top-Positionen innehätten, sich
aber gleichzeitig der bereits absehbare Trend verstärkt, daß diese Frauen auf Kinder verzichten,
während Männer durchaus Väter sind, ist der Männer-Frauen-Vergleich unzureichend: Er müßte
durch einen Vergleich von Vätern und Müttern vertieft werden. Ebenso zeigen die mangelhaften
Erfolge aller Bemühungen, junge Frauen in sogenannten Männerberufen zu fördern, daß die
korrespondierende Strategie, nämlich junge Männer in traditionellen Frauenberufen zu fördern,
bislang fehlt. Auch in den nordischen Ländern ist diese Strategie bislang fehlgeschlagen. Es ist
allerdings logisch, daß die quantitativ stärkere Besetzung von Männerplätzen durch Frauen nur
möglich ist, wenn Männer auch Frauenplätze besetzen. Dies aber sind politische Entscheidungen, zu
deren Durchsetzung Mainstreaming als Strategie geeignet ist, die aber keineswegs durch
Mainstreaming ersetzt werden können: Wenn Verfahren kontrolliert und Zielgrößen ermittelt werden,
müssen die Kriterien der Kontrolle bereits gegeben sein, diese lassen sich allerdings nur aus einer
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klaren Analyse der Geschlechterverhältnisse und einer visionären Geschlechterperspektive
entwickeln.
Ein wirksamer Mainstreamingprozeß hat darüberhinaus drei wichtige Voraussetzungen. Er erfordert
-
Fachwissen,
-
Gender-Kompetenz,
-
Macht,
und zwar bei allen an Entscheidungen und Prozessen Beteiligten.
Fachwissen
Das Problem der Differenz von Experten und Laien, das sich nicht zuletzt auch am Problem der
Fachsprache zeigt, wird im Mainstreaming sehr deutlich: Die Querschnittsaufgabe Gleichstellung
erfordert das Allround-Wissen in allen Fachbereichen und das je spezifische und detaillierte Wissen
aus der Geschlechterforschung. Je mehr Fachwissen da ist, desto leichter kann es in Verbindung mit
den Gender-Kenntnissen zur kritischen Analyse beitragen. Fachwissen innerhalb der verschiedensten
Bereiche ist für die Gleichstellungsarbeit im Mainstreaming unerläßlich, und es ist nicht
selbstverständlich, daß dieses Wissen in einer Person vereint ist. Gleichstellungsbeauftragte z. B.
müssen sich oft einer Übermacht an Experten gegenüber behaupten. Einerseits muß die
Gleichstellungsbeauftragte Expertinnen hinzuziehen dürfen, um das Ungleichgewicht etwas
auszugleichen, andererseits muß sich auch das Expertenwissen öffnen und transparent werden bzw.
die Defizite erkennen, die im Bereich der Geschlechterfrage bestehen.
Neben dem Fachwissen ist auch ein anderes Wissen erforderlich, nämlich das Prozeß- oder
Verfahrenswissen. Die Bewegung der Frauen in den Institutionen zeigt deutlich, daß Frauen das
schon seit Jahrzehnten erkannt haben. So haben Gewerkschafterinnen zunächst ihre Erfahrungen
und Kenntnisse mit der Organisationsstruktur ihrer Gewerkschaft ausgetauscht, sich darin gegenseitig
fit gemacht und bestärkt, um dann ihre Anliegen entsprechend durchzusetzen (Pilwousek 1998). Die
Gewerkschafterinnen, die aus den Anfängen der Bewegung erzählen, kannten die Spielregeln ihrer
Organisation, die Antragshandhabung, das Lobbying und die vielen kleinen taktischen Züge, die
dazugehören. Beides haben sie gebraucht: einerseits den Prozeß des gegenseitigen Austauschens
und der Zielformulierung ihrer Interessen innerhalb der Gewerkschaft, zum anderen die Kenntnisse
der Organisation, der Spielregeln und der taktischen Züge.
Gender-Kompetenz
Wie jedes Ressort über Fachwissen verfügt, gibt es auch die Verfügung über Gender-Kenntnisse: Die
Erkenntnisse über die geschlechtshierarchischen Verhältnisse werden immer umfangreicher und
erschöpfen sich nicht in der Kenntnis von Ergebnissen aus Umfragen über das, was Frauen wollen.
