Stochastische Analysis - Fachbereich Mathematik und Informatik

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Stochastische Analysis
SS10
von
Steffen Dereich
Fachbereich Mathematik und Informatik
Philipps-Universität Marburg
Version vom 6. Mai 2010
Inhaltsverzeichnis
1 Motivation / Einführung
1.1 Motivation anhand eines einfachen Finanzmarktmodells . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Integration bzgl. Integratoren von lokal endlicher Variation . . . . . . . . . . . .
4
4
6
2 Stochastische Prozesse in stetiger Zeit
2.1 Äquivalenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Die üblichen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
8
9
3 Martingale in stetiger Zeit
3.1 Martingale . . . . . . . . .
3.2 Stoppzeiten . . . . . . . .
3.3 Konvergenzsätze . . . . .
3.4 Regularisierung . . . . . .
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10
10
10
11
12
4 Stetige Semimartinale
4.1 Lokale Martingale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Der Raum der uniform quadratintegrierbaren Martingale .
4.3 Die quadratische Variation (Doob-Meyer Zerlegung) . . .
4.4 Die quadratische Kovariation . . . . . . . . . . . . . . . .
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13
13
14
14
15
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5 Das
5.1
5.2
5.3
5.4
stochastische Integral
Die previsible-σ-Algebra . . . . . . . . . . . . . .
Quadratintegrierbare Martingale als Integratoren
Semimartingale als Integratoren . . . . . . . . . .
Eigenschaften des Itô Integrals . . . . . . . . . .
2
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16
16
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18
19
Notationen
E
M
Mloc
A
A+
S
H2
(M0 )
(Mloc
0 )
(A0 )
(A+
0)
(S0 )
(H02 )
uniform beschränkte elementare Prozesse; siehe Definition 1.2
stetige Martingale (mit Startwert 0); siehe Definition 3.1
stetige lokale Martingale (mit Startwert 0); siehe Definition 4.1
stetige FV-Prozesse (mit Startwert 0); siehe Definition 1.13
stetige monoton wachsende FV-Prozesse (mit Startwert 0)
stetige Semimartingale (mit Startwert 0); siehe Definition 4.7
stetige uniform quadratintegrierbare Martingale (Startwert 0); siehe Definition 4.9
3
1
Motivation / Einführung
Wir führen zunächst einige grundlegende Notationen ein. Wir werden im folgenden stochastische Prozesse mit Indexmenge [0, ∞) und Zustandsraum R oder Rd betrachten. Standardmäßig
bezeichnen wir mit (Ω, F, P) einen Wahrscheinlichkeitsraum. Weiterhin nutzen wir (Ft )t≥0 als
Notation für eine Filtration, d.h. eine Familie von σ-Algebren, sodass
∀0 ≤ s < t : Fs ⊂ Ft ⊂ F.
Definition 1.1.
• Ein stochastischer Prozess X = (Xt )t≥0 heißt (Ft )-adaptiert, wenn
∀t ≥ 0 : Xt Ft -messbar ist.
• Ein stochastischer Prozess X = (Xt )t≥0 heißt produktmessbar, wenn die Abbildung
X : Ω × [0, ∞) → R oder Rd
F ⊗ B+ -messbar ist.
• Einen stochastischen Prozess X nennen wir càdlàg, wenn alle Realisierungen rechtstetige
Pfade mit linksseitigen Limiten haben (“càdlàg” ist eine Abkürzung für “continue à droite,
limitée à gauche”). Analog ist ein càglàd Prozess ein Prozess mit linksstetigen Trajektorien,
für die die rechtsseitigen Limiten existieren.
1.1
Motivation anhand eines einfachen Finanzmarktmodells
Wir modellieren einen Finanzmarkt mit einer Aktie und Zinsrate 0 wie folgt:
• Information am Markt zur Zeit t : Ft (formal: (Ft ) Filtration)
• Wert der Aktie zur Zeit t : St (formal: (St ) reeller adaptierter càdlàg Prozess)
• Handelszeiten : 0 = t0 < · · · < tn = T (zunächst deterministisch)
• Anzahl der Aktien im Portfolio im Zeitintervall (ti , ti+1 ] : H (i) (formal: H (i) Fti -messbar)
Die zugehörige Handelsstrategie ist nun gegeben durch den adaptierten linksstetigen Prozess
Ht =
n−1
X
H
(i)
1l(ti ,ti+1 ] (t) : ω 7→
i=0
n−1
X
H (i) (ω) 1l(ti ,ti+1 ] (t).
(1)
i=0
Bezeichnen wir mit V0 das Startkapital so ist der zur Handelsstrategie H gehörende Vermögensprozess (Vt (H)) gegeben durch
Vt (H) = V0 +
k−1
X
H (i) (Sti+1 − Sti ) + H (k) (St − Stk ) für t ∈ [tk , tk+1 ].
i=0
Alternativ haben wir die folgende Darstellung
Vt (H) = V0 +
n−1
X
H (i) (Sti+1 ∧t − Sti ∧t ).
i=0
4
Definition 1.2.
