I. Grundlegende Konzepte, Fragestellungen und Theorien

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Script „Entwicklungspsychologie“
I.
WS 05/06 Vagt
Danusch Merrikh-Yazdi
Grundlegende Konzepte, Fragestellungen und Theorien
1. Die Entwicklungspsychologie beschäftigt sich mit Veränderungen des Erlebens und Verhaltens, die auf
die Zeitdimension Lebensalter bezogen werden können. Im Grunde ist jedoch das Lebensalter als
Bezugssystem solche Veränderungen unzureichend.
a) In Wiefern?
- Alter nicht die Ursache der Veränderung! Prozesse und Ereignisse dessen Eintreten
z.T. mit dem Alter korrelieren beeinflussen Veränderung Æ Alter nur Indikator aber
nicht Erklärung für Veränderungen.
- Alter ist keine primäre Bedingungsvariable, Veränderung ist auch von anderen
Faktoren (Entwicklungsschritte) abhängig.
- Altersangaben geben keine Information darüber, wie Veränderungen bewirkt werden
können.
- Veränderungen unterliegen großer interindividueller Variationsbreite.
- Rascher gesellschaftlicher Wandel: Selbst nah aufeinander folgende
Geburtsjahrgänge unterscheiden sich in ihrer Entwicklung.
b) Machen Sie anhand eines Beispieles klar, wie die entwicklungspsychologische Forschung mit
diesem Problem umgehen kann!
- Beispiel: Ermittlung der Schulreife: Es wird nicht nur das Alter des Kindes zur
Ermittlung der Schulreife verwendet, sondern auch Tests die den individuellen
Entwicklungsstand des Kindes feststellen sollen.
2. Die moderne Entwicklungspsychologie interessiert sich nicht ausschließlich für die ersten 20
Lebensjahre, sondern bezieht die gesamte Lebensspanne in ihre Betrachtung ein und sieht dabei das
Erwachsenenalter auch nicht als eine Zeit des zwangsläufigen Abbaus und Verlusts an.
Skizzieren Sie die wesentlichen Leitlinien der Entwicklungspsychologie der Lebensspanne!
-
Traditionelle entwicklungspsychologische Konzepte unterteilen die Entwicklung in die
drei Phasen: Wachstum/Aufbau, Erhalt, Altern/Abbau
Moderne Konzepte zeichnen sich durch folgende Leitlinien aus:
i. Keine Gleichsetzung von Altern und Abbau. Es wird davon ausgegangen, dass
die Entwicklung über die gesamte Lebensspanne gleichzeitig die Aspekte
Wachstum/Aufbau und Verlust/Abbau beinhaltet.
Z.B. treten mit höherem Lebensalter eine Vielzahl von Verlusten auf (z.B.
Intelligenz, Kraft, Aufgaben (Arbeit), Selbstständigkeit) aber es treten auch
Gewinne auf (z.B. Weisheit, Lebenserfahrung, Expertenwissen)
ii. Verschiedene Dimensionen einer Eigenschaft haben unterschiedliche
Entwicklungsverläufe (z.B. Kristaline Intelligenz (Erfahrungswissen) bleibt mit
steigenden Alter (oder steigt sogar) während Fluide Intelligenz (Aufnahme und
Verarbeitungsgeschwindigkeit) abnimmt)
iii. Es gibt Spielräume und Grenzen für eine Entwicklungsförderung: 2
Hypothesen:
1. Abfall aufgrund neurobiologische Funktionsverluste
2. Abfall aufgrund mangelnder Übung
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iv. Ausgleich von Verlusten möglich (z.B. Gleichbleibende Abtippgeschwindigkeit
trotz motorisch langsamerer Reaktionsgeschwindigkeit durch optimierte
Fähigkeit des Vorauslesens)
v. Entwicklung ist Generationsspezifisch: Durch gesellschaftlichen Wandel
verläuft die Entwicklung in unterschiedlichen Jahrgängen anders. Dies macht
Querschnittuntersuchungen z.B. zur Ermittlung der Veränderung der
Intelligenz im Alter oft unzulässig
3. Entwicklungspsychologische Kenntnisse oder Meinungen fließen in viele Entscheidungen wichtiger
Lebensfragen einzelner Menschen ein, z.B. bei der Zusprechung des Sorgerechts, bei Versetzungsfragen
in der Schule oder bei der Ahndung eines Vergehens. Erläutern Sie diesen Sachverhalt an Hand eines
der genannten Beispiele und begründen Sie, warum bei jeder Entscheidung ein erhebliches Irrtumsrisiko
bleibt.
-
Beispiel: Versetzung in der Schule:
Hierbei müssen eine Vielzahl von Faktoren beachtet werden:
1. Welche Kompetenzen können von dem Kind in welchem Alter erwartet werden?
Spielt das Geschlecht des Kindes hier eine Rolle?
2. Woran könnte das verfehlen des Klassenzieles liegen? Ist das Kind wirklich
nicht leistungsfähig genug oder nur zu unmotiviert?
3. Ist Schutz / Schonung angebracht? Ist ein Nichtversetzen evtl. schlimmer, da
das Kind z.B. durch die Änderung des sozialen Umfeldes in seiner Entwicklung
stärker beeinträchtigt wird als durch das nichtvorhandene Wissen?
4. In welchen Entwicklungsstadien kann man mit welchen typischen Krisen
rechnen? (z.B. Ist pubertäre Phase Grund für Vernachlässigung der Schule?)
5. Welches Alter ist für Schulreife sinnvoll? Wurde das Kind evtl. zu früh
eingeschult und konnte daher den Erwartungen nicht gerecht werden?
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Es bleibt immer ein hohes Irrtumsrisiko, da:
• Es sind nicht alle Einflussfaktoren bekannt
• Es sind nicht alle individuell wirkenden Einflüsse vorhersehbar.
• Es existieren Freiheiten zur Selbstgestaltung der eigenen Entwicklung
Æ Entwicklung ist in vielen Bereichen „Plastisch“, also nicht durch Anlagen und
vorausgegangene Entwicklungsschritte vollständig determiniert sondern
beeinflussbar und gestaltbar.
4. Der Mensch verändert sich im Laufe seines Lebens ständig; die Veränderungen können dabei
quantitativer und/oder qualitativer Art sein.
a) Machen Sie anhand eines Beispieles aus dem Bereich der Intelligenzentwicklung deutlich, was
man unter quantitativen und was unter qualitativen Veränderungen versteht!
- Qualitativ: Beschreibung der Intelligenz anhand der Zunahme der lösbaren Aufgaben /
Abnahme für die Lösung einer Aufgabe benötigte Zeit
- Quantitativ: Beschreibung der Veränderung der Denk- und Problemlösungsstrukturen.
b) Gibt es beide Arten der Veränderung auch im Bereich der körperlichen Entwicklung?
- Auch hier gibt es qualitative und quantitative Veränderungen: z.B.
- Quantitativ: Kind kann mit steigendem Alter durch Längerwerden der Beine und
Aufbau des Muskeln schneller Laufen.
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- Qualitativ: Die Gehtechnik verbessert sich mit steigendem Alter
5. Bei dem Versuch, Entwicklungsvorgänge zu erklären, lassen sich vier theoretische Grundkonzeptionen
unterscheiden: der endogenistische, der exogenistische, der organismische
(selbstgestalltungstheoretische) und der interaktionistisch Ansatz. Stellen Sie die Kernaussagen dieser
Positionen gegenüber!
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Endogenistischer Ansatz: Umwelt passiv, Person passiv
Entwicklung durch biologische Wirkungsmechanismen im Organismus (Anlagen /
Reifung). Dabei erwirbt der Mensch auf Entwicklungsweg alterspezifische Fähigkeiten
nach einem genetischen Entwicklungsprogramm, welches nur in bestimmten sensiblen
Perioden offen für äußere Einflüsse ist. Die Entwicklungsmerkmale sind dabei universal.
Exogenistischer Ansatz: Umwelt aktiv, Person passiv
Hierbei löst die Umwelt die Entwicklungsprozesse aus. Der Organismus reagiert dabei
auf externe Stimulation welche das Verhalten / Die Entwicklung beeinflussen.
Entwicklung des Menschen (z.B. zum Bettler oder Rechtsanwalt) nur von der Umwelt /
dessen Reizen abhängig.
Organismische Theorie: Umwelt passiv, Person aktiv
Entwicklungsprozesse werden vom Menschen selber mitgesteuert. Dies geschieht
durch die Verfolgung von Zielen und durch Erkundung der Umwelt und
Erfahrungssammlung.
Interaktionistische Theorie: Umwelt aktiv, Person aktiv
Umwelt und Person haben Einfluss auf Entwicklung und bilden ein Gesamtsystem.
Veränderung eines der beiden Teile verändert auch den anderen Teil. DH. Nicht nur
hat die Familie Einflüsse auf das Kind, sondern auch das Kind auf die Familie. Bzw.
nicht nur die Scheidung auf das Kind, sondern auch das Kind auf die Zufriedenheit in
der Ehe.
6. Der Volksmund hält eine Reihe „Weisheiten“ parat, z.B. die folgenden: „Wie der Vater, so der Sohn“,
„Jeder ist seines Glückes Schmied“, „Zeige mir deine Freunde, und ich sage Dir, wer du bist“, „Der
Mensch denkt, Gott lenkt“, „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“.
Jeder dieser Sinnsprüche lässt sich einer oder mehreren der vier theoretischen Grundkonzeptionen
(endogenistischer, exogenistischer, organismischer (selbstgestalltungstheoretischer), interaktionistischer
Ansatz) zuordnen, die Entwicklungsvorgänge zu erklären versuchen. Nehmen Sie diese Zuordnung vor,
und begründen Sie sie jeweils.
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„Wie der Vater, so der Sohn“ lässt sich der exogenistischen Theorie zuordnen, da
die Umwelt (Hier der Vater) Einfluss auf die Entwicklung des Sohnes ausübt.
Außerdem lässt sich dieser Spruch auch der endogenistischer Theorie zuordnen, da
der Vater auch durch das Erbgut biologische Einflüsse auf seinen Sohn ausüben
könnte.
„Jeder ist seines Glückes Schmied“ lässt sich der organismischen Theorie zuordnen,
da hier die Person selbst aktiv über ihr Schicksal / ihre Entwicklung entscheidet.
„Zeige mir deine Freunde, und ich sage dir, wer du bist“ lässt sich der
interaktionistischen Theorie zuordnen, da die Person hier einerseits Einflüsse auf ihre
Umwelt hat (Durch Wahl der Freunde) und andererseits die Umwelt in Form der
Freunde sich auf die Entwicklung der Person auswirken. Sowohl Person als auch Umwelt
spielen bei der Entwicklung eine aktive Rolle.
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- „Der Mensch denkt, Gott lenkt“: Dieser Satz lässt sich dem exogenistischen Ansatz
zuordnen, da die Umwelt (in Form von Gott) aktiv auf de Denkweise der Person
auswirkt (Die Gedanken der Person lenkt). Alternativ käme auch der
interaktionistische Ansatz in Betracht, da Gott die Umgebung schafft und hierdurch
lenkt, der Mensch aber durch eigenes Denken (Welches Bezug auf die Gottgegebene
Umgebung hat) auch einen Anteil auf die Entwicklung hat.
- „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ lässt sich dem
endogenistischen Ansatz zuordnen, nachdem ein „Programm“ den Ablauf der
Entwicklung steuert, in das nur in besonderen seniblen Phasen eingegriffen werden
kann. Ist hier ein Eingriff nicht erfolgt, kann der Verlauf des Programms nachträglich
nicht geändert werden.
7. Zur Klärung des sog. Erbe-Umwelt-Problems werden häufig populationsgenetische Analysen
herangezogen.
a) Skizzieren Sie die Grundidee dieses Ansatzes!
- Beim Umwelt-Erbe-Problem geht es darum, dass Ähnlichkeiten von Phänotypen
(Erscheinung nach Außen) sowohl auf Ähnlichkeiten der Genotype (genetischen
Merkmale) als auch auf durch ähnliche umweltbezogene Faktoren erklärbar sind.
- Dabei versuchen populationsgenetische Analysen Anlage- (auf unterschiedlichen
Genotyp basierenden) und Umweltunterschieden zu trennen. (Dh. Zu ermitteln wie viel
der Varianz der Phänotypen auf den Genotypen, und wie viel auf Umweltspezifischen
Faktoren beruht).
- Da in einer normalen Familie die Unterschiede sowohl auf das Ähnlichkeiten im Erbgut
als auch auf die gemeinsame Umwelt zurückführen lassen, werden oft Zwillings- und
Adoptivstudien verwendet. Eineiige Zwillinge die getrennt aufwuchsen haben einen
identischen Genotyp. Unterschiede des Phänotyps lassen sich also durch die
Unterschiede der Umwelt erklären. Bei Adoptivstudien verhält es sich umgekehrt.
Hier besteht keine genetische Abhängigkeit zwischen Eltern und Kind, so dass sich
Gemeinsamkeiten mit der gemeinsamen Umwelt erklären lassen.
b) Welches sind, bezogen auf das Beispiel „Intelligenz“, die wesentlichen Ergebnisse vorliegender
populationsgenetischer Studien?
- Je größer die Ähnlichkeiten der Genotype, desto höher die IQ-Ähnlichkeit. Dies gilt
auch bei Aufwachsen in getrennter Umwelt. ÆGetrennt aufgewachsene EZ höhere
IQ Ähnlichkeit als gemeinsame normale Geschwister und ZZ
- Auch getrennte normale Geschwister haben hohe Ähnlichkeit, während Adoptivkinder
eher Ähnlichkeiten mit biologischen Eltern als mit Adoptiveltern haben.
Æ Ähnlichkeiten im IQ scheinen hauptsächlich auf Ähnlichkeiten der Genotype zu
basieren.
8. Das Erbe-Umwelt-Problem hat die Wissenschaft schon immer beschäftigt.
a) Wie ist die „Erblichkeit“ eines phänotypischen Merkmals ganz allgemein definiert?
- Erblichkeit ist der durch Analageunterschiede in der Population (Genotypunterschiede)
erklärbare Anteil an der Gesamtvarianz eines phänotypischen Merkmals in einer
Population.
r −r
- Für einfache Schätzungen: E 2 = EZ ZZ in der selben Umwelt.
1− rZZ
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b) Welche Erblichkeitsschätzungen haben sich typischerweise in Bezug auf das Merkmal
Intelligenz ergeben?
- Bei der Intelligenz kommt es meist zu Schätzungen des Erblichkeitskoeffizienten
zwischen 0,60 und 0,80. Damit liegt dieser höher als die Werte für die
Schulleistungen und die meisten anderen Persönlichkeitsmerkmale (0,40 – 0,50).
c) Was besagen diese Werte, und was besagen sie nicht? Erläutern Sie außer den korrekten
Interpretationen auch die typischen Fehlinterpretationen dieser Werte!
- Korrekte Interpretationsmöglichkeiten: Beschreibung der Verhältnisse in der
untersuchten Population. Da in jeder Population bestimmte Anlangen- und
Umweltunterschiede unterschiedlich häufig vorhanden sind, können sich bei einer
Veränderung der Häufigkeit (Also bei einer anderen Population) andere Schlüsse für
die Varianzverteilung ergeben.
- Mögliche Fehlinterpretationen:
• Gleichsetzung von Varianzanteilen mit Merkmalsanteilen: Der Varianzanteil der
Intelligenz in einer Population sagt nichts über den Anteil der Erblichkeit bei
einer einzelnen Person aus. Erblichkeit ist allgemein eine Populationsstatistik
und niemals auf eine einzelne Person anwendbar! (Eine einzelne Messung hat
keine Varianz!)
• Hoher Erblichkeitskoeffizient bedeutet nicht Determination durch Anlagen:
Erblichkeitskoeffizient sagt nichts über die Möglichkeit der Umweltwirkung
aus. Nur wenn trotz Umweltänderungen in verschiedenen Richtungen der
Koeffizient identisch = relativ Umweltunabhängig
• Erblichkeit bezieht sich immer nur auf eine bestimmte Population und einen
bestimmten Zeitpunkt, genetische Faktoren wirken sich in verschiedenen
Umwelten unterschiedlich stark aus.
• Erblichkeit bedeutet nicht Unbeeinflussbarkeit!
9. Eine eher traditionelle Theorie erklärt Entwicklungsphänomene als Resultate von Reifungsprozessen.
Diskutieren Sie die Frage, ob diese Theorie angemessen und überzeugend ist, wenn es um die Erklärung
a) Des frühkindlichen Trotzes
- Klassische Reifungstheorie: Auftreten ist notwendig für die Entfaltung des eigenen
Willens und der Erprobung der Durchsetzungsfähigkeit. Auslöser ist endogen
(Bereitschaft zur Entdeckung des Ichs)
- Einwände (Empirisch): Bei 80% der Trotzausbrüche waren Umweltauslöser im Spiel
(z.B. übertriebene Forderungen oder Eingriffe von Erwachsenen) Æ Trotz keine
notwendige Erscheinung; Trotz nicht Vorrausetzung für Willensbildung!
b) Der Schulfähigkeit
- Klassische Reifungstheorie: Schulreife entsteht durch endogenes Programm. Daher
Zurückstellung wenn noch nicht Schulreif. Wird durch Eigenschaft des Kindes (wie z.B.
Anpassungsfähigkeit, Leistungswille und Einfügsamkeit) charakterisiert.
- Einwände (Empirisch): Leistungsmotivation und Arbeitshaltung durch Umwelteinflüsse
modifizierbar! Kognitive Fähigkeiten trainierbar und aufholbar!
c) Der psychischen Probleme der Pubertät geht?
- Klassische Reifungstheorie: Negative psychische Begleiterscheinungen der Pubertät
(z.B. Krisenhaftigkeit, Ideologiesuche, Weltschmerz) wurden als reifungsbedingt, da
mit hormonellen Veränderungen korrelierend angesehen.
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- Einwände: Beach: hormonelle Veränderungen haben nur sensibilisierende Wirkung,
akute Auseinandersetzung ist für Auslösung notwendig! Bedingungen sind nach
LUCHINS auch Ungewissheit über eigenen Status sowie Kluft zwischen angestrebten
und erreichbaren Zielen.
10. Das Eltern die Entwicklung ihrer Kinder ganz wesentlich beeinflussen, steht außer Frage. Aber vielen
wird der Gedanke weniger vertraut sein, dass auch Kinder einen Einfluss auf die Entwicklung ihrer
Eltern haben. Diese neue Sichtweise ist Grundlage der „child effect“-Forschung.
a) Welche grundsätzlichen methodischen Schwierigkeiten hat diese Forschungsrichtung zu
bewältigen?
- Korrelationen zwischen Verhalten von Kindern und ihren Eltern können verschiedene
Ursachen haben. Die Kinder können einerseits die Eltern beeinflussen, aber auch die
Eltern die Kinder. Um zu determinieren wer auf wen Einfluss nimmt sind
Längsschnittuntersuchungen notwendig.
b) Skizzieren Sie exemplarisch einige ihrer Befunde!
• Rheingold: Anpassung der Eltern: Babys steuern durch Weinen und Lächeln
die Gefühle der Eltern. Später verlangen kindliche Ansprüche
(Freizeitinteressen, Mode, Freunde, Pflege bei Krankheiten)
Anpassungsverhalten von Seiten der Eltern!
• Wurzbacher: Kinder konfrontieren Eltern mit neuen Ansichten, z.B. über
Politik, Sexualität, Mode, Medienkonsum
• Pauls und Johann: Untersuchung von Methoden der Kinder zur Beeinflussung
der Eltern. Beispiele: logisches Argumentieren, Bestrafen (Nerven, peinliches
Verhalten in Öffentlichkeit, Schreien), Drohung und Erpressung, Verlangen von
Begründungen (Welches Reflexion erzwingt und oft zur Revision führt).
• Angress: 60% der Mütter gaben an, durch ihre Töchter in Bezug auf
Geschlechterrollen- und Sexualverhalten beeinflusst worden zu sein.
11. Jeder Mensch steht in seinem Leben vor unzähligen kleineren und größeren „Entwicklungsaufgaben“.
Ein Kind steht z.B. vor der Entwicklungsaufgabe, die Sprache zu erwerben, so wie Sie momentan vor
der Entwicklungsaufgabe stehen, berufliche Kompetenzen zu erwerben. HAVINGHURST hat den
Lebenslauf als eine Folge solche Entwicklungsaufgaben strukturiert. Stellen Sie die Grundzüge seines
Modells dar!
- Dialektische Position: Verbindung von biologischen, soziologischen und psychologischen
Perspektiven.
- Lebenslauf als Folge von Entwicklungsaufgaben / Problemen (z.B. Einschulung,
Berufseinstieg, Ausziehen der Kinder). Bewältigung dieser führt zur Entwicklung.