Gender-Studies an Universitäten haben ein umfangreiches Curriculum und sind in anderen Ländern
viel weiter entwickelt als in der Bundesrepublik Deutschland. Daß die herrschenden Wissenschaften
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Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
Geschlechterfrage, Abt. Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1998.
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androzentrische Blickweisen haben, also die Lebenssituation von Frauen ausblenden und die von
Männern zur Norm erheben, kann als erwiesen gelten, und es gibt bereits eine Fülle von
Erkenntnissen, die auf einer feministischen kritischen Perspektive basieren. Gender-Kompetenz ist
also die Fähigkeit zum Umgang mit den vielfältigen Erkenntnissen aus der Frauen- und
Geschlechterforschung und mit den Erfahrungen von Frauen. Die Nutzung dieses Wissens setzt
allerdings das Bewußtsein voraus, daß das Geschlechterverhältnis ein politisches Problem ist, das der
gesellschaftlichen Lösung und nicht der privaten, individuellen bedarf. Gender muß als
Strukturkategorie verstanden werden, die alle gesellschaftlichen Verhältnisse durchzieht. GenderKompetenz in Mainstreaming-Verfahren bedeutet aber auch, daß bestehende Erkenntnislücken
ausgewiesen werden. Je mehr der kritische Geschlechterblick in allen Bereichen geschärft wird, desto
deutlicher kommt auch zum Vorschein, wie wenig detailspezifische Erkenntnisse vorhanden sind. In
diesen Fällen müssen neue Erhebungsfragen formuliert werden, Datenanalysen gefordert werden und
vorhandenes Wissen unter veränderten Fragestellungen analysiert werden. Der Ausweis solcher
Wissenslücken oder Hinweis auf die fehlenden Daten im Mainstreaming-Prozeß heißt jedoch nicht,
daß die Frauen in den entsprechenden Gremien diese Daten beizubringen haben. Vielmehr ist es
Aufgabe der jeweiligen Institutionen, der Abteilungen oder der Verwaltungseinheiten, die das infrage
stehende Projekt zu verantworten haben.
Zur Gender-Kompetenz im Mainstreaming-Prozeß gehört jedoch nicht nur die Präsenz von
Erkenntnissen und die Fähigkeit, Lücken zu finden, sondern auch die Kompetenz im Umgang mit den
Geschlechterbeziehungen. Wer in gemischtgeschlechtlichen Gruppen arbeitet, braucht sowohl das
Wissen um geschlechtshierarchische Beziehungsmuster, frauendiskriminierende Redeweisen und
verbale wie nonverbale Umgangsformen als auch die Fähigkeit, sich diesen gegenüber zu behaupten
und sie zu verändern. Wenn zum Beispiel die Geschlechterproblematik an den letzten
Tagesordnungspunkt zurückgestellt wird, korrespondiert das häufig mit der Zurückweisung der
Argumente, die Frauen generell und speziell zu Geschlechterfragen einbringen oder mit der
demonstrativen Protektion von anderen Frauen, die gerade dies nicht tun. Wenn männliche Mitglieder
eines Gremiums eine solche geballte Gegenmacht aufbauen, so müssen Frauen ihr standhalten, sie
durchschauen und ihr entgegenwirken. Gleichzeitig geht es darum, männlichen Mitgliedern ihre
eigenen Verhaltensweisen transparent zu machen, damit sie begreifen, daß sie mit ihrem Verhalten
auch die Politik eines Gremiums beeinflussen. Frauen brauchen darüber hinaus die Fähigkeit, die
Abwertungen, die ihnen als Geschlecht gelten, nicht als Abwertung der eigenen Person zu erfahren.