(i) Ein linksstetiger stochastischer Prozess von der Form
Ht = H (−1) 1l{0} (t) +
n−1
X
H (i) 1l(ti ,ti+1 ] (t)
(t ≥ 0)
i=0
mit
• n ∈ N und 0 = t0 < · · · < tn
• X (−1) F0 -messbar und X (i) Fti -messbar für i = 0, . . . , n − 1
nennen wir elementaren Prozess. Wir bezeichnen die Familie der uniform beschränkten
elementaren Prozesse mit E.
(ii) Das (elementare) stochastische Integral eines elementaren Prozesses H bzgl. eines adaptierten càdlàg Prozesses X ist definiert als
Z
(H · X)t :=
Wir schreiben kurz
0
t
Hs dXs :=
Z
Hs dXs =
n−1
X
H (i) (Xti+1 ∧t − Xti ∧t ).
i=0
n−1
X
H (i) (Xti+1 − Xti ).
i=0
Bemerkung 1.3. Der Funktionswert des elementaren Prozesses zur Zeit 0 hat keinen Einfluss
auf den Wert des Integrals. Wir haben den zusätzlichen Term ausschließlich aus technischen
Gründen mit in die Definition der elementaren Prozessen aufgenommen.
Proposition 1.4.
(i) Das elementare stochastische Integral ist wohldefiniert.
(ii) Sowohl der Raum der adaptierten càdlàg Prozesse als auch der Raum der elementaren
(oder auch E) sind linear.
(iii) Das stochastische Integral ist im Integranden und im Integrator linear (d.h. es ist bilinear).
(iv) Das stochastische Integral H · X ist adaptiert und càdlàg.
(v) Ist X ein càdlàg Martingal und H ∈ E, so ist H · X ein Martingal.
Bemerkung 1.5. Allgemein wird in Finanzmarktmodellen der Vermögensprozess, der von einer Handelsstrategie erzeugt wird, durch ein stochastisches Integral beschrieben. Hierbei erlaubt
man aber meist allgemeinere Integranden als die von uns bisher betrachteten. Obwohl in der
Realität kontinuierlicher Handel nicht möglich ist und Handelsstrategien durch Treppenfunktionen beschrieben werden, macht es Sinn auch allgemeinere Strategien zuzulassen. Betrachtet man
zum Beispiel Optimierungsprobleme in Finanzmärkten so findet man meist nur im allgemeineren
Modell optimale Strategien.
Unabhängig von der Finanzmathematik werden wir auch noch weitere Anwendungen in der
Analysis kennenlernen.
5
1.2
Integration bzgl. Integratoren von lokal endlicher Variation
Im folgenden betrachten wir den Fall, in dem der Integrator von lokal endlicher Variation ist.
Definition 1.6. Eine Funktion g : [0, ∞) → R (oder Rd ) ist von lokal endlicher Variation, wenn
g rechtsstetig ist und für alle t ≥ 0
|g|t := sup{
n−1
X
|gti+1 − gti | : n ∈ N, 0 = t0 < · · · < tn = t
i=0
endlich ist.
Satz 1.7. Für eine Funktion g : [0, ∞) → R von lokal endlicher Variation gelten folgende
Eigenschaften:
• t 7→ |g|t ist monoton wachsend und rechtsstetig
• Die Funktionen g + , g − : [0, ∞) → [0, ∞) gegeben durch
1
1
gt+ = (|g|t + gt − g0 ) und gt− = (|g|t − (gt − g0 ))
2
2
sind rechtsstetig, monoton wachsend und starten in der 0 und es gilt
gt − g0 = gt+ − gt− und |g|t = gt+ + gt− .
• g ist càdlàg.
Definition 1.8. Für g : [0, ∞) → R von lokal endlicher Variation und f : [0, ∞) → R lokal
beschränkt und messbar setzen wir
Z t
Z
Z
+
fs dgs =
fs µ (ds) −
fs µ− (ds),
0
(0,t]
(0,t]
wobei µ+ und µ− die Maße auf B+ := B(0,∞) sind mit
µ+ ((0, t]) = gt+ und µ− ((0, t]) = gt−
für t > 0.
Bemerkung 1.9. Die Existenz der Maße folgt aus der Rechtsstetigkeit, Monotonie und dem
Startpunkt 0. Das Integral kann auch für nichtbeschränkte messbare Funktionen f definiert
werden. Hierbei muss eine entsprechende Integrierbarkeitsannahme, wie z.B.
Z t
Z t
Z t
+
|fs | d|g|s =
|fs | µ (ds) +
|fs | µ− (ds) < ∞
0
0
0
vorausgesetzt werden.
6
Satz 1.10 (Interpretation als Riemann-Stieltjes-Integral). Sei g : [0, ∞) → R von lokal endlicher
Variation. Weiterhin sei f : [0, ∞) → R linksstetig und beschränkt. Dann gilt für jede Folge
(∆n )n∈N von Partitionen
(n)
∆n : 0 = t(n)
0 < · · · < tN (n) = t
von [0, t] deren Feinheit gegen 0 konvergiert
Z
N (n)−1
lim
n→∞
X
ft(n) (gt(n) − gt(n) ) =
i
i=0
i+1
i
0
t
fs dgs .
