SWR2 Glauben „BEST OF BUDDHA“

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SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Glauben
„BEST OF BUDDHA“
Buddhismus ohne Mythos und Mantras
VON Ursula Reinsch
SENDUNG 11.01.2015 / 12.05 UHR
Redaktion Religion, Kirche und Gesellschaft
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Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten
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Musik: Kitaro
Sprecherin
Säkularer Buddhismus. Weltlicher Buddhismus. Auch Buddhismus 2.0 genannt.
Das ist eine Variante des Buddhismus, die sich auf unverfälschte
Originalquellen beruft, die ohne kulturellen Überbau, ohne Glauben, ohne
Dogmen auskommt. Eine Strömung, die in den USA seit 20 Jahren gelebt und
geformt wird. Und nun hierzulande zunehmend Anhänger findet.
O-Ton Gisela
„Ganz praktisch sind das für mich Hilfsmittel im Alltag, wie ich kommuniziere,
wie ich konsumiere, wie ich Sexualität sehe – das ist für mich ein großer
Unterschied auch zu dem, wie ich das früher gesehen habe, welche Dogmen
und Regeln in der katholischen Kirche vorgeherrscht haben. Der moderne
Buddhismus gibt mir ganz praktische Anleitungen im alltäglichen Leben, um
das so zu gestalten, dass es für mich und andere Menschen beglückend ist.“
O-Ton Folkers
„Von meinem Verständnis her hat der säkulare Buddhismus einen sehr starken
Tiefgang. Da ist etwas, was Neurowissenschaften integriert, da ist etwas, was
die modernsten wissenschaftlichen Forschungen - Quantentheorie und so
weiter - all das wird aufgenommen. Das heißt, säkular bedeutet
weltzugewandt. Da gibt es nicht, dass man denkt, ich muss die Atomphysik
ausklammern, oder ich müsste ausklammern Beziehungsstress, oder ich müsste
ausklammern, dass – wenn wir so weiterwirtschaften – dass … die Zivilisation
untergeht. Das darf nicht ausgeklammert werden.
Sprecherin
Zwei Menschen, für die trotz christlichem Hintergrund die weltliche Spielart des
Buddhismus zum Orientierungsrahmen geworden ist. Ein Buddhismus, der
Traditionen außen vor lässt und zu den frühesten Lehren des Buddha
zurückkehrt. Beispielsweise zu Lehrreden wie dieser.
Zitat
„Geht nicht nach Hörensagen,
nicht nach Überlieferungen,
nicht nach der Autorität heiliger Schriften,
nicht nach der Autorität eines Meisters.
Geht nach der eigenen Erkenntnis.“
Sprecherin
„Geht nach der eigenen Erkenntnis“, soll Buddha vor etwa 2500 Jahren
gesagt haben. Die Erkenntnis muss zu Raum und Zeit passen also westlich und
modern sein, würden säkulare Buddhisten in Europa hinzufügen.
O-Ton Batchelor
I distinguish between Buddhism 1.0 and 2.0. Buddhism 1.0 is the Buddhism
which is based upon the traditional worldview of ancient India. In other words:
2
Buddhist practice is about finding a way to be free form death and rebirth
and thereby finding nirvana…. (22) Buddhism 2.0 – at least in my
understanding - is to imagine a way of doing Buddhist practice which is not
based on classical Indian worldview, but is based on the teachings of the
Buddha that are not derived from Indian thought.
O-Ton Übersetzung
„Ich mache einen Unterschied zwischen Buddhismus 1.0 und 2.0. Der
Buddhismus 1.0 ist ein System, das auf den Glaubensvorstellungen des antiken
Indiens beruht. Danach dient die buddhistische Praxis dazu, aus dem Zyklus
von Geburt und Tod befreit zu werden und ein endgültiges Nirwana zu
erlangen. Buddhismus 2.0 ist für mich eine Art buddhistischer Praxis, die nicht
auf den klassischen indischen Vorstellungen, sondern die auf den Lehren des
Buddha selbst beruht.“
Sprecherin
“Buddhismus 2.0“ - so nennt Steven Batchelor den Buddhismus ohne kulturelle
Färbung, ohne mystischen Überbau. In Anlehnung an moderne
Computersprache, versteht er darunter ein „neues buddhistisches
Betriebssystem“. Vereinfacht: 1.0 bedeutet eher Glauben, beinhaltet
metaphysische Aspekte, 2.0 bedeutet eher Handeln und beinhaltet rationale
und naturwissenschaftliche Aspekte.