Macht
Mainstreaming braucht die Unterstützung von Frauenzusammenhängen. Auf EG-Ebene bedeutet
Mainstreaming unter anderem, die Koordinierungspotentiale dieser Ebene zu nutzen. Damit ist genau
benannt, wovon Mainstreaming leben kann: von der Sensibilität der Frauen für ihre jeweilige Situation
und der Stärkung ihrer Netzwerke. Es gibt viele Formen, ein solches Networking zu betreiben,
entscheidend ist, daß Frauen die Orte, die Zeit und die Mittel bekommen, sich zu einer bestimmten
frauen- und geschlechtsspezifischen Problematik auszutauschen und daran zu arbeiten. Ohne einen
Ort, ohne die Zeit und die organisatorischen Mittel für die Arbeit an der Geschlechterfrage in der
jeweiligen Organisation bleiben sowohl Mainstreaming-Politik ohne legitimierenden Unterbau als auch
Gleichstellungsbeauftragte einsame Kämpferinnen. Die Definitionsmacht von Problemen ist im
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Mainstreaming-Prozeß nicht automatisch gegeben. Dazu brauchen die dort arbeitenden Frauen und
Männer politisch legitimierte Vorgaben, die wiederum durch andere Prozesse herbeigeführt werden
müssen als durch den Mainstreaming-Prozeß selber. Mainstreaming heißt dann, daß allen
Operationen im politischen Raum der "Zwangsgedanke": Was bedeutet dieses für das
Geschlechterverhältnis? eingegeben wird. In diesem Zwang liegt bereits eine gewisse Macht,
allerdings nicht in dem Sinne, daß dadurch die Gleichstellung der Geschlechter oder die Aufhebung
der geschlechtshierarchischen Verhältnisse gesichert wäre.
3.3.3
Ansätze zu einer Realisierung von Mainstreaming
Die Voraussetzungen für den Idealfall einer Mainstreamingpolitik sind jedoch noch lange keine
politische Realität, weder auf der EU-Ebene noch in den nordischen Ländern, die in der
Gleichstellungspolitik bereits seit längerer Zeit nach dem Mainstreaming-Prinzip verfahren (Laxén
1997). So werden in Schweden und Dänemark zur Zeit Projekte entwickelt, deren Ziel es ist,
Methoden des Mainstreaming zu erarbeiten. Die systematische Analyse der Gleichstellungsimplikation
ist ohne Instrumente, die dem jeweiligen Feld angepaßt sind, nicht möglich. Spezielle
Datenerhebungen, Mittelflußanalysen, Analysen von Entscheidungsverläufen, Tests, Checklisten und
Seminarkonzepte sind immer auf die jeweilige politische Maßnahme abzustimmen.
In der Bundesrepublik gibt es für den Bereich der betrieblichen Personalentwicklung bereits Ansätze,
die dem Mainstreaming-Prinzip entsprechen, und zwar im Rahmen des Total-E-Quality. Das Ziel ist
klar: Frauen sollen in dem Umfang an allen Stellen im betrieblichen System präsent sein können wie
Männer. Bereits ein scheinbar so simples Ziel ist nicht mit einer Maßnahme oder einem speziellen
Schritt zu erreichen, es erfordert vielmehr die detaillierte Analyse von vielen Prozessen, Verfahren und
Vorgehensweisen, die wiederum betrieblich sehr heterogen sind. Eine spezifische Gestaltung von
Personalauswahl und Stellenbesetzungsverfahren, die Frauen fördern soll, wird hier entwickelt. Diese
Praktiken sind vielfältig und verändern die üblichen, geschlechtsunsensiblen Verfahren (Krell 1998).
Mainstreaming oder Gender-Controlling in der Mittelvergabe bedeutet, daß geprüft wird, ob die Hälfte
der verfügbaren Mittel an Frauen fließt, eine statistisch erfaßbare Größe. Stimmt das Ergebnis nicht
mit dem Ziel überein, müssen in einem weiteren Schritt Förderkriterien und Vergabepraktiken
überprüft und verändert werden, solange sie Frauen daran hindern, an den Mitteln zu partizipieren.
Auch das Vorhalten von Sondertöpfen nur für Frauen, wie es bei europäischen Fonds mit 15% der
Mittel angestrebt wird, ist eine Maßnahme im Sinne des Mainstreaming, die dazu führen soll, daß
Frauen gleichgestellt werden. Positive Aktionen für Frauen haben in der Mainstreaming-Strategie
ihren Platz, wenn ihr Stellenwert in der Gleichstellungspolitik klar ist. So erfordert beispielsweise die
Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewaltverhältnisse sowohl die Veränderung von
Rahmenbedingungen wie etwa die finanzielle Abhängigkeit von Ehefrauen, als auch konkrete Hilfen
für die von Männergewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder bis hin zur Therapie der Täter.
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Formal gibt es Gender-Control-Maßnahmen bereits seit langem in vielen Kommunen und Ländern.