Satz 1.11. Sei g stetig und von lokal beschränkter Variation. Dann gilt für eine stetig differenzierbare Funktion f : R → R und 0 ≤ s < t
Z t
f (gt ) − f (gs ) =
f 0 (gu ) dgu .
s
Weiterhin ist (f (gt )) wieder ein stetiger Pfad von lokal beschränkter Variation.
Korollar 1.12. Sei h : [0, ∞) → R eine lokal beschränkte messbare Funktion und seien f, g wie
im vorhergehenden Satz, so gilt
Z t
Z t
hs df (gs )) =
hs f 0 (gs ) dgs .
0
0
Wir schreiben hierfür kurz
df (gs ) = f 0 (gs ) dgs .
Definition 1.13. Einen stochastischen Prozess (At ) nennen wir FV-Prozess (f inite v ariation),
wenn er adaptiert und rechtsstetig ist und jede Realisierung auf jedem Kompaktum endliche
Variation hat. Weiterhin bezeichnen wir mit A die Familie der stetigen FV-Prozesse.
Proposition 1.14. Ist (At ) ein FV-Prozess so existieren Maßkerne µ+ , µ− : Ω × B+ → [0, ∞)
mit
−
+
−
A+
t (ω) = µ (ω, (0, t]) und At = µ (ω, (0, t]) für alle t ≥ 0.
Weiterhin sind µ+ (0,t] und µ− (0,t] Maßkerne von (Ω, Ft ) nach ((0, t], B(0,t] ).
Wir können nun das stochastische Integral für FV-Integratoren und produktmessbare lokal beschränkte Integranden H : Ω × [0, ∞) → R definieren indem wir
Z t
Z t
Z t
+
Hs dAs : Ω 7→
Hs (ω) µ (ω, ds) −
Hs (ω) µ− (ω, ds)
0
0
0
setzen.
Bemerkung 1.15.
• Diese Definition entspricht für elementare Integranden der vorhergehenden Definition.
• Das so definierte Integral ist F-B-messbar.
Damit das Integral auch (Ft )-adaptiert ist, benötigen wir eine Zusatzannahme an (Ht ).
7
Definition 1.16. Ein stochastischer Prozess (Xt )t≥0 heißt progressiv messbar, wenn für alle
t≥0
Ω × [0, t] → R, (ω, s) 7→ Xs (ω)
Ft ⊗ B[0,t] -messbar ist.
Lemma 1.17. Alle adaptierten rechtsstetigen (linksstetige) Prozesse sind progressiv messbar.
Proposition 1.18. Ist (Ht ) lokal beschränkt und progressiv messbar und ist (At ) ein FV-Prozess
so ist
Z t
Hs dAs
t≥0
0
ein adaptierter Prozess.
Wir haben bereits gesehen, dass der Wienerprozess fast sicher auf keinem echten Intervall endlich ist. Somit ist die obige Theorie in dieser Form nicht anwendbar! Wir werden später einen
Integrationsbegriff für stetige Martingale kenenlernen. Zuvor müssen wir jedoch noch einige
Vorarbeiten leisten.
2
Stochastische Prozesse in stetiger Zeit
2.1
Äquivalenzen
Wir haben bereits gesehen, dass der Begriff der bedingten Erwartung, bzw. Objekte in Lp Räumen nur bis auf P-fast sichere Äquivalenz eindeutig definiert ist. Im folgenden werden wir
für stochastische Prozesse zwei Äquivalenztypen verwenden.
Definition 2.1. Seien (Xt ) und (Xt0 ) R (bzw. Rd )-wertige stochastische Prozesse.
• (Xt ) und (Xt0 ) sind Modifikationen voneinander, wenn
∀t ≥ 0 : P(Xt = Xt0 ) = 1.
• (Xt ) und (Xt0 ) heißen ununterscheidbar, wenn es eine Menge Ω0 ∈ F gibt mit P(Ω0 ) = 1
und
∀ω ∈ Ω0 ∀t ≥ 0 : Xt (ω) = Xt0 (ω).
Bemerkung 2.2. Die Ununterscheidbarkeit impliziert, dass die Prozesse Modifikationen voneinander sind. Die Umkehrung gilt jedoch im allgemeinen nicht für Prozesse mit überabzählbarer
Indexmenge.
Lemma 2.3. Sind (Xt ) und (Xt0 ) rechtsseitig (oder linksseitig) stetige Prozesse, so sind sie
genau dann Modifikationen voneinander, wenn sie ununterscheidbar sind.
8
2.2
Die üblichen Bedingungen
Definition 2.4. Eine Filtration (Ft ) heißt rechtsstetig (linkstetig), wenn
(W
\
wenn t > 0
s<t Fs
Ft =
Fs , bzw. Ft =
F0
wenn t = 0.
s>t
W
mit der Konvention, dass über die leere Menge F0 ist.