Stephen Batchelor ist im Westen einer der bekanntesten Vertreter des
säkularen Buddhismus. Der Schotte hat einen soliden buddhistischen
Hintergrund: Er praktizierte viele Jahre als Mönch in Indien und Korea. Die
tibetische und auch die nüchterne Zen-Tradition. Übersetzte buddhistische
Ursprungstexte aus dem Sanskrit und dem Tibetischen neu - in eine
zeitgemäße Sprache.
O-Ton Batchelor
“I understand Buddhism not as some religious tradition that aims
transcendence and salvation but rather Buddhist practice as methodology
and a philosophy and a system of ethics that liberates one to live more fully in
this world here and now. Both as a individual first and as a participant and as
a member of the wider society and with a considerable awareness of the
affecting or actions upon the…biological world in which we live.”
O-Ton Übersetzung
„Ich verstehe Buddhismus nicht im Sinne einer religiösen Tradition, die auf eine
irgendwie geartete Form der Befreiung oder auf Seelenheil gerichtet ist,
sondern als buddhistische Praxis, als Methode und Philosophie und Ethik, die
einen befreit, um als Mensch ganz erfüllt zu leben - in dieser Welt im Hier und
Jetzt. Und zwar sowohl als Individuum als auch als Teil der Gesellschaft und
damit am Leben anderer Menschen. Wir sollten bewusst und
verantwortungsvoll mit dem Ökosystem umgehen, in dem wir leben.
3
Sprecher
Stephen Batchelor ist 63. Er hat mehrere Bücher zum säkularen Buddhismus
geschrieben, gilt als Quer- oder Weiterdenker. Ihm, wie auch anderen
Vertretern des säkularen Buddhismus, geht es um einen Buddhismus, der in
moderner Sprache modernen Menschen hilft, buddhistisch-meditative
Methoden und Werte zu nutzen und dabei zu lernen, wie man mit dem
eigenen Geist arbeiten kann.
Sprecherin
Beispielsweise um Unglück stiftende Gedanken und Glaubensmuster zu
erkennen und zu transformieren, zu überwinden. Um damit Stress abzubauen.
Um erfüllt, friedlich zu leben, mitfühlend, im Einklang mit der eigenen inneren
Wahrheit, mit den Mitmenschen, mit der Natur. Und um Sinn im Leben zu
finden.
Sprecher
Stephen Batchelor möchte mit seinem „Institut für buddhistische Studien“ in
England dazu beitragen. Auch mit seiner Mitarbeit bei „Tricycle“, Amerikas
führender buddhistischer Zeitschrift.
Musik Kitaro
Sprecherin
Säkulare Buddhisten sind oft Atheisten. Viele sind Angehörige anderer
Glaubensrichtungen, beispielsweise Christen. Die heterogene Gruppe eint,
dass sie sich nicht einer traditionellen buddhistischen Richtung anschließen
wollen. Sie wollen sich nicht entscheiden:
O-Ton Folkers
„Entweder werde ich Theravada oder gehe ich Mahayana oder oder Zen.“
Sprecher
Manfred Folkers ist Mitglied im Rat der Deutschen Buddhistischen Union, dem
Dachverband der rund 250 000 organisierten Buddhisten in Deutschland.
Säkulare Buddhisten seien Suchende, die sich nicht im Esoterik-Supermarkt
bedienen wollen, die aber auch keine festen Strukturen benötigen. Dennoch
schätzen diese Menschen eine traditionell begründete spirituelle
Lebensphilosophie, die sich mit dem modernen Leben vereinbaren lässt.
O-Ton
„Natürlich ist der Buddhismus ganz klar die philosophisch interessanteste
Religion der fünf Großreligionen.
Sprecherin
erklärt Thomas Metzinger von der Universität Mainz den Trend.