Dort haben Frauen durchgesetzt, daß in Gesetzesentwürfen, Kabinettsvorlagen oder Verordnungen
obligatorisch die Frage zu beantworten ist, welche Auswirkungen das Vorhaben auf Frauen hat. Auf
den ersten Blick ist dies eine konkrete Form des Gender-Controlling. Allerdings zeigt die Praxis, daß
es viel zu wenig greift: Die Frauenbeauftragten müssen erfahren, daß in 99% der Fälle die Frage mit
"keine Auswirkungen" beantwortet wird (vgl. Senatsverwaltung Berlin 1998, S. 71). Damit ist der
formalen Pflicht Genüge getan. Es besteht, wie diese formale Pflichterfüllung zeigt, ein hohes Maß an
Unwissen über die Gendering-Prozesse, über die verborgenen Mechanismen geschlechtsspezifischer
Diskriminierung. Auch die Idee, mit Checklisten, in denen potentielle Diskriminierungsmechanismen
aufgelistet sind, die Beantwortung der Frage zu erleichtern, ist zwischen den Frauenbeauftragten
umstritten. Die Befürchtung, daß eine erneute Formalisierung wiederum die gleichen formalen
Reaktionen hervorruft, liegt auf der Hand. Jung (1998) analysiert die Versuche von Verwaltungen, das
"Fremde" – in diesem Falle die Problematik geschlechtshierarchischer Verhältnisse – zu integrieren,
und sie nennt die Mechanismen der Formalisierung und Verrechtlichung. Gleichstellungsstrategien
wie die Aufstellung von Meßgrößen und Standards, die Forderung nach Berichterstattung und die
Kontrolle von Rechtsverstößen passen sich genau diesem Mechanismus an. Bleiben sie die einzigen,
werden sie kaum durchschlagende Erfolge haben. Um keine "zahnlose Tigerin" (a.a.O., S. 202) zu
bleiben, muß die Gleichstellungspolitik die Systemgrenzen der Verwaltungen sprengen können:
Momente der Unberechenbarkeit und Innovation, der Präsentation des ganz anderen sind erforderlich,
um die männlich geprägten Institutionen zu verändern und um der anderen Hälfte der Bürgerinnen
Raum zur Gestaltung zu eröffnen.
In der Position der Frauenbeauftragten wird damit noch einmal dieses Dilemma der herrschenden
Gleichstellungspolitik deutlich: Ursprünglich als Kontrollinstanz für ein weitgehendes
Antidiskriminierungsgesetz vorgesehen, verblieb die Position, obschon das Gesetz nicht durchgesetzt
werden konnte. Dadurch erhielt die Gleichstellungsbeauftragte eine doppelte Funktion: die der
Kontrolle der - bisher unzulänglichen - Gleichstellungsnormen und die der Initiative, mit der sie etwas
erreichen soll, wenn die Normen nicht greifen. Persönlicher Einsatz der Gleichstellungsbeauftragten
bleibt damit der entscheidende Faktor, denn das Gesamtsystem der Verwaltung hat sich die
Gleichstellungsidee nicht zu eigen gemacht. So wird die Kontrolleurin leicht zur Verantwortlichen und
anstelle derjenigen, die gegen Regeln verstoßen, selber angeprangert. Als Teil der Verwaltung spielt
sie die Rolle des schlechten Gewissens, als Person ist sie ein sichtbares Zeichen für ein
demokratisches Defizit innerhalb der Institution. Sie bleibt so lange eine notwendige Mahnerin, bis die
Systeme der Verwaltung die Geschlechterproblematik wirklich als handlungsleitende Idee integriert
haben - Mainstreaming-Strategien können diesen Integrationsprozeß tragen.
3.4 Orte für Frauen zur Selbstverständigung, Rückbesinnung
und autonomen Praxis
Die Frauenbewegung als die gesellschaftliche Praxis der Schaffung autonomer Räume für Frauen ist
der sichtbare Beweis dafür, daß von Frauen Gedachtes und Gefühltes unsichtbar gehalten wurde und
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daß die Bezugnahme von Frauen aufeinander produktiv und innovativ ist. Sie hat ein Muster
geschaffen, das auch für Frauen, die nicht dazugehören, zum kritischen Impuls wird. In
Organisationen und Institutionen haben Frauen ihre eigenen Gruppen, Abteilungen oder Gremien
gegründet, um sich über ihre Interessen zu verständigen und um von dort aus Einfluß zu nehmen. Ihre
Kritik richtet sich immer nicht nur auf die Diskriminierung ihrer Interessen, sondern auch auf die
politische Kultur der jeweiligen Organisation, wenn sie frauenausschließende und frauenverachtende
Züge trägt. Von männlich geprägten Organisationen Verdrängtes ans Tageslicht zu bringen, die
hierarchischen Geschlechterverhältnisse zu verdeutlichen, das ist das Anliegen der Frauen, die sich
an eigenen Orten zusammentun. Sie kehren sich dabei nicht verbittert von patriarchalen Institutionen
ab, sondern ziehen vielmehr die Energie aus ihren eigenen Zusammenhängen und verfolgen mit
langem Atem antipatriarchalische Strategien. Wie die neuen Geschlechtertheorien nun nahelegen, ist
das Frau-Sein nun keine hinreichende Basis für die Formulierung frauen- oder geschlechterpolitischer
Ziele. Diese lassen sich nicht einfach aus einem globalen und einheitlichen Fraueninteresse ableiten.