Lemma 2.5. Für eine Filtration (Ft ) sind die Filtrationen (Ft+ )t≥0 (bzw. (Ft− )) gegeben durch
(W
\
wenn t > 0
s<t Fs
Fs und Ft− =
Ft+ =
F0
wenn t = 0.
s>t
rechtsstetig (linksstetig).
Definition 2.6.
• Eine Menge A ⊂ Ω nenen wir (P, F)-Nullmenge (kurz P-Nullmenge),
wenn es eine Menge A0 ∈ F gibt, sodass
P(A0 ) = 0 und A ⊂ A0 .
• Einen filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, (Ft ), P) nennen wir vollständig, wenn F0
alle (P, F)-Nullmengen enthält.
Bemerkung 2.7. Achtung, damit ein filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum vollständig ist, reicht
es nicht zu fordern, dass Ft alle (P, Ft )-Nullmengen enthält!
Einen vollständigen Wahrscheinlichkeitsraum erhält man durch Vervollständigen.
Satz 2.8. Sei (Ω, F 0 , (Ft0 ), P0 ) ein filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum. Wir bezeichnen mit N
die P0 -Nullmengen und setzen
Ft = Ft0 ∨ N = A ⊂ Ω : ∃A0 ∈ F 0 mit A0 ∆A ∈ N
und analog F = F0 ∨ N . Weiterhin definieren wir P : F → [0, 1] durch
P(A) = P0 (A0 ) für A ∈ F, A0 ∈ F0 mit A∆A0 ∈ N .
Dann ist (Ω, F, (Ft ), P) ein vollständiger Wahrscheinlichkeitsraum, die Vervollständigung von
(Ω, F 0 , (Ft0 ), P0 ).
Definition 2.9. Ein filtrierter Wahrscheinlichkeitsraum genügt den üblichen Bedingungen, wenn
er vollständig ist und die Filtration rechtsseitig stetig ist.
Bemerkung 2.10. Wir werden häufig annehmen, dass ein filtrierter Raum den üblichen Bedingungen genügt. Dies bedeutet in der Regel keine Einschränkung der Allgemeinheit, da wir jeden
filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum zunächst vervollständigen können und dann durch den Übergang zur rechtstetigen Filtration zu einem filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum, der die üblichen
Bedingungen erfüllt, gelangen. Wir werden sehen, dass hierbei alle relevanten Messbarkeitseigenschaften, bzw. Martingaleigenschaften erhalten bleiben. Den filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum,
den wir auf diese Weise gewinnen nennen wir Augmentierung.
9
3
Martingale in stetiger Zeit
In diesem Abschnitt werden wir eine Martingaltheorie in stetiger Zeit entwickeln. Hierbei werden
die Erkenntnisse der diskreten Martingaltheorie sich als nützlich erweisen.
3.1
Martingale
Definition 3.1. Ein stochastischer Prozess M = (Mt )t≥0 heißt (Ft )-Submartingal, wenn
(M1) (Mt ) (Ft )-adpatiert ist,
(M2) ∀t ≥ 0 : E[|Mt |] < ∞ und
(M3) ∀0 ≤ s ≤ t : E[Mt |Fs ] ≥ Ms .
Sind (Mt ) und (−Mt ) Submartingale, so heißt (Mt ) (Ft )-Martingal. Ein stochastischer Prozess mit Zusstandsraum Rd heißt multivariates Martingal, wenn jeder Koordinatenprozess ein
Martingal ist. Wir bezeichnen mit M die Familie der stetigen Martingale.
Satz 3.2.
(i) Der Raum der (multivariaten) Martingale ist linear.
(ii) Sei (Mt ) ein multivariates Martingal und ϕ : Rd → R eine konvexe Funktion, sodass ϕ(Mt )
für jedes t ≥ 0 integrierbar ist. Dann ist (ϕ(Mt )) ein Submartingal.
(iii) Für α ≥ 0 und Submartingale (Mt ) und (Nt ) sind
M + N, αM und M ∨ N
Submartingale.
3.2
Stoppzeiten
Definition 3.3. Eine Abbildung T : Ω → [0, ∞] heißt (Ft )-Stoppzeit, wenn für alle t ≥ 0
{T ≤ t} ∈ Ft .
Die von einer Stoppzeit T erzeugte σ-Algebra ist
FT = {A ∈ F∞ : A ∩ {T ≤ t} ∈ Ft für alle t ≥ 0}.
Bemerkung 3.4.
• FT ist eine σ-Algebra
• Es gilt für eine deterministische Stoppzeit T (ω) = t (ω ∈ Ω)
FT = Ft .
Lemma 3.5. Für Stoppzeiten S, T gilt
• FS∧T = FS ∩ FT
• Ist S ≤ T so gilt FS ⊂ FT .
10
Satz 3.6. Sei X progressiv messbar, X∞ eine F∞ -messbare Zufallsvariable und T eine Stoppzeit.
(i) XT : Ω → R (Rd ) ist FT -messbar
(ii) Der gestoppte Prozess X T : (ω, t) 7→ Xt∧T (ω) (ω) ist progressiv messbar.