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O-Ton Metzinger
„Das eigentlich Interessante ist dieses ausgefeilte und eben auch über
Jahrhunderte von hunderttausenden von Praktizierenden ausgetestete Praxis,
die nicht so stark gebunden ist an metaphysische Glaubenssysteme oder
Hintergrundannahmen, die wir nicht mitvollziehen können in der modernen
westlichen Gesellschaft. Das heißt die Praxis ist etwas, von der wir alle
profitieren können“
Sprecherin
Zum Beispiel Gisela und Willi. Beide sind Christen. Sie, 55, Sozialarbeiterin in der
Familienhilfe und Tanzlehrerin; er, 58, selbstständiger Betriebswirt. Vor vier
Jahren haben sie sich kennen und lieben gelernt. Nach gescheiterten
Beziehungen. Wollten es besser machen. Wollten ihr Leben auf einem
gemeinsamen spirituellen Fundament aufbauen und ihre Liebe bewusst
gestalten. Nicht in alte Muster zurückfallen. Im säkularen Buddhismus finden
sie die praktischen Anleitungen, die sie im Christentum vermissen:
O-Ton Willi
„Am Buddhismus hat mich immer fasziniert, dass es überhaupt keine Götter
oder Bilder von Göttern gab, die es zu verehren galt, sondern dass es eher ein
Weg war, der da aufgezeigt wurde. Und Anleitungen gab, wie man diesen
Weg zu Erkenntnissen beschreiten kann. Also eher eine Lehre als wie eine
Religion.“
O-Ton Gisela
„Mich hat dieses sehr Bodenständige, ganz Pragmatische für den Alltag sehr
angesprochen. So als Handwerkszeug im Umgang von Mitgefühl,
Mitmenschlichkeit - und nicht der liebe Gott sitzt im Himmel und sieht alles –
sondern in dem Sinne von - das Göttliche ist in jedem Menschen. Es geht nicht
um was Abgehobenes, sondern es geht um eine Bewusstseinsentwicklung in
mir. Das Handwerkszeug, ist diese Achtsamkeit, Aufmerksamkeit im
gegenwärtigen Augenblick. Das Wahrnehmen und das Loslassen von
Gewohnheitsmustern, Gedankenstrukturen, Konstrukten, die ich teilweise als
sehr machtvoll erlebe, die mich im Alltag bestimmen. Zu erleben, dass das
Muster sind, dass ich sie erkenne, als einen Teil von mir und dass ich ein
Bewusstsein habe, eine Freiheit habe mein Muster wieder neu zu definieren.“
Sprecherin
„Erleben, dass ich ein Bewusstsein, eine Freiheit habe.“ Das ist vielleicht die
wichtigste Kernbotschaft des säkularen Buddhismus. Auch hier wird sie –
genauso wie im traditionellen Buddhismus - aus den „vier edlen Wahrheiten“
abgeleitet, den bekanntesten buddhistischen Prinzipien. Diese kann man so
zusammenfassen:
Zitat
Erstens: Das Leben ist letztlich leidvoll.
Zweitens: Das Leiden hat Ursachen wie Gier, Hass und Verblendung.
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Drittens: Erlöschen die Ursachen, erlischt das Leiden.
Viertens: Es gibt einen Weg zum Erlöschen des Leids.
Sprecherin
Stephen Batchelor sieht in diesen vier edlen Wahrheiten allerdings keine
Glaubenssätze, sondern sie haben für ihn den Charakter von Empfehlungen:
O-Ton Batchelor
The first one is to embrace the suffering of live. The second is to let go one‟ s
individual grasping and graving and selfishness in response to the suffering of
life. The third is to cultivate meditation, moments of stillness and openness,
where one is liberated from those instincts even… and this leads to the fourth
task which is to cultivate to bring into being a way of life in this world.”
O-Ton Übersetzung
„Die erste Handlungsempfehlung bedeutet: das Leiden des Lebens
anzunehmen. Die zweite: das persönliche Anhaften, die Gier und die
Selbstsucht angesichts des Leidens aufzugeben. Die dritte bedeutet,
Meditation, Stille und geistige Offenheit zu kultivieren, um uns von dem
instinkthaften Denken und Handeln zu befreien. Dies führt zur vierten Aufgabe:
diese Fähigkeiten als eine Art Lebenskunst in unserem alltäglichen Leben zu
verwirklichen.“
Sprecher
Wie kann es gelingen, diese vier traditionellen „edlen Wahrheiten“ als
moderne Handlungsempfehlungen im Alltag zu verwirklichen?
