SRGR - Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte: Fraktion

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SRGR - Sexuelle und reproduktive
Gesundheit und Rechte
Themenpapiere der Fraktion
Verhütung, Schwangerschaftsabbruch, Reproduktionstechnologien, Hebammen – all diese und noch
weitere Themen sammeln sich unter dem Überbegriff „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und
Rechte“ (abgekürzt mit SRGR). Was zunächst etwas sperrig daherkommt, macht jedoch die diesen
Themen zugrundeliegenden Menschenrechte deutlich, die die Übersetzung in konkrete
Gesetzgebung leiten sollten.
Sexuelle Rechte sind die Rechte aller Menschen, alle Aspekte ihrer Sexualität unter Beachtung der
Rechte anderer verwirklichen zu können und frei von Diskriminierung, Zwang und Gewalt zu
gestalten. Dazu gehört also auch Sexualität unabhängig von Reproduktion, also der Fortpflanzung,
leben zu können. Sexuelle Gesundheit ist in diesem Sinne ein Zustand des körperlichen,
emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das
Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen – so die Weltgesundheitsorganisation.
Reproduktive Rechte und Gesundheit beziehen sich auf die freie Entscheidung zu Elternschaft. Das
Recht über die Anzahl und den Zeitpunkt der Geburt der Kinder zu entscheiden, sowie über die
dafür nötigen Informationen, Kenntnisse und Mittel zu verfügen. Darin eingeschlossen sind auch
Entscheidungen in Zusammenhang mit der Geburt selbst. Dieses Verständnis leitet DIE LINKE in
verschiedenen Gesetzes-Debatten:
1. Verhütungsmittel: Verhütung ist Teil der sexuellen Rechte. DIE LINKE fordert deshalb,
sämtliche Verhütungsmethoden in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufzunehmen.
Ihre Kosten sind vollständig durch die Krankenkassen zu tragen. Die „Pille danach“ ist die
bedeutendste Notfallverhütung. Sie kann eine Schwangerschaft verhindern, wenn sie
rechtzeitig eingenommen wird. Dafür stellte bisher gerade in ländlichen Räumen die
Rezeptpflicht eine hohe Hürde da. Seit März 2015 ist die „Pille danach“ ohne Rezept in der
Apotheke erhältlich. Der schnelle und unkomplizierte Zugang wurde auch durch die politische
Intervention der Linksfraktion möglich.
2. Recht auf Schwangerschaftsabbruch: Laut §218 Strafgesetzbuch (StGB) ist der
Schwangerschaftsabbruch in Deutschland noch immer rechtswidrig. Eine Strafe kann i.d.R
umgangen werden durch eine Bestätigung einer medizinischen Indikation (körperliche und
seelische Beeinträchtigung) oder kriminologischen Indikation (Vergewaltigung) sowie einer
Beratung, die laut Schwangerschaftskonfliktgesetz zwar ergebnisoffen sein soll, aber
gleichzeitig dem „Schutz des ungeborenen Lebens“ dienen soll. Ein Widerspruch in sich. Diese
Situation ist für uns nicht ausreichend. Wir wollen die ersatzlose Streichung des §218. Wir
wollen ebenso den §219 StGB abschaffen, in dem ein sogenanntes Werbeverbot
festgeschrieben ist, bei dem es sich jedoch eigentlich um ein Informationsverbot handelt.
Stattdessen wollen wir Angebote der freiwilligen Beratung ausbauen und Plankrankenhäuser
dazu verpflichten, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen.
3. Reproduktionsmedizin: Momentan bestehen für nicht-verheiratete und lesbische Paare
sowie Single-Frauen noch besondere Hürden beim Zugang zu Reproduktionsmedizin. Nur
heterosexuellen Ehepaaren werden Kosten dafür von der Krankenkasse erstattet.
Alleinstehende Frauen werden von vielen Ärzt_innen aufgrund der ungeklärten Situation im
Erb- und Unterhaltsrecht nicht einmal behandelt. Diese Diskriminierung muss überwunden
werden.
4. Wahlfreiheit bei der Geburt: In einigen Regionen in Deutschland ist die Wahlfreiheit bei der
Geburt nicht mehr möglich, da die klinische Geburtshilfe zentralisiert wurde (Kliniken mit
Geburtsstationen: 1991: 1.186, 2015: 709) oder die freiberufliche Geburtshilfe weggefallen ist.
Das hat ökonomische Gründe: Es müssen eine bestimmte Anzahl Geburten stattfinden und das
Fallpauschalensystem führt dazu, dass gerade natürliche Geburten wenig Geld einbringen,
was auch die Kaiserschnittrate drastisch erhöht. Viele freiberufliche Hebammen können sich
die hohen Haftpflichtprämien (1998: 394, 2017: 7.639 jährlich) nicht mehr leisten, zumal die
Vergütung nicht im selben Maße gestiegen ist (durchschnittlicher Jahresumsatz 24.000). Das
hat zur Folge, dass es oft keine wohnortnahe Versorgung gibt und sich Wege so verlängern,
dass Kinder ggf. unterwegs geboren werden. Wegen Überlastung und schlechten Bedingungen
arbeiten die in den Krankenhäusern beschäftigte Hebammen zu über 70% in Teilzeit, es gibt
insgesamt zu wenig Personal, sodass oft mehrere Geburten gleichzeitig betreut werden
müssen.
Auch eine gute Gesundheitspolitik und eine Absicherung des Hebammenberufs sind deshalb
Verwirklichung der SRGR.
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