Fit für Gender Mainstreaming

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Fit für Gender Mainstreaming
Arbeitshilfe: Fragen zur Gender-Prüfung
bei der Erstellung von Vorlagen
Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft
Herausgeber:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft e.V.
Bundesverwaltung, Ressort 2 – Bereich Genderpolitik,
Potsdamer Platz 10, 10785 Berlin
Verantwortlich:
Margret Mönig-Raane, stellv. Vorsitzende
Redaktion:
Joachim H. Klett
in Zusammenarbeit mit Angelika Blickhäuser, Petra Ganser, Gisela Breil,
Albert Rozsai, Kasten Kassner, Ilona Schulz-Müller
Stand Dezember 2002
Fit für Gender Mainstreaming
Arbeitshilfe: Fragen zur Gender-Prüfung
bei der Erstellung von Vorlagen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
als erste Gewerkschaft hat ver.di die geschlechterpolitische Strategie des Gender Mainstreaming
in der Satzung verankert. Seit Mitte 2001 ist die Gender-Prüfung fester Bestandteil aller Vorlagen
an den Bundesvorstand und den Gewerkschaftsrat. Damit zeigen wir, dass es uns ernst ist mit
der Integration des Gender-Mainstreaming-Prinzips in unser Alltagsgeschäft.
Die Gender-Prüfung hat sich in der fachlichen Alltagsarbeit verständlicherweise für viele Kolleginnen und Kollegen als „harte Nuss“ entpuppt. Es fehlten einfach noch zu viele Informationen
über das in der Satzung formulierte Ziel der Geschlechterdemokratie und Gender Mainstreaming als dem Weg dorthin. Mittlerweile hat ein Informations- und Qualifikationsprozess zu Ziel
und Weg eingesetzt – die Nebel lichten sich. Wie in vielen Betrieben und Verwaltungen, einer
Vielzahl von Ministerien und Behörden, setzen auch wir intern wie bei der Betreuung von Betriebs- und Personalräten die Idee von Gender Mainstreaming zunehmend um.
Diese Arbeitshilfe soll euch helfen, die Gender-Prüfung mit einfachen Mitteln – anhand von
zentralen Fragen – durchführen zu können. Viele Aspekte können wir hier nur anreißen. Diese
Handreichung will und kann kein Gender-Training ersetzen, noch soll sie den Umfang eines
Handbuches annehmen. Wer mehr wissen will, sei auch auf unser Internet-Angebot hingewiesen (http://www.gender.verdi.de).
Ein Tipp vorweg. Es geht nicht darum, nach Fertigstellung einer Vorlage noch mal drauf zu
schauen, ob auch Genderpolitik berücksichtigt ist. Es geht vielmehr darum, bei allen Arbeitsvorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern in all ihrer Vielfalt von
vornherein und regelmäßig zu bedenken. Die oft beschworene und noch so gut gemeinte „Geschlechtsneutralität“ zeigt sich doch immer wieder als „Geschlechtsblindheit“.
Beratung bei konkreten Umsetzungsfragen bieten die jeweiligen Genderbeauftragten der Ressorts bzw. der Landesbezirksleitung sowie der Bereich Genderpolitik auf Bundesebene.
Frank Bsirske
Vorsitzender
Margret Mönig-Raane
stellvertretende Vorsitzende
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Geschlechterdemokratie ist das Ziel –
Gender Mainstreaming ist der Weg
Gender Mainstreaming ist das Schlagwort für eine neue Offensive in der Chancengleichheitspolitik. Mit in Kraft treten des Amsterdamer Vertrages 1999 ist eine aktive Gleichstellungspolitik auf EU-Ebene verbindlich festgeschrieben. Was genau verbirgt sich dahinter?
Die Bundesregierung fasst die Begrifflichkeit wie folgt:
Gender Mainstreaming
bedeutet, bei allen gesellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und
Interessen von Frauen und Männern von vornherein zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.