O-Ton Willi
Ich habe mich besonders mit der menschlichen Habgier auseinandergesetzt
und da wurde sehr schnell klar, dass die treibende Kraft des Kapitalismus die
Habgier des Menschen ist. Und im Buddhismus wird dies auch als einer der
Gründe genannt, warum wir Menschen leiden oder ein Hauptgrund dafür,
dass so viel Leiden entstehen kann. Und dass wir uns dessen bewusst sein
müssen, um damit auch so umzugehen, damit wir uns selber dann auch nicht
schaden auch mit den negativen Wesenszügen sich auseinanderzusetzen
und diese zu akzeptieren. Das war für mich eine sehr wichtige Erkenntnis, weil
es zunächst auch im Christentum so ist, dass man etwas Negatives als Sünde
bezeichnet - und das ist schlecht und lehnt es ab und schämt sich dann
dafür. Aber im Buddhismus ist es einfach so, dass man es erkennen muss, wie
es ist und. Es ist ein Teil unseres Wesens. Und es hilft uns nicht, das abzulehnen.
Wir müssen verantwortungsvoll damit umgehen.“
O-Ton Gisela
„Die buddhistische Praxis hilft mir sehr, mit meiner tiefsten Herzensessenz –
möchte ich sagen - in Berührung zu kommen, weil ich in meinem tiefsten
inneren erlebe, dass ich mich auch dabei ertappe, dass ich so denke, ach
wenn ich das und das hätte, dann wäre ich glücklicher. Glücklicherweise
erlebe ich mich mittlerweile an dem Punkt, dass ich erkenne, dass das auch
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Illusionen sind. Und im Gegenteil, dass das mich einschränkt im Endeffekt weil
ich merke, dass ich in Abhängigkeiten gerate letztendlich habe ich im
Kleiderschrank hunderte von Dingen, die ich eigentlich gar nicht brauch, und
wo ich merke, das ist mir nicht mehr so wichtig im Leben weil ich gemerkt
habe, dass das vielfach Ersatz ist ‚für„ und nicht Erfüllung beinhaltet, dass es
nicht darum geht, diesen buddhistischen erleuchteten Buddha zu haben,
sondern dass es darum geht, die kleinen Erleuchtungsmomente im Alltag
wieder zu finden.“
Sprecherin
Kleine Erleuchtungsmomente bemerken und nicht auf die große Erleuchtung
warten! Das könnte zum Beispiel bedeuten dass man sich nicht einfach
getrieben fühlt, den xten Pullover zu kaufen, um damit über einen Groll mit
dem Chef hinweg zu kommen… Zu bemerken, dass Immaterielles wie das
Gefühl von Ärger sich nicht mit Materiellem wie mit einem neuen Pullover
heilen lässt. Dass man statt dessen einen Raum finden kann in sich drinnen, in
dem man Alternativen entdeckt, zeitlosere Werte, ganz und gar kostenlose:
wie etwa die Freude, einen Spaziergang zu machen, eine Freundin anzurufen.
Musik Kitaro
O-Ton Gisela
„Dass ich ein Bewusstsein habe, eine Freiheit habe, eine Freiheit habe.“
O-Ton
Leise Musik, langsam unter dem nächsten O-Ton ausblenden
Sprecher
Diese Freiheit lässt sich durch die Arbeit mit dem eigenen Geist entwickeln.
Beispielsweise durch Einsichtsmeditation:
O-Ton
„Die besteht aus zwei Schritten: In der Kurzfassung – Shamata heißt
„Anhalten“ und Vipassana heißt „genau hinschauen“. Und dieses GenauHinschauen heißt auch analysieren, erkennen, durchdringen, verstehen
wollen, erforschen, nachprüfen: Immer nachfragen: Warum mache ich das?
