EWMD – Deutschlandkonferenz 2008 Werte und Ethik in Unternehmen Prof. Dr. Astrid Szebel-Habig 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 1 Prof. Dr. Astrid Szebel-Habig Studium BWL und Promotion (Fribourg und Münster) Hochschulassistentin Universität Fribourg (1976 – 81) Hewlett-Packard (1981 – 91) Personal / Einkauf / Vertrieb Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Merz +Co. (1991 – 94) Kaufmännische Direktorin Fachhochschule Aschaffenburg (1995 - ) Professorin für Personal – und Unternehmensführung Dekanin der Fakultät Wirtschaft und Recht (2002 – 06) Frauenbeauftragte der Hochschule (seit 1996) Privat: Verheiratet in 2. Ehe mit eigenem Sohn (14) und vier eingeheirateten Söhnen ( 22 – 28), Mitglied bei EWMD, DAB und FidAR 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 2 Gliederung des Vortrags: 1. Was ist ein Wert? 2. Der ökonomische Wert von Werten 3. Was ist Ethik, bzw. Unternehmensethik? 4. Gründe für ethisches bzw. unethisches Verhalten von Unternehmen 5. Fazit 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 3 Was ist ein Wert? Schönheit Liebe Gesundheit - Orientierungsgröße menschlichen Denkens, Tuns und Lassens - Entscheidungskriterium für das menschliche Handeln - Kultur wird dadurch geprägt, welche Werte in ihr als „Sollgrößen“ anerkannt sind und verwirklicht werden sollen. Treue Gerechtigkeit Toleranz 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 4 Merkmale von Werten - Langfristig gültig - Schwer veränderbar - Prägen Verhaltensweisen und Ziele von Individuen Was ist mir wertvoll? Wofür setze ich meine knappen Ressourcen ein?: ZEIT 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen - GELD Dr. Astrid Szebel-Habig 5 Welche Werte vertritt Ingvar Kamprad? Nach Forbes „Drittreichster Mann der Welt“ • Sparsam und bodenständig • Ehrlich und bescheiden • Neues riskieren • Selbstkritisch: „Niemand hat so viele Fehler gemacht wie ich“ Unternehmenskultur bei___________: • Gleichheit: Alle duzen sich; nur drei Hierarchiestufen • Bescheidenheit: Keine Statussymbole • Hohe Selbstverantwortung, auch bei jungen FK • Soziale Verantwortung mit Schwerpunkt Ökologie 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 6 Werte prägen das Verhalten aller Mitglieder eines Unternehmens Das Wesentliche ist unsichtbar ! Antoine de Saint-Exupery Unternehmenskultur: Verhalten aller Mitarbeiter Was wird belohnt bzw. was wird bestraft? Werte/ Normen (Top-Down): Menschenbild Erwartungen Energiefeld, dessen Wirkung spürbar ist Geheime Spielregeln 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 7 Ökonomischer Wert von Werten Wichtigste Nutzen von Werten in % Förderung interner Kooperation 73 70 Imageverbesserung 65 Profitmaximierung Limitierung des Geschäftsrisikos 65 Förderung sozialer Verantwortung 56 Förderung von Ehrlichkeit 41 Vermeidung von Betrug Erleichterung der Kontrolle 32 24 Quelle: Booz Allen Hammilton, 2003 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 8 Erfolgsfaktor Vertrauen - Unausgesprochene gegenseitige Vereinbarung: Kognitive Erwartung, dass andere durch ihr Handeln /Unterlassen zum Wohlergehen eines Einzelnen/einer Gruppe beitragen bzw. von schädigenden Handlungen absehen (Nach Claus Offe) Vertrauenskultur - Reduziert Komplexität (z.B. weniger Kontrollen, formale Regeln etc.) - Spart Kosten ein (z.B. SCM; VMI etc.) - Induziert höhere Risiko- und Innovationsbereitschaft - Fördert Wissensaustausch und -wachstum - Stärkt MA Motivation 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 9 Was ist Ethik? - Zentraler Bereich der Philosophie - Griechisch: Ethos = Gelungenes Leben Aristoteles ( 384 – 322 v. Chr.): Vater der Ethik Eigenständige philosophische Disziplin vom richtigen Leben (neben Logik und Physik) - Universale Prinzipien rechter Lebensführung - Voraussetzungen: - freier Wille - Handlungsalternativen 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 10 Fragen der Ethik Ethik reflektiert: • Diskrepanz zwischen IST und SOLL • Dilemmasituationen • Welche Regeln /Normen sind wünschenswert ? • Nach welchen Werten und Normen sollen die Menschen ihr Handeln ausrichten? • Was soll ich tun? • .... angesichts der Tatsache, dass Andere von meinem Handeln betroffen sind 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 11 Kardinaltugenden: Grundwerte des Leaderships Platon ( 427 bis 347 v. Chr.): • Tapferkeit: Innere Haltung, zu eigenen Überzeugungen stehen • Klugheit: Fähigkeit, Kompromisse einzugehen • Maß: Bescheiden/Besonnen sein; Rechte Augenmaß • Gerechtigkeit: Sich