- Aufgaben gelten dabei für mehr oder weniger enge Altersperioden und sind z.T.
geschlechtsspezifisch.
- Aufgaben sind als Mischung aus normativen und deskriptiven Elementen beschrieben.
- Entwicklungsaufgaben haben 3 Quellen:
• Biologische Veränderungen (z.B. Pubertät)
• Gesellschaftliche Aufgaben (z.B. Bildung, Berufsfindung)
• Selbstgestellte Werte und Ziele (Leisten von Entwicklungshilfe, Reich werden)
- Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind individuelle und soziale Ressourcen und
Gelegenheiten von Bedeutung. Es erfolgt eine starke gegenseitige Beeinflussung von
Individuen, Gesellschaft, und Kultur, wobei die Person seine Entwicklung selbst aktiv
mitgestaltet.
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- Da zwischen Personen und Lebenskontexten große Unterschiede: Keine Annahme von
universellen Sequenzen
12. Erik ERIKSON hat eine umfassende Theorie der Persönlichkeitsentwicklung aufgestellt, die den
Lebenslauf als Folge von acht Krisen betrachtet. Benennen Sie diese Krisen, und beschreiben Sie zwei
von ihnen etwas genauer!
- Urvertrauen vs. Urmisstrauen
- Autonomie vs. Scham/Zweifel
- Initiative vs. Schuldgefühl
- Kompetenz vs. Minderwertigkeit
- Identität vs. Rollendiffusion:
• Pubertät und Adoleszenz
• Findung der Identität
• Aufbau eines Selbstkonzeptes/Identität, so das verschiedene Merkmale der
Persönlichkeit (z.B. Geschlecht, Familienherkunft, Religion, moralischen Werten,
Bildung und Fähigkeiten) rein passen. Wenn die Integration nicht gelingt kommt
es zu einer Rollendiffusion (Unverträglichkeit und Unausgewogenheit von
Haltungen und Werten, Instabilität von Zielen, häufig oberflächliches und
instabiles Engagement, nicht selten Drogengebrauch und Delinquenz).
- Intimität vs. Isolierung
- Generativität vs. Stagnation:
• mittleres Erwachsenenalter
• Ziel der Phase: Generativität (Förderung der nächsten Generation; außerdem
berufliches, soziales und politisches Engagement)
• Wenn dies fehlt, kommt es zu Stagnation, Selbstabsorption und/oder
Langeweile
- Ich-Integrität vs. Verzweiflung
13. Skizzieren Sie die Entwicklungstheorie von Erik ERIKSON, und diskutieren Sie die Kritik, die man an
ihr üben kann!
-
-
-
Die Entwicklungstheorie von Erikson basiert auf dem psychoanalytischen Grundmodell
von Freud.
Lebenslauf besteht aus Folge von acht Hauptstadien (Krisen)
Bei Nichtbewältigung einer Krise: bleibende Persönlichkeitsstörungen
(Vgl. Freud) Psychodynamischer Ansatz bleibt, unbewusste Prozesse treten zurück, da
Erikson davon ausgeht, dass die Konfliktbewältigung in der aktiven Auseinandersetzung
der Person mit der Umwelt stattfindet.
Teilaspekte konnten empirisch belegt werden., die Universalität des Modells aber
nicht.
Kritische Aspekte:
Universalität zweifelhaft, obwohl Bestandteil des Modells
Beschreibung erfolgt nicht mit für empirische Forschung leicht operationalsierbaren
Konzepten
Beschränkung auf 8 Krisen/Lebensaufgaben (Unwahrscheinlich dass es nur genau diese
8 gibt).
Keine empirische Fundierung über:
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• Häufigkeit des Vorkommens der Krisen
• Häufigkeit der Bewältigung der Krisen
• Welche Faktoren für die Frage wie gut und schnell eine Krise bewältigt wird,
eine Rolle spielen
14. Einzelne Lebensereignisse (wie Heirat, Scheidung, Unfall, Erkrankung, Arbeitslosigkeit, u.a.) können
das Leben eines Menschen ganz erheblich verändern. Die Bewältigung solcher „kritischen
Lebensereignisse“ hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, so z.B. davon, wie das Ereignis
interpretiert und bewertet wird. Erläutern Sie anhand von Beispielen die Bedeutung solcher
Interpretations- und Bewertungsvorgänge und skizzieren Sie, ganz allgemein, verschiedene Strategien,
die bei der Bewältigung kritischer Lebensereignisse eingesetzt werden können.
-
Kritische Lebensereignisse können als Herausforderung mit Chance zur positiven
Entwicklung wahrgenommen werden, aber auch Risikohaft für Fehlanpassungen und
Störungen wirken.
- Dabei sind nicht die Ereignisse (mit ihren objektiven Folgen) ansich ausschlaggebend,
sondern die subjektive Bewertung der mit den Ereignissen verbundenen Gewinne und
Verluste.
• Bsp.: Schwangerschaft: Behinderung in der Berufskarriere oder das
langersehnte Kinderglück
• Tod des Ehepartners: Tragischer Verlust oder Befreiung
- Bewertungen sind auch davon abhängig, ob man alleine oder viele (z.B. bei Krieg und
Naturkatastrophen) betroffen ist. Im ersteren Fall kommt die belastende
Fragestellung, warum gerade man selbst betroffen wurde, dazu (Der Sachverhalt
wird als ungerechter empfunden). Im letzteren Fall ist die Gesellschaft eher zu
Hilfestellungen geneigt und neigt auch nicht dazu der Person Selbstverschuldung
vorzuwerfen.
- Hierbei spielt die Altersperiode, in der das kritische Ereignis eintritt oft eine große
Rolle auf das Risiko (Bsp.: Schwangerschaften + Jobverlust (Rente))
- Auch eine große Rolle spielen die Ansichten über Verantwortlichkeit. Diese kann z.B.
auf sich selber, eine andere Person, dass Schicksal oder Gott geschoben werden.
Erlebt der Betroffene Ärger über sich selbst oder einen dritten, oder ein besonders
ungerechtes Schicksal, können diese Gefühle eine zusätzliche Belastung darstellen.
Interpretation als Schicksal kann je nach Persönlichkeit zu Erhöhung oder
Reduzierung des Risikos führen.
Allgemeine Strategien zur Bewältigung kritischer Lebensereignisse:
- Suche nach Sinn: Als Zufall oder Pech interpretierte Verluste bringen keinen Sinn.
Sinnlose Verluste sind schwerer zu ertragen als sinnvolle. Daher versuchen Menschen
oft einen Sinn für die Verluste zu finden. (z.B. in Form einer Rechtfertigung, warum
man sich auf ein Risiko eingelassen hat)
- Positive Sichtweise: Menschen versuchen sich mit noch schlimmeren Szenarien oder
Menschen die noch mehr Verluste hinnehmen mussten zu Vergleichen, um eine positive
Sichtweise zu bekommen, welche die Verarbeitung erleichtert. Auch versuchen
Menschen auch die Gewinne zu beachten, die ein kritisches Lebensereignis mit sich
bringt (z.B. hat eine Kündigung vom Job auch das positive Ergebnis dass mehr Zeit für
Hobbys vorhanden ist).
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- Flexibles Selbstbild: Wenn die aktuelle Situation nicht mehr zum Selbstbild passt,
kann das Selbstbild verändert werden.
- Konstruktive Problemlösung (z.B. Fortbildung um Chancen für neuen Job zu erhöhen):
Ist eine sinnvolle Strategie, wenn der Ressourcenverbrauch nicht zu hoch.
15. Nicht nur die Alltagspsychologie, sondern auch die wissenschaftliche Psychologie geht in der Regel
davon aus, dass sich die Entwicklung der Persönlichkeit durch eine gewisse Stabilität auszeichnet.
Dabei lassen sich verschiedene Formen der Stabilität unterscheiden, z.B. die absolute Stabilität und die
normative Stabilität. Beschreiben Sie diese beiden Formen an Hand von Beispielen, und erörtern Sie,
welche Arten von Veränderungen mit dem jeweiligen Stabilitäts-Konzept vereinbar sind!
- Absolute Stabilität:
• Gegeben wenn keine Veränderungen feststellbar (Nicht vorhanden oder
messbar)
• Hängt daher von Messmethode ab (Grobheit der Skala).
• Wenn dichotom gemessen wird, lässt sich bei Fähigkeiten wie Radfahren,
Schreiben oder logisches Schließen eine absolute Stabilität feststellen, da
diese Fähigkeiten zwar mit steigendem Alter oder nachlassender Übung
nachlassen, aber nie gänzlich verlernt werden. (Ausnahmen bei Erkrankungen)
• Absolute Stabilität kann für einzelne Individuen oder für den Durchschnitt
einer Population erfasst werden. In diesem Fall können sich die einzelnen
Individuen verändern, solange sie sich wieder ausgleichen.
• Vereinbar sind Veränderungen also:
ƒ Wenn mit einer Ordinalskala gemessen wird, und die Veränderungen den
Skalenbereich nicht beeinflussen.
ƒ Wenn der Durchschnitt einer Population erfasst wird, und sich die
Veränderungen der einzelnen Individuen ausgleichen.
- Normative Stabilität:
• Gegeben, wenn die Position der Individuen in der Vergleichsgruppe (z.B.
Alterskohorte) identisch bleiben. Veränderungen der Individuumswerte sind
zulässig, wenn sie alle Individuen gleichermaßen betreffen.
• Beispiel: Intelligenz verändert sich über die Lebensspanne stark (z.B. nimmt sie
in den ersten 20 Lebensjahren stark zu). Eine absolute Stabilität ist also nicht
gegegeben. Trotzdem kann eine normative Stabilität gegeben sein, wenn die
Kinder, die mit 10 zu den intelligentesten Gehören, mit 20 immer noch (relativ
zu den anderen 20 Jährigen) als besonders Intelligent hervorstechen, obwohl
sich die Intelligenz aller einzelnen Individuen in den 10 Jahren dramatisch
erhöht hat.
• Vereinbar sind also absolute Veränderungen, solange die interindividuellen
Unterschiede erhalten bleiben.
16. GERGEN vertritt die These von der Zufälligkeit in der Entwicklung und widerspricht damit deutlich der
in der Psychologie vorherrschenden Meinung, Entwicklung zeichne sich durch hohes Maß an
Kontinuität aus. Welche Argumente lassen sich für die Zufälligkeits-These anführen, welche für die
Kontinuitäts-These?
- Zufalls-These: Entwicklung basiert auf Zufällen (z.B. Kombination von Erbanlagen,
Familie, Gesellschaft, historischer Zeit), aber auch welche Ereignisse erlebt werden,
welche Menschen wir kennen lernen.
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• Zufälle müssen nicht das Handeln determinieren, sondern können auch nur
Möglichkeiten und Barrieren hervorrufen, auf welche die individuelle Person
nach ihren Dispositionen individuell reagieren kann.
• Mit steigendem Zeitintervall werden Ergebnisse von Längsschnittstudien
ungenauer.
• GERGEN: Selbstbild schwangt je nach (zufälligem) Kontext, z.B. ob man sich
über oder unterlegen fühlt.
• Schließt Kontinuitätseinflüsse nicht aus: z.B. kann in der selben Situation
(identischer Kontext) Kontinuität nachgewiesen werden.
- Kontinuitäts-These: Entwicklung erfolgt nach bestimmten Regeln, Kausale
zusammenhänge zwischen früheren und späteren Zuständen
• Meist nur unbewiesene Behauptungen.
• Bsp.: Gut informierter Schüler kann mehr Infos aus Lehrbuch ziehen.
• Empirisch schwer zu beweisen. (Längsschnittstudien notwendig).
• Studie erbrachte Nachweis, dass sicher an Eltern gebundene Kinder in der
Schule besser abschnitten!
II. Forschungsmethoden
17. Zu den ältesten und nach wie vor wichtigsten Methoden der entwicklungspsychologischen Forschung
zählt die Verhaltensbeobachtung. Erläutern Sie, was unter „systematischer“ Beobachtung zu verstehen
ist, und gehen Sie auf Fehlerquellen ein, die bei Beobachtungsverfahren generell zu berücksichtigen
sind!
- Von unwissenschaftlichen Formen der Beobachtung unterscheidet sich die
systematische Beobachtung durch 2 Merkmale:
1. Einhaltung von Beobachtungsplänen:
• Festlegung welche Verhaltensaspekte beobachtet werden sollen.
• Angaben über Beginn und Dauer der Beobachtungsintervalle
2. Verwenden von Registrierungstechniken
• Protokollbögen, Interaktionsrecorder oder Videoaufnahmen
• Der Beobachter kann selber teilnehmen oder nicht.
• Die Beobachtung kann offen oder verdeckt stattfinden.
ÆDie Objektivität und Zuverlässigkeit der Beobachtungsdaten wird
durch systematische Beobachtung erheblich verbessert!
- Mögliche Fehlerquellen:
• Die Anwesenheit eines Beobachters / Registriergeräten (Kamera) kann die
Situation / Verhalten unkontrollierbar verändern!
• Mängel im Beobachtungssystem können dazu führen, dass relevante Ereignisse
nicht erfasst werden.
• Fehler bei der Registrierung / mangelnde Aufmerksamkeit kann
Zuverlässigkeit beeinträchtigen
• Fehlinterpretation durch mangelndes Verständnis für Geschehen möglich
• Typische Beurteilungsfehler wie der „Halo-Effekt“ (Eine einzelne
Wahrnehmung erzeugt Gesamteindruck, die weitere Wahrnehmung überstrahlt),
die Tatsache, dass Beobachter mittlere Skalenpositionen bevorzugen sowie die
Neigung zur Identifikation mit dem Beobachter verzerren die Wahrnehmung.
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18. In der gesamten psychologischen Forschung spielen Befragungsmethoden eine zentrale Rolle. Dabei
sind sie keineswegs frei von Problemen. So ist ihre Anwendung an bestimmte Voraussetzungen auf
Seiten der Versuchspersonen gebunden. Außerdem hängt die Brauchbarkeit von Befragungsdaten vom
Einfluss bestimmter Fehlerquellen ab. Erläutern Sie diese Probleme, und benutzen sie dabei Beispiele
zur Veranschaulichung!
- Voraussetzungen:
• Generell: Bereitschaft und Fähigkeit mitzuarbeiten und über sich Auskunft zu
geben.
• Mündliche Befragungen erfordern nur geringe Voraussetzungen an die
Fähigkeiten, es lassen sich sogar sehr junge Kinder untersuchen (z.B. mit Hilfe
von Spielzeug). Außerdem Möglichkeit flexibel auf die Person einzugehen.
• Schriftliche Befragungen: Versuchspersonen müssen über hinreichende Leseund Schreibfähigkeiten verfügen. Außerdem muss der Fragebogen so konzipiert
sein, dass Menschen mit unterschiedlicher Bildung ihn richtig ausfüllen können.
(z.B. Verwendung von Fachwörtern oder Anglizismen vermeiden)
- Fehlerquellen:
• Fragen können nicht oder falsch verstanden werden. Sie sollten daher nicht
mehrdeutig sein. Außerdem schafft doppelte Verneinung oft
Verständnisprobleme.
• Die Form der Fragestellung darf keine Antwort nahe legen (Keine suggestiven
Fragen) (z.B. „Haben Sie wirklich Nein gesagt?“)
• Fragen sollten so formuliert und angeordnet sein, dass bestimmtes
Antwortverhalten (z.B. ja-sage-Tendenz) vorgebeugt wird.
• Es gibt eine Tendenz, sich selber in Antworten besonders positiv darzustellen.
Lösungsmöglichkeiten: Anonymität, möglichst wertgleiche Antwortalternativen,
Appel an Ehrlichkeit („Es gibt keine falschen Antworten“)
• Fragen dürfen nicht kausal Verknüpft sein: z.B. „Lesen Sie Tageszeitung um in
der Politik auf dem Laufenden zu bleiben“: Bei Nein: Unklarheit!
19. Untersuchungen zur Intelligenzentwicklung im höheren Lebensalter werden sehr häufig als
Querschnittstudien angelegt. Diskutieren Sie an diesem Beispiel die Vor- und Nachteile der
Querschnittmethode!
- Vorteile:
• Untersuchung ist nicht so zeitintensiv, da sie zu einem Zeitpunkt komplett
vorgenommen werden kann. (Ökonomisches Verfahren)
• Es können keine Verzerrungen durch das Aussteigen von Versuchspersonen
auftreten (z.B. wenn weniger Intelligente Personen durch die Überforderung
der Tests frustriert sind), da jede Person nur einmal erfasst wird.
• Es kann leicht eine relativ große, und damit repräsentative Stichprobe
verwendet werden.
- Nachteile:
• Keine Erfassung individueller Veränderungen: Da nur die Gruppenmittelwerte
mit einander verglichen werden, lässt sich keine Aussage über die Richtung und
Art der individuellen Veränderung machen.
• Kohorteneffekt: Möglicherweise haben unterschiedliche Jahrgänge
unterschiedliche Grundvorrausetzungen (Schulbildung, Ernährung, Erziehung)
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die sich auf die Intelligenz auswirken. (Konfundierung von Alter und Generation)
Æ Keine Generalisierung möglich
• Es kann eine selektive Populationsveränderung vorliegen, z.B. wenn
intelligentere Menschen eher überleben (z.B. im Krieg), so dass die weniger
Intelligenten aussterben und so in höheren Altersstufen nicht mehr erfasst
werden können.
• Unterschiedlicher Effekt der Messinstrumente auf die Generationen: z.B. kann
ein Computertest auf ältere Generationen abschreckend wirken.
• Altersspezifische Validität der Messinstrumente: z.B. kann die Intelligenz im
Alter von 1-10 noch nicht so vollständig erfasst werden wie bei älteren
Menschen
20. Die Längsschnittmethode hat gegenüber der Querschnittmethode viele Vorteile beim Studium
entwicklungspsychologischer Vorgänge. Warum wird sie dennoch so selten verwendet, und welche
besonderen Probleme hat sie zu bewältigen? Erläutern Sie Probleme von Längsschnittstudien!
- Längsschnittstudien sind wesentlich Zeitintensiver, da dass „altern“ der
Versuchspersonen abgewartet werden muss, können vom Beginn bis zum Abschluss
einer Studie viele Jahr(zehnt)e vergehen. Dies führt dazu dass sie generell
aufwendiger und kostspieliger durchzuführen sind. Auch kann die lange Dauer dazu
führen, dass der Interessent (Forscher oder Investor) die Ergebnisse nicht mehr
erfahren kann.
- Bei Längsschnittstudien kommt es häufiger zu einem Aussteigen der Teilnehmer. Dies
ist insbesondere dann problematisch, wenn das Aussteigen der Teilnehmer von der
untersuchten Variable abhängig ist (z.B. wenn der Intelligenzverlauf untersucht
werden soll, und weniger Intelligente Testpersonen durch die Frustration mit den
Tests aussteigen).
- Selektive Teilnahme: Oft hängen Teilnahmebereitschaft von der Eigenschaft des
Teilnehmers in der zu testenden Variable ab. (z.B. sind intelligente Menschen eher
bereit, an einer Langzeituntersuchung zum Intelligenzverlauf teilzunehmen)
- Inflexibilität bei der Methodenauswahl: Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten
müssen immer identische Messinstrumente Verwendet werden, auch wenn es
zwischenzeitlich wesentlich besser gibt.
- Testungseffekte: Wenn Personen schon einmal getestet wurden kann sich dass auf
Folgetests auswirken. Durch Routine kann die Leistung steigen, oder durch Langeweile
sinken.
- Generalisierbarkeit fraglich: Studienuntersuchungen gelten zunächst nur für die
untersuchte Generation!
21. In der entwicklungspsychologischen Forschung ergeben sich sowohl bei Querschnittstudien als auch bei
Längsschnittstudien ernsthafte Interpretationsprobleme. Sequenzielle Versuchspläne scheinen eine
Lösung dieser Probleme zu bieten. SCHAIE hat dazu ein Modell entwickelt, das einerseits eine
Anleitung zur Datensammlung, andererseits ein Konzept zur Ergebnis-Interpretation enthält. Erläutern
Sie dieses Modell!
-
Im Gegensatz zu klassischen Modellen wird bei Schaie’s Modell nicht nur das
Lebensalter (A) [Reifungs/Biologisch Bedingt] als Prädiktor für das Lebensalter
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angesehen, sondern auch Kohorte (K) [Generationseinflüsse] und Testzeitpunkt (T)
[Gesellschaftlicher/Kultureller Zustand zu dem Zeitpunkt] Æ V = f(A,K,T)
- Bei Querschnittuntersuchungen sind Alterseffekte mit Kohorteneffekten
konfundiert, bei Längsschnittuntersuchungen sind Alterseffekte mit
Testzeitpunktseffekten konfundiert. Die Zeitwandelmethode erfasst die
Kohorteneffekte zusammen mit den Testzeitpunktseffekten. (Evtl. Zeichnung)
- Zur Datensammlung werden immer je zwei Methoden kombiniert, somit lassen sich,
unter der Vorraussetzung dass eine der drei Variablen (A,K,T) keine Effekte
verursacht, die anderen beiden unabhängig bestimmen.