Ich will es auch verstehen, ich will mein Handeln, ich will meine Motive
verstehen. Und ich möchte eben halt auch einigermaßen wissen, worauf es
hinausläuft…“
Sprecherin
Hier geht es um Ursache und Wirkung, ganz konkret im Hier und Jetzt. Im
Prinzip um das, was im Buddhismus „Karma“ genannt wird, was sich traditionell ausgelegt - jedoch aufs Jenseits bezieht. Im Diesseits kennt das
jeder:
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O-Ton Willi
„Ich wollte unbedingt mal einen schönen Oldtimer fahren und habe mir
diesen Wunsch auch dann erfüllt und irgendwann mal dann auch über die
Auseinandersetzung mit dem Buddhismus auch gemerkt, dass diese Erfüllung
von diesem Wunsch nur eine sehr kurzfristige Freude gibt. Und das auch eine
Freude ist, die bei weitem nicht damit zu vergleichen ist, wie die Freude, die
man aus menschlichen Beziehungen oder dem Lächeln eines Kindes erfahren
kann. Und erst durch die Auseinandersetzung mit dem Buddhismus und dem
Fallenlassen oder Loslassen von Wünschen hat mir dann tatsächlich geholfen,
mir irgendwann mal zu sagen, dass ich mich von diesem materiellen Wunsch
oder von dieser Leidenschaft ganz leicht trennen kann.“
Sprecherin
Loslassen, Gelassenheit entwickeln – das ist geistige Arbeit, das ist Training mit
dem eigenen Gehirn.
Musik Kitaro
Zitat
„Hier meine einfache Religion: Wir brauchen keine Tempel und keine
komplizierte Philosophie. Unser eigenes Gehirn und unser eigenes Herz sind
unsere Tempel…“
Sprecher
Sagt der Dalai Lama.
O-Ton Willi und Gisela
„Das beginnt schon morgens, wo ich den Tee zubereite und meine Liebste mit
einer Tasse Tee wecke und wir im Bett eine Tasse Tee einnehmen.“
„Meditieren mit meinem Partner, was ich sehr schätze, was uns auch sehr
unterstützt, im achtsamen Umgang miteinander. Das ist so ein bewusstes
Hineingehen in den Alltag. Mit achtsamer Kommunikation.“
Sprecherin
Achtsam kommunizieren und konsumieren, achtsamer, langsamer leben –
dazu braucht man weder Mantras noch Mythos. Aber eine klare
Entscheidung und Übung und Zeit. Zeit, auch in aufreibenden Situationen kurz
inne zu halten, zu reflektieren. Sich immer wieder zu fragen:
Sprecher
Was tue ich?
Sprecherin
Was fühle ich?
Sprecher
Wie drückt es sich im Körper aus, in welchem Körperteil fühle ich es?
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Sprecherin
Was denke ich?
Sprecher
Was sage ich? Und: Wie sage ich es?
Sprecherin
Befinde ich mich im Einklang mit meinen persönlichen Zielen?
Sprecher
Wer lange übt, dem kann solches Scannen im entscheidenden Moment in
Sekundenschnelle gelingen. Lebenslanges Trainieren ist wichtig, so wie man
einen Muskel immer wieder trainieren muss, damit er fit bleibt. Und auch Mut
gehört dazu, wenn man den eigenen Geist zähmt. Denn es ist gut möglich,
dass sich der eigene Lebensstil dadurch gewaltig verändert, und moderne
Buddhisten plötzlich nicht mehr ins Raster der Karriere- und
Konsumgesellschaft passen. Dennoch wollen sie moderne Menschen bleiben
und nicht zu Außenseitern werden. Ein Spagat, auch für Manfred Folkers:
O-Ton Folkers
„Wenn ich überlege, was die Praxis bei mir bewirkt hat, dann kann ich über
lange Zeiträume klar sagen, mein Fleischkonsum ist fast auf null gesunken,
mein Alkoholkonsum ist fast auf null gesunken, Zigaretten und so weiter, ist
überhaupt gar kein Thema mehr. Vor allen Dingen aber auch konsummäßig
bin ich nicht mehr relevant für diese Wirtschaft, weil ich halt lieber Sachen
auftrage, lieber das, was gebraucht ist, weiternehme, weil ich muss nicht auf
dem modernsten Stand sein. Wobei es natürlich die Ausnahme gibt, was so
Computer und so angeht, bin ich nun nicht hinter dem Mond…. Wobei ich
mich dagegen sträube, überall mitzumachen. Ich habe keine Blogs, ich
twitter nicht rum oder facebookle, kommt überhaupt nicht infrage. Aber dass
ich an Informationen drankomme, dass ich versuche, mitzubekommen, was
Sache ist, das ist ganz klar….“
Sprecherin
Um derart klar, konsequent und stabil zu werden, arbeiten Gisela und Willi mit
verschiedenen Meditationstechniken an ihren inneren Haltungen und an
ihrem Verhalten. Sie verzichten dafür ganz bewusst oft aufs Fernsehen oder
auf andere Ablenkungen. Stehen täglich eine halbe Stunde früher auf. Das
muss sein, sagen beide, wenn man etwas ändern will.