selbst und anderen gerecht zu werden; Grundlage des sozialen Friedens Dr. Astrid Szebel-Habig 12 Was ist Unternehmensethik? Individualethischer Aspekt: Individualethischer Aspekt: Analyse der Werturteile der einzelnen Entscheidungsträger: z.B. Leadership Welches Menschenbild hat die Führungskraft? Handlungsempfehlungen / Regeln für die einzelne FK z.B. Führungsleitbild Nach welchen Soll-Vorstellungen soll die FK ihr Verhalten ausrichten? PriceWaterhouseCoopers Studie „Wirtschaftskriminalität 2007“ S. 39: „Die Täter sind überall auf der Welt zumeist männlich (87 %), überdurchschnittlich gebildet, etwa 20 % gehören zum Top Management, Sie sind in der Regel zwischen 30 und 50 Jahre alt und seit mehreren Jahren im Unternehmen beschäftigt (Deutschland 10 Jahre) 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 13 Menschenbild: Einfluss auf das Führungsverhalten Negatives Menschenbild: MA = Kosten Austauschbare Ressource Führungskräfte: Instrumentalisierung der MA Ergebnisse Maßnahmen: • Druck • Leistungsträger gehen •Kontrollen • Zunahme psychischer Krankheiten Mitarbeiterleistung: • An eigene Grenzen gehen • Dienst nach Vorschrift 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 14 Regelkreis des Leaderships Positives Menschenbild: MA = Erfolgsfaktor Führungskräfte führen Mitarbeiter zum Erfolg Ergebnisse: Maßnahmen: • Fürsorge und Wertschätzung •Leistungsträger bleiben • Erfolge gemeinsam feiern •Erhöhte Wettbewerbsfähigkeit •Hohe Kundenzufriedenheit Mitarbeiterleistung: - „Put Vision into action“ - Ideen umsetzen in Innovationen 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 15 Führungsethik Die Führungsethik behandelt Fragen des persönlichen ethischen Handelns in betrieblichen Führungs- und Entscheidungsfunktionen. Geschäftlich erfolgreich Behandelt Menschen mit Respekt Behandelt Menschen respektlos 27.09.2008 Typ 1 Typ 4 Werte und Ethik in Unternehmen Geschäftlich wenig erfolgreich Typ 2 Typ 3 Dr. Astrid Szebel-Habig 16 Führungsleitbild Sollvorstellungen eines Unternehmens: Maßgebliche Werte/Normen, wie Führungskräfte ihr Verhalten ausrichten sollen. Beispiel Vertrauenskultur erzeugen Orientierung geben Kernbotschaften Verantwortung übernehmen Zusammenarbeit fördern 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 17 Was ist Unternehmensethik? Unternehmensebene: Ethische Grundsätze und Werte Unternehmensphilosophie Verhalten gegenüber den Stakeholdern Institutionaler Aspekt: Kollektive Entscheidungen des Unternehmens als Institution z.B. Unternehmensgrundsätze/ Leitbild/ CSR/ Compliance - Programme etc. • Sehen wir uns als Unternehmen in einer sozialen Verantwortung? • Welche Stakeholder sind uns wichtig? Shareholder Value ? • Auf welche Art und Weise machen wir unsere Geschäfte? 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 18 Gründe für ethisches Verhalten • Verbesserung der Führungsqualität • Selbstverpflichtung über gesetzliche Vorgaben hinaus zur Eindämmung von Gesetzesvorschriften • Zunehmende Transparenz durch das Internet • Sensibilisierung der Öffentlichkeit (Umweltschutz;Korruption; Dritte Welt) • Vermeidung von Reibungsverlusten mit Stakeholdern • Ökonomie des Vertrauens ( CRM; Supply Chain Management etc.) • Employer Branding (Unternehmen als Marke) • Langfristige Geschäfte durch Kundenempfehlungen • Zunehmender Wettbewerb um die Moral der Kunden 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 19 Art der Geschäfte WIN – WINSituation hoch NGO`s Non Government Oriented Organizationen Erfolgreiche Geschäfte mit hoher öffentlicher Anerkennung Ethik niedrig DilemmaSituationen niedrig hoch Rendite 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen (Nach Hohmann/Blome-Drees) Dr. Astrid Szebel-Habig 20 Unternehmen und gesellschaftliche Verantwortung - 85 % aller deutschen Unternehmen besitzen ein Unternehmensleitbild - Werteorientierte Führung von Familienunternehmen (Deichmann; Hipp; Würth, etc.) - Corporate Citizenship v.a. bei Global Players - Global Compact Initiative von Kofi Annan Davos 1999 - Preis des dnwe an Otto Versand( 2000), PUMA (2002), Faber-Castell (2004) und Norvatis (2006) für verantwortungsbewussten Umgang mit Mensch und Natur 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 21 Unethisches Verhalten von Unternehmen • Korruption ( Ikea; Siemens) • Bilanzfälschungen ( Enron; EM.TV) • Illegale Preisabsprachen (USA: Vitaminpräparate) • Kinderarbeit • Steuerhinterziehung • Umweltverschmutzung (Brent Spar) • Unverhältnismäßig hohe Managerabfindungen (GE;Mannesmann/Vodafone) • Selbstbedienungsmentalität • Insiderhandel (Martha Steward) • Ausnutzung von Mitarbeitern (Frau-/Mann-Gehälter in Vollzeit) 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 22 Gründe für unethisches Verhalten • Ich-Denken der Entscheidungsträger (z.B. Habgier) • Ökonomische Sachzwänge wie hoher Wettbewerbsdruck; Quartalsdenken • Fehlende Informationen über Werte fremder Kulturen • Organisierte Unverantwortlichkeit in großen Organisationen • Komplexe Situationen mit Unvorhersehbarkeit der Folgen des eigenen Handelns 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 23 Compliance Programm Richtlinien und Vorschriften, die dem Ziel dienen Wirtschaftskriminalität zu verhindern. MA werden zu den Geschäftsgrundsätzen, freiwilligen Kodizes und Verhaltensrichtlinien geschult. Abweichungen von den vorgegebenen Verhaltensstandards werden bestraft Beispiel Banken: - Verbot des Insiderhandels - Anlegergerechte Wertpapierberatung - Kontrolle der Eigengeschäfte der Mitarbeiter etc. 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 24 Praxisbeispiel: Deutsche Telekom AG • Konzernweit gültiger Code of Conduct • FK: Informationspflicht gegenüber MA • Konzernweite Betriebsvereinbarungen zum Hinweisgeberverfahren • Meldepflicht aller MA bei Verstößen gegen den Code of Conduct intern: 1. Vorgesetzten 2. Ethikline extern: BKMS (Business Keeper Monitoring System) • Whistleblower bleibt anonym 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 25 Fazit • Ökonomie und Ethik schließen sich nicht gegenseitig aus • Langfristiger und nachhaltiger Markterfolg nur möglich über eine klar formulierte und gelebte Unternehmensethik • Sichtbar ethisch handelnde Unternehmen werden von informierten Verbrauchern bevorzugt Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Astrid Szebel-Habig 26 Unternehmensethik: Institutionale Aspekte Ethische Anforderungen: Moral - Gewinn Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen • Unternehmen als Wertegemeinschaft verstehen: Schaffen einer Unternehmenskultur, die intern präventiv gegen Wirtschaftskriminalität wirkt und nach außen hin die Reputation fördert • Unternehmen als verantwortungsbewusstes Subsystem einer Gesellschaft sehen: Anbieten von Produkten, die in ihrer Wertschöpfung „clean“ sind und den Erzeugern einen fairen Preis bieten • Selbstverpflichtung über Leitbild; Compliance Programme, Schutz für Whistle-Blower; Ethik-Hotline etc. , um über die Gesetze hinaus ein „guter Bürger“ zu sein. • Statt Shareholder-Value die Interessen der Stakeholder wahren 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 27 Stufen des Werte Management System 3. Organisieren Organisation Ethik- / Compliance Office Leadership Programme 2. Implementieren Instrumente Codes of Conduct Compliance Programme 1. Kodifizieren Unternehmenswerte Vision Mission *) 38/ 2008 Deutscher Instituts-Verlag Quelle: Nach Wieland/Fürst 2004 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 28 Ethikregeln griechischer Philosophen • Sokrates (469 – 399 v. Chr. ) „Erkenne Dich selbst“ Das eigene Gewissen ist die Voraussetzung für tugendhaftes Handeln • Platon ( 427 – 347 v. Chr.) „Klugheit, Tapferkeit, Besonnenheit/Mäßigung ermöglichen ein gerechtes Leben“ • Aristitoteles (384 – 322 v. Chr.) „Der Mensch strebt von Natur aus nach dem Guten, weil er darin die Glückseligkeit findet“ • Epikur (342 – 271 v. Chr.) „Tue nichts im Leben, was Dir Angst bereitet, wenn es von Deinen Mitmenschen entdeckt wird“ 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 29 Ethikregeln (Beispiele) • 10 Gebote der Bibel • Goldene Regel (Hans Küng): „Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg`auch keinem anderen zu“ • Kant (1724 – 1804): „Kategorische Imperativ“: „Handle so, dass die Maxime Deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ • Habermas: „Prinzip der Konsensfindung“ „ Handle nur nach solchen Normen, mit denen alle von Deiner Handlung Betroffenen einverstanden sein können 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 30 Compliance Programm • „Jemanden verpfeifen“ (Whistle Blowing) • Enthüllung illegaler Praktiken in einer Organisation Interne Anlaufstellen: • Compliance Office /Ethikkommission/Global Value Office • Vorgesetzte/r • Personalabteilung/Rechtsabteilung/Interne Revision etc. Externe Anlaufstellen: • Rechtsanwalt • Ethik Hotline • Business Keeper Monitoring System (BKMS): Weltweite internetbasierte Kommunikationsplattform zur Aufdeckung von Missständen 27.09.2008 Werte und Ethik in Unternehmen Dr. Astrid Szebel-Habig 31