- Schaie empfiehlt daher zwei verschiedene Methodenkombinationen zu verwenden.
III. Frühe Kindheit
22. Es wird oft behauptet, dass prä-, peri- und postnatale Komplikationen und Belastungen sich auch
langfristig schädlich auf die kindliche Entwicklung auswirken. Diskutieren Sie diese Behauptung an
Hand vorliegender Forschungsbefunde! Vergleichen Sie dabei auch die Bedeutung biologischer und
psychosozialer Belastungsfaktoren für die weitere Entwicklung des Kindes!
(Pränatal: Vor der Geburt; Perinatal: Bei der Geburt; Postnatal: nach der Geburt)
-
Belastungen / Komplikationen:
• Genetische Fehler (Besonders bei extremes Alter der Mutter)
• Infektions- und chronische Krankheiten der Mutter.
• Ungünstige Einflüsse wie Medikamenten und Drogengebrauch sowie Strahlen
und Umweltgifte in der Schwangerschaft.
• Psychische Belastungen treten insbesondere auf, wenn Schwangerschaft auf
völlige Ablehnung durch Umwelt stößt, wenn Partner stirbt, wenn
Lebensumstände ausweglos erscheinen.
• In den letzten Monaten häufigstes Risiko: Plazentare Mangelversorgung führt
oft zu Frühgeburten.
• XXXX Überhaupt nicht vollständig, momentan kein Nerv dazu
23. Das Femdeln ist nach der Meinung von Laien und Experten eine charakteristische Verhaltensweise in
der frühen Kindheit. Beschreiben Sie, was vom entwicklungspsychologischen Standpunkt aus unter
dieser Verhaltensweise zu verstehen ist, und erläutern Sie kurz verschiedene Theorien zur Erklärung des
Fremdelns!
-
-
Unter Fremdeln ist eine starke emotionale Reaktion beim Anblick einer fremden
Person zu verstehen.
Fremdeln tritt bei fast allen Kindern (Aber unterschiedlich Intensiv) etwa um den 8.
Lebensmonat auf (Erst Anzeichen z.T. ab 6. Monat) und hat einen kulturunabhängigen
Höhepunkt zwischen 8. und 12. Lebensmonat.
Es lassen sich folgende Symptome beobachten:
• Anstarren der Fremden Person, den Blick aber immer wieder abwenden
• Fest an ein Elternteil klammern
• Eine Maximalreaktion kann in Form des Aufschreiens und Versteifens
auftreten.
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• Insbesondere rasche Annäherung und Berührungen des Kindes lösen
Fremdelreaktion aus
- Stärke des Fremdelns kann Situationsspezifisch (In unvertrauter oder bereits
verunsicherter Situation reichen schwächere Reize) sein, hängt aber auch vom
angeborenen Temperament und Gewöhnung an Besucher ab.
- Theorien zur Erklärung des Fremdelns:
• Konditionierte Angst vor Verlassenwerden (Historisch): Kinder haben Angst
von der Mutter verlassen und fremder Person überlassen zu werden, und daher
zu verhungern.
• Fremdeln als kognitives Diskrepanzerlebnis: Ab etwa 6 Monaten kann sich das
Kind aktiv an Vorstellungsschemata erinnern und diese als gleich oder
verschieden klassifizieren. Für bekannte Gesichter verfügt Kind über
Vorstellungsschemata und weiß welche Reaktion auf Erkennen angebracht ist,
bei fremden Gesichtern ist dies nicht der Fall, es kommt zum Fremdeln. Wenn
das Kind über seine Handlungsmöglichkeiten für fremde Gesichter kompetenter
wird, nimmt Fremdeln ab.
• Fremdeln als Versagen vorsprachlicher Kommunikation: Kinder bauen vor
Erwerb der Sprachlichen Kommunikation mit vertrauten Personen (wie den
Eltern) eine personenspezifische vorsprachliche Kommunikation auf. Kind
merkt, dass der Fremde von dem mit vertrauten Personen gelernten Verhalten
abweicht, kann das Problem aber noch nicht lösen (Da es die universelle Sprache
noch nicht beherrscht). Kinder mit intensiver vorsprachlicher Kommunikation
sollten stärker Fremdeln und die Fremdelphase umso schneller überwinden,
umso schnelle sie die Sprache erlernen.
• Fremdeln als misslingendes Wiedererkennen der gestischen Signatur: Schon
ab einem Alter von 6 Wochen können Kinder Personen an ihrer gestischen
Signatur (Verhalten) erkennen. Fremdeln tritt auf, wenn die „gestische
Signatur“ ausbleibt der von den Erwartungen des Kindes abweicht. Höhepunkt
bei 8 Monaten da hier schon Repertoire an Erwartungen aufgebaut, sprachliche
Kommunikation aber noch nicht möglich.
24. Die meisten Eltern scheinen recht gut zu wissen, was ihr Baby wann braucht, und verhalten sich
entsprechend.
a) Was versteht man unter intuitiven Elternverhalten?
- Unter intuitiven Elternverhalten versteht man, dass sich die Eltern (oder sonstige
Betreuungsperson) bei dem Umgang mit dem Baby intuitiv optimal an Lernbedürfnisse
und Kompetenzen des Babys angepasst verhalten, ohne dies bewusst zu steuern.
- Diese Verhaltensweisen lassen sich kulturübergreifend beobachten und bestehen z.B.
aus:
• Langsamerer, mit stärkerer Mimik betonter vereinfachter Sprache +
Wiederholung der Wörter.
• Vereinfachung von Handlungen.
• Dabei reagiert die Erwachsene Person so schnell, dass eine bewusste
Verhaltensplanung unmöglich ist.
b) Welche Faktoren beeinflussen den Grad dieser elterlichen Kompetenz?
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- Es gibt die Überzeugung dass intuitives Elternverhalten nicht gelehrt werden kann,
sondern sich nur durch emotional offener Interaktion mit dem Kind entfalten kann.
Problematisch für die Analyse des intuitiven Elternverhalten ist, dass eine optimal
gelingende Interaktion sowohl von dem Erwachsenen als auch von dem Kind abhängt.
- Merkmale des Kindes: Kinder, die meist guter Stimmung sind, sich interessiert der
Umwelt zuwenden und selten überempfindlich-negativ reagieren, rufen intuitives
Elternverhalten leichter hervor. Frühgeborene Kinder (Welche später lächeln und
reizempfindlicher reagieren), Kinder die oft Krank sind und Kinder mit autistischen
Zügen machen es den Eltern dagegen viel schwerer.
- Merkmale der Eltern: Bei Eltern mit ambivalenter Einstellung zum Kind oder ihren
Kompetenzen als Eltern ist die Fähigkeit zum intuitiven Elternverhalten eingeschränkt.
Eltern mit erheblichen Belastungen oder Depressionen sind oft zu gehemmt oder
verkrampft um sich dem intuitiven Elternverhalten hinzugeben.
25. Eltern sind sozial-emotionale Bezugspersonen für ihre Kinder. Die Qualität der dabei entstehenden
Bindung lässt sich mit Hilfe des „Fremde-Situation“-Tests von AINSWORTH diagnostisch erfassen.
Beschreiben Sie das Testverfahren und die mit ihm ermittelten Typen von Bindungsbeziehungen!
-
-
-
Bei dem Test handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren zur Untersuchung des
Bindungsverhaltens von Kindern im Alter von 12 bis 24 Monaten.
Er besteht aus Acht 3 Minuten Episoden. Zu beginn sind Mutter in und Kind
zusammen in einem Raum mit Spielzeug. In den verschiedenen Episoden erfährt das
Kind Unvertrautheit, Neuheit und Trennung (z.B. durch das hinzukommen einer
weiteren Person sowie dass zweifache verschwinden und wiederauftauchen der
Mutter).
Die validesten Informationen über die Qualität der Bindungsbeziehung lassen sich
durch die Art ermitteln, wie das Kind die Mutter nach kurzer Abwesenheit empfängt,
insbesondere waren hier die 4 Strategien Nähesuchen, Kontakthalten, Widerstand
gegen Körperkontakt und Vermeidungsverhalten beobachtbar.
Aus diesen Werten und dem Gesamteindruck des Kindes bildete AINSWORTH 3
Bindungsstile:
• A: Unsicher-vermeidend: Kinder zeigen bei der Rückkehr wenig Emotion,
suchen keine Nähe sondern beschäftigen sich weiter mit Spielzeug. Ainsworth
hielt dieses verhalten ursprünglich für besonders reif. In Untersuchungen
zeigte sich aber, dass diese Kinder nur wenig sensitive Führsorge erfahren
hatten, auch mochten ihre Mütter keine starken Emotionsausbrüche und
reagierten darauf oft Feindselig. Æ Kinder haben gelernt, ihren
Gefühlsausdruck zu minimieren, um Beziehung zur Mutter zu behalten. In
weiteren Forschungen zeigte sich, dass die A Kinder, welche nach außen eine
„coole“ Reaktion zeigten, beim Verschwinden der Mutter den höchsten
Stresshormonanstieg zeigten.
• B: Sicher Balanciert: Diese sicher gebundenen Kinder zeigen beim Verlassen
der Mutter mehr oder weniger intensiven Kummer. Wenn die Mutter wieder
auftaucht wirken sie wie erlöst, suchen manchmal kurzen Kuschelkontakt und
spielen dann fröhlich weiter. Diese Kinder waren einerseits schon von Geburt an
emotional eher stabil oder hatten emotional sehr einfühlsame, verlässliche,
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offene und Freundliche Mütter. Daher können Sie es sich auch mit steigenden
Alter noch leisten, ihre Gefühle offen zu zeigen.
• C: Ambivalent-unsicher: Werden oft schon beim Eintritt der fremden Person
empfindlich und zeigen deutlichen, lautstark und zum Teil auch wütend Kummer
wenn Sie alleingelassen werden. Bei Rückkehr der Mutter Verhalten Ambivalent,
suchen Kontakt aber widersetzen sich auch ihren Kontaktversuchen.
Ainsworth: Kinder haben Mutter mal als überschwänglich herzlich und mal als
unerreichbar erlebt, ohne dass es sinnvolles Muster erkennbar. Daher
Strategie Kummer übertreiben um wahrgenommen zu werden.
- Bindungstyp nicht nur mit Mutter (sondern z.B. auch mit Vater) messbar.
- Dabei müssen diese nicht identisch sein (Æ Bindungstyp keine
Persönlichkeitseigenschaft des Kindes sondern Eigenschaft spezifischer
personengebundenen Beziehungen des Kindes.
26. Die Qualität der Bindungsbeziehung zwischen Eltern und ihrem Kind ist von großer Bedeutung für die
psychische Entwicklung des Kindes.
a) Welche empirischen Befunde stützen diese Auffassung?
- Durch Entwicklung von Bindungsstilmessmethoden für verschiedene Altersstufen
wurde in Längsschnittuntersuchungen festgestellt, dass es sich bei der
Bindungsqualität um ein relativ stabiles Merkmal handelt. Frühkindliche Bindung zur
Mutter mit einem Jahr hat hohe Stabilität zur Bindungsklassifikation mit 6 Jahren.
Diese wiederum zu der mit 16 Jahren (Insbesondere bei Beobachtung des konkreten
Verhalten von Jugendlichen mit Bezugsperson).
- Kinder, die als Einjährige sicher gebunden klassifiziert wurden, fanden sich in der
Grundschule besser zurecht und konnten Konfliktsituationen besser meistern. Auch
zeigten sie weniger Feindseligkeiten und Verhaltensprobleme.
- Fünfjährige Kinder unterschieden sich bindungsstilspezifisch in der Art der
Konfliktregulierung beim Puppenspiel, aber auch in der Offenheit und Kontrolle ihrer
Emotionen beim Puppenspiel.
b) Welche Befunde liegen zur Frage der Stabilität bzw. Instabilität des Bindungsstils vor?
- Bei einer Trennung der Eltern wechselt der Bindungsstil oft deutlich von sicher zu
unsicher.
- Wechsel von unsicheren zu sicheren Bindungsstilen lassen sich schwerer mit äußeren
Einflüssen erklären. Evtl. bietet Identitätserarbeitung m Jugendalter eine Chance, ein
stabiles Bindungsmodell aufzubauen.
- Krippenbesuch und Zeitpunkt der Einkrippung hat keine direkte Bedeutung für die
Bindungsqualität. Allerdings ist die Art der Eingewöhnung von Belang: Kinder die erst
gegen ende des ersten Lebensjahres in die Krippe kommen, und eine sehr abrupte
Eingewöhnung erfahren, reagieren oft mit einem Wechsel von sicherer zur unsicherer
Bindung.
IV. Kognitive Entwicklung, Sprachliche Entwicklung
27. PIAGET bezeichnet die sensumotorische Entwicklung in frühester Kindheit auch als „Erwachen der
Intelligenz“, denn bei der Entwicklung der sensumotorischen Intelligenz handelt es sich gewissermaßen
um eine sensumotorische Vorbereitung der geistigen Auseinandersetzung mit der Welt. Beschreiben Sie
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die Marksteine der senumotorischen Entwicklung an Hand des Sechs-Stufen-Modells von PIAGET und
führen Sie entsprechende Verhaltensbeispiele für den jeweiligen Entwicklungsfortschritt an!
- 1. Stufe: Übung angeborener Reflexmechanismen:
Kind verfügt von Geburt an über Reflexfunktionen (z.B. Saugen, Greifen, Gucken). Es
kann Dinge anschauen, nach ihnen Greifen, an ihnen Saugen. Diese Übung führt zur
Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten. So unterscheidet sich z.B. das Saugen an
der Brust der Mutter von dem am Daumen, dass Kind lernt also z.B. das Saugen zur
Nahrungsaufnahme vom spielerischen Saugen zu unterscheiden.
- 2. Stufe: Primäre Kreisreaktionen:
Handlungen, die zu angenehmen oder interessanten Ereignissen geführt haben,
werden verstärkt. Es kommt zur Gewohnheitsbildung. (Beispiel: Wenn Baby Effekt
einer Rassel herausgefunden hat, wird es diese häufiger rasseln)
Handlungsschemata (z.B. Saugen, Greifen, Angucken) werden auf immer mehr
Gegenstände angewandt.
- 3. Stufe: Sekundäre Kreisreaktionen:
Differenzierung von Mittel und Zweck: Baby entdeckt, dass bestimmte
Handlungsweisen immer wieder zum selben Ergebnis führen. Handlung wird als Mittel
zu einem Zweck gesehen. (Beispiel: Kind strampelt, um am Bett befestigte Glocken zum
Ertönen zu bringen)
- 4. Stufe: Koordinierung der erworbenen Handlungsschemata und Anwendung auf
neue Situationen:
Anwendung mehrerer Handlungsschemata auf den gleichen Gegenstand: Bsp.: Rassel
wird geschüttelt, geworfen, in den Mund gesteckt, usw. Kind verhält sich, als wolle es
alle Handlungsmöglichkeiten eines Gegenstandes ausprobieren. Dies führt zu einer
weiteren Differenzierung der Handlungsschemata, die nun an Gegenstände angepasst
werden. Außerdem werden nun mehrere Schemata kombiniert (z.B. Greifen und dann
Werfen oder Hinkrabbeln, Greifen, in den Mund nehmen und Beißen).
- 5. Stufe: Tertiäre Kreisreaktionen:
Entdeckung neuer Handlungsschemata durch aktives Experimentieren. Kind findet
durch Koordination von Handlungsschemata originelle Möglichkeiten um Ziel zu
erreichen (z.B. Tischdecke ziehen um Rassel zu erreichen). Kind probiert systematisch
verschiedene Möglichkeiten aus.
- 6. Stufe: Übergang vom sensumotorischen Intelligenzakt zur Vorstellung:
Spätestens Mitte des zweiten Lebensjahres: Praktisches Probieren ist nun nicht
mehr notwendig, dass Kind kann den Effekt einer Handlung antizipieren und diese
Handlung innerlich vollziehen. Übergang zum Denken. Z.B. kann Kind Stock benutzen um
Gegenstände durch ein Gitter zu berühren, ohne das vorher ein praktisches
Ausprobieren nötig ist.
28. PIAGETs Theorie der Kognitiven Entwicklung bildet einen eigenständigen Ansatz zur Erklärung der
Intelligenz. Erläutern Sie bitte, inwiefern dieser Ansatz verschiedene wissenschaftliche Disziplinen zu
verbinden sucht,
- Die Theorie der Kognitiven Entwicklung übergreift, durch den Versuch, biologische und
erkenntnistheoretische Auffassungen mit der Grundlage der empirischen Psychologie
zu verbinden, verschiedene wissenschaftliche Disziplinen.
- Biologische Ausrichtung:
• Intelligenz nur in Beziehung vom Organismus verständlich
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• Unterliegt wie auch der Organismus der Tendenz zur Anpassung und bildet auch
Strukturen aus.
• Geht in den Ursprüngen auf angeborene Reflexmechanismen zurück, und bleibt
bis etwa zum Ende des zweiten Lebensjahres an den Elementaren Funktionen
der Motorik und Wahrnehmung gebunden.
- Erkenntnistheoretische Ausrichtung:
• Höhere Formen des Denkens (z.B. Deduktionsschluss) lassen sich nicht ohne
weiteres biologisch begründen.
• Diese höheren Formen des Denkens setzten ein System voraus, wie es von der
Erkenntnistheorie aufgebaut ist.
- Piaget führt nun die höheren Formen des Denkens schrittweise auf die ursprünglichen
Reflexstrukturen zurück und schafft so eine Verbindung zwischen den biologischen
und erkenntnistheoretischen Ansätzen. Komplexe Organisationsformen setzten dabei
auf weniger komplexen auf.
und skizzieren Sie ferner die wesentlichen Bestimmungsstücke, an Hand derer PIAGET definiert, was
Intelligenz ihrem Wesen nach ist!
- Bestimmungsstücke zur Definition der Intelligenz:
• Intelligenz ist ein Sonderfall der biologischen Anpassung (Austauschprozess
von Organismus und Umwelt)
Anpassung vollzieht sich kontinuierlich, indem der Organismus eine Reihe von
Strukturen bildet, die auseinander hervorgehen und aufeinander aufbauen. Z.B.
bauen die Gewohnheiten auf Reflexen auf, welche wiederum Grundlage für
sensomotorische Intelligenz sind.
• Intelligenz ist Gleichgewichtsform, zu der alle Strukturen streben. Jede
Intelligenzstruktur bildet Form des Gleichgewichts zwischen Organismus und
Umwelt, welcher einen unterschiedlichen Stabilitätsgrad haben kann.
Entwicklung: Gelangen von instabilen in mehr stabile Zustände.
• Intelligent ist System von lebendigen und aktiven Operationen: (Gegenposition
zum Behaviorismus)
Aktivität ist Voraussetzung für das Erreichen von Gleichgewicht.
Struktur nur im Gleichgewicht, wenn Individuum hinlänglich aktiv, um alle
Störungen kompensieren zu können. Störungen können durch Denken
vorweggenommen werden.
29. Vom biologischen Standpunkt aus gesehen, unterliegt auch die Entwicklung der Intelligenz der Tendenz
zur Anpassung. Nach PIAGET lässt sich diese Tendenz durch die Prozesse Assimilation und
Akkomodation beschreiben.
a) Erklären Sie diese beiden komplementären Prozesse und deren Zusammenspiel!
- Assimilation: Anwendung einer Struktur auf einen Gegenstand. (Einverliebung des
Gegenstandes in die Struktur). Z.B. wird, wenn Rassel gegriffen wird, Rassel in
Greifschema assimiliert.
- Akkomodation: Anpassung eines Schemas an die Anforderungen der Umwelt z.B. muss
Greifstruktur je nach Situation und Gegenstand angepasst werden.
- Zusammenspiel erklärt den Entwicklungsverlauf der Anpassung: die Grundsätzliche
Tendenz sich die Umwelt vollständig anzueignen, führt dazu, dass immer wieder
Umwelteinflüsse auftauchen, die nicht mit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten
erfasst werden können. Hier setzt die Akkomodation ein, welche zum Aufbau der
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notwendigen neuer Strukturen führt. Es kommt so zum Aufbau immer
differenzierterer Strukturen nach dem Muster einer Spirale.
b) Geben Sie bitte zudem ein Beispiel für fehlerhafte Assimilation, und beschreiben Sie den
Unterschied zwischen fehlerhafter Assimilation bei Kindern (im voroperatorischen,
anschaulichen Stadium) und bei Erwachsenen!