Lemma 3.7. Ist (Ft )-rechtsseitig stetig, so ist T : Ω → [0, ∞] genau dann eine Stoppzeit, wenn
für alle t ≥ 0
{T < t} ∈ Ft .
Lemma 3.8. Seien S, T, T1 , . . . Stoppzeiten. Dann sind
S ∧ T, S ∨ T, S + T und sup Tn
n∈
N
wieder Stoppzeiten. Ist (Ft ) rechtsstetig, so ist auch inf n∈N Tn eine Stoppzeit.
Definition 3.9. Sei (Xt ) ein adaptierter Rd -wertiger Prozess und A ∈ B d . Dann heißt
TA (ω) = inf{t ≥ 0 : Xt (ω) ∈ A}
Eintrittszeit von A.
Satz 3.10. Sei (Xt ) ein rechtsstetiger adaptierter Prozess.
(i) Ist (Xt ) sogar stetig, so ist TA für jede abgeschlossene Menge A ⊂ Rd eine Stoppzeit.
(ii) Ist (Ft ) rechtsstetig, so ist TA für jede offene Menge A ⊂ Rd eine Stopppzeit.
(iii) Unter den üblichen Bedingungen ist TA für jede Menge A ∈ B d eine Stoppzeit.
3.3
Konvergenzsätze
Satz 3.11. Sei (Xt ) ein rechtsstetiges Submartingal. Gilt
sup E[Xt+ ] < ∞
t≥0
so konvergiert (Xt ) fast sicher gegen eine reelle Zufallsvariable X∞ .
Satz 3.12. Sei (Xt ) ein Martingal. Folgende Aussagen sind äquivalent:
(i) (Xt ) konvergiert in L1 gegen eine Zufallsvariable X∞ .
(ii) Die Familie {Xt : t ≥ 0} ist gleichgradig integrierbar.
(iii) Es existiert eine Zufallsvariable X̄ sodass
Xt = E[X̄|Ft ], fast sicher.
für alle t ≥ 0.
11
Satz 3.13 (Stoppsatz). Sei (Xt )t≥0 ein rechtsstetiges (Sub-)Martingal und S ≤ T Stoppzeiten
sodass S entweder uniform beschränkt ist oder (Xt ) in L1 konvergiert. Dann gilt
(≥)
E[XT |FS ] = XS .
Lemma 3.14. Ist (Xt )t≥0 ein rechtsstetiges (Sub-)Martingal und T eine Stoppzeit, so ist auch
X T := (XtT )t≥0 := (XT ∧t )t≥0
ein (Sub-)Martingal.
Satz 3.15 (Submartingalungleichung von Doob). Ist (Xt ) ein rechtsstetiges Martingal (oder ein
nichtnegatives Submartingal), so gilt für p, q > 1 mit p1 + 1q = 1
1/p
E sup |Xs |p
≤ q E[|Xt |p ]1/p .
s≤t
Insbesondere gilt
E sup Xs2 ≤ 4 E[Xt2 ].
s≤t
3.4
Regularisierung
Satz 3.16. Sei (Xt ) ein (Ft )-Submartingal. Dann existiert eine P-Nullmenge N ⊂ Ω, sodass
für alle ω ∈ Ω\N die Limites
Xt+ (ω) = lim Xs (ω)
(t ≥ 0)
Xt− (ω) = lim Xs (ω)
(t > 0)
s↓t
s∈
Q
und
s↑t
s∈
Q
existieren. Setzen wir X0− = X0 , so sind die Prozesse (Mt± ) Submartingale1 bezüglich den
Filtrationen (Ft± ). Ist zusätzlich t 7→ E[Xt ] rechtsstetig (linksstetig) so gilt
E[Xt+ |Ft ] = Xt (bzw. E[Xt |Ft− ] = Xt− ).
Korollar 3.17. Fast jede Trajektorie von (Xt+ ) ist càdlàg.
Korollar 3.18. Sei (Xt ) ein rechtsstetiges (Ft )-Submartingal. Dann ist (Xt ) auch ein Submartingal bezüglich (Ft+ ) und dessen Augmentierung.
Korollar 3.19. Unter den üblichen Bedingungen existiert für ein Submartingal (Xt ) mit rechtsstetiger Funktion t 7→ E[Xt ] eine Modifikation mit càdlàg Trajektorien.
1
Für ω ∈ N definieren wir den Wert Xt± (ω) mittels lim sup.
12
4
4.1
Stetige Semimartinale
Lokale Martingale
Wir verallgemeinern nun den Martingalbegriff noch etwas weiter.
Definition 4.1. Ein adaptierter stochastischer Prozess M = (Mt )t≥0 ist ein lokales (Ft )Martingal, wenn es eine Folge von (Ft )-Stoppzeiten (Tn )n∈N0 gibt mit
0 = T0 ≤ T1 ≤ T2 ≤ . . . und
lim Tn = ∞, fast sicher.
n→∞
Eine solche Folge von Stoppzeiten nennen wir Lokalisierungsfolge. Die Familie der stetigen lokalen
Martingale bezeichnen wir mit Mloc .