Eine solche Vorstellung herrschte eher in Köpfen von Männern, die sich selbst zu Frauenpolitikern
ernannten. Vielmehr sind Diskriminierungen des Geschlechts und die geschlechtsspezifischen
Innovationen sehr vielfältig, teils verborgen, teils unterschiedlich individuell erfahren. Darin liegt der
Grund, daß es Räume für Frauen und gegebenenfalls für Männer geben muß, in denen ein je
spezifischer Konsens untereinander gefunden werden kann. Das bedeutet, daß unter den je
gegebenen Bedingungen und mit den je vorhandenen Erfahrungen der handelnden Frauen die
Verständigung über Ziele ihrer Politik erfolgen muß. Ein solcher Ort ersetzt nicht ein quotiertes
Gremium, er ist keine Alternative zum Mainstreaming, vielmehr bietet er den Rückhalt und die
Rückkoppelung für die frauen- und geschlechterpolitischen Handlungen an anderen Stellen.
Eigenständige Frauengremien dienen darüber hinaus der Diskussion um die Evaluation der Strategien
der Durchsetzung gemeinsam gefundener Ziele. Sie bilden eine Unterstützung, aber auch ein
kritisches Forum für die Frauen, die in quotierten Gremien oder in Mainstreaming-Prozessen arbeiten.
Sie können deren Wirkungsmacht ergänzen, wenn sie eigene Ressourcen haben oder mobilisieren.
Die Frauen in den quotierten Gremien müssen sich mit den Regeln der dortigen Politik
auseinandersetzen, ihre Grenzen zu Innovationen sind enger. Die Phantasie in den Frauengruppen ist
demgegenüber weiter, und wenn sie eigenständig über Mittel wie Öffentlichkeit und finanzielle
Ressourcen verfügen, können sie auch eine autonome politische Praxis verfolgen.
Fazit
Mainstreaming ist ein Durchsickern der Geschlechterfrage in bislang männerzentrierte Denkweisen,
Organisationsformen und Verfahrensweisen, als solche eine neue, aussichtsreiche Strategie. Sie darf
jedoch nicht als einzige sinnvolle und treffsichere dazu benutzt werden, andere erprobte Strategien
nun als überflüssig zu bezeichnen. Ebensowenig, wie sie ein Ersatz für Quotierung, normative
Festlegungen oder autonome Frauenräume sein kann, ist sie eine Reaktion auf die Erfolge, die
Frauen in der Geschlechterfrage erzielt haben. Im Gegenteil, sie setzt an der Erfahrung an, daß die
Umsetzung der geschlechtlichen Antidiskriminierung ein viel gewaltigeres und tiefgreifenderen
Vorhaben sein muß als bislang geglaubt. Solange die Verästelungen politischer und administrativer
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
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Entscheidungsprozesse, Verfahrensweisen und Gestaltungsformen nicht gründlich auf ihren
diskriminierenden Kern durchgearbeitet sind, solange wird es bei der oft gehörten Klage über die
mangelhafte Umsetzung des Gleichstellungsparagraphen im Grundgesetz bleiben.
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
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Stiegler, B.: Heim zur Arbeit. Telearbeit und Geschlechterverhältnis, Friedrich-Ebert-Stiftung, Abt.
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Zur Autorin:
Dr. Barbara Stiegler, Dipl.-Psychologin, Dipl.-Pädagogin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der
Abteilung Arbeits- und Sozialforschung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn. Arbeitsschwerpunkt:
Frauenforschung
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Quelle: Barbara Stiegler: Frauen im Mainstreaming : politische Strategien und Theorien zur
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