- Kinder erklären die Entstehung eines riesigen Felsens damit, dass dieser zuerst klein
war und dann wuchs. Erklärung: Kind verfügt über Konzept des Wachsens und
verwendet diesen zur Erklärung der Entstehung des Felsens. Hierbei kommt es zu
einer fehlerhaften Assimilation, da Steine allgemein nicht wachsen. Wenn Kind über
die Fehlerhaftigkeit der Assimilation aufgeklärt wird, kommt es zu einer
Differenzierung des Weltbildes in lebendige Objekte (welche Wachsen) und nicht
lebendige Objekte (welche nicht wachsen). Diese Anpassung an die Wirklichkeit ist
wieder eine Akkomodation.
- Kinder: Um fehlerhafte Assimilation handelt es sich, wenn die Existenz von
Naturerscheinungen (z.B. Steine oder Bäume) aus ihrem Zweck erklärt wird. DH.
Bäume sind da, damit man Früchte pflücken kann, Steine damit Häuser gebaut werden
können. Kinder überprüfen dabei nicht mehrere Assimilationsschemata sondern
nehmen an, dass ihre aktuelle Deutung der Wirklichkeit entspricht.
- Erwachsene: Sofern Sie sich sachlich und unvoreingenommen um Erkenntnis bemühen,
prüfen Sie mehrere Möglichkeiten / Assimilationsschemata. Fehlerhafte
Assimilationen = Denkfehler.
30. PIAGET hat ganz sicher eine sehr interessante und differenzierte Theorie der kognitiven Entwicklung
vorgelegt. Eignet sich diese Theorie Ihrer Meinung nach auch als Grundlage und Richtschnur
pädagogischer Bemühungen zur Förderung kognitiver Prozesse beim Kind? Bitte, skizzieren und
diskutieren Sie mögliche pädagogische Implikationen der Theorie von PIAGETs!
- Piaget: Zum Lernen bedarf es handelnder und denkender Aktivität und nicht bloßer
Aufnahme passiven Wissens.
- Kognitive Entwicklung ist Konstruktion von neuer Strukturierung und Organisation,
diese kann nicht gelehrt, sondern nur durch aktives nachvollziehen oder selbstständige
Entdeckung passieren.
-
-
Es ergeben sich folgende pädagogische Implikationen:
Lernende müssen die Unzulänglichkeiten und Widersprüche ihrer Auseinandersetzung
mit dem Problem oder Gegenstand selber begreifen, um sich weiterzuentwickeln.
Lehrer müssen die Erkenntnismöglichkeit richtig einschätzen und selber versteh- und
lösbare Probleme darbieten.
Es soll keine einfache Übernahme der Erkenntnisse des Lehrers erfolgen. Es
müssen eigene Erkenntnisse entwickelt, und nicht Fremdentwickelte auswendig
gelernt werden.
Idealer Unterricht erfüllt folgende Vorraussetzungen:
• Das Wissen muss selbstständig entdeckt werden.
• Offener Unterricht, bei dem Kinder viel mit gleichaltrigen zusammenarbeiten.
(So wird eigene Erarbeitung des Wissens gefördert und blinde Übernahme vom
Lehrer vermieden)
• Es sollen Fragestellungen gegeben werden, die zu selbstständigen
Lösungsversuchen führen.
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• Lernende sollten auch mit Alternativen / gegenteiligen Meinungen konfrontiert
werden.
- Meine Meinung/Beobachtung:
• Eigene Beobachtung, dass sich Dinge viel leichter und auch mit viel mehr Spaß
lernen lassen, wenn man sie verstehen und nachvollziehen kann. Stupides
Auswendiglernen von für mich keinen Sinn machenden Inhalten ist einerseits
schwer andererseits ist die Motivation viel geringer.
• Andererseits ist die Umsetzung bisher noch nicht weit genug. In der Schule
wurde zum Teil noch häufig auf passive Wissensaufnahme gesetzt.
• Erfreuliche Tendenz: Die meisten Referendare setzten besonders Stark auf
Gruppenarbeiten und eigene Wissensaneignung. Daher ist eine längerfristige
Veränderung in Sicht.
• Art des Lernens liegt aber nicht nur an den Lehrenden sondern auch an den
Schülern. Z.B. ist für diese Klausur eigentlich die aktive Durcharbeitung der 76
Fragen incl. Drüber Nachdenken vorgesehen. Nun weiß ich aber von manchen
Kommilitonen, dass sie aus „Faulheit“ auf ein stupides Auswendiglernen
vorgefertigter Skripte setzten.
31. Sowohl behavioristische als auch nativistische Theorien versuchen eine Antwort auf die Frage nach dem
WIE des Spracherwerbs zu bieten. Umreißen Sie kurz die Grundannahmen dieser konträren Ansätze an
Hand einer Gegenüberstellung.
-
-
Behavioristische Theorien:
• Sprache: Wörter, mit denen Personen, Tätigkeiten und Objekte benannt und
Relationen dargestellt werden. Fragestellung: Wie werden motorische
Fähigkeiten zur Lautbildung gelernt und mit der Bedeutung verbunden?
• Lernprinzipien:
• Opperante Konditionierung:
ƒ Säugling erzeugt spontan alle möglichen Laute. Laute, die der
Erwachsenensprache ähneln, werden verstärkt, für die Sprache
unübliche Laute fallen mit der Zeit weg.
ƒ Æ Es werden erste Wörter geformt und es entstehen
Sprachgewohnheiten
• Imitation:
ƒ Kinder ahmen Sprache der Umwelt nach und Eltern korrigieren Fehler.
ƒ Dabei werden gehörte Sprachmuster nicht vorbildgetreu übernommen
sondern vereinfacht (z.B. durch das Weglassen von Funktionswörtern).
Durch dass Koregieren der Eltern kommt es dazu, dass sich Kinder dem
Sprachverhalten ihrer Eltern allmählich annähern.
Nativistische Theorien: (Inside-out)
• Kind wird mit hochabstraktem grammatischem Wissen und spezialisiertem
sprachbezogenen Verarbeitungssystem geboren. Dieses ist zum Erwerb der
Umweltsprache notwendig. [Vorraussetzung: Alle Sprachen basieren auf
identischem Grundkonzept]
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• Beides stellt die Basis für den Spracherwerb dar, Umweltsprache und
Lernfähigkeit eher unbedeutende Rolle wie der Festlegung der Parameter der
Umweltsprache für die angeborene abstrakte Basis.
• Es gibt abgeschwächte Versionen, wo nicht mehr von einer Angeborenheit der
Universalgrammatik ausgegangen wird, sondern z.B. die Annahme universeller
Spracherwerbsstrategien.
32. Erwachsene sprechen mit kleinen Kindern in der Regel „anders“, d.h. auf eine andere Art und Weise, als
sie es mit Erwachsenen tun.
a) Bitte, skizzieren Sie die entsprechenden Unterschiede
- Phonologisch: Tonhöhe, langsamer, Klare Aussprache, größere Pause, Vereinfachungen
- Syntaktisch: Gute und verständliche Ausformung der Sätze, Weniger Verben pro
Äußerung, mehr Inhaltswörter und weniger Funktionswörter
- Semantisch: Begrenzung des Vokabulars, Referenz zum aktuellen Zustand, wenig
Referenz zur Vergangenheit
- Pragmatisch: Mehr Direktive, Imperative und Fragen; mehr demonstrative (deiktische)
Äußerungen
b) Welchen Sinn ist darin zu sehen, dass Erwachsene mit Kindern auf diese besondere Weise
sprechen?
- Kinder scheinen auf diese Art der Sprache mit gesteigerter Aufmerksamkeit zu
reagieren. Maximale Attraktivität der Kindgerechten Sprache liegt mit 4 Monaten
vor, sie wird aber auch mit 14 Monaten noch bevorzugt.
- Hohe Stimme besser an Hörfähigkeit des Säuglings angepasst
- Vereinfachung hilft, linguistische Segmente zu Identifizieren und zu organisieren.
33. Als kritische Perioden werden Entwicklungsabschnitte bezeichnet, in denen spezifische Erfahrungen
eine maximale Wirkung haben. LENNEBERG wendet das Konzept der kritischen Periode auch zur
Erklärung des Spracherwerbs an. Ist das Ihrer Meinung nach gerechtfertigt? Welche Beobachtungen
stützen seine Auffassung, welche Kritikpunkte können angebracht werden?
- Nach Lenneberg kann der Spracherwerb erst beginnen, nachdem eine bestimmte Stufe
des physischen Wachstums erreicht wurde. Zwischen 2-3 Lebensjahr Individuum
besonders sensibel für Reize und flexibel für Spracherwerb.
- Nach der Pubertät nimmt Fähigkeit zur Selbstorganisation und Anpassung schnell ab.
- Grundlegende Sprachfertigkeiten, die bis dahin nicht erworben wurden bleiben
während des gesamten restlichen Lebens unzugänglich.
PRO:
- Bei Hirnverletzungen entscheidet der Zeitpunkt des Eintretens, über die Auswirkung
auf die Sprachfähigkeit.
- Ab dem 14. Lebensjahr konnten Kinder mit Down-Syndrom keine Sprachfortschritte
mehr vollbringen.
- Hörbehinderte Kinder sind in der Entwicklung gesprochener Sprache behindert. Wenn
sie aber früh Hörhilfe bekommen kann die Beeinträchtigung weitgehend aufgehoben
werden. Bekommen sie die Hörhilfe zu spät (z.B. Weil Hörbehinderung zu spät
entdeckt) sind dauerhafte sprachliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen.
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- Erlernen neuromuskularer Anpassungen an zweite Sprache geht im frühen Alter
deutlich besser, da Organismus noch nicht auf Artikulationsbasis festgelegt.
Kritik:
- Obige Beispiele mit anderen Faktoren konfundiert (z.B. Retardation, Fremdesprache).
Zur Untersuchung müsste ein Kind bis zum erreichen der Pubertät sprachlich isoliert
werden (Ethnisch nicht vereinbar)
- Es gibt keine biologischen Grundlagen für kritische Perioden. Eher vorstellbar sind
„sensible Perioden“
- Mädchen „Genie“ wurde von Eltern im Zimmer isoliert ohne Sprache großgezogen.
Auch wurde es für dass von sich geben von Lauten bestraft. Erst nach der Pubertät
versuchten Forscher ihr Sprache beizubringen
• Phonologie: Erhebliche Probleme bei Artikulation: auch nach 5 Jahren noch
schwer beeinträchtigt. Aber: Phonologische Entwicklung ähnelte normalem Kind
(z.B. gleiche Vereinfachungen)
• Æ Sprachentwicklung nach Pubertät möglich aber deutlich erschwert und
wahrscheinlich auch nie so gut wie normal.
• Æ Sensible statt kritische Perioden sinnvoll
V. Kindheit
34. Wer – im Vergleich zu seinen gleichaltrigen Mitmenschen – relativ intelligent ist, bleibt es auch in
Zukunft, wer – in diesem Sinne weniger intelligent ist, gehört auch in Zukunft zu den weniger
Intelligenten. Ist dies tatsächlich so? Skizzieren Sie die Befundlage zur Stabilität der Intelligenz, und
denken Sie über Faktoren nach, die einer höheren Stabilität möglicherweise im Wege stehen!
- Im Erwachsenenalter ist der IQ sehr konstant (Auch bei mehreren Jahren zwischen
Testungen: Reliabilitätskoeffizient über 0,80).
- Mit zunehmendem Alter steigt die Korrelation des aktuellen IQs mit dem Endwert
(Erfasst mit 40 Jahren). Ab einem Alter von etwa 10 Jahren ergibt sich keine große
Veränderung der Korrelation mehr, dh. es kommt zu einer Stabilisierung des
Intelligenzniveaus. Ab diesem Zeitpunkt herrscht eine Positionsstabilität, dh. die
relative Intelligenz (zu der Bezugsgruppe im gleichen Alter) ändert sich nicht mehr.
- Stabilität spiegelt drei Sachverhalte wieder:
• Ein (genetisch mitdeterminiertes) Ausgangspotential wird durch aktive
Auseinandersetzung mit der Umwelt (insbesondere Förderungen wie Schule) mit
steigendem Alter entfaltet. Zuwachs Proportional zum Ausgangsniveau /
interindividuell stabil.
• Ein (genetisch mitbedingtes) Ausgangspotential wird durch Risikofaktoren in
Entfaltung beeinträchtigt. Ausmaß der Beeinträchtigung geht in
Positionsstabilität der Intelligenzunterschiede ein, wenn Risikofaktor konstant
bleibt.
• Stabilitätskoeffizienten nie =1, es gibt immer Restvarianz die eine
Positionsänderung widerspiegelt. Chance bei günstigen Umweltbedingungen,
Gefahr bei beeinträchtigenden Bedingungen.
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Gründe für die Instabilität:
- Schwankungen der geistigen Entwicklung durch Umweltbedingte Faktoren, welche
durch die Schule stabilisiert werden.
- Intelligenztests messen auf verschiedenen Altersstufen unterschiedliche Fähigkeiten.
- Reliabilität der Tests steigt mit Lebensalter, Tests für kleine Kinder nicht so sehr
standardisierbar.
- Intelligenztests sind für die Zeit des Schulalters falsch geeicht.
35. Elternhaus und Schule haben zweifellos einen Einfluss auf die Kreativität von Kindern.
a) Welche Verhaltensmaximen sollten dabei beachtet werden, wenn das Ziel eine Förderung der
Kreativität ist?
- Kinder sollten dazu erzogen werden, ungeniert Fragen zu stellen und sich offen und
frei mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen.
- Freiheiten in der Erziehung (Autonomie), Förderung der Neugierde
- Fordernde Aktivität der Eltern
- Problemorientierte Kommunikation, Gemeinsames Problemlösen
Für die Schule:
- Wichtig ist, dass Kinder, die von Haus aus zu Kreativität ermutigt werden, in der
Schule nicht wegen ihrer Kreativität (Welche sich z.B. in dem stellen vieler „komisch“
wirkender Fragen und Spekulation zeigen kann) von dem Lehrer abgelehnt (Ablenkung
vom Lehrplan, Zeitverschwendung, Störer)) werden, da sonst die Gefahr zu einem
Problemkind zu werden recht groß ist.
Lehrer
sollten:
• Toleranz für neue Ideen zeigen
• Keine festgelegten Muster aufzwängen (Beispiel Mathe)
• Kind ermutigen, eigener Kreativität Wert beizumessen.
• Lernen aus eigener Initiative fördern und Wert beimessen
• Fächerübergreifend Lehren
• Konstruktiv Kritisieren und Selbstbewertung unterstützen
b) Welche Erziehungshaltung hingegen führen eher zu einer Blockade der kindlichen Kreativität?
- Torrance: Konformitäts-Zwängen
• Orientierung am schnellen Erfolg
• Orientierung an Altersgenossen
• Verbot zu fragen und die Welt zu erkunden
• Bestehung auf rigiden, stereotypen Geschlechtsrollen
• Gleichsetzung von „Divergenz“ und „Abnormität“
• Strikte Trennung von Arbeit und Spiel.
- Permissives Erziehungsverhalten
- Autorität und Überwachung der Kinder
- Zu einseitiges Erziehungsverhalten
36. Die Entwicklung der Geschlechtsidentität kann auf sehr unterschiedliche Art und Weise erklärt werden.
Skizzieren Sie die vorliegenden Erklärungsansätze!
- Freud’s Theorie der psychosexuellen Identifikation:
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• Aufgrund fehlender empirischer Belege nur historische Bedeutung
• Beschreibt Aufbau der heterosexuellen Orientierung, nicht aber der Aufbau
der psychischen Geschlechtsidentität und Rolle.
- 3 Moderne Ansätze, die jeweils unterschiedliche Aspekte erklären:
- Biologische Ansätze: 2 Unterteile:
• Genetische, hormonelle und neuronale Grundlagen:
ƒ Chromosome Æ Gonaden Æ Hormone Æ primäre Geschlechtsmerkmale Æ
Erziehungsgeschlecht
ƒ Bewirken biologische Unterschiede nur physische oder auch
Persönlichkeits- und Verhaltensunterschiede?
ƒ Da im Normalfall alles überein stimmt: Schwer zu überprüfen Æ
Untersuchung an Fällen Intersexualität
ƒ Pränatale Sexualhormone haben Auswirkung auf Verhalten. Insbesondere
Androgen auf Aggressivität.
• Evolutionäre Ansätze:
ƒ Unterschiede sind da zu erwarten, wo unterschiedliche Anpassungen
sinnvoll waren, um biologische Imperative (Überleben, fortpflanzen,
Nachwuchs aufzugehen) zu erfüllen. Aufgrund unterschiedlicher
Fortpflanzungsfunktion (Anzahl der Nachkommen, Unsicherheit über
Vaterschaft, Kosten einer Geburt und der Kinderaufzucht) bildet sich
unterschiedliches (optimales) verhalten heraus. Dieses sollte
Kulturübergreifend eintreten.
• Biologische Faktoren und Verhalten beeinflussen sich Wechselseitig
(Hormonausschüttung auch von Verhalten abhängig)
• Biologische Faktoren durch soziale Einflüsse überlagerbar
- Sozialisationstheoretische Ansätze: 2 Unterteile
• Bekräftigungstheorie: Geschlechtstypische Eigenschaften werden von Eltern,
Lehrern oder sonstigen Personen bekräftigt.
• Imitationstheorie: Menschen des gleichen Geschlechts werden bevorzugt als
Modell gewählt, Modell muss keine reale Person sein.
-
Kognitive Ansätze: Kinder zeigen bereits in den ersten Lebensjahren Wissen über
Geschlechterkategorien. Dieses Wissen wächst weiter an und wird zu einem
zunehmenden Verständnis für biologische, soziale und psychische
Geschlechterdifferenzierung. Dieses wird die treibende Kraft für eigenes Geschlecht
typische Merkmale zu übernehmen und positiv zu bewerten.
37. Die Theorie des sozialen Lernens spielt eine wichtige Rolle bei dem Versuch, die Entwicklung der
Geschlechtsidentität bzw. der Übernahme der Geschlechtsrolle zu erklären. Erläutern Sie die beiden
Hauptstränge dieser Theorie und illustrieren Sie sie an Hand einiger Beispiele aus dem Alltag!
- Sozialisationstheoretische Ansätze: 2 Unterteile
• Bekräftigungstheorie: Geschlechtstypische Eigenschaften werden von Eltern,
Lehrern oder sonstigen Personen bekräftigt.
ƒ Drei Hypothesen:
• Es gibt (u.A. von Seiten der Eltern) unterschiedliche Erwartungen
an Mädchen und Jungen. Bedeutet aber nicht, dass sie (all)diese in
der Erziehung auch begünstigen.
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•
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Eltern bekräftigen Jungen und Mädchen für unterschiedliche
Verhaltensweisen.
• Die Geschlechtstypisierung nimmt aufgrund der unterschiedlichen
Bekräftigungsmuster zu.
ƒ Differentielle Erwartungen und Reaktionen in Studien nachgewiesen. Z.B.
Gestehen Eltern Jungen mehr Unabhängigkeit zu und verstärken eher
Leistungs- und Wettbewerbsverhalten. Bei Mädchen wird dagegen eher
das Verhalten zur Sauberkeit unterstützt, wilde Spiele werden nicht so
gerne gesehen.
• Imitationstheorie: Menschen des gleichen Geschlechts werden bevorzugt als
Modell gewählt, Modell muss keine reale Person sein. 3 Hypothesen:
ƒ Beobachtungshäufigkeit: Es gibt mehr Gelegenheit gleichgeschlechtliche
Modelle zu beobachten. ABER: In westlichen Nationen nicht gegeben
ƒ Selektive Nachahmung: Wenn gleich- und gegengeschlechtliche Objekte
beobachtet werden können, werden eher gleichgeschlechtliche Modelle
imitiert. ABER: Es kommt eher auf Geschlechtsangemessenheit des
Verhaltens als auf das Geschlecht des Durchführers an (Beispiel
Mädchen/Junge Kriegerisch Bemutternd)
ƒ Es Erfolgt eher eine Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen
Elternteil. ABER: Söhne nicht den Vätern ähnlicher als den Müttern und
umgekehrt.
38. So gravierend seine Folgen für die Betroffenen in der Regel sind, so schwierig kann es im Einzellfall
sein, den sexuellen Missbrauch von Kindern zu erkennen. Welche Signale können ein Hinweis darauf
sein, dass ein Kind sexuell missbraucht worden ist bzw. immer noch wird, und welche Probleme stellen
sich bei der Diagnose?
- Die zuverlässigste Quelle stellen spontane Berichte der Kinder da.
- Im Vergleich lassen sich folgende Auffälligkeiten bei missbrauchten Kindern häufiger
beobachten:
• Ängste, Aggressionen, Alpträume
• Sexualisiertes Verhalten (z.B. Puppen in beischlafähnliche Positionen bringen,
exzessives Masturbieren, verführerisches Verhalten sowie
Altersunangemessenes Sexuelles Wissen)
• Im Jugendalter (ab 13) zeigen sich oft auch Drogenmissbrauch, Promiskuität,
Depressionen und Suizidneigungen
- Bei der Diagnose stellen sich viele Probleme:
• Aussagen von kleinen Kinder durch suggestive Fragestellungen beeinflussbar.
• Die Symptome sind nicht eindeutig.
• Das Wissen über die normale sexuelle Entwicklung und die Entwicklung ihres
sexuellen Wissens ist mangelhaft, dies wäre aber notwendig um „sexualisiertes
Verhalten“ zu bewerten.
• Auch „normale“ Kinder neigen dazu Puppen in beischlafähnliche Positionen zu
bringen und Finger in Genitalien zu stecken.
• Auch die Interpretation von Kinderzeichnungen misslingt erfahrenen Klinikern.
• Oft werden realer Missbrauchserfahrungen aus Scham und Furcht
verschwiegen.
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• Oft werden Symptome erst spät nach dem Missbrauch (z.B. bei Aufnahme
einer Partnerschaftsbeziehung) gezeigt.
39. Wann spricht man von „sexuellem Missbrauch“ und welche Informationen liegen zur Häufigkeit seines
Vorkommens vor? Gehen Sie in Ihrer Antwort auch auf Probleme ein, mit denen die Forschung in
diesem Bereich konfrontiert ist!
- Kempe: Beteiligung nicht ausgereifter Kinder und Jugendlicher an sexuellen
Aktivitäten, denen sie noch nicht verantwortlich zustimmen konnten, da für sie die
Tragweite nicht erfassbar ist.
• Probleme: Altersbegrenzung und Gefälle unklar. Sexuelle Übergriffe erfolgen
oft Tätern ähnlichen Alters.
- Feministische Definition: Verwendung von Frauen gegen ihren willen zur sexuellen
Befriedigung. Missbrauch ist durch Uneinverständnis der Frau definiert. Daher kann
bereits ein anzüglicher Blick Missbrauch darstellen.
• Probleme: Schwammige Definition, da Frau sehr wahllos entscheiden kann.
• Jungen werden als Opfer sexueller Gewalt nicht berücksichtigt.
- Bei beiden: Altersdifferenz und meist gegen Willen
- Häufigkeit:
• Kriminalstatistik: 1998 etwa 16.000 Fälle. 1965 – 1985 fast halbiert (10.000).
Steigung und Stagnation können aber auch mit Anzeigeverhalten begründet
werden. Nur 25% bei Verwandtschaft.
• sozialwissenschaftlichen Studien: Sie hängt stark von der Definition (z.B. ob
auch körperkontaktfreier Missbrauch mitgezählt wird, welche kritischen
Alterswerte verwendet wurden) ab. W:6-25% M:2-8%. Missbrauch mit
Penetration findet in einer starken Minderheit der Fälle statt.
• Probleme: Hohe Dunkelziffer (Da vieles nicht angegeben/angezeigt wird),
Definitionsprobleme, bei Retrospektiven Studien: mangelnde Erinnerung
40. Sexuell missbrauchte Kinder haben auch langfristig unter dem Missbrauch zu leiden. Welche
Symptome haben sich diesbezüglich in empirischen Studien nachweisen lassen? Gehen Sie in Ihrer
Antwort auch auf Faktoren ein, die eine Bewältigung von Missbrauchserfahrungen erleichtern!
- Beim Vergleich höhere Symptombelastung (Metaanalyse):
• Ängste, Depressionen, Aggressionen
• Sexualisiertes Verhalten (siehe oben)
• Höchste Varianzaufklärung für Aggressivität und sexualisiertes Verhalten
• Bei Vergleich mit anderen klinischen Kindern außer sexualisiertes Verhalten
fast keine Auffälligkeiten Feststellbar.
- Altersabhängigkeit:
• Vorschulkinder (0-6): Ängste, Alpträume, sexualisiertes Verhalten
• Schulalter (7-12): + Hyperaktives / Aggressives Verhalten, Schulprobleme
• Jugendalter (13-18): Depression, sozialer Rückzug, Suizidneigung, Weglaufen,
Promiskuität, Drogenmissbrauch
- Viele Kinder zeigten zum Testzeitpunkt gar keine Symptome.
• Einerseits nehmen manche Symptome mit der Zeit ab
• In einigen Fällen tauchen Symptome auch erst zu späteren Zeitpunkten (z.B. bei
Aufnahme einer Partnerschaftsbeziehung) auf
- Faktoren die Bewältigung der Missbrauchserfahrung erleichtern:
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• Familiäre Schutzfaktoren:
ƒ Liebevolle, unterstützende Familie
ƒ Sexuelle Aufklärung
ƒ Umgang mit Körperlichkeit offen und liberal (bei klarer Grenzziehung)
• Opfer sollte sich nicht am Missbrauch mitschuld sehen.
• Keine emotionale Beziehung zum Täter (Bei Familienangehörigen und
„Freunden“ nicht gegeben).
41. Wer als Kind oft geschlagen oder auf andere Art misshandelt wurde, neigt später als Vater bzw. Mutter
auch selbst dazu, seine Kinder zu misshandeln. Wie beurteilen Sie diese These auf der Basis der
vorliegenden empirischen Befunde? Gehen Sie in Ihrer Antwort auch auf Faktoren ein, die den
beschriebenen Zusammenhang moderieren!
- Studie von Kaufman: Nur 30% der misshandelten Eltern „geben“ verhalten an Kinder
„weiter“
- Andere Forscher halten 30% für Unterschätzung, da Gewalterfahrungen in der
Kindheit entscheidender Risikofaktor für Gewaltbereitschaft
- Kontroverses Thema, viele verschiedene Befunde. Problem auch die Definition von
„Elterlicher Gewalt“.
- Moderationsfaktoren:
• Schutzfaktoren: Misshandelte Kinder können durch tragfähige Beziehung zu
anderer Person (anderes Elternteil, Therapeut, Lebenspartner, etc). die
Gewalterfahrung bewältigen.
• Gute Begabung und damit verbundener Erfolg in Schule und Beruf kann vor
Weitergabe der erfahrenen Gewalt bewahren.
• Depressivität und andere Formen von Labilität können geduldigen Umgang mit
Kind erschweren.
- Ich denke, dass aus auf jeden Fall einen Zusammenhang zwischen erlebter und
weitergegebener Gewalt gibt, insbesondere wenn keine von den oben genannten
positiven Umstände vorhanden sind. Andererseits bin überzeugt, dass es auch Eltern
gibt, die trotz entsprechender Erfahrungen und negativer Umstände ihrer
Elternschaft relativ gut gerecht werden.
42. Elterngewalt gegen Kinder ist leider gar nicht so selten. Welche Ursachen kommen als Erklärung dieses
Verhaltens in Frage? Bitte, führen Sie auch empirische Belege Ihrer Aussagen an!
- Mehrgenerationale Weitergabe: Eltern die in Kindheit selber Gewalt erfuhren, neigen
dazu Kinder ähnlich zu behandeln. Eine empirische Studie wies einen Zusammenhang
von 30%. Allerdings ist der Zusammenhang eine kontrovers diskutierte Angelegenheit.
- Soziologische Erklärungsansätze: 3 Bedingungen sind für Gewalt gegen Kinder
verantwortlich:
• Gesellschaftliche (Mis)billigung körperlicher Bestrafung als
Erziehungsmaßnahme:
ƒ Gesellschaftliche Billigung von Gewalt als Erziehungsmethode nimmt ab
(vgl. BGB Änderung 2000).
ƒ Bei Befragung von Kindern, ob sie von Eltern geschlagen werden, sinkt
„ja“ antworten mit kognitiver Reife (Evtl. Selbstzensur der Kinder
(Aber vielleicht werden ältere Kinder auch weniger oft geschlagen?))
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ƒ Eltern, die Strafen gutheißen sind häufig gewalttätig gegenüber ihren
Kindern.
• Lebensbelastungen:
ƒ Lebensbelastungen in vielen gewalttätigen Familien nachweisbar, ihr
Beitrag ist aber anderen Faktoren (wie z.B. Persönliche Ressourcen der
Eltern) untergeordnet.
ƒ Insbesondere Partnerschaftskonflikte und schwierige Situation allein
erziehender Mütter erhöhen Misshandlungsrisiko. [Empirie: Gewalt in
Partnerbeziehung Verachtfach Risiko dass Kinder geschlagen werden]
• Mangel an sozialer Unterstützung
- Sozial-Situationales Erklärungsmodell: Kindesmisshandlung entsteht durch Ärger
und Ohnmacht der Eltern, wenn andere pädagogischen Maßnahmen fehlschlagen. Æ
kindliche Verhaltensprobleme Auslöser für aggressives Verhalten.
• Querschnitt- und retrospektive Studien ermitteln kindliche
Verhaltensprobleme als Hauptanlass für Misshandlungen. ABER:
Untersuchungen zeigen, dass später misshandelte Kinder mit 3 Monaten noch
keine Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Die Verhaltensauffälligkeiten bei
Kindern, welche aggressives Elternverhalten auslösen sind wiederum mit
Persönlichkeitsproblemen und einem unoptimalen Betreuungsverhalten
verknüpft. Manche Verhaltensauffälligkeiten nicht von denen, die als
Auswirkungen von Kindesmisshanglung beschriebenen unterscheidbar.
• Für behinderte sowie verhaltensauffällige Kinder besteht ein dreifaches Risiko
misshandelt zu werden. Insbesondere auch Kombination verschiedener
Gewaltformen. Dabei werden Jungen eher vernachlässigt und körperlich
misshandelt, Mädchen eher sexuell Missbraucht.
43. Einige Erziehungsberechtigte halten es für ratsam oder gar notwendig, ihren Anforderungen an Kinder
und Jugendliche betreffs Übernahme moralischer Normen durchaus auch autoritär Nachdruck zu
verleihen. Nehmen Sie hierzu – unter Beachtung einschlägiger Forschungsergebnisse – Stellung, indem
Sie auch andere Möglichkeiten elterlichen Verhaltens in die Überlegung mit einbeziehen! Welches
elterliche Verhalten führt am ehesten dazu, dass ein Kind moralische Normen auch wirklich
„verinnerlich“?
- Macht ausübender Erziehungsstil ist eher kontraproduktiv!
• Verinnerlichung von Normen wird eher entgegen gewirkt als gefördert.
• Ergebnis ist höchstens Angst vor Strafe, wenn sich Kind unbeobachtet fühlt
wird es Norm nicht beachten.
• Empirie: Hoffmann: Neigung der Mutter zur Machtausübung korreliert stark
negativ (-0,68) mit erreichen der Erziehungsziele, Machtverzicht dagegen
positiv (0,75) mit Erziehungszielerreichung.
• Machtausübende Erziehung ist, insbesondere bei inkonsistenter Aufsicht, ein
Prädiktor für antisoziale Verhaltensprobleme.
- Erziehung durch Strafe in Form von Liebesentzug
• Abweisung des Kontaktbedürfnisses des Kindes als Strafe für unerwünschtes
verhalten.
• Wirkung hängt von Kontaktbedürfnis des Kindes und von dessen Möglichkeiten
zur Wiedergewinnung des Kontaktes ab.
• Da diese Fragen ungeklärt: Wirkung auf Verinnerlichung von Normen ungeklärt.
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• Aber: Liebesentzug nicht unproblematisch:
ƒ Wenn er zur Verinnerlichung einer moralischen Norm führt, dann eher
zur ängstlich-rigiden Moral.
ƒ Ergebnis Angst vor eigenen Bedürfnissen und Angst vor moralischem
Versagen. Führt zu einer ängstlichen Vermeidung von Verantwortung und
Kritik.
- Induktiver Erziehungsstil
• Gilt als idealer Erziehungsstil
• Darbietung von argumentativen Erläuterungen welche Sinn der Forderung
erklärt.
• Es werden Ausnahmen durchdacht und Lösungsmöglichkeiten erwogen.
• Verzicht auf Zwang und Zurechtweisung
• Gabe von Spielraum für eigene Entscheidungen
• Æ Beachtung der Norm wird Teil der eigenen Identität
44. Kinder bis zum Vorschulalter zeigen so etwas wie bedingungslosen Gehorsam (oder auch nicht). Sie
stellen vorgegebene Normen jedenfalls nicht in Frage, d.h. sie akzeptieren grundsätzlich als berechtigt,
was Eltern und andere Autoritäten sagen. Einige Eltern hegen die Erwartung, dass dies auch in den
folgenden Jahren so bleiben wird. Wie stellt sich nun die tatsächliche Entwicklung der
Autoritätsauffassung von Kindern dar? PIAGET hat untersucht, wie Kinder in unterschiedlichen
Entwicklungsstadien die Herkunft von Vorschriften, deren Verfehlung und die Bestrafung von
Verfehlungen beurteilen. Welche Entwicklungs-Sequenz hat er dabei beobachtet?
-
-
In der ersten Stufe (bis 4 Jahre) verfügt das Kind über kein Bewusstsein für soziale
Verpflichtung.
Zweiten Stufe (Heteronomie, 4-10 Jahre):
• Kind nimmt soziale Regeln von anderen auf. Dabei werden die Regeln als absolut
gültig und unantastbar angesehen. (Beispiel: Regeländerungen beim Spiel sind
undenkbar, auch wenn alleine gespielt wird).
• Die Regeln werden als durch eine nicht zu hinterfragende Autorität
(Erwachsene, Gott) gegeben angesehen und gelten ewig.
• Als Verfehlungen gelten: objektive Verletzung der wörtlichen Regel,
ungehorsam gegenüber Autoritäten
• Als Bestrafungen werden willkürliche sühne Strafen gefordert (Keine
Beziehung zwischen Strafe und Vergehen). Oft ohne Verhältnismäßigkeit.
Ansehen der Strafe bei vergehen als moralisch notwendig.
• Autorität geht vor Gerechtigkeit (Beispiel mit Mutter und zwei Kindern)
Dritte Stufe (Autonomie; ab 10 Jahren):
• Regel als Ergebnis freien Entschlusses, der auf gegenseitigem Übereinkommen
beruht. Eigenes entscheiden, was gut und richtig ist.
• Änderungen von Regeln möglich, wenn allgemeine Zustimmung vorhanden
• Als Verfehlung gelten: Verletzung des Vertrauens, der gegenseitigen Achtung,
der auf Vereinbarung beruhenden Ansprüche der Partner. Bezug nicht auf den
Wortlaut sondern Sinn.
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• Bei Regelverstößen soll eine sinnvolle und gerechte Bestrafung erfolgen, die
einen Bezug zu dem Verstoß hat (z.B. Lügner keinen Glauben mehr schenken).
Oft wird Wiedergutmachung vorgeschlagen.
• Gerechtigkeit beruht auf Gleichheit und geht vor Autorität (Gleichheit wird
verteidigt, auch wenn gegen Autorität). Mit steigendem Alter kommt neben
reiner Gleichheit auch Billigkeit dazu (z.B. sind kleinere Kinder nachsichtiger zu
behandeln als große)
45. Täglich müssen große und kleine moralische Probleme (Dilemmata) gelöst werden. Die Orientierung
bei der Lösungssuche erfolgt auf qualitativ unterschiedlichen Niveaus der Argumentation; KOHLBERG
unterscheidet 3 Niveaus mit jeweils 2 Stufen. Stellen sie die Entwicklung moralbezogener
Argumentation an Hand des KOHLBERGschen Modells dar!
-
-
-
Interesse an Entwicklung und Begründung von Urteilen in moralischen Dilemmata
(Beispiel: Medikament Apotheke).
Mit steigendem Alter neigen Personen zu höheren Niveaus.
Vormoralisches Niveau:
• Stufe 1: Moralische Entscheidungen werden durch drohende Strafen und
mächtige Autoritäten begründet. (Nicht stehlen, da sonst ins Gefängnis)
• Stufe 2: Moralische Entscheidungen werden durch eigenes Interesse
begründet (Stehlen, da Frau behalten wichtiger als Freiheit, bei Freund anders)
Niveau der konventionellen Moral: Erhaltung wichtiger Sozialbeziehungen
• Stufe 3: Orientierung auf Familie und Primärgruppe beschränkt (Stehlen,
Leben der Frau und Liebe zu ihr hat keinen Preis)
• Stufe 4: Erweiterung auf Staat und Religionsgemeinschaft. Das gesamte
System wichtig, nicht nur konkrete soziale Beziehungen. Erfüllung eines
Systems, dass Rechte, Pflichten und Ansprüchen alle regelt ist oberstes
Gebot (Heirat: Schwur von Liebe und Treue. Ehe ist Verpflichtung wie
gesetzlicher Vertrag)
Niveau der postkonventionellen Moral: System nicht mehr fraglos als richtig und
verteidigenswert angesehen. Bemühen Prinzipien und Werte zu finden, die unabhängig
von Autorität einzelner Personen und Gruppen gelten.
• Stufe 5: System Gesellschaftsvertrag, der zwischen Beteiligten veränderbar.
Ziele: Maximierung des Gewinns für möglichst viele. Wichtig: Gerechtigkeit
bei Entscheidungsfindung (z.B. nach Demokratiemodell). Menschenrechte
werden oft als nicht verhandelbar angesehen und haben immer das höchste
Gewicht (Das Recht auf Leben steht über den finanziellen Interessen)
• Stufe 6: (Tritt selten auf) Suche nach allgemeingültigen abstrakten
ethnischen Prinzipien. Z.B. Mitsprache aller von einer Entscheidung
betroffenen, Unparteilichkeit. Jede Ordnung kann jederzeit in Frage gestellt
werden, wenn gelten gemacht wird dass sie nicht Fair ist. (Beispiel Sterbehilfe:
Jeder hat selbstständig selber über seinen Tod zu entscheiden)
46. KOHLBERGs Stufenmodell der Entwicklung des moralischen Urteils wirkt zunächst ein wenig
abstrakt. Bitte, versuchen Sie, die einzelnen Stufen dieses Modells konkreter darzustellen, indem Sie
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kurze Lösungsbeispiele in Bezug auf ein – von Ihnen selbst gewähltes oder erfundenes – moralisches
Dilemma formulieren!
Siehe oben
47. Gibt es eine „männliche“ und eine „weibliche“ Moral?
a) Stellen Sie GILLIGANs Überlegung zu dieser Frage dar.
- Gilligan unterscheidet zwischen einer an Gerechtigkeit orientierten männlichen, und
einer an Führsorge orientierten weiblichen Moral. Nach Gillian entspricht die an der
Gerechtigkeit orientierte männliche Moral der von Kohlberg beschriebenen.
- Es gibt verschiedene Prinzipchen, nach denen sich Gerechtigkeit ableiten lässt (z.B.
Gleichheit, Leistungsproportionalität, Bedürftigkeit)
• Führsorge bedeutet nicht, Bedürftigkeit anderen Prinzipien vorzuziehen,
sondern das Motiv zu haben, für andere zu sorgen, ihnen gutes zutun usw.
- Unterschied in der Handlungsmotivation aber auch schon im Problemverständnis:
Handeln aus altruistischer Motivation, Mitleid, Liebe ist anders als pflichtgemäßes
Handeln aus erlebter moralischer Verantwortung für andere. Nur letztere kann als
moralisch motiviert klassifiziert werden.
b) Können Sie sich eine Situation vorstellen, in der die „männliche“ und die „weibliche“ Moral (im
Sinne GILLIGANs) miteinander in Konflikt geraten können? Entwickeln Sie dazu ein Beispiel!
- Wenn beide eine andere Handlung vorsehen. Beispiel: Die männliche Moral kann zu dem
Schluss kommen, dass jeder Mensch gleich behandelt werden sollte. Wenn ein Dieb,
welcher kurz vor dem Verhungern ist, nun Nahrung klaut, soll er genauso wie ein Dieb,
welcher sich einen Vergnügungsartikel gleichen Wertes klaut behandelt werden. Die
weibliche Moral würde hier eher den Dieb in Schutz nehmen. Hierbei muss natürlich
beachtet werden, dass in diesem Fall evtl. auch höhere Stufen Kohlbergs Modell eher
zur Nachsicht tendieren würden. ´
- Kind erfüllt seine Pflichtaufgaben im Haushalt nicht. Männliche Moral könnte darauf
mit Entzug der Rechte reagieren (Gerechtigkeit = Rechte bekommt nur der, der
Pflichten erfüllt) und dem Kind das Abendessen verweigern. Die führsorgliche
weibliche Moral würde trotz der Pflichtnichterfüllung das Kind mit Essen versorgen.
.
48. Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, extrem intelligent zu sein (z.B. anlässlich einer
Vordiplomsprüfung)! Merkwürdigerweise kann Hochbegabung jedoch auch Probleme für die
Betroffenen schaffen, vor allem im Kindesalter.
a) Beschreiben Sie einige dieser möglichen Schwierigkeiten
- Kind neigt durch Neugierde zu vielen Fragen, wobei es auf befriedigende Antwort
besteht.
- Kind entwickelt einen fanatischen Gerechtigkeitssinn
- Kind wendet sich nur älteren Kindern oder Erwachsenen zu
- emotionale und soziale Probleme entstehen z.B. dadurch, dass sich Kinder schon früh
mit Themen wie Notstand und Gerechtigkeit auf der Erde beschäftigen, während
Altersgenossen ein leichtes Kinderleben führen können.
- Kind findet oft an den Freizeitaktivitäten gleichaltriger kein Interesse, Kind kann sich
in Gruppe gleichaltriger nicht einbringen und wird so zum Außenseiter.
- Kind steht oft vor dem Dilemma seine sensiblen Denkfähigkeiten aufzugeben um von
anderen akzeptiert zu werden oder seine Begabung zu entwickeln und dafür alleine zu
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sein. Kind muss Balance zwischen seinen Anforderungen an seine Fähigkeiten und
Individualität sowie Beliebtheit und Anpassung lernen. Diese Anforderung übersteigen
oft den Fähigkeiten im jungen Lebensalter.
b) welche Empfehlungen würden Sie Eltern hochbegabter Kinder geben?
- Eltern sollten „Anderssein“ akzeptieren und dass Kind nicht „bremsen“, aber auch
Isolation und Segregation entgegenwirken.
- Eltern sollten Kind für sine besonderen Fähigkeiten oft Loben (Da andere
Altersgenossen es dafür oft negativ behandeln) aber auch zum gemeinsamen Spiel mit
anderen ermutigen.
- Ich würde Eltern empfehlen Kontakte zu Vereinen zur Förderung von hochbegabten
Kindern aufzunehmen (wie z.B. der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind,
diese bieten Förderkurse an die den Eigenschaften des Kindes gerecht werden und vor
die Chance zu einem Kontakt zu ebenso hochbegabten Kindern in der gleichen
Altersstufe.)
49. Die Leistungsgruppierung in der Schule, z.B. die Zuweisung von Schülerinnen und Schülern zur
Hauptschule, Realschule oder zum Gymnasium, kann sich auf die Leistungsentwicklung der
Betroffenen auswirken.
a) Welche empirischen Befunde liegen dazu vor?
- Studie in Hongkong zeigt, dass sich Schulleistungen in der 7. Klasse guter Schüler
unabhängig von der Güte der Schule positiver entwickeln als die in der 7. Klasse nicht
so guten Schüler.
- Deutsche Studien: Zur Untersuchung der Leistungsaufwirkungen der Differenzierung
wurden die Hauptfächerleistung von Gymnasiasten in der 7. Klasse zwischen
Bundesländer mit Differenzierung nach der 4. mit denen nach der 6. Klasse
verglichen.
- Dabei schnitten die Gymnasiasten in Bundesländern mit Differenzierung nach der 4.
Klasse signifikant besser ab, dh. Frühe Differenzierung führt zur Förderung
leistungsstarker Kinder.
- Persönlich: Leider Einfluss auf Hauptschüler nicht untersucht. Meine Hypothese:
Hauptschüler erreichen durch späte Differenzierung bessere Leistungen.
- Leistungsverlauf von Mathematik 7-10. Klasse: individuelle Ausgangsleistung sowie
Schulform haben starken Einfluss auf Leistungsentwicklung. Interessanter Weise hat
das Leistungsniveau der individuellen Schule (Welches zwischen verschiedenen
Gymnasien stark unterscheidet) einen nur sehr schwachen Einfluss.
- Æ Leistungsförderung eher durch Instruktionsstruktur am Gymnasium (z.B. durch
andere Ausbildung der Lehrer) als durch Leistungsniveau determiniert.
- Æ Leistungsstarke Schüler profitieren von Differenzierung!
b) Welche Auswirkungen kann die Leistungsgruppierung auf das Fähigkeitsselbstkonzept der
Betroffenen haben?
- Für leistungsstarke Schüler: Übergang zum Gymnasium für Entwicklung selbst
wahrgenommener Fähigkeiten negative Einflüsse, da sie nun nicht mehr zu den besten
gehören Æ Absinken fähigkeitsbezogener Selbstkonzepte und Selbstwertgefühl
- Leistungsschwache Schüler erleben auf de Hauptschule, dass sie nicht mehr die
schlechtesten sind, was zu einem Anstieg ihres Fähigkeitsselbstkonzeptes führt.
Æ Fähigkeitsselbstkonzepte konvergieren
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Æ Bei Betrachtung zweier leistungsidentischen Schüler, einer auf der Hauptschule und
einer auf dem Gymnasium, hat der auf der Hauptschule ein wesentlich höheres
Fähigkeitsselbstkonzept. Æ Fischteicheffekt
50. Kinder aus Scheidungsfamilien zeigen oft schon lange vor der Scheidung ihrer Eltern problematische
Verhaltensweisen und eine Reihe von Belastungsmerkmalen.
a) Erläutern Sie diesen Sachverhalt an Hand der Ergebnisse empirischer Studien.
- Prospektive Längsschnittstudien fangen bei der Untersuchung der Kinder zu einem
Zeitpunkt an, an dem die Familien äußerlich noch intakt sind und dokumentieren die
Änderung der Verhaltensweisen der Kinder.
- Nach Abschluss der Studie können die Daten zwischen Familien deren Eltern sich im
Laufe der Studie getrennt haben mit denen die zusammen geblieben sind verglichen
werden. Æ Effekte können schon 8-12 Jahre vor der Scheidung auftreten.
- Æ Jungen von Familien in denen es später zu Scheidungen kam, verhielten sich im 3-7
Lebensjahr konsistent ruheloser, aggressiver und unkooperativer. Es gab mehr
Konflikte zwischen Eltern und Sohn. Bei Mädchen waren die Charakterisierungen
weniger negativ und unkonsistenter.
- Æ Im Kindesalter scheinen Auswirkungen eher Jungen zu betreffen
- Im Jugendalter wird durch eine bevorstehende Scheidung dagegen eher die
Elternbeziehung von Mädchen belastet.
- Generell scheinen Jungen eher von Vorscheidungseffekten belastet zu sein, während
Mädchen eher von der Scheidung selbst beeinträchtigt werden. Im Jugendalter
werden dagegen auch Jungen eher durch die Scheidung selbst beeinträchtigt.
- Begründung für die interindividuellen Unterschiede steht noch aus!
b) Welche theoretischen Möglichkeiten gibt es, diesen Befund zu erklären?
- Genetische Einflüsse: Hohes Scheidungsrisiko ist, wie Zwillingsuntersuchung ergeben
haben, vererblich. Es könnte auch mit den Problemen im Kindesalter zusammenhängen.
- Problematische Kinder können Ehe gefährden. (Kinder Ursache für Scheidung)
- Kinder werden durch Stress in der Vorscheidungsphase (Streitereinen,
unangemessenes Erziehungsverhalten, ) beeinträchtigt.
51. Nicht alle Scheidungskinder sind „Verlierer“. Welche Faktoren haben Einfluss darauf, ob bzw. in
welchem Ausmaß die Trennung der Eltern Nachteile und Probleme für die Kinder schafft?
- Geschlecht des Kindes: Mädchen haben bei Alleinerziehung durch Mutter die Chance
eine enge, positive Beziehung aufzubauen, und früh Verantwortungen (z.B. für kleinere
Geschwister) zu übernehmen und so von der Scheidung zu profitieren. Mädchen allein
erziehender Mütter gehören oft zu den fürsorglich sozial Kompetenten Kindern mit
stabilen Freundschaften. Söhne allein erziehender Mütter werden eher zu aggressivunsicheren Kindern.
- Neuer Partner der Mutter kann dazu führen, dass die Auswirkungen der Mädchen
sich eher denen der Jungen anpassen (aggressiv- unsicheres Verhalten)
- Problematisch für Kinder sind:
• Beschuldigungen, dass es für die Trennung verantwortlich sei.
• Streit zwischen den Eltern, insbesondere wenn er auch nach der Trennung
weitergeht und das Kind in den Streit eingebunden wird
• Körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern
• Abwertungen der Mutter durch negative Bemerkungen des Vaters
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• Wenn der erziehende Elternteil selber Probleme wie Depressivität hat und dem
Kind wenig Zuwendung gibt und es inkonsistent oder sehr streng erzieht.
• Finanzielle Knappheit (Ungünstige Wohnlage, eingeschränkte
Freizeitmöglichkeiten, usw.)
• Trennung im Vor- und Grundschulalter
• Stressreiche Veränderungen wie Umzug und Schulwechsel
- Unterstützung durch Verwandte und Freunde oder Therapien können die Verarbeitung
der Trennung unterstützen.
VI. Jugendalter
52. In jedem Lebensabschnitt stellen sich Menschen zahlreiche Entwicklungsaufgaben.
a) Welches sind die Entwicklungsaufgaben der Adoleszenz nach HAVIGHURST?
- Neue und reife Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts aufbauen
- Übernahme der entsprechenden Geschlechterrolle
- Akzeptieren der eigenen Aussehens
- Emotionale Unabhängigkeit von Eltern und anderen Erwachsenen
- Vorbereitung auf Ehe und Familienleben
- Vorbereitung auf berufliche Karriere
- Werte und Weltanschauung entwickeln
- Sozial verantwortliches Verhalten anstreben und erreichen.
b) Welche Einwände lassen sich gegen diesen Katalog von Entwicklungsaufgaben einwenden?
- Diskussionen mit Jugendlichen ergaben:
• Werteentwicklung und sozial verantwortliches Verhalten werden eher als eine
integrierte Aufgabe angesehen.
• Es fehlen wichtige Aspekte wie Partnerbeziehung und Zukunftsplanung.
- Es werden keine geschlechtsspezifischen Unterschiede berücksichtigt, diese wurden
aber empirisch gezeigt.
- Entwicklungsaufgaben sind an normative Standards gebunden. Es gibt Änderungen in
Kultur und Zeit. Modell wurde dabei für Mittelschicht amerikanische Gesellschaft zur
damaligen Zeit aufgestellt.
- Entwicklungsverlauf immer individuell. Modell daher keineswegs allgemeingültig
anwendbar.
53. Das Bild, das ein Mensch von seinem eigenen Körper hat, spielt im Jugendalter eine besonders wichtige
Rolle. Sehen Sie Indizien dafür, dass weibliche Jugendliche in vielen Fällen ein negativeres
Körperselbstbild haben als männliche? Welche? Diskutieren Sie mögliche Ursachen!
- Kulturell wird bei weiblichen Menschen viel stärker auf das Aussehen geachtet. Dies
sieht man auch daran, dass für männliche Menschen das Aussehen ein viel wichtigeres
Partnerwahlkriterium ist als für Weibliche Menschen.
- Das Schönheitsideal ist dabei neben extremer Schlankheit auch ein Mädchenhaftes
aussehen. Mit steigendem Alter und zunehmendem Gewicht vergrößert sich der
Abstand zu diesem Bild immer mehr. Bei Jungen ist, das ideal dagegen ein männliches,
erwachsenes Aussehen, welches mit steigendem Alter immer eher erreicht wird.
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Daher haben Jugendliche Jungen eher ein positives und mit dem Alter steigendes
Körperselbstbild.
- Mehrere Studien entsprechen diesen Befunden: Mädchen beschäftigen sich eher mit
ihrem Äußeren und sind damit auch eher unzufrieden. Auch sinkt ihre Zufriedenheit
mit dem Alter während sie bei Jungen eher steigt.
54. Körperliche Reifungsvorgänge stehen im Zentrum des Entwicklungsgeschehens im Jugendalter. Sie
können den einzelnen Jugendlichen, im Vergleich zu seinen Altersgenossen, relativ früh oder auch
relativ spät (be-)treffen. Man weiß heute, dass die individuelle Akzeleration oder Retardation der
körperlichen Entwicklung für die betroffenen Jugendlichen psychologisch recht bedeutsam ist. Welche
Auswirkungen sind bekannt? Bitte, skizzieren Sie kurzfristige und langfristige Effekte der individuellen
Akzeleration und Retardation, und berücksichtigen Sie dabei auch Unterschiede zwischen männlichen
und weiblichen Jugendlichen.
- Retardation und Akzeleration können zu einem Auseinanderfall von körperlicher,
sozialer, kognitiver und emotionaler Reife führen. Von einem körperlich
akzeleriertem Jugendlichen wird aber automatisch auch mehr kognitive und soziale
Reife erwartet, und umgekehrt wird einem retardiertem Jugendlichem weniger
kognitive und soziale Reife zugestanden, als ihm gerecht wäre.
- Auswirkungen Kurzfristig:
ƒ Unausgeglichenheit, Unzufriedenheit sowie negatives Selbstkonzept
ƒ Geringeres Verantwortungsbewusstsein sowie Selbstsicherheit.
ƒ Akzeleration:
• Größeres Risiko für Drogenkonsum und Devianz, da eher Kontakt
mit älterer Peergruppe.
• Weiblich:
• weniger beliebt, größere Zurückgezogenheit und Unterordnung.
• (US DE, !DE) Geringes Selbstwertgefühl, da Abweichung von
kultureller Norm für Weiblichkeit (Mädchenhaftigkeit und
Schlankheit) da Körpergröße und Gewicht früher zunehmen.
• Wenn weitere Risikofaktoren dazukommen: Besonders
gefährdet für psychische Störungen, Drogengebrauch und
frühes Sexualverhalten.
- Langfristig:
• Akzeleration:
ƒ Eher übernommene Identität (frühe, unreflektierte Anpassung an
Erwachsene)
ƒ Männlich: Im Erwachsenenalter verantwortungsbewusster,
kooperativer, selbstbewusster, sozial angepasster. Aber auch
konventioneller, konformistischer und humorloser.
• Retardation:
ƒ Mehr Zeit Æ Eher erarbeitete Identität (MARICA)
ƒ Männlich: Impulsiver, unausgeglichener; Aber auch: selbstsicherer,
erfinderischer, spielerischer
- Retardation und Akzeleration mit Risiken verbunden, die aber durch Schule und
Familie leicht auffangbar sind.
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55. MARCIA hat bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unterschiedliche Identitätszustände beobachtet,
nämlich die „diffuse Identität“, das „Moratorium“, die „übernommene Identität“ und die „erarbeitete
Identität“. Skizzieren Sie diese Identitätszustände!
- Identität unterscheidet sich insbesondere in drei Dimensionen:
• Krise: Unsicherheit, Beunruhigung, Rebellion
• Verpflichtung: Engagement und Bindung an Lebensbereich
• Exploration: Ausmaß der Erkundung des Lebensbereiches für bessere
Orientierung und Entscheidungsfindung
Typ
Diffuse
Identität
Beschreibung
Keine
Festlegung auf
Beruf oder
Werte
Selbstwertgefühl Niedrig
Autonomie
Kognitiver Stil
Intimität
Soziale
Interaktion
Extern
Kontrolliert
Impulsiv,
extrem
komplex
Stereotype
Beziehungen
Zurückgezogen,
fühlen sich von
Eltern nicht
verstanden,
hären auf
Peers
Moratorium
Übernommene
Identität
Festlegung auf
Gegenwärtige
Auseinandersetzung Beruf und
Werte durch
mit Beruf und
Eltern
Werten
Hoch
M: Niedrig
W:Hoch
Internale Kontrolle autoritär
Reflexiv, komplex
Fähig zu tiefen
Beziehungen
Frei, streben
intensive
Beziehungen an
Erarbeitete
Identität
Festlegung auf
Beruf und
Werte durch
eigene Wahl
Hoch
Internale
Kontrolle
Impulsiv, wenig Reflexiv,
komplex
komplex
Stereotype
Beziehungen
Ruhig,
wohlerzogen,
glücklich
Fähig zu tiefen
Beziehungen
Zeigen
nichtdefensive
Stärke, können
sich für
andere ohne
Eigennutz
durchsetzen
Es werden nicht zwangsweise alle 4 Stufen durchlaufen und auch endet jeder Verlauf nicht bei der
erarbeiteten Identität
(XXX reicht Tabelle, oben welche Zuordnung?)
56. Eine besonders interessante und zugleich problematische Form der Identität ist die „diffuse Identität“.
Neueren empirische Studien zufolge lassen sic nun noch wiederum einige „moderne“ Varianten dieser
„diffusen Identität“ unterscheiden! Welche? Bitte, beschrieben Sie die wesentlichen Kennzeichen dieser
Varianten!
- 4 Varianten:
- Entwicklungsdiffusion:
• Entspricht am ehesten der ursprünglichen diffusen Identität.
• Übergangsform zum Moratorium oder zur erarbeiteten Identität
- Sorgenfreie Diffusion:
• Unauffällig: Person scheint angepasst und sozial kontaktfreudig.
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• Soziale Kontakte aber oberflächlich und von kurzer Dauer.
• Keine Existenz von verbindlichen Werten
- Störungsdiffusion:
• Folge von Trauma oder unbewältigtem kritischem Lebensereignis.
• Mangel an inneren und äußeren Ressourcen.
• Häufige Isolation
- Kulturell adaptive Diffusion:
• Bildet sich, wenn Unverbindlichkeit, Offenheit und Flexibilität gefordert sind.
• Es erscheint beruflich und privat nicht optimal sich festzulegen. Man wird den
soziokulturellen Anforderungen durch Flexibilität eher gerecht.
• Unterunterteilung in 4 Typen möglich:
ƒ Traditioneller Typ: Übernahme von Eltern. Da es aber zu keiner tieferen
Verpflichtung kommt: Unterschied zur übernommenen Identität.
ƒ Surfer: Ständige Veränderung und Anpassung, viele kurzfristige und
oberflächliche Kontakte (Erfolgreich in schneller Kontaktherstellung).
Keine tiefere Verpflichtung.
ƒ Isolierte: Konflikt in Herkunftsfamilie. Mangel an Ressourcen. Strebt
Normalität an, kann diese aber schwer erreichen.
ƒ Patchworkidentität: Kein Identitätskern. Werte und Gewohnheiten
können sich widersprechen. Person kann aber Erfolg haben, grade weil
besseres zurecht kommen mit Unvereinbarkeit verschiedener
Lebensbereiche (z.B. Aktivität bei Greenpeace, Arbeit in einer
umweltunfreundlichen Fabrik) möglich.
57. Mädchen und Jungen bzw. Frauen und Männer verfolgen evolutionspsychologischen Theorien zufolge
unterschiedliche Strategien bei der Partnersuche. A) Skizzieren Sie diese Strategien und diskutieren Sie
–kurz- den theoretischen Ansatz!
- Kurzzeitstrategien für Männer wesentlich attraktiver als für Frauen, da Männer so
den größten Fortpflanzungseffekt erreichen.
• Frauen achten eher auf Hinweise die auf einen Verlässlichen, langfristigen
Partner schließen lassen (Vertrauen, Zärtlichkeit, Rücksichtnahme). Sex ist
fest an Beziehung gebunden.
• Jungen achten dagegen insbesondere auf dass Aussehen. Sex existiert
unabhängig von Beziehung. Versuchen Anzahl der sexuellen Kontakte und
unterschiedlichen Sexualpartnerinnen zu maximieren.
- Bei Langzeitstrategien kommt es zu einer größeren Übereinkunft. Hier spielen
Verlässlichkeit, Treue, Intimität und Liebe eine große Rolle
- Nach der Evolutionspsychologie versucht der Mensch den auf seinen Genen
basierenden Nachwuchs zu optimieren. Hierbei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
• Anzahl der erzeugten Kinder
• Qualität der Gene des Zeugungspartners
• Investition in die Kinder (Aufwand (z.B. Nahrungsbeschaffung, Erziehung usw.))
Männer:
• Können sich (Evolutionär betrachtet) aus dem Aufziehen der Kinder
zurückziehen und haben so weniger Kosten. Je mehr Sexualkontakte sie haben,
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desto mehr werden ihre Gene weitergegebenen, wobei versucht wird, von dem
Aussehen der Partnerin auf die Qualität ihrer Gene zu schließen.
• Bei Langzeitstrategien, wo sich der Mann auch an der Aufzucht der Kinder
beteiligen will, ist dass achten auf die Genqualität besonders wichtig, da sich
der Aufwand nur lohnt, wenn dass Kind auch genetisch „hochwertig“ ist.
Außerdem muss sich der Mann hier auf die Treue der Partnerin verlassen
können, um sicher zu sein, dass er auch der Vater der Kinder ist (Um
auszuschließen, dass er in fremde Gene investiert.)
- Frauen:
• Haben große Kosten pro Kind (Lange Schwangerschaft sowie Aufzucht des
Kindes). Auch können Sie nur ein Kind pro Jahr bekommen. Es macht daher
keinen Sinn einfach nur die Anzahl der Sexualkontakte zu maximieren, sondern
es muss stark auf die Genqualität geachtet werden und es muss versucht
werden vorherzusehen, ob der Partner sich an der Aufzucht der Kinder
beteiligen wird.