Satz 4.2. Ist (Mt )t≥0 ein stetiges lokales Martingal, so ist (Tn )n∈N gegeben durch
Tn = inf{t ≥ 0 : |Mt | ≥ n}
eine Lokalisierungsfolge.
Definition 4.3. Sei τ eine (0, ∞]-wertige Zufallsvariable. Der Prozess (Xt : t ∈ [0, τ )) heißt
lokales Martingal, wenn es eine Folge von monoton wachsenden Stoppzeiten (Tn )n∈N0 mit Tn ↑ τ
gibt für die die gestoppten Prozesse X Tn Martingale sind.
Satz 4.4. Sei (Xt )t∈[0,τ ) ein stetiges lokales Martingal. Dann existiert ein Zeitwechsel γ :
[0, ∞) → [0, τ ) sodass jedes γ(t) eine Stoppzeit ist und (Xγ(t) )t∈[0,∞) ein stetiges Martingal
bezüglich der Filtration (Fγ(t) )t≥0 ist.
Satz 4.5. Ist (Xt )t≥0 ein lokales rechtsstetiges Martingal mit
E[ sup |Xs |] < ∞ für alle t ≥ 0,
0≤s≤t
so ist (Xt )t≥0 ein Martingal. Insbesondere ist jedes uniform beschränkte rechtsstetige lokale Martingal ein Martingal.
Wir haben bereits gesehen, dass der Wienerprozess fast sicher über jedem echten Intervall keine
endliche Variation hat. Diese Aussage lässt sich weiter vertstärken:
Satz 4.6. Jedes stetige lokale Martingal von lokal beschränkter Variation ist fast sicher konstant,
d.h. Mloc
0 ∩ A = {0}.
Definition 4.7. Die Prozesse des Raums
loc
S := Mloc
0 ⊕ A = {M + A : M ∈ M0 , A ∈ A}
heißen stetige Semimartingale.
13
4.2
Der Raum der uniform quadratintegrierbaren Martingale
Definition 4.8. Der Raum
H2 := M ∈ Mloc : E[sup Mt2 ] < ∞}
t≥0
heißt Familie der (stetigen) uniform quadratintegrierbaren Martingale.
Satz 4.9. Der Raum H2 /∼ (∼ Ununterscheidbarkeit) versehen mit der Norm
1/2
M 7→ E sup Mt2
t≥0
ist ein Banachraum.
4.3
Die quadratische Variation (Doob-Meyer Zerlegung)
Satz 4.10 (Doobsche Zerlegung, Varianzprozess). Sei (Xt )t≥0 ein stetiges lokales Martingal. Es
existiert genau ein stetiger wachsender adaptierter Prozess hXi = (hXit )t≥0 mit Startwert 0,
sodass
(Xt2 − X02 − hXit )t≥0
ein lokales Martingal ist, die sogenannte quadratische Variation von X.
Zunächst zeigt man die Eindeutigkeit. Danach betrachtet man für eine Zerlegung ∆ : 0 = t0 <
t1 < . . . von [0, ∞) (d.h. eine strikt wachsende Folge (tn )n∈N0 mit tn → ∞) den Prozess (Q∆
t )t≥0
gegeben durch
∞
X
Q∆
=
(Xtk+1 ∧t − Xtk ∧t )2
(t ≥ 0),
t
i=0
den sogennaten Q-Prozess.
Der Beweis wird in zwei Schritten ausgeführt. Im ersten Schritt beweist man die Aussage für
uniform beschränkte Martingale X indem man zeigt, dass für Zerlegungen ∆n deren Feinheit
gegen 0 konvergiert
(i) X 2 − Q∆n ein Martingal ist und
(ii) (X 2 − Q∆n : n ∈ N) eine Cauchy Folge in H2 ist.
Danach erweitert man das Resultat auf allgemeine lokale Martingale durch ein Stoppargument.
Lemma 4.11. Für ein beschränktes stetiges Martingal (Xt ) ist (Xt2 − Qt )t≥0 ein Martingal.
Lemma 4.12. Sei (Xt )t≥0 ∈ M0 uniform beschränkt und ∆n : 0 = tn0 < tn1 < . . . eine Folge
von Zerlegungen von [0, ∞) mit |∆n | → 0. Dann ist
(X 2 − Q∆n : n ∈ N)
eine Cauchy Folge in H2 .
14
Es folgt hieraus unmittelbar, dass bei einer Darstellung des Limes als X 2 − hXi der letztere Prozess die gewünschten Eigenschaften erfüllt. Um den Existenzbeweis der quadratischen Variation
zu vervollständigen nutzt man das folgende Lemma.
Lemma 4.13. Für (Xt ) ∈ M0 uniform beschränkt und eine Stoppzeit T gilt
hX T i = hXiT .
Mithilfe der vorhergenden Lemmas kann man letztendlich die Existenz der quadratischen Variation für X ∈ Mloc zeigen. Die Aussage des vorhergehenden Lemmas gilt analog für X ∈ Mloc .