Gender
kommt aus dem englischen und bezeichnet
die gesellschaftlich, sozial und kulturell
geprägten Geschlechtsrollen von Frauen
und Männern. Diese sind - anders als das
biologische Geschlecht - erlernt und damit
auch veränderbar.
Mainstreaming
(englisch für „Hauptstrom“)
bedeutet, dass eine bestimmte inhaltliche
Vorgabe, die bisher nicht das Handeln
bestimmt hat, nun zum zentralen Bestandteil
bei allen Entscheidungen und Prozessen
gemacht wird.
Zum Nach- und Weiterlesen: http://www.gender-mainstreaming.net
Geschlechterdemokratie und Gender Mainstreaming bei ver.di
Geschlechterdemokratie ist als Leitbild und politische Zielvorstellung in unserer Satzung festgeschrieben (§ 5 Absatz 3). ver.di will Geschlechterdemokratie damit in allen Arbeitsfeldern
verankern. Als einen Weg der Umsetzung dieses Ziels benennt die Satzung die geschlechterpolitische Strategie des Gender Mainstreaming.
Der mit der Gründung von ver.di neu entstandene Bereich Genderpolitik befasst sich mit der
Implementierung und Verstetigung von Gender Mainstreaming in der Organisation. Als eine
gemeinsame Aufgabe von Frauen und Männern verstehen wir darunter
a) das systematische Einbeziehen der Geschlechterperspektive (gender)
b) in alle (politischen) Handlungsfelder der Organisation (mainstream).
Geschlechterdemokratie bedeutet in einem grundsätzlichen Sinne die Herstellung formaler
und sozialer Chancengleichheit der Geschlechter sowie die Anerkennung von Vielfalt und
Gleichwertigkeit von Lebensentwürfen.
Zur Umsetzung dieses Ziels bedient sich die geschlechterpolitische Strategie des Gender Mainstreaming unterschiedlicher Instrumente, unter anderem auch Analyseinstrumente. Eines dieser Instrumente ist die hiermit vorgelegte Arbeitshilfe „Fragen zur Gender-Prüfung bei der Erstellung von Vorlagen“.
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Folgende Visionen verbinden wir mit einer geschlechterdemokratischen Organisation und deren politischen Zielen:
1) Frauen und Männer haben selbstverständlich und völlig gleichberechtigt Zugang zu allen
Positionen und Hierarchieebenen – das gilt auch für informelle Netzwerke. Sie sind an der
Ziel- und Meinungsfindung gleichmäßig beteiligt.
2) Gegenseitige Wertschätzung, Respekt und Anerkennung ist unabhängig von Geschlecht
und sexueller Orientierung, wie auch unabhängig von Lebenslagen, Herkunft, Alter usw.
3) Der Perspektivwechsel hin zu einer Anerkennung von Vielfalt beinhaltet zugleich, dass der
meist unausgesprochene Maßstab des Normalen und Selbstverständlichen auf den Prüfstand gestellt wird: männlich, heterosexuell, Mittelschicht, weiß, leistungsfähig, immer verfügbar usw.
4) ver.di übernimmt nach innen und außen Verantwortung für das Ziel Geschlechterdemokratie. Frauen wie Männer sind gemeinsam an diesem Prozess beteiligt – und dies auf allen
Ebenen der Organisation. Alle sind kompetent, in ihren jeweiligen Arbeitszusammenhängen aktiv geschlechterdemokratische Teilziele zu konkretisieren und umzusetzen.
5) Der Prozess der Annäherung an diese Ziele erfolgt mit hoher Transparenz unter der Beteiligung aller AkteurInnen.
Genderbeauftragte
beraten bei der Anwendung der geschlechterpolitischen Strategie des Gender Mainstreaming.
Sie moderieren, begleiten und unterstützen bei der Integration von Gender Mainstreaming in
die alltägliche gewerkschaftliche Arbeit. Zudem initiieren sie eigene Projekte und Maßnahmen,
sammeln Erfahrungen mit dem Umsetzungsprozess und bereiten diese auf.