58. Daryl BEM hat eine entwicklungspsychologische Theorie zur Erklärung der sexuellen Ausrichtung
einer Person vorgelegt, in der die Aktivitäten und Erfahrungen im Kindes- und Jugendalter eine
erhebliche Rolle spielen. Erläutern Sie diese Theorie! Welche Einwände könnten Sie ihr gegenüber
vorbringen?
- Biologische Unterschiede (Gene, Hormone) prägen nicht direkt die sexuelle
Orientierung sondern wirken sich auf das kindliche Temperament aus.
- Dieses führt zur Bevorzugung bestimmter Spiele (M: Kampfspiele, Sport; W: Pflege,
ruhige Beschäftigungen), wobei Freunde mit gleichen Vorlieben bevorzugt werden.
- Æ Im Normalfall werden geschlechtsidentische peers bevorzugt. Das andere wird
zunehmend unähnlich und unvertraut und fremdartig.
- Nicht geschlechtskonforme Kinder (Temperament) erleben dagegen dass eigene
Geschlecht als fremdartig und fühlen sich zum anderen Geschlecht hingezogen.
- Gefühl von Fremdheit führt zur erhöhten Erregung des autonomen Systems. (z.B.
Unbehangen oder Furcht beim Kontakt mit anderem (bzw. bei nicht
geschlechtskonformen Kindern wegen Ablehnung und Hänseleien mit gleichem)
Geschlecht.
- Diese erhöhte Erregung wird später in erotische Attraktion umgewandelt. Hiermit
kann sowohl Hetero als auch Homosexualität erklärt werden.
• Verschiedene Erklärungen:
• Extrinsischer Erregungseffekt: In Zuständen starker, nicht mit sexueller
Stimulation zutun habender, Erregung wird Begegnung mit Sexualpartnern
erregend. Laut Sagen sich diesen Effekt schon Männer im alten Rom zunutze
gemacht, in dem sie die gewünschte Sexualpartnerin zu erregenden
Gladiatorspielen einluden, um sie sexuell zu erregen.
• Gegenläufigen Prozess: negative Emotion wird durch eine positive Abgefangen
und ungekehrt.
• Prägung
- Das Modell ist interessant, da Homo- und Heterosexualität durch gleiche Prozesse
erklärt wird und auf einen direkter biologischer Einfluss verzichtet wird.
- Einwände:
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• Es gibt viele Fälle, in denen Mädchen die vorwiegend weibliche Spielkameraden
hatten, lesbisch wurden.
• Oft wird die Homosexualität erst recht spät und nach Erfahrungen mit dem
Gegengeschlecht wahrgenommen.
• Modell erklärt nicht die unterschiedlichen Sexualstrategien von Männern und
Frauen (z.B. Männer eher Interesse an Kurzzeitstrategien, Frauen eher an
Langzeitstrategien).
• Eigene persönliche Erfahrung: Ich hatte gerade in der Grundschulzeit fast
ausschließlich weibliche Freundinnen, trotzdem bin ich nicht schwul.
59. Suizide und Suizidversuche kommen im Jugendalter besonders häufig vor.
a) Können Sie sich erklären, warum dies so ist?
- Suizide im Jugendalter werden vorwiegend aus sozialen Konflikten (oft mit den
Eltern) begangen. In eine Vielzahl der Fälle liegt eine disharmonische, gespannte und
Feindselige Beziehung zur Familie vor.
- Die zweithäufigste Ursache sind Liebeskummer und Partnerprobleme.
- Suizidhandlungen können durch Identitätsstörungen begünstigt werden,
Diskrepanztheorie: Wenn der Widerspruch zwischen Selbstgesetzten und
Selbsterreichten Standart sehr gravierend wirkt, führt dies zu Suizidneigungen. Im
Jugendalter ist man stark mit der eigenen Identität konfrontiert, so dass es hier
Störungen leichter entstehen können (Wenn dies auch in der Mehrheit der Fälle nicht
passiert).
b) Was macht die Suizidforschung so schwierig?
- Es gibt eine große Anzahl am „Maskierten Suiziden“, also Suizide, die nicht als solche
erkannt werden (z.B. Verkehrstote, Drogentote, Tote aus fahrlässigem Verhalten)
- Nach einem vollzogenen Suizid steht die Person nicht mehr für die aktive Forschung
zur Verfügung; Forschung nur mit Aussagen von Familie und Freunden und ggf.
Tagebüchern durchführbar.
c) Welche Informationen über die Häufigkeit suizidaler Handlungen bei Jugendlichen hat sie zu Tage
gefördert? Beachten Sie bei Ihrer Antwort Geschlechterunterschiede!
- Suizid bei deutschen Jugendlichen 2. Häufigste Todesursache.
- Im Jahr 2000 etwa 1500 Suizide von 5-25 Jährigen.
- 80 % vorherige Ankündigung; 25% Suizidversuchswiederholung innerhalb 2 Jahre
- Mädchen vollziehen mehr Suizidversuche als Jungen, Jungen ziehen dagegen mehr
Suizide erfolgreich durch. Gilt auch in EU und USA
• Verhältnis DE: Erfolg 3:2; Versuch: 1,5:3
60. Das Thema Sucht ist sicher für unsere gesamte Gesellschaft von großer Bedeutung. Besonders
problematisch kann es sein, wenn schon Jugendliche oder gar Kinder damit beginnen, Alkohol,
Cannabis oder Marihuana zu konsumieren. Dabei lassen sich auf Grund empirischer Untersuchungen
bestimmte Bedingungen und Risikofaktoren angeben, die den Konsum und insbesondere den
übermäßigen Konsum solcher Substanzen wahrscheinlich werden lassen. Welche sind das?
- Eltern:
• Familiäre Häufung von Alkoholismus könnte genetisch bedingt sein.
• Erziehungsstile: Wichtig ist der aktuelle, nicht der im Kindesalter: Autoritativ:
Negative Korrelation; unengagiert: Positive Korrelation
• Negative Korrelation mit der aktuellen emotionalen Wärme der Mutter
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• Vernachlässigung, geringe Überwachung,
• Positive Einstellung gegenüber Alkohol/Drogen und eigener Konsum.
- Kindliche Faktoren:
• Folgende Persönlichkeitseigenschaften können zu späterem Alkoholkonsum
führen: Hyperaktivität, Impulsivität, Sensation-seeking
• Freundeskreis der Alkohol / Drogen konsumiert.
• Lebensprobleme, denen man durch den Alkohol entfliehen will.
• Akzeleration im Reifungsvorgang führt zu einem früheren, aber nicht unbedingt
längerfristig intensiveren Konsum
• Ansicht über Geschlechterrolle: Klassische Männliche und untraditionelle
Weibliche
- Allerdings müssen Korrelationen nicht Auslösern sein, es könnte sich auch um
Begleiterscheinungen handeln.
61. Ist der Konsum von Alkohol, Cannabis, Marihuana, etc. im Jugendalter in jedem Fall als Vorstufe des
Missbrauchs dieser Substanzen zu betrachten? Diskutieren Sie diese Frage im Lichte vorliegender
empirischer Befunde!
- Studien zeigten keinen Linearen Zusammenhang zwischen THC/Alkoholkonsum und
psychischen sowie sozialen Problemen. Stattdessen wiesen zwar die Gruppe der
Dauerkonsumenten die ungünstigsten Problemwerte auf, aber die Gruppe der
Gelegenheitskonsumenten erzielte bessere Werte als die Gruppe der ganz
abstinenten. Gemäßigter Alkohol / Marihuana Konsum muss also nicht kritisch sein.
Auch die Eltern der Gelegenheitskonsumenten wiesen z.T. günstigere Werte für das
Erziehungsverhalten (weniger Lieblosigkeit und Kälte) als die der beiden anderen
Gruppen auf.
- Korrelate und Prädiktoren für Alkoholkonsum sind nicht mit denen für
Alkholmissbrauch identisch. Z.B. korrelieren Erwartung des leichteren Kontakts und
der gehobenen Stimmung mit einem höheren Konsum; Erwartung des Vergessens von
Kummer dagegen mit Alkoholmissbrauch.
- Folgende Faktoren begünstigen Alkoholmissbrauch:
• Vernachlässigende, nicht unterstützende selber viel Alkohol trinkende Eltern.,
• Peer-Gruppen in denen viel Alkohol konsumiert wird.
• Weitere Problemverhaltensweisen (z.B. Konsum anderer Drogen (auch Tabak),
Delinquenz, früher Geschlechtsverkehr, und sonstige Persönlichkeitsprobleme.
62. Man kann Deutschland heutzutage sicherlich als ein bedeutsames Einwanderungsland bezeichnen.
Dabei sind insbesondere jugendliche Immigranten mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Bewältigung
anstehender Entwicklungsaufgaben konfrontiert. Bitte, erläutern Sie die Bedeutung von Faktoren, die
den Erfolg dieses Bewältigungsprozesses beeinflussen!
- Herkunft des Immigranten und dessen Aufenthaltsdauer in Deutschland scheinen Rolle
zuspielen.
- Individuelle hilfreiche Vorraussetzungen:
• Kultur- und Sprachkenntnisse des neuen Landes. Fähigkeiten leicht sprachen
zu lernen.
• Bereits im neuen Land lebende Freunde und Verwandte.
• Keine überzogenen Erwartungen
• Eigener Wunsch nach Auswanderung
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• Hohe Selbstwirksamkeitserwartung (Also das Gefühl haben, dass man sich gut
an dass neue Leben gewöhnen wird)
• Geringe soziale Ängstlichkeit
• Flexibilität
• Gute Ausbildung und hoher sozioökonomischer Status.
- Faktoren der Umgebung:
• Möglichkeit die Sprache zu leicht lernen und Kontakte zu deutschen zu
erlangen (z.B. durch Schule) Æ Integration. Allerdings besagt eine Studie dass
es sinnvoller ist, wenn der Immigrant erst nach einiger Zeit engere Kontakte zu
Einheimischen aufbaut.
• Keine Diskriminierung durch die Umgebung (z.B. in der Schule).
• Familiärer Zusammenhalt und Liberale Erziehungsweise der Eltern wirkt sich
positiv auf Wohlbefinden aus. (z.B. sind meines Erachtens strenge türkische
Eltern, die ihrer Kindern die Teilnahme am Schwimmunterricht verbieten,
sicher alles andere als Integrationsförderlich)
- Ausbildung
• Ausländer haben tendenziell eine geringere Schulbildung und Berufsausbildung,
dies führt zu erhöhter Arbeitslosigkeit und damit auch Unzufriedenheit.
• Niedrigere Bildung der ausländischen Jugendlichen liegt meist nicht an
Diskriminierung, da es mit folgenden Faktoren korreliert:
ƒ Wenige Geschwister sowie gut ins Land integrierte Eltern (z.B. welche
die vorwiegend deutsches Fernsehen sehen, viele deutsche Freunde
haben, deutsches Essen mögen) sowie Deutschkenntnisse der Eltern
korrelieren mit höherer Schulbildung der Kinder.
ƒ Auch negative Auswirkungen haben schlechte Bildung der Eltern sowie
hohes Einreisealter.
ƒ Der Freundeskreis des Jugendlichen hat positive auch Auswirkungen,
wenn Schulbildung hier einen hohen Wert hat und gegenseitige
Unterstützung möglich ist.
- Diskriminierung und geringere Chancen auf soziale und kulturelle Teilhabe zusammen
mit dem Gefühl der kulturellen Überlegenheit kann Erfolg des Einlebens verhindern.
Gute Sprachkenntnisse und Anpassung (Verhalten und Freunde) haben positive
Auswirkungen.
VI. Erwachsenenalter
63. Die Wahl eines Partners oder einer Partnerin ist für junge Menschen in der Regel ein zentrales
Lebensthema. Untersuchungen und theoretischen Vorstellungen zufolge spielen dabei die physische
Attraktivität und der sozio-ökonomische Status einer Person sowie die Prinzipien der Endogamie,
der Homogamie und der Heterogamie eine herausragende Rolle. Erläutern Sie die Bedeutung dieser
Variablen bzw. Prinzipien vor dem Hintergrund vorliegender empirischer Befunde!
- Physische Attraktivität stellt den ersten Eindruck dar. Menschen neigen dazu,
physisch attraktiven Menschen auch positive Persönlichkeitsmerkmale zuzuschreiben.
Daher begünstigt diese die Kontaktinitiierung. Evolutionspsychologische Theorien
zufolge wird physische Attraktivität auch mit Gesundheit und hochwertigen Genen
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assoziiert (was für unsere Reproduktion förderlich ist). Empirisch scheint für Männer
die physische Attraktivität bei der Partnerwahl besonders wichtig zu sein.
- Der Sozio-ökonomischer Status scheint dagegen für Frauen ein wichtigeres Kriterium
zu sein. Eine Metaanalyse amerikanischer Studien ergab dass Frauen den
sozioökonomischen Status, die Intelligenz, den Charakter und das Leistungsstreben
bei der Partnerwahl eher betrachten als Männer, denen hauptsächlich die physische
Attraktivität wichtig zu sein scheint.
- Endogamie ist ein Prinzip nach dem die Verfügbarkeit von potentiellen Partnern
beachtet wird, dabei begünstigen Ähnlichkeiten in Merkmalen wie Alter,
Wohngegend, sozioökonomischen Status, Freizeitinteressen und Bildungsstand diese
Verfügbarkeit (z.B. haben altersgleiche Menschen mit gleichem Bildungsniveau die
Chance sich in der Schule kennen zu lernen. Genauso verhält es sich mit
Freizeitinteressen.
- Homogamie erweitert dass Endogamieprinzip um Ähnlichkeiten in der psychologischen
Ebene, wobei Faktoren wie z.B. für Einstellungen, Wertorientierungen, Lebensziele
und Interessen empirisch eher dem Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gerne"
gerecht werden als etwa Persönlichkeitsmerkmale bei denen empirisch keine
Korrelation zwischen Partnern festgestellt werden konnte. Ob dies einen Beleg dafür
ist, dass bei Persönlichkeitsmerkmalen in Partnerschaften die Hetrogamie (Nach dem
Motte „Gegensätze ziehen sich an“) gilt oder ob dies damit zu begründen ist, dass in
der Kennenlernphase Persönlichkeitsmerkmale schwerer zu determinieren sind ist
unklar.
64. Jeder Mensch weiß aus eigener Erfahrung oder Beobachtung, dass es sehr verschiedene Arten der
Liebe gibt. STERNBERG hat versucht, diese Verschiedenheit mit Hilfe einer systematischen
Taxinomie zu beschreiben und darzustellen. Erläutern Sie diese Taxonomie!
Unterscheidung von 3 Komponenten:
• Intimität: Enge und persönliche und emotionale Nähe einer Beziehung
• Passion: motivationale Eigenschaften der Beziehung: Sexuelle Erregung und
Anziehung aber auch Befriedigung von Selbstwert.
• Entscheidung/Commitment: Kognitive Facette die den kurz- und längerfristigen
Beziehungsverlauf betrifft.
ƒ Kurzfristig: Mehr oder weniger bewusste Entscheidung mit einem
Menschen zusammen zu sein
ƒ Langfristig: Commitment eine Partnerschaft aufrechtzuerhalten und zu
pflegen.
- Aus der Kombination der 3 Aspekten lassen sich (Mathematisch 2^3=8) 8 Typen der
Liebe ableiten. Sind keine der 3 Merkmale vorhanden herrscht keine Liebe, sind alle
vorhanden herrscht vollendete Liebe.
- Ausgewählte Beispiele:
• Kameradschaftliche Liebe (Keine Passion)
• Romantische Liebe (Keine Entscheidung / Commitment)
• Sich mögen: nur Intimität
65. Zur Charakterisierung unterschiedlicher Beziehungstypen hat LEE sechs verschiedene
Liebesstile postuliert. Bitte, beschreiben Sie diese und stellen Sie –begründete- Vermutungen
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darüber an, welche Probleme in Partnerschaften auftreten könnten, die durch den jeweiligen
Liebesstil gekennzeichnet sind!
- Storge (Anhaltend): Freundschaftsartige Liebe. Enge, intime und tiefe Beziehung.
[Beziehungsform könnte durch Auseinanderleben bzw. Persönlichkeitsveränderung der
Partner / eines Partners (z.B. durch Einstellungsänderungen) beendet werden, da
hierdurch die Grundlage der engen geistigen Beziehen gefährdet werden könnte]
- Ludus (kurzfristig): Liebe als Spiel, welches man gewinnen will [Ist nur Spannend,
solange das Spiel besteht. Wurde es eindeutig gewonnen ist der Reiz der Beziehung
weg]
- Mania (schwankend): Wechsel zwischen Liebe und starker Eifersucht [Die starke
Eifersucht könnte zu Gefühlen der Eingeengtheit führen, die die eingeengte Person
dazu veranlassen könnte die Beziehung zu beenden]
- Agape (Anhaltend, solange Grund zur Sorge): Selbstlose Liebe: Sorge um eine Person
[Wenn eine Liebe nur auf Agape basiert und die umsorgte Person aus der
problematischen Situation hinaus ist, kann die Grundlage der Liebe wegfallen. Beispiel:
Eine Schülerin, welche von ihrem Freund viel Unterstützung für die Schule erfährt.
Ist Sie aus der Schulzeit raus benötigt sie die Unterstützung nicht mehr]
- Eros (Anhalten, solange sex. Attraktion): physische Liebe, welche auf sexueller
Attraktion und Akt basiert. [Da diese Liebe auf der sexuellen Attraktion basiert, kann
die Beziehung leicht durch eine Person, welche für den einen Partner attraktiver ist
gefährdet werden. Außerdem ist die sexuelle Attraktion meist am Anfang einer
Beziehung besonders wichtig, so dass die Beziehung längerfristig, wenn Sie nur auf
Eros als Liebesform basiert, keinen Bestand haben könnte]
- Pragma (anhalten, solange Vorteile fürs Leben): Praktische Liebe, deren Beziehung den
Alltag erleichtert. [Kann z.B. auf gemeinsamen Kindern basieren, deren Erziehung zu
zweit leichter ist. Sind Kinder aus dem Haus ist Liebesbasis weg]
66. Wie verändert ein Kind die Qualität der elterlichen Paarbeziehung?
a) Wie sieht der typische, der durchschnittliche Verlauf aus?
- Typischer Weise kommt es zu einem mehr oder weniger flachen u-förmigen Verlauf.
DH anfangs nimmt Sie ab, bleibt eine Weile auf einen niedrigen Punkt um dann wieder
anzusteigen. Es gibt aber auch viele andere Verläufe (z.B. reine Anstiege oder
konstante Verläufe).
b) Wie kommt es zu unterschiedlichen Verläufen? Nennen Sie wichtige Faktoren, die den Verlauf
beeinflussen!
- Faktoren die negative Auswirkungen haben:
• Ungeplantheit der Schwangerschaft
• Kurze Partnerschaftsdauer, niedriges Lebensalter, niedriger Sozialstatus
• Schon vor der Geburt eine niedrige Partnerschaftszufriedenheit
• Umfassende Erwerbstätigkeit der Mutter bei geringer Unterstützung durch
Partner
• Knappe soziale und materielle Ressourcen
• Wenig soziale Unterstützung der Mutter
• Wahrnehmung des Kindes als schwierig
• Aufgabenaufteilung: Frauen wünschen sich eine gleichmäßige Aufteilung,
praktiziert wird aber meist eine traditionelle Aufteilung (Sprich: Die Frau
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übernimmt fast die ganze durch das Kind entstehende Arbeit) Æ Frauen leben
eher als Männer unter ihnen unbefriedigenden Aufgabenverteilungen, was die
Zufriedenheit der Frauen beeinträchtigt.
• Männer mit traditionell eingestellten Partnerinnen sind zufriedener als mit
Emanzipierten.
• Nach einer Studie sind Männer, die die traditionelle Frauenrolle ablehnen und
Verantwortlichkeit für das Kind zeigen mit ihrer Partnerschaft unzufriedener.
(Persönliche Anmerkung: Ich finde diesen Sachverhalt etwas merkwürdig, da es
mir eher so scheint dass es in einem solchen Fall zu einer Überschneidung der
Interessen von Mutter und Vater kommen sollte, da die Arbeit nicht allein an
der Mutter hängen bleiben würde)
- Ungünstige Persönlichkeitsmerkmale:
• Allgemein:
ƒ Geringes Einfühlungsvermögen
ƒ Hohe Verletzlichkeit
ƒ Geringes Selbstvertrauen
• Für Frauen:
ƒ Geringe soziale Orientierung
ƒ Geringe Extraversion
• Bei Männern:
ƒ Geringe Selbstempfundene Aggressivität
ƒ Geringe Selbstkritik
ƒ Geringe Sensibilität für Gefühle anderer
- Das Übergeben von Verantwortung für empfundene Einschränkungen oder für Ärger
und Wut kann zu Streit und Rückzug führen und ist ein Prädiktor für eine folgende
Scheidung.