Korollar 4.14. Ist X ein stetiges quadratintegrierbares Martingal so ist
X 2 − hXi
ein Martingal.
Definition 4.15. Wir setzen für X = M + A ∈ S
hXi = (hXit )t≥0 := hM i.
und nennen hXi die quadratische Variation von X.
Satz 4.16. Für X = M + A ∈ S und Zerlegungen ∆n : 0 = tn0 < tn1 < . . . von [0, ∞) mit
|∆n | → 0 gilt für jedes t ≥ 0
lim
n→∞
∞
X
(Xtni+1 ∧s − Xtni ∧s )2 = hXis gleichmäßig für s ∈ [0, t],
|i=0
{z
}
n
=Q∆
s
in Wahrscheinlichkeit. D.h. für alle ε > 0 gilt
n
lim P( sup |Q∆
s − hXis | > ε) = 0.
n→∞
4.4
0≤s≤t
Die quadratische Kovariation
Definition 4.17. Für X, Y ∈ S bezeichnen wir mit
1
hX, Y i = (hX + Y i − hX − Y i)
4
die Kovariation (oder auch den Klammerprozess) von X und Y . Insbesondere gilt hXi = hX, Xi.
Satz 4.18 (Eigenschaften der Kovariation). Für X, Y ∈ S gilt:
(i) hX, Y i ∈ A0
(ii) Die Kovariation ist symmetrisch und bilinear.
15
(iii) Für eine Stoppzeit T gilt
hX, Y iT = hX T , Y i = hX T , Y T i.
(iv) Ist X ∈ Mloc , so folgt
hXi = 0 ⇔ X ist fast sicher konstant.
(v) Für eine Familie (∆n )n∈N von Zerlegungen von [0, ∞) mit |∆n | → 0 und t ≥ 0 gilt
lim
n→∞
∞
X
(Xtni+1 ∧s − Xtni ∧s )(Ytni+1 ∧s − Ytni ∧s ) = hX, Y is , gleichmäßig in [0, t],
i=0
in Wahrscheinlichkeit.
(vi) M N − (M N )0 − hM, N i ∈ Mloc
0
5
Das stochastische Integral
5.1
Die previsible-σ-Algebra
Ziel des Kapitels ist es das stochastische Integral für previsiblen Integranden einzuführen.
Definition 5.1. (i) Für eine Filtration (Ft ) bezeichnen wir mit P(F) die σ-Algebra auf Ω ×
[0, ∞), die von den Mengen der Form
A × (a, b]
(0 ≤ a ≤ b, A ∈ Fa )
und
A × {0}
(A ∈ F0 )
erzeugt wird, die sogenannte previsible-σ-Algebra.
(ii) Ein stochastischer Prozess X : Ω×[0, ∞) → R (oder Rd ) heißt previsibel, wenn er bezüglich
der previsiblen-σ-Algebra P(F) messbar ist.
Satz 5.2. Die previsible-σ-Algebra wird von
• den elementaren Prozessen (ode auch E)
• den adaptierten càglàd Prozessen
erzeugt.
Proposition 5.3. Ein previsibler Prozess ist progressiv messbar.
16
5.2
Quadratintegrierbare Martingale als Integratoren
Satz 5.4. Ist M ∈ H2 und H ∈ E, so gilt
(i) H · M ∈ H02
Rt
(ii) hH · M it = 0 Hs2 dhM is = (H 2 · hM i)t
R∞
(iii) kH · M k2H2 = E 0 Hs2 dhM is (Itô Isometrie)
Definition 5.5. Für H ∈ H2 definieren wir ein Maß auf Ω × [0, ∞) durch
hZ t
i
PM (A × (s, t]) = E
1lA dhM is .
s
Der entsprechende L2 Raum für previsible Prozesse ist nun gegeben durch
Z ∞
n
o
2
L (M ) = H previsibel : E
Hs2 dhM is < ∞ .
0
Ferner bezeichne
kHkM
die zugehrige
den wir
L2 -Norm
und
L2 (M )
=
hZ
:= E
∞
Hs2 dhM is
0
L2 (M )/∼M
Z
H ∼M G :⇐⇒ E
∞
0
i1/2
der zugehörige Hilbertraum. Hierbei verwen-
(Hs − Gs )2 dhM is
Wie wir mit obigem Satz gezeigt haben, ist die Abbildung
(E, k · kM ) → (H02 , k · kH 2 ), H 7→ H · M
eine Isometrie. Insbesondere werden L2 (M ) Cauchy-Folgen in H2 Cauchy-Folgen überführt. Wir
werden nun das stochastische Integral für Integranden H ∈ L2 (M ) einführen. Hierzu verwenden
wir die folgende Proposition.
Proposition 5.6. Der Raum E liegt dicht in L2 (M ).
R
Um das stochastische Integral Hs dMs für M ∈ H2 und H ∈ L2 (M ) zu definieren, wählen wir
eine Folge (H n : n ∈ N) von Prozessen aus E mit
lim H n = H in L2 (M )
n→∞
und setzen
Z
H · M :=
0
t
Hs dMs
t≥0
Satz 5.7. Satz 5.4 gilt analog für H ∈ L2 (M ).