Sprecher
Meditation lässt sich vom Buddhismus – auch vom säkularen – völlig
abkoppeln. Einfache Übungen sind im Alltag nützlich, um dem täglichen
Stress zu begegnen. Davon ist der Bewusstseinsphilosoph Professor Thomas
Metzinger überzeugt:
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O-Ton Metzinger
„Natürlich sind die buddhistischen Meditationstechniken – das zeigt sich jetzt
ja sehr deutlich – sehr hilfreich für ganz normale Menschen in einer Zeit, die
sich immer mehr beschleunigt, in der die knappe Ressource Aufmerksamkeit
aus dem Mediendschungel heraus angegriffen wird von der Werbeindustrie
und der Unterhaltungsindustrie.“
Sprecherin
Das geschieht in letzter Zeit sogar rund um die Uhr. Mobile Endgeräte wie
Smartphones und Tablet-PCs lassen insbesondere junge Menschen kaum
noch zur Ruhe kommen. Als Gegengewicht könnten Meditationen schon im
Schulalter erlernt und geübt werden.
Sprecher
Zur Ruhe finden, innehalten, geistige Klarheit entwickeln, erleben, wie sich
Verhaltensweisen, die einem schaden, ändern lassen - 2500 Jahre alte
buddhistische Beobachtungen haben zur Entwicklung meditativer Methoden
geführt, die helfen können, genau solche Zustände zu erlangen. Wie
buddhistische Haltungen und Meditationstechniken wirken, das zeigt
moderne Hirnforschung zunehmend durch moderne Untersuchungsverfahren.
Alte Weisheit trifft moderne Wissenschaft.
Zitator
„Die affektiven Schaltkreise im Gehirn sind offenbar durch Training formbar,
ermöglichen es, eingefahrene Reaktionsmuster zu verändern und stattdessen
eine Haltung der Gelassenheit und Offenheit zu kultivieren, aus der heraus
angemessener auf eine Situation reagiert werden kann.“
Sprecherin
schreibt der Meditationsforscher und Psychologe Ulrich Ott. Er zeigt mit einem
modernen bildgebenden Verfahren, der Magnetresonanztomografie, wie
wandlungsfähig das Gehirn lebenslang ist. Meditation kann die Struktur und
die Funktion des Gehirns verändern.
Sprecher
Neurowissenschaftler zeigen auf, wie sich durch regelmäßiges Meditieren
neue Synapsen, neue Verschaltungen, im Gehirn bilden können. Wie durch
neues Denken alte Verhaltensmuster ihre Macht verlieren können. Der
amerikanische Neuropsychologe Rick Hanson versucht, solche Erkenntnisse
möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Auf CDs veröffentlicht er
geführte Mediationen, die, regelmäßig durchgeführt, das
Veränderungspotenzial des Gehirns anregen sollen. Um die eigenen
Emotionen besser zu verstehen und zu kontrollieren. Zum Beispiel die Wut.
O-Ton CD
„Wie fühlt sich starke Wut in Ihrem Körper und in Ihrem Geist an oder gar ein
Wutanfall, wenn Sie sich daran erinnern können? Fragen Sie sich, ob diese
Einschätzungen in irgendeiner Weise übertrieben sind. Dazu gehört auch ihr
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eigener Anteil an dieser Situation. Seien Sie sich in Bezug auf diese bestimmte
Situation auch einer Haltung der Selbstgerechtigkeit und der
Unnachgiebigkeit bewusst. Achten Sie darauf, was in Ihrem Körper und Geist
geschieht? Können sie diese neueren Einschätzung dieser Situation dazu
verwenden, um sich nicht mehr so wütend zu fühlen?“
Sprecherin
Die Wut verstehen, eigene Anteile erkennen und auch den anderen
verstehen, der die Wut mit verursacht hat. Wer solche Zusammenhänge
herausarbeiten kann, kann allmählich die Wut transformieren, sie im besten
Fall umwandeln in Mitgefühl und sich so schnell wieder besser fühlen.
Sprecher
Diese Arbeit, die Arbeit mit dem Geist, kann dabei helfen, alle negativen
Emotionen rasch zu überwinden. Konkret bedeutet dies: Sich hinsetzen und
den eignen Geist beobachten. Herausfinden, wie er funktioniert, welches
Eigenleben er führt, womit er sich gerade beschäftigt?
Sprecherin
Mit der Vergangenheit?
Sprecher
Mit der Zukunft?
Sprecherin
Bewertet er?
Sprecher
Vergleicht er?
Sprecherin
Treibt er mich dazu, automatisch so zu handeln, wie ich es gewohnt bin?
Sprecher
Wer so genau fragt, kann entdecken, wie er durch Bewusstheit, durch
hundertprozentiges Wachsein, Gedankenprozesse stoppen und verändern
kann. Es ist möglich, aus den ewigen Gedankenschleifen herauszukommen. In
der Meditation gelingt das, indem der Übende immer wieder zurückkehrt zur
Beobachtung des eigenen Atems oder zum Objekt der Meditation. Dabei
wird erlebbar, wie der Geist nach und nach Ruhe findet. Wie der Geist klarer
wird.
Sprecherin
So wie aufgewühltes Wasser, das grau und schmutzig erscheint, , nach und
nach klarer wird, wenn es zur Ruhe kommt. Sobald sich der Schlamm
abgesetzt hat, spiegelt das Wasser alles klar und exakt wieder – ohne
Verzerrungen. Der Achtsamkeitslehrer Manfred Folkers:
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O-Ton
„Es ist Nachprüfbarkeit, es ist Selbsterforschung, es ist die Sicht auf die ganze
Welt, es ist kein Rückzug. Es ist der Versuch, mit den modernsten Erkenntnissen
mit dem neuzeitlichen Geist, das, was an Alltag jetzt wichtig ist, das Leben zu
betrachten, die Welt zu betrachten, und daraus die Schlüsse zu ziehen, die
ehrlich sind. Das ist das, was mich am meisten beschäftigt, und wo ich
persönlich die Kraft aus der Buddhalehre halt ziehe, weil sie mir hilft, das zu
verstehen, was hier abgeht.“
Sprecherin
Eine Kraft, die im besten Fall auch helfen könnte, gesellschaftliche Probleme
zu lösen, meinen Thomas Metzinger und Stephen Batchelor:
O-Ton
„Wir entdecken jetzt im Moment gerade, dass unsere durch Gier und
Maßlosigkeit angetriebenen Finanzsysteme hochgradig instabil sind… Gier
und Verblendung kann man in sich beobachten – und es ist ein klassisches
Thema worüber die buddhistischen Philosophen viel gesagt haben, aber die
jungen Männer in den Computertürmen in Frankfurt, London und Berlin, die
interessiert das einfach nicht.
“You don‟t need constantly desiring and trying to attain levels of material
satisfaction that in the end will not really provide you with wellbeing. So
hopefully a crisis like this can lead people to think more deeply about what
really matters for them in their life. But weather Buddhism or any tradition will
have a simple answer to what can replace capitalism.”
Musik Kitaro
O-Ton
„Man braucht nicht dauernd Wünsche zu haben und versuchen noch höhere
Ebenen der materiellen Befriedigung zu erlangen, die uns am Ende nicht
wirklich Glück und Wohlbefinden verschaffen. So hoffe ich, dass die
augenblickliche Krise die Menschen zum Nachdenken darüber führt, was in
ihrem Leben wirklich zählt und worauf es ankommt. Aber weder der
Buddhismus noch irgendeine andere Tradition werden eine einfache Antwort
darauf finden, was den Kapitalismus ersetzen könnte.“
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