67. Partnerschaftsverläufe und Berufsbiografien weisen oft einen Zusammenhang auf. MERRIAM und
CLARK konnten drei unterschiedliche Verlaufsmuster für „work and love“ identifizieren. Beschrieben
Sie diese drei Muster und entwickeln Sie für jedes ein möglichst konkretes, anschauliches Beispiel!
- Datenerhebung: Qualität von Partnerschaftsbeziehung (Love) und Berufstätigkeit
(Work).
1. 40%: Paralleles Verlaufsmuster: Qualität privater und beruflicher Ereignisse
Kovariieren. Bemühen in beiden Lebensbereichen Balance zu halten.
• Beispiel: Wenn die Beziehung gut läuft ist der Vater gut gelaunt und kann
auch im Beruf erfolgreicher sein. Gibt es Beziehungskrisen ziehen diese ihn
so runter, dass er sich nicht mehr so auf den Beruf einlassen kann.
2. 25%: Unterschiedlicher Verlauf, einer anhaltend positiv, der andere Schwankend.
In einen Bereich wurde Sicherheit gefunden, die es ermöglicht die Schwankungen
des anderen Teils zu tolerieren.
• Beispiel: Die Frau ist beruflich sehr erfolgreich. Dadurch kann sie es sich
leisten, in Krisenzeiten sich in eine eigene Wohnung zurückzuziehen und
unabhängig vom Partner zu leben.
3. 35%: Divergentes Verlaufsmuster, häufige zum Teil kompensatorische Wechsel der
Qualitäten von Work und Love. Versuch Verluste in einem Bereich durch Gewinne im
anderen auszugleichen.
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• Beispiel: Vater ist selbstständig tätig und kann daher die Anzahl der
Aufträge regulieren. Wenn die Beziehung gut läuft, nimmt er sich gerne
mehr Zeit für Mutter und ggf. Kinder, und nimmt damit Berufliche einbußen
in Kauf. In einer Beziehungskrise investiert er viel Zeit um mehr Aufträge zu
erhalten und durchzuführen.
68. Junge Frauen unterscheiden sich in ihren Schulabschlüssen heute nicht mehr von ihren männlichen
Artgenossen, sind tendenziell sogar etwas besser. Dennoch sind sie in ihrer Berufswahl stärker
eingeschränkt und haben im Durchschnitt weniger Erfolg im Beruf. Erläutern Sie diesen Sachverhalt an
Hand vorliegender empirischer Daten und gehen Sie dabei auch auf Faktoren ein, die diese Ungleichheit
aufgeben können!
- Eingeschränkte Berufswahl:
• Ergibt sich durch situative Faktoren wie z.B. Widerstände der Eltern oder
Sexismus bei Arbeitgebern
• Aber auch gelernte soziale und Familienorientierung.
• Bewerbungen von Mädchen werden trotz höherer Berufsausbildung seltener
berücksichtigt.
• Sind, bei akademischen Abschluss, häufiger Unterbeschäftigt
- Eingeschränkter Erfolg:
• Frauen sind nicht nur in Berufen mit geringerem Einkommen tätig, sondern
erhalten auch im gleichen Beruf und unter identischen Voraussetzungen ein
geringeres Gehalt als Männer.
• Außerdem leisten Frauen meist mehr Haushaltarbeit und Kinderbetreuung. DH.
Insgesamt arbeiten Frauen bei geringerem Gehalt wesentlich mehr. Zudem die
Haushalts- und Kinderaufzuchtsarbeit nicht für ihre Karriere angerechnet wird.
- Faktoren, die Ungleichheit aufheben können: Chancen auf Beruflichen Erfolg steigen
mit
• Begabung
• Liberalität der eigenen Geschlechterrollenorientierung
• Androgyne Erziehung
• Hoher Selbstwert
• Hohe Schulbildung
• Mathe LK
• Erwerbstätigkeit der eigenen Mutter
• Ehe- und Kindlosigkeit
• Besuch von Mädchenschule / Uni
69. Erfolgreiche Entwicklung im Erwachsenenalter lässt sich unter anderem mit den Begriffen Selektion,
Optimierung und Kompensation kennzeichnen. Erläutern Sie diese Begriffe und machen Sie an
Beispielen klar, was sie konkret bedeuten.
- Selektion: Es geht um die Auswahl von Bereichen, auf die sich zu dem aktuellen
Zeitpunkt die Ressourcen konzentrieren. Ermöglicht Spezialisierung. Elektive
Selektion: Wahl eines von vielen Handlungszielen, dass eigenen Fähigkeiten und
Interessen besonders entspricht.
• Beispiel für aktive Selektion: „Auswahl eines Studienfaches, welches den
eigenen Fähigkeiten und Interessen gerecht wird“
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• Beispiel für passive Selektion: „Wahl“ eines Faches wenn der NC nur dieses
eine zulassen würde (Also erfolgt die Selektion durch die Umwelt, eine Wahl
finde eigentlich gar nicht statt)
- Optimierung: Produktion von Entwicklungsgewinnen. Erwerb, Verfeinerung und
Anwendung von Ressourcen zum Erreichen des Entwicklungszieles.
• Beispiel für bewusste Optimierung: Aktive Übung von Klavierspielen um
Spielfertigkeiten zu verbessern.
• Beispiel für unbewusste Optimierung: Spracherwerb durch beruflichen
Aufenthalt im Ausland
- Kompensation: Bei Verlusten werden alternative Ressourcen erworben und verfeinert,
um dass Funktionsniveau aufrecht zu erhalten.
• Beispiel für externe Kompensation: Rollstuhlfahrer kompensiert seine durch die
fehlende Gehfähigkeit eingeschränkte Mobilität durch Rollstuhl.
70. Nicht alle intellektuellen Fähigkeiten nehmen im Verlauf des mittleren und höheren Erwachsenenalters
ab. Erläutern Sie diesen Sachverhalt, indem Sie auch auf das Zweikomponentenmodell der
intellektuellen Entwicklung eingehen, das zwischen der Mechanik und der Pragmatik der Kognition
unterscheidet!
- Historisch existiert ein Zweikomponentenmodell welches zwischen absoluten und
relativen Vermögen unterschied.
• Mechanik der Kognition (Altersanfällig):
ƒ Biologische Komponente der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Schnelligkeit, Genauigkeit, Koordination.
ƒ Beispiele: Denkvermögen (Induktion und Deduktion) bei geringem
Vorwissen, räumliches Vorstellungsvermögen,
Wahrnehmungsgeschwindigkeit und Merkfähigkeit
ƒ Ursachen für Zunahme in jungen Jahren: interaktiver Aufbau neuronaler
Strukturen.
ƒ Ursache für Abnahme im Alter: nachlassen des phylogenetischer
Selektionsdrucks.
ƒ Dabei lassen mechanische Leistungen deren Grundlegende neuronale
Struktur relativ spät ausreifen auch relativ früh nach. Begründung:
Diese auch evolutionär spät entstandenen Leistungen basieren auf
komplexen Verarbeitungswegen und sind daher störanfälliger!
• Pragmatik der Kognition
ƒ Kulturelle Dimension der kognitiven Leistungsfähigkeit, kulturelles
Wissen kann dabei Internal (im Gedächtnis) oder External (z.B. in
Büchern oder elektronischen Datenträgern) gespeichert sein.
ƒ Entwicklungsveränderungen: Erwerb kulturellem deklarativen (Bewusstes
semantisches Wissen) oder prozeduralen (z.B. Golfspielen) Wissen. Dies
ist auch noch im Alter möglich.
ƒ Kulturell unterschiedlich, wobei zwischen normativen (z.B. Dem Umgang
mit dem Straßenverkehr in einer Großstadt) und universellen (z.B. Dem
Erlernen einer Form der Sprache) Wissensarten unterscheiden kann
ƒ Des Weiteren ist Unterscheidet man zwischen normativpragmatischen sowie personenspezifischen pragmatischem Wissen:
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Normativ-pragmatisches Wissen: Erwerb von allgemeine
Wissensbereichen. (z.B. Sprache, Grundrechenarten,
Grundlegende Landeskunde)
• Personenspezifisches Pragmatisches Wissen: Von den normalen
Lernpfaden abweichendem Wissen (Expertenwissen): z.B.
besondere Golfspiel oder Computerfähigkeiten.
• Normalerweise sind für die erfolgreiche Durchführung von Tätigkeiten sowohl
die Pragmatik und die Mechanik wichtig. Das Verhältnis ist dabei allerdings
variablen.
ƒ Beispiel: Beim Turnierschach (3 Min pro Zug) sind die besten Spieler um
die 30 Jahre (Die bessere Mechanik ermöglicht schnelles Handeln), beim
Korrespondenzschach (3 Tage pro Zug) sind es 46 Jährige (Die mehr
Zeit hatten pragmatisches Wissen aufzubauen, welches die Verluste der
Mechanik durch die Lange Denkzeit mehr als auszugleichen scheint.)
71. Auch im Alter können kognitive Interventionen noch effektiv sein. Wie empirische Untersuchungen
gezeigt haben, sind ihre Wirksamkeit jedoch auch Grenzen gesetzt. Bitte, stellen Sie die wesentlichen
Befunde zusammen, die diese Forschung zur kognitiven Intervention im Alter zu Tage gefördert hat.
- 2 Inhaltsbereiche: fluide Intelligenz (Denkvermögen, Induktion/Deduktion) und
episodisches Gedächtnis.
- Prätest, Intervention, Posttest
- Auch ältere Erwachsene zeigen deutliche Leistungsgewinne Æ kognitive Plastizität
bleibt bestehen.
- Leistungssteigerung in beiden Bereichen auch bei älteren gesunden (! Z.B. Alzheimer)
Erwachsenen, wobei bei fluider Intelligenz Selbstgesteuertes Üben wirkt dabei
genauso gut wie dem folgen von angeleitetes ÜbenÆ Mögliche Schlussfolgerung: Bei
Älteren erwachsenen erfolgt eher eine Reaktivierung vorhandener Strategien
anstatt einer Lernung neuer.
- Üben bringen nur in der geübten Aufgabe oder sehr ähnlichen Aufgaben vorteile.
Ein Transfer der geübten Leistungen ist nur sehr gering! (Es werden Fertigkeiten und
nicht Fähigkeiten trainiert)
- Durch Üben verursachte Leistungsgewinne des episodischen Gedächtnisses bleiben oft
über einen längeren Zeitraum (Jahre) erhalten
- Im hohen Alter nimmt durch Übung mögliche Leistungssteigerung ab.
- Insbesondere die Obergrenze (maximale Leistung) wird durch das Alter
beeinträchtigt (Wie man an einem Limittest durch dass Erinnern von Wortlisten
feststellen konnte; Keiner der älteren Erwachsenen erreichte die mittlere Leistung
der jüngeren).
- Insbesondere die Koordination mehrerer Wahrnehmungs- und Handlungsvorgänge ist
für ältere Erwachsene besonders schwierig.
- Æ Leistungsverbesserungen durch Training im Erwachsenenalter scheinen durch
pragmatische Aspekten der Kognition zurückführbar. Da positiver Transfer nicht
oder nur gering erfolgt sollten genau die Fertigkeiten trainiert werden, die im Alltag
von Nöten sind.
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72. Altersbedingte Verluste der Intelligenz scheinen insbesondere die Mechanik des Denkens zu betreffen.
Aber was heißt das? Welche Komponenten und Prozesse spielen dabei vermutlich eine wichtige Rolle?
Bitte, erläutern Sie diese und führen Sie dabei auch, soweit vorhanden, empirische Belege an!
- Ressourcentheorie: Mit steigendem Alter sinken Ressourcen, die für die Verarbeitung
notwendig sind.
• Verarbeitungsgeschwindigkeit
ƒ Scheint stärkster Prädiktor von Altersunterschieden zu sein.
ƒ Wahrnehmungsgeschwindigkeit keine einheitliche Ursache von
Altersveränderung sondern setzt sich z.B. auch mit dem
Arbeitsgedächtnis zusammen.
• Fähigkeit zur Infospeicherung im Arbeitsgedächtnis
• Inhibition (Fähigkeit zur Hemmung automatischer Prozesse / irrelevanter
Informationen)
ƒ Erfassung durch Stroop Test oder Aufgabenveränderung
(Kartensortieren) möglich. Leistung lässt empirisch mit steigendem Alter
nach.
ƒ Problematisch aber, da Alterseffekte auf Hemmung schwer von denen
auf Aktivierung abgrenzbar (Beispiel Stroop)
- Kognitive Neurowissenschaften des Alterns
• Abnahme von Dopaminrezeptoren wirken sich negativ auf Intelligenzleistung
aus.
• Veränderungen des Stirnhirns
ƒ Insbesondere Regulation und Koordination von Verhalten Æ Negative
Altersunterschiede bei Kognitive Kontrolle
ƒ Beispiele: Koordination von Handlung und Wahrnehmung, Unterdrückung
von automatischen Handlungstendenzen, gleichzeitige Bearbeitung
mehrerer Aufgaben
73. In der Persönlichkeitsforschung spielen die „Big Five“ eine große Rolle. Entwicklungspsychologisch ist
interessant, ob diese Big Five im Laufe des mittleren und höheren Erwachsenenalters eine gewisse
Stabilität zeigen. Dabei können vier Arten der Stabilität unterschieden werden, nämlich die strukturelle,
die relative, die Niveau- und die Profilstabilität.
a) Was bedeuten diese Begriffe?
- Big Five: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit
- Strukturelle Stabilität: In verschiedenen Altersabschnitten sind
Persönlichkeitsdimensionen vergleichbare Konstrukte. Vorraussetzung für andere
Stabilitätsformen.
- Relative Stabilität: Stabilität der Ausprägungsunterschiede zwischen Personen.
- Niveaustabilität: Stabilität des Niveaus von Persönlichkeitseigenschaften
(Längsschnittliche Erfassung: Korrelation von Alter mit Ausprägungsstärke)
- Profilstabilität: Stabilität des Ausprägungsmusters (Relationen der
Persönlichkeitseigenschaften) einer Person mit sich selbst und anderen Personen
desselben Alters (Längsschnittliche Erfassung)
b) Welche Ergebnisse haben sich bei der Untersuchung dieser Stabilitätsarten gezeigt?
- Strukturelle Stabilität: Ab dem 10 Lebensjahr recht stabil.
- Relative Stabilität: Mittlere Korrelation: r=0,65 bei Zeitabständen von 6 bis 30
Jahren (Je größer der Zeitabstand desto geringer r). Allerdings selektiver
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Stichprobenausfall (Personen mit großen Veränderungen werden nur einmal Erfasst)
möglich. Es sind keine größeren Geschlechtsspezifischen oder kulturellen Einflüsse
erkennbar.
- Niveaustabilität: Generell nur 3 % der Varianz durch Alter erklärbar. schwach
positiv: Verträglichkeit (~0,18), Gewissenhaftigkeit (0,05) die restlichen 3
schwach Negativ (~-0,15)
- Profilstabilität: Setzt relative Stabilität aller 5 Persönlichkeitseigenschaften voraus,
kann daher nur geringer oder gleichgroß wie diese sein. Ganzes Profil aber weniger
Stabil als einzelne Eigenschaften.
74. Persönlichkeitsfaktoren und Selbstkonzept stehen in einem bedeutsamen Zusammenhang mit
verschiedenen Aspekten erfolgreicher Entwicklung. Bitte, führen Sie empirische Belege für diese
Aussage an, skizzieren Sie einige Forschungsbefunde!
- Persönlichkeitsfaktoren:
• Probleme: Relevante Daten meist nur aus Selbstauskünften, Itemähnlichkeit
• Personen mit hoher Extraversion neigen dazu, ihre eigene Befindlichkeit eher
mit positiven Gefühlen zu beschreiben. Sie berichten auch eher von positiven
Erlebnissen aus ihrem Leben. Bei Personen mit hohen Neurozitismuswerten
verhält es sich genau umgekehrt.
• Positive Korrelation von Offenheit für Neues und Verhaltensflexibilität mit
vielen Kognitiven Leistungen. (Z.B. Hohe Offenheit hohe Alltagskompetenz)
Selbstkonzept:
• Plurale Struktur des Selbstkonzeptes (z.B. als Partnerin, Lehrerin, Mutter
und Hobbymalerin) erleichtert Anpassung und korreliert positiv mit geistiger
Gesundheit.
• Ältere Erwachsene, die sich durch eine Vielzahl positiv eingeschätzter mit
einander verbundener Selbstkonzepte definieren können mit negativen
gesundheitlichen Veränderungen besser umgehen.
75. Das Bild des alten Menschen ist in unserer Gesellschaft im Allgemeinen recht negativ und steht dabei
nicht selten in deutlichen Kontrast zu wissenschaftlichen Erkenntnissen.
a) Erläutern Sie diese Tatsache an Hand von Beispielen!
- Der öffentlichen Meinung nach sind alte Menschen durch körperliche Gebrechlichkeit,
hohe Kosten verursachende Pflegebedürftigkeit, und nachlassende ökonomische
Produktivität (Durchschnittsalter wird sogar als Indikator der
Unternehmensproduktivität verwendet) gekennzeichnet.
- Umfragen ergeben hohe Unterschiede zwischen allgemeinen Ansichten und
wissenschaftlichen Erkenntnissen.
• Beispielfragen: Die meisten Menschen über 65 Jahre sind Senil (dh.
Mangelndes Gedächtnis und geistige Verwirrung)
• Ältere Autofahrer haben pro Person weniger Unfälle als Fahrer unter 65.
• Die meisten alten Menschen wollen oder können keine Sexuelle Beziehung.
b) Skizzieren Sie Ihre Ideen zu Ursachen und Folgen des negativen Bildes von alten Menschen!
- Mögliche Ursachen:
• Man sieht meist dass negative Bild von alten Leuten (z.B. tauchen ältere
Menschen im Fernsehen generell seltener auf, und wenn dann oft in
Zusammenhang mit negativen Merkmalen (z.B. bei der Treppenlift Werbung).
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• Bei der aktuellen Diskussion um Renten machen die „vielen Alten“ Probleme.
• Die negativen („spektakulären“) Eigenschaften werden eher weitererzählt /
behalten als die positiven. (z.B. meine Oma erzählt dauernd Stuss ist
einprägsamer als meine Oma hat keine Krankheiten.
• Geringe Interaktion von alten und jungen Menschen
- Folgen:
• Lebensqualität von älteren Menschen wird beeinträchtigt, sie leiden unter
Diskriminierung und Minderwertigkeitskomplexen.
• Auch jüngere oder mittel Alte Menschen werden durch die Angst vorm Altern
beeinträchtigt.
• Es kann zu einem Schönheitswahn kommen, in dem man versucht die Effekte
des Alterns (Graue Haare, Falten) zu verdecken, statt zu ihnen zu stehen.
76. Zu den positiven Eigenschaften, die man eher bei älteren als bei jüngeren Personen vermutet, gehört
sicherlich eine Fähigkeit, die sich mit dem Begriff der Weisheit beschreiben oder vielleicht auch nur
umschreiben lässt. Eine Forschungsgruppe um BALTES hat versucht, diesen Begriff, das Konstrukt
Weisheit, zu operationalisieren und der empirischen Beforschung zugänglich zu machen. Beschreiben
Sie diesen Ansatz!
- Vorlegen schwieriger Lebensprobleme (Bsp. Guter Freund ruft an und Kündigt Suizid
an, wie sollte man sich verhalten) und Einschätzung der Antwort nach 5 Kriterien!
• Reiches Faktenwissen in grundlegenden Fragen des Lebens (Zeigt Wissen um
Lebensprobleme und der menschlichen Grundsituation?)
• Reiches Strategiewissen in grundlegenden Fragen des Lebens (Werden
Strategien der Entscheidungsfindung, Selbstregulation, Lebensbewertung und
Planung deutlich? [z.B. Freund erst seinen Standpunkt vollständig erklären
lassen, bevor man Ratschläge gibt])
• Lifespan-Kontextualismus (Werden Aspekte der zeitlichen Einbettung und
Rahmenumstände berücksichtigt)
• Wert-Relativismus (Berücksichtigt Antwort, dass Vielzahl von Werten und
Lebensziele existieren und dass Person innerhalb ihres Wertsystems zu sehen
ist ohne kleine Anzahl universeller Werte zu vernachlässigen?)
• Erkennen von und Umgehen mit Ungewissheit (Wird die im Leben immer
vorhandene Ungewissheit (Man weiß nie genau, was das Beste wäre)
berücksichtigt)
- Erkenntnisse:
• Weisheit zeigt, im Gegensatz zu klassischen Intelligenzaufgaben keinen Abbau
im Alter, sondern Stabilität und unter Umständen sogar Zuwachs.
• Es gibt aber erhebliche interindividuellen Unterschiede,
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