Nutzen der Anwendung von Gender Mainstreaming –
Einige Beispiele
Gender Mainstreaming sorgt mit dafür, dass in den politischen Zielvorstellungen von ver.di die
Lebens- und Arbeitsentwürfe, die vielfältigen Interessen und Ausgangssituationen von Frauen
und Männern berücksichtigt werden.
ver.di führt als erste Gewerkschaft die geschlechterpolitische Strategie des Gender Mainstreaming ein. ver.di setzt europäische Ansprüche um, wie sie z. B. für die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik oder die Tarifarbeit gefordert werden.
Die Anwendung von Gender Mainstreaming erhöht die Qualität und Effektivität bei der Erledigung von fachlichen Aufgaben. Beispielsweise werden genderspezifische Auswirkungen von
Entscheidungen vorausschauend berücksichtigt und die Kosten nachträglicher Korrekturen vermieden. Mit Gender Mainstraming in der Personalpolitik wird insgesamt die Arbeitszufriedenheit erhöht.
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Auf der Grundlage von Genderanalysen lassen sich unsere Angebote besser auf die vielfältigen
Bedürfnisse von Beschäftigten in unserem Organisationsbereich zuschneiden. Das stärkt die
Attraktivität von ver.di. und trägt zur Mitgliedergewinnung und Mitgliedersicherung bei.
ver.di ist Motor: ver.di baut Genderkompetenz für die Zukunft auf – für eine gerechtere Welt
mit gleichen Chancen der Teilhabe für alle sowie
Anerkennung von Vielfalt frei von Diskriminierung.
... das haben wir davon.
... und das machen wir jetzt.
Fragen zur Gender-Prüfung bei der Erstellung von Vorlagen:
1 Welche Ziele liegen der Entscheidung zu dieser Vorlage zu Grunde, was soll mit dem beschriebenen Projekt, mit der jeweiligen Politikmaßnahme oder in dem Arbeitsfeld etc. erreicht werden?
2 Welche Auswirkungen haben die in der Vorlage beschriebenen Sachverhalte auf Frauen
und Männer in ihren jeweiligen Lebensentwürfen?
3 Welche genderspezifischen (Teil-)ziele können benannt werden bzw. wurden im Vorhinein formuliert? Anders gefragt: Welcher Beitrag zu (mehr) Geschlechterdemokratie soll
mit der Umsetzung des Ziels erreicht werden?
4 Gibt es genderspezifische Daten und Erkenntnisse, die die unterschiedliche Betroffenheit
von Frauen und Männern verdeutlichen? Sind die Sachverhalte in dieser Vorlage daraufhin überprüft worden?
5 Sollten genderspezifische Daten nicht vorliegen: Welche Daten und Erkenntnisse werden
benötigt und welche Hilfestellungen sind erforderlich, um diese verfügbar zu machen?
Ziel ist es, Gender Mainstreaming als Selbstverständlichkeit in der Alltagsarbeit zu etablieren.
Deshalb gilt das Motto: Erst kommt die Analyse aus dieser Perspektive, dann das konkrete
Handeln. Sicher ist es ein ordentliches Stück Weg, bis das alles zur guten Routine geworden
ist. Aber auch der 1000-Meter-Lauf beginnt mit dem ersten Schritt.
Im Rahmen des Konzeptes „Fit für Gender Mainstreaming“ bietet ver.di Informations- und
Qualifizierungsveranstaltungen zur Anwendung der Arbeitshilfe an. Zielsetzung ist, dort gemeinsam die zunächst allgemein gehaltenen Fragen zu diskutieren, zu konkretisieren und für
alle Beteiligten handhabbar zu machen.1
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Zur eigenen Beschäftigung mit dem gesamten Themenfeld sei empfohlen: Krell, Gertraude (Hg.): Chancengleichheit durch Personalpolitik.
Gleichstellung von Frauen und Männern in Unternehmen und Verwaltungen. Rechtliche Regelungen – Problemanalysen – Lösungen, 3. Aufl.,
Gabler Verlag: Wiesbaden 2001
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BV02 -Genderpolitik - 37167 - 01/03
Vereinte
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