17
:= lim H · M n in H2 .
n→∞
5.3
Semimartingale als Integratoren
Zunächst definieren wir das stochastische Integral für Integratoren M ∈ Mloc
0 . Hierzu verwenden
wir das folgende Lemma.
Lemma 5.8. Sei H ∈ L2 (M ) und T eine Stoppzeit. Dann gilt:
(H · M )T = H · M T .
Definition 5.9. Für M ∈ Mloc
0 betrachten wir
L2loc (M )
= H previsisbel ∀t ≥ 0 :
Z
0
t
Hs2 dhM is < ∞, fast sicher
und L2loc (M ) = L2loc (M )/∼M , wobei H ∼M G :⇔ H = G PM -fast überall.
2
Seien nun M ∈ Mloc
0 und H ∈ Lloc (M ) und
Z t
Tn = inf{t ≥ 0 :
Hs2 dhM is ≥ n oder hM it } (n ∈ N).
0
Dann ist M Tn ∈ H2 und H ∈ L2 (M ) für jedes n ∈ N und wir erhalten mit dem vorhergehenden
Lemma, dass
(H · M Tn ) = (H · M Tn+1 )Tn .
Da laut Voraussetzung (Tn )n∈N eine Lokalisierungsfolge ist, können wir nun das stochastische
Integral H · M als das eindeutige (bis auf Ununterscheidbarkeit) stetige lokale Martingal mit der
Eigenschaft
(H · M )Tn = H · M Tn
definieren.
Wir definieren nun das stochastische Integral für Integratoren X = M + A ∈ S mit M ∈ Mloc
0
und A ∈ A.
Definition 5.10.
(i) Wir setzen
I(X) := H previsibel H ∈ L2,loc (M ) ∩ L1,loc (A) ,
wobei L1,loc (A) die produktmessbaren Funktionen H : Ω × [0, ∞) → R mit
Z t
∀t ≥ 0 :
|Hs | d|A|s < ∞, fast sicher.
0
(ii) Wir definieren I(X) := I(X)/∼S , wobei
H ∼S G ⇔ H = G PM und PA fast überall.
Hierbei ist PA das Maß auf Ω × [0, ∞) mit
Z
t
PA (B ⊗ (s, t]) = E
1lB d|A|s
s
18
(B ∈ F).
(iii) Für H ∈ I(X) definieren wir
H · X = H · M + H · A.
Bemerkung 5.11.
(i) Dass H · A wohldefiniert ist, haben wir bereits in Kapitel 1 gesehen.
(ii) H · X ist bis auf Ununterscheidbarkeit eindeutig definiert und formal bildet das stochastische Integral Elemente X ∈ S/∼ und H ∈ I(X) auf ein Element H · X aus S/∼ ab.
(Hierbei bezeichnet ∼ die Äquivalenzrelation der Ununterscheidbarkeit.) Wird die Abbildung in dieser Weise aufgefasst, so ist für festes X ∈ S/∼
I(X) 3 H 7→ H · X ∈ S/∼
injektiv (Übungsaufgabe).
(iii) Man beachte, dass alle lokal beschränkten previsiblen Prozesse bezüglich jedes Semimartingals integrierbar sind.
5.4
Eigenschaften des Itô Integrals
Satz 5.12. Seien X ∈ S und H ∈ I(X)
(i) Die Abbildung
{lok. beschränkte previsible Prozesse} × S → S, (H, X) 7→ H · X
ist bilinear.
(ii) hH · Xit =
Rt
0
Hs2 dhXis = (H 2 · hXi)t
(iii) Für G ∈ I(H · X) gilt
GH ∈ I(X) und (GH) · X = G · (H · X)
(iv) a.) X ∈ Mloc ⇒ H · X ∈ Mloc
0
b.) X ∈ A ⇒ H · X ∈ A0 .
(v) (H · X)T = (H1l[0,T ] ) · X = H · X T für alle Stoppzeiten T
(vi) Für fastjedes ω ∈ Ω und für alle 0 ≤ a < b gilt:
H(ω) = 0 auf [a, b] oder X(ω) konstant auf [a, b] ⇒ H · X konstant auf [a, b]
Satz 5.13 (Majorisierter Konvergenzsatz der stochastischen Integration). Sei X = M + A ∈ S
und H ∈ I(X). Gilt für eine Folge (Hn : n ∈ N) previsibler Prozesse
|H n | ≤ H und Htn → 0 f.s., ∀t ≥ 0
so folgt für t ≥ 0
H n · X → 0 gleichmäßig auf [0, t], in Wahrscheinlichkeit.
19
Satz 5.14 (Approximation durch Riemannsummen). Ist (Ht )t≥0 linksstetig adaptiert und lokal
beschränkt und X ∈ S, so gilt
Z
0
s
Hu dXu = lim
n→∞
∞
X
Htni (Xtni+1 ∧s − Xtni ∧s ) gleichmäßig auf [0, t], in Wahrscheinlichkeit.
i